Greenpeace Switzerland Magazin 0609

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AZB 8015 Zürich

Magazin greenpeace 2/2009

Klimagipfel Kopenhagen: Wir brauchen einen globalen Rettungsplan Seite 6

Gentech: Zwei Bauern berichten

Seite 8

Uranabbau: Ein Betroffener erzählt

Jahresbericht 2008: Kurzversion

Seite 11

Meer: Schildkröten in Gefahr

Seite 19

Seite 16


In Kürze Infos aus dem Greenpeace-Leben

Erfolg I: Klima-Meilenstein in der Türkei

Erfolg II: Regenwaldschutz in Kanada

Erstmals hat ein türkischer Politiker den Klima­ wandel öffentlich angesprochen: An einer Green­ peace-Medienkonferenz sprach sich Murat Kara­ yalcin, ehemaliger Bürgermeisterkandidat von An­kara, für erneuerbare Energien und gegen Kohlekraftwerke aus. Auch unterstützt er eine von Greenpeace ins Leben gerufene Solar-Ini­ tia­tive. Zu deren Unterstützung hat Greenpeace ­Türkei einen speziellen Ratgeber erarbeitet. Neu: Magazin als E-Paper, Greenpeace auf Facebook Neu gibt es das Magazin als E-Paper auf www. greenpeace.ch/magazin. Dort haben Sie auch die Möglichkeit, sofort per Internet Ihre Mei­ nung oder Ihren Kommentar abzugeben. Online durchblättern und lesen – umweltfreundlich, ganz ohne Papier. Greenpeace Schweiz ist neu auf Facebook vertreten. Fan werden und weitersagen: www.facebook.com. Mauthe/Greenpeace

Rennen für einen guten Zweck Rund 100 Schülerinnen und Schüler der Ober­ stufenschule Eglisau ZH sind für Greenpeace ge­ rannt: Sie haben einen Wettlauf organisiert, bei dem die Teilnehmer von Sponsoren unterstützt wurden. Pro Runde bezahlten diese einen bestimmten Be­ trag. So kamen rund 9000 Franken zugunsten von Greenpeace zusammen. Vielen Dank!

Der Great Bear Rainforest zieht sich an der Westküste Kanadas hoch bis nach Alaska und gilt als längster gemässigter Küstenregenwald der Welt. Über zehn Jahre lang hat sich Greenpeace für des­ sen Schutz eingesetzt, nun feiern wir einen Erfolg: Die Provinz British Columbia stellt 2,1 Millionen Hektaren Wald dauerhaft unter Schutz, eine Fläche halb so gross wie die Schweiz. Weitere 700 000 Hektaren sind für Bergbau und Forstwirtschaft gesperrt.

Erfolg III: Gentech-Verbote in Nachbarländern

Bundesgericht gegen Recht auf gute Luft

Österreich hat sich erfolgreich dagegen gewehrt, dass die zuständige EU-Kommission das Verbot der beiden gentechnisch veränderten Maissor­ ten MON810 und T25 aufhebt: Im März ist es gelungen, eine Mehrheit des EU-Umweltrats für den Weiterbestand des Verbots zu gewinnen. Auch in Deutschland hat Bundeslandwirtschafts­ ministerin Ilse Aigner den Anbau von Monsantos MON810 verboten.

Im März hat das Bundesgericht entschieden, auf eine Klage von sechs Personen für das Recht auf gute Luft nicht einzutreten. Sie hatten mit Unter­ stützung von Greenpeace Massnahmen zur Einhal­ tung der Immissionsgrenzwerte gefordert. Damit entschied das Gericht anders als der Europäische Gerichtshof 2008. Der beschloss, die Rechte der Bürger auf saubere Luft zu stärken. Greenpeace wird zusammen mit den Klagenden entscheiden, ob dieses Urteil beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angefochten wird.

Greenpeace/Schnyder

Ihre Meinung interessiert uns! Neu haben Sie die Möglichkeit, auf www.greenpeace.ch/magazin Ihre Meinung oder Ihren Kommentar zu Themen im Magazin abzugeben. Leserbriefe bitte bis zum 13. Juli 2009 an redaktion@greenpeace.ch oder an unsere Redaktionsadresse. 2

greenpeace 2/09

Titelbild:  Dem Klima und der Umwelt gehts dreckig: Greenpeace-Aktivisten fordern die Staatschefs der wichtigsten Industrienationen auf, dem Klima und den Menschen die höchste Priorität einzuräumen. Dazu hängen sie ein 50 mal 30 Meter grosses Banner an der Rio-Niterói-Brücke über die Guanabara-Bucht bei Rio de Janeiro auf. © Greenpeace/Carvalho


Editorial

Inhalt

von Kaspar Schuler

Magazin greenpeace 2009, Nr. 2

Die Welt ist (k)ein Versuchslabor

4 Klima Wir müssen alles Menschenmögliche tun Der Klimawandel hat bereits heute Folgen. Auf einer Weltkarte zeigen wir auf, welche. Und was dagegen getan werden kann.

Green

pe ace

6 International «140 Milliarden sind eine Superinvestition» Vor der Klimakonferenz in Kopenhagen erläutert Thomas Hen­ ningsen von Greenpeace International den globalen Rettungsplan.

/Adair

Die Schweinegrippe lässt uns hautnah erleben, wie rasend schnell sich lo­ kale Ereignisse zu einer globalen Bedrohung ausweiten können. Das gilt erst recht, wenn unfassbare Risiken bewusst in Kauf genommen und die möglichen Folgen konsequent ignoriert werden. Ist die Finanzkrise mit ihren Verheerungen in der Weltwirtschaft nicht Beleg genug? Das Beispiel Atomkraft lässt zweifeln. Obwohl der Iran Mitglied der internationalen Atomenergie-Agentur ist und sich kontrollieren lässt, kann seinem provokativen Seiltanz zwischen geplanter ziviler und befürchteter militärischer Atomenergienutzung kein Einhalt geboten werden, weil es die­ se Trennung praktisch nicht gibt. Dennoch ist der Wille der Atomindustrie ungebrochen, die Welt mit dieser Technik zu beglücken. Hiesiger Höhepunkt sind die ganzseitigen In­ serate der Axpo, die die Atomkraft als klimafreundlich bezeichnen und behaupten, in einer Kilowattstunde Atomstrom steckten gerade mal 3,04 Gramm CO2 . Doch nicht nur wir von Greenpeace, auch andere unabhän­ gige Organisa­tionen haben einen Wert von 30–140 Gramm CO2 pro Kilo­ wattstunde oder mehr berechnet. Die Regierungen machen mit, auch in der Schweiz. Energieminister Moritz Leuenberger betrachtet die gesamtbundesrätliche Unterstützung für die geplanten neuen Atomkraftwerke als gegeben, obwohl dieser Entscheid erst nach Prüfung der eingereichten Rahmenbewilligungsgesuche in ein paar Jahren gefällt werden kann. Auch beim Atomkraftwerk Mühleberg hat er nicht interveniert. Dessen Betreiber ersuchen in seinem 37. Betriebsjahr um eine unbefristete (!) Betriebsbewilligung – obwohl der Kernmantel Risse aufweist, die immer grösser werden. Ist die Welt eigentlich ein Versuchslabor? Dogmen lassen uns ruhiger schlafen. Das erste lautet: Die Atomkraft ist ein Segen. Das zweite: Es gibt bei uns kein Tschernobyl. Beide beruhen auf dem gleichen Glauben wie ein drittes, etwas angekratztes Dogma: Die Finanzindustrie weiss selber am besten, was sie tut.

8 Gentech Es gibt kein Nebeneinander Biologischer, konventioneller und Gentech-Anbau nebeneinander sind unmöglich. Zwei Betroffene erklären, warum.

9 Meer Weltweite Unterstützung hat geholfen Dank internationalem Druck sind die Haftauflagen für zwei japa­ nische Greenpeace-Mitarbeiter etwas gelockert worden.

16 Atom «Dann stirbt unsere Religion» Der Havasupai-Indianer Rex Tilousi über die Auswirkungen einer geplanten Uranmine auf dem Gebiet seines Stammes.

18 Wald Sinar Mas – der Palmöl-Skandal 19 Meer Schildkröten in grösster Gefahr Greenpeace Indien kämpft ums Überleben einer seltenen Schild­ krötenart. Gegner ist das wichtigste Unternehmen des Landes.

20 Engagement Schweizer Strom aus Kohlekraft Schweizer Energieunternehmen bauen Kohlekraftwerke im Aus­ land. Greenpeace-Regionalgruppen wollen dies verhindern.

24 Persönlich «Wichtig ist, dass die Chemie stimmt»

Kaspar Schuler ist Co-Geschäftsleiter von Greenpeace Schweiz.

Greenpeace unterstützt die eidg. Volks- und Kantonsinitiative «Für den öffentlichen Verkehr» und «Bern erneuerbar». Beide Unterschriftenbö­ gen finden Sie in der Mitte des Hefts.

Seit kurzem schickt Greenpeace eigene Leute auf die Strasse, um Mitglieder zu werben. Adrian Hüttenmoser ist einer von ihnen.

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Aktiv Jahresbericht 2008 Öko-Rätsel, Rezept Ihre Meinung, Mitglieder/Intern

Impressum Ausgabe 2, Juni 2009 Herausgeberin/Redaktionsadresse Greenpeace Schweiz Heinrichstrasse 147, Postfach, 8031 Zürich Telefon 044 447 41 41, Fax 044 447 41 99 www.greenpeace.ch, Postkonto 80-6222-8

Leitung Redaktionsteam_Tanja Keller

Druck_Zollikofer AG, St. Gallen

Bildredaktion_Hina Stüver

Papier_Cyclus Offset aus 100% Altpapier

Redaktion/Textproduktion_Heini Lüthy, Zürich

Druckauflage_d: 119 000, f: 21000

Gestaltung_Sofie’s Kommunikationsdesign, Zürich

Erscheinungsweise_viermal jährlich

Das Magazin greenpeace geht an alle Green­peaceMitglieder (Jahresbeitrag ab Fr. 72.–). Es kann Meinungen enthalten, die nicht mit offiziellen Greenpeace-Positionen überein­stimmen.

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Westküste der USA

Waldbrände stürzen Menschen in Verzweiflung

Text Wangpo Tethong

Honduras Zuoberst auf der Liste der Klimaverlierer

Diese Weltkarte zeigt auf, welche Folgen der Klimawandel für die Menschen bereits heute hat und in naher Zukunft haben wird. Regierungen von Pazifikinseln suchen verzweifelt eine neue Heimat für ihre Völker. Philippinische Bauern ringen ihren versalzenen Böden noch eine weitere, vielleicht letzte Ernte ab. Im Gangesdelta beginnt jedes Jahr die Aufbauarbeit von Neuem. In den Alpen decken Touristiker die Gletscher ab in der Hoffnung, das Leben der Eisriesen zu ver­ längern. Einzelereignisse sind nicht monokausal auf die Erwärmung der Erde zurückzuführen. Aber die Tendenz ist klar: Extremereig­nisse häufen sich – bedingt durch den Klimawandel. Radikale Entscheide zur Reduktion von Treib­ hausgasen bilden die Grundlage jeder glaubwür­ digen Klimapolitik. Der Klimawandel hat aber bereits eingesetzt und fordert seine Opfer. Des­ halb muss zusätzlich zu den Präventionsmassnah­ men die internationale Anpassungs- wie auch die Nothilfe für Klimaopfer ausgebaut werden. Alles, was Mut macht und den Menschen nützt, ist umzusetzen: Vorwarnsysteme in Küstengebie­ ten und medizinische Aufklärungsarbeit, Klein­ kredite für die Opfer, Infrastrukturhilfe für die betroffenen Regionen, Dämme, Umsiedlungshil­ fe, Anpassung der Bewässerungssysteme bis zu neuen Versicherungsmodellen und der grosszügi­ gen Aufnahme von Klimaflüchtlingen. Wangpo Tethong ist Mitarbeiter des Kampagnenforums.ch. WWW Mehr zum Thema auf www.greenpeace.ch/klima Kommentieren auf www.greenpeace.ch/magazin 4

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Greenpeace/Armestre

Klima­ betroffene brauchen unsere Unter­ stützung!

Zentralasien, Sahelzone, afrikanische Ostküste, Mittelamerika Menschen in armen Ländern sind besonders stark betroffen

Die Zahl der Waldbrände im Westen der USA ist in den letzten 20 Jahren stark angestiegen. US-For­ scher halten den Klimawandel für die Hauptursa­ che. Wissenschaftler sprechen von einem Teufels­ kreis: Mehr Waldbrände durch Klimaerwärmung dezimierten den Baumbestand, weniger Bäume nähmen weniger Kohlendioxid auf, mehr Kohlen­ dioxid verstärke wiederum die Klimaerwärmung.

Honduras führt die Liste der 2008 am stärksten von Naturkatastrophen betroffenen Länder an. Die Liste wurde von der Organisation German­ watch am Rande der UN-Klimakonferenz in Poznan (Polen) 2008 veröffentlicht. In Honduras fielen 1998 allein 5600 Menschen dem Hurrikan Mitch zum Opfer. Bolivien Urvölker sind vom Aussterben bedroht Das Gletschersterben in den Anden hat tragische Auswirkungen auf die Urvölker Boliviens. Das Volk der Uru Chipaya hat dank des Gletscher­ wassers Jahrtausende in den Bergen überleben können. Jetzt sind die Flüsse ausgetrocknet.

Die afrikanische Ostküste, Mittelamerika und Südostasien dürften künftig von Wirbelstürmen am meisten betroffen sein. Staaten der Sahelzone von Senegal bis Äthiopien müssen sich dagegen auf verstärkte Trockenheit gefasst machen. In Zentralasien trifft das veränderte Klima gemäss der Studie vor allem Afghanistan, Pakistan und Nordindien hart. Alaska

Bartletti

Klima

Kivalina versinkt im Eismeer Kivalina ist ein Dorf, das bislang durch das arkti­ sche Eis vor Sturmfluten geschützt war. Das Eis ist jetzt weggeschmolzen. Ein im Jahr 2006 gegen die Sturmfluten errichteter Damm konnte das Dorf und die Bewohner nicht schützen. Kivalina ver­ klagt nun Ölmultis und Energiekonzerne. Kenia Die Nahrungsproduktion könnte bis 2050 um ein Viertel zurückgehen Die UNO hat vor einem Rückgang der Lebensmit­ telproduktion bis 2050 um bis zu einem Viertel gewarnt. Dies würde zu einer Zeit geschehen, wo die Welt mit neun Milliarden Menschen vermut­ lich zwei Milliarden mehr zu versorgen habe als heute. Ägypten Steht das Nildelta bald unter Meerwasser? Im Nildelta, das nur rund 2,5 Prozent der Land­ masse Ägyptens ausmacht, leben 30 Millionen Menschen – die Region ist stark überbevölkert. Gleichzeitig wird hier die Hälfte der in Ägypten konsumierten Nahrung produziert. Doch das Nildelta droht überflutet zu werden, die Böden versalzen.


Indien Krieg ums Gletscherwasser des Himalaya?

Brandenburg ist aufgrund seiner trockenen Sand­ böden und der leicht entzündlichen Kiefernwäl­ der das brandgefährdetste deutsche Bundesland. Nach Behördenangaben hat es dort von Januar bis Mai 2008 bereits 65 Waldbrände gegeben. Men­ schen kamen bisher keine ums Leben. Die Kosten für die Brandverhütung steigen.

Hochdekorierte pensionierte amerikanische Ge­ neräle schlagen Alarm. Die Wasserversorgung in weiten Teilen Asiens könnte sich «dramatisch reduzieren», schreiben sie in einem Papier für das US-Verteidigungsministerium, mit «destabilisie­ renden Folgen» für die Himalaya-Region.

Tibet

Greenpeace/Novis

Deutschland Mehr Waldbrände durch Klimaerwärmung

Osteuropa, Russland, Zentralasien Menschen werden krank

Schweiz

Burgener/Greenpeace

Nomaden unter Druck

Teile der Alpen werden unbewohnbar

Menschen in Ländern, deren Gesundheitssys­teme erst im Aufbau sind, werden die Klimafolgen am intensivsten spüren: Infektionskrankheiten, Ma­ laria, Herz-Kreislauf-, Atemwegs- und Stoffwech­ selerkrankungen werden zunehmen. In Albanien, Kasachstan, Kirgisistan, Mazedonien, Russland, Tadschikistan und Usbekistan werden 2009 Pro­ jekte lanciert, die der Vorbereitung auf diese Zu­ kunftsgefahren dienen.

Wo früher Süsswasser aus dem Boden gepumpt werden konnte, fliesst heute Salzwasser. Mit ­i hrer­ Küstenlinie von 32 400 Kilometern sind die Philippinen und ihre Bauern dem Anstieg des Meeresspiegels hilflos ausgeliefert.

Hossain/Greenpeace

China/Vietnam Reisbauern warten auf Wasser

Ganze Welt Die Zahl von Klimaflüchtlingen wächst

Das Gangesdelta steht vor der Überflutung

Antonio Guterres, der UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, erklärt im Mai 2008 in Genf, dass er über die wachsende Zahl von Flüchtlingen und Ver­ triebenen besorgt ist. Der Klimawandel wird neben steigenden Nahrungsmittelpreisen und ethnischen oder politischen Krisen als einer der Hauptgründe für grosse Migrationsbewegungen genannt.

Der Klimawandel treibt die Meerespegel in die Höhe und bedroht damit den Lebensraum von Millionen Menschen. Bangladeschs bettelarme Bevölkerung ist akut bedroht, viele Hütten liegen nur Zentimeter über der Flutkante. Die wenigsten ahnen etwas von der Gefahr durch die anschwel­ lenden Ozeane, sagen Beobachter vor Ort.

Afrika Die Wasserversorgung ist bedroht

Malediven/Kiribati

Die Gletscher im Himalaya schmelzen schnell. Sie beeinflussen den Zufluss für Bewässerungs­ systeme von nahezu der Hälfte der asiatischen Reis- und Getreideproduktion. Der Klimawandel verschärft damit bestehende Probleme der über­ mässigen Ausbeutung der Wasserressourcen. Papua-Neuguinea

Parkinson

Dürreperioden in Äthiopien und die Zunahme der Wüstenbildung in Mauretanien lassen be­ fürchten, dass in Afrika der Klimawechsel schon Tatsache geworden ist. Klimamodelle ergeben, dass in Nordafrika und im südlichen Afrika we­ gen geringerer Niederschläge und erhöhter Ver­ dunstung die Wasserversorgung bedroht ist.

Die Zahl der Menschen in afrikanischen Küsten­ gebieten, die von Überschwemmungen betroffen sein werden, soll von 1 Million im Jahr 1990 auf 70 Millionen im Jahr 2080 ansteigen.

Philippinen Die Ernte im letzten März war ein Reinfall

Bangladesch

Bergstürze und Murgänge haben im Hitzesom­ mer 2003 vor Augen geführt, wie sensibel die Alpenwelt auf den Klimawandel reagiert. Der Permafrost taut auf. Am Matterhorn und in Gut­ tannen stürzten 2003 gewaltige Felsmassen zu Ta­ le. Die Kosten zur Instandhaltung der Bergwege sind teils so hoch, dass viele Älpler ihre Alp nicht mehr bewirtschaften können.

Der Klimawandel vertreibt Menschen von ihren Inseln Greenpeace/Hilton

Küstengebiete Afrikas Massiv mehr Überschwemmungsopfer

Tibets Nomaden geraten zweifach unter Druck. Der Klimawandel hat viele ihrer Weidegebiete zerstört und dient nun den Behörden als Begrün­ dung, sie in reservatähnliche Einrichtungen um­ zusiedeln und sich das Land anzueignen.

Neues Land für Inselbewohner gesucht Der Präsident der Malediven sucht eine neue Hei­ mat für seine Landsleute, dafür wird bereits ge­ spart. Auch die Regierung des pazifischen Insel­ staats Kiribati plant den Exodus und sucht Platz für 100 000 Einwohner.

Die ersten Bewohner der Carteret- und Salomo­ nen-Inseln werden in diesen Wochen aus ihrer einst idyllischen, nun aber überfluteten Heimat wegziehen. 40 Familien werden ins benachbarte Bougainville (Papua-Neuguinea) umgesiedelt. In der nächsten Ausgabe des Magazins green­ peace lesen Sie einen Artikel über Menschen, die vom Klimawandel betroffen sind. greenpeace 2/09

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International

Jingyi/Greenpeace

«140 Milliarden gegen die Klimakatastrophe sind eine Superinvestition» Text Claudio De Boni Im Dezember entscheidet der Klimagipfel in Kopenhagen, ob und wie das Kyoto-Protokoll weitergeführt wird. Doch der Klimawandel bedroht schon jetzt die Lebensgrundlagen von Millionen. Deshalb braucht es schnell einen globalen Rettungsplan. Wie dieser aussehen müsste, erklärt Thomas Henningsen von Greenpeace International. Thomas Henningsen, seit Monaten dominieren Finanzthemen die öffentliche Diskussion. Warum erhält die drohende Klimakatastrophe nicht dieselbe Beachtung? Weil sie in den politisch gewichtigen Nationen zu wenig spürbar ist. Lebensbedrohlich ist sie vor al­ lem in armen Teilen der Erde. Die Schweiz hat einen schneereichen Winter hinter sich. Viele deuten dies bereits als Zeichen dafür, dass es so schlimm doch nicht sein kann.

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Das ist eine krass vereinfachende Sichtweise. Al­ lein in der Arktis ist der Klimawandel für 400 000 Menschen eine Lebensbedrohung. In den Tropen verändern sich die Lebensräume von Abermil­ lionen Menschen noch viel dramatischer – darun­ ter auch die der meisten Indigenen. Länder wie die Malediven sind dabei, komplett unterzugehen. Doch man muss gar nicht so weit suchen. Mein Arbeitsort, das internationale Greenpeace-Büro, ist in den Niederlanden. Ein Viertel des Festlan­ des liegt unter dem Meeresspiegel, ein 3000 Ki­ lometer langer Damm schützt die Bevölkerung vor Überschwemmungen. Weil der Meeresspiegel immer schneller ansteigt, muss der Damm ständig massiv verstärkt werden. Irgendwann ist das nicht mehr machbar, weder technisch noch finanziell. Was deutet denn darauf hin, dass alles noch schneller geht als angenommen? Die Europäische Weltraumorganisation ESA hat gerade erst festgestellt, dass in der Antarktis das Wilkins-Schelfeis, eine Eisfläche halb so gross wie

die Schweiz, auseinanderbricht und schmilzt. Ver­ heerend dabei ist, dass damit eine riesige weisse Flä­ che verloren geht, die bisher Sonnenlicht zurück ins Weltall reflektiert hat. Macht sie das nicht mehr, steigt die Temperatur auf der Erde noch schneller, was wiederum noch mehr Eis zum Schmelzen bringt und alles beschleunigt. Kettenreaktionen dieser Art treten immer drastischer zu Tage. Damit ist ein Anstieg des Meeresspiegels verbunden, der massiv höher ausfallen kann als bisher angenommen. Der Klimawandel – auch wenn wir ihn in Mitteleuropa noch wenig spüren – ist voll im Gange. US-Präsident Obama hat einen ökologischen Umbau versprochen. Das ging auch schneller als erwartet. Dass wir diesen verantwortungslosen Bremser George Bush endlich los sind, ist sicher ermuti­ gend. Allerdings sind die Zeichen aus den USA immer noch widersprüchlich. Obama hat bezüg­ lich Klimaschutz nicht einmal alle Demokraten hinter sich. An der alles entscheidenden Weltkli­


Schweiz

«Die Zeit, die Klimaerwärmung zu stoppen, läuft uns davon»: Aufruf von Greenpeace China in Beijing. © Qi Jingyi/Greenpeace

Die Schweiz muss Teil der Lösung werden makonferenz in Kopenhagen wird sich im Dezem­ ber zeigen, was sich wirklich ändert. Eine grosse Nation oder die EU muss sich dringend bewegen, um den Stillstand in der Politik zu überwinden. Was heisst das konkret? Die Wirtschaft muss das alte und uns alle gefähr­ dende kohle- und ölorientierte Zeitalter hinter sich lassen und auf Energieeinsparungen und kom­ plett auf erneuerbare Energien setzen. Ausserdem müssen die reichen Länder Geld lockermachen. Es braucht dringend jährlich 140 Milliarden Dol­ lar, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Dabei müssten die grössten Verschmutzer, die USA und die EU, fairerweise den höchsten Pro-Kopf-Anteil bezahlen. Die EU müsste 30 Milliarden beisteu­ ern, die Schweiz 1 Milliarde. Das sind lächerliche Summen, um unsere Erde zu retten – insbesondere im Vergleich zur Summe, die in den letzten Mona­ ten in marode Banken gesteckt wurde. Ein Klacks sind 140 Milliarden dann auch wieder nicht. Was sollen wir damit anstellen? Das Geld würde ja nicht verpuffen. Die UNO als Verwalterin des Geldtopfs könnte damit Arbeits­ plätze in der ganzen Welt schaffen. Beispielsweise indem wir den Chinesen ermöglichen, eine nach­ haltige, dezentrale Energieversorgung aufzubauen. In China geht momentan jeden Tag ein neues Kohle­ kraftwerk ans Netz. Das ist eine Katastrophe. Wei­ tere Arbeitsplätze würden auch bei uns entstehen, zum Beispiel in der dringend nötigen Gebäudeiso­ lierung. Im Vergleich dazu, was der Klimawandel uns kostet, wenn wir weitermachen wie bisher, sind 140 Milliarden eine Superinvestition.

zu bieten, als sie im Moment an der Abholzung verdienen. Das Einhalten des Vertrages würde per Satellit überwacht. Sie hoffen also, dass ein kleines Land wie die Schweiz, das den Klimawandel noch kaum spürt, von sich aus Geld in diesen Topf gibt? Ja, die Schweiz ist prädestiniert, als erstes Land weltweit mit dem Rettungsplan für unsere Kinder und die nachfolgenden Generationen voranzuge­ hen. Es wird auch hier mehr Klimakatastrophen wie Überschwemmungen geben. Zudem ist die Vorstellung ungemütlich, dass Migrationsströme unvorstellbaren Ausmasses auf Europa zukom­ men, wenn wir den Rest der Welt vor die Hun­ de gehen lassen. Der Kampf um Ressourcen und damit immense soziale Konflikte inklusive neuer grosser Kriege sind programmiert. Die einzige wirklich gute Nachricht ist, dass es noch nicht zu spät ist. Wer in den Klimaschutz investiert, über­ nimmt nicht nur Verantwortung, sondern inves­ tiert damit auch in seine eigene Zukunft. Thomas Henningsen, 47, ist Wald- und Klimaprojektleiter bei Greenpeace International. Er wohnt mit seinen vier Kindern in Deutschland und hat lange im Amazonas geforscht. Claude De Boni, ist regelmässiger Mitarbeiter des Magazins greenpeace. WWW Mehr zum Thema auf www.greenpeace.ch/klima Kommentieren auf www.greenpeace.ch/magazin

Gibt es Bereiche, die das Geld dringender benötigen als andere? An erster Stelle steht der Schutz der letzten gros­sen Wälder. Diese sind nicht nur der wichtigste CO2Speicher, sondern auch der Lebensraum der meis­ ten Tier- und Pflanzenarten auf der Erde sowie vieler indigener Völker. Durch ihre unvorstellba­ re Verdunstungsleistung sind die Wälder auch der Regenspender unserer Landwirtschaft und damit die Grundlage unserer Ernährung. Trotzdem ver­ schwindet immer noch jede Minute Urwald in der Grösse von 36 Fussballfeldern. Ganze Industrien leben von der Abholzung. Wie wollen Sie diese mit Geld stoppen? Wir müssen den Wald gar nicht kaufen. Es reicht, den armen Waldländern mehr Geld für den Schutz

Mauthe/Greenpeace

Text Alex Hauri Die Klimakonferenz in Kopenhagen erfordert rasche und entschiedene Klimaschutzmassnahmen. Der Beitrag der Schweiz dazu ist bisher völlig ungenügend. Die Schweiz präsentiert sich gern als klimapoli­ tische Musterschülerin. Sie verweist dabei auf den relativ tiefen Treibhausgasausstoss pro Kopf und das CO2-Gesetz zur Reduktion der CO2-Emissi­ onen. Die Realität sieht jedoch anders aus: • Der starke Konsum und der damit verbundene Import führen zu einem hohen CO2-Ausstoss im Ausland. Wird dieser eingerechnet, so liegt die Schweiz auf dem Niveau umliegender Länder. • Die Schweiz ist im Rückstand bei der Umsetzung des CO2-Gesetzes. Das Ziel des Kyoto-Abkom­ mens, die Treibhausgase bis 2012 um 8 Prozent zu reduzieren, kann kaum eingehalten werden; beim Verkehr laufen die Emissionen völlig aus dem Ru­ der. • Zur Regelung des zukünftigen internationalen Klimaregimes ab 2013 hat die Schweiz noch kei­ nen nennenswerten Beitrag geleistet. Die höchste bisher genannte Reduktionszahl liegt bei –15 Pro­ zent CO2 im Inland! Damit behindert die Schweiz den internationalen Klimaschutzprozess. Angesichts der alarmierenden wissenschaftlichen Fakten zum Klimawandel und mit Blick auf die entscheidende Klimakonferenz in Kopenhagen Ende dieses Jahres muss die Schweiz als Land mit einer langjährigen Tradition im Leisten guter Diens­te vorangehen. Substanzielle Beiträge zur in­ ternationalen Diskussion sind gefragt: • 40 Prozent weniger CO2-Ausstoss im Inland bis 2020. • Bereitstellung von Geldern für den Anpassungs­ fonds, wobei sich der Beitrag der Schweiz an den global notwendigen 140 Milliarden Dollar pro Jahr orientieren muss. • Unterstützung des norwegischen Vorschlags für den Anpassungsfonds mit Erträgen aus der Ver­ steigerung von Verschmutzungsrechten. Mit einem funktionierenden Finanzierungsme­ chanismus wird auch dem Schutz der Wälder zum Durchbruch verholfen. Nur wenn die Abholzung gestoppt wird, lassen sich die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch verhindern. Alex Hauri ist Teamleiter der Klimakampagne von Greenpeace Schweiz.

«Die einzig wirklich gute Nachricht ist, dass es noch nicht zu spät ist»: Thomas Henningsen.

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Gentech

Tessiner Bauern, Politiker und Terry Boehm (ganz links) säen Bio-Weizen.

Gentech-Pollen im Import-Honig Text Marianne Künzle

Gentech: Es gibt kein Nebeneinander Text Marianne Künzle Noch in diesem Jahr debattiert das Parlament über eine Verlängerung des GentechMoratoriums. Auf Einladung von Greenpeace berichteten im Frühling zwei Bauern aus Ländern, in denen Gentech-Pflanzen erlaubt sind, über ihre Erfahrungen. Terry Boehm ist Bauer und Vizepräsident der ka­ nadischen National Farmers Union: «Am meis­ ten Sorgen macht mir, dass die Bauern in meinem Land immer weniger selbst bestimmen können, was sie anbauen wollen: Seit der Einführung von Gentech-Pflanzen vor einem Jahrzehnt sind kon­ ventionelle Rapssorten aus den Sortenkatalogen praktisch verschwunden», sagt er. Zurzeit baut Terry noch gentechfreien Raps an, kann die Ernte aber nicht zum besseren Preis verkau­ fen, den gentechfreie Rohstoffe üblicherweise auf dem Markt erzielen, denn in Kanada gibt es keine Warenflusstrennung für gentechfreie und GentechWare. Obwohl er sich mit dem niedrigeren Preis ab­ finden muss, hält er am eigenen Saatgut fest. Denn: «Der diktatorischen Politik von Grosskonzernen wie Monsanto will ich mich nicht fügen. Monsanto ist dafür verantwortlich, dass die Saatgutpreise in Kanada seit dem Einzug von Gentech-Saatgut um das Fünf- bis Sechsfache gestiegen sind.» Juan Carlos Simon ist Biobauer in der spani­ schen Region Aragón, wo bis zu 70 Prozent der Maisproduktion aus Gentech-Kulturen stammen. Zweimal hat Juan Carlos die Bio-Zertifizierung für seine Maisernten verloren. Die Ernten wurden beide Male durch unbekannte Gentech-Quellen verunreinigt – durch Pollenflug, beim Transport oder durch Verunreinigungen während der Ernte. 8

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Ti-Press/Agosta/Greenpeace

Verloren hat er mit dem Zertifikat auch 12 000 Euro, doch noch schmerzlicher ist für ihn, wie er sagt, «dass ich acht Jahre verloren habe, die ich in die Züchtung von eigenem Mais-Saatgut investiert hatte. Das Resultat ist durch die Gentech-Konta­ mination auf einen Schlag verloren gegangen.» Juan Carlos musste zudem feststellen, dass Konflikte und Misstrauen unter den Bauern zu­ nehmen – selbst unter Freunden. Inzwischen ha­ ben die meisten Biobauern in Aragón den Mais­ anbau aufgegeben, obwohl die Nachfrage für Biomais stark steigt. Terry und Juan Carlos erzählen verschiedene Geschichten, aber die Aussage ist dieselbe: Es gibt kein Land und keine Region – und es wird dies auch nie geben –, wo biologischer, konventionel­ ler und Gentech-Anbau nebeneinander existie­ ren können. Es gibt nur ein Entweder-oder: eine ökologische und selbstbestimmte Landwirtschaft oder eine an Konzerninteressen orientierte, bei der die Anliegen von Bauern, Konsumenten und auch der Umwelt auf der Strecke bleiben. Marianne Künzle ist Gentech-Campaignerin bei Greenpeace Schweiz.

Ein Drittel des importierten Honigs ist mit Gentech-Pollen kontaminiert. Dies haben Greenpeace-Tests ergeben. Schweizer Honig ist unbelastet. Greenpeace hat 16 ausländische und 6 Schweizer Honigsorten auf Gentech-Pollen testen lassen. Das Resultat ist ernüchternd: In 6 der ausländi­ schen Marken fanden sich Spuren von GentechPollen. Sie stammen aus Nord-, Süd-, Mittelame­ rika und aus Europa und werden bei Aldi, Coop und Migros verkauft. Gentech-Pollen im Honig müssen nicht deklariert werden. Genmanipulierte Pflanzen werden vor allem in Nord- und Südamerika angebaut. Dort kommt es regelmässig zur Verunreinigung von gentech­ freiem Saatgut, Kulturen und Lebensmitteln. Kontaminationsquellen sind der Erntetransportund der Verarbeitungsprozess, aber auch Wind oder Bienen, die Gentech-Pollen kilometerweit tragen können. Diese Ergebnisse zeigen, dass der Anbau von Gentech-Pflanzen zwangsläufig zur Verunreini­ gung von gentechfreien Lebensmitteln führt. Alle getesteten Schweizer Honige sind denn auch gen­ techfrei. Greenpeace fordert die Schweizer Politik auf, dem Einsatz von Gentech-Pflanzen in der Landwirtschaft einen Riegel vorzuschieben. Da­ mit Schweizer Honig auch weiterhin ein Natur­ produkt bleibt, braucht es klare Entscheidungen von Seiten der Politik: mindestens eine Verlänge­ rung des Anbaumoratoriums um fünf Jahre.

Biobauer und Ex-Mister-Schweiz Renzo Blumenthal: «Kein Platz für Gentech-Pflanzen» Renzo Blumenthal wurde als Mister Schweiz 2005 berühmt. Heute bewirtschaftet er zusammen mit seinen Eltern einen Biobauernhof in Vella, Graubünden. Er äussert sich klar gegen Gentech: «Wir brauchen hochwertige, gesunde Nahrungsmittel in unserem Land, und darum sollten sie so naturnah wie möglich produziert werden. Es hat keinen Platz für gentechnisch veränderte Pflanzen.» «Gentechnisch veränderte Nahrungsmittel widersprechen dem Ursprung ihrer Entstehung und können auf Dauer nicht gesund sein für Mensch und Tier.»


Meer

Die weltweite Unterstützung trägt (Kirsch-)Blüten Text Bruno Heinzer Dank dem internationalen Druck sind die Haftauflagen für die beiden japanischen Greenpeace-Mitarbeiter, die einen Walfleisch-Skandal aufdeckten, etwas gelockert worden. Demnächst, am 20. Juni, jährt sich der Tag, an dem die beiden japanischen Greenpeace-Mit­ arbeiter Junichi Sato und Toru Suzuki verhaftet wurden. Sie hatten im letzten Frühsommer aufge­ deckt, dass tonnenweise Walfleisch aus dem staat­ lich subventionierten «Forschungs-Walfang» über private Kanäle teuer verkauft wird. Nach fast ei­ nem Monat Haft wurden die beiden Walschützer unter härtesten Kautionsauflagen entlassen und stehen seitdem unter ständiger Polizeibewachung. Im Prozess, der diesen Herbst stattfinden wird, drohen ihnen zehn Jahre Gefängnis. Es ist offensichtlich, dass dieses Verfahren poli­ tisch motiviert ist und dass damit nicht nur der Widerstand gegen das fragwürdige Walfangpro­ gramm gebrochen, sondern auch vom eigentlichen Skandal, der kommerziellen Verwertung der an­ geblich zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Wale, abgelenkt werden soll. Regierungsvertreter unterminieren zudem die Un­ abhängigkeit der Justiz, indem sie gemäss japani­ schem Recht öffentlich zugängliche Akten, die für die Verteidigung der beiden Walschützer wichtig wären, bis zur totalen Unkenntlichkeit einschwär­ zen. Dies verstösst gegen die von Japan mitunter­ zeichnete UNO-Menschenrechtskonven­tion.

Greenpeace-Leuten treffen dürfen. Für Junichi, bis zu seiner Verhaftung Koordinator der Wal­ schutz-Kampagne, war es ein Freudentag, als er am 30. März, mitten in der Kirschblütenzeit, zum ersten Mal nach zehn Monaten wieder ins Büro nach Tokio zur Arbeit gehen konnte. In seinem Blog beschrieb er die von den Bürowänden strah­ lenden Fotos der weltweiten Unterstützungsakti­ onen als «Kirschblüten für mein Herz», die ihm Glück und Kraft gäben. Doch immer noch droht Junichi und Toru eine langjährige Gefängnisstrafe. Bis zur entscheiden­ den Gerichtsverhandlung im Herbst werden wir daher den Druck durch Gespräche, Protestmails, Einsprachen und Aktionen weiter aufrechterhal­ ten: Es kann und darf nicht sein, dass Walschützer im Gefängnis landen und Walfänger ungestraft ihr blutiges Werk fortsetzen können! Bruno Heinzer ist Koordinator der Meereskam­ pagne von Greenpeace Schweiz.

Greenpeace

Greenpeace

Noch immer droht ihnen eine Gefängnisstrafe, aber immerhin sind ihre Haftauflagen gelockert worden: Toru Suzuki (oben) und Junichi Sato.

WWW Mitmachaktion auf www.greenpeace.ch/meer Kommentieren auf www.greenpeace.ch/magazin

Hunderttausende unterstützen den Protest Doch Greenpeace, unterstützt von Hunderttausen­ den Menschen auf allen Kontinenten, setzt sich mit aller Energie für die beiden Kollegen in Japan ein. Auch in der Schweiz wurden wir bereits zweimal bei der japanischen Botschaft vorstellig, und am 19. März erreichten wir erstmals direkte Gesprä­ che mit den japanischen Repräsentanten in Bern. Der weltweite Protest trägt erste Früchte: Am 24. März wurden die Haftauflagen der zwei Green­ peace-Aktivisten immerhin so weit gelockert, dass sie sich – allerdings jeder allein – wieder mit

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Aktiv Atom + Energie

Gentech + Chemie

Greenpeace/Parracho

Greenpeace/Dithajohn

Atomausstieg

Landwirtschaft

Salvador, Brasilien

Ratchaburi, Thailand

10/03/2009: Nach einem kurzen Marsch durch die Innenstadt von Salva­ dor lassen sich rund 200 TeilnehmerInnen auf den Boden fallen. Sie wollen die Bevölkerung damit auf die Gefahren aufmerksam machen, die vom Uranabbau und von der Atomenergie ausgehen.

07/03/2009: Hunderte von Greenpeace-Unterstützenden, Freiwilligen und Bauern pflanzen biologischen Reis an und schaffen damit ein «Reis-Kunst­ werk»: In den nächsten vier Monaten wird der wachsende Reis ein Bild von Bauern bei der Reisernte entstehen lassen.

Greenpeace/Caton

Greenpeace/Ex-Press/Winkler

Solarenergie

Chemische Verseuchung

Jalka, Indien

Basel, Schweiz

30/03/2009: In einem indischen Dorf installiert Greenpeace an zwei Schu­ len Solaranlagen. Diese produzieren Strom für zehn Ventilatoren und einen Computer. Kalavati Bandurkar (links) unterstützt die Verbreitung solcher dezentraler Energiesysteme und sagt: «Dank Solarenergie hat das Dorf eine Zukunft.»

26/02/2009: Greenpeace-Aktivisten blockieren den Eingang des RocheHauptsitzes mit symbolischen Giftfässern. Greenpeace fordert mit dieser Aktion, dass der Chemiekonzern die Altlastendeponie Hirschacker korrekt weitersaniert und ihren Inhalt nicht illegal in anderen Deponien entsorgt.

10

greenpeace 2/09


Greenpeace Schweiz Jahresbericht 2008 Rückblick 2008 von Markus Allemann, Co-Geschäftsleiter

2008 war bodenlos. Die Finanzen stürzten weltweit. In den USA begann die Kettenreaktion. Sollten wir darauf mit einer Greenpeace-Ketten-Aktion antworten? Wir haben stattdessen alte Fesseln abgelegt, uns von der alten Struktur gelöst und ein neues Fundament gebaut, um integrierte Kampagnen auf feste Beine zu stellen: Kampagnen, die aus einem Guss nachhaltig unsere Anspruchsgruppen bewegen; Kampagnen, die noch wirksamer sein sollen. Der Weg zur Integration ist mühsam. Das erlebten die Finanzhaie wohl ähnlich … und verzichteten lieber. Das Prinzip «Ich mach’ mein Ding» ist schneller umzusetzen als eine Kampagne, die nachhaltig bewegen will. 2008 begann, was in den nächsten Jahren für uns alle zur Pflicht werden soll: Integrieren! Die Kampagnenauswahl unten steht beispielhaft für unser Jahr des Aufbruchs, das den Grundstein für eine noch schlagkräftigere Organisation gelegt hat.

Eine Auswahl an Kampagnenschwerpunkten im Jahr 2008 Atom s Klima Mit verschiedenen Aktionen war Greenpeace an den Standorten Gösgen, Beznau und Mühleberg anwesend und protestierte gegen die AKW-Neubaupläne. s Greenpeace reichte zusammen mit anderen Organisationen die Klimainitiative für eine 30 prozentige Reduktion von CO2 im Inland ein. In der Schweiz unterschrieben 150 000 BürgerInnen diese Initiative. Energie s Verkehr Greenpeace nahm mehrmals öffentlich Stellung zur Energieverschwendung mit Elektroheizungen und Heizpilzen und informierte kantonale sowie nationale Entscheidungsträger über die dadurch verursachte Umweltproblematik. s Greenpeace unterstützte Betroffene bei ihrem Kampf gegen die Untätigkeit von Politik und Behörden. Mit juristischen Klagen machte Greenpeace den «Anspruch auf gesunde Luft» geltend.

© Greenpeace / Jiri Rezac

Chemie s Landwirtschaft / Gentech Mit Erfolg führte Greenpeace Expertisen, Aktionen und direkte Verhandlungen mit der Basler Chemie durch. Das Gericht stieg auf die für Bonfol JU empfohlenen Sanierungsmassnahmen ein. s Hunderte Menschen haben auf Einladung von Greenpeace bei Zürich und Lausanne Felder mit gentechfreiem, biologischem Weizen besät – als Protest gegen den Freisetzungsversuch mit GentechWeizen. Wald s Meer In Kinshasa eröffnete Greenpeace das erste afrikanische Kampagnenbüro – für die Kongobecken-Regenwälder, ihre Biodiversität, die lokale Bevölkerung und für den Klimaschutz. s Greenpeace protestierte vor der japanischen Botschaft in Bern gegen die Verhaftung zweier Aktivisten in Japan, die aufgedeckt hatten, dass illegaler Handel mit Walfleisch betrieben wird.

© Greenpeace / Ex-Press / D. Winkler

© Greenpeace / Ex-Press / David Adair

© Greenpeace / Daniel Spehr

© Jan-Joseph Stok / Greenpeace


Jahresrechnung 2008 Bilanz per 31. Dezember 2008 und 2007 Aktiven

Anteil

91 % 3% 1% 1% 2%

2007 CHF 16 205 228 680 259 304 118 123 357 131 477

17 630 036

97 %

17 444 439

98 %

294 103 118 879 42 979

2% 1% 0%

172 870 120 549 38 598

1% 1% 0%

455 961

3%

332 017

2%

18 085 997

100 %

17 776 456

100 %

1 050 628 17 867 248 875 1 118 944 222 264

6% 0% 1% 6% 1%

651 048 16 248 284 133 913 171 184 366

4% 0% 2% 5% 1%

2 658 578

15 %

2 048 966

12 %

1 000 000 11 853 419 2 574 000

6% 66 % 14 %

1 000 000 10 290 490 4 437 000

6% 58 % 25 %

15 427 419

85 %

15 727 490

88 %

18 085 997

100 %

17 776 456

100 %

2008 CHF 22 842 642 388 690

Anteil

Anteil

98 % 2%

2007 CHF 20 147 564 822 949

23 231 332

100 %

20 970 513

100 %

– 9 584 414 – 6 408 310 – 388 690 – 5 116 607 – 2 252 441

– 41 % – 28 % –2% – 22 % – 10 %

– 8 955 084 – 5 155 051 – 822 949 – 5 206 084 – 2 133 125

– 43 % – 25 % –4% – 25 % – 10 %

– 23 750 462

– 102 %

– 22 272 293

– 106 %

Betriebsergebnis

– 519 130

–2%

–1 301 780

–6%

Finanzertrag Finanzaufwand

254 608 –131 910

1% –1%

366 733 – 10 410

2% –0%

122 698

1%

356 324

2%

96 361 0

0%

90 788 0

0%

96 361

0%

90 788

0%

– 300 071

–1 %

– 854 668

–4%

6% 3% –5% 0%

Flüssige Mittel Wertschriften Forderungen gegenüber nahestehenden Gesellschaften Forderungen Aktive Rechnungsabgrenzung

Anhang 2.01 2.02 2.03 2.03 2.04

Umlaufvermögen Mobile Sachanlagen Finanzielles Anlagevermögen Immaterielles Anlagevermögen

2.05 2.06 2.05

Anlagevermögen Total Aktiven

2008 CHF 16 472 145 505 790 229 114 139 601 283 386

Anteil

91 % 4% 2% 1% 1%

Passiven Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Verbindlichkeiten gegenüber nahestehenden Gesellschaften Übrige kurzfristige Verbindlichkeiten Passive Rechnungsabgrenzung Rückstellungen

2.07 2.08 2.09 2.10 2.11

Kurzfristiges Fremdkapital Stiftungskapital Freies Kapital Gebundenes Kapital Organisationskapital

2.12

Total Passiven

Betriebsrechnung 1. Januar bis 31. Dezember 2008 und 2007 Ertrag Beiträge und Spenden Spenden für internationale GP-Projekte

Anhang 3.02 3.03

Total Ertrag Aufwand

3.04

Nationale Kampagnen Internationale Kampagnen Weiterleitung erhaltene Spenden für internationale GP-Projekte Marketingaufwand Verwaltungsaufwand

3.05 3.06 3.03 3.04 3.04

Total Aufwand

Finanzergebnis Übriger Ertrag Übriger Aufwand Übriges Ergebnis Ergebnis vor Veränderung Organisationskapital Zuweisung gebundenes Kapital Verwendung gebundenes Kapital Auflösung gebundenes Kapital Zuweisung freies Kapital Verbleibender Betrag nach Zuweisungen

3.07 3.07

0 1 863 000 0 –1 562 929

–7%

0 1 259 000 637 000 – 1 041 332

0

0%

0

8%

96 % 4%


Wie Ihr Geld bei Greenpeace arbeitet von Uta Kroll, Bereichsleiterin Kommunikation und Fundraising

Das Spendenjahr 2008 war für Greenpeace sehr erfolgreich: Die Einnahmen aus Spenden und Beiträgen liegen bei CHF 23,23 Mio. Darin enthalten sind auch die Beiträge, die für internationale Greenpeace-Projekte gespendet wurden. Es ist eine ausserordentliche Unterstützungsbereitschaft unserer SpenderInnen zu erkennen, so dass Greenpeace auch dieses Jahr wieder mit einem Einnahmenzuwachs gegenüber dem Vorjahr abschliessen konnte. Dieser betrug rund 11 % resp. CHF 2,3 Mio.

Greenpeace kommuniziert bereits seit mehreren Jahren regelmässig gegenüber UnterstützerInnen die Möglichkeit, auch Legate zu spenden. In diesem Jahr überstiegen die Einnahmen aus Legaten mit CHF 3,56 Mio. unsere Erwartungen bei Weitem. Finanziell unterstützt haben uns im letzten Jahr rund 167 000 Personen – das sind 4000 mehr als im Vorjahr. Angesichts der Tatsache, dass die Anzahl UnterstützerInnen bereits 2006 nach Jahren der Stagnation wieder gestiegen ist, stimmt uns dies für die Zukunft zuversichtlich.

Aufwand: Für folgende Bereiche hat Greenpeace ihre Gelder eingesetzt.

Einnahmen: So gliedern sich die Einnahmen von Greenpeace Schweiz.

9% 4%

69 %

1%

17 % 4%

17 %

9% 1%

69 %

100 %

Kampagnen* Fundraising Mitgliederbetreuung und Datenbank Administration / Geschäftsleitung Finanz- und übriger Aufwand Total in Mio. CHF

16,38

15 %

4,11 1,01 2,25

79 %

1%

5% 15 %

5%

1% 100 %

0,13 23,88

Spenden Grossspenden Legate Finanz- und übrige Erträge Total in Mio. CHF

18,48 1,19 3,56 0,35 23,58

79 %

* inkl. Weiterleitung erhaltene Spenden für internationale Greenpeace-Projekte

Am 31.12.2008 beschäftigte Greenpeace Schweiz 67 Festangestellte in umgerechnet 50 unbefristeten Vollzeitstellen. Ausserdem wurde Greenpeace von Temporär-, Projekt- und Stundenlohn-Mitarbeitenden unterstützt. Der Personalaufwand betrug CHF 6 483 164. Der Teuerungsausgleich lag bei 1,2 %, die Reallohnerhöhung bei 0,3 %. Die Entschädigungen an den Stiftungsrat betrugen CHF 39 000, davon gingen CHF 18 000 an die Stiftungsratspräsidentin. Das Bruttojahresgehalt der Co-Geschäftsleitung (inkl. 13. Monatslohn) betrug CHF 257 000 (160 Stellenprozente).

Greenpeace finanziert die Arbeit für die Umwelt ausschliesslich mit Spenden von Privatpersonen, Vereinen und Stiftungen. Knapp 54 Prozent der UnterstützerInnen haben 2008 ihren Beitrag per Lastschriftverfahren überwiesen. Diese Zahlungsart ermöglicht uns die langfristige Planung unserer Arbeit und die unerlässliche Unabhängigkeit. Greenpeace nimmt keine Spenden von Kapitalgesellschaften, Parteien, der öffentlichen Hand und internationalen Organisationen entgegen.

Einnahmen international: Welche Länder internationale Kampagnen finanziert haben.

Kampagnen: In diese Kampagnenarbeit flossen die finanziellen Mittel.

17 %

31 %

4% 5%

9% 9% 7%

7%

5%

17 %

9% 9%

4% 18 % 100 %

Deutschland Niederlande Schweiz Grossbritannien USA Australien Central & Eastern Europe andere Länder Total in Mio. EUR (inkl. Investment Fund Grants)

18 %

14,4 7,7 4,3 4,3

18 %

10 % 11 %

42 %

10 %

10 % 9%

3,1

11 %

2,3 1,9

100 %

9 % 10 %

8,4

42 %

46,4

Nationale Kampagne Climate & Energy Nationale Kampagne Biodiversity & Toxics Umweltbildung* Kampagnenkommunikation Medienarbeit, Bild, Video Internationale Kampagnen** Total in Mio. CHF

* inkl. Regionalgruppen und Service Division

2,93 1,67 1,82 1,71 1,45 6,80 16,38

** inkl. weitergeleitete Spenden

Greenpeace Schweiz finanzierte 2008 mit EUR 4,3 Mio. zu einem bedeutenden Teil die weltweite Kampagnenarbeit mit. Durch die leicht gestiegenen Beiträge an Greenpeace International förderte die Schweiz Projekte in Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo, in denen aufgrund der Armut die meisten Menschen nicht spenden können. Die Zahlen sind von der Revisionsstelle von Greenpeace International noch nicht definitiv revidiert.

58 % der Mittel flossen in die nationale Kampagnenarbeit, 42 % in die globalen Projekte. Schwerpunkt der nationalen Greenpeace-Kampagnenarbeit bildeten die Klimakampagne und die Kampagne gegen neue Atomkraftwerke. Die Freiwilligenarbeit sowie die Umweltbildung wurden mit 11 % unterstützt.

Freiwilligenarbeit nach Gruppenzugehörigkeit in Stunden.

Aufwand international: Wofür Greenpeace International die Länderbeiträge einsetzte.

1%8% 5%

26 %

26 %

11 % 7%

23 %

23 %

19 % 7%

19 %

11 %

5% 1% 8% 100 %

Freiwillige Gruppen / Regionalgruppe 10 301 Kurse (Regionalgruppen / Aktionen) 7 162 AktivistInnen 4 090 Greenteams / Urwaldfreundlich 2 750 JugendSolarProjekte / Solar Generation 9 000 Schulbesuche 1 800 Fachgruppen (NWA Bern, Workshop Festival) 460 Einzeleinsätze (inkl. Stiftungsrat) 2 968 Total 38 531

2008 haben insgesamt 550 ehrenamtliche oder freiwillige Helfer 38 531 unentgeltliche Arbeitsstunden geleistet. Das entspricht rund 70 Stunden pro Person und Jahr. Aufgrund der medienträchtigen Gletscheraktion von Spencer Tunick 2007 verzeichnete Greenpeace im letzten Jahr rund 10 000 Freiwilligenstunden weniger.

15 %

36 %

2%

3%

20 %

36 %

16 %

8% 16 % 3% 15 %

8%

2%

20 %

100 %

Internationale Kampagnen Flotte und Aktionen Medien und Kommunikation Unterstützung nationaler Büros Fundraising Verwaltung Zinsaufwände und Währungsverluste Total in Mio. EUR

15,8 8,5 3,4 7,1 1,5 6,4 0,7 43,4

Die Angaben in diesem Diagramm beziehen sich auf das Jahr 2007. Die Zahlen für 2008 lagen zum Zeitpunkt des Drucks noch nicht vor. Der internationale Jahresbericht erscheint im Juli 2009 und kann bei Greenpeace Schweiz bestellt werden.

© Christiane Eisler / Greenpeace

31 %

18 %


© Ryan Rayburn / The World Bank

© Martin Kappler

© Hene Krauchi

© Greenpeace

JugendSolarProjekt s Youth Support Centre Anlässlich des 10-Jahr-Jubiläums des JugendSolarProjekts bauten 18 Jugendliche aus aller Welt am InternationalSolarCamp in Ruswil eine 600-m2-Solaranlage. s Mit Schweizer Youth-Support-Unterstützung sammelten Kids for Forests weltweit 42 000 Unterschriften für den Schutz des Kongo-Regenwaldes. Diese übergaben sie dem Weltbankpräsidenten persönlich. Schulbesuche Greenpeace war mit einem Workshop am internationalen Pfadibundeslager anwesend. Dieser Event mit über 15 000 Kids findet nur etwa alle 14 Jahre statt. In Workshops ermöglichte Greenpeace den rund 700 Jugendlichen die Auseinandersetzung mit der Solarenergie als einer der erneuerbaren Energien. Greenpeace bietet Schulen aller Altersstufen «bedürfnis- und handlungsorientierte» Workshops an. Greenteams s Kids for Forests 18 Schweizer Greenteam-Kids nahmen an einem Demonstrationszug anlässlich der UNOArtenvielfaltskonferenz in Bonn teil. s Kids for Forests engagierten sich für urwaldfreundliche Gemeinden und organisierten einen Stand gegen Batteriehaltung. An Greenpeace-Wochenenden und -Lagern erfanden sie mit Kreativität Aktionsideen wie eine «Mr.-Urwald-Wahl» oder das Öko-Taxi. Freiwilligengruppen s Freiwilligenkurse Mit Standaktionen und direktem Kontakt zur Bevölkerung setzten verschiedene Freiwilligengruppen internationale Kampagnenthemen auf lokaler Ebene um. s Sie führten verschiedene Kurse durch, u.a. das Lehrgangsprojekt «Teilchenbeschleuniger». Auf dem Bundesplatz in Bern fand eine Aktion von Freiwilligen zum Thema Haftpflichtversicherung von AKW-Betreibern statt.

Ausblick 2009 von Kaspar Schuler, Co-Geschäftsleiter

Die Welt blickt nach Kopenhagen, wo Ende Jahr das KyotoAbkommen neu verhandelt wird. Was Not tut, ist beziffert: 40% echte CO2-Reduktion im Schnitt aller Industrieländer bis 2020, zu drei Viertel im eigenen Land umzusetzen. Was macht der Bundesrat? Er ist sich nicht einig. Frau Leuthard will im Inland keinen Finger rühren, während Herr Leuenberger 15% Inland- und 5% Auslandreduktion postuliert. Doch 150 000 StimmbürgerInnen unterschrieben die Volksinitiative «für ein gesundes Klima», die im Inland eine Treibhausgasreduktion von mindestens 30% festlegt. Anfang 2009 haben wir das Konzept «Sichere Stromversorgung ohne neue Atom- und Gaskraftwerke» veröffentlicht. Grundlage ist ein bestehendes Energieszenario des Bundesamtes für Energie und der Effekt sind weit über 10 000 neue Arbeitsplätze schweizweit. Ein neues AKW liesse die Investitionen ins Ausland fliessen. So anspruchsvoll der Weg nach Kopenhagen vorerst erscheinen mag, die Schweiz kann ihn aufrecht, in Sicherheit und gewinnbringend für Volk und Wirtschaft beschreiten. Die Vollversion des Jahresberichts steht Ihnen auch als Download zur Verfügung: www.greenpeace.ch / jahresbericht. Sie können auch eine gedruckte Fassung bei uns bestellen: Greenpeace, Heinrichstrasse 147, Postfach, 8031 Zürich, Telefon +41 44 447 41 41, Fax +41 44 447 41 99, E-Mail gp@greenpeace.ch Ausserdem können Sie einen Jahresrückblick von Greenpeace über sämtliche Kampagnen-Aktivitäten 2008 unter www.greenpeace.ch / rueckblick runterladen.

© Greenpeace / Express / Markus Forte

Weitere Aktionen aus dem Jahr 2008


Aktiv Klima + Verkehr

Wald + Meer

Greenpeace/Ex-Press/Winkler

Greenpeace/Nobili

Klimapolitik

Wald

Bern, Schweiz

Ravenna, Italien

03/03/2009: Jugendliche des JugendSolarProjekts überbringen der ameri­ kanischen Botschaft ein Solarmodul. Das Geschenk soll Präsident Obama dazu auffordern, den versprochenen Wechsel in der US-Energie- und -Kli­ mapolitik rasch und nachhaltig umzusetzen.

24/03/2009: Am Hafen von Ravenna blockieren Greenpeace-AktivistInnen eine Schiffsladung mit illegal geschlagenem Holz aus Liberia. Dieses ist für den Bau der Metro in Rom vorgesehen. Italien ist einer der grössen Um­ schlagplätze in Europa für illegal geschlagenes Holz.

Einberger/argum/Greenpeace

Greenpeace/Ibrahim

Verkehr

Walfang

München, Deutschland

Tokio, Japan

09/02/2009: Vor der Staatskanzlei steht ein Spritschlucker mit einer Abgas­ wolke, auf der steht: «Klimaschädliche Spritfresser verbrennen unsere Steuergelder.» Greenpeace-AktivistInnen protestieren damit gegen die För­ derprogramme für die Autoindustrie und fordern den bayrischen Minister­ präsidenten auf, das Klima zu schützen.

17/02/2009: Mit diesem Plakat fordern Greenpeace-Mitarbeitende und Frei­ willige einen fairen Prozess für die beiden Greenpeace-Aktivisten Junichi Sato und Toru Suzuki. Die beiden haben einen Korruptionsskandal rund um das staatliche Walfangprogramm aufgedeckt und sind daraufhin wegen Dieb­ stahls und Einbruchs angeklagt worden (siehe auch Seite 9).

greenpeace 2/09

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Uran

«Dann stirbt unsere Religion»

Tilousi

Text Franziska Rosenmund Der Uranabbau im Grand Canyon/USA bedroht den Lebensraum der Havasupai-Indianer. Ihr geistiges Oberhaupt, Rex Tilousi, fühlt sich dazu bestimmt, jene aufzuklären, die vom Atomstrom profitieren. Er fühlt sie überall, «die heilige Kraft der Berge». «Die Berge sind die Verbindung zum Himmel. Sie tragen unsere Gebete hinauf zu den Vorfahren in der geistigen Welt», erklärt Rex Tilousi. Es fällt dem spirituellen Führer der Havasupai schwer, die Religion seines Volkes in unsere Sprache zu übersetzen. Havasupai-Indianer reden nicht über ihre Spiritualität. In seinem über zwanzig Jahre dauernden Kampf gegen die Uranabbaupläne im Grand Ca­ nyon sah sich Rex jedoch immer wieder gezwun­ gen, dieses Schweigen zu brechen: «Das Minen­

16

greenpeace 2/09

projekt auf unserem Territorium hätte nicht nur furchtbare Auswirkungen auf die Lebensgrund­ lagen der Havasupai, es würde auch unsere religi­ ösen Grundlagen zerstören.» Die Uranabbaupläne der USA bedrohen eine der heiligsten Stätten der Havasupai, den Berg Red Butte. Hier wurde in den achzigerer Jahren die Canyon Mine gebaut, mit einem Bohrturm, der das Uranerz tief aus dem Erdinnern hervor­ bohren sollte. «Für uns wäre dies ein Dolchstoss mitten ins Fleisch der heiligen Grossmutter, wel­ che die Havasupai hervorgebracht hat. Wenn wir nicht mehr zu diesem Berg beten können, stirbt unsere Religion», sagt Rex. Die Havasupai wehrten sich damals erfolglos mit einer Klage für ihr verfassungsmässiges Recht auf freie Religionsausübung. Nur wegen des tiefen Uranpreises wurde die Canyon Mine bisher nicht

in Betrieb genommen. Doch in letzter Zeit stieg der Druck auf die Uranvorräte und seit drei Jahren lässt das Forstdepartement von Arizona – ohne die Havasupai vorher angehört zu haben – Explo­ ra­tionsbohrungen auf diesem Gebiet zu. Die «Canyon Mine» wird zwar noch immer nicht aus­ gebeutet, «aber es ist, als würden bereits die Fens­ ter unserer Kirche eingeschlagen», beschreibt das geistige Oberhaupt der Havasupai seine Gefühle. Für Rex Tilousi ist der jetzige Besuch in der Schweiz eine Rückkehr: «Ich bin hier, weil meine

Von der Gewinnung des giftigen Rohstoffs Uran über die gefährliche Produktion bis zur Entsorgung des viele tausend Jahre strahlen­ den Abfalls: Die angeblich saubere Atom­ energie hat viele dreckige Seiten. Das Magazin deckt diese in den nächsten Ausgaben auf.


«Die Berge sind die Verbindung zum Himmel»: Rex Tilousi vor dem Berg Red Butte, einer der heiligsten Stätten der Havasupai.

Nyberg

Greenpeace/Winkler

Warnschild an einem Zaun, hinter dem das Gelände einer Uranmine liegt (links), rechts der Havasu-Wasserfall, eine Touristenattraktion auf dem Gebiet der Havasupai-Indinaner. Aufgabe noch nicht zu Ende geführt ist.» 1995, vor der Abstimmung über das Atomendlager im Wellenberg, kam er, berichtete über die Folgen des Uranabbaus für sein Volk und hielt ein Ritual für den Wellenberg ab. Die Ablehnung des Endlagers war ein Sieg nicht nur für die Nidwaldner, die kei­ ne Uranbrennstäbe in ihrem Berg vergraben lassen mussten, sondern auch für die Menschen, die am Anfang der unseligen Kette der Atomstrompro­ duktion stehen, wie das Volk der Havasupai. Jetzt, wo der Druck auf sein Gebiet wächst, will Rex die Menschen in der Schweiz wieder auf­ klären: «Sie sollen verstehen, dass der Atomstrom, der hier so viele selbstverständliche Annehmlich­

flutungen in jüngster Zeit liessen die Dämme beim heiligen Berg Red Butte brechen. Über unterir­ dische Wasserläufe breiteten sich Schlammlawi­ nen ins Tal aus: «Wäre die Mine in Betrieb gewe­ sen, hätten radioaktive Stoffe unseren Fluss, das Grundwasser und unser Dorf verseucht», führt Rex aus. «Doch auch ohne Unwetter wären die Havasupai der Radioaktivität direkt ausgesetzt», fährt er fort. «Das Wild, von dem wir uns ernäh­ ren, lebt da, wo die Gruben geplant sind.» Dass er mit seiner Botschaft die weite Reise aus einem der abgelegensten Seitentäler des Grand Canyon bis in die Schweiz gemacht hat, gehört für Rex Tilousi zu seinem vorbestimmten Lebens­

«Die Menschen hier sollen verstehen, dass der Atomstrom, der so viele Annehmlichkeiten ermöglicht, einen gefährlichen Anfang hat.»

keiten ermöglicht, einen gefährlichen Anfang hat. Wer an die Sauberkeit der Atomenergie glaubt, soll zu uns kommen und sich anschauen, wie rasch das einfache Leben der Havasupai durch den Betrieb von Uranminen verseucht würde.» Zwar liegt die Canyon Mine 56 Kilometer entfernt von ihrer Siedlung Supai, doch die stän­­ dige Gefahr einer radioaktiven Verseuchung ist im «Tal am blaugrünen Wasser» real: Zwei Über­

weg. «Warum sonst hätte ich vor zwei Jahren den schweren Unfall überlebt, bei dem ich aus einem Auto geschleudert wurde?» Und der Reisepass, der im allerletzten Moment doch noch kam – wie alle Post der Havasupai auf dem Rücken eines Maultiers den staubigen Trail hinunter nach Su­ pai? «Das war kein Zufall, das war so geplant.» Ob für ihn auch ein Nachfolger als spirituel­ ler Führer der Havasupai geplant ist, weiss der 67-

Jährige hingegen nicht. Die jungen Menschen für die geistige Welt zu interessieren, sei nicht einfach, stellt Rex fest. Darum scheut er bei der Weiter­ gabe der Tradition auch die modernen Kommu­ nikationsmittel nicht und hat auf einer CD einige der alten Lieder der Havasupai aufgenommen. Die Gebete und das Jahrhunderte alte Wissen jedoch lassen sich nur mündlich überliefern – vom Ältesten an einen vorbestimmten Jüngeren. «Es ist eine lebenslange Schule, die mit keiner Schul­ bildung vergleichbar ist und die schon im Baby­ alter beginnt.» Just in den Tagen seines Aufenthalts in der Schweiz soll eine von Rex’ Töchtern Zwillinge zur Welt bringen. «Es gibt also Hoffnung», lächelt er. Und vor allem hat er noch Zeit: «Aus dem Ge­ spräch mit der Sonne, der Berührung mit einem Baum, aus dem Gebet zu den Ahnen hole ich mir die Energie, die ich brauche, um meinen vorbe­ stimmten Pfad noch weiter zu gehen.» Franziska Rosenmund ist Kommunikationsbeauftragte von Greenpeace Schweiz.

WWW Mehr dazu auf www.greenpeace.ch/magazin Kommentieren auf www.greenpeace.ch/magazin

Die Hüter des Grand Canyon Der zum Pai-Volk gehörende Stamm der Havasupai ist der Hüter des Grand Canyon und lebt seit Beginn der Zeiten in diesem Gebiet. Die Havasupai nennen den Grand Canyon denn auch ihre Grossmutter. Die Siedlung Supai liegt im Havasu Canyon und kann nur zu Fuss, auf dem Pferd oder per Helikopter erreicht werden. Zurzeit leben etwas über 600 Menschen in Supai; regiert werden sie vom Tribal Council, dem Stammesrat. Diesem gehören auch Rex Tilousi und seine Nichte und langjährige Mitstreiterin Carletta Tilousi an. Die wichtigste Einnahmequelle der Havasupai ist der Tourismus. Das gesamte Gebiet des Coconino-Plateaus, wo die Havasupai vor der Reservatszeit im Winter siedelten und wo sich ihr heiliger Berg befindet, ist heute von Claims – Gesuchen für Uranex­ plorationen – durchsetzt. Nachbarvölker wie die Navajo und die Pueblo leben bereits seit den 1950er Jahren mit dem Uranabbau auf ihrem Territorium und mit dessen Folgen wie erhöhten Krebs­raten, Missgeburten und Leukämie. An dem in den 1980er-Jahren erstellten Minenprojekt beim heiligen Berg Red Butte war auch die Schweizer Atomindustrie finanziell beteiligt, sie hat sich jedoch nach dem Konkurs des US-Joint-Venture-Partners zurückgezogen. Quelle: www.incomindios.ch

Greenpeace/Suter

Wo das Uran aus seiner Heimat verwendet wird: Rex Tilousi bei seinem Schweizer Besuch 1995 vor dem AKW Gösgen.

greenpeace 2/09

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Wald

Palmöllieferant Sinar Mas heizt das Klima an Text Yves Zenger Das Wachstum der Palmölpflanzungen ist die wichtigste Ursache der Urwaldzerstörung in Indonesien und hat dramatische Auswirkungen auf die regionale Artenvielfalt und den weltweiten Klimawandel. Die SinarMas-Gruppe, Indonesiens grösste Palmölproduzentin, ist eine der Hauptverantwortlichen; sie beliefert unter anderem Nestlé. Es ist unglaublich: Allein die Zerstörung der in­ donesischen Regenwälder und Torfmoore erzeugt vier Prozent der weltweit vom Menschen verur­ sachten Treibhausgasemissionen. Die Entwaldung insgesamt macht ein Fünftel der weltweiten Treib­ hausgaserzeugung aus und Indonesien belegt mitt­ lerweile dank seiner Entwaldungsbilanz – hinter China und den USA – den dritten Rang unter den weltgrössten CO2-Erzeugern. Die indonesischen Regenwälder sind die Heimat vieler Menschen, die sich zunehmend ihrer Le­ bensgrundlage beraubt sehen, und das Refugium der letzten Orang-Utans. Die Menschenaffen werden zunehmend vertrieben, erschlagen oder mit ihrem Lebensraum abgefackelt. Eine der Hauptschuldigen ist die Gruppe Sinar Mas. Sie ist die grösste Palmölgesellschaft Indo­ nesiens und produziert ungefähr ein Zehntel des indonesischen Palmöls. Der Konzern behauptet,

die weltgrössten Landreserven für neue Plantagen zu haben, und hat öffentlich erklärt, er werde sei­ nen Besitz in den stark bewaldeten Provinzen von Papua und Kalimantan um 1,3 Millionen Hekta­ ren vergrössern. Aufgrund der bisherigen Praxis von Sinar Mas ist anzunehmen, dass für die zukünftige Ausdehnung der Ölplantagen grosse Flächen von Regenwald abgeholzt sowie Torfmoore und wichtige Lebens­ räume der Orang-Utans zerstört werden. Sinar Mas ist Mitglied des Runden Tisches über nachhaltiges Palmöl (Round Table on Sustainable

zu haben, gehört Sinar Mas in der Zellstoff- und Papierindustrie zu den ganz grossen Akteuren. 2007 wurde durch Nachforschungen des WWF bekannt, dass APP auch in einer anderen Provinz auf Sumatra illegalen Holzschlag betrieb. Der Konzern exportierte im ersten Halbjahr 2007 rund 400 000 Tonnen Palmölprodukte. Fast die Hälfte davon gingen nach China und Indien, 85 000 Tonnen nach Italien, den Niederlanden, Deutschland, Spanien und Grossbritannien. Die Firma beliefert auch den Lebensmittelkonzern Nestlé mit Sitz in der Schweiz.

«Greenpeace fordert Sinar Mas auf, jede Waldzerstörung einzustellen.» Palm Oil), einer freiwilligen Brancheninitiative zur Entwicklung eines Zertifikationssystems für nachhaltig produziertes Palmöl. Die Kriterien und Prinzipien dieses Systems sind jedoch viel­ fach kritisiert worden, ebenso wie die Tatsache, dass Mitglieder des Runden Tisches – darunter Sinar Mas – weiterhin Regenwälder und Moor­ landschaften zerstören. Sinar Mas hat bisher keine einzige Plantage nach Nachhaltigkeitskriterien zertifiziert. Und durch ihre Tochtergesellschaft Asia Pulp & Paper (APP), welche 2007 für schuldig befunden wurde, Holz aus einem Torfmoorgebiet auf Sumatra gekauft

Greenpeace fordert Sinar Mas auf, umgehend jeg­ liche Waldzerstörung einzustellen. Von der gan­ zen Branche und von der Regierung verlangt die Umweltorganisation, dass sie jeder weiteren Ver­ nichtung von Wäldern und Torfmooren mit einem entsprechenden Moratorium Einhalt gebieten. Die Hersteller von Konsumentenprodukten wie Nestlé sind aufgerufen, ihre Verträge mit Palmöl­ firmen aufzukünden, die weiterhin ökologisch und klimatisch wertvolle Wälder und Torfmoore zerstören. Das können Sie als KonsumentIn tun: Fragen Sie bei Herstellern von Lebensmitteln, Kosmetika und Hygieneartikeln nach, ob Palmöl verwendet wird und ob garantiert werden kann, dass für die Herstellung kein Wald zerstört wurde. Yves Zenger ist Kommunikationsbeauftragter von Greenpeace Schweiz.

WWW Mehr zum Thema auf www.greenpeace.ch/wald Kommentieren auf www.greenpeace.ch/magazin

Greenpeace/Novis

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greenpeace 2/09

«Stoppt die Zerstörung der Kampar-Halbinsel»: Greenpeace-Protest in einem Torfmoor, wo die Sinar Mas gehörende APP Regenwald gerodet hat.


International

Diese einzigartigen Olive-Ridley-Schildkröten sind bedroht.

«Setzen Sie sich für die Schildkröten ein!» Sanjiv Gopal, Leiter der Meereskampagne von Greenpeace Indien, über den Schutz der OliveRidley-Schildkröten und das Tata-Hafenprojekt. Warum setzt sich Greenpeace für die Olive-RidleySchildkröten ein? Diese Schildkrötenart ist einzigartig. Es gibt nur drei Orte auf der Welt, welche die Tiere zum Ab­ legen der Eier und zum Brüten aufsuchen. Wenn dieser Strand verloren geht, besteht die Gefahr, dass die Art ausstirbt.

Verma/Greenpeace

Kein sicherer Hafen

Was sind die grössten Bedrohungen für die Schildkröten? Gegenwärtig ist es noch die industrielle Fischerei, vor allem der unkontrollierte illegale Fischfang. In Zukunft kann es aber das grosse Tata-Hafen­ projekt werden. Es liegt einfach viel zu nahe an Naturschutzgebieten und an den Brutplätzen der Schildkröten. Bernhard Obermayr ist Campaigner von Greenpeace Österreich.

Text Bernhard Obermayr WWW Greenpeace Indien kämpft für das Überleben der Olive-Ridley-Schildkröte und legt sich dabei mit Indiens wichtigstem Unternehmen Tata an. Jedes Jahr Anfang März findet an der indischen Ostküste ein Aufsehen erregendes Naturschau­ spiel statt: Hunderttausende Meeresschildkrö­ ten der Art Olive Ridley schleppen sich an einem kleinen Abschnitt der Küste des Bundesstaates Orissa an Land, um ihre Eier abzulegen. Danach schwimmen sie wieder hinaus ins offene Meer und verteilen sich über Tausende Kilometer im Indischen und Pazifischen Ozean. Doch die Olive-Ridley-Schildkröte ist hoch gefährdet. Industrielle Fischerei, Meeresver­ schmutzung und Jagd haben den Bestand massiv reduziert. Greenpeace Indien ist stark engagiert und wird die schon bisher erfolgreichen Strategien in Kooperation mit den lokalen Fischern fortsetzen und die illegale Fischerei bekämpfen. Darüber hin­ aus arbeitet Greenpeace an einem alternativen Ent­ wicklungsmodell für die Region, das den Schutz der Umwelt mit der Verbesserung der Lebensbe­ dingungen der Menschen in Einklang bringt.

Das alles klänge vielversprechend, gäbe es da nicht noch einen gewichtigen zusätzlichen Akteur: Tata. Tata ist das grösste private Unternehmen In­ diens und beliefert mit rund hundert Tochterfirmen den indischen Markt mit so ziemlich allem – vom Tee bis zum Auto. Das Unternehmen ist wirtschaft­ lich, politisch und sozial eine der wichtigsten In­ stitutionen des Landes. Der Konzern legt Wert auf sein soziales und ökologisches Image, das über weite Strecken auch tatsächlich begründet ist. In Orissa leider nicht. Da will Tata einen Tief­ seehafen bauen – nur etwa fünf Kilometer ent­ fernt von dem für die Schildkröten so wichtigen Naturschutzgebiet. Für die Schildkröten wäre dies das Ende. Hier sind die ersten Verhandlungen leider gescheitert. Tata hat zwar versprochen, eine Studie über die Auswirkungen des Hafens zu erstellen, weigert sich aber, in der Zwischenzeit die Bauarbeiten einzustellen. Das erfordert eine entschlossene Antwort – die nicht nur in Indien selbst gegeben werden kann: Tata ist ein interna­ tional tätiges Unternehmen und Greenpeace wird sicher­stellen, dass die Gefährdung der Schildkrö­ ten kein lokales Thema in Orissa bleibt.

«Das Tata-Hafenprojekt liegt zu nahe an den Brutplätzen der Schildkröten»: Sanjiv Gopal, Greenpeace Indien.

Mehr zum Thema auf www.greenpeace.ch/meer Kommentieren auf www.greenpeace.ch/magazin

Was können Unterstützende in der Schweiz tun? Werden Sie Aktiv! Protestieren Sie bei TATA International, der Vertretung von TATA in Europa, gegen den Hafenbau in der Nähe des Schildkröten-Strandes! Schicken Sie ein ProtestEmail an TATA International: Eine Vorlage des Protest-Textes finden Sie unter http://www. greenpeace.at/protest_tata.html

Greenpeace

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Engagement

Gegen Kohlepläne von AET und BKW

Greenpeace/Buzzi

Greenpeace/Rezac

Den sauberen Strom für die Schweiz, den Dreck der Kohle fürs Ausland: Die Tessiner (links oben) …

Text Susan Boos

In der Schweiz können keine Kohlekraftwerke gebaut werden. Also bauen die gros­ sen Schweizer Energieunternehmen sie in Deutschland – zum Beispiel in Dörpen oder Lünen. Die Greenpeace-Regionalgruppen in Bern und im Tessin tun alles, um das zu verhindern. Dörpen ist weit weg, Lünen auch. Die Orte haben eines gemeinsam: Schweizer Energieunternehmen planen dort, Dreckmaschinen zu bauen – Steinkoh­ lekraftwerke, die eigentliche CO2-Schleudern sind. «Allein das Kraftwerk in Dörpen wird gleich viel CO2 produzieren wie die gesamte Bevölke­ rung des Kantons Bern», sagt Thomas Mathis. Er ist freischaffender Biologe und engagiert sich seit Langem in der Greenpeace-Regionalgruppe in Bern. Das Projekt Dörpen des Berner Energieun­ ternehmens BKW FMB Energie AG macht ihn fas­ sungslos. Es ist ein Kraftwerk, das in der Schweiz nicht gebaut werden dürfte – aber wenn es weit weg in Deutschland passiert, würde es hierzulan­ de kaum jemanden kümmern, wären da nicht Leu­ te wie Thomas Mathis oder Matteo Buzzi.

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greenpeace 2/09

«Meine Motivation, freiwillig und unbezahlt für die Berner Regionalgruppe zu arbeiten, entsteht aus meiner Überzeugung, sinnvolle Klimaschutz­ projekte tatkräftig zu unterstützen. Denn mir ist klar, dass wir keine Zeit verlieren dürfen, die für die Natur und unsere eigenen Lebensgrundlagen schädlichen Treibhausgasemissionen massiv zu reduzieren», sagt Thomas Mathis. Matteo Buzzi arbeitet als Meteorologe und ist seit Jahren bei der Tessiner Regionalgruppe von Greenpeace aktiv, die zurzeit gegen das Koh­ lekraftwerkprojekt der Tessiner Elektrizitätswer­ ke AET mobilisiert. Diese Anlage soll in Lünen, nördlich von Dortmund, gebaut werden. «Wir von der Regru Tessin setzen uns gegen die fossile Energiepolitik ein, weil wir überzeugt sind, dass die Sonnenstube der Schweiz eine intelli­ gentere Energieperspektive verdient: Erneuerbare Energien und effiziente Energienutzung sind der Weg, für uns und die zukünftigen Generationen», sagt Matteo Buzzi Buzzi und Mathis kämpfen denselben Kampf und müssen sich doch getrennt gegen zwei poten­ te Widersacher behaupten. Lünen und Dörpen

sind nicht die einzigen derartigen Projekte: Die bündnerische Rätia Energie gedenkt ebenfalls in Deutschland mit Kohlekraftwerken Geld zu ver­ dienen. Insgesamt sind Schweizer Energieunter­ nehmen an fast 30 ausländischen Gas- oder Koh­ lekraftwerkprojekten beteiligt. Zum Beispiel die AET: Noch sei sie ein Staats­ betrieb, sagt Matteo Buzzi, «deshalb muss das Projekt Lünen auch vom Tessiner Kantonsrat ab­ gesegnet werden.» Das Kraftwerk soll eine Leis­ tung von 750 Megawatt haben, die AET will sich mit 15 Prozent daran beteiligen, was 50 bis 80 Millionen Franken kosten dürfte. Die AET plant, ihren Stromanteil direkt in Deutschland zu ver­ kaufen und mit dem Geld im Tessin wieder Strom einzukaufen; sie hofft, so günstige Stromtarife bie­ ten zu können. Ob das funktioniert, sei fraglich, sagt Buzzi. Im Moment müssen die Energieunternehmen wenig zahlen, wenn sie CO2 produzieren. Doch aufgrund des Kyoto-Protokolls kann mit Verschmutzungszer­ tifikaten gehandelt werden, und es ist gut möglich, dass die Kosten für eine Tonne CO2 rapide steigen, wodurch der Kohlestrom schnell teuer würde.


… und die Berner Regionalgruppe von Greenpeace protestieren vor den Gebäuden der Energie­ unternehmen AET und BKW gegen deren Pläne.

Im vergangenen Herbst lancierte die Tessiner Greenpeace-Regionalgruppe eine Petition ge­gen das Projekt und brachte 3300 Unterschriften zu­ sammen. Nun liegt es am Grossen Rat, das Ge­ schäft abzulehnen. Der Entscheid wird in den nächsten Wochen erwartet. Anders als die AET im Tessin ist die BKW eine­ Aktiengesellschaft, die aber zur Mehrheit noch dem Kanton Bern gehört. Die Berner Regierung steht dem Projekt skeptisch gegenüber. Als die Ber­ ner Greenpeace-Leute im Mai 2008 zusammen mit deutschen Dörpen-GegnerInnen vor der Ge­ neralversammlung der BKW demonstrierten, liess sich SP-Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer mit ihnen fotografieren. Zu einem wirklich deutlichen Statement konnte sich die Regierung jedoch bis­ lang nicht durchringen. Die offizielle Argumentation der BKW lautet, Dörpen sei umweltfreundlich, weil dieses Kraft­ werk alte, schlechtere Anlagen ersetze. «Es gibt aber keine Garantie, dass dies auch wirklich passiert», gibt Mathis zu bedenken. «Und selbst das mo­ dernste Kohlekraftwerk hat einen Wirkungsgrad von höchstens 46 Prozent», mehr als 50 Prozent der Energie, die in der Kohle stecke, verpuffe also.

Erfolg für den Public Eye Award

Greenpeace/Mathis

Ursprünglich trug die BKW das 1,6-Milliar­ den-Franken-Projekt allein. Offenbar glaubt die BKW inzwischen selber nicht mehr wirklich da­ ran: Im März hat sie das Projekt an die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) verkauft und ist nur noch mit 24,9 Prozent beteiligt. Sowohl die BKW wie die AET argumentieren, ihre Kraftwerke seien sauber, weil man gedenke, das anfallende CO2 einzufangen und zu lagern. Diese sogenannte CO2-Sequestrierung ist aller­ dings sehr kostspielig und energieaufwändig und funktioniert vielleicht gar nicht. Ökonomisch wie ökologisch seien die Projek­ te einfach nur unsinnig, konstatieren Buzzi und Mathis.

Im Februar versuchte der Berner Rapper Greis zum ersten Mal, den Public-Eye-Preis für das schlechteste Schweizer Unternehmen persönlich dem CEO der Elektrizitätsgesell­ schaft BKW zu übergeben. Doch statt diesem erschien nur sein Konzernsprecher, der im­ merhin zusagte, die Sache mit der Geschäfts­ leitung «nochmals neu bewerten» zu wol­ len. Kurz darauf verkündete die BKW, 75,1 Prozent der Anteile und die Projektführung am Kohlekraftwerk Dörpen an die deutsche Energie Baden-Württemberg AG abzugeben. Am Bau des Kraftwerks wird aber festgehal­ ten – und die BKW bleibt in der Verantwor­ tung. Deshalb startete Greis einen zweiten Versuch und konnte schliesslich Ende April den Schmähpreis übergeben.

Susan Boos ist Redaktorin der WOZ, Die Wo­ chen­zeitung. WWW Mehr zum Thema auf www.greenpeace.ch/energie Kommentieren auf www.greenpeace.ch/magazin

Höchste Zeit, sich für das Klima einzusetzen! Text Greenpeace

Vom 12. bis zum 19. Juli findet das KlimaWorkshop-Festival statt. Eine Woche lang werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam Ideen, Konzepte und Strategien für Aktionen und Kampagnen im Bereich des Klimaschutzes entwickeln und umsetzen. Dazu suchen wir Mitorganisatorinnen und Mitorganisatoren – also dich! Alles begann vor etwa zwei Jahren im Rahmen des Lehrgangs «Teilchenbeschleuniger»: Mit diesem wollten wir möglichst vielen Leuten den «Open Campaigning»-Ansatz von Greenpeace näherbringen. Dieser regt Denkansätze an und stellt Instrumente bereit, mit denen Menschen, Organisationen und Netzwerke gemeinsam Kampagnen entwickeln, durchführen und aus­ werten können. Im Rahmen des Lehrgangs reisten wir durch Deutschland, besuchten Organisationen,

die im Umfeld von sozialen Bewegungen angesie­ delt sind, und deren Mitarbeiter und Mitarbeite­ rinnen berichteten über ihre Arbeit und die ange­ wendeten Mittel. Schnell wurde klar, dass ein gutes Netzwerk für den Erfolg der Organisation zentral ist. Zu­ rück in der Schweiz, setzten wir uns mit unseren Eindrücken auseinander. Wir – Theo von Green­ peace, Brigitte von den Jungen Grünen und Re­ bekka vom Kampagnenforum – beschäftigten uns vertieft mit den Möglichkeiten der Vernet­ zung und damit, wie man gemeinsam an Themen arbeitet und voneinander lernt. Dabei kam uns die Idee, einen Ort zu schaffen, an dem sich Menschen austauschen und von den Erfahrungen der anderen profitieren können. Es sollten Workshops zu verschiedenen Themen ange­ boten werden, daneben sollte aber auch Platz sein für das gesellige Zusammentreffen mit interessier­ ten Menschen aus der ganzen Schweiz. Die Idee des Klima-Workshop-Festivals war damit geboren. Die ersten Gedanken wurden später weiter­ entwickelt. Im Lauf der Zeit kamen weitere In­

teressentinnen und Mitstreiter hinzu. Heute sind wir ein Team von zehn Leuten, die darauf hinarbeiten, vom 12. bis zum 19. Juli ein erstes Klima-Workshop-Festival durchzuführen. Ein einwöchiges Camp im Grünen soll eine Platt­ form bieten, an der Sozial- und Umweltbeweg­ te zusammenkommen und sich kurzschliessen können. Das Spektrum der möglichen Themen ist breit und reicht von Klimawandel, Energie und Verkehr über Migration, Rechtsfragen, So­ lidarität, Engagement und Zivilcourage bis zu zivilem Ungehorsam. Dazu brauchen wir euch, als Mitorganisa­ torin, Helfer vor Ort, Teilnehmerin, WorkshopLeiter, Entertainer für das Abendprogramm und vieles mehr. Auf unserer Website www.netzwerkzeug.org finden sich ausführliche Informa­ tionen zur Mitorganisation und Teilnahme. Fühlst du dich angesprochen? Mach mit, melde dich an. Trage unsere Idee hinaus in die Schweiz und mache den Anlass bekannt. Es wird höchste Zeit, sich aktiv für unser Klima einzusetzen!

greenpeace 2/09

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Rezept

Öko-Wissen Die Lösung des Rätsels finden Sie ab Anfang August unter www.greenpeace/magazin

Bergspitze Wo findet die diesjährige ja Internationale (frz.) Klimakonferenz statt?

Name eines der beiden angeklagten japanischen GreenpeaceAktivisten

japan. Zuchtkarpfen griech. Getränk Aktienindex (Abk.)

Stadt auf Sizilien

Hafenstadt in Italien

Zeichen für: Joule

Donauzufluss

Meerbusen an der Ostküste Englands

Satellit (Abk.)

Haut (frz.)

Keimzelle

nein (frz.)

chem. Z. f. Gallium

Fürwort

Senke innerhalb eines Gebirges

Fussballklub Madrids Währung in Grossbritannien

6

Massnahme gegen den Anbau von Gentech-Pflanzen 1. amerik. Nachrichtensatellit

eh. Strahlungsmass Bedrängnis Grenzgebirge zw. Asien und Europa

König (ital.) Segelquerstange am Mast

8 linker Nebenfluss des Hochrheins

Greenpeace verlost zehn BleistiftBoxen mit sechs Bleistiften aus zart duftendem Zedernholz. Das Holz ist aus ökologisch vorbild­ lich bewirtschafteten Wäldern, zertifi­ ziert nach den strengen Richtlinien des Forest Stewardship Council (FSC) und umweltfreundlich verpackt in einer Klappbox aus Recycling-Karton.

12 Senden Sie das richtige Lösungswort

übrige Karten Familienverband

Musical heiss (engl.)

Kommunikationsgerät (Abk.)

2

7

11 Tanzparty der Technofans

1100471

ComputerDatenscheibe

9

restlich, verbleibend chem. Z. für Helium

Nebenfluss der Seine Abgabe an den Staat (Abk.)

3

Strapaze, anstrengende Übung

Schiedsrichter (Kurzwort)

2

3

4

5

Geheimdienst der USA (Abk.)

6

7

8

9

10

11

12

Die Wettbewerbsbedingungen finden Sie unter www.greenpeace.ch/magazin. 22

greenpeace 2/09

franz. Wort für: Tee

drei (ital.)

aktualisiert eh. Schiffsraummass (Abk.)

Spielart beim Aucho (Jass)

Film von Spielberg

Schweizer Exskirennläufer (Bernhard) hell brennen Turniertanz

Pferderennbahn

altgermanischer Gott Protokoll für E-Mails

10

schlaff, träge Kantonshauptort

span. Exwährung (Abk.)

1

Dativ (Abk.)

Dreschplatz

alte frz. Kleinmünze

4

Autoz. für FussRumänien baller des Jahr- altnord. hunderts Dichtungen

Wie heissen Greenpeace-Mitarbeiter, die auf der Strasse um Neumitglieder werben?

zu schnelles Fahren Schwester (engl.)

Feriengast

italienisch: zwei Ferment

bis 13. Juli 2009 an redaktion@greenpeace.ch oder an die Redaktionsadresse.

altägyptischer Gott

Für welche vom Aussterben bedrohte Tierart setzt sich Greenpeace Indien seit drei Jahren ein?

Alpenverein (Abk.) Ballbewegung

5

sehr grosser Raum

Stadt in der Tschechischen Republik

Kurve, Wegbiegung

Schulleistungsstudie der OECD (Abk.)

ital. Autor

Staatenbund in Südostasien (Abk.) Verkehrsmittel gleichbleibend

1 Hosentasche

Versicherung (Abk.)

Abk. für: Internationale Walfangkommission

siebter Buchstabe des griech. Alphabets

id von Dav

Keel

Coffee for two «Excuse me, are you Mr. George Clooney?», frag­ te mich die Brünette. Sie kam mir bekannt vor. «In der Tat», sagte ich und legte meine Hand auf den Beutel Biokaffee vor mir, «bin ich im gros­ sen Ganzen George Clooney. Wie haben Sie mich erkannt?» «Sie tarnen sich gut», lächelte sie, «doch alle Merkmale können Sie nicht übertünchen. Männli­ cher Homo sapiens, braunäugig, mit Kaffee in den Händen. Clooney, wer sonst?» Mit diesen Worten packte sie meinen Kaffeebeutel und suchte zu ent­ wischen. Allein – ich war vorbereitet und gab mei­ nen Kaffee nicht frei. Der Beutel spannte sich. Ich guckte sie böse an, entschied, meine Taktik zu ändern, und beschied ihr: «Hören Sie, vielleicht bin ich doch nicht so sehr Clooney, wie ich vorhin glaubte. Auch wenn er und ich zu siebzig Prozent aus Wasser bestehen und also mehrheitlich iden­ tisch sind, gibts da Unterschiede. Ich etwa trinke einen andern Kaffee als George!» Das hätte ich besser nicht gesagt. Sie senkte ihren Blick und sah meinen Kaffee: Arabica, pech­ schwarze Bohnen, geröstet in einer winzigen Ma­ nufaktur, bio und fairtrade. Statt loszulassen, weils keine Clooney-Kapseln waren, langte sie fester zu. Eine innere Stimme hiess mich, den Kaffeebeu­ tel niemals freizugeben, sondern ihn nach Hause zu zerren. Wie beim Tauziehen stemmte ich mich gegen den Boden und gewann, eher dank Gewicht denn dank Kraft, Zentimeter für Zentimeter. Für die fünf Minuten vom Bioladen zu mir brauchten wir eine Stunde. Die Brünette hatte sich derweil als Eva vor­ gestellt. Keuchend stolperten wir in meine Küche. «Wo Sie nun mal hier sind», sagte ich, «mache ich uns einen Afogado.» Sie setzte sich an meinen Tisch. Ich füllte die Cafetière gehäuft, zerdrückte mit einem Löffel ein paar Kardamomkörner, legte sie obendrauf und schraubte das Gerät zu. Bis der Kaffee stieg, liess ich den Deckel offen, damit sich kein Kondenswasser sammeln konnte. Bevor ich ausschenkte, rührte ich um. Der Espresso duftete nach tausendundeiner Nacht. In jede Tasse gab ich wacker Vanilleeis und füllte zu einem Drittel mit Espresso auf. Eva widmete sich ihrem Afogado und ich war mir wieder sicher, George Clooney zu sein.


Ihre Meinung

«Wer sich wehren will, braucht Mut», greenpeace 1/09, Artikel über Schulbesuche Von 1993 bis 2001 habe ich selber Schulbesuche durchgeführt. Der Artikel hat mich mit auf eine Reise genommen, und ich habe mich wieder im Schulzimmer gesehen. Doch dieses Bild zum Text! Ein Ärger! Die SchülerInnen in Reih und Glied hintereinander, die Lehrerin mit spitzem Finger an der Wandtafel vorne! Dabei liefen die Schulbe­ suche völlig anders (was der Text auch sagt): Die Schulzimmerordnung haben wir immer ignoriert, es ging um partizipativen und aktiven Unterricht, Gruppenarbeiten, Diskussionen – Greenpeace macht anders Schule! Sandra Wilhelm, per Mail Anmerkung der Redaktion: Wir haben uns für dieses Bild entschieden, weil wir keine Genehmigung der Schule und der Eltern der Kinder hatten, ihre Gesichter zu zeigen. Bonus-Malus-Modell für den Klimaschutz, greenpeace 1/09 Ich finde die Idee weder gut noch zielführend. Der gewünschte Erfolg wird nicht eintreten, weil die Benutzer der teuren Benzinfresser die bescheidene Verteuerung ihres unsinnigen Fahrspasses locker wegstecken werden. Gefährlich sind aber solche Lö­ sungen auch deshalb, weil sie dem Durchschnitts­ bürger den Eindruck vermitteln, es geschehe etwas, und damit ablenken von der notwendigen Einsicht, dass unser Konsumverhalten radikal ändern muss. Rodolfo Keller, per Mail Das Bonus-Malus-System von Greenpeace finde ich sehr überzeugend. Es wirkt für mich viel effi­ zienter als die von Seiten der Bürgerlichen und der Autolobby vorgeschlagene Verschrottungsprämie. Es braucht neben dem Bonus auch einen Malus! Vor allem ist es wichtig, dass auch Nichtautofah­ rer durch einen Bonus belohnt werden, denn diese verhalten sich im Verkehr am vorbildlichsten. Emanuel Müller, per Mail

Mitglieder/Intern

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Legat-Broschüre: Danke fürs Vertrauen, Bitte um Verständnis Text Greenpeace

Im April hat Greenpeace einen Brief verschickt und diesem eine Broschüre beigelegt, in welcher wir da­ rüber informieren, dass und wie man eine Organisa­ tion wie Greenpeace im Testament berücksichtigen kann. Darauf haben wir viele positive Rückmel­ dungen von Mitgliedern erhalten, für die wir uns herzlich bedanken. Einige Personen haben uns auch darüber informiert, dass sie Greenpeace aufgrund dieses Briefs im Testament bedacht haben. Andererseits haben uns aber auch viele emotionale Rückmeldungen erreicht von Personen, für die der Brief in einem sehr unpassenden Moment in ihrem Leben kam oder die den Hinweis auf eine testa­ mentarische Berücksichtigung von Greenpeace als aggressiv oder pietätlos empfanden.

Wir möchten an dieser Stelle festhalten, dass es uns fernliegt, Menschen vor den Kopf zu stossen oder zu enttäuschen, die uns unterstützen. Wenn wir über dieses Thema informieren, ist dies lediglich als Denkanstoss und keinesfalls als Aufforderung zu verstehen. Greenpeace erhält – wie auch andere Organisati­ onen – in letzter Zeit vermehrt Legate, und zwar vor allem von langjährigen Mitgliedern, die sicher­ stellen wollen, dass ihre Unterstützung weitergeht. Wir stellen auch fest, dass viele SpenderInnen froh sind, kompetent und offen informiert zu werden. Aus diesem Grund ist es für uns wichtig, das The­ ma offen und ehrlich anzusprechen.

Das Magazin neu als E-Paper Auf www.greenpeace.ch/magazin finden Sie das Magazin greenpeace neu als E-Paper. Dort haben Sie auch die Möglichkeit, sofort per Internet Ihre Meinung oder Ihren Kommentar abzugeben. Aber selbstverständlich freuen wir uns auch weiterhin über jeden geschriebenen Leserbrief. Bitte senden Sie diesen bis am 13. Juli 2009 an unsere Redakti­ onsadresse oder an redaktion@greenpeace.ch. Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen oder auszugsweise zu veröffentlichen. Anzeige

greenpeace 2/09

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Persönlich

Adrian Hüttenmoser: «Wichtig ist, dass die Chemie stimmt!» Text und Bild Tanja Keller Adi, 29-jährig, wirbt täglich auf der Strasse um Neumitglieder für Greenpeace. Die Umweltorganisation weiss, wie wichtig der persönliche Kontakt mit der Bevölkerung ist. Darum schickt sie neuerdings eigens angestellte « Dialoger» auf die Strasse. Dieser Job ist überraschend anspruchsvoll. Adrian Hüttenmoser und sein Team stehen vor dem Eingang eines Supermarkts. Es ist bitter kalt und Adis Hände sind rot. Doch es scheint, dass ihm die Kälte nichts anhaben kann; seine wachen, interessierten Augen versprühen Lebensfreude. Adi ist ein junger Mann, den die Leute sofort in ihr Herz schliessen, er wirkt vertrauenswürdig und kompetent. Seinen langen, flippigen Kinnbart unterteilt er mit mehreren kleinen «Haargümmeli». Er wirkt keck und kreativ, als einer, der sich für eine gute Sache einsetzt, mutig und gewaltfrei. Adi will etwas bewegen, er geht gezielt auf die Menschen zu und wählt gekonnt die richtigen Worte. «Guten Tag die Dame, möchten Sie heute ei­ nen Wal retten?» Die Frau schaut auf die Green­ peace-Mappe, die Adi mit sich trägt, und winkt ab. Sie sei schon Mitglied beim WWF, meint sie, aber ihre Tochter sei ein Fan von Greenpeace. Adi gibt sich nicht so leicht geschlagen: «Wissen Sie, es braucht heute alle Umweltorganisationen.» Als Greenpeace-Aktivist in einem Schlauch­ boot gegen Walfänger zu protestieren, war sein Kindheitstraum. Als Bub faszinierten ihn die spek­ takulären Aktionen, und er wünschte sich nichts mehr, als für die Umweltorganisation zu arbeiten. Aber erst einmal kam alles ganz anders. «Lei­ der war ich zu faul für die Matura», gibt er zu. Die Folge: Anstatt zu studieren, begann er eine Lehre und wurde Grafiker. Und so wurde nichts aus sei­ nem Kindheitstraum, vielleicht einmal als Mee­ resforscher für Greenpeace Wale zu schützen. Die Grafiklehre liegt nun schon einige Jahre zurück und Adi hat sich beruflich von der visuellen

Kommunikation abgewendet. Acht Jahre arbeite­ te er in der Kommunikationsabteilung einer Bank, bildete sich in Verkaufspsychologie weiter und lernte, wie man Mitarbeiter führt und ausbildet. Seit letztem Januar ist er jetzt aber doch da­ bei. Zwar steuert er kein Schlauchboot, aber er ist bei Greenpeace als Koordinator und Coach für die Dialoger angestellt. «Komm an Bord!» – Die drei Wörter zogen Adi magisch an, als er zufälligerweise einen Flyer von Greenpeace sah! Gesucht wurden «Dialoger»; so nennt man Leute, die für eine Organisation auf der Strasse um Neumitglieder werben.

stehst und an Umweltthemen interessiert bist.» An internen Schulungen lernen Dialoger, mit Absagen umzugehen, es nicht persönlich zu neh­ men, wenn Leute sich nicht für Umweltthemen interessieren. Trotzdem ärgert sich Adi manch­ mal über Leute, denen es egal ist, wie die Welt in Zukunft ausschaut. Doch zum Glück sind schöne Begegnungen häufiger als negative. Viele Menschen sind Green­ peace gegenüber positiv eingestellt. Die Mehrheit findet es wichtig, dass Greenpeace offenlegt, was unter den Teppich gekehrt werden soll, und be­ dankt sich für das Engagement. Wie wertvoll der

«Komm an Bord!» – Die drei Wörter zogen Adi magisch an, als er zufälligerweise einen Flyer von Greenpeace sah. Adi sah hier sofort seine Chance: «Auf der Strasse kann ich die Ziele und Anliegen von Greenpeace im persönlichen Austausch mit der Bevölkerung vermitteln. Hier mache ich den ersten Kontakt mit einem vielleicht zukünftigen Mitglied.» Früher war die Werbung von Neumitglie­ dern einer externen Agentur übertragen. Jetzt hat Greenpeace eigens Leute angestellt. Erfahrungen aus anderen Ländern, in denen die Organisati­ on die Mitgliederwerbung bereits selber durch­ führt, bestätigen, dass sich dieser Schritt lohnt: Die Identifikation der Mitarbeitenden mit Green­ peace steigt – und dadurch auch die Motivation. Obwohl die Arbeit als Dialogerin oder Dia­ loger abwechslungsreich und hoch spannend ist, haftet diesem Job ein negatives Image an – gute und seriöse Leute zu finden, ist schwierig. «Du brauchst viel mentale Stärke sowie einen stabilen Charakter und musst den Kontakt mit anderen Leuten lieben», sagt Adi. Introvertierte Menschen sind für diese Aufgabe nicht geeignet. «Wichtig ist zudem, dass du hinter den Ideen von Greenpeace

Einsatz für die Umwelt und die Natur ist, wird den Dialogern in den Gesprächen mit den Leuten immer wieder bestätigt. «Interessante Diskussio­ nen motivieren mich enorm in meiner täglichen Arbeit», sagt Adi. Langeweile gibt es beim «Dialogen» selten. Jede Begegnung, jedes Gespräch ist einzigartig. Adi nimmt deshalb jeden Tag, wie er ist. Er setzt sich und seinem Team Tagesziele, probiert neue Ansprechtechniken aus, und wenn die Stimmung in der Gruppe absackt, versucht er mit Humor, die positive Einstellung und den guten Teamgeist wiederherzustellen. Mit der Zeit und der Erfahrung spürt ein Di­ aloger, wen er ansprechen muss. «Wichtig ist, dass die Chemie stimmt», schmunzelt Adi. Er lacht ver­ schmitzt und fügt noch hinzu: «Aber nicht dass du dann schreibst, ich spreche nur junge, hübsche Frauen an!» – und düst mit seiner GreenpeaceArbeitsmappe los, einem Mann entgegen. Tanja Keller ist Leiterin des Redaktionsteam von «greenpeace».


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