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Solidarität: Kämpferische Jugend erobert die Straße zurück

50 000 am 4 Juni 2020 in Wien auf der Straße, am folgenden Tag 10 000 vor und um die US­Botschaft in Wien: Vor allem junge Menschen – Schüler*innen, Studierende, Lehrlinge – demonstrierten gegen die rassistische Polizeigewalt in den USA und in Österreich.

Diese Massendemonstrationen waren in mehrfacher Weise bemerkenswert: Sogar die Organisator*innen der Proteste wurden von der gewaltigen Mobilisierung überrascht; trotz der subtilen „Warnungen“ vor und nach den Demonstrationen, dass diese das Infektionsrisiko mit COVID­19 explodieren lassen könnten, ließen sich die Teilnehmer*innen nicht abschrecken und, sofern das möglich war, wurden auch vernünftige Schutzmaßnahmen (Abstand, Mund­NasenSchutz) weitgehend umgesetzt Die vom grünen Gesundheitsminister Rudolf Anschober beschworenen „verstörenden Bilder“ hätten sich vermeiden lassen, hätte die Polizei nicht versucht, die Demonstrationen klein zu halten, wodurch es zwangsläufig zu Drängeleien kommen musste

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Auffallend war die fehlende Präsenz der Sozialdemokratischen Partei (Fahnen, Transparente ), obwohl es eine Spitzenpolitikerin der Wiener SPÖ – Mireille Ngosso, stellvertretende Bezirksvorsteherin des 1. Bezirks – war, welche die erste Demo angemeldet hatte Rassismus kennt Ngosso allerdings ja auch aus der eigenen Partei: Obwohl es keine Gegenkandidat*in gibt, stimmte eine Mehrheit der Bezirksparteimitglieder gegen die schwarze Politikerin als Spitzenkandi­ datin bei der bevorstehenden Wien­Wahl

Der Internationalismus der Demonstrant*innen zeigte sich unter anderem darin, dass nicht nur auf selbstgebastelten Schildern und Tafeln die Losungen der Black­Lives­Matter­Bewegung aufgegriffen, sondern auch Sprechchöre und Parolen auf Englisch skandiert wurden

Auf beiden Demonstrationen wurde von den farbigen Redner*innen der strukturelle Rassismus in den USA ebenso angeprangert wie jener in Österreich Das „racial profiling“ der Polizei wurde ebenso angeprangert wie die Übergriffe gegen migrantische und farbige Menschen, bis hin zu Folter und Mord

Vor der amerikanischen Botschaft ging eine schwarze Rednerin auf den Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Rassismus ein Dieser Zusammenhang wurde ansonsten weitgehend ausgeblendet.

Dementsprechend konnten wir uns über die positiven Reaktionen auf unser Flugblatt (Siehe Seite 25 und 26 dieser Nummer von KLASSENKAMPF) freuen

Zurückhaltend agierte dieses Mal – sicher auch angesichts der großen Zahl der Demonstrant*innen – die Polizei. Ziemlich unverfroren: Mittels LEDLeuchtschrift wurde auf einem Polizeibus „Black Lives Matter“ eingeblendet – daneben angebracht waren die Überwachungskameras, die die Protestierenden abfilmten

Die scheinbare polizeiliche „Toleranz“ ist ebenso unglaubwürdig wie eine Aussendung der US­Botschaft, die heuchlerisch den Demonstrant*innen „für das

Zeichen der Solidarität mit der amerikanischen Zivilgesellschaft“ dankte „Wir stehen gemeinsam gegen Rassismus und Diskriminierung, nicht nur in den Vereinigten Staaten und Österreich, sondern weltweit Die Vereinigten Staaten sind nicht perfekt, aber wir stehen immer für freie Meinungsäußerung und Bürgerrechte ein“, heißt es in dem Text weiter Die freundlichste Interpretation dieser Erklärung ist: Die offenkundigen Risse innerhalb der Front der US­Bourgeoisie pro und contra Trump haben jetzt auch die Botschaften im Ausland erreicht. Oder doch bloß der nackte Propagandazynismus der Imperialisten?

Eines haben die Demonstrationen zusätzlich gezeigt: Die Notwendigkeit von Selbstverteidigungsstrukturen gegen Übergriffe durch Faschist*innen und die Polizei

Bei der amerikanischen Botschaft versuchten Identitäre (und ihre neue Marke „Die Österreicher“) zu provozieren, wurden aber schnell in die Schranken gewiesen und von der Polizei sicher wegeskortiert

Die bereits erwähnten Aussagen des grünen Herrn Anschober deuten darauf hin, dass die Herrschenden versuchen werden, in Zukunft Demonstrationen über den Umweg des „Seuchengesetzes“ zu reglementieren und zu behindern. Die massive Mobilisierung der solidarischen Jugend bereitet ihnen zu Recht Kopfschmerzen!

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