Regierungsamt der Tschechischen Republik Regierungsrat für nationale Minderheiten Arbeitsgruppe für deutsche und andere Gräber auf Friedhöfen in Tschechien
Pflege der verlassenen deutschen und anderen Gräber auf Friedhöfen der Tschechischen Republik
Handbuch für Gemeinden
Praha 2017
ISBN 978-80-7440-180-0 2
Über die Pflege der verlassenen deutschen (und anderen) Gräber auf Friedhöfen der Tschechischen Republik Handbuch für Gemeinden 1 Einleitung Die Grabpflege zählt zu humanitären Forderungen den Toten und der Pietät gegenüber. Gleichzeitig stellt sie den Bedarf der Familienmitglieder, Erinnerung an die Toten und Orte ihrer letzten Ruhe zu erhalten dar. Die Friedhöfe sind als religiöse „heilige Felder“, kulturhistorische, architektonische und kunsthandwerkliche Erbe, sowie auch Bestandteil kulturell einzigartiger Landschaft zu respektieren. In diesem Zusammenhang haben die Vertreter deutscher Minderheit den Regierungsrat für nationale Minderheiten (weiter nur „Rat“) mit Hinweis an den bilateralen deutsch-tschechischen Vertrag über die gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit Nr. 521/1992 angesprochen, der Tschechische Republik zu oben erwähnter Einstellung verpflichtet. Der Text dieses Handbuches regelt die mögliche Prozedur der Gemeinden beim Umgang mit verlassener zivilen Grabeinrichtung eines deutschen Eigentümers. Anlass dafür sind spezifische Natur der Sache im Zusammenhang mit dem internationalen Vertrag, ethischen Prinzipien und Erhaltung der Pietät. Eine ganz besondere Stellung der Sepulkraldenkmäler besonders im Grenzgebiet ist die Folge der Aussiedlung der Deutschen nach dem Krieg. Diese Denkmäler werden unter der Öffentlichkeit für tschechisch gehalten, sind jedoch auch mit dem deutschen Kulturerbe verbunden. Es besteht offensichtlich nicht nur tschechisches, sondern im Geiste der Versöhnung auch deutsches Interesse ihrer Erhaltung. Die Ratsmitglieder repräsentieren folgende Vertreter der Minderheiten: weißrussisch, bulgarisch, kroatisch, ungarisch, deutsch, polnisch, Roma, ruthenisch, russisch, griechisch, slowakisch, serbisch, ukrainisch und vietnamesisch, Gast im Rat ist Vertreter der jüdischen Gemeinde.
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Dieser Text sollte gleichfalls gültig sein für den Umgang mit Gräbern auf kirchlichen und jüdischen Friedhöfen.
Dieses Handbuch für Gemeinden über Pflege der verlassenen Gräber betrifft auch jüdische Friedhöfe, besonders im Grenzgebiet. Für diese Friedhöfe gelten rituelle Vorschriften, die in Tschechien die Föderation jüdischer Gemeinden, zuständige jüdische Gemeinden oder weitere Subjekte gewährleisten. Die Eingriffe auf diesen Friedhöfen nach diesem Handbuch muss man mit ihnen im Voraus besprechen. Die Grundsätze der Grabpflege in diesem Handbuch betreffen angesichts historischer Zusammenhänge auch kroatische Gräber und Friedhöfe besonders im Land Südmähren. Neben den zivilen Grabeinrichtungen befinden sich in böhmischen Ländern auch Denkmäler und Gedenkstätten der Kriegsopfer im 20. Jahrhundert. Die unterliegen dem Pflegeregime der Kriegsgräber in Kompetenz des Verteidigungsministeriums und werden von diesem Handbuch nicht berücksichtigt.2 Das vorgelegte Handbuch für Gemeinden resultiert aus der Tätigkeit der Arbeitsgruppe für Regelung der Situation deutscher (und anderer) Gräber auf Friedhöfen in Tschechien (weiter nur AGF), die bei Regierungsrat für nationale Minderheiten am 26. April 2016 durch den Beschluss Nr. 174 gegründet wurde. 3
Begründung Die Untersuchung der AGF in den Regionen Chomutov und Karlovy Vary haben gezeigt, dass die meisten deutschen Gräber im sehr schlechten Zustand sind, weil sie jahrzehntelang nach dem 2. Weltkrieg aus historischen Gründen und infolge der Abschiebung/Vertreibung deutscher Bevölkerung nicht gepflegt werden konnten. Die Gemeinden widmen sich der Lösung praktischer Problemen des Alltags und die Pflege historischer Friedhöfe sehen sie auch wegen Geldmangel als nebensächlich. 2
http://www.valecnehroby.army.cz/ http://www.vlada.cz/cz/ppov/rnm/jednani-rady/jednani-rady-dne-26-dubna-2016-142986/ 3
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Um diese Situation zu lösen, bedarf man eines juristischen Instruments, d. h. einer gesetzlichen Verpflichtung auf die man sich berufen kann. Deswegen weist die deutsche Minderheit in diesem Punkt auf den internationalen deutsch-tschechischen Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit Nr. 521/1992 hin, in dem sich der tschechische Staat verpflichtet, dieses Problem zu lösen. Die internationalen Verträge dienen vor allem als Quelle des internationalen Rechts, können aber nach Modifizierung auch dem nationalen Recht dienen. Der Artikel 10 in der Verfassung legt fest, dass „internationale Verträge, die durch das Parlament verabschiedet sind und zu denen sich Tschechische Republik verpflichtet hat, einen Bestandteil der Rechtsordnung darstellen; falls der internationale Vertrag etwas anderes als das Gesetz festlegt, gilt der internationale Vertrag“. Internationale Verträge haben zwar keine höhere Gesetzkraft als Gesetze, doch werden sie bevorzugt angewandt. Am wichtigsten sind in diesem Vertrag folgende zwei Artikel: Artikel 24 (3) Die Vertragsparteien werden sich insbesondere der auf ihrem Gebiet befindlichen Orte und Kulturgüter, die von geschichtlichen Ereignissen sowie kulturellen und wissenschaftlichen Leistungen und Traditionen der anderen Seite zeugen, besonders annehmen und zu ihnen freien und ungehinderten Zugang ermöglichen. Die genannten Orte und Kulturgüter stehen unter dem Schutz der Gesetze. Artikel 30 (1) Die Vertragsparteien erklären, dass deutsche und tschechoslowakische Gräber auf ihrem Gebiet in gleicher Weise geachtet und geschützt werden; ihre Pflege wird ermöglicht. 5
(2) Die Gräber deutscher beziehungsweise tschechoslowakischer Opfer der Kriege und der Gewaltherrschaft, die sich auf ihrem Gebiet befinden, stehen unter dem Schutz der Gesetze und werden erhalten; ihre Erfassung und Pflege wird ermöglicht. (3) Die Vertragsparteien werden die Zusammenarbeit zwischen den Organisationen, die für die Pflege dieser Gräber zuständig sind, unterstützen. Die Ermittlung der AGF hat die Stichhaltigkeit des Anlasses deutscher Minderheit dem Rat bestätigt. Der Vertrag war bisher den Gemeinden in den meisten Fällen unbekannt, ihre zwei verpflichtenden Artikel wurden ignoriert. Völlig unbeachtet ist die Erklärung des Koordinationsrates des tschechisch-deutschen Diskussionsforums aus dem Jahre 2002 geblieben, in der die Grundsätze bei der Grabpflege gegenseitig bestätigt wurden. Aufgrund der Erkenntnisse hat AGF allgemeine Prinzipien erarbeitet, die die Grabpflege verlassener deutscher und anderer Friedhöfe der Tschechischen Republik. Zum Thema Pflege der verlassenen deutschen (und anderen) Gräber auf Friedhöfen der Tschechischen Republik 1) Allgemeine Grundsätze a) Den lebenden Hinterbliebenen des letzten berechtigten Nutzers wird ermöglicht, die Grabstätte mit abgelaufenem Nutzungsrecht jederzeit wieder neu zu mieten und zu pflegen, falls hier nicht ein anderer begraben wurde. Die Miete und Zahlungen für Dienstleistungen, die mit der Vermietung verbunden sind, falls der Friedhofsverwalter sie leistet, entsprechen der üblichen Höhe, wie bei tschechischen Bürgern. Möglich ist eine Vereinbarung über vermittelte Pflege der Grabstätte gegen Gebühr. b) Beim Umgang mit dem Grabeinrichtung als einer verlassenen Sache, wird man im Sinne des Gesetzes Nr. 256/2001 über Bestattungswesen und der Artikel 24 und 30 des bilateralen 6
c)
d) e)
f)
g)
h)
tschechisch-deutschen Vertrags über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit Nr. 521/1992 vorgehen. Zur allmählichen künftigen Revitalisierung der Friedhöfe werden außer eigener Mitteln insbesondere Gelder genutzt, die auf Anlass der deutschen Vertreter im Rat freigegeben werden. Die Lösung aller Probleme hinsichtlich der Pflege deutscher verlassenen Gräber sollen im Geiste der Versöhnung erfolgen. Für die Zwecke dieser Methodik versteht man unter Grabeinrichtung: Gruft – Immobilie, die durch eine Bau- oder Montagetechnologie entsteht, ohne Rücksicht auf ihre bautechnische Ausführung, verwendete Bauerzeugnisse, Materialien und Konstruktionen, auf den Nutzungszweck und die Dauer ihres Bestehens (vgl. § 2 Abs.. 3 des Baugesetzes). In der Regel handelt es sich um einen Bau. Grabeinrichtung – z. B. Grabmal, Grabstein, Rahmen, Deckplatte oder andere Verzierung des Grabs, die ohne Entwertung von der Stelle beseitigt werden können (Mobilie). Falls eine deutsche Gruft vor Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 89/2012 im Gesetzbuch (d. h. vor dem 1. Januar 2014) verlassen wurde, wird sie zum Besitz der Gemeinde a) die das Grundstück besitzt (§ 3056 Gesetz Nr. 89/2012, Bürgergesetzbuch) oder b) die die Begräbnisstätte betreibt (Bestimmung § 996 Gesetz Nr. 89/2012, Bürgergesetzbuch). Die Bekanntmachung über den neuen Eigentümer der deutschen Gruft, die durch diesen Vorgang zum Gemeindeeigentum wurde, wird auf eine entsprechende Weise auf der Begräbnisstätte veröffentlicht (z. B. im Aushangkasten). Falls eine deutsche Gruft in Ausnahmefällen erst nach Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 89/2012 im Gesetzbuch (d. h. nach dem 1. Januar 2014) verlassen wurde und gleichzeitig ein Bau ist, wird sie der Betreiber der Begräbnisstätte ab dem
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i) j)
1. Januar 2024 entsprechendem Amt für Staatsvertretung in Angelegenheiten des Eigentums.4 Falls die verlassene deutsche Grabeinrichtung kein Bau ist, geht man vor, wie im Punkt f). Befindet sich der Friedhof oder sein Teil auf einem Grundstück mit anderer Nutzung als „Begräbnisstätte“ oder „Friedhof, Urnenhain“ nach dem Kataster, wird empfohlen, eine Änderung der Nutzung beim Bauamt zu beantragen.
2) Pflege der verlassenen deutschen (und anderen) Gräber auf öffentlichen Grabstätten: Die Gemeinde als Betreiber der öffentlichen Begräbnisstätte veröffentlicht an einer üblichen Stelle der Begräbnisstätte eine neue Ordnung, die das Landamt verabschiedet. Diese Ordnung regelt insbesondere: a) Die Weise der Erfassung der ursprünglich deutschen Grabstätten auf der Begräbnisstätte; evtl. weist die Ordnung auf Gutachten zum Gesamtzustand des deutschen Sektors des Friedhofs hin, erarbeitet von einem Architekten oder der Gemeindeabteilung für Eigentum. b) Die Ordnung der Begräbnisstätte soll entsprechende Bestimmungen des tschechisch-deutschen Vertrags über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit Nr. 521/1992 beinhalten. c) Die Weise der Kennzeichnung eines ehemals deutschen Grabes (z. B. durch eine Tabelle oder Platte mit Angaben über die begrabene Person – knappe personenbezogene Daten genügen). Die Namen der deutschen Verstorbenen sollen auf Deutsch geschrieben werden. d) Eine Übersicht der ehemals deutschen Gräber mit Grabsteinen von besonderer Bedeutung. Gemeint sind Gräber lokaler Persönlichkeiten (Bürgermeister, Lehrer, Priester, Künstler, Wissen4
Der Betreiber wird dem Amt (ÚZSVM) die verlassene immobile Sache nicht anbieten, sondern sollte das Amt nur informieren oder auffordern, sie selbst zu betreiben.
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schaftler, Journalisten, Beamten, Unternehmer, Patrizier usw.) mit kulturhistorischer Bedeutung oder einer Bedeutung für lokales Kultur- und Historiegedächtnis. Weiter sind es architektonisch außerordentlich bedeutende Grabsteine, Grabsteine besonderer Steinmetz- und Bildhauerbearbeitung oder mit wertvollen Inschriften. e) Man sollte sich bemühen um allmähliche Erneuerung der Gräber in Kooperation mit den Vertretern der ausgesiedelten Deutschen, der deutschen Minderheit in Tschechien oder den GedächtnisInstitutionen, regionalen heimatkundlichen Verbänden und mit tschechischen Informationspanelen auf diese Gräber hinweisen. Die Namen der Verstorbenen sollen deutsch geschrieben werden. Künstlerisch wertvolle Grabstätten und Grabsteine ohne Erwerber kann man mit Unterstützung der Staatsarchive, der Arbeitsstellen des Nationalen Denkmalinstituts oder der Museen identifizieren. f) Beseitigungs- und Verkaufsverbot der ehemals deutschen Grabeinrichtung. Besonders muss man verhindern, dass die Grabstätte zur Vermietung und weiterer Beisetzung angeboten wird oder dass auf die ursprünglichen historischen Grabsteine neue Grabsteine angebracht werden, die den Erwerbern gehören. Das würde grundsätzlich die Pietät den Verstorbenen und Hinterbliebenen gegenüber beeinträchtigen. Möglich ist Verkauf an heimatkundliche Vereine oder Gedächtnisinstitutionen, die sich zur Pflege der Grabstätte verpflichten. g) Art und Weise der Errichtung einer Erinnerungsstätte zum Gedenken aller Verstorbenen, deren Gräber auf dem Friedhof nicht erhalten sind. Die Stätte soll mit einem Informationspanel versehen sein mit tschechischem und deutschem Text, Angaben zu den Verstorbenen, eventuell mit historischen Informationen über die Gemeinde und Begräbnisstätte in beiden Sprachen. h) Methodik für Umgang mit ehemals deutschen, jetzt Gemeindegrabsteinen an den Friedhofsmauern. Sie sollten in situ belassen werden, nicht beseitigt und möglichst konserviert, renoviert werden.
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3) Pflege der deutschen Gräber auf wüsten Friedhöfen und auf ehemaligen Friedhöfen der untergegangenen Gemeinden a) Errichtung der Erinnerungsstätten mit einem Symbol und einer Inschrift, die die Verstorbenen auf Tschechisch und Deutsch identifizieren werden. (Gedenktafel mit Namen und Angaben der Beigesetzten), eventuell mit historischen Informationen über die Gemeinde und Begräbnisstätte. b) Pflege der Grünflächen: Geländegestaltung, Wiese, Rasenmähen, Beseitigung der unerwünschten Vegetation etc. c) Die Pflege der Gedenkstätte kann man auf eine Gemeinde, einen Verband oder Freiwillige delegieren. d) Schriftliche Einträge über untergegangene Friedhöfe sollen im Gemeideamt oder im lokalen Archiv archiviert werden. 4) Zusammenhängende Regeln: a) Vorzug der Denkmalvorschriften bei kulturellen Denkmälern: eine verlassene Grabeinrichtung in der Kategorie des Kulturdenkmals empfehlen wir dem Kulturministerium anzubieten. 5 b) Zusammenarbeit mit der Nationalminderheit, Freiwilligen und Verbänden. c) Herausgeben von Aufklärungsflugblättern oder Broschüren über Geschichte der Begräbnisstätte für Gemeinden, Öffentlichkeit und weitere Subjekte. d) Tschechische Städte, die eine Partnerschaft mit deutschen Städten haben, eventuell ein Verband oder freiwillige Gemeinschaft mit deutschen Partnern (es muss ein sog. Projektpartner sein), können nach dem Punkt VII Absatz 2 der tschechisch-deutschen Deklaration von 21. Januar 1997 finanzielle Unterstützung für die Pflege und Erneuerung der Gräber beim Tschechischdeutschem Zukunftsfonds beantragen; der Fonds ist jedoch pri-
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Legislative: Gesetz Nr. 20/1987, über Denkmalpflege des Staates, mit späteren Änderungen; 66/1988. Anordnung des Kulturministeriums ČSR von 26. April 1988, nach der das Gesetz Nr. 20/1987, über Denkmalpflege des Staates und weitere Vorschriften appliziert wird.
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mär nicht auf die Denkmalpflege gerichtet und beteiligt sich finanziell höchstens zu 50% an den Projektkosten. Schlussfolgerung aus der Tätigkeit der AGF Auf vier Sitzungen der AGF sind Recherchen zur Gesetzgebung verlaufen. Die Pilotermittlungen wurden aus einer kompletten Fotodokumentation 69 Friedhöfe im Bezirk Chomutov und zwei Exkursionen in die Bezirke Chomutov und Karlovy Vary durchgeführt. Im Laufe der Untersuchung wurde auch mit Bürgermeistern der besuchten Gemeinden verhandelt. Infolge dessen kann man belegen: 1) Unterschiedliche Haltung der Gemeinden: a. vorbildlich, informiert, mit Billigung der Bevölkerung (Anhang 2, Bilder 5-10), b. formell gleich, jedoch erzwungen durch die Haltung engagierter Einwohner, c. resigniert unter der Last der Aufgaben und ungenügenden Quellen, jedoch nicht schadend (Anhang 2, Bild 11-14), d. mit guter Absicht ungeeignete Formen der Pflege verwendend (Anhang 2, Bild 39-42), e. völlig gleichgültig, ohne Perspektive, uninformiert, intern begründet durch Mangel an Grabplätzen, durch „Aufräumen“, oder durch das Vorgehen nach einer falschen Anwendung der Bestimmung § 29 Absatz 4 des Gesetzes über Bestattungswesen, unwiederbringlich schadend (Abhang 2, Bild 21-22, 55-58). 2) Formen der kontinuierlich verlaufenden Zerstörung: a. Vandalische Devastation (Anhang 2, Bild 23-26, 43-44) b. Liquidierung der erhaltenen Grabsteine bei Renovierung der Friedhofsmauer (Anhang 2, Bild 27-30), c. Räumung der Sektoren auf Friedhöfen, begründet durch „Aufräumung“, indem man Grabsteine von einem Teil oder von der ganzen Fläche des Friedhofs beseitigt. Dies geschieht ohne Dokumentation der Notwendigkeit dessen und ohne Belege zum Umgang mit Grabsteinen (Anhang 2, Bild 31-38), 11
d. Konzentration der restlichen Grabsteine an einer Stelle und in scheinbar ästhetischen Mustern (Anhang 2, Bild 39-42) e. Belassen der Friedhöfe ohne Kennzeichnung und Pflege (Anhang 2, Bild 45-54). f. Überlassen der verlassenen Friedhöfe für Erholungszwecke (Anhang 2, Bild 57-58). 3) Bekanntmachung mit bisherigen Vorgehen der Verwalter von Begräbnisstätten: a. Von legislativen Vorschriften wird außchliesslich das Bestattungswesengesetz akzeptiert, das man als Norm interpretiert, nach der man die Grabsteine liquidieren kann, wenn die Miete ausbleibt. b. Von Interessenten, die die Miete für Familiengrab erneuern wollen, wird eine Zahlung der schuldigen Gebühren verlangt. c. Es wird nicht die Empfehlung des Koordinationsrates beim tschechisch-deutschen Diskussionsforum (Anhang Nr. 3) respektiert, die Grabsteine nicht den Interessenten zu verkaufen, solange es freie Plätze zur Bestattung gibt. d. In den Statuten der öffentlichen Begräbnisstätten sind bis jetzt nicht die Prozeduren und Pflichten ihrer Betreiber geregelt. Der Rat hat aufgrund seiner Erkenntnisse im Beschluss Nr. 181 von 27. 10. 20166 darauf hingewiesen, dass die Artikel 24 und 30 6
Beschluss des Rats Nr. 181/2016 vom 27. Oktober 2016: Der Rat billigt den Bericht über die Aktivität der AGF und unterstützt die Regierungsnovelle des Gesetzes über Bestattungswesen, die Exhumationen beschränkt. Der Rat weist auf ungenügendes Erfüllen der Artikel 24 und 30 des deutschtschechischen Vertrags über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit aus dem Jahre 1992 hin, in dem sich der tschechische Staat verpflichtet, Ehrung und Schutz der verlassenen Gräber zu garantieren. Der Rat empfiehlt seinem Vorsitzenden, die Ministerin für Lokalentwicklung in diesem Punkt mit einem Brief anzusprechen und ihr Errichtung eines Subventionsprogramms vorzuschlagen. Das Programm sollte auf öffentliche und nichtöffentliche Bestattungsorte orientiert sein, inbegriffen der untergegange-
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des tschechisch-deutschen Vertrags über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit aus dem Jahre 1992 nicht befriedigend erfüllt werden, in dem sich „der tschechische Staat verpflichtet, die Ehrung und Schutz der verlassenen Gräber zu garantieren“. Der Rat hat die Gesetzesnovelle der Regierung über Bestattungswesen unterstützt, die Exhumationen beschränkt. Weiter hat der Rat seinem Vorsitzenden empfohlen, die Länder anzusprechen, dass sie die Betreiber öffentlicher Begräbnisstätten auf die Pflicht aufmerksam machen, Bestimmungen des Bestattungswesengesetzes mit implementiertem tschechisch-deutschen Vertrag einzuhalten. Es sollte eine Methodik mit Prinzipien eines pietätvollen Umgangs mit Gräbern und Friedhöfen herausgegeben werden. Der Rat hat beschlossen die Aktivität der AGF fortzusetzen, deren Aufgabe es ist, den Schutz verlassener Gräber in Praxis zu garantieren mit dem Ziel, den aktuellen Zustand wenigstens würdig zu konservieren. Ergebnis ihrer systematischen Tätigkeit ist der entworfene Modus der Pflege verlassener Gräber auf Friedhöfen Tschechiens. JUDr. Jan Chvojka m. p. Minister für Menschenrechte, gleiche Gelegenheiten und Gesetzgebung Ratsvorsitzender des Regierungsrats für nationale Minderheiten
nen; in erster Phase auf eine Erfassung der Grabstätten, in zweiter Phase auf Pflege der Grabeinrichtung. Weiter sollte er Länder ansprechen, dass sie die Betreiber öffentlicher Begräbnisstätten auf die Pflicht aufmerksam machen, Bestimmungen des Bestattungswesengesetzes mit implementiertem tschechisch-deutschen Vertrag einzuhalten. Er sollte Herausgabe einer Methodik mit Prinzipien eines pietätvollen Umgangs mit Gräbern und Friedhöfen empfehlen. Der Rat billigt eine Fortsetzung der Aktivität der AGF.
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Anhänge 1. Gutes Vorbild der Gemeinde Chodov/Chodau (Karlovy Vary) 2. Beispiele unterschiedlicher Einstellung der Gemeinden (Städte) zu deutschen Gräbern 3. Stellungnahme des Koordinationsrates beim tschechischdeutschen Diskussionsforum zu den Fragen um Friedhöfe, Gräber etc.
Anhang Nr. 1: Gutes Vorbild der Gemeinde Chodov / Chodau (Karlovy Vary) Laut der Volkszählung vom Jahr 2011 leben in Chodov 13 748 Einwohner. Davon erklärten 254 Bürger deutscher Nationalität zu gehören. Infolge der nationalen Struktur der Einwohner in Chodov 14
vor dem Krieg (96,8% der Einwohner waren im Jahre 1930 Deutsche) kam es nach der Zwangsaussiedlung zur massiven Degradation der Grabstätten und ihrer Einrichtung. In den 60. und 70. Jahren beschleunigten diese Tendenz noch Demontagen der funeralen Bauelemente aus Stein. Nächste Welle der Zerstörung heimsuchte den Friedhof in den 90. Jahren, als die erhaltenen deutschen Grabsteine zum Verkauf und weiterer Verwendung gestohlen wurden. Das Stadtamt entwickelt eigene Initiative bei der Pflege der deutschen Gräber. Im Rahmen der Vertiefung der Beziehungen mit ursprünglichen deutschen Einwohnern von Chodov (Partnerstädte sind Waldsassen und Oelsnitz/Erzgebirge) mit denen seit 2012 eine intensive Zusammenarbeit verläuft, und wegen Erweiterung des historischen Gedächtnisses über bedeutende Persönlichkeiten der Region vor dem Krieg, beschloss die Stadt Chodov, 15 Gruften und Grabstätten inklusive ihrer Einrichtung in Pflege zu übernehmen, die nachweislich langfristig niemand pflegt. In Zusammenarbeit mit dem Stadthistoriker wurde ein Plan allmählicher Erneuerung dieser Gräber, womöglich in Kooperation mit Verwandten der Verstorbenen und Vertretern der ausgesiedelten Deutschen. Da es das Budget der Stadt nicht ermöglicht, alle verlassenen deutschen Gräber zu pflegen, ließ die Stadtverwaltung im Jahre 2015 eine zentrale Gedenkstätte für alle Verstorbenen errichten, deren Gräber nicht erhalten sind. Diese Gedenkstätte ist mit tschechischen und deutschen Inschriften versehen und entstand in enger Kooperation mit dem Chodauer Heimatausschuss. Deutsche Gräber, für die niemand Gebühren zahlt, die jedoch eindeutig gepflegt werden, werden von der Stadt erhalten, solange es die Kapazität des Friedhofs erlaubt. Ebenso wird es den Verwandten der Verstorbenen ermöglicht, das Grab in Pflege zu übernehmen, ggf. die Weise einer vermittelten Pflege zu vereinbaren. Einen Teil der Konzeption der Grabpflege bedeutender Persönlichkeiten der Stadt stellt auch der Plan dar, einen deutschtschechischen Lehrpfad durch den Stadtfriedhof auszubauen, der einzelne Persönlichkeiten vorstellen würde.
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Bild 1 Chodov / Chodau (Bez. Karlovy Vary)
Bild 2 Chodov / Chodau (Bez. Karlovy Vary)
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Bild 3 Chodov / Chodau (Bez. Karlovy Vary)
Bild 4 Chodov / Chodau (Bez. Karlovy Vary)
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Anhang Nr. 2: Beispiele von unterschiedlichen Einstellungen der Gemeinden (Städte) deutsche Gräber betreffend Positive Vorbilder
INTENSIVE PFLEGE DES GESAMTEN FRIEDHOFS
Bild 5 České Hamry / Böhmisch Hammer (Bez. Chomutov)
Bild 6 Radonice / Radonitz (Bez. Chomutov)
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Bild 7 Děpoltovice / Tüppelsgrün (Bez. Karlovy Vary)
Bild 8 Božičany / Poschetzau (Bez. Karlovy Vary)
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Bild 9 Háj u Loučné / Stolzenhain (Bez. Chomutov)
Bild 10 Otvice / Udwitz (Bez. Chomutov)
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PASSIVE EINSTELLUNG, DIE NICHT SCHADET
Bild 11 Stříbrná / Silberbach (Bez. Karlovy Vary)
Bild 12 Petlery / Bettlern (Bez. Chomutov)
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Bild 13. Výsluní / Sonnenberg (Bez. Chomutov)
Bild 14 Černý Potok / Pleil (Bez. Chomutov)
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GEDENKSTÄTTEN DER EINWOHNER
Bild 15 Chomutov / Komotau (Bez. Chomutov)
Bild 16 Úhošťany / Atschau (Bez. Chomutov)
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Bild 17 Boleboล / Gรถttersdorf (Bez. Chomutov)
Bild 18 Vejprty / Weipert (Bez. Chomutov)
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GRÄBER DER OPFER DES MASSAKERS VOM 4. MÄRZ 1919
Bild 19 Kadaň / Kaaden (Bez. Chomutov)
Bild 20 Kadaň / Kaaden (Bez. Chomutov)
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Beispiele der ungeeigneten Einstellung
RESIGNIERTE, SCHÄDLICHE EINSTELLUNG
Bild 21 Kalek / Kallich (Bez. Chomutov)
Bild 22 Chomutov / Komotau – Horní Ves / Oberdorf (Bez. Chomutov)
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ZERSTÖRUNG DURCH VANDALISMUS
Bild 23 Libědice / Libotitz (Bez. Chomutov)
Bild 24 Chomutov / Komotau - Horní Ves / Oberdorf (Bez. Chomutov)
Bild
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25 Svatobor / Zwetbau (Bez. Karlovy Vary)
Bild 26 Podlesice / Podletitz (Bez. Chomutov)
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LIQUIDIERUNG NOCH AUFRECHTSTEHENDER GRABSTEINE BEI DER RENOVIERUNG DER FRIEDHOFSMAUER
Bild 27 Údlice / Eidlitz (Bez. Chomutov)
Bild 28 Údlice / Eidlitz (Bez. Chomutov)
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Bild 29 Černovice / Tschernowitz (Bez. Chomutov)
Bild 30 Pětipsy / Fünfhunden (Bez. Chomutov)
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RÄUMUNG EINIGER SEKTOREN, ERKLÄRT ALS AUFRÄUMUNG DES FRIEDHOFS DURCH FLÄCHENHAFTE BESEITIGUNG DER GRABSTEINE OHNE NOTWENDIGE DOKUMENTATION UND OHNE BELEGE DES UMGANGS MIT GRABSTEINEN
Bild 31 Mikulovice / Niklasdorf (Bez. Chomutov)
Bild 32 Mikulovice / Niklasdorf (Grabsteine hinter der Friedhofsmauer hinausgeworfen)
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Bild 33 Chomutov / Komotau (Bez. Chomutov) jüdisch im Jahre 1986
Bild 34 Chomutov / Komotau jüdischer Friedhof aktuell, nach einer sog. pietätvollen Umgestaltung Im Jahre 1987
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Bild 35 Přečáply / Pritschapel (Bez. Chomutov)
Bild 36 Chomutov /Komotau (Bez. Chomutov) Stadtfriedhof
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Bild 37 Všestudy / Schössl (Bez. Chomutov)
Bild 38 Mašťov / Maschau (Bez. Chomutov)
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KONZENTRATION VON ÜBRIGGEBLIEBENEN GRABSTEINEN AUF EINER STELLE IN SCHEINBAR ÄSTHETISCHEN FORMATIONEN
Bild 39 Boleboř / Göttersdorf (Bez. Chomutov)
Bild 40 Újezd / Mähring (Bez. Cheb)
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Bild 41 Úterý / Neumarkt (Bez. Plzeň sever / Pilsen Nord)
Bild 42 Vernéřov u Aše / Wernersreuth (Bez. Cheb)
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ABSICHTLICHE FLÄCHENHAFTE VERWÜSTUNG
Bild 43 Všestudy / Schössl (Bez. Chomutov)
Bild 44 Podlesice / Podletitz (Bez. Chomutov)
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DIE VERLASSENEN FRIEDHÖFE BLEIBEN OHNE BEZEICHNUNG UND PFLEGE
Bild 45 Menhartice / Märzdorf (Bez. Chomutov)
Bild 46 Nezabylice / Neosablitz (Bez. Chomutov) jüdischer Friedhof
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Bild 47 Kล imov / Krima (Bez. Chomutov)
Bild 48 Rusovรก / Reischdorf (Bez. Chomutov)
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Bild 49 Žďár / Saar (Bez. Karlovy Vary)
Bild 50 Doupov / Duppau (Bez. Karlovy Vary)
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Bild 51 Dolina / Dörnsdorf (Bez. Chomutov)
Bild. 52 Pyšná / Stolzenhan (Bez. Chomutov)
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Bild 53 Dolany / Dehlau (Bez. Chomutov)
Bild 54 Přísečnice / Preßnitz (Bez. Chomutov)
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DIE GRABSTEINE WERDEN VERKAUFT ODER ZUR VERFÜGUNG GESTELLT
Bild 55 Místo / Platz (Bez. Chomutov)
Bild 56 Karlovy Vary / Karlsbad (Bez. Karlovy Vary)
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DIE VERLASSENEN FRIEDHÖFE WERDEN ZU ERHOLUNGSAREALEN
Bild. 57 Pohraniční / Reizenhain (Bez. Chomutov)
Bild 58 Volyně / Wohlau (Bez. Chomutov)
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Anhang Nr. 3: Stellungnahme des Koordinationsrates beim tschechisch-deutschen Diskussionsforum zu den Fragen um Friedhöfe, Gräber etc. A. Allgemeine Grundsätze Alle Maßnahmen, die deutsche Gräber in der Tschechischen Republik oder tschechische Gräber in der Bundesrepublik Deutschland betreffen, müssen mit folgenden Grundsätzen übereinstimmen: - Pietät gegenüber den Toten und Respekt vor dem Bedürfnis der Angehörigen, das Andenken an die Verstorbenen in Ehren zu halten; - Achtung der Gräber in ihrer Bedeutung als Zeugen der Geschichte und der kulturellen Eigenart der Landschaft; - Lösung aller Probleme im Geiste der Versöhnung. B. Deutsche Gräber in der Tschechischen Republik 1. Zivilgräber, d. h. Gräber, die nicht in den Aufgabenbereich des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge fallen Für die Behandlung dieser Zivilgräber bieten sich folgende Wege an: 1.1 Deutsche Zivilgräber auf bestehenden Friedhöfen Deutsche Gräber, für welche das Nutzungsrecht erloschen ist, in denen aber noch kein anderer Verstorbener bestattet wurde, sollen von Angehörigen des letzten Nutzungsberechtigten jederzeit neu erworben werden können. Der neue Erwerber ist verpflichtet, Grabnutzungsgebühren in derselben Höhe zu bezahlen wie tschechische Staatsbürger. Dem neuen Erwerber sollen auf Wunsch nach Möglichkeit Partner genannten werden, die für ihn die Grabpflege gegen Entgelt ausführen. Deutsche Gräber, die kein Angehöriger neu erwirbt und die - ohne formell Kulturdenkmal zu sein - historische Bedeutung haben, soll der Friedhofsbetreiber in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten; er soll Initiativen entsprechender Aktionsgruppen unterstützen. Historische Bedeutung in diesem Sinne haben nicht nur Gräber von 45
überregional wichtigen Persönlichkeiten, sondern auch Gräber von lokalhistorisch bemerkenswerten Verstorbenen wie z. B. Bürgermeistern, Pfarrern, Lehrern, Heimatdichtern. Historische Bedeutung haben ferner Gräber, die für das kulturelle Empfinden ihrer Zeit oder Region typisch sind oder durch bemerkenswerte Inschriften herausragen. Auf die Bedeutung dieser Gräber kann durch Zusatztafeln in tschechischer Sprache hingewiesen werden. Andere deutsche Gräber, an denen das Nutzungsrecht bereits erloschen ist, sollen nicht ohne zwingenden Grund beseitigt, sondern solange belassen werden, bis der Platz für eine neue Beisetzung benötigt wird. 1.2 Gedenkstätten auf bestehenden Friedhöfen Zur Erinnerung an die Toten, die in nicht mehr erhaltenen deutschen Gräbern beigesetzt waren, soll auf dem Friedhofsgelände ein Ort des Gedenkens geschaffen werden. Zu seiner Ausgestaltung eignen sich auch Grabsteine nicht mehr erhaltener deutscher Gräber. Der Sinn der Gedenkstätte soll in deutscher und tschechischer Sprache angegeben werden. 1.3 Ehemalige Friedhöfe Zur Erinnerung an die Toten, die auf ehemaligen Friedhöfen (z. B. Friedhöfen untergegangener Orte) beigesetzt waren, sollen diese Friedhöfe oder Teilflächen dieser Friedhöfe zu Orten des Gedenkens (vgl. Nr. 1.2) ausgestaltet werden. Ist das nicht möglich, soll auf dem Gelände des ehemaligen Friedhofs ein Erinnerungszeichen (Gedenkkreuz, Gedenkstein, Marterl o. ä.) mit einer Inschrift in deutscher und tschechischer Sprache aufgestellt werden. Diese Gedenkstätten und Erinnerungszeichen soll die Gemeinde, auf deren Gebiet der ehemalige Friedhof liegt, in gutem Zustand erhalten. Das nicht als Gedenkstätte ausgestaltete Areal ehemaliger Friedhöfe und deren unmittelbare Umgebung sollen von pietätlosen Einrichtungen und Nutzungen freigehalten werden.
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Schriftliche Unterlagen über verödete Friedhöfe sollen in dem Archiv aufbewahrt werden, das für die Akten des früheren Friedhofsbetreibers zuständig ist. 1.4 Gräber außerhalb von Friedhöfen Auf Massengräber und Einzelgräber außerhalb von Friedhöfen sollen die unter Nr. 1.3 gegebenen Empfehlungen entsprechend angewendet werden. C. Tschechische Gräber in der Bundesrepublik Deutschland 1. Gräber tschechischer NS-Opfer Gräber tschechischer NS-Opfer in der Bundesrepublik Deutschland werden nach dem Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Gräbergesetz) vom 1. Juli 1965 (BGBl. I S. 589) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Januar 1993 (BGBl. I S. 178) erhalten und gepflegt. 2. Andere tschechische Gräber Andere tschechische Gräber in der Bundesrepublik Deutschland (z. B. Gräber tschechischer Emigranten) sollen nach den Regelungen behandelt werden, die allgemein für den betreffenden Friedhof gelten. D. Jüdische Friedhöfe 1.Ausgangssituation Jüdische Friedhöfe erfordern mit Rücksicht auf die religiösen Vorschriften eine Sonderbehandlung. Sie befinden sich sowohl in der Tschechischen Republik als auch in Deutschland und sind im Hinblick auf die Tragödie des Holocaust verwaist, weil die Familien, die sich um die einzelnen Gräber kümmern würden, überwiegend hingemordet wurden oder emigriert sind. Das betrifft vor allem das tschechische Grenzgebiet. 2.Tätigkeit der Föderation jüdischer Gemeinden Die Föderation jüdischer Gemeinden in der Tschechischen Republik bemüht sich in Zusammenarbeit mit mehreren Partnern - auf tschechischer Seite z. B. mit dem Staatlichen Denkmalpflegeamt, 47
auf deutscher Seite mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland diese Situation zu lösen. 3.Notwendigkeit der Einbeziehung in Projekte Jüdische Friedhöfe sollten daher in deutsch-tschechische Projekte, die sich auf diese Thematik beziehen, einbezogen werden. E. Roma-Friedhöfe In Folge des Roma-Holocausts gab es niemanden, der sich um die Gräber und Grabstätten der Roma kümmerte, die von den Vernichtungsmaßnahmen der Nazis betroffen waren. An der Erhaltung dieser Gräber sollten sich die zuständigen tschechischen Organe in Zusammenarbeit mit der deutschen Seite beteiligen. Es handelt sich größtenteils um einzelne Gräber und Massengräber von Roma, die in den sogenannten Protektorats-Zigeunerlagern interniert waren. Ähnliche Bemühungen um eine Erhaltung sollten auch den Gedenkstätten gewidmet werden, die an die Deportation der Roma in das Konzentrationslager Auschwitz erinnern. F. Einzelfragen 1. Vorrang des Denkmalschutzes Für Objekte, die als Kulturdenkmäler besonderen gesetzlichen Schutz genießen, haben die Regelungen des Denkmalschutzrechts Vorrang.. 2. Beteiligung Angehöriger Werden Maßnahmen nach Abschnitt B Nr. 1.2, 1.3 oder 1.4 durchgeführt, soll die Ausgestaltung gemeinsam mit Repräsentanten der Angehörigen der Toten festgelegt werden. 3. Schreibweise der Namen Die Namen tschechischer Verstorbener werden in der tschechischen Form geschrieben, die Namen deutscher Verstorbener in der deutschen Form. 4. Freiwillige Unterstützung von Pflegearbeiten 48
Bei der Instandsetzung und Pflege von Friedhöfen, Gräbern und Gedenkstätten sollen freiwillige Helfer, vor allem auch Jugendliche aus Deutschland und Tschechien, zur Mitarbeit eingeladen werden. Mit Sponsoren, die sich zur Übernahme einer finanziellen Patenschaft für solche Maßnahmen bereit erklären, soll ein schriftlicher Vertrag geschlossen werden. 5. Informationsheft Für alle Interessenten sollen in einem zweisprachigen Informationsheft praktische Hinweise gegeben und Beispiele gut gestalteter Gedenkstätten und Erinnerungszeichen publiziert werden. 6. Finanzielle Förderung Gemäß Ziff. VII Absatz 2 der Deutsch-Tschechischen Erklärung vom 21.01.97 dient der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds auch der Pflege und Renovierung von Grabstätten. Praha, 7. März 2002
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Handbuchdruck in Kostenaufwands 1000 St. Ministerium fĂźr lokal Entwicklung der Tschechischen Republik 50