HEAR THE WORLD_21_Cover_DT_HEAR THE WORLD 08.12.11 16:42 Seite 1
DEUTSCHLAND 6 EURO ISSN 1863-9747 74099
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HEAR THE WORLD DAS MAGAZIN FÜR HÖR-KULTUR
NUMMER EINUNDZWANZIG
KT TUNSTALL FOTOGRAFIERT VON BRYAN ADAMS NUMMER EINUNDZWANZIG
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HEAR THE WORLD
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Malen mit Musik – Martin Klimas’ Sonic Sculptures Sounds of Peace – wenn das Hören Frieden macht Feist – die Kraft aus der Stille Anziehend abgelichtet! Irving Penn und Issey Miyake Die Stimme von João Gilberto
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HEAR THE WORLD NUMMER EINUNDZWANZIG
Editorial
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Hear the World Initiative Hear the World Sound Academy Ausstellung CHANCES* in Hamburg
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COME AGAIN News Schweigen ist Gold
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Frequently Asked Questions
12
What’s that sound? Das Kratzen von Schlittschuhen auf Eis
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Produkte
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HEAR THE WORLD „Alle mal herhören!“ – wie Dynamic Soundfield auch Problemschüler aufhorchen lässt Fiep follows function – wie Wecktöne zu einer musikalischen Hommage an den Gestalter Dieter Rams wurden
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26
Das House of Hearing in São Paulo – schon erstaunlich, wie viel man in einer Oase der Stille zu hören bekommt
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Malen mit Musik – Martin Klimas’ Sonic Sculptures
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SAFE AND SOUND Sanfter shoppen – Design, Klang und Konsum im Tokyo Midtown Center
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Sounds of Peace – wenn das Hören Frieden macht
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EASY LISTENING Mit Essen spielt man nicht?
48
HÖREN IST LEBEN Eine Studie von Hear the World
50
KT Tunstall – die Ego-Archäologin
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Feist – die Kraft aus der Stille
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Anziehend abgelichtet! Irving Penn und Issey Miyake
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Die Stimme von João Gilberto
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IMPRESSUM
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EDITORIAL
Liebe Leserin, lieber Leser, „Leider erkennt man erst dann, wenn man bereits ein Problem hat, wie kostbar das Gehör ist“, so fasst die Musikerin KT Tunstall, unsere neue Hear the World Botschafterin, ihre Erfahrung zusammen. Die weltbekannte Künstlerin leidet an einem Tinnitus und hat einen leichten Hörverlust auf einem Ohr – was sie umso stärker motiviert, sich für unsere Initiative zu engagieren. Vor allem will sie jungen Musiker-Kollegen eine Botschaft mit auf den Weg geben: Achtet auf euren wichtigsten Sinn, werdet nicht leichtsinnig, wenn es um Lautstärken und Überbelastung geht! Und steuert rechtzeitig dagegen, wenn Ihr Beeinträchtigungen des Hörvermögens spürt. Es gibt heute wunderbare Hilfen, um diese zu kompensieren. – Willkommen, KT, bei Hear the World!
Das Universum des Hörens ist unerschöpflich – die Welt der Klänge, der Sprache(n) und der Musik zu erleben und sie möglichst optimal genießen zu können, ist das zentrale Thema dieser Zeitschrift. Dabei präsentieren wir Ihnen immer wieder gerne ein Stück Musikgeschichte. Was fast immer auch eine Erzählung über Lebensgefühle und HörKulturen ist: Ulrich Rüdenauer stellt Ihnen in dieser Ausgabe die ganz besondere Spielart einer Nouvelle Vague, einer Neuen Welle vor: nämlich die Geschichte des Bossa nova und seines Erfinders, João Gilberto. Dieser begnadete brasilianische Sänger hat zeitlebens das Ideal „vollkommener Musik“ angestrebt – und eine Variante des Cool Jazz geschaffen, die das Gefühl der Sehnsucht mit musikalischer Raffinesse und Originalität verbindet.
Um in der Welt der Musik zu bleiben: Wahrscheinlich war das älteste Musikinstrument der Welt ein Perkussionsinstrument – vielleicht ein ausgehöhlter Kürbis oder eine andere getrocknete Frucht, der sich rhythmische Trommeloder Rasseltöne entlocken ließen. Nun hat das Vegetable Orchestra das musikalische Potenzial von Obst und Gemüse wieder entdeckt – und funktioniert Auberginen, Gurken und sogar Möhren zu Instrumenten um. Von wegen „Mit Essen spielt man nicht!“ Die witzigen Musiker haben inzwischen bereits ihre dritte erfolgreiche CD mit dem Titel Onionoise herausgebracht. Guten Appetit!
Nicht zuletzt möchte ich den ausführlichen Report unserer Studie „Hören ist Leben“ Ihrer Aufmerksamkeit empfehlen. Welche Bedeutung hat das Hören in den verschiedenen Lebensbereichen? Wie wichtig ist das Hören für die Partnerschaft, für die Beziehung zu Freunden und Familie oder bei der Arbeit? Welchen Einfluss hat das Hören auf unsere Freizeitgestaltung, welchen Einfluss auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden? Fragen wie diese haben uns im Rahmen dieser Studie beschäftigt.
Gibt es Töne und Klänge, die uns friedlich stimmen? Sind auch akustische Symbole geeignet, uns an die überragende Idee des Friedens zu erinnern und uns helfen, diesen aktiv zu bewahren und zu gestalten? Offenbar ja – wir können das Friedliche in bestimmten Geräuschen hören, etwa im Wispern des Grases, durch das der Wind streicht, oder im Gurren einer Taube. Lesen Sie den Essay von Max Ackermann in diesem Heft und gehen Sie mit ihm auf die Suche nach „gehörtem Frieden“!
Lassen Sie sich mit dieser Ausgabe von HEAR THE WORLD wieder zu vielen intensiven und spannenden Hörerlebnissen inspirieren! Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und Nach-Hören, Herzlich, Ihr
Alexander Zschokke
ZUM TITELBILD KT Tunstall wurde fotografiert von Bryan Adams. Beide Künstler unterstützen die Initiative Hear the World.
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HEAR THE WORLD INITIATIVE
Hear the World Sound Academy Die Klangwelt des Grand Canyon Können Sie sich vorstellen, wie das ist: Sie wachen morgens auf und hören nichts? Was manch lärmgeplagtem Stadtbewohner wie der Friede auf Erden erscheinen mag – kein Autolärm, kein Gehupe, keine Fahrradklingeln –, ist inmitten der Natur eine traurige Sache. Viele der Teilnehmer der Hear the World Sound Academy erleben dieses Defizit jeden Tag. Das Zwitschern der Vögel am Morgen, das Plätschern eines Baches, das Zirpen der Grillen – diese ganze Bandbreite an unterschiedlichsten Geräuschen macht unsere Wahrnehmung eines Ortes erst wirklich vollständig. All diese Klänge, von laut bis leise und in den verschiedensten Tonhöhen, formen in uns ein Bild von unserer Umwelt, die Geräusche unserer Umwelt samt allen Assoziationen komplettieren den Eindruck, den wir von unserem jeweiligen Aufenthaltsort erhalten.
Doch das Naturwunder Grand Canyon ist auf dem besten Weg seine imponierende Klangwelt zu verlieren und damit seinen ganzen Charakter zu verändern. An manchen Tagen dröhnen die Rotoren der Hubschrauber auf ihren Rundflügen über das Tal hinweg und übertönen jegliches Wasserrauschen und Vogelgezwitscher – die rasant steigende Lärmbelastung durch die touristische Nutzung verändert die akustische Wahrnehmung der Canyon-Besucher komplett. Orte der Ruhe sind selten geworden.
Das Naturwunder Grand Canyon ist eigentlich einer der schönsten Orte der Erde, um eine eindrucksvolle Klangkulisse zu erleben und ihre Bedeutung zu erfahren. Aus diesem Grund hat sich im August 2011 ein Team von 17 normal hörenden Jugendlichen und jungen Leuten mit Hörverlust dieses Ziel ausgesucht, um – im Rahmen der Hear the World Sound Academy – zusammen mit Wissenschaftlern und Mitarbeitern des Nationalparks eine Woche im Canyon zu verbringen. Gemeinsam haben sie akustische Daten für ein Podcast zusammengetragen, das der National Park Service veröffentlichen will.
Neben Wissenschaft und Forschung hatte die Sound Academy auch das Ziel, die Gemeinschaft und Kommunikation der Jugendlichen zu fördern. Die Gespräche mit Gleichgesinnten über Schulalltag und Alltagsprobleme sorgten für viel Spaß und Leichtigkeit in der grandiosen Umgebung. Die 16-jährige Hanna aus Colorado kehrte jedenfalls sehr begeistert von ihrem Trip zurück: „Noch nie in meinem Leben habe ich mich so frei und glücklich gefühlt, weil ich immer das Gefühl hatte, dass die anderen Leute mich nicht richtig verstehen können. Ich konnte mich hier zum ersten Mal wirklich so geben, wie ich bin – ohne Angst vor Vorurteilen.“
Inmitten dieser imposanten Natur, umgeben von den monumentalen, steil aufragenden Felsen und über dem Kopf nur der klare blaue Himmel, dazu einfach nur Stille, nichts hören außer dem Rauschen des Flusses und vereinzeltem Kreischen der Vögel – ein schlichtes, aber beeindruckendes Bild, das Größe und Gewalt der Natur veranschaulicht und den Menschen auf seine bloße Existenz zurückwirft. Alle Jugendlichen, die diese sogenannten „Soundscapes“ erforscht haben, waren fasziniert und begeistert.
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Ob in der Natur oder im Gespräch – genaues Zuhören ist eben an jedem Ort der Welt wichtig! Lesen Sie mehr zu den Erlebnissen im Canyon auf http://www.hear-the-world.com/sound-academy
Ausstellung CHANCES* in Hamburg 19 Gesichter – 19 Chancen Betrat man im November 2011 die Flo Peters Gallery in Hamburg, wurde man von 19 riesigen Schwarz-Weiß-Porträts empfangen – jedes mehr als einen Quadratmeter groß. An den Wänden der Galerie blickten die Besucher in die Gesichter afrikanischer Jungen und Mädchen – fotografiert vom deutschen Fotografen Philipp Rathmer. Rathmer reiste gemeinsam mit Hear the World Botschafter Patrick Nuo im Mai 2011 zu einem Projekt der Hear the World Foundation nach Nairobi / Kenia (wir berichteten darüber in Ausgabe 19 und 20). CHANCES* heißt die Fotoausstellung, die allein schon bei der Vernissage am 16. November 2011 über 400 Gäste begeisterte. Mal ein verschmitztes Grinsen, mal trotzig gerunzelte Augenbrauen oder auch ein schüchternes Lächeln – jeder Blick der 19 großen dunkelbraunen Augenpaare offenbart eine einzigartige Persönlichkeit und eine bewegende Lebensgeschichte: Alle diese Kinder sind von Hörverlust betroffen und benötigen dringend Hilfe, um überhaupt eine Chance auf ein weitgehend normales Leben zu erhalten. Sie alle besuchen die Joymereen Gehörlosenschule in Kenias Hauptstadt Nairobi. Nachdenklich, manchmal traurig, oft aber auch frech, aufgeweckt und voller Hoffnung auf eine echte Chance blicken sie dem Betrachter der Porträts entgegen! Dem Fotografen Philipp Rathmer, der schon Models wie Eva Padberg, Sportler wie Wladimir Klitschko und Musiker wie Lady Gaga vor der Linse hatte, ist es auf eine schlichte und klare, aber umso eindrucksvollere Weise gelungen, die Ausstrahlung dieser 19 Kinder im Alter von 3 bis 17 Jahren einzufangen. Im Laufe der Ausstellung konnten mit dem Verkauf der Fotografien 28.000 Schweizer Franken eingenommen werden, die zu hundert Prozent in die Versorgung von Kindern mit Hörverlust in Nairobi fließen. Seit 2008 engagiert sich die Hear the World Foundation in Nairobi. In enger Zusammenarbeit mit Cargo Human Care hat die Stiftung ein Hörzentrum in Nairobi eingerichtet. Die deutsche HNO-Ärztin Dr. Michaela Fuchs bietet dort regelmäßig unentgeltlich Sprechstunden an und führt Hörtests durch.
„Man kann sich das nicht vorstellen, ohne uns haben diese Kinder meist keine Chance im Leben, sie werden von den mittellosen Eltern oftmals einfach weggesperrt und werden nie eine Schule besuchen“, berichtet Dr. Fuchs. Deshalb versorgt die Hear the World Foundation vor Ort bedürftige Kinder mit Hörgeräten, die vom Schweizer Hörgerätehersteller Phonak gespendet werden – die laufend benötigten Batterien für die Geräte steuert VARTA Microbattery bei. So erhalten unter anderem die Schüler der Joymereen Gehörlosenschule und auch Kinder im Mathare Valley, dem zweitgrößten Slum Nairobis, kostenlose Hörgeräte, die in Kenia für weite Teile der Bevölkerung unerschwinglich sind. Um eine nachhaltige medizinische und audiologische Versorgung der Kinder sicherzustellen, hat die Hear the World Foundation einen Betreuungsring mit lokalen und internationalen Partnern aufgebaut. Die über 400 Gäste der Vernissage am 16. November 2011, darunter natürlich auch der Botschafter und Projektpate von Hear the World Nuo und der Fotograf Philipp Rathmer selbst, aber auch zahlreiche andere Prominente wie Tim Mälzer, Mimi Müller-Westernhagen und Jorge Gonzales, zeigten sich beeindruckt von der Ausstellung. „Wenn man selbst mal vor Ort in einem Slum war, ist es ganz anders als alle Bilder, die man aus dem Fernsehen kennt, das geht echt unter die Haut“, erzählt Nuo von seinem AfrikaBesuch. Neben den Schwarz-Weiß-Porträts präsentierte Rathmer auch farbige Fotografien im Reportage-Stil aus dem Alltag in Kenias Hauptstadt, die – trotz des Elends – das bunte und auch fröhlich-chaotische Leben in allen Facetten anschaulich machen. Weitere Informationen unter www.hear-the-world.com/chances Unterstützen Sie die Hear the World Foundation und helfen auch Sie mit! Ein leistungsfähiges Hörgerät kann das Leben eines Kindes verändern, dem Kind neue Welten eröffnen und seinen Bildungs- und Berufsweg nachhaltig prägen! Die Hear the World Foundation ist in der ganzen Schweiz steuerbefreit. Bankverbindung für Spenden: UBS AG Zürich, Konto: Hear the World Foundation, SWIFT: UBSWCHZH80A, IBAN: CH12 0023 0230 4773 8401 U Herzlichen Dank für Ihre Spende!
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NEWS
No Music Day – Schweigen ist Gold Viel zitiert und besungen, scheint die Sehnsucht nach Stille in Zeiten, in denen unser hektischer und lauter Alltag uns zum Entspannen in Meditationszentren und Yogakurse treibt, stärker denn je. Das hat der für seine exzentrischen Aktionen bekannte britische Ex-Popmusiker Bill Drummond früh erkannt und bereits vor Jahren den No Music Day ins Leben gerufen. Der No Music Day soll uns zumindest für einen Tag die Freude an der Stille zurückbringen. Und uns die Möglichkeit bieten, über die Musik, ihre Wirkung auf uns und ihre Bedeutung in unserem Alltag nachzudenken und sie so vielleicht auch wieder mehr wertzuschätzen und unseren Anspruch an sie zu überdenken.
Sandra Spannaus www.nomusicday.com
Illustration: Malin Rosenqvist
Ursprünglich 2005 als „A Five Year Plan“ entwickelt und somit 2009 abgeschlossen, lebt die Idee des umtriebigen Künstlers länderübergreifend weiter und macht in zahlreichen öffentlichen Aktionen auf sich aufmerksam. Viele Unternehmen und Privatpersonen beteiligen sich am No Music Day und verzichten freiwillig einen Tag lang auf Musik und Geräusche – kein iPod säuselt am Ohr, kein Radio trällert und auch Plattenläden und der Proberaum der Rockband bleiben dicht. Selbst einige Radiostationen schließen sich inzwischen an und senden 24 Stunden lang ein musikfreies Programm.
Merkwürdig zwar, dass wir einen Anlass, einen vorgegebenen Tag brauchen, um etwas zur Ruhe zu kommen und uns der allgegenwärtigen Berieselung zu entziehen, aber warum nicht? Ernährungsbewusste legen schließlich auch von Zeit zu Zeit Fastenwochen oder einen Gemüsetag ein, um wieder in Balance zu kommen. Folgen wir also dem Schrei nach Stille und huldigen der Schutzpatronin der Musik – der heiligen Cäcilia – am 21. November, dem Vortag ihres Ehrentages, jedes Jahr aufs Neue. Lautlos und in aller Stille.
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FREQUENTLY ASKED QUESTIONS
Wie kommt es eigentlich, dass einige Leute bis ins hohe Alter gut hören und andere nicht? Ich habe gelesen, dass Lärm zu Schwerhörigkeit führt. Aber das trifft ja nicht auf alle zu, die nicht mehr gut hören. Und einige, die ihre Ohren nicht geschont haben, hören trotzdem gut. Kann man also etwas tun, um lange gut zu hören, oder ist das dem Schicksal überlassen? Schwerhörigkeit kann ganz unterschiedliche Ursachen haben. Eine Ursache ist die sogenannte Presbyakusis, also eine normale Altersdegeneration. Ob und in welcher Ausprägung diese Altersdegeneration eintritt, ist eine indivuelle Veranlagung. Daher kann man bis ins hohe Alter ein normales Gehör haben oder auch schon frühzeitig unter einer zunehmenden Schwerhörigkeit leiden. Andere Ursachen für Schwerhörigkeit können Lärm, Infektionen, Schädeltraumen, toxische Schäden oder auch Tumore sein. Vor einer Altersdegeneration kann man sich leider nicht schützen. Man sollte das Gehör allerdings vor Lärm schützen, um eine zusätzliche Schädigung zu vermeiden. Dr. Michaela Fuchs, HNO-Fachärztin sowie diplomierte Reise- und Touristikmedizinerin
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Ist Gehörlosigkeit vererbbar? Ja, es gibt genetisch bedingte Schwerhörigkeiten, die isoliert oder im Rahmen eines Syndroms auftreten können (Usher-Syndrom, Alport-Syndrom, PendredSyndrom, Waardenburg-Syndrom). Insgesamt sind weit über 100 Syndrome bekannt, die mit Hörstörungen einhergehen. Dr. Michaela Fuchs, HNO-Fachärztin sowie diplomierte Reise- und Touristikmedizinerin
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WHAT’S THAT SOUND?
Foto: Image Source/F1online
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PRODUKTE
Aesop – 105 minutes Die bewährten Pflegeprodukte des australischen Kosmetikunternehmens Aesop zeichnen sich durch hochwertige Qualität auf pflanzlicher Basis und gute Verträglichkeit aus und leisten so seit Jahrzehnten einen Beitrag zu gesundem und ausgeglichenem Leben – so wie auch Musik unser Wohlbefinden fördert und die Stimmung zu heben vermag. Auf der CD „105 minutes“ hat Aesop gesammelt, was berührt, Emotionen freisetzt, an Vergangenes erinnert, zum Tanzen verführt oder einfach ans Herz geht. Und in die Fremde entführt – von orientalischen Klängen von Mercan Dede und Hüsnü Senlendirici über melancholische Tango- und Walzerklänge von Boris Kovac aus Serbien bis hin zu mitreißend tanzbarer Musik des rumänischen Ensembles Fanfare Ciocarlia ist auf dieser Compilation länderübergreifend zu finden, was gute Laune macht und entspanntes Urlaubsfeeling in heimische Wände bringt.
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Aesop trägt diese Musik von seinen Läden aus in die Welt und wir sollten es gleichtun. Passend zu jedem Anlass ist diese Auswahl willkommene musikalische Begleitung an all unseren Lieblingsplätzen. „105 minutes“ pure Lebensfreude sind erhältlich in den Aesop-Shops und online bestellbar. www.aesop.com
PRODUKTE
Nendo – Jingle bells, jingle bells … jingle all the way! Die Verwendung von Glöckchen ist in Japan verbreiteter als hierzulande und außerdem Bestandteil einer langen Tradition. Über ihren Nutzen als Spielzeug hinaus erfüllen sie sowohl bei Tisch als auch in der Meditation seit Jahrhunderten ihre Signalfunktion. Dass Produkte aus Holz unbedenklich und natürlich sind, ist wohl hier wie dort bekannt. Der japanische Komponist, Songschreiber und Umweltaktivist Ryuichi Sakamoto engagiert sich in diesem Sinne mit seiner More-TreesInitiative zum Schutz der Bäume als CO2-Absorber und stand Pate für die bell-orgel-Collection des japanischen Designunternehmens Nendo für die Isetan Department Stores.
Die aus japanischem Zypressenholz hergestellten Glöckchen der Nendo-Kollektion laden zum Anfassen und Befühlen ein und geben natürlich auch musikalisch Laut. Als Stand-, Hänge- und Handmodell von Nendo entworfen, wurden die Glocken von 57 verschiedenen Designern oder Designgruppen auf unterschiedlichste Weise dekoriert. Entstanden sind auf dieser Spielwiese der Kreativen außergewöhnliche Exemplare – wild und schlicht, verspielt und nüchtern, bunt und uni oder völlig abgewandelt in Tier- oder Kopfform. Die hochwertig gearbeiteten hölzernen Glocken sind in dieser Form ein echter Hingucker und in ihrer Verwendung variabel. www.sitesakamoto.com www.more-trees.org
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PRODUKTE
Loewe Air Speaker – heiße Klänge in kühlem Design In minimalistischem Design und auf den ersten Blick unspektakulär, überrascht Loewes „Air Speaker“ mit technischer Finesse und überaus benutzerfreundlicher Handhabe. Drahtlos mit einem Fingertippen wird Musik vom iPhone, iPod, iPad oder über iTunes auf den Air Speaker übertragen – dies erfolgt über WLAN, LAN oder auch Powerline. Im Prinzip ist natürlich auch die Übertragung per Kabelanschluss möglich, aber absolut überflüssig und der Ästhetik zudem nicht zuträglich. Dieser AirPlay-Lautsprecher, den Loewe als einer der ersten Anbieter auf den Markt bringt, bietet mit zwei Subwoofern und zwei Hochund Mitteltonlautsprechern Innovation im praktischen Gewand, alltagstauglich und dekorativ zugleich.
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Den persönlichen optischen Präferenzen sind kaum Grenzen gesetzt – die Intarsie auf der Oberseite des Gerätes ist in vielen unterschiedlichen Farben erhältlich und mit dem Alu Schwarz oder Alu Silber des Außengehäuses individuell zu gestalten. Der „Air Speaker“ bringt Musik zurückhaltend und elegant in unsere Räume und lässt sich unauffällig im Sideboard oder auf dem Regal platzieren. Das kompakte Klangwunder, das zum wahren Klassiker taugt, ist im Handel erhältlich. www.loewe.de
PRODUKTE
Phonak nano – das Hörgerät für Ästhetiker Wie gut verstehen Sie Ihre Mitmenschen? Können Sie Gesprächen auch in einer geräuschvollen Umgebung folgen, wie zum Beispiel bei Meetings mit vielen Teilnehmern oder bei Partys mit lauter Hintergrundmusik? Für Menschen mit Hörverlust sind solche Hörsituationen besonders anspruchsvoll. Sie können dem Gesprächsverlauf kaum folgen und sich nur bedingt an der Konversation beteiligen. Trotzdem tun sich immer noch viele von ihnen mit der Entscheidung schwer, ein Hörgerät zu tragen – oft aus ästhetischen Gründen.
Das winzige Gerät bietet neben den Vorteilen für Ästhetiker auch hervorragende Klangqualität. Darin steckt nämlich der leistungsfähigste Soundprozessor, den die Hörtechnologie-Branche derzeit zu bieten hat. Das Schweizer Qualitätsprodukt verbindet maximale Hörleistung mit minimaler Größe – für eine perfekte Klangqualität ohne Verzicht auf kosmetisches Design. Für weitere Informationen: www.phonak.com
Für sie ist Phonak nano die richtige Lösung. Es ist das kleinste maßgefertigte Im-Ohr-Hörgerät von Phonak und nahezu unsichtbar zu tragen. Mit Hilfe modernster digitaler Design- und Produktionstechnologie wird es für jeden Träger individuell hergestellt und verschwindet so tief wie möglich im Gehörgang. Auch dank des hohen Tragekomforts kann man das Hörgerät einfach einsetzen und vergessen.
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22 HEAR THE WORLD Illustration: Stefan Kugel
WISSEN
„Alle mal herhören!“ – wie Dynamic SoundField auch Problemschüler aufhorchen lässt Etwa fünf bis zehn Prozent aller Schulkinder sind heute von auditiven Aufmerksamkeitsdefizit-Störungen (ADS) betroffen. Wenn hyperaktives Verhalten hinzukommt, spricht man von ADHS. Dieser Mischtyp kommt am häufigsten vor. Der schwer zu differenzierende Symptomkomplex stellt ein großes Hindernis für einen erfolgreichen Schulbesuch dar. 1844 schrieb und illustrierte der Frankfurter Arzt Dr. Heinrich Hoffmann den heute weltweit bekannten „Struwwelpeter“ als abschreckendes Beispiel für Kinder und als märchenhafte Erziehungshilfe für Eltern. Er wusste zwar noch nichts von „Hyperaktivität“ und „zentralen Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörungen“, aber er traf mit seiner „Geschichte vom Zappel-Philipp“, der die Ermahnungen seiner Eltern gar nicht wahrnimmt, genau ins Schwarze der ADS/ADHS-Symptomatik. Die Ursachenforschung tappt noch im Dunkeln, woher die vom zentralen Nervensystem (ZNS) ausgehenden Defizite stammen. Fest steht nur, dass sie nicht auf eine angeborene Hörminderung oder einen Hörverlust durch Krankheit zurückzuführen sind. Einige Wissenschaftler nehmen an, dass etwa fünfzig Prozent aller Fälle genetisch bedingt sind. Andere machen eher neurobiologische Fehlentwicklungen verantwortlich. Eine Ursache von auditiven Störungen, die das Verstehen von Sprache erschweren, kann z.B. die Beeinträchtigung oder Schädigung des sogenannten Wernicke-Areals im Gehirn sein, das für das Sprachverständnis zuständig ist. Doch Beweise dafür gibt es nicht. Auffällig ist, dass die zu beobachtende Zunahme von ADS und ADHS Hand in Hand geht mit der ebenfalls zunehmenden Reizüberflutung von Kindern, deren Gehirn sich noch in der Entwicklungsphase befindet. Der Bremer Neurowissenschaftler Gerhard Roth stellt fest: „Das Gehirn geht unter, wenn man es überflutet. Stimuliert man es zu wenig oder zu viel, läuft das dem natürlichen Reifungsprozess auf irrwitzige Weise entgegen.“ Und der Kinderpsychiater Professor Gerd Lehmkuhl von der Universitätsklinik Köln sagte in einem Interview: „Das Risiko, an ADHS zu erkranken, erhöht sich durch Umwelteinflüsse, zum Beispiel, wenn das Kind einer Reizüberflutung ausgesetzt ist und unter hohem Anpassungsdruck steht.“ Man sollte deshalb bei der Suche nach den Ursachen für die zentralen auditiven Störungen auch davon ausgehen, dass Überforderungen durch elektronisch-digitale Medien und die Überförderung der Kinder durch leistungsorientierte, überehrgeizige Eltern eine beträchtliche Rolle spielen, wenn Kinder mit Entgleisungen des neuronalen Systems reagieren.
Kinderköpfe brauchen Ruhe vor den Zumutungen des digitalen Zeitalters Ein Mann, der sich viel damit beschäftigt hat, ob und inwiefern sich digitale Kommunikationsmittel und Spiele auf die Entwicklung des Gehirns und das Verhalten von Kindern auswirken, ist der amerikanische Computerwissenschaftler David Gelernter, der mit seinen Forschungen die Grundlagen des World Wide Web geschaffen hat und dessen Name eng mit dem Siegeszug des digitalen Zeitalters verbunden ist. Er fordert: „Kinderköpfe brauchen Ruhe. Gebt ihnen ein Handy erst, wenn sie vierzehn sind. Sorgt dafür, dass Kinder kein ‚iSpielzeug‘ in die Hände bekommen, sonst landen sie im elektronischen Fegefeuer.“ Über die Auswirkungen des Internets, gegen dessen Einsatz an amerikanischen Grundschulen sich Gelernter vergeblich aussprach, sagt er: „Ich habe den Eindruck, dass das Internet allein durch seine Struktur – ein Klick auf einen Hyperlink und schon ist man in einer anderen Cyberwelt – die Aufmerksamkeitsspanne der Kinder verkürzt. Kinder lernen nicht mehr, bei einem schwierigen Thema nicht gleich das Weite zu suchen. Aber inzwischen sind SMS und das ständige Telefonieren noch perfekter geeignet, das elektronische Kind in den Protagonisten einer Slapstick-Komödie zu verwandeln, in der es ständig zu Unterbrechungen kommt.“ Wenn man diesen Sätzen zustimmt, mag es eine logische Konsequenz sein, dass Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsstörungen – mit und ohne Hyperaktivität – besonders in den westlichen Industriestaaten den Lehrkräften zunehmende Probleme bereiten. Unsere elektronische Lebensweise könnte so dazu führen, dass solche Lernstörungen – im wahrsten Sinne des Wortes – „vorprogrammiert“ sind. ›
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Die Amerikanische Akademie für Pädiatrie (AAP) hat deshalb Leitlinien formuliert, die besagen, dass Kinder unter zwei Jahren nicht vor den Bildschirm gehören, d.h. TV, DVDs, Computer und Computerspiele sollten tabu sein. Kindern von zwei Jahren und darüber werden täglich maximal zwei Stunden kindgerechtes Fernsehen zugestanden. Schon werden Workshops für Eltern mit dem Titel angeboten: „Brauchen wir eine ADHS-Schule?“ Ob es aber sinnvoll ist, lauter hyperaktive Kinder in einer Klasse zu versammeln, darüber lässt sich sicherlich streiten. Andererseits beeinträchtigen die auditiven Aufmerksamkeitsund Verarbeitungsdefizite von Schülern ja nicht nur ihre eigene Lernfähigkeit und schulische Leistung, sondern lenken auch ihre Mitschüler durch Störungen des Unterrichts ab, verkürzen dadurch die Zeit der Lernstoffvermittlung und strapazieren nicht nur die Stimme der Lehrkraft, sondern auch ihr Nervenkostüm auf unzumutbare Weise. Wenn man davon ausgeht, dass statistisch gesehen die Möglichkeit besteht, in jeder Klasse mit 25 bis 30 Schülern ein ADS/ADHS-Kind anzutreffen, kann man sich vorstellen, was das für Lehrkräfte und Mitschüler bedeuten kann. Zwar springen nicht alle diese Kinder über Tische und Bänke, aber dadurch, dass die meisten ihre Impulse nicht kontrollieren können, unaufgefordert sprechen und meistens unaufmerksam oder in Bewegung sind, stellen sie einen permanenten Unruheherd dar, der auch die Konzentrationsfähigkeit ihrer Klassenkameraden stark beeinträchtigt. Dynamic SoundField – ein neues Hör-System macht auf sich aufmerksam Die Diskussion darüber, ob ADHS-Schulen notwendig sind, ist zwar verständlich, aber solche Einrichtungen hätten den großen Nachteil, dass auditiv verarbeitungsgestörte Kinder jeden Typs ausgegrenzt und in die Ecke einer Behinderung gestellt würden. Auf der Basis der pädagogischen Methode des „natürlich hörgerichteten Ansatzes“ hat Phonak für Schulkinder ein System der Klassenzimmer-Beschallung entwickelt, das es ermöglicht, besonders Kinder mit zentraler Fehlhörigkeit besser in den normalen Schulalltag zu integrieren. Das Hauptproblem der Betroffenen besteht darin, dass sie nicht in der Lage sind, dem Lehrstoff zu folgen, wenn in der Klasse Unruhe herrscht und es laut zugeht, da es ihnen schwerfällt oder sogar unmöglich ist, die Stimme der Lehrerin oder des Lehrers aus der ständig wechselnden Geräuschkulisse herauszufiltern und sie von anderen Stimmen zu unterscheiden. Das Dynamic-SoundField-System mit seiner drahtlosen FM-Übertragung des Schalls löst dieses Problem auf einzigartige Weise, indem es die Lautstärke der Lehrkraft automatisch an das Auf und Ab des Geräuschpegels im Klassenzimmer anpasst. Dadurch ist der Pädagoge für alle Schüler immer in der gleichen Verständlichkeitsqualität zu hören – selbst wenn die Geräuschkulisse über das normale Maß hinaus zunimmt. Denn Dynamic SoundField ist in der Lage, die Stimme der Lehrerin oder des Lehrers auf bis zu 20 dB zu verstärken. 24 HEAR THE WORLD
Hinzu kommt, dass der Signal-Rausch-Abstand (SNR) – so der Fachausdruck für das Verhältnis zwischen Sprachsignal und unerwünschten Hintergrundgeräuschen – allen anderen herkömmlichen SoundField-Systemen überlegen ist. Das heißt: Auch Schüler mit ADS und ADHS haben die Chance, sich voll auf die Stimme der Lehrkraft konzentrieren und dem Unterricht folgen zu können. Die schulischen Vorteile von Dynamic SoundField sind also eine optimale Erkennung von Wortfolgen und Sätzen, erhöhte Aufmerksamkeit, bessere Mitarbeit und Zusammenarbeit der Schüler und letzten Endes ein schnelleres Erlernen der Grundvoraussetzungen für die weitere schulische Fortbildung: Lesen, Schreiben und Rechnen. Die Lehrkräfte profitieren von Dynamic SoundField, weil der Unterricht mit fokussierten Schülern flüssiger und störungsfreier verläuft. Ihre Stimme wird geschont und Ausfälle durch Überbeanspruchung und zeitweiliger Stimmverlust können vermieden werden. Insgesamt werden die Pädagogen in die Lage versetzt, ihren Beruf wesentlich stressfreier auszuüben, was wiederum ihren Schülern zugute kommt. Zusätzlich leistet Dynamic SoundField einen bedeutenden Beitrag, dass sich die Mitschüler bisher unaufmerksamer, wegen ihrer Defizite frustrierter und ständig unruhiger Kinder à la Zappel-Philipp viel besser auf den Unterricht konzentrieren und effektiver lernen können. Problemlose Installation und Handhabung – perfekte Performance Die Grundausstattung des Dynamic-SoundField-Systems besteht aus dem preisgekrönten inspiro-Sender mit einem Mini-Schwanenhals-Mikrofon – oder auch einem Ansteckmikrofon – und einem Lautsprecher pro Klassenzimmer. Er übermittelt die Stimme der Lehrkraft direkt und ohne störende Echos, Hall und Rückkopplungen an die Empfänger, wobei sich das Stimmsignal und seine Lautstärke immer exakt an die wechselnde Geräuschkulisse des Unterrichtsraums anpasst. Um eine optimale Leistung zu erzielen, sollte der stabförmige Lautsprecher entweder mit einer Wandhalterung oder auf einem Ständer im vorderen Bereich des Klassenraums platziert werden. Da der inspiroSender mit FM-Empfängern kompatibel ist, die auf PhonakHörgeräte gesteckt werden, können auch Schüler mit Hörminderung von Dynamic SoundField profitieren. Besonders Schüler mit einseitigem Hörverlust werden in die Lage versetzt, dem Unterricht ohne Schwierigkeiten zu folgen. Anno Bachem www.isense.phonak.com www.dynamicsoundfield.com
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Foto: Braun
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DER KLANG DER DINGE
Fiep follows function – wie Wecktöne zu einer musikalischen Hommage an den Gestalter Dieter Rams wurden Moderne – das klingt für die meisten noch immer nach nüchternen, emotionslosen und kalten Entwürfen aus Architektur und Design. Kaum vorstellbar, dass eine Dokumentation über das Bauhaus oder die Ulmer Hochschule für Gestaltung mit schwelgerischen Walzerklängen unterlegt würde. Ein Filmbericht über die Moderne muss immer von sperrigem Jazz oder enervierender Zwölftonmusik begleitet werden, um deren experimentellen Anspruch zu unterstreichen, aber immer auch, um das Andersartige und Befremdliche zu betonen, das viele der progressiven Entwürfe für die Menschen einst darstellten – und es oft noch heute tun. Obwohl in den Fünziger- und Sechzigerjahren viele musikalische Produkte Designgeschichte schrieben, wie etwa der berühmte „Schneewittchensarg“ von 1956, die RadioPhono-Kombination Braun SK4, haftet den funktionsbetonten und formal reduzierten Entwürfen der Designmoderne in der öffentlichen Wahrnehmung nicht unbedingt eine musikalisch-beschwingte Heiterkeit an. Doch gerade die formale Strenge und Einfachheit der Entwürfe, die Rams als Chefdesigner von Braun schuf, scheint immer wieder Inspirationsquelle für Musiker zu sein: Bereits 1996 veröffentlichte der deutsche Künstler Johannes Wohnseifer seinen Longplayer „Braunmusic“, für den er von befreundeten DJs Samples aus den Wecktönen von Braun-Weckern entwickeln ließ. Vor Kurzem hat nun auch der britische Musiker und Komponist Jon Brooks eine Reihe kurzer Musikstücke entwickelt, die auf dem eindringlichen Fiepen eines Braun-Weckers basieren, und sie unter dem Titel „Music for Dieter Rams“ veröffentlicht. Die Kompositionen, die als Hommage an einen der einflussreichsten Gestalter des 20. Jahrhunderts und seine Designhaltung zu verstehen sind, spiegeln eine neu erwachte Begeisterung für die Moderne: Lange Zeit hatten die schlichten Produktdesign-Entwürfe des deutschen Funktionalismus und speziell die Entwürfe von Dieter Rams als emotionslos, allzu nüchtern und zweckbetont gegolten. Doch in den letzten zwanzig Jahren wurden sie wiederentdeckt: Viele Entwürfe der Fünfziger- und Sechzigerjahre von Rams für Braun dienten erfolgreichen Apple-Produkten als formale Vorbilder. Rams wurde in den vergangenen Jahren auf der ganzen Welt mit großen Ausstellungen als einer der bedeutendsten Designer unserer Zeit gefeiert. Seine Entwürfe gelten nun als Musterbeispiele für langlebiges Design. Denn Jahrzehnte nach ihrem Entstehen haben sie eine fast schon vergessene Geschichte zu erzählen: Sie berichten von der Suche nach dem Langlebigen, Einfachen und Besseren, aus dem die DesignDisziplin einstmals entstanden war. Sie vermitteln etwas vom Glauben an das Gute, der im Zeitalter von Ökonomie und Marketing beinahe schon als Spinnerei abgetan worden war. Und manchmal liefern sie sogar die Inspiration für Komponisten.
Jon Brooks, der sein Mini-Album als eine Studie in Sachen begrenzte Mittel bezeichnet, nahm zunächst mithilfe von Kontaktmikrofonen am Braun-Wecker Töne auf, die er anschließend am Synthesizer weiter bearbeitete, um daraus neun kurze Musikstücke zu entwickeln. Als deren Bezeichnungen wählte er deutsche Phrasen wie „Zukunft als Konzept“ oder „Zurück zum Puren, zum Einfachen“, die ihm in Büchern über Rams und Braun-Design gefielen. Er nannte sie „Regie“, „Feldstärke“, „Aus – Ein“ oder „Elektronische Schaltungen“ und weckt damit bewusst Assoziationen an Elektromusik und deutsche Bands wie Kraftwerk. Obwohl das gesamte Album auf den Tönen des Weckers basiert, hört man den meist meditativ-minimalen Elektrostücken ihre Herkunft nicht an. Was zählt, ist vielmehr die Geschichte, die Brooks zu Entstehung und Inspiration der Stücke erzählt und auch das Deutschland-Klischee, das zusammen mit den Titelnamen entsteht: Die deutsche Sprache ist kantig, deutsches Design ist streng, zweckrational und geradlinig und alle Braun-Entwürfe stammen selbstverständlich immer von Dieter Rams! Tatsächlich aber wurde der Wecker AB 30, mit dessen Tönen Brooks seine Hommage entwickelte, 1982 vom Braun-Gestalter Dietrich Lubs entworfen, freilich unter Rams’ Ägide als Chefdesigner. Heute aber ist der schlichte Wecker ein Stück Designgeschichte, das sich trotz seiner nüchternen Form sogar als Projektionsfläche für Klischeevorstellungen und Leidenschaften eignet. Und aus dessen eindringlichem Weckton, den viele kennen und wenige lieben, nun eine plausible Hommage wird – selbst wenn Dieter Rams der Musik nur wenig abgewinnen dürfte. Brooks’ Ramsmusik ist keine Parodie, kein ironischer Kommentar zur Moderne. Die neun Stücke sind vielmehr kleine musikalische Aperçus, die sich dem Designenthusiasten anbieten und die von der neuen Begeisterung für die Moderne profitieren. Wie es das Klischee von einem funktionalen Entwurf erfordert, muten sie dabei betont kantig und rational an. Aus – Ein. Fiep. Markus Frenzl http://jonbrooks.bandcamp.com/album/ music-for-dieter-rams
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ARCHITEKTUR
Das House of Hearing in São Paulo – schon erstaunlich, wie viel man in einer Oase der Stille zu hören bekommt São Paulo, eine Metropole, die niemals zu ruhen scheint. Über 10 Millionen Menschen leben und arbeiten hier, Pendler und Bewohner der Peripherie noch längst nicht mitgerechnet. Das ansonsten modern-romantische Grundrauschen der Großstadt schlägt hier schnell um: in Lärm. Für das Phonak House of Hearing (Espaço Phonak – Tecnologia em Audição) könnte es also kaum einen besseren Standort geben. Schließlich hat man es sich hier zur Aufgabe gemacht, einen einzigartigen Raum zu schaffen. Einen Ort, an dem sowohl professionelle Anwender wie auch die interessierte Allgemeinheit so ziemlich alles zu den Themen Hören und Hörgeräte erfahren können. Von der Theorie bis zur Praxis, von der Technik bis zum Design. Kurz: Das House of Hearing bietet ein umfassendes Hörund Informationserlebnis und ist viel mehr als ein bloßer Flagship Store. Konsequenterweise steht das elegante Gebäude an der Avenida Rebouças – einer der Hauptverkehrsadern der Stadt, täglich befahren von Tausenden von Fahrzeugen. Wobei „befahren“ eigentlich zu viel gesagt ist. Vielmehr schleicht der Fahrzeugstrom hier oftmals in einem quälenden Quetschen und Quietschen durch die Metropole. Klarheit und Offenheit Direkt vor dem Eingang des House of Hearing lässt sich der aktuelle Lärmpegel deutlich an einer großen, unübersehbaren Sound-Säule in Dezibel ablesen. Doch durch die zweistöckige Glasfassade blickend, lässt sich erahnen, dass man nun eine wahre Oase betritt. Bereits das gepflegte Wasserbecken im Eingangsbereich vermittelt die Ruhe, Klarheit und Offenheit, die man in allen Räumen des Hauses vorfindet. Eine stilvolle Lounge mit Fernseher und Kamin zeigt deutlich, dass man es hier nicht mit einem gewöhnlichen Akustik-Laden zu tun hat. Vielmehr geht es darum, Hörqualität als Lebensqualität erfahrbar zu machen und aufzuklären. Ganz im Sinne der Initiative Hear the World, deren berühmte Botschafter, fotografiert von Bryan Adams, die Galerie des Empfangsbereichs bilden. An einem Tresen können sich die Besucher an acht iPads über die neuesten Techniken und Produkte sowie über Dienstleistungen zum Thema Hören und Hörgeräte informieren. Und natürlich lassen sich an verschiedenen Demonstrationspunkten auch direkt eigene Hörerfahrungen machen. Ganz ohne Ablenkung durch den Lärm der Großstadt, dafür mit Blick auf einen beruhigenden IndoorGarten. Ebenso exklusiv ist der Einblick in die Digital Production – eine Technik zur Herstellung von In-dem-OhrModellen (IdO) mittels eines digitalisierten 3-D-Bildes vom Ohrabdruck des Kunden.
Den Besuchern, seien es Anwender, Journalisten, Studenten, Mütter mit ihren Kindern oder ältere Mitmenschen, stehen auf Wunsch professionelle Hörakustiker bei allen Fragen mit Rat und Tat zur Seite. Denn das House of Hearing ist – neben einer Quelle der Information – auch eine Plattform für einen gegenseitigen Gedankenund Erfahrungsaustausch. Vorträge und Veranstaltungen Im ersten Stockwerk befindet sich das Auditorium, der sogenannte Sound Experience Room. In regelmäßigen Abständen finden hier Vorträge und Veranstaltungen zu technischen wie auch zu allgemeinen Fragestellungen rund ums Thema Hören statt. Viele der Termine sind hierbei speziell auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtet, um in Ruhe auf spezifische Fragen eingehen zu können. Sämtliche Veranstaltungen sowie weitere Informationen zum House of Hearing sind auf der eigenen Website abrufbar. Des Weiteren verfügt das House of Hearing über Besprechungszimmer, Räume für Produktneuvorstellungen und eine voll ausgestattete Küche. Selbstverständlich sind sämtliche Räume auch für Menschen mit Behinderung bequem zu erreichen. Dem Gebäude angeschlossen ist ein Extra-Trakt, in dem sich zwei Hörakustiker direkt um die Beratung von Kunden und um die Anpassung von Hörgeräten kümmern. Sie vermissen noch etwas? Natürlich steht Ihnen bei einem Besuch im House of Hearing auch eine kleine Bar mit Erfrischungen zur Verfügung. Und – Sie ahnen es bereits – selbst an den Piano-Spieler für Live-Musik hat man gedacht. Kurz: Das House of Hearing ist ein Ort, an dem jeder willkommen ist, nur der Lärm muss draußen bleiben. Frank Hatami-Fardi www.espacophonak.com.br
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KUNST
Malen mit Musik – Martin Klimas’ Sonic Sculptures Spätestens seit Beginn des 20. Jahrhunderts ist uns klar, dass mit dem Einzug der Fotografie als künstlerisches Medium auch Bewegungsdarstellung eine neue Dimension erhalten hat. In diesem Zusammenhang ist die Fotografie des Künstlers Martin Klimas, die von der Momentaufnahme dynamischer Prozesse lebt, ganz besonders interessant.
Martin Klimas’ Kunst ist eine Kunst des Augenblicks: Der Fotograf hält immer wieder aufs Neue einen unwiederbringlichen Moment fest. Fast so wie Eadweard Muybridge in seinen Studien von den Bewegungsabläufen bei Pferden spielt Dynamik in seinen Fotografien eine bedeutende Rolle. Bekannt geworden durch seine „erschossenen“ Vasen, aufwendige Blumenarrangements in dekorativen Kristallgefäßen, ist Klimas der neue Meister der Darstellung von Bewegung in Starrheit. Dabei schießt der Künstler mit hoher Geschwindigkeit auf zerbrechliche Vasen, während der Knall des Gewehres das Blitzlicht auslöst, das die Momentaufnahme der tödlich getroffenen Vase möglich macht. Dabei zelebriert er exakt diesen fotografischen Moment als aktionsreiches Stillleben. Mit technischer Perfektion schafft Klimas im kontrollierten Studioumfeld ein Abbild einer fragmentierten Realität, die gleichsam Destruktion und Kreation, Schönheit, Gewalt und Chaos verkörpert. Immer wieder neue Ausdrucksmöglichkeiten findet Klimas auf der Basis dieses Versuchsaufbaus: In seiner Serie temporärer Skulpturen zeigt er fallende Gegenstände, Porzellanfiguren zum Beispiel. Fotografiert mithilfe von Stroboskoplicht, wird aus dem Objekt im freien Fall ein Bild zwischen der noch wahrnehmbaren ursprünglichen Integrität der Miniaturskulpturen, ihrer Vergangenheit, dem Moment ihrer Zerstörung in der Gegenwart und ihrer zersplitterten Wirklichkeit der sich bereits abzeichnenden nahen Zukunft. Die Figurinen – von asiatischen Kung-Fu-Kämpfern bis zur Rokoko-Kokotte aus Bisquit-Porzellan – verbleiben auf dem fotografischen Abbild in einer Art Suspension, eingefroren zwischen ihren möglichen Daseinszuständen.
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Dabei perpetuiert Martin Klimas nicht endlos dieses scheinbar so einfache Prinzip, er erfindet permanent neue Repräsentationen des flüchtigen Augenblicks, des ephemeren Moments. In seiner neuen Serie der „Sonic Sculptures“ zeigt der in Düsseldorf lebende und arbeitende Künstler immer wieder andere Bilder tanzender Farben. Klimas nutzt Farben auf einer Lautsprechermembran, um Musik unterschiedlicher Genres in immer wieder anderer Art und Weise auf Film zu bannen. Die Klangwellen der Stücke von so verschiedenen Musikern und Komponisten wie Paul Hindemith, Carl Orff, Karlheinz Stockhausen, Mouse on Mars oder Kraftwerk erwecken durch ihre Vibration die Farbmaterie zum Leben. Die entstehenden Farbblobs zeichnen sich durch ihre immer neue, lebendige, aktive und sprunghafte Formensprache aus und lassen das Schaffen bedeutender Künstler der Musik im Werk des bildenden Künstlers Klimas auch visuell erfahrbar werden. Und diese Art des dreidimensionalen Malens mit Musik hat selbst meine neunjährige Nichte sogleich als aufregend erkannt: „Guck’ mal da, die Musik“, sagt sie und belegt mit ihrem natürlichen Blick, dass Schauen und Hören keine Gegensätze sind und man sich zeitgenössischer Kunst nach wie vor auch auf diesem Wege nähern darf. Marcel Krenz www.martin-klimas.de
Fotos: Martin Klimas, www.martin-klimas.de
Klimas findet immer neue Darstellungsformen und landet schließlich bei der Musik. Die Zusammenführung von Klang und Bild in seinen Sonic Sculptures ist bewundernswert.
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Fotos: Antonia Henschel
REISEN
Sanfter shoppen – Design, Klang und Konsum im Tokyo Midtown Center Noch vor hundert Jahren zählte das Einkaufen der für das Leben notwendigen Dinge zu einer Tätigkeit, die man gerne dem Personal überließ. Angetrieben durch die Glücksversprechen der Werbung wurde Shopping aber im 20. Jahrhundert zu einer immer bedeutenderen Handlung, zu einer gesellschaftlich relevanten Betätigung, ja zu einer Identität stiftenden Kulturtechnik. Wenn der Tag nicht so gut gelaufen ist, der Partner nervt oder der Chef die eigenen Qualitäten nicht erkennt, tröstet man sich mit einem Einkauf. Der Akt des Einkaufens steht für den kleinen oder großen Luxus, den man sich gönnt, er vermittelt Trost und Belohnung, suggeriert die Teilhabe an einem besseren Leben und gibt einem das Gefühl, mit der richtigen Marke auch das entsprechende Lebensgefühl der Reichen und Schönen kaufen zu können. Shopping – die amerikanische Konzeptkünstlerin Barbara Kruger hat es mit ihrem „I shop therefore I am“ auf den Punkt gebracht – ist für viele längst Lebenszweck und Daseinsberechtigung. Es hat in unserer Kultur religiöse Funktionen wie Heilsversprechen und die Aussicht auf ein besseres Leben übernommen. Die Kathedrale dieser Religion ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts die Shopping-Mall. Der drittwichtigste Ort Entstanden aus der bereits vor Jahrhunderten aufgekommenen Idee, mit Überdachungen, Arkadengängen, Markthallen oder Passagen den Einkauf unabhängig von den Wetterbedingungen zu machen und damit zu ausgiebigerem Kaufverhalten zu verführen, sind die riesigen ShoppingCenter zu Symbolen einer konsumfixierten Gesellschaft geworden. Das Einkaufszentrum ist „The Third Place“ – nach Wohnung und Arbeitsplatz der drittwichtigste Ort für den Menschen unserer Zeit. Die Shopping-Mall ist zum Ausdruck der artifiziellen und oft auch verlogenen Werbe- und Markenwelten geworden. Sie stellt ein voll klimatisiertes Paralleluniversum dar, in dem der Branchenmix ausgeklügelter, die Abläufe perfekter, die Wege sauberer und die Fassaden schöner sind als in Wirklichkeit. Hier gelten nicht mehr die üblichen Gesetze, sondern die mutmaßlich besseren Regeln des Center-Managements, das bei Bedarf von seinem Hausrecht Gebrauch macht. Im Film „Scenes from a Mall“ von 1991 (deutsch: „Ein ganz normaler Hochzeitstag“), der sich komplett in einem Shopping-Center abspielt, übernimmt der Konsumtempel sogar kathartische Funktionen: Bei einem Ehepaar, gespielt von Bette Midler und Woody Allen, brechen lange schwelende Konflikte endlich aus, es gesteht sich auf den Rolltreppen Betrüge, streitet und trennt sich, um nach zahlreichen Margaritas und dem Kauf eines teuren Kleides, befreit von Problemen die Mall wieder zu verlassen und zum Alltag zurückzukehren.
Natürlich gehört zur artifiziellen, von allen Unbilden befreiten Welt der Shopping-Mall auch eine eigenständige Klangwelt, die versucht eine heitere und unbekümmerte Atmosphäre zu schaffen. Tatsächlich aber besteht sie meist aus einer Dauerberieselung aus seichter Fahrstuhlmusik, die sich mit Popmusikrhythmen mischt, die hin und wieder aus Geschäften dröhnen, mit Werbebotschaften auf den TV-Monitoren des Technik-Centers oder der Durchsage, dass die kleine Cindy von ihren Eltern aus dem Kinderparadies abgeholt werden möchte. Kein Wunder also, dass zeitgenössische Konzepte für Shopping-Center nicht nur bei der Architektur, sondern auch bei Akustik und Klang neue Wege beschreiten: Bei Tokyo Midtown, einem 2007 im Tokioter Stadtteil Roppongi eröffneten Gebäudekomplex, wurde besonders großen Wert auf ein Beschallungssystem gelegt, das sich optisch in die Architektur einfügt, gleichzeitig aber einen möglichst unverfälschten Klang bietet. Drei Jahre dauerte es allein, den Anforderungskatalog an die Klangwelt des Komplexes zu entwickeln. Schließlich galt es beispielsweise, in der weitläufigen Main Conference Hall sowohl die Akustik einer Konzerthalle zu ermöglichen als auch dann einen natürlichen Klang zu gewährleisten, wenn der riesige Raum in kleinere Einheiten unterteilt wird. Tokyo Midtown gilt in der Fachwelt als einer der gelungensten urbanen Großgebäudekomplexe mit gemischter Nutzung der letzten Jahre. Nachdem zu Beginn des Jahrtausends durch den Wegzug des Hauptsitzes der japanischen Verteidigungsbehörde mitten in der Stadt eine Fläche von 69.000 Quadratmetern Größe frei geworden war, wurden von einem Konsortium aus sechs Unternehmen drei Milliarden US-Dollar für die Errichtung eines neuen innerstädtischen Zentrums investiert. Zahlreiche Architekturbüros, darunter SOM, Nikken Sekkei oder Tadao Ando, waren an der Entwicklung dieser „urbanen Revitalisierungsmaßnahme“ beteiligt. Es entstand eine Stadt in der Stadt, die unterschiedliche Nutzungen ermöglicht und Räume des Arbeitens, Wohnens, Entspannens und natürlich vor allem für das Shopping definiert. Der gesamte Komplex besteht aus sechs Gebäuden und einer für eine neue innerstädtische Bebauung erstaunlich großen Parklandschaft. Der markanteste Teil des Komplexes ist der 248 Meter hohe Midtown Tower, der auf seinen 53 Stockwerken nicht nur Geschäfte, Büros und Restaurants, sondern mit dem Ritz-Carlton auch eines der teuersten Hotels der Stadt beherbergt. ›
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Design und Kunst spielen in Tokyo Midtown eine bedeutende Rolle, ja sie gelten quasi als Leitthema des Ensembles. Mit dem Suntory Museum of Art, das sich japanischer Kunst und japanischem Kunsthandwerk widmet, ist tatsächlich ein veritables Museum Teil des Einkaufserlebnisses. Ein paar Stockwerke höher bietet der „Design Hub“ mehreren japanischen Designorganisationen Platz und ist zum Beispiel auch Ausstellungsraum für die jährlich mit dem „Good Design“-Award ausgezeichneten Entwürfe. Am Rande der großen Grünfläche des Gebäudekomplexes befindet sich außerdem die „21_21 Design Sight“, ein von Tadao Ando entworfenes Designmuseum. Von dessen drei Direktoren Issey Miyake, Taku Satoh und Naoto Fukasawa, die allesamt selbst große Namen in verschiedenen Bereichen der japanischen Designszene sind, werden Ausstellungen konzipiert, welche die japanische Designkultur und ihren Einfluss auf die westliche Designwelt abbilden, aber immer auch einen Blick in die Zukunft der Branche wagen.
Land der Produktkultur In einem Land, in dem die Produktkultur eine ganz andere Rolle spielt als im Westen, in dem auch dem kleinsten Ding größte Aufmerksamkeit geschenkt wird und in dem HelloKitty-Ramsch problemlos neben teuerstem Kunsthandwerk steht, scheint die Nähe von Design, Kunst und Kommerz keine hochgezogenen Augenbrauen hervorzurufen. Trotz der Nähe zum Shopping werden Kunst und Design im Tokyo-Midtown-Komplex nie zum ThemenparkMotto degradiert. Obwohl natürlich auch hier eine artifizielle, unwirklich heile Welt geschaffen wird, haben Betreiber und Gestalter es geschafft, den Eindruck zu vermeiden, dass der thematische Schwerpunkt nur als Deckmäntelchen für einen Konsumtempel herhalten muss. Und auch die Geräuschkulisse, die den Besucher an einem ganz normalen Einkaufstag im Tokyo Midtown umgibt, überrascht das vom Werbewahn abgestumpfte westliche Ohr. Wer beim Schlendern von einem der feinen Geschäfte zum nächsten ganz genau hinhört, merkt, dass irgendetwas anders ist als in anderen Shopping-Malls: Es ist ruhig. Markus Frenzl www.tokyo-midtown.com
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DIE WELT DER SINNE
Sounds of Peace – wenn das Hören Frieden macht Wenn einst im Kalten Krieg das rote Telefon läutete, das die Vereinigten Staaten mit der Sowjetunion verband, dann war das, und mittlerweile weiß man es zu würdigen, ein Garant für den Frieden und ein Zeichen gegen den Krieg. Denn in der Tat gab es keinen. Wenn man hört, wie jemand laut oder leise den Bruderkuss vollzieht, wenn eine Taube gurrt und man dabei an eine Friedenstaube denkt, wenn ein Lamm mäht und in einer Kirche steht oder Palme, Ölzweig und Lorbeer rascheln, so könnten auch diese Geräusche als akustische Zeichen gelten, ob ganz nah am oder weiter weg vom Frieden, gebunden an Konkretes oder Symbolisches. Doch wer hört, wenn Gräser im Wind wispern, schon Frieden heraus? Obwohl doch so manche, oft Jahrzehnte währende Blutrache mit dem rituellen Überreichen von Grasbüscheln beendet wurde. Auch die winzigen Geräusche, wenn jemand Kränze flicht, das Reiben von Bändern und Gestrüpp, sind nicht für allzu viele zum Inbegriff des Friedlichen geworden. Zumal es über Jahrhunderte hin unklar war, ob ein Kranz nun Friedens- oder Siegeszeichen ist: Vielleicht schon deshalb, weil Frieden nur als Nicht-Krieg verstanden wurde, als nur allzu kurze Zeit, zwischen einem Sieg und der nächsten Gelegenheit zum Kampf. Friedensklänge aus den Tiefen unserer Kultur Aber tiefer in den Katakomben der Kulturgeschichte hört man Deutlicheres, … wenn man Ohren dafür hat. Seit der Antike flüstern dort die Stimmen von Eirene und Pax, den Verkörperungen von Ruhe und Frieden. Jemand stampft mit dem Kerykeion auf den Boden, einem von zwei Schlangen umwundenen Friedensstab, dem Zepter des griechischen Gottes Hermes oder des ägyptischen Thot, dem Stab eines Unterhändlers. Und wenn Löwen brüllen, so denken jedenfalls die mit den entsprechenden Themen befassten Religionswissenschaftler, Rabbiner und einige Zeugen Jehovas auch an den Seher Daniel, der zu Babylon in eine Löwengrube geworfen wurde und von dem es heißt, dass allein sein Glaube die hungrigen Tiere befriedet habe. Auf dass das Hören Frieden mache Die Idee, es könne Frieden geben, ist schon älter – unter anderem verdankt sie sich einigen Religionen, in deren Namen selbst immer wieder zu den Waffen gerufen wurde. Erst zwischen dem 18. und dem 19. Jahrhundert aber beschritt man den Weg von der Idee zur Organisation des Friedens. Und mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts versprachen erst der Völkerbund und dann die UNO, das friedliche Zusammenleben dauerhaft zu sichern.
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Jüngst nannte der britische Guardian den Psychologen Steven Pinker die „optimistische Stimme der Wissenschaft“ und hätte ihn doch eine der umstrittensten Stimmen nennen können. Warum? Weil der Harvard- Professor in seinem Buch „The Better Angels of Our Nature“ behauptet, dass die Gewalt im historischen Maßstab abgenommen habe. So sei ein gewaltsamer Tod heute statistisch weniger wahrscheinlich. Vor allem in Europa seit der Aufklärung sei das so, und das, obwohl die monströsen Weltkriege des 20. Jahrhunderts in die nicht ganz belastbaren Vergleiche mit eingerechnet wurden. Jedenfalls begründet Pinker seine Rede vom Sieg des Friedens mit „Veränderungen in unserem kulturellen und materiellen Milieu“. Zweifelsohne aber wäre es eine maßlose Überschätzung, eine heillose Überforderung von Material und Geschichte, glauben zu wollen, dass das Hören Frieden machen könne, man könnte auch gleich behaupten, es sorge dafür, dass die Menschenrechte umgesetzt würden, und – ganz im Ton dieses Hochmuts – für eine bessere Welt. Aber bevor man sich schüttelt, um diesen Irrtum loszuwerden wie ein nasser Hund das Wasser im Ohr, zögere man kurz. Denn … tatsächlich gibt es politische Prinzipien, einzelne Phänomene und Initiativen, abseits ein Quäntchen Medienarbeit, fernab eine bestimmte Musik zu einer bestimmten Zeit, die diese Verbindung zumindest bedenkenswert macht. Wem die Ohren vom Lied des Krieges klingen Die Gewalt hat ihre Cheerleader und der Krieg seine Blaskapellen, die mit Hörnern „Auf in den Kampf“ rufen und das Halali zum Tod blasen. So entstammen ganze Musikgenres dem Kampf, etwa das musikalische Schlachtengemälde, die „Battaglia“, beliebt von der Frühen Neuzeit bis weit ins 19. Jahrhundert. Einst wandelte sie sich von einer aristokratischen Musikform zu einem Teil bürgerlicher Festkultur, und das umso schneller, je mehr niedere Stände nicht nur Wehrdienst leisteten, sondern auch die Kriege finanzierten. Für die Operation „Wüstensturm“ im Jahr 1991 gab es keine eigene Musik, so beschallte man die Truppen kurzerhand und von Hubschraubern aus mit Popmusik aus dem Vietnamkrieg. Anthony Swofford beschrieb das in seinem Buch „Jarhead. A Marine’s Chronicle of the Gulf War and Other Battles“ und meint, der Effekt sei der gewünschte gewesen. ›
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Illustration: Daniel Lachenmeier
Kriege entwickeln sich und es gibt Muster in ihrem Aufkommen und Verlauf, die einer schrecklichen Mode ähneln und mit den Jahrzehnten zu Geschichte eindampfen – und schlimmer noch: all die Menschen vergessen machen, die gelitten haben oder jetzt gerade leiden. Viel gäbe es anzuführen, das unser gegenwärtiges Verständnis charakterisiert: Vielleicht, dass es überall brennt, dass es mehr Kriege gibt als solche, die auch so heißen oder heißen dürfen. Dass die Zahl der Söldner zunimmt und immer mehr Kindersoldaten in die Schlacht ziehen. Dass es auf der einen Seite deutlicher geworden ist, dass Kriege aus wirtschaftlichen Gründen und um Ressourcen geführt werden, auf der anderen Seite aber, dass immer häufiger von „notwendigen“ und „gerechten“ Kriegen die Rede ist, von Kriegen aus humanitären Gründen etwa, für die Demokratie, für Rechte und zum Schutz der Zivilbevölkerung, ja sogar für den Frieden selbst. Krieg war und ist hörbar, schon seine bloße Möglichkeit ist es. So galt der Überschallknall in Zeiten des Kalten Krieges als „Klang der Freiheit“. Und der Sinn für das Hören beförderte den Krieg, ob „heilig“ oder nicht, durch Trommeln und Schreie, durch Lärm als Teil der psychologischen Kriegsführung, durch Dudelsäcke, Kampfjodler, Kriegslieder und Marschmusik, sogar durch Sounddesign und „Sonic Warfare“, über Schiffsrümpfe und Folter bis hin zu akustischen Waffen und Kommunikationstechniken, Lauschanlagen zu Land und zu Wasser und Medien wie Telefon, Funk und Radio. Medien können Kriege begründen, befeuern und mit rasanten „Specials“ oder Propaganda darauf reagieren. Der moderne Krieg ist einer der Visualisierungen und auch die Kriegsberichterstattung scheint eines der Bilder zu sein. Im Kino laufen Action Movies, die als Kriegs- oder Anti-Kriegsfilm firmieren. Und auch das Radio spielt in Konflikten eine entscheidende Rolle, ist es doch ein relativ einfach zu nutzendes Medium mit einer enormen Reichweite. Verdienstvoll wirken hier die großen World Services, aber auch viele kleine Projekte. 2008 machte die UNO mit dem Dokumentarfilm „Schockwellen“ über die Arbeit von Radio Okapi im Kongo aufmerksam. Und im Süden des Sudans versucht Radio Bakhita soziale Konflikte zu lösen. Hilfreich ist es zudem, die richtige Musik zu senden. Musik für den Frieden Dieter Senghaas, ein Konfliktforscher, hat sich mit Musik befasst: Den Werken von Bach, Alban Berg, Jean-Philippe Rameau und Olivier Messiaen machte er „Friedensvorstellungen“ aus, bei Mozart, Bruckner und György Ligeti fand er „Friedensfantasien“, bei Guillaume Dufay, Arnold Schönberg und Kurt Weill „Frieden als politisches Projekt“. Ob in der Oper „Simplicius Simplicissimus“, in Benjamin Brittens „War Requiem“ oder in dem Lied „A Voice from Guernica“, die Musiktradition trägt dazu bei, Trauer 44 HEAR THE WORLD
über den Krieg und Protest gegen ihn zu artikulieren. Ein typisches Muster besteht darin, hierzu auf die Musik der Gegner oder Opfer zurückzugreifen. Ein anderes, Musik als etwas Universales ins Feld zu führen. Seit 1995, anlässlich des 50. Jahrestages der Vereinten Nationen, gibt es ein World Orchestra for Peace, das meist in krisengeschüttelten Regionen auftritt. Während der Belagerung von Sarajevo trafen einmal um vier Uhr nachmittags mehrere Mörsergranaten eine Gruppe von Menschen, die an der Vase Miskina um Brot anstanden. Mehr als 60 wurden verletzt, 22 Menschen kamen ums Leben. Das war am Mittwoch, den 27. Mai 1992. An den darauf folgenden 22 Tagen spielte der Cellist Vedran Smailovic an dieser Stelle zu Ehren der Toten: das Adagio in g-Moll von Albinoni. Im März 2008 trafen sich Zehntausende zu einem Friedenskonzert in Kolumbien. Der musikalische Leiter des Seoul Philharmonic Orchestra, Chung Myung-whun, hat mit nordkoreanischen Offiziellen vereinbart, ein Orchester zu bilden, das zu gleichen Teilen aus Nord- und Südkoreanern besteht. Und die britischen Friedensaktivisten von International Alert veröffentlichten im Herbst 2011 ein Video mit der Musik von Massive Attack und dem Titel „Peace Talks“. Übrigens soll es helfen, die Botschaft zu verbreiten, dass es Wörter sein sollten, die Konflikte lösen. Frieden heißt auch Zuhören Die berühmte schwedische Kinderbuchautorin Astrid Lindgren schrieb einmal: Vom Frieden zu sprechen, heiße, von etwas zu sprechen, das es nicht gibt. Nach dem Jahresbericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI liegen die weltweiten Militärausgaben derzeit bei 1,6 Billionen US-Dollar, die Ausgaben für Formen einer friedlichen Lösung von Konflikten sind dagegen schwerer zu beziffern. „Wer ruft zum Frieden, dass die Welt es hört, zu hören gezwungen ist? Dass alle Völker darüber froh werden müssen?“, formulierte es Dietrich Bonhoeffer in seiner Friedenspredigt während der Jugendkonferenz des Weltbundes auf der Nordseeinsel Fanø. Kaum zehn Jahre später starb er im Konzentrationslager Flossenbürg als Vertreter des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Die Macht des Faktischen lässt sich nicht übersehen. Und: Hören allein macht noch keinen Frieden. Andererseits schadet es kaum und nützt zuweilen spürbar, das Hören so zu nutzen, die Erfolge interkultureller Kommunikation und globaler Friedensarbeit zeigen das. „Der Frieden gelingt durch Verständigung, nicht durch Vereinbarung“, heißt es im Arabischen. Aber dergleichen umzusetzen, ließe sich gewiss nicht machen, ohne einander zuzuhören. Max Ackermann
DANKE. Ihr Beitrag hilft Kindern, wieder hören zu können. Unterstützen Sie unser Projekt «Zukunftschancen für Kinder in Nairobi»: Dort ermöglichen wir ein Versorgungsnetz für Kinder mit Hörverlust – von Diagnostik und Anpassung von Hörgeräten bis zu Sprachtherapie und einer Selbsthilfegruppe für die Eltern. Gemeinsam schenken wir Kindern die Chance für eine bessere Zukunft. Spendenkonto: UBS AG Zürich • Konto: Hear the World Foundation • Kennwort: Nairobi IBAN: CH12 0023 0230 4773 8401 U • SWIFT: UBSWCHZH80A • www.hear-the-world.com/foundation
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KLASSIK
Mit Essen spielt man nicht? Diese Ermahnung stößt bei den Mitgliedern des Vegetable Orchestra wohl auf taube Ohren, denn sie tun genau dies!
Eingekauft wird frisches Gemüse auf dem Wochenmarkt. Das ist bei besagtem Orchester auch so. Wo im Normalfall aus knackigen Karotten, bunten Paprika, saftigen Gurken, bissfesten Radieschen und Sellerie, mit etwas Petersilie verfeinert, ein vitaminreicher Rohkostsalat entsteht, überrascht das Ensemble aus Österreich aber mit einer ganz anderen Variante. Wie der Name bereits verrät, verwandeln die Klangkünstler Gemüse in Instrumente und musizieren darauf. So werden Karotten aufgebohrt, Auberginen geschält, Kürbisse entkernt und Gurken ausgehöhlt und es entstehen Hunderte von verschiedenen Instrumenten wie Flöten, Schlagzeuge, Tröten, Rasseln, Bongos und vieles mehr. Miteinander kombiniert werden so selbst Marimbas, Gitarren und diverse Hörner imitiert. Spinnerei, mag man meinen, aber erstaunlicherweise entlocken die Akteure ihren Gewächsen tatsächlich Töne. Und diese stehen manchen auf herkömmlichen Instrumenten gespielten Stücken der modernen Musik in nichts nach. Zugegeben, es entstehen beim Salatblätterrascheln und Zucchiniklopfen teilweise recht ungewöhnliche Geräusche von düster über schrill bis geradezu funky, aber im Zusammenspiel wirkt es letztendlich doch stimmig.
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Das Vegetable Orchestra erregt Aufsehen, erzielt große Erfolge und hat bereits seine dritte CD mit dem bezeichnenden Namen „Onionoise“ auf den Markt gebracht. Auch auf Festivals weltweit sind die Gemüsefreunde gern gesehene Gäste. So bunt wie ihr Arbeitsmaterial ist auch der künstlerische Hintergrund der Orchestermitglieder: So steuern beispielsweise professionelle Musiker ebenso wie Architekten, Designer und Autoren ihre Ideen bei. Aus so viel Kreativität entsteht Gute-Laune-Musik in außergewöhnlich natürlichem Ambiente – und da die Instrumente des Ensembles von Natur aus begrenzt haltbar sind, landen die noch verwertbaren Kohlköpfe, Lauchstangen und Petersilienpinsel nach dem Konzert im Kochtopf und es gibt Suppe für das Publikum! Somit ein wahrhaft geschmackvoller Ausklang eines besonderen Erlebnisses … Sandra Spannaus www.vegetableorchestra.org
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Illustration: CĂŠline Meyrat
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Foto: Bryan Adams
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KT Tunstall – die Ego-Archäologin KT Tunstall ist eine erfolgreiche Musikerin mit schottisch-irisch-chinesischen Wurzeln. Ihr jüngerer Bruder war von Geburt an taub, sie selbst leidet an Tinnitus und leichtem Hörverlust auf einem Ohr. Im Interview mit HEAR THE WORLD sagt sie selbstkritisch: „Leider erkennt man erst dann, wenn man bereits ein Problem hat, wie kostbar das Gehör ist.“ Bei allem, was sie tut, spielt ihre eigene Sinneswahrnehmung die entscheidende Rolle. Als Botschafterin der Hear the World Initiative will Tunstall ihre Erfahrungen aus anderthalb Jahrzehnten als Live-Musikerin weitergeben und zur Aufklärung beitragen – ohne erhobenen Zeigefinger, aber jederzeit bereit, jüngeren Musikern einen guten Rat zu geben. „Klang ist ein sehr wichtiger Teil meines Lebens und etwas, das ich schmerzlich vermissen würde, wenn es jemals durch eine Dummheit beeinträchtigt würde.“ Kate Victoria Tunstall wächst als Adoptivkind in einem unmusikalischen Akademiker-Haushalt in der beschaulichen Universitätsstadt St. Andrew auf. Schon als Sechsjährige beginnt sie mit Flöten- und Klavierunterricht, als Teenager bringt sie sich selbst das Gitarrespielen bei. Ihr letztes Highschool-Jahr verbringt sie dank eines Stipendiums in den USA, wo sie bald mit Musikern verschiedenster Couleur in Kontakt kommt. Zurück in England, studiert Tunstall am exklusiven Royal Holloway College Musik und taucht bald in die lebendige Musikszene ihrer schottischen Heimat Fife ein, wo sie unter anderem mit den Musikern des angesagten Fence Collective spielt und eine Zeit lang mit Gordon Anderson von der Beta Band zusammenlebt. Deren eklektischer „Folktronica“-Sound übt großen Einfluss auf sie aus. Eine weitere wichtige Station ist die Klezmer-Band Oi Va Voi. Obwohl sie nicht zum offiziellen Line-Up gehört, ist Tunstalls Präsenz als Sängerin und CoAutorin auf deren gefeiertem Album-Debüt „Laughter Through Tears“ unüberhörbar und nachhaltig. Zu diesem Zeitpunkt wird KT Tunstall bereits mit Nelly Furtado, aber auch mit Sheryl Crow verglichen, ihr Talent spricht sich herum und ihre Solo-Ambitionen tragen Früchte. Mit „Eye to the Telescope“ erscheint Ende 2004 ihr Debütalbum, das zunächst auf Platz 73 der Hitliste landet und somit als netter Achtungserfolg zu gelten hat. Doch das Schicksal meint es weiterhin gut mit KT. Sie wird als „Ersatz“ für den Rapper Nas, der kurzfristig abgesagt hat, in die BBC-Kultsendung „Later … with Jools Holland“ eingeladen. Mit ihrem blues-inspirierten Song „Black Horse and the Cherry Tree“ liefert die Neo-Folk-Diva eine Performance ab, die alles andere als hausbacken wirkt. KT begleitet sich selbst mit Chorstimme, Tambourin und Gitarren-Riffs, die sie allesamt mit einem digitalen Sampler live aufnimmt und als Loops abspielt. In fernsehkompatiblen dreieinhalb Minuten spannt sie einen dramaturgischen Bogen, durch den sie das Publikum im Sturm erobert und zugleich neugierig auf mehr macht. Kurz nach
der Sendung wird „Eye to the Telescope“ erneut veröffentlicht und klettert diesmal bis auf Platz drei der britischen Charts. Auch der US-Release wird zu einem durchschlagenden Erfolg, nicht zuletzt dank der Casting Show „American Idol“. Die Kandidatin (und spätere Zweitplatzierte) Katherine McPhee singt „Black Horse and the Cherry Tree“ im Finale und verhilft dem Song und dessen Urheberin damit zu einem gewaltigen Schub. Das zweite Album gilt bekanntlich als Messlatte für eine gelungene Künstlerkarriere. Mit der aufwendigen Produktion „Drastic Fantastic“ macht KT scheinbar alles richtig, denn Platz drei in den britischen und Platz neun in den US-Charts sprechen kommerziell eine deutliche Sprache. Stolz präsentiert sich eine etablierte Folk-Pop-Songwriterin jetzt ebenbürtig mit Superstars. Rückblickend scheint KT Tunstall allerdings nicht restlos glücklich mit „Drastic“, beschreibt sie doch den Entstehungsprozess ihres aktuellen dritten Albums als Sprung aus dem „Hamsterrad“. Musikalisch stellt „Tiger Suit“ einen klaren und bewussten Bruch mit dem folkigen Singer-Songwriter-Stil dar, der ihr den großen Erfolg gebracht hat. Der deutlich in Richtung Dancefloor tendierende Sound, den sie selbst als „ Nature Techno“ bezeichnet, sei aber kein absolutes Neuland für sie, sondern komme ihr vor wie „eine archäologische Ausgrabung meines Selbst“. Denn sie hatte ja schon ihre prägenden Jahre mit elektrifizierten Klängen verbracht, aber auch aktuelle tanzbare Musik von Bands wie Phoenix und LCD Soundsystem hat die Künstlerin auf dem Radar. Dass „Tiger Suit“ in jeder Hinsicht inspirierter und vielschichtiger klingt als der Vorgänger, mag nicht zuletzt auch dem Umstand zu verdanken sein, dass das Album in den Berliner Hansa Studios entstanden ist. Dort nahm David Bowie Ende der 1970er-Jahre seine legendäre Berlin-Trilogie mit den Alben „Low“, „Heroes“ und „Lodger“ auf. Depeche Mode mischten 1983 in den ehrwürdigen, aber mit modernster Technik ausgestatteten Räumen ihr bis dato intelligentestes Album „Construction Time Again“ ab. Und keine Geringeren als U2 spielten im Oktober 1990 „Achtung Baby“ im Meistersaal der Hansa Studios ein. So wie Bowie, U2 und Depeche Mode sich in Berlin neu definierten, ist auch KT Tunstall nach den „Tiger Suit“-Sessions in den Hansa Studios nicht mehr dieselbe. Mit ihren Songs hat sie zwar nicht das sprichwörtliche Rad neu erfunden, aber es macht viel Spaß, ihr dabei zuzuhören, wie sie zugleich „archäologisch“ und höchst innovativ an ihrem Sound arbeitet. Christian Arndt (Quellen: Allmusic.com, Rollingstone.com, BBC.CO.UK) Interview-Zitate: ArtisanNewsService, 20. Juli 2010)
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Interview mit KT Tunstall Wie war das Fotoshooting mit Bryan Adams? Bryan ist ein Teil meiner Klangwelt, seit ich denken kann. Die ganze Sache war wirklich aufregend, es war fantastisch. Warum haben Sie sich entschieden, Botschafterin für die Hear the World Initiative zu werden? Weil es eine großartige Sache ist. Ich freue mich sehr, Teil einer Kampagne zu sein, die nicht nur Menschen dabei hilft, Lösungen zu finden, die ihre Lebensqualität verbessern, sondern die auch Aufklärungsarbeit im großen Stil leistet und in der Bevölkerung ein Bewusstsein dafür schafft, wie wichtig die Erhaltung des Klanggefühls für den Einzelnen ist. Mein jüngerer Bruder ist völlig gehörlos auf die Welt gekommen, daher bin ich mit einem ausgeprägten Bewusstsein dafür aufgewachsen, wie es sein muss, als Gehörloser in einer Welt von größtenteils Hörenden zu leben. Ich habe mir immer vorzustellen versucht, wie es für meinen Bruder wohl ist, zu meinen Konzertauftritten zu kommen, damit ich besser verstehe, wie er so etwas erlebt. Das ist sehr interessant. Hatten Sie jemals Probleme mit dem Hören? Ich leide unter Tinnitus und habe eine leichte Hörminderung in einem Ohr. Leider erkennt man erst dann, wenn man bereits ein Problem hat, wie kostbar das Gehör ist und dass wir es immer für selbstverständlich erachten. Klang ist ein sehr wichtiger Teil meines Lebens und etwas, das ich schmerzlich vermissen würde, wenn es jemals durch eine Dummheit beeinträchtigt würde. Das zeigt sehr deutlich, wie ich mich als Heranwachsender hätte verhalten sollen und was ich nun tun kann, um mein Gehör zu schützen. Glauben Sie, dass Ihre Hörprobleme etwas mit Ihrer Karriere als Musikerin zu tun haben? Sicherlich, vor allem wenn man bedenkt, dass ich mit einem Ohr immer am Schlagzeug war. Ich benutze kein In-Ear-Monitoring, ich bin vielmehr ein überzeugter Benutzer von Wedges, speziellen keilförmigen Boxen für die Bühne, denn ich muss die Lautstärke fühlen können. Aber man muss da sehr vorsichtig sein. Hat Ihre Karriere als Musikerin eine intensivierte Wahrnehmung von Klang bewirkt? Auf jeden Fall! Es gab einen solchen Moment, als mein Tinnitus sehr schlimm wurde. Glücklicherweise habe ich das jetzt unter Kontrolle, denn mit einem Problem wie Tinnitus fühlt man sich ohnmächtig. Es gibt nicht wirklich etwas, das man dagegen tun kann. Eine Zeit lang fiel es mir zum Beispiel schwer, meine Gitarre zu stimmen, da das Geräusch im Ohr so stark war … überraschenderweise ist dieses Geräusch auch ganz interessant, denn es ist ein c, das heißt ich könnte meine Gitarre immer auf dieses c stimmen. (lacht)
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Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, würden Sie dann besser auf den Schutz Ihres Gehörs achten? Ja, ich wäre auf jeden Fall vorsichtiger. Wenn ich auf der Bühne wäre und es mir in den Ohren schmerzte, dann würde ich etwas dagegen tun. Das heißt, Sie gehen jetzt entschieden bewusster damit um? Absolut! Würden Sie sich einmischen, wenn Sie einen jungen Musiker auf der Bühne sehen, der die Musik auf gehörschädigende Lautstärke hochgedreht hat? Ich würde anderen sicherlich gerne von meinen Erfahrungen berichten und ihnen den ein oder anderen Rat geben. Den sicheren Geräuschpegel habe ich erst durch Erfahrung einzuschätzen gelernt, denn niemand setzt diese Grenze für einen. Der Tontechniker steht nicht vor dir, man muss nach ihm fragen und dann tut er, worum man ihn bittet. Das heißt, man braucht einfach ein gewisses Selbstbewusstsein. Welche Klänge lieben Sie besonders? Meine Lieblingsgeräusche sind Vogelstimmen und zwar von den in Großbritannien einheimischen Vögeln. In London gibt es das Phänomen der massiven Ausbreitung von Sittichen, was mich total nervt, da sie sehr laut und störend sind, es ist ein ohrenbetäubendes Gekreische und man möchte am liebsten schreien: „Schnabel halten!“ Die einheimischen Vögel haben wunderbare Stimmen. Ich mag das Geräusch der Krähen, und der Gesang der Amseln ist einfach unglaublich schön. Als mein jüngerer Bruder vor ein paar Jahren ein Cochlea-Implantat bekam, war es erstaunlich, was er plötzlich hören konnte, aber da er gehörlos geboren war, konnte er die neuen Geräusche um ihn herum nicht zuordnen. Er hörte mehr, aber er fragte ständig: „Was ist das?“ Und es war natürlich nicht immer jemand da, der ihm antworten konnte – das ist der Rasenmäher, das ist die Waschmaschine und so weiter. Er ist Tennistrainer und ich bin nach der Arbeit einmal mit ihm nach Hause gefahren. Er parkte sein Auto und sagte plötzlich „Was zum Teufel ist das nur für ein Geräusch?! Jedes Mal, wenn ich nach Hause komme und es höre, frage ich mich, was das ist.“ Es stellte sich heraus, dass es die nistenden Krähen in den Bäumen über der Stelle waren, wo er immer sein Auto parkte. Hunderte der Vögel beschwerten sich dann immer mit ihrem Krah Krah Krah … Das war ein völlig neues Geräusch für ihn, und weil er nicht hochschaute, konnte er es sich nicht erklären. (lacht) Er war froh, als er dann Bescheid wusste. Welche Geräusche mögen Sie nicht? Akustische Rückkopplungen sind wirklich ätzend. Außerdem mag ich es nicht, wenn Leute Schleim im Rachen hochziehen!
„ICH MAG DAS GERÄUSCH DER KRÄHEN, UND DER GESANG DER AMSELN IST EINFACH UNGLAUBLICH SCHÖN.“
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Foto: Mary Rozzi
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Feist – die Kraft aus der Stille Eines der größten Komplimente für Musik ist, wenn man diese pur hören möchte. Ohne Multitasking, nicht nebenbei mit den Gedanken schwirrend zu etlichen Dingen, die man noch erledigen muss oder gar als Hintergrund-Beschallung in öffentlichen Räumen. Dieses Kompliment, diese Zuneigung stellt sich beim Hören der Songs von Leslie Feists aktuellem Album „Metals“ (Polydor) ein. Und damit überträgt sich still und leise – auf nahezu wundersame Weise – die Stille, in der Feist ihre Musik komponiert hat. Dazu die Erkenntnis, hier einen wahren AntiSuperstar-Star zu hören. Überhaupt verhält sich die 35jährige Kanadierin anders, als man das mittlerweile von Popstars gewohnt ist. Soziale Netzwerke und ständige Mitteilungen via Twitter sind so gar nicht ihr Ding, sie hat stattdessen wieder angefangen Briefe zu schreiben und bevorzugt lange Gespräche von Angesicht zu Angesicht. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum sich ihre Songs anfühlen, als ob sie direkt an den einzelnen Hörer gerichtet sind. „Man muss in sich hineinhören, ganz alleine, um etwas herauslassen zu können“, sagt sie dazu. Feist nahm sich nach gut sieben Jahren, in denen sie viel Zeit im Flugzeug verbracht hat und auf Bühnen, in TV-Shows und letztendlich mit ihrem Superhit „1,2,3,4“ auch in der Sesamstraße zu sehen war, eine Auszeit. Auch wenn sie dieses Leben „on the road“ zuvor einfach als das ihre angenommen hatte. Hätte ewig so weitergehen können, die Alben „Let It Die“, „Open Season“ und schließlich „The Reminder“ (alle: Polydor) erfreuen sich bis heute einer immer größer werdenden Anhängerschaft und dazu sind ihre Live-Auftritte mit mehrköpfiger Band einzigartig. Doch sie wollte sich nicht mehr wiederholen und immer wieder dieselben Songs spielen, auch wenn die Anfragen für Auftritte nicht weniger wurden. Stecker raus, zurück nach Hause in die Garage, die sie im Garten ihres Hauses in Toronto extra für das einsame Komponieren eingerichtet hat. „Wenn man auf Tournee ist, hat man so viel Output“, meint Feist dazu, „und in der Zeit danach war ich wie ein Schwamm – ich habe versucht so viel aufzusaugen, wie ich in den Jahren davor veröffentlicht und abgegeben habe. Ich habe die Füße ganz bewusst stillgehalten, habe versucht zu lernen, wie das geht, wie man einfach mal still ist und sich klarmacht, dass so eine Stille nichts Schlechtes sein muss. Manchmal, wenn vorher alles laut und voller Bewegung war, können einem diese Ruhe und das Schweigen ja richtig Angst machen.“ Die Stille und selbst gewählte Einsamkeit führten letztendlich zu sehr tiefgehenden, meist leisen Songs. Die gewisse Leichtigkeit der Songs auf „The Reminder“ wich dann bei den Aufnahmen zum neuen Album einer Monumentalität, die nicht erdrückt, aber durchaus reifer klingt. Aufgenommen wurde „Metals“ in Livesessions, zusammen mit Streichern, Chor, und ihren langjährigen Weggefährten und sehr guten Freunden Mocky, Chilly Gonzales sowie dem Produzenten Valgeir Sigurðsson, der schon mit einer von Feists frühen Inspirationen, Björk, arbeitete. Dabei war auch Beck-Key-
boarder Brian LeBarton, der neben seinem Spiel auch die Arrangements zusammenführte. Als Aufnahmeort wählte sie eine völlig abgeschiedene Farm in Kaliforniens Big Sur Nationalpark. Feist verbrachte dort vier intensive Wochen im Februar 2011 zusammen mit den Musikern, sie liebt diese Situationen des gemeinsamen Aufstehens, Diskutierens und Essens in Abgeschiedenheit – eine Art verschworene Gemeinschaft, die gemeinsam lebt und arbeitet. Und die Umgebung spielte eine nicht kleine Rolle dabei: „Aufnahmen können eine ganz leichte und unbeschwerte Angelegenheit sein, die nichts mit dem Alltag zu tun hat, und darum suche ich mir auch immer Orte aus, die derartige Stimmungen begünstigen, wo allein das Szenario einen dazu bringt, eben nicht die Dinge zu tun, die man normalerweise tun würde. Diese klare Trennlinie zwischen Festland und Meer am Big Sur und dieses Gefühl, nicht wie beim Atlantik gleich wieder Europa auf der anderen Seite zu haben, sondern eher so à la ,da lang geht’s in eine Gegend, in der ich noch nie war‘, das war schon extrem inspirierend“, meint Feist. „Dazu kommt, dass es ein Ort ist, der sich noch vollkommen unentdeckt anfühlt, obwohl er schon in so vielen Büchern auftauchte. Steinbeck hat gewissermaßen 1.000 Alben dort aufgenommen, Henry Miller und Anais Nin haben wahrscheinlich exakt diese Trennlinie zwischen Land und Meer betrachtet. Und obendrein haben wir dort den perfekten Raum gefunden, um darin ein Studio einzurichten – ganz oben auf der Klippe. Ein gewaltiger Raum, der vollkommen leer war.“ Beim Hören eines der stärksten Stücke des Albums, „Caught A Long Wind“, hat man diese Landschaft unbewusst vor Augen, den Horizont, der viel Platz für Stille und Zwischentöne lässt. Und so viel Wärme verbreiten kann. Feists Songs treffen und berühren dort, wo sonst nur sehr gute Freunde hingelassen werden: in Herz und Seele. Dies ist eine sehr seltene Fähigkeit, die nur wenigen vorbehalten ist. Auf jeden Fall denjenigen, die es ehrlich meinen. Und denen hört man zu, ohne sich ablenken zu lassen. Persönliche Botschaften, erneut mit dem Potenzial, genau ausbalanciert auf dem schmalen Grat zwischen Independent und Mainstream empfangen und anerkannt zu werden. Leslie Feist hat ihr nächstes Kapitel zur Geschichte der relevanten Popmusik geschrieben. Per Hand und persönlich an uns adressiert. Michael Rütten Eindrücke von den Aufnahmen und der Umgebung in Big Sur gibt es hier zu sehen und zu hören: www.listentofeist.com HEAR THE WORLD 57
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Anziehend abgelichtet! Irving Penn und Issey Miyake Irving Penn war einer der größten Fotografen unserer Zeit – er starb 2009 in New York. Issey Miyake ist bis heute einer der außergewöhnlichsten und erfolgreichsten Modeschöpfer. Weder Penns Fotografien noch Miyakes Modekreationen stehen für Zurückhaltung. Ihr Schaffen spiegelt jeweils für sich die Kreativität und Individualität ihrer Schöpfer bis ins kleinste Detail wider. Eigentlich also eine Selbstverständlichkeit, dass diese beiden Künstler bereits vor vielen Jahren im Zuge eines Modeshootings Kontakt zueinander aufnahmen und diesen in diversen Kooperationen festigten. Penn fotografierte ab 1987 Miyakes Kollektionen über letztendlich 13 Jahre hinweg und eröffnete dem Meister der Stoffe durch seine Aufnahmen neue Sichtweisen. Miyake ließ Penn, der übrigens nie einer von Miyakes Schauen leibhaftig beiwohnte, völlig freie Hand und vertraute ihm nahezu blind. Die beiden Künstler inspirierten einander und hatten eine sehr besondere berufliche Beziehung, die wohl ohne viele Worte auskam. Ihren intensiven „visual dialogue“ pflegten sie über all die Jahre.
Eindrücke und Momentaufnahmen sowie natürlich Zeugnisse der immensen Begabung beider Künstler zeigt nun die im September angelaufene und bis April 2012 geöffnete Ausstellung „Irving Penn and Issey Miyake: Visual Dialogue“ des Museums 21_21 Design Sight in Tokio. Mal in geradezu kreischenden Farben, mal eher leise in dunklen Tönen gehalten, bieten 69 äußerst ausdrucksstarke Bilder Einblick in Miyakes Modewelt und Penns fotografisches Gespür. Untermalt wird die Ausstellung von einem abwechslungsreichen Programm aus Installationen, Filmen sowie Gesprächsrunden mit bekannten zeitgenössischen Künstlern, zusätzlich werden Workshops für Kinder angeboten. Sandra Spannaus „Irving Penn and Issey Miyake: Visual Dialogue“ 16. September 2011 bis 8. April 2012 21_21 Design Sight 9-7-6 Akasaka, Minato-ku, Tokyo, JAPAN
ISSEY MIYAKE Collection Poster, 1987. Photograph by Irving Penn. Poster design and typography by Ikko Tanaka. Photograph copyright by The Irving Penn Foundation
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ISSEY MIYAKE Collection Poster, 1989. Photograph by Irving Penn. Poster design and typography by Ikko Tanaka. Photograph copyright by The Irving Penn Foundation
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ISSEY MIYAKE Collection Poster, 1994. Photograph by Irving Penn. Poster design and typography by Ikko Tanaka. Photograph copyright by The Irving Penn Foundation
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ISSEY MIYAKE Collection Poster, 1995. Photograph by Irving Penn. Poster design and typography by Ikko Tanaka. Photograph copyright by The Irving Penn Foundation
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ISSEY MIYAKE Collection Poster, 1998. Photograph by Irving Penn. Poster design and typography by Ikko Tanaka. Photograph copyright by The Irving Penn Foundation
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Die Stimme von João Gilberto Es gibt wenig Stimmen, die näher an der Stille sind. João Gilbertos Stimme scheint allem Lärm des Alltags ihre unbedingte Sanftheit entgegensetzen zu wollen; es gibt keinen Anflug von Virilität oder Macht in ihr. Die schwebende Leichtigkeit ist ihre Stärke.
Geboren wurde diese Stimme 1958 in einem Badezimmer. Der damals 27-jährige Gilberto hatte sich nach einer persönlichen und musikalischen Krise zu Verwandten in einen kleinen Ort namens Diamantina im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais geflüchtet. Monatelang soll er sich im winzigen Badezimmer seiner Gastgeber eingeschlossen haben, um an seinem Gesang und seinem Gitarrenspiel zu arbeiten. João Gilberto wurde erst hier zum Musiker, zu einem Innovator. Den Bossa nova erfand er in dieser Abgeschiedenheit, weit weg vom Treiben in Rio de Janeiro, nebenbei gleich mit. Zusammen mit dem Komponisten Antônio Carlos Jobim verfeinerte er seine Ideen, und der Bossa nova wurde zum Exportschlager, zur brasilianischen Variante des Cool Jazz. Im Badezimmer erfand er „die Formel“, wie der Autor Marc Fischer das in seinem Buch „Hobalala“, einer wunderbaren literarischen Liebeserklärung an Gilberto, nennt. „Eine Gleichung zwischen Gesang und Gitarre, Atem und Akkorden, mit der Gilberto aus jedem Lied einen Bossa nova machen kann.“ Tatsächlich: Nicht weniger wichtig als seine Stimme war die neue Art, auf perkussive Weise die Rhythmen des Samba auf die Gitarre zu übertragen. Bei keinem anderen Musiker sind Stimme und Gitarre so harmonisch miteinander verschmolzen. Die Stimme vibriert dabei geradezu vor Sehnsucht. Vielleicht ist die Sehnsucht der einzige Zustand, der einen am Leben hält und das Leben ertragen lässt. Wem sich die Dinge erfüllen, der dürfte der Hölle näher sein als dem Himmel. Sehnsucht bedeutet Wachheit, Überreizung, Dasein in der Schwebe, Bewegung, Leidenschaft, zuweilen ein Zurückgeworfensein auf die Vergangenheit. Der Sehnende möchte etwas erreichen, von dem er vermutlich schon vorab weiß, dass es unerreichbar bleibt. Und manchmal sucht er etwas, um schließlich etwas ganz anderes zu finden. Diese Sehnsucht ist der Rhythmus des Bossa nova – und Gilberto ihr magischer Interpret.
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Drei legendäre Platten nahm er damals in rascher Folge mit Antônio Carlos Jobim auf, er ging nach New York, war Teil des legendären Bossa-nova-Abends in der Carnegie Hall 1965, war verheiratet mit Astrud Gilberto, ließ sich scheiden, wandte sich ab von der Popularisierung des Genres zu einer seichten Easy-Listening-Soße und machte in immer größeren Abständen immer leisere Platten. Der Sänger wurde so im Lauf der Jahrzehnte zu einer geheimnisumwitterten, sagenhaften Gestalt. Je weiter er sich aus der gewöhnlichen Welt zurückzog, desto mehr Anekdoten und Geschichten kursierten über ihn. Heute lebt er, inzwischen ein alter Mann von 80 Jahren, als Nachtmensch in Rio de Janeiro, angeblich ohne seine Wohnung je zu verlassen, ohne Interviews zu geben, ohne sich um das zu kümmern, was um ihn herum geschieht. Nur mit der Plattenfirma EMI ficht er einen langen Streit um die Qualität der CD-Veröffentlichungen seiner ersten Alben. Nachts soll er zuweilen zehn, manchmal zwölf Stunden lang Gitarre spielen, geleitet vom Willen zur Perfektion. Mit einer Journalistin, die vor ein paar Jahren eine Dokumentation über ihn drehen wollte, hat er ein Kind – den Film gibt es allerdings bis heute nicht. Es existieren nur wenige Menschen, die ihn zu Gesicht bekommen. Selbst seine Tochter Bebel, inzwischen ebenfalls eine bekannte Sängerin, soll Schwierigkeiten haben, ihm leibhaftig zu begegnen. Gilberto ist ein Phantom. Man kann diesem Phantom allerdings durch seine Platten auf die Spur kommen, und ganz besonders durch eine, die 1973 erschienen ist. Das sogenannte „Weiße Album“ nähert sich wohl am ehesten João Gilbertos Ideal vollkommener Musik an: Es gibt nur noch den Sänger und seine Gitarre, ganz schutzlos liefert er sich aus. Die „Sehnsucht selbst“ hat Marc Fischer im Gesang João Gilbertos entdeckt. Eine reinere Verstimmlichung dieses Gefühls lässt sich kaum vorstellen. Ulrich Rüdenauer
Foto: ullstein bild
Sie scheint sich ganz auf eine unmittelbare Nähe einzulassen: João Gilbertos Stimme klingt so, als würde sie sich immer dichter an den Zuhörer heranschmeicheln, bis der Sängermund nur noch wenige Zentimeter vom Hörerohr getrennt ist. Wo andere Stimmen kraftmeierisch Eindruck schinden wollen, duckt die von João Gilberto sich ein bisschen weg. Wo andere schmachten, spricht aus ihr der Zauber wahren Sentiments.
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HEAR THE WORLD IMPRESSUM
Verlag
Trademark Publishing, Westendstr. 87, 60325 Frankfurt am Main, Deutschland Verlagsleitung Armin J. Noll Herausgeber Alexander Zschokke Redaktion Maarten Barmentlo, Heiko Ernst, Markus Frenzl, Christian Gärtner, Antonia Henschel (V.i.S.d.P.G.), Karl W. Henschel, Christine Ringhoff, Elena Torresani Titelfoto Bryan Adams Mitarbeiter dieser Ausgabe Bryan Adams, Max Ackermann, Christian Arndt, Anno Bachem, Markus Frenzl, Frank Hatami-Fardi, Hennie Haworth, Marcel Krenz, Stefan Kugel, Daniel Lachenmeier, Céline Meyrat, Malin Rosenqvist, Ulrich Rüdenauer, Michael Rütten, Sandra Spannaus, Daniela Tewes Art Direction Antonia Henschel Produktion Oliver Selzer Übersetzungen Jeremy Gaines
Anzeigenverkauf Publicitas GmbH, Falkensteiner Str. 77, 60322 Frankfurt am Main, Deutschland, Tel.: +49 (0)69 719 149 29, Fax: +49 (0)69 719 149 30, E-Mail: sven.kietz@publicitas.com, www.publicitas.com/germany Das Magazin HEAR THE WORLD erscheint vierteljährlich. Einzelpreis 6,– EUR (Österreich 6,90 EUR), 9,– CHF, 8,– USD Vertriebsbetreuung Einzelverkauf SI special-interest MD & M Pressevertrieb GmbH & Co. KG Nordendstr. 2, 64546 Mörfelden-Walldorf, Deutschland Tel.: +49 (0)6105 975 060 Abonnement Abonnieren Sie HEAR THE WORLD – Das Magazin für Hör-Kultur unter www.hear-the-world.com. Der Jahresabopreis beträgt 29 EUR, 47 CHF bzw. 39 USD inklusive Versandkosten. Das HEAR THE WORLD Magazin erscheint 4 x im Jahr. Jedes Abonnement dient einem guten Zweck. Der Nettoerlös wird der Hear the World Foundation zur Verfügung gestellt, welche Projekte unterstützt, die sich Menschen mit Hörminderung widmen. Mehr zu den Aktivitäten der Hear the World Foundation erfahren Sie unter www.hear-the-world.com. Das Magazin ist über ausgewählte Zeitungskioske erhältlich. Die im HEAR THE WORLD Magazin veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos übernehmen weder Herausgeber noch Redaktion oder Verlag die Verantwortung. Bei Briefen an die Redaktion wird das Recht zur – auch auszugsweisen – Veröffentlichung vorausgesetzt. Anzeigen und Werbebeilagen sind außerhalb der Verantwortung des Herausgebers.
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Im nächsten Heft:
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Geräusche der Nacht
Nathalie Miebach
Was ist ein Audiologe?
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