Trumpf Smart Factory - Technologies in Chicago

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Begehbares Dachtragwerk aus Vierendeelträgern Walk-through Vierendeel girder roof structure

Längste Schrägseilbrücke der Welt mit drei Pylonen World‘s longest three-tower, inclined cable-stayed bridge


Technologiezentrum in Chicago Technology Center in Chicago

Architekten /Architect: Barkow Leibinger, Berlin Mitarbeiter / Team: Heiko Krech (Projektarchitekt), Johannes Beck, Jordan Berta, Carles Figueras, Cecilia Fossati, Andreas Moling, Antje Steckhan, Daniel Toole, Alexa Tsien-Shiang, Annette Wagner, Jens Wessel Ingenieure Tragwerk und Fassade / Structural and ­facade engineering: Knippers Helbig, New York, Berlin Mitarbeiter / Team: Florian Scheible, Thomas Müller, Andreas Möller, Florian Meier Bauherr / Client: Trumpf Inc, USA–Farmington

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Als Werkhalle und Ausstellungsgebäude zugleich dient das neue Technologiezentrum des Maschinen- und Laserherstellers Trumpf. Das direkt am Highway liegende Ensemble aus zwei großen, sanft abfallenden Baukörpern ist an der Rückseite von Rasenflächen, ­lockeren Baumgruppen und einem Stausee umgeben. Der zur Straße gelegene Showroom und der nördliche Baukörper mit Büros, Schulungsräumen und Café sind über Eck verbunden und definieren zwei Außenbereiche: Parkplatz und Hauptzugang im Südosten und eine große geschwungene Terrasse zum Grünbereich im Nordwesten. Das durchgehende Pultdach steigt zur 12 m hohen StahlGlas-Fassade im Süden, die das Schaufenster zur Straße bildet. Im Showroom demonstrieren als Produktionslinie vernetzte Werkzeugmaschinen die gesamte für komplexe Blechbauteile erforderliche Prozesskette. Ein prägnantes Dachtragwerk aus elf 44 m langen und bis zu 3,6 m hohen Vierendeel-Stahlbindern aus verschweißten, auf Trumpf-Maschinen ­lasergeschnittenen Blechen überspannt den Raum und dient zugleich als Exponat für das Know-how des Unternehmens. Ein offener Skywalk durchquert die Träger in 6,5 m Höhe, bietet einen eindrucksvollen Überblick über die Anlagen und macht die besondere Struktur des Dachtragwerks räumlich erlebbar. Mit ihren Fassaden aus rohem Cortenstahl-Wellblech, der großzügigen Verglasung und einer sorgfältigen Materialwahl und Detaillierung verbindet die Anlage industriellen Charakter GA mit repräsentativer Eleganz.

Machine and laser manufacturer Trumpf’s new Technology Center is a combined workshop and exhibition hall. The ensemble, which is ­accessed directly from the road, consists of two large buildings with gently sloping roofs and is surrounded at the rear by lawns, open groups of trees and a small artificial lake. The showroom facing the road and the northern building component with offices, training rooms and a café connect at a corner and define two external areas: the car park and main entrance to the southeast and a large curving terrace facing the green space in the northwest. The continuous mono-pitch roof is 12 m high at the southern facade, a steel-glass construction which presents a series of display windows to the road. In the showroom, networked machine tools in product lines demonstrate the process chain required to manufacture complex sheet metal components. A striking roof structure comprising eleven 44 m long, up to 3.6 m high Vierendeel steel trusses welded out of laser-cut sheets spans the interior space and, at the same time, showcases the company’s know-how. An open skywalk crosses the trusses at a height of 6.5 m, offering an impressive overview of the machinery and allowing the visitor to enter and appreciate this special roof structure. With its facades of corten corrugated steel sheets, extensive glazing and a careful choice of material and detailing, the complex combines industrial character with corporate elegance.

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Ausstellungshalle Anlieferung Foyer Cafe Terrasse Bürofläche Innenhof Schulungsraum

showroom delivery area lobby cafe terrace office space courtyard training room

Lageplan  Maßstab 1:4000 Schnitte, Grundriss Maßstab 1:1000 site plan  scale  1:4000 sections, plan scale 1:1000 a

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Thorsten Helbig, Boris Peter Die Autoren sind geschäftsführende Gesellschafter von Knippers Helbig.

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The authors are managing partners of Knippers Helbig. b

A Entwicklung Trägerform (schematisch) a Einfeldträger unter Gleichlast b Querkraftverlauf c Biegemomenten­ verlauf global d Biegemomenten­ verlauf lokal e–h beanspruchungs konforme Optimierung der Trägergeometrie B Teilansicht, Schnitt Träger  Maßstab 1:20 C Ansicht Träger Maßstab 1:250

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A d evelopment of the girder form (schematic) a single-span girder ­under uniformly ­distributed load b shear force diagram c global bending ­moment diagram d local bending moment diagram e–h  optimisation of the girder geometry to suit the applied load ­effects B partial elevation, section beam  scale 1:20 C beam elevation scale  1: 20

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Neuinterpretation des Vierendeel-Prinzips Für die Entwicklung des begehbaren »Dachraums« über dem Showroom wurde auf ein Trägerkonzept zurückgegriffen, das der belgische Ingenieur Arthur Vierendeel (1852 –1940) erstmals im Jahr 1897 auf dem Congrès International des Architectes in ­Brüssel vorstellte. Vierendeel entwickelte den »Brückenträger ohne Diagonalen« als ­eine wirtschaftliche Alternative zu dem zur ­damaligen Zeit statisch nur ungenau erfass­ baren, und daher durch die notwendig ­hohen Sicherheitsaufschläge zur Berücksich­ tigung der Sekundärspannungen sehr aufwendigen, genieteten Stahlfachwerkträger. Die statische Beanspruchung des neuartigen Trägers konnte anhand der von Vieren­ deel entwickelten theoretischen Grundlagen sicherer erfasst und die Konstruktion damit wirtschaftlicher bemessen werden. Im neuen Showroom des Weltmarktführers im Bereich Laserschnitttechnologie wird das 120 Jahre alte Konzept durch die expres­ sive Konstruktion aus lasergeschnittenen Stahl­blechen neu interpretiert. Die dabei ­verwendeten Stahlbleche sind auf Trumpf-­ Laserschneidanlagen in den USA gefertigt und ­bezeugen die Verflechtung des deutschen L ­ aserspezialisten mit den Stahlbauern des traditionsreichen amerikanischen »Rust-Belts«. Das Dachtragsystem überspannt stützenfrei eine Fläche von 2425 m2 und erlaubt so eine freie Gestaltung der Erdgeschossebene. Das dem Brückenbau entlehnte, geschosshohe Trägersystem ermöglicht eine flexible Nutzung des zwischen Ober- und Untergurt ­generierten Dachraums des Showrooms, der durch eingebaute Stege und Plattformen erschlossen werden kann. Die robusten Träger übertragen so, neben den vorrangig gleichförmigen Vertikallasten des Daches, auch vergleichsweise hohe lokale Lasten aus den eingesetzten begehbaren Stegen. Statisches System / Querschnittsausbildung Die 11 Träger, parallel aufgereiht in einem Abstand von 16 Fuß (4,88 m), spannen über 145 Fuß (44,2 m) zwischen Nord- und Süd­ fassade. Die Träger liegen auf den Fassaden vorgestellten Stützen auf. Die Obergurte sind über die Dachebene horizontal ausgesteift. Der rechteckige Trägerquerschnitt ist aus Stahlblechen aus Stahl ASTM A50 (entspricht etwa S355) zusammengesetzt. Die in Ober- und ­Untergurt eingesetzten Blechstärken betragen in der Regel 20 mm (3/4‘‘), bei den Vertikalen 10 mm (3/8‘‘). Die Blechdicke der in der Ansicht sichtbaren vertikalen Deckbleche ist durchgängig 10 mm (3/8‘‘). Durch den Überstand der vertikalen Bleche können alle Schweißverbindungen als Kehlnähte ausgeführt werden, sodass keine aufwendige Nachbearbeitung der Nähte notwendig ist.

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Reinterpretation of the Vierendeel principle The design of this walk-in “roof space” over the showroom revisited a girder concept first used by the Belgian engineer Arthur Vierendeel (1852 –1940) in 1897 at the Congrès International des Architectes in Brussels. Vierendeel developed to the “bridge girder without diagonals” as an economic alternative to the riveted steel truss girder, which at that time could not be accurately analysed and therefore required very high safety factors to take into account secondary stresses. The static forces in this new type of truss for the Trumpf building were reliably calculated based on the principles of the theory developed by Vierendeel, which led to an even more economical design. The girder system allows the roof to span over an area of 2,425 m2 without intermediate supports, which provides design freedom on the ground floor. The full storey height girder system, borrowed from bridge construction, allows flexible use of the showroom roof space generated between the top and bottom chords in which footbridges and ­platforms can be installed. In addition to the generally uniformly distributed vertical loads from the roof, the robust girders carry the

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D D Isometrie Querschnittssegmentierung Die den lokalen Rahmenmomenten angepasste trapezförmige Aufweitung der Vertikalstreben am Gurtanschluss markiert das für Vierendeelträger typische Erscheinungsbild. E Ausschnitt Werkstattplan  / Teilansicht Maßstab 1:50 F Ausschnitt Werkstattplan  / Detail Baustellenstoß Maßstab 1:20 G Horizontalschnitt, Vertikalschnitt Fassade Maßstab 1:10 1 Fassadenpfosten Aluminium mit speziell gefertigter Deckleiste 2 Cortenstahl-Profil zur Aussteifung des Fassadensystems 3 Isolierverglasung in Aluminium-Profilsystem

W Video zum Bauablauf video of construction ­sequence structure-magazin.de/ 1-2018-chicago

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Zur Entwicklung der Trägerform Die Trägerform ist aus einer Beanspruchung unter gleichförmiger Vertikallast hergeleitet. Entsprechend der Zunahme der Querkraft und der resultierenden höheren Rahmen­ momente zu den Trägerenden hin verdichten sich die Abstände der Vertikalstreben und die Strebenbreiten nehmen kontinuierlich zu. Die Gurtquerschnitte sind entsprechend dem Normalkraftverlauf in Trägermitte maximal hoch. Der in Feldmitte entsprechend dem Haupt­ biegemomentenverlauf aufgeweitete Gurtabstand wird zu den Auflagern hin verringert, die damit affin zur Biegelinie ausgeführte Trägergeometrie führt zur weiteren Homogenisierung der resultierenden Gurtkräfte (Abb. A). So wird eine über den Trägerverlauf homo­ gene Spannungsauslastung bei gleichbleibenden Blechstärken von nur 10 bis 20 mm erreicht. Diese vergleichsweise geringen Blechstärken ermöglichen ein minimiertes Schweißnahtvolumen der aus Segmenten gefügten Stahlhohlkastenkonstruktion. Die Träger weisen ein Konstruktionseigengewicht von circa 75 kg je Quadratmeter überspannter Fläche auf; ein günstiger Wert für eine begehbare Dachkonstruktion dieser Spannweite.

comparatively high localised loads from the footbridges and platforms. Structural system / cross section make-up The 11 girders, placed parallel and 4.88 m apart, span the 44.2 m gap between the north and south facades. The girders are supported on columns standing inside the building at the facades. The top chords are stiffened horizontally at roof level. The girder chords and verticals are rectangular in cross section and are made up of steel sheet in ASTM A50 steel (equivalent to S355). The sheet thicknesses used for the top and bottom chords are mainly 20 mm and for the verticals 10 mm. The vertical cover sheets ­visible in elevation are 10 mm throughout. The vertical sheets project beyond the horizontal sheets at the joints, which allows fillet welds to be used for all the connections and avoids the need for expensive reworking. Developing the structural form The structural form is derived from the requirements under uniform vertical loads. Because of the constantly increasing shear force and the resulting higher frame moments towards the girder ends, the spacing of the verticals decreases and the width of the chords increases continually. The chords are deepest at midspan, where their normal forces are highest. The vertical distance between the chords, which is greatest at midspan, where the maximum main bending moment occurs, reduces with the distance to the girder end. The girder dimensions required to resist local bending moments further homogenise the resulting design chord forces. (Fig. A). A consistent degree of utilisation of the cross section over the length of the girder can be achieved with constant sheet thicknesses of only 10 to 20 mm. The comparatively thin sheets allow minimum weld sizes to be used.

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2' - 6"

3' - 11 13/16"

5' - 0"

3' - 9 21/32"

1/2" 1/2" 1' - 0"* 1'1'- 0"* - 0"* 1' - 0"* R 1/2" Ø,TYP 1' - 3" 6 61/256"

3' - 2 127/256"

1' - 2 155/256" 1' - 3"

3' - 11 225/256"

3' - 0 51/64"

4' - 6 5/32"

4' - 3 31/256"

3' - 1"

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73/12

1 5/8" TYP

1' - 0 7/16"

1 - 3"

8 27/256" TYP

11 S4.1

6' - 5

1" TYP

2' - 7"

6' - 3 95/256"

3' - 5 215/256"

1' - 3"

1' - 3"

2' - 3 203/256"

1' - 3"

11°

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Vorfertigung und Montage Die Träger wurden in drei Schüssen zu je ­circa 15 m Länge vorgefertigt und vor Ort in die Einbaulage auf die vorab montierten Pfosten aufgelegt. Die Schüsse sind über in den Gurten integrierte verschraubte Kopfplattenstöße verbunden. Die aufgelegten Dachträger koppeln die Obergurte mit der aussteifenden Dachscheibe (Abb. E,F). Fassade Die Fassaden werden durch der Glasebene vorgestellte, bis zu 11,50 m hohe Vertikalträger aus wetterfestem Stahl geprägt. Die Standardwalzprofile im Abstand von 1,63 m übertragen die Horizontallasten der angekoppelten Aluminium-Glas-Fassade zur Fundamentbzw. Dachebene. Auf die Deckprofile aufgebrachte Laschen dienen zur Verbindung. Die Verglasung mit Elementhöhen bis 3,83 m wurde nach der Montage der Pfosten und Riegel von innen in die Dichtebene eingeschoben. Die Halteleisten wurden von innen eingesetzt und bilden optisch eine Einheit mit dem Trag1 2 profil. Die 63 mm breiten Pfosten sind in einer Achse mit dem davor liegendem Vertikalträger angeordnet (Abb. G).

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The girders have a self-weight of approximately 75 kg/m² of over-spanned floor area; an economically efficient value for a roof structure of this span carrying footfall loads. Prefabrication and installation The girders were prefabricated in three sections each 15 m long and lifted on site onto the previously installed columns. The sections are connected by integrated bolted end plate butt joints in the chords. With the main girders in place, the stiffening roof panels were connected to the top chords (Fig. E,F). Facade The facades are defined by the glazing construction, which consists of up to 11.50 m high vertical beams fabricated from weathering steel. The standard rolled profiles at a spacing of 1.63 m transfer the horizontal loads from the connected aluminium-glass facade into the foundations or the roof plane. Cleats attached to the cover profiles provide this connection. The up to 3.83 m high glazing elements were inserted from inside the building. The 63 mm wide posts are spaced to coincide with the vertical beams on the outside of the facade (Fig G).

D i sometric of cross-section segmentation The trapezoidal widening of the verticals at the chord connection to accommodate local frame moments is typical for a Vierendeel girder. E extract from fabrication drawing / partial elevation scale 1:50 F extract from fabrication drawing / site butt joint detail scale 1:20 G horizontal section, vertical sections of facade scale 1:20 1 a luminium mullion with custom mullion cap 2 corten W-beam section as column to support curtain wall system 3 insulating glass in alumi­ nium curtain wall framing system

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