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MUSTERSCHÜLER
Wahrscheinlich dachten Sie beim Betrachten des Coverbildes: „Kenn’ ich nicht“. Ich aber schwöre Ihnen: Die kennen Sie doch, und zwar alle drei. Vom Titelblatt grüßen nämlich drei nicht ganz unwichtige Kabinettsmitglieder. Das wären Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD – Nase, Anzug, Ohren), Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne – Augen, Seitenscheitel, Wangen) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP – Haarfarbe, Haaransatz und Haarseiten, Dreitagebart und Lippen. Die sind nicht etwa gemeinsam gebeamt und dabei durcheinandergemischt worden. Vielmehr haben wir eine generative Bild-KI namens Midjourney mit drei Porträtfotos der drei Regierungsmitglieder versorgt und mit dem „Blend“-Befehl ineinanderblenden lassen.
Aber die KI kann längst viel mehr. Die sozialen Medien und die einschlägigen Kanäle der Diskussionsplattform Reddit quellen förmlich über vor immer neuen Durchbrüchen mithilfe schlauer Tools: In Sekundenschnelle werden Kleider umgefärbt, Spielpuppen in echt anmutende Menschen umgewandelt, Szenen aus echten Filmen in Zeichentrickfilme transformiert. All das leisten nicht große Teams von Kreativen, sondern einzelne Bastler mit KI-Tools und einer Menge Begeisterung.
Längst sprechen alle Branchen darüber, wie die KI auch ihre Bereiche umwälzen wird. Wer es nicht tut, könnte das bereuen. Wer sich für seine Arbeit nicht mit KI-Tools beschäftigt, kann sich sicher sein: Die KI-Tools beschäftigen sich sicherlich schon mit seiner Arbeit. Denn überall, wo es Abläufe gibt, können Maschinen mit Millionen Mustern trainiert werden.
In vielen Zeitungen und Zeitschriften wurde die KI bereits thematisiert – allen voran das smarte Sprachmodell ChatGPT. Wir von p&k scheinen da etwas spät dran zu sein. Tatsächlich beschäftigen wir uns schon seit November mit dem schlauen Textbot. Bisher wurde viel über Chancen und Gefahren von ChatGPT geschrieben. Uns hat dagegen ganz konkret interessiert: Wofür ist die KI eigentlich gut? Welche Aufgaben kann sie uns erleichtern, welche sogar abnehmen (Spoiler: noch keine) – und wie genau muss man sie eigentlich dazu einbinden?
Um uns dabei nicht nur auf unsere eigenen Experimente verlassen zu müssen, haben wir bei Technik-Cracks aus den Bereichen Politik, Journalismus, Agenturen und Verbänden nachgefragt, die sich ebenfalls mit den Möglichkeiten von KI-Tools auseinandergesetzt haben. Herausgekommen sind: Tipps, wie ChatGPT Pressemitteilungen schreibt, Marktforschung betreibt, Baumdiagramme entwirft und Tabellen zeichnet. Um die Grenzen und Gefahren sind wir trotzdem nicht herumgekommen.
Der SPD-Politiker Tiemo Wölken war einer der Ersten, die in einem Parlament eine komplett von ChatGPT verfasste Rede gehalten haben. Er ist nicht unkritisch –eher alarmiert – von den rasanten Fortschritten der KI. Als EU-Abgeordneter sieht er klar, dass die smarten Modelle unser Rechtssystem auf dem falschen Fuß erwischen. „Der europäische AI Act, der KI-Hochrisikoanwendungen regulieren soll, ist noch nicht einmal beschlossen und wirkt schon veraltet, denn Regelungen zu Tools wie ChatGPT hat die Verordnung nicht vorhergesehen“, sagt Wölken zu p&k. Die ganze Geschichte lesen Sie ab S. 14.
Natürlich haben wir aber noch andere tolle Themen im Heft. Das „Spiegel“-Porträt von Peter Altmaier hat die Frage aufgeworfen, wie Journalisten bei Politikerporträts den Spagat zwischen Nähe und Distanz am besten hinbekommen. Anne Hünninghaus hat dafür ab S. 64 Kollegen befragt. Außerdem vergleicht Ex-Regierungssprecher Béla Anda die Kommunikation von Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ab S. 22.