Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hes

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Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

Gergana Petkova Dr. Claus Bauer

Report Nr. 860 Wiesbaden 2014


Eine Veröffentlichung der

HA Hessen Agentur GmbH Postfach 1811 D-65008 Wiesbaden Konradinerallee 9 D-65189 Wiesbaden Telefon Telefax E-Mail Internet

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0611 / 95017-80 0611 / 95017-8313 info@hessen-agentur.de http://www.hessen-agentur.de

Folke Mühlhölzer (Vorsitzender), Dr. Rainer Waldschmidt

Tarek Al-Wazir, Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung

Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Quellenangabe gestattet. Belegexemplar erbeten.


HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

Inhalt

Seite

Vorwort

I

Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen im Überblick

1

Betriebe und Unternehmen

2

Produktpalette und Produktionsschwerpunkte

6

Internationales: Außenhandel und Eigentumsverhältnisse

8

Forschung und Entwicklung

10

Fachkräftenachwuchs

12

Institutionen, Verbände, Cluster und Netzwerke

13

Ausblick

17



HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, die hessische Wirtschaft ist nicht nur durch einen starken Dienstleistungssektor geprägt – Hessen ist auch ein wichtiger Industriestandort. Ich möchte hier neben der Automobilindustrie sowie Chemie und Pharma beispielsweise auch den Maschinenbau oder die Luft- und Raumfahrtindustrie nennen. Das Branchenprofil „Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen“ – im Auftrag meines Hauses von der Hessen Agentur erstellt – gibt einen beeindruckenden Einblick in die Vielfalt und Leistungsfähigkeit dieses Segments der hessischen Industrie. Namen bedeutender Großunternehmen (z.B. Diehl Aerospace, EDAG, Rolls-Royce) stehen ebenso für Qualität aus Hessen wie die vielen Mittelständler der Branche. Zudem haben zahlreiche nationale und supranationale Institutionen vom Satellitenkontrollzentrum der Weltraumorganisation ESA („Hessens Tor zum Weltraum“) über den Wettersatellitenbetreiber EUMETSAT bis hin zur Deutschen Flugsicherung ihren Sitz in Hessen. Die Landesregierung ist bestrebt, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu stärken und damit einen Beitrag zu ihrer Zukunftssicherung zu leisten. Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit werden hierbei nach meiner Überzeugung eine wichtige Rolle spielen. Ebenso ist es meine Überzeugung, dass Ökologie und Ökonomie keine Gegensätze sind. Sparsamere und leisere Triebwerke schonen nicht nur Mensch und Umwelt, sondern entlasten auch die Kostenstruktur. Weitere Branchenprofile zu bedeutenden hessischen Industriezweigen stehen Ihnen unter www.hessen-agentur.de  Wirtschafts- & Regionalforschung  Wirtschaft & Strukturwandel zum Download zur Verfügung. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen

Tarek Al-Wazir, Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung

I



HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –

Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen im Überblick Betriebe und Unternehmen

Zahlreiche Unternehmen und Betriebe in Hessen sind entweder schwerpunktmäßig in der Luft- und Raumfahrtindustrie tätig oder liefern Produkte bzw. Dienstleistungen der Luft- und Raumfahrtindustrie zu.1 Bedeutende Unternehmen der Luftund Raumfahrt(zuliefer)industrie in Hessen sind u.a. Alexander Schleicher Segelflugzeugbau, Diehl Aerospace, EDAG, Harmonic Drive, Honeywell, Jeppesen, Nord-Micro, Röder Präzision, Rolls-Royce Deutschland, Sell, Smiths Heimann, Telespazio VEGA und ZF.

Angebotspalette

Die Branche in Hessen weist eine sehr breite Angebotspalette auf, die von der Entwicklung und Herstellung verschiedener industrieller Produkte (z.B. Triebwerkskomponenten, Bordausrüstung, Flugzeuginneneinrichtung, Navigationstechnik, Flughafenausrüstung) über unternehmensbezogene Dienstleistungen (u.a. Beratung, Softwarelösungen und Ingenieurdienstleistungen wie z.B. Konstruktion) und Reparatur bis hin zu Unternehmen reicht, die Hessen als reinen Vertriebsstandort gewählt haben.

Internationales

Hessen importierte im Jahr 2012 luftfahrttechnische Erzeugnisse im Wert von 3,3 Mrd. Euro, die Exporte beliefen sich im Gegenzug auf 235 Millionen Euro.

Forschung und Entwicklung

An den hessischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen besteht ein breites Spektrum von Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten mit Bezug zur Luft- und Raumfahrt. Besonders aktiv ist die TU Darmstadt, aber auch die Universitäten in Kassel und in Gießen sind in diesem Segment engagiert.

Nationale und internationale Institutionen

Ein wesentlicher Faktor, der Hessen zu einem bedeutenden Luft- und Raumfahrtstandort macht, sind die hier ansässigen nationalen und internationalen Institutionen wie z.B. das Satellitenkontrollzentrum ESOC der Europäischen Weltraumorganisation ESA in Darmstadt, der europäische Betreiber von Wettersatelliten EUMETSAT in Darmstadt oder die Deutsche Flugsicherung in Langen.

1

Recherchen der Hessen Agentur konnten rund 200 Betriebe und Unternehmen in Hessen identifizieren. Sämtliche Informationen zu den Unternehmen bzw. Betrieben (z.B. Zahl der Mitarbeiter, Produktpalette, Eigentumsverhältnisse) im vorliegenden Branchenprofil beruhen auf Recherchen der Hessen Agentur.

1


Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

Betriebe und Unternehmen Der eng gefassten Definition des Wirtschaftszweigs „Luft- und Raumfahrzeugbau“ in der amtlichen Statistik entsprechend, werden in der Statistik für das Jahr 2011 für Hessen lediglich vier Betriebe mit knapp 1.800 Beschäftigen ausgewiesen, die einem Umsatz von knapp 290 Millionen Euro erwirtschafteten.2 Um die Bedeutung der Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen einschätzen zu können, ist die Betrachtung jedoch deutlich weiter zu fassen: So konnten die Recherchen der Hessen Agentur rund 200 Unternehmen und Betriebe in Hessen identifizieren, die entweder ihren Schwerpunkt im Luft- und Raumfahrzeugbau haben, die der Luft- und Raumfahrtindustrie Produkte zuliefern, die Dienstleistungen für die Branche erbringen oder die reine Vertriebsunternehmen sind. Nicht berücksichtigt wurden bei diesen Unternehmensrecherchen Verkehrsdienstleister (z.B. Fluggesellschaften oder Flughäfen). Der regionale Schwerpunkt der Branche liegt eindeutig im Rhein-Main-Gebiet. Zweifellos ist der Flughafen Frankfurt ein wichtiger Standortfaktor, jedoch sind die Unternehmen keineswegs nur in unmittelbarer Nähe des Flughafens zu finden, sondern im Raum Wiesbaden / Bad Homburg / Hanau / Darmstadt verteilt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich die Region um Darmstadt – mit der Ansiedlung von bedeutenden Einrichtungen wie dem Satellitenkontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation ESA, dem Wettersatellitenbetreiber EUMETSAT und der Deutschen Flugsicherung – zu einem Kompetenzzentrum der Luft- und Raumfahrtindustrie entwickelt hat. Die Konzentration im Raum Frankfurt / Darmstadt hat auch historische Wurzeln, denn hier waren die ersten deutschen Pioniere der Luftfahrt tätig.3 Etliche Unternehmen sind allerdings auch in Mittelhessen (im und um den Lahn-Dill-Kreis) und in Nordhessen (Raum Kassel) ansässig. Um deren internationale Wettbewerbsfähigkeit und Technologiekompetenz zu stärken, hat die Wirtschaftsförderung Region Kassel GmbH in Kooperation mit der Flughafen GmbH Kassel das Netzwerk Competence Center Aerospace (CCA) ins Leben gerufen. Einen Überblick über die Vielfalt der hessischen Luft- und Raumfahrt(zuliefer)industrie gibt die nachfolgende Aufstellung. Aufgeführt sind Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten in Hessen, wobei eine Auswahl getroffen werden musste. Ausschlaggebend waren Unternehmensgröße, Marktposition, der – nach Kenntnisstand der Autoren – enge Bezug zur Luft- und Raumfahrtindustrie sowie die Produktpalette. Zu beachten ist, dass sich die 2 3

2

Für das Jahr 2012 werden ebenfalls vier Betriebe angegeben, wobei für 2012 keine Angaben zur Beschäftigung und zum Umsatz veröffentlicht wurden. Der 3. Oktober 1785, an dem Jean-Piere Blanchard mit seinem Ballon von der Bornheimer Heide in Frankfurt am Main bis Weilburg an der Lahn flog, markiert den Beginn der Luftfahrt in Deutschland. Wiederum im Oktober, jedoch im Jahr 1908, fasste August Euler den Entschluss, sich der Fliegerei – „Fliegen mit Gerät schwerer als Luft“ – zu widmen. Am Griesheimer Sand in der Gemarkung Darmstadt hat Euler den ersten Flugplatz in Deutschland errichtet, zu dem auch eine Flugzeugfabrik gehörte. Hier baute und erprobte er die ersten deutschen Motorflugzeuge.


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angegebenen Mitarbeiterzahlen auf das jeweilige Unternehmen insgesamt beziehen und nicht nur auf das Segment Luft- und Raumfahrt. Ausgewählte Unternehmen und Zulieferer der Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen Mitarbeiter Unternehmen1

Standorte in

in Hessen2

Hessen

(D) = in

Tätigkeitsbeschreibung im Bereich Luft- und Raumfahrtindustrie

Deutschland * Parker Hannifin Gruppe

Mainz-Kastel, Mücke, Lampertheim

Lufthansa Technik AG

Frankfurt

4.000

Lufthansa Technik ist einer der führenden herstellerunabhängigen Anbieter für Wartungs-, Reparatur- und Überholungsservices sowie für Modifikationen in der zivilen Luftfahrtindustrie. Frankfurt ist der zentrale Standort des Unternehmens – insgesamt 436.000 m2 mit Wartungshallen, Büroflächen und Werkstätten. Die größte Wartungshalle – die A380-Halle – bietet in der gegenwärtigen Ausbaustufe gleichzeitig Platz für drei Airbus A380. Mit dem zweiten Bauabschnitt soll bis 2015/16 die Wartungskapazität nochmals erhöht werden.

EDAG GmbH & Co. KGaA3

Fulda, Rüsselsheim, Mücke

2.100

Weltweit größter unabhängiger Engineeringpartner für Konzepte und Lösungen für die Mobilitätswirtschaft (einschließlich Luftfahrt): Entwicklung, Konstruktion, Prototypenbau und Design

* Evonik Industries AG

Darmstadt, Weiterstadt

2.000

Chemische Produkte und Kunststoffe u.a. für Luft- und Raumfahrtindustrie (z.B. im Verbundwerkstoffe im Bereich Leichtbau)

Cegelec Deutschland GmbH

Frankfurt, Kassel

(einschl. FFT EDAG, Mücke)

4.500 (D)

1.600 (D)

Entwicklung, Herstellung und Betreuung von Hydraulikpumpen und -motoren, von kompletten Hydrauliksystemen und hydraulischen Versorgungsanlagen, Servopumpen und Servomotoren und elektrohydraulischen Servoventilen nach dem Jet-Pipe-Prinzip für Flugzeuge und Hubschrauber Mainz-Kastel ist europäisches Headquarter der Hydraulic-SystemDivision der Parker Hannifin Gruppe.

Planung, Installation und Wartung von elektrischen und elektronischen Systemen und Anlagen sowie solchen, die der Automatisierung dienen. In Frankfurt befindet sich die Zentrale des Unternehmens sowie der Geschäftsbereich Aerospace – von Anlagen für Flughäfen (z.B. Flugfeldbefeuerung, Energieversorgungssysteme) bis zur Raumfahrt (z.B. Überwachungs- und Steuerungssysteme)

Vacuumschmelze GmbH & Co.KG Hanau

1.500

Herstellung magnetischer Spezialwerkstoffe und von daraus veredelten Produkten. Die Produkte kommen in den unterschiedlichsten Bereichen und Industriezweigen zum Einsatz – so auch in der Luftfahrtindustrie.

* Sell GmbH

Herborn, Burg, Homberg/Ohm

1.500

Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Flugzeugküchen (einschließlich Geräten und Zubehör) sowie von Innenausstattungselementen (z.B. Stauräume) u.a. für den Airbus A380

* Hutchinson GmbH

Eschborn

1.300 (D)

Herstellung von Schwingungstechnik und Dichtungssysteme für Luft- und Raumfahrt

3


Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

Mitarbeiter Unternehmen

Standorte in

in Hessen2

Hessen

(D) = in

Tätigkeitsbeschreibung im Bereich Luft- und Raumfahrtindustrie

Deutschland Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co Oberursel KG

1.300

Fertigung von Triebwerkskomponenten; Montage von Hubschraubertriebwerken: In Oberursel werden High-Tech-Komponenten für zahlreiche Rolls-Royce Triebwerksprogramme gefertigt (z.B. für Airbus A350) und Kleingasturbinen für militärische Anwendungen gewartet und überholt. (z.B. NH90 Hubschrauber der Bundeswehr)

* Tyco Electronics Gruppe

Bensheim, Darmstadt

1.200

Einer der weltweit größten Hersteller passiver elektronischer Bauelemente inkl. Steckverbindersysteme und marktführend bei hoch technisierten Speziallösungen, Komponenten und Konnektoren für Elektrosysteme, Subsysteme und Geräte u.a. für Luft- und Raumfahrt.

* Hübner GmbH

Kassel

900

Faltenvordächer für Fluggastbrücken

* Honeywell Gruppe

Raunheim, Maintal, Offenbach

800

In Raunheim (Honeywell Aerospace GmbH) besteht ein Reparatur- und Überholungszentrum von Honeywell Aerospace. Hilfsgasturbinen für den Eurofighter werden hier ebenso produziert wie Hilfsgasturbingen gewartet. In Maintal (Honeywell Regelsysteme GmbH) entwickelt und fertigt der Bereich Luft- und Raumfahrt Produkte und Systeme für zivile und militärische Anwendungen und führt u.a. auch Reparaturen durch. In Offenbach ist u.a. die Zentrale von Honeywell in Deutschland.

* Hottinger Baldwin Messtechnik GmbH

Darmstadt

700

Entwicklung und Produktion von Prüf-, Mess- und Wägetechnik (z.B. zur Bauteilprüfung in der Luft- und Raumfahrt)

Pfeiffer Vacuum Technology AG

Aßlar

600

Vakuumtechnologie (u.a. mit Einsatzgebieten Raumsimulationskammern und astronomische Experimente); Weltraumtechnik und -forschung mit Experimenten z.B. auf der Internationalen Raumstation (ISS)

Smiths Heimann GmbH

Wiesbaden

500

Weltmarktführer für Röntgenprüfsysteme, u.a. für Zoll und Flugsicherheit

Jeppesen GmbH

Neu-Isenburg

500

Führender Anbieter von weltweiten navigatorischen Informationen zur Flugvorbereitung und -durchführung: z.B. Navigationskarten, Datenbanken für Flugmanagementsysteme, Flugplanungssysteme, meteorologische Informationen sowie entsprechende Beratung, Trainingsmaterial für Flugbetriebspersonal

* Diehl Aerospace GmbH

Frankfurt am Main

450

Avionik- und Kabinensysteme: Ausrüstung vom Cockpit bis zur Kabine wie z.B. Versorgungssysteme; Cockpit- und Displaysysteme; Flugsteuerung, Türsteuerungssysteme, Kabinenbeleuchtung und -sicherheit; Energieumwandlung und -verteilung; Triebwerksregelung. In Frankfurt wurde u.a. das Türsystem für den Airbus A380 entwickelt und wird dort auch gefertigt.

SCHENCK RoTec GmbH

Darmstadt

450

Auswucht- und Diagnosetechnik u.a. für die Luft- und Raumfahrtfahrtindustrie

SGL CARBON SE

Wiesbaden, Frankfurt am Main

400

SGL Carbon ist einer der weltweit führenden Hersteller von Produkten aus Carbon, Graphit und Verbundmaterialien für Anwendungen in der Industrie sowie der Luft- und Raumfahrttechnik.

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Mitarbeiter Unternehmen

Standorte in

in Hessen2

Hessen

(D) = in

Tätigkeitsbeschreibung im Bereich Luft- und Raumfahrtindustrie

Deutschland * Nord-Micro AG & Co. OHG

Frankfurt am Main

360

Entwicklung und Fertigung u.a. von Kabinendruckregel-, Belüftungs-, Befeuchtungs- und Trocknungssystemen

* Dow Corning GmbH

Wiesbaden

360

Entwicklung und Herstellung innovativer Silikonprodukte und Spezialschmierstoffe u.a. für Luft- und Raumfahrtindustrie

Harmonic Drive AG (einschl. Tochtergesellschaften)

Limburg

* Röder Präzision GmbH

Egelsbach, Frankfurt, Alsfeld

330

Zählt zu den bedeutendsten Instandsetzungsunternehmen der deutschen Luftfahrtindustrie; ist auch in Ersatzteilvertretung und Flugzeugverkauf tätig. Bereiche: General Aviation, Commercial Aviation, Air Transport und Defense.

ZF Luftfahrttechnik GmbH

Calden

320

Forschung, Entwicklung und Fertigung von Hubschraubergetrieben und Hubschrauberrotorsteuerungen, Instandhaltung dynamischer Hubschrauberkomponenten, Entwicklung und Fertigung von Prüfstandstechnik

* Chemetall GmbH

Frankfurt am Main

300

Chemische Produkte u.a. für Luftfahrtindustrie (z.B. Dichtmassen, Reinigungsmittel, Korrosionsschutzmittel)

Telespazio VEGA Deutschland GmbH

Darmstadt

300

Technologie-Lösungen, Beratung und Dienstleistungen im Bereich Satelliten-, Missions-, Bodenstations-, Kontrollzentrum- und Netzwerkbetrieb für europäische Kunden wie ESA, EUMETSAT oder DLR

Arnold AG

Friedrichsdorf

190

Hersteller von Flughafenausstattung: Counter und Tresen, technische Überbauten für Counter, Beschilderungssysteme, Geländersysteme, Personenleitsysteme u.ä.

b+m surface systems GmbH

Eiterfeld

170

Entwicklung und Produktion von Lackieranlagen und automatischen Applikationssystemen (z.B. Hersteller der Lackieranlage für Flugzeugteile des Airbus A380)

* ASCO Deutschland GmbH

Gedern

160

Fertigung komplizierter Integralfrästeile aus Edelstahl, Titan und Aluminium bis hin zur Lieferung von kompletten Baugruppen für den Flugzeugbau

* Alcoa Fastening Systems Fairchild Fasteners Europe – Camloc GmbH

Kelkheim

150

Verriegelungsmechanismen, Befestigungselemente, Inserts für Luft- und Raumfahrt.

Dr.-Ing Ulrich Esterer GmbH & Co. Kassel Fahrzeugaufbauten und Anlagen KG

150

Fahrzeuge zur Flugfeldbetankung

* Filzfabrik Fulda GmbH & Co KG

Fulda

150

Technische Textilien (Nadelvliese, Vliesstoffe, Wollfilze)

Lach Diamant Jakob Lach GmbH & Co. KG

Hanau

150 (D)

Hersteller von Diamant- und CBN-Werkzeugen und Sondermaschinen für Herstellung und Schärfen von Diamantwerkzeugen. Werkzeuge werden u.a. in der Luftfahrt (z.B. Bearbeitung von Verbundwerkstoffen) eingesetzt.

ANSYS Germany GmbH

Darmstadt

120 (D)

Software-Hersteller mit einem Schwerpunkt auf Strömungssimulation (Computational Fluid Dynamics CFD) für Entwicklungsaufgaben u.a. für den Bereich Aerospace

350 (D)

Hersteller u.a. von Präzisionsgetrieben für die Luft- und Raumfahrt (z.B. in Satelliten und Raumsonden)

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Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

Mitarbeiter Unternehmen

Standorte in Hessen

in Hessen2 (D) = in

Tätigkeitsbeschreibung im Bereich Luft- und Raumfahrtindustrie

Deutschland Alexander Schleicher GmbH & Co. PoppenhauSegelflugzeugbau sen

120

Herstellung von Segelflugzeugen und Motorseglern; der älteste und einer der größten Betriebe für Segelflugzeugbau

EUROCOPTER Deutschland GmbH

Calden

70

Wartung, Instandsetzung und Nachrüstung von Helikoptern; technischer Kundendienst

Contrac GmbH Maschinen und Anlagen

Wiesbaden

50

Weltmarktführer bei der Herstellung von Flughafenbussen

1 Airbus veröffentlicht regelmäßig eine Liste mit Unternehmen, die als „Airbus approved supplier“ gelten. Dies wird als geschätztes Qualitätssiegel beachtet, obwohl die Aufnahme eines Unternehmens in die Liste nicht automatisch zu Geschäftsbeziehungen mit Airbus führt. Die mit einem Stern versehenen Unternehmen aus der obigen Tabelle sind in der Liste vom September 2013 mit mindestens einem hessischen Standort aufgeführt. 2 Die Mitarbeiterzahl bezieht sich auf das jeweilige Unternehmen insgesamt und nicht etwa auf das Segment Luft- und Raumfahrtindustrie. 3 Die ATON-Gruppe plant, die EDAG GmbH & Co. KG und die Rücker GmbH unter dem Dach der ATON Engineering AG als deren 100 % Gesellschafterin zusammenzuführen. Dabei wird die ATON Engineering AG in EDAG Engineering AG umfirmiert. Der Hauptsitz der EDAG Engineering AG wird Wiesbaden sein. Quelle: Recherchen der Hessen Agentur.

Produktpalette und Produktionsschwerpunkte Die Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen weisen ein sehr breites Angebotsspektrum auf, das von der Entwicklung und Herstellung verschiedener industrieller Produkte über unternehmensbezogene Dienstleistungen bis hin zu Handel, Instandhaltung und Reparatur reicht. Die überwiegende Mehrheit der identifizierten Unternehmen ist dem Verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen. Die Produktpalette umfasst u.a. Triebwerksund Hubschrauberkomponenten; Mess-, Steuer-, Regeltechnik und Optik; Kommunikations- und Navigationstechnik; Bordausrüstung und Flugzeuginneneinrichtung (Cockpit, Bordküche); Kabinendruck-, Belüftungs- und Beleuchtungssysteme; Kabinensicherheitssysteme; Werkzeuge und Werkzeugmaschinen; verschiedene Metall- und Kunststoffteile; Technische Kleb- und Kunststoffe; Technische Textilien; Flughafenausrüstung (z.B. Flughafenbusse). Unternehmensbezogene Dienstleister bilden die zweitgrößte Gruppe. Es handelt sich vor allem um Technologieberatung und Ingenieurdienstleistungen wie Entwicklung und Konstruktion von Bauteilen, Systemen oder Anlagen, Simulation und Diagnose, Informations- und Kommunikationstechnologie-Beratung und Softwarelösungen für die Luft- und Raumfahrt. Die Recherchen im Rahmen der Untersuchung haben gezeigt, dass diese Gruppe von „Zulieferern“ wahrscheinlich unterschätzt ist. Die wenigsten dieser Dienstleister spezialisieren sich auf die Luft- und Raumfahrt, sondern sie haben darüber hinaus

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Kunden aus verschiedenen anderen Industriebranchen wie der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau. In Hessen sind zudem einige Unternehmen tätig, deren Tätigkeitsschwerpunkt bei der Wartung, Reparatur, Überholung sowie Nachrüstung – die so genannten MRODienstleister – von Luftfahrzeugen (einschl. Hubschrauber) oder bei der Wartung von Flughafentechnik und -ausrüstung liegt. Auch Unternehmen, die mit Flugzeugen, -teilen und -zubehör handeln, wurden identifiziert, wobei es sich teilweise um reine Vertriebsstandorte (z.B. Piper Generalvertretung Deutschland AG am Flughafen Kassel-Calden) handelt, zum Teil darüber hinaus auch z.B. Wartung und Reparaturen (z.B. Diamond Aircraft Industries Deutschland GmbH am Flughafen Egelsbach) durchgeführt werden. Die Raumfahrt stellt die Industrie vor nochmals höhere Anforderungen als die Luftfahrt: So z.B. muss ein Raumfahrzeug Geschwindigkeiten erreichen, die für die Luftfahrt undenkbar sind. Ein Raumfahrzeug ist im Weltraum Einflüssen ausgesetzt, die unter dem Schutz der Erdatmosphäre nicht so stark sind – ganz zu schweigen von den Anforderungen der bemannten Raumfahrt. Deshalb sind die Kompetenzen Hessens speziell im Bereich der Raumfahrtindustrie von besonderem Interesse. Dabei stellen die hessischen Unternehmen ihre Expertise unter Beweis: Zahlreiche Satelliten und Raumsonden sind mit den Getrieben von Harmonic Drive in Limburg ausgestattet. Auch die MarsErkundungsfahrzeuge „Spirit" und „Opportunity“ tragen Harmonic Drive Getriebe in sich und die Bewegungen der Fahrzeuge wurden von MR-Sensoren der Firma Sensitec in Lahnau kontrolliert. Die Vakuumtechnik von Pfeiffer Vacuum in Aßlar findet u.a. Anwendung bei Raumsimulationskammern und bei Experimenten auf der Internationalen Raumstation (ISS). Polymere von Ticona (Frankfurt-Höchst) werden u.a. in leichten Bauteilen eingesetzt, die gegenüber extremen Temperaturen und Umweltfaktoren beständig sein sollen. Bei Schunk in Heuchelheim werden spezielle Werkstoffe – z.B. Beschichtungen für Weltraumspiegel und Spiegelträgerstrukturen – entwickelt und hergestellt. Die Spezialschmierstoffe von Costenoble aus Eschborn fanden erstmals Einsatz in den ApolloMissionen der amerikanischen NASA und werden heute noch in Trägerraketen und Satelliten eingesetzt. Zum Fertigungsprogramm der EHA Composite Machinery in Steffenberg gehören Filament-Winding-Anlagen zur Fertigung hochwertiger Kunststoffprodukte für die Automobilindustrie und die Weltraumfahrt. Das Unternehmen entwickelte auch eine weltweit einzigartige Maschine zur Herstellung von zivilen Trägerraketen für die ESA. Auf dieser Maschine werden die Raketenmotoren für das europäische Vega-Programm gefertigt. Wenn es um Beratung und Technologien im Bereich der Raumfahrt geht, gehört Telespazio VEGA in Darmstadt zu den Marktführern in Europa. Spezialisten von Telespazio VEGA beraten Unternehmen und Organisationen beim Thema Erdbeobachtung, bei wissenschaftlichen, militärischen oder kommerziellen Fragestellungen, bei einzelnen Raumfahrtmissionen oder bei ganzen Programmen. Von Frankfurt aus werden die Aktivitäten

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Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

der Cegelec Gruppe im europäischen Weltraumbahnhof Kourou (Französisch-Guayana) und die Entwicklung des Unternehmensbereichs Raumfahrt in Europa gesteuert.

Internationales: Außenhandel und Eigentumsverhältnisse Hessen importierte im Laufe des Jahres 2012 luftfahrttechnische Erzeugnisse im Wert von 3,3 Mrd. Euro. Die Exporte beliefen sich hingegen lediglich auf 235 Millionen Euro. Im Jahr 2012 stammten die Importe in diesem Segment der hessischen Wirtschaft fast ausschließlich aus den USA und Frankreich. Airbus in Frankreich und Boeing in den USA sind Unternehmen, die man sofort mit diesen Importen in Verbindung bringt. Hinsichtlich der Exporte ist darauf hinzuweisen, dass die hessischen Zulieferbetriebe zu einem großen Teil für Airbus oder für andere in Deutschland tätige Hersteller (z.B. von Militärfluggeräten) arbeiten – und somit für den heimischen Markt. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass die Luft- und Raumfahrtunternehmen in Hessen von der Auslandsnachfrage unabhängig sind, da von einem erheblichen Anteil indirekter Exporte auszugehen ist. Hessischer Außenhandel1 mit Luftfahrzeugen und Luftfahrzeugteilen im Jahr 2012 Import

Export

USA

44,7

Frankreich

42,8

Schweiz 0

1

Import insgesamt: 3.300 Mio. Euro

2,1 10

20 30 40 50 Anteil an insgesamt in %

UK

29,8

Frankreich

20,0

USA

12,3 0

10

Export insgesamt: 235 Mio. Euro

20 30 40 50 Anteil an insgesamt in %

Die Angaben beziehen sich auf Fertigwaren. Über die Fertigwaren hinaus werden zwar auch Halbwaren, d.h. Erzeugnisse, die erst verhältnismäßig gering bearbeitet sind, sowie Rohstoffe gehandelt. Bei diesen Warengruppen ist eine Zuordnung zu einem bestimmten Wirtschaftszweig jedoch kaum möglich. Eine Saldierung der Ein- und Ausfuhrwerte ist aufgrund unterschiedlicher Erfassungskonzepte nicht statthaft.

Quelle: HSL, Berechnungen der Hessen Agentur.

Einen Einblick in die Internationalität der Luft- und Raumfahrtindustrie auf der Ebene der Unternehmensverflechtungen geben auch die Eigentumsverhältnisse bedeutender Unternehmen der Branche in Hessen, wobei die zum Teil komplexen Unternehmensverflechtungen bisweilen eine eindeutige Aussage erschweren. Zu dieser Betrachtungsweise des investiven Engagements in der nachfolgenden Tabelle tritt sozusagen noch die Gegenrichtung: Zahlreiche Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie sind im Ausland aktiv und unterhalten dort z.B. Produktionsstätten.

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Eigentumsverhältnisse bedeutender Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen Sitz Unternehmen bzw.

Unternehmen

Konzernmutter

Alcoa Fastenings Sytems Fairchild Fasteners Europa – Camloc GmbH

Alcoa Inc.

USA

Alexander Schleicher GmbH & Co. Segelflugzeugbau

Familienbesitz

Deutschland

ANSYS Germany GmbH

ANSYS Inc.

USA

Arnold AG

Familienbesitz

Deutschland

ASCO Deutschland GmbH

ASCO Industries nv / sa

Belgien

b+m surface systems GmbH

Familienbesitz

Deutschland

Cegelec Deutschland GmbH

VINCI S.A.

Frankreich

Chemetall GmbH

Rockwood Holdings Inc.

USA

Contrac GmbH Maschinen und Anlagen

Grupo Salvador Caetano SA (48 %), Daimler AG (börsennotiert) (33 %)

Portugal / Deutschland

Diamond Aircraft Industries Deutschland GmbH

Diamond Aircraft Industries GmbH

Österreich

Diehl Aerospace GmbH

Gemeinschaftsunternehmen der Diehl Aerosystems (Familienbesitz) und der Thales Group

Deutschland / Frankreich

Dr.-Ing Ulrich Esterer GmbH & Co. Fahrzeugaufbauten und Anlagen KG

Familienbesitz

Deutschland

Dow Corning GmbH

Gemeinschaftsunternehmen von Corning Inc. und Dow Chemical Company

USA

EDAG GmbH & Co. KgaA

ATON GmbH (Familienbesitz)

Deutschland

EHA Composite Machinery GmbH

Roth Industries GmbH & Co. KG (Familienbesitz)

Deutschland

EUROCOPTER Deutschland GmbH

EADS N.V.

Niederlande

Evonik Industries AG

börsennotiert, mehrheitlich RAG-Stiftung

Deutschland

Filzfabrik Fulda GmbH & Co. KG

Familienbesitz

Deutschland

Harmonic Drive AG

mehrheitlich Familienbesitz

Deutschland

H. Costenoble GmbH & Co.KG

Familienbesitz

Deutschland

Honeywell Gruppe

Honeywell International Inc.

USA

Hottinger Baldwin Messtechnik GmbH

Spectris PLC

Vereinigtes Königreich

Hübner GmbH

Familienbesitz

Deutschland

Hutchinson GmbH

TOTAL S.A.

Frankreich

Lach Diamant Jakob Lach GmbH & Co. KG

Familienbesitz

Deutschland

Jeppesen GmbH

Boeing Corp.

USA

Lufthansa Technik AG

Deutsche Lufthansa AG (börsennotiert)

Deutschland

Nord-Micro AG & Co. OHG

United Technologies Corporation

USA

Sitz Konzernmutter

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Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

Sitz Unternehmen bzw.

Unternehmen

Konzernmutter

Parker Hannifin Gruppe

Parker Hannifin Corp.

USA

Pfeiffer Vacuum Technology AG

börsennotiert, überwiegend Streubesitz

Deutschland

Röder Präzision GmbH

Familienbesitz

Deutschland

Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG

Rolls Royce Group PLC

Vereinigtes Königreich

SCHENCK RoTec GmbH

Dürr AG (börsennotiert)

Deutschland

Schunk Gruppe

Ludwig Schunk-Stiftung (Familienbesitz)

Deutschland

Sell GmbH

Zodiac Aerospace

Frankreich

Sensitec GmbH

mehrheitlich Körber AG (Familienbesitz)

Deutschland

SGL Carbon SE

börsennotiert

Deutschland

Smiths Heimann GmbH

Smith Group PLC

Vereinigtes Königreich

Telespazio VEGA Deutschland GmbH

Telespazio S.p.A.

Italien

Ticona GmbH

Celanese Corp.

USA

Tyco Electronics Gruppe

TE Connectivity Ltd.

Schweiz

Vacuumschmelze GmbH & Co KG

OM Group Inc.

USA

ZF Luftfahrtechnik GmbH

ZF Friedrichshafen AG (mehrheitlich ZeppelinStiftung der Stadt Friedrichshafen)

Deutschland

Sitz Konzernmutter

Quelle: Recherchen der Hessen Agentur.

Forschung und Entwicklung Nicht nur die in Hessen tätigen Großunternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie und deren – zum Teil mittelständischen Zulieferer – betreiben Forschung und Entwicklung, sondern die Luft- und Raumfahrt ist auch Forschungsgegenstand an den Hessischen Hochschulen und anderen Institutionen. Hierzu zählen z.B.:  das Institut für Flugsysteme und Regelungstechnik (Fachbereich Maschinenbau der TU Darmstadt), wo u.a. über die Mensch-Maschine-Schnittstelle im Cockpit, Pilotenassistenzsysteme sowie über autonome Flugsysteme geforscht wird.  das Fachgebiet Gasturbinen, Luft- und Raumfahrtantriebe, ebenfalls zum Fachbereich Maschinenbau der TU Darmstadt gehörig, an dem u.a. über die Aerodynamik von Verdichtern und Turbinen sowie zur Schaufelkühlung geforscht wird. Dort ist auch das University Technology Centre (UTC) Combustor and Turbine Aerothermal Interaction angesiedelt – eine Kooperation mit Rolls-Royce und eine von nur vier Einrichtungen dieser Art, die Rolls-Royce in Deutschland gegründet hat.

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 das Institut für Festkörperphysik am Fachbereich Physik der TU Darmstadt widmet sich u.a. der Weltraumforschung, indem es die Auswirkungen der Weltraumstrahlungen auf Organismen sowie elektronische Bauteile untersucht und auch die Erprobung und Kalibrierung von Raumfluginstrumenten durchführt.  das Fachgebiet Verteilte Systeme im Fachbereich Elektrotechnik / Informatik der Universität Kassel, das z.B. im Rahmen des Forschungsvorhabens IMPERA (Integrated Mission Planning for Distributed Robot Systems) mit Strategien zur verteilten Missions- und Aufgabenplanung für extraterrestrische Missionen befasst ist.  das Institut für Thermische Energietechnik (ITE) am Fachbereich Maschinenbau der Universität Kassel forscht u.a. über Strömungs- und Turbomaschinen.  das Physikalische Institut des Fachbereichs Physik der Justus-Liebig-Universität Gießen entwickelt und untersucht seit 1960 Radiofrequenz-Ionentriebwerke (RIT) für die Raumfahrt in enger Kooperation mit Industriepartnern und der europäischen Weltraumorganisation ESA. Seit 2012 wird diese Forschung durch eine Förderung des Landes im Rahmen des LOEWE-Programms – LOEWE Schwerpunkt RITSAT – unterstützt. Auch an neuen Konzepten für miniaturisierte Raumfahrtantriebe wird dort geforscht. Arbeiten auf den Gebieten Materialwissenschaften und Sensorik, die ihren Einsatz u.a. im Flugzeugbau finden, sind ebenso Teil der Physikforschung in Gießen.  das Institut für Atmosphäre und Umwelt des Fachbereichs Geowissenschaften / Geographie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main ist umfassend in die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des neuen Forschungsflugzeugs HALO eingebunden.  das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt, das u.a. im Leichtbau forscht und z.B. ein neuartiges Ice-Protection-System für Flugzeuge auf der Basis von Kohlenstoffnanoröhren entwickelt hat.  das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD ebenfalls in Darmstadt, das im Bereich und Luft- und Raumfahrt Koordinator des Projektes JTI Clean Sky ist, das umweltfreundliche Flugzeuge zum Ziel hat. Im Rahmen dieses Projektes entwickelt das IGD eine Software für Flugzeugdesigner, mit der es möglich ist, Auswirkungen von Designentscheidungen auf die Umwelt schnell und einfach vorherzusagen sowie alternative Gestaltungen zu testen.  AMSAT-Deutschland e.V. mit Sitz in Marburg, der nach eigenen Angaben zu den wenigen Raumfahrtorganisationen gehört, die Satellitenprojekte von der Planung über die Entwicklung und den Bau bis hin zum operativen Betrieb durchführen. Mehrere erfolgreiche Satellitenmissionen wurden von AMSAT-Deutschland bis jetzt durchgeführt.

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Branchenprofil Luft- und Raumfahrtindustrie in Hessen

Fachkräftenachwuchs Da es sich bei der Luft- und Raumfahrt(zuliefer)industrie um eine Querschnittsbranche handelt, ist nicht ohne weiteres abgrenzbar, in welchen Studienrichtungen die hoch qualifizierten Fachkräfte der Branche ausgebildet werden. Sicherlich hat ein beträchtlicher Teil der Beschäftigten Abschlüsse in Studiengängen wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik, Physik, Mathematik oder verwandten ingenieur- und naturwissenschaftlichen Disziplinen vorzuweisen. Es existieren jedoch auch spezielle Studienangebote mit engem Bezug zur Luft- und Raumfahrt: Studiengänge mit Schwerpunkt Luft- und Raumfahrt in Hessen Hochschule

Studiengang

TU Darmstadt

Masterstudiengang Der international ausgerichtete Masterstudiengang kombiniert Verkehrswesen (Traffic and Transport) / verkehrsbezogene Vorlesungen aus den Bereichen BauSchwerpunkt Luftverkehr ingenieurwesen, Maschinenbau sowie Rechts- und Wirtschaftswissenschaften und gewährleistet damit eine fachübergreifende Qualifikation im Bereich Verkehr – mit zahlreichen Modulen aus dem Bereich Luftverkehr.

FH Frankfurt am Main

Dualer Bachelorstudiengang Luftverkehrsmanagement – Aviation Management

Die Studierenden absolvieren eine qualifizierte Managementausbildung mit speziell auf die Luftverkehrswirtschaft ausgerichteten Studienmodulen. Der Studiengang wird zusammen mit großen deutschen Flughafenbetreibern, Fluggesellschaften und der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) durchgeführt.

FH Frankfurt am Main

MBA-Studiengang Aviation Management

In dem Studiengang wird die Ausbildung im Bereich Internationales Management und Führung mit einer strategischen Analyse und Vertiefung der wesentlichen Kernthemen der Luftverkehrsbranche aus Sicht der drei relevanten Systempartner Fluggesellschaft, Flughafen und Flugsicherung kombiniert.

EBS Universität für Wirtschaft und Recht

Bachelorstudiengang Aviation Management

Der Bachelor in Aviation Management vermittelt parallel zur allgemeinen Managementausbildung spezifisches Fachwissen in allen Aviation-Bereichen und wird in Zusammenarbeit mit Unternehmen der Luftverkehrsindustrie durchgeführt. Es besteht die Möglichkeit, in Form eines dualen Ausbildungssytems gleichzeitig einen IHK-Abschluss als Luftverkehrskaufmann/frau zu erwerben.

Hochschule RheinMain

Bachelorstudiengang Internationales Wirtschafts-ingenieurwesen (IWI) / Schwerpunkt Luftverkehrswesen oder Luftfahrttechnik

Der Studiengang vermittelt für eine qualifizierte Tätigkeit als Wirtschaftsingenieur/in in einem international operierenden Unter-nehmen die theoretischen und praktischen Grundlagen, um den Anforderungen einer Funktion in sogenannten Schnittstellenfeldern zwischen Technik und Ökonomie – hier speziell für die Luftfahrt – zu genügen.

Quelle: Recherchen der Hessen Agentur.

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Beschreibung


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Darüber hinaus werden viele Fachkräfte von den Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie selbst – so z.B. als Fluggerätemechaniker/in oder als Elektroniker/in für luftfahrttechnische Systeme – oder von Einrichtungen wie der Flugsicherungsakademie in Langen, die für die Ausbildung von Fluglotsen in Deutschland zuständig ist, ausgebildet.

Institutionen, Verbände, Cluster und Netzwerke Ein wesentlicher Faktor, der Hessen zu einem bedeutenden Luft- und Raumfahrtstandort macht, die heimische Industrie unterstützt sowie sich positiv auf neue Ansiedlungen auswirkt, sind die zahlreichen in Hessen ansässigen nationalen und internationalen Institutionen, Verbände sowie Cluster und Netzwerke. So hat beispielsweise das Satellitenkontrollzentrum ESOC der ESA während seiner bald 50-jährigen Präsenz in Darmstadt dazu beigetragen, die Region für eine Vielzahl von Firmen attraktiv zu machen. Seit ihrer Gründung im Jahre 1986 hat EUMETSAT – die europäische Organisation zur Nutzung meteorologischer Satelliten – mit mehreren Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus der Region kooperiert und ebenfalls dazu beigetragen, dass sich die Region zu einem wichtigen europäischen Brennpunkt im internationalen Weltraumgeschehen entwickelte. Das Land Hessen wiederum hat dieser positiven Entwicklung weitere Impulse verliehen, indem Ende 2006 das Centrum für Satellitennavigation Hessen (cesah) in Darmstadt gegründet wurde. Etliche Start-Up-Unternehmen, die sich mit zukünftigen Galileo-Anwendungen beschäftigen, nutzen das Angebot von cesah. Einen weiteren Baustein stellt die Messe AIRTEC (www.airtec.aero) dar, bei der es sich um eine spezialisierte Fachmesse für die gesamte Zulieferkette der internationalen Luftund Raumfahrt handelt, die seit 2006 jährlich in Frankfurt am Main stattfindet. Im Folgenden wird – in alphabetischer Reihenfolge – ein Überblick über für die Luft- und Raumfahrt relevanten Institutionen, Verbände, Cluster und Netzwerke in Hessen gegeben: 

Amt für Flugsicherung der Bundeswehr (AFSBw), Frankfurt am Main Das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr mit Hauptsitz in Frankfurt und Außenstelle in Langen nimmt die Fachaufgaben der Militärischen Flugsicherung für den Gesamtbereich des Bundesministeriums der Verteidigung, d.h. teilstreitkräfteübergreifend, wahr. www.afsbw.de

AOPA-Germany Verband der Allgemeinen Luftfahrt e.V., Egelsbach Die AOPA-Germany vertritt seit 1964 die Interessen von inzwischen 18.000 Privatund Berufspiloten, 85 Unternehmen, 61 Luftfahrtvereinen und 39 Flugschulen in Deutschland. Sie gehört dem internationalen Dachverband IAOPA (International

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Council of Aircraft Owners and Pilot Associates) an – der mit über 470.000 Mitgliedern weltweit größte Pilotenvereinigung. www.aopa.de 

BARIG – Board of Airline Representatives in Germany e.V., Frankfurt am Main Das BARIG – gegründet 1951 – vertritt und fördert die gemeinsamen Interessen von mehr als 100 in Deutschland geschäftlich tätigen Airline-Mitgliedern. Zu den Mitgliedern von BARIG zählen nationale wie auch internationale Passagier- und Frachtfluggesellschaften. www.barig.org

Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF), Langen Das 2009 im Zuge der Privatisierung der Flugsicherung errichtete Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung ist die nationale Aufsichtsbehörde für den Bereich der zivilen Flugsicherung. Dies beinhaltet z.B. die Zertifizierung von Flugsicherungsorganisationen und die kontinuierliche Aufsicht über alle Organisationen, Systeme, Verfahren und Personen, die für die Erbringung von Flugsicherungsdiensten eingesetzt werden. www.baf.bund.de

CCA – Competence Center Aerospace Kassel Calden, Kassel Das Technologienetzwerk wurde im Jahr 2010 von der Wirtschaftsförderung Region Kassel GmbH gegründet und bietet alle Funktionen einer professionellen Kooperations-, Vermarktungs- und Innovationsplattform mit dem Branchenfokus „Aerospace / Airports“. Die Aufgabenschwerpunkte liegen insbesondere in der verbesserten Vernetzung innerhalb und außerhalb der Region, in der überregionalen Vermarktung der CCA-Technologie-Kompetenzen sowie in der systematischen Bündelung der Innovationskräfte. Über einen beim House of Logistics and Mobility (HOLM) angesiedelten gemeinsamen Steuerungs- und Lenkungskreis ist das CCA unter der Dachmarke „Hessen Aviation“ mit dem HESSENMETALL Aerospace Cluster verknüpft. www.cca-kassel.de

cesah – Centrum für Satellitennavigation Hessen, Darmstadt cesah ist ein Kompetenz-, Informations- und Gründerzentrum für Satellitennavigation. Es unterstützt die technische Entwicklung, Realisierung und Markteinführung neuer Produkte und Dienstleistungen der Satellitennavigation und ist zentrale Wissensquelle zum Thema Satellitennavigation und deren Anwendungen. cesah ist Partner der ESA Business Incubation Initiative und betreibt im Auftrag von ESA das ESA Business Incubation Center (BIC) Darmstadt. Gesellschafter des cesah sind das Land Hessen, die Wissenschaftsstadt Darmstadt, die TU Darmstadt und die Hochschule Darmstadt, die Telespazio VEGA Deutschland GmbH und die T-Systems International GmbH. Das Zentrum arbeitet derzeit mit rund 40 Start-ups. www.cesah.de

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DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, Langen Die Kontrolle des Flugverkehrs in Deutschland ist das Kerngeschäft der DFS, die 1993 aus der Bundesanstalt für Flugsicherung hervorgegangen ist: Von Langen aus wird der Luftraum von Kassel bis zum Bodensee und von Luxemburg bis Erfurt überwacht. In Langen betreibt die DFS die größte Radarkontrollzentrale Europas. Darüber hinaus sammelt die DFS flugrelevante Daten und lässt sie in ihre Produkte und Dienstleistungen (z.B. Luftfahrtkarten, Flugberatung, Entwicklung von Flugsicherungs-, Ortungs- und Navigationssystemen) einfließen. Langen ist nicht nur seit 2002 Sitz der Unternehmenszentrale, sondern in Langen befindet sich ebenfalls die Flugsicherungsakademie der DFS, wo derzeit pro Jahr 150 Fluglotsenanwärter ausgebildet werden. www.dfs.de

Deutscher Wetterdienst (DWD), Offenbach Der DWD, dessen Zentrale in Offenbach ansässig ist, ist für die Erfüllung der meteorologischen Erfordernisse aller Wirtschafts- und Gesellschaftsbereiche in Deutschland zuständig. Das Aufgabengebiet des DWD basiert auf einem gesetzlichen Informations- und Forschungsauftrag, der von der Erbringung meteorologischer Dienstleistungen bis zur Bereithaltung, Archivierung und Dokumentation meteorologischer Daten und Produkte reicht. Die Schwerpunkte der FuE-Aktivitäten des DWD liegen in den Bereichen Meteorologische Analyse und Modellierung, Klimaüberwachung, Überwachung der Atmosphäre sowie Agrar-, Hydro- und Medizinmeteorologie. www.dwd.de

ESOC / ESA, Darmstadt Das ESOC (European Space Operation Centre) ist das Kontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation ESA (European Space Agency) und wird oftmals als „Europas Tor zum Weltraum“ bezeichnet. 1967 eröffnet, ist es seitdem für den Betrieb sämtlicher ESA-Satelliten und für das dazu notwendige weltweite Netz der Bodenstationen verantwortlich. Das ESOC hat bislang über 60 Missionen der ESA operationell betreut (z.B. Huygens, Mars Express, Herschel und Planck sowie aktuell das „WakeUp“ der 2004 gestarteten Raumsonde Rosetta). Außerdem hat das ESOC zahlreiche Missionen anderer nationaler und internationaler Organisationen unterstützt. Das ESOC ist in der Lage, gleichzeitig mehr als 15 Satelliten in Routine und weitere Satelliten in der frühen Startphase zu kontrollieren bzw. weltweit renommierte Rettungsaktionen durchzuführen. Im Sommer 2014 sollen die beiden neu errichteten Gebäude – Teil einer mehrere Phasen umfassenden Erweiterung und Modernisierung – in Betrieb genommen werden. www.esa.de

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EUMETSAT, Darmstadt EUMETSAT (European Organisation for the Exploitation of Meteorological Satellites) ist eine zwischenstaatliche Organisation, die operationelle meteorologische Satelliten herstellt und betreibt (z.B. Meteosat erste und zweite Generation, MetOp). Mittlerweile sind 26 Staaten Mitglied bei EUMETSAT, weitere 5 Staaten sind so genannte Kooperationspartner. Die von den EUMETSAT gelieferten Satellitendaten bilden die Grundlage zur Wetterbeobachtung und -vorhersage. Aber auch langfristige Messungen zu Klima und Umwelt werden bei EUMETSAT gesammelt. www.eumetsat.int

Flughafenkoordination Deutschland, Frankfurt am Main Die Flughafenkoordination Deutschland bzw. Airport Coordination Germany – eine Bundesbehörde mit Sitz in Frankfurt – ist verantwortlich für die Koordinierung und verbindliche Slot-Zuteilung von Start- und Landezeiten an zurzeit 16 deutschen Verkehrsflughäfen. Ziel ist es, die vorhandenen Kapazitäten optimal zu nutzen. Neben Flügen des Linien- und Charterverkehrs umfasst die Verpflichtung zur Koordinierung auch z.B. Geschäfts- und Privatflüge. www.fhkd.org

German Airport Technology & Equipment (GATE), Taunusstein GATE ist ein 1992 gegründetes, deutschlandweites Netzwerk von Unternehmen, die Flughafensysteme, -produkte und -dienstleistungen anbieten. Ziel von GATE ist es Kooperationen zu fördern, internationale Projekte zu initiieren und zu koordinieren sowie die Interessen seiner Mitgliedsunternehmen – darunter sind auch Unternehmen aus Hessen – zu vertreten. www.gate-alliance.com

HESSENMETALL Aerospace-Cluster, Frankfurt am Main / Darmstadt Im Jahr 2009 vom Verband der Metall und Elektrounternehmen Hessen e.V. gegründet und vom Fachgebiet Cluster- und Wertschöpfungsmanagement der TU Darmstadt betreut, bietet der Cluster eine professionelle Plattform zum Austausch von Wissen und Erfahrung und stärkt jedes einzelne Unternehmen durch die regionale Vernetzung. Von den Mitgliedern erarbeitete Themen in den Bereichen Personal- und Qualitäts- und Lean-Management stehen im Fokus der Kooperation. Über einen beim House of Logistics and Mobility (HOLM) angesiedelten gemeinsamen Steuerungsund Lenkungskreis ist der HESSENMETALL Aerospace Cluster unter der Dachmarke „Hessen Aviation“ mit dem CCA – Competence Center Aerospace Kassel Calden verknüpft. www.hessenmetall.de/hessenmetall/home/service/cluster-initiative.de.html

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Ausblick Wie keine andere Branche verbindet die Luft- und Raumfahrtindustrie den menschlichen Traum von der Erforschung des Weltalls und die Realität einer globalisierten Welt, Erfindergeist, Innovation und Wirtschaftswachstum. Und keine andere Branche generiert und vereinigt so viele Hochtechnologien wie die Luft- und Raumfahrt und gilt gleichzeitig als Innovationsmotor für die ganze Wirtschaft. Ungeachtet der verhältnismäßig geringen Größe der Luft- und Raumfahrtindustrie wird ihr eine hohe strategische Bedeutung beigemessen, was sich u.a. in expliziten Strategien vonseiten der Bundesregierung (Luftfahrtstrategie aus dem Jahr 2013, Raumfahrtstrategie aus dem Jahr 2010) äußert. Der zivile Luftverkehr wird nicht zuletzt dank aufstrebender Schwellenländer wie der Volksrepublik China und Indien weiter wachsen, wobei die Zuwachsraten des Frachtverkehrs noch über denen des Personenverkehrs liegen dürften. Damit nimmt auch die Nachfrage nach Flugzeugen, Flugzeugzubehör und Flughafenausrüstung zu. Umfangreiche Flugzeugbestellungen wie z.B. Ende 2013 von mehreren Milliarden US-Dollar durch Emirate Airlines bei Airbus stehen beispielhaft für diesen Trend, an dem auch zahlreiche hessische Zulieferer partizipieren. Mit ansteigenden Produktionszahlen im Flugzeugbau wächst auch der Bedarf an innovativer Ausrüstung, wobei das Spektrum von Instrumenten zur Überwachung von Fluglage und Triebwerkszustand über Navigations- und Sicherheitsausrüstung bis zur Innenausstattung reicht. Der Anteil der Ausrüstung beträgt mindestens ein Drittel des Gesamtwerts eines zivilen Flugzeugs. Die Tendenz ist dabei steigend, denn die Konkurrenz zwischen den Fluggesellschaften findet heutzutage nicht zuletzt über die Kabinenausstattung statt, über die eine wirksame Markenbindung erreicht werden soll. Individualität und Entertainment dürften deshalb in der „Flugzeugkabine der Zukunft“ einen höheren Stellenwert als noch heute einnehmen. Dabei sieht sich die Luftfahrt vor der Herausforderung, im Sinne der Umwelt nachhaltige Lösungen für das voraussichtlich zunehmende Verkehrsaufkommen zu finden. Die Ziele – z.B. hinsichtlich der CO2-Emissionen – des europäischen Luftfahrtforschungsbeirats ACARE (Vision 2020, Flightpath 2050) sind ein Beispiel für diese Bemühungen. Zudem gilt es, den wachsenden Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden. Nicht zuletzt erwarten die Fluggäste immer mehr Komfort und Zuverlässigkeit. Weil all dies hohe Investitionen erfordert, sind enge Kooperationen innerhalb Europas, aber auch weltweit, eine Selbstverständlichkeit in der Branche. Weitestgehend auf globaler Ebene gefasste Regulierungen durch die ICAO (International Civil Aviation Organisation) tragen hierzu ebenfalls bei. Zusammenarbeit ist dabei nicht nur innerhalb der Luftfahrtindustrie erforderlich. Der Dialog zwischen allen Beteiligten an der Luftfahrt wird zukünftig noch wichtiger werden, da neben technischen Innovationen (z.B. Reduzierung des Treibstoffverbrauchs, Lärmreduzierung) zukünftig noch effizientere Infrastrukturen und Betriebsabläufe (z.B. im Cargosegment, um die Stand- und Umlaufzeiten zu reduzieren und die Auslastung zu optimieren) in der Luftfahrt notwendig sind – auch im Interesse der Umwelt.

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Mit dem zunehmenden Luftverkehr und den dynamisch wachsenden Regionen in Asien oder auch im Mittleren Osten treten allerdings auch nach und nach neue Wettbewerber auf. Denn nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Staaten wird die Luftfahrt als strategisch bedeutsame Branche eingeschätzt und dementsprechend vom Staat unterstützt, um den technologischen Rückstand zu den etablierten Luftfahrtnationen aufzuholen und eine eigene Luftfahrtindustrie aufzubauen bzw. auszubauen – sei es in Russland, Brasilien, China oder auch in den Golfstaaten. Aber auch Entwicklungen innerhalb der Wertschöpfungskette stellen die (Zuliefer-)Unternehmen vor Herausforderungen. Der Trend zur Auslagerung ganzer Subsysteme an die Zulieferer gemäß dem Vorbild der Automobilindustrie hat auch vor der Luft- und Raumfahrtindustrie nicht Halt gemacht. Somit benötigen die großen Flugzeughersteller immer stärker hoch qualifizierte Zulieferer, die komplette Module oder Systeme liefern können. Dies ist besonders für kleinere Unternehmen eine Herausforderung, da sie sich zu Moduloder Systemintegratoren entwickeln müssen. Dies schließt die Entwicklung und auch die Finanzierung mit ein, d.h. es ist das entsprechende Investitionsrisiko zu tragen – und das bei den in der Luftfahrt üblichen, sehr langen Forschungs-, Entwicklungs- und Produktlebenszyklen. Vor allem für Unternehmen, für die die Fertigung für die Luftfahrtindustrie nur eines von mehreren Geschäftsfeldern ist, stellt dies eine Herausforderung dar, wenngleich die höhere Risikobereitschaft allerdings auch die Chance auf eine bessere Rendite bietet. Große, weltweit aufgestellte Unternehmensgruppen auch auf Seiten der Zulieferer könnten das Ergebnis dieser Entwicklung sein. Der Trend zum Global Sourcing, d.h. die weltweite Beschaffung von Komponenten, führt ebenfalls zu einem schärferen Wettbewerb unter den Zulieferern. So können die Unternehmen nicht mehr von einer quasi automatischen Berücksichtigung in den Programmen der europäischen Systemführer ausgehen. Für die Unternehmen der Branche, die ihre Produkte außerhalb des Euroraums verkaufen, sind zudem Wechselkursrisiken, d.h. die Abhängigkeit vom US-Dollar als Leitwährung der Luftfahrtindustrie, eine permanente Herausforderung insbesondere bei längerfristigen Verträgen. Bei der Entscheidung von Airbus, ein erstes Werk in den USA zu bauen, dürfte – neben der räumlichen Nähe zum Absatzmarkt – auch das Wechselkursrisiko eine nicht geringe Rolle gespielt haben. Vor diesem Hintergrund kommt der Innovationsfähigkeit der heimischen Branche und damit auch der Sicherung qualifizierten Nachwuchses eine Schlüsselrolle hinzu. Die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist in dieser Hightech-Branche seit jeher ein Muss und auch die Interdisziplinarität der Forschung und Entwicklung ist nach wie vor essentiell. Dabei kommt der fachübergreifenden Wissenschaftsrichtung der Materialforschung eine besonders große Bedeutung zu. Leichter, widerstandsfähiger, umweltverträglicher, sicherer: Dies sind die Eigenschaften, die von der Luft- und Raumfahrtindustrie immer wieder gefordert werden. Neuartige Werkstoffe – der neue Airbus A350XWB wird zu einem erheblichen Teil aus Verbundwerkstoffen wie kohlefaserver-

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stärkten Kunststoffen hergestellt – gehören damit neben den sparsameren Triebwerken und den alternativen Treibstoffen zu den wichtigsten Forschungsthemen in der Branche. Das Segment der militärischen Luftfahrt ist in Relation zur zivilen Luftfahrt erheblich kleiner. Die Nachfrage ist wesentlich durch die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel determiniert. Angesichts der angespannten Situation der Öffentlichen Haushalte und der Konsolidierungsanstrengungen sind Wachstumsraten wie im zivilen Luftverkehr illusorisch. Die Raumfahrtindustrie ist in erheblichem Maße staatlich geprägt, da Projekte in der Regel von staatlichen Organisationen – in Deutschland das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) – durchgeführt werden und zudem militärische Programme eine wichtige Rolle spielen. Mit der Raumfahrtstrategie der Bundesregierung hat diese klar bekundet, dass die Raumfahrt ein zentraler Pfeiler ihrer Hochtechnologiepolitik ist. Das von der Europäischen Kommission vorgestellte Konzept „Auf dem Weg zu einer Weltraumstrategie der Europäischen Union im Dienst der Bürgerinnen und Bürger“ stellt den ersten Schritt zu einer integrierten Raumfahrtpolitik der EU dar, die sicherlich ebenfalls neue Impulse vor allem auf dem Gebiet der staatenübergreifenden Kooperation induzieren wird. Von der Raumfahrt werden Lösungen für viele umwelt-, verkehrs-, und sicherheitspolitische Probleme erwartet. Zuverlässige Kommunikationsverbindungen in die entlegensten Orte und präzise Orientierungshilfen sind nur einige der Aufgaben eines modernen Satellitensystems. Durch raumfahrtgestützte Erdbeobachtung können Daten zur Klima- und Umweltforschung sowie zum Katastrophenschutz gesammelt werden. Wertvolle Erkenntnisse in der Materialforschung, Robotik, Sensorik, Biologie, Pharmazie und Medizin werden durch Experimente unter Weltraumbedingungen (z.B. in der Internationalen Raumstation ISS) gewonnen. Hessische Unternehmen und Forschungseinrichtungen sind bereits seit langem an der Geschichte der Raumfahrt aktiv beteiligt und haben die besten Voraussetzungen, dies auch weiterhin zu tun. Innovationen verbunden mit höchsten Qualitätsansprüchen sind hierbei der Schlüssel zum Erfolg. Dabei gilt es in diesem staatlich geprägten Segment auch die zunehmenden Potenziale zu erschließen, die sich für privatwirtschaftliche Geschäftsmodelle eröffnen, d.h. die Rolle der Raumfahrt als „enabling technology“ stärker zu nutzen. Als Beispiel seien auf der Satellitennavigation basierende kommerzielle Angebote genannt, wofür das Centrum für Satellitennavigation Hessen (cesah) in Darmstadt exzellente Voraussetzungen bietet.

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