FRM – Das Magazin über die Metropolregion Frankfur

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Das Magazin über die Metropolregion FrankfurtRheinMain

MENSCHEN Wie Newcomer FrankfurtRheinMain entdecken PERSPEKTIVE Wohin die E-Mobilität in FRM führt

STANDORT Was Hessen so attraktiv macht

EXZELLENZ Was Albert Speer an der Region schätzt

EXKURSIONEN Was man gesehen haben muss   INTERVIEW Wie sich die Taunus Sparkasse einbringt ENTDECKUNGEN Wo gute Ideen entstehen

EVENT Wie die deutsche Einheit gefeiert wird

Ausgabe 2015

Neu in FrankfurtRheinMain

Wie Newcomer die Region entdecken


Metropolregion FrankfurtRheinMain gestaltet Zukunft

//

Editorial EINE STARKE GEMEINSCHAFT FÜR UNSERE ZUKUNFT

EIN GUTES ARGUMENT FÜR UNSERE ARBEIT

Dass vor allem die großen Städte in Deutschland

Manchmal hilft ein Blick von außen, um wie-

vor der Herausforderung stehen, den Fachkräfte-

der auf Dinge aufmerksam zu werden, die

mangel durch gezielte Einwanderung abzufan-

man als Einheimischer für selbstverständlich

gen, dem Zuzug von Menschen durch den Ausbau von Wohnraum

hält: Frankfurt­RheinMain ist sehr lebenswert. Eine aktuelle Stu-

Rechnung zu tragen und trotzdem die Lebensqualität der Städte in

die zur Lebensqualität in Großstädten sieht Frankfurt am Main

mannigfaltiger Hinsicht zu erhöhen, ist hinlänglich bekannt. Ein

international in den Top Ten.

Patentrezept zur Lösung künftiger Herausforderungen gibt es aber nicht. Jede Metropolregion bedient sich hierfür unterschiedlicher

Die US-amerikanische Beratungsgesellschaft Mercer hat sich die

Instrumentarien und Strukturen.

Mühe gemacht, weltweit 230 Städte anhand von 39 Kriterien zu vergleichen. Befragt wurden Mitarbeiter von Unternehmen und

Die formalen Strukturen in der Metropolregion FrankfurtRhein-

Organisationen, die ins Ausland entsandt wurden. In die Bewer-

Main sind überholt. Es ist nicht mehr zeitgemäß und noch weniger

tung flossen politische, soziale, wirtschaftliche und umweltorien-

zielführend, dass wichtige Projekte lediglich innerhalb von Stadt-

tierte Aspekte ein, außerdem Faktoren wie persönliche Sicherheit

und Landkreisgrenzen bearbeitet werden. Erfreulicherweise ist

und Gesundheit, Bildungs- und Verkehrsangebote sowie andere

deutlich zu erkennen, dass sich in den letzten Jahren das Bewusst-

öffentliche Dienstleistungen. Frankfurt landete auf Platz 7. Ein

sein der politisch Verantwortlichen ebenso wie wichtiger Akteure

starkes Argument für die Region FrankfurtRheinMain – und für

aus den verschiedensten Bereichen gewandelt hat. Die Debatte

unsere weitere Arbeit. Denn die Ergebnisse der Studie dienen Re-

über die Zukunft unserer Metropolregion hat rasant Fahrt aufge-

gierungen und internationalen Unternehmen als Entscheidungs-

nommen, und der Prozess zu verbesserter Zusammenarbeit hat

hilfe bei der Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland. Solche

eine wünschenswerte Eigendynamik entwickelt.

Untersuchungen lassen natürlich immer Spielraum für Interpretationen. Stünden wir noch weiter vorne im Ranking, wenn nicht

House of finance

House of Logistics & MobiLity

House of it

House of pHarMa & HeaLtHcare

spitzenforschung für die Zukunft: Die Metropolregion FrankfurtRheinMain hat sich zum Ziel gesetzt, in wichtigen globalen Zukunftsthemen eine Spitzenposition im Bereich Wissenschaft und Forschung einzunehmen. Namhafte ansässige Unternehmen, Forschungsinstitute

Jetzt wird nicht nur geredet, sondern auch gehandelt – und zwar

die Zollvergehen am Flughafen in die Statistik über Sicherheit

gemeinsam. Beispielhaft steht hierfür das Wohnungsbauprojekt

einfließen würden? Wie werden diejenigen erfasst, die zwar in

der Frankfurter ABG Holding in Friedberg. Auf dem ehemaligen

den Städten arbeiten, aber in der Region ihr „Häuschen im Grü-

Gelände der US-Housing-Area sollen mehr als 100 Wohnungen

nen“ haben? Die kurzen Wege innerhalb unserer Region sind ein

entstehen. Ähnliche Projekte gibt es in Offenbach, beispiels­

Faktor für Lebensqualität, der sich nur schwer statistisch erfassen

weise auf der Hafeninsel. Nach diesem Vorbild könnten in den

lässt. Er trägt aber maßgeblich dazu bei, dass es sich in Frankfurt­

kommenden Jahren auch andere Projekte realisiert werden.

RheinMain so gut arbeiten UND leben lässt.

Dabei ist dies nicht nur ein Schlüssel zur Lösung der Wohnungsnot

Wir wollten es einfach noch etwas genauer wissen und haben uns

in den Großstädten unserer Region, sondern auch eine Möglichkeit,

daher für die aktuelle Ausgabe des FRM-Magazins auf die Suche

unterentwickelte Räume zu revitalisieren. Natürlich müssen wir

nach Menschen gemacht, die neu in der Region sind. In der Re-

dafür die nötige Infrastruktur ausbauen, den öffentlichen Nah­

portage „Angekommen“ lesen Sie, wie Newcomer in Frankfurt­

verkehr und die Zahl der Kinderbetreuungsplätze, um nur einige

RheinMain leben – und wie sie die Region erleben. Ich wünsche

Themen zu nennen. Auch hier gilt: Zusammen sind wir stärker!

Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.

Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft unserer Metropolregion

FrankfurtRheinMain gestalten!

und Hochschulen haben sich zusammengeschlossen, um die Herausforderungen der Zukunft gemeinsam anzugehen.

Eric Menges

Mit dem „House of Finance“, dem „House of Logistics & Mobility“, dem „House of IT“ und dem „House of Pharma & Healthcare“ entstehen in der Region Kompetenzzentren, die vernetzte, interdisziplinäre Forschung ermöglichen und

ein offenes Forum der Begegnung und Kooperation zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis bilden. Für die Forscher der Zukunft stehen zudem umfassende Aus- und Weiterbildungsangebote in modernsten Einrichtungen zur Verfügung. Die Zukunft kann beginnen – in FrankfurtRheinMain!

Geschäftsführer der FRM GmbH Peter Feldmann

Oberbürgermeister Frankfurt am Main DIE PARTNER DIESER FRM-AUSGABE GOLD

www.wifrm.de

SILBER

BRONZE


Inhalt

Standort

08

Die gute Infrastruktur, die zentrale Lage in Deutschland und Europa und die gelebte Internationalität sind entscheidende Argumente

//

>

Dr. Rainer Waldschmidt Geschäftsführer der Hessen Trade & Invest GmbH

Hervorragende Zusammenarbeit: Dr. Rainer Waldschmidt (links) mit Dr. Benno Bunse, Erster Geschäftsführer von Germany Trade and Invest

Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Hessen Trade & Invest GmbH vermeldet einen neuen Rekord bei der Ansiedlung internationaler Unternehmen in Hessen

HTAI

06

//

HESSEN TOP BEI INVESTOREN Im Jahr 2014 haben sich so viele internationale Unternehmen in Hessen

ware/IT-Services, der Dienstleistungssektor, der Bereich Biotech/Medizintech-

Die Hessen Trade & Invest GmbH

angesiedelt wie nie zuvor. 144 Unternehmen entschieden sich für den

nik/Gesundheitswirtschaft, die Finanzwirtschaft und der Maschinenbau am

berät ausländische Unternehmen, die sich in Hessen neu ansiedeln oder ihren Betrieb verlagern oder erweitern möchten. Sie ist Anlaufstelle für Investoren auf Landesebene, informiert über Steuer-, Aufenthalts- und Arbeitsrecht,

Standort oder haben bestehende Investitionen erweitert. Nach 119 Vorhaben im

häufigsten vertreten.

Jahr 2013 entspricht das einem Anstieg um 21 Prozent. Im jährlichen Ranking der Bundesländer liegt Hessen auf einer Spitzenposition, bezogen auf seine Größe sogar auf Platz 1.

Unter den Top-Investments in Hessen im Jahr 2014 sind einige international be-

kannte Namen. Die Novartis Vaccines and Diagnostics GmbH, deutsches Tochterunternehmen der Schweizer Novartis AG, hat in Marburg eine neue Produktionsstätte

Bei der Ansiedlung internationaler Unternehmen arbeiten die Wirtschaftsförde-

rung des Bundes, des Landes Hessen und die hessischen Marketinggesellschaften eng zusammen. „Die Rekordzahl an internationalen Neuansiedlungen und die zahlreichen Expansionsvorhaben in 2014 sind neben den herausragenden Standortbedingungen auch das Ergebnis einer hervorragenden Zusammenarbeit aller hessischen Wirtschaftsförderer“, sagt Dr. Rainer Waldschmidt, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Hessen Trade & Invest GmbH. „Wir freuen

Novartis Vaccines

//

für moderne Impfstoffe in Betrieb genommen. Die Dymax Europe GmbH, Tochter des US-Unternehmens Dymax Corp., ein führender internationaler Hersteller von lichthärtenden Materialien, Aushärtungs- und Dosiersystemen, hat am europäischen Hauptsitz in Wiesbaden ein neues Forschungs- und Entwicklungslabor eröffnet. Der Chemiestandort Hessen wurde durch die Eröffnung des Alpolic-Verbundplattenwerks der Mitsubishi Polyester Film GmbH im Industriepark Kalle-Albert in Wiesbaden weiter aufgewertet.

uns sehr über die zahlreichen internationalen Ansiedlungen und die sehr professionelle Unterstützung aus Hessen“, ergänzt Dr. Benno Bunse, Erster Geschäftsführer von Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH. „Als Wirtschaftsförderung des Bundes brauchen wir

berät zu Fördermöglichkeiten und Finanzierungsprogrammen, erstellt in enger Abstimmung mit regionalen und lokalen Akteuren maßgeschneiderte Standortangebote, organisiert Standortbesichtigungen und unterstützt bei Genehmigungsverfahren.

www.htai.de www.invest-in-hessen.de

Wipro Technologies steuert jetzt seine Europa-Geschäfte von der neuen Zentrale

in Frankfurt aus. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Indien ist einer der weltweit führenden Anbieter für Dienstleistungen in den Bereichen IT und Bera-

die Länder. Die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen in Hessen ist

tung. Auch der US-amerikanische Pharmakonzern Pharm-Allergan lenkt sein

stets hervorragend.“

Deutschland-Geschäft nun von Frankfurt aus. Pharm-Allergan ist auf die Erforschung, Entwicklung und Vermarktung innovativer Pharmaprodukte, unter

Mit 37 Unternehmen kamen 2014 die meisten Firmen aus den USA, gefolgt von Top-Invest: Novartis hat 240 Millionen Euro in eine neue Produktionsstätte für Impfstoffe in Marburg investiert

medizinische Ästhetik spezialisiert. International ist das Unternehmen durch das Präparat Botox bekannt.

hinaus vier kanadische Investitionsprojekte akquiriert. „Hessen mit der Region FrankfurtRheinMain ist der internationalste Standort in Deutschland“, erklärt

6 7

anderem für die Opthalmologie (Augenheilkunde), Neurologie, Urologie und

China mit 32, Großbritannien mit 13 und Frankreich und Indien mit jeweils neun Unternehmen. Damit sind die USA weiterhin für Hessen das wichtigste Herkunftsland ausländischer Direktinvestitionen. Über das hessische Auslandsbüro in New York wurden 18 der insgesamt 37 US-Ansiedlungen betreut und darüber

„Die gute Infrastruktur, die zentrale Lage in Deutschland und Europa und die ge-

lebte Internationalität sind entscheidende Argumente für den Wirtschaftsstandort Hessen”, sagt Dr. Rainer Waldschmidt. „Wir punkten darüber hinaus mit ei-

Eric Menges, Geschäftsführer der FrankfurtRheinMain GmbH International Mar-

ner hervorragenden Forschungslandschaft, qualifizierten Arbeitskräften und

keting of the Region. Bei einer Betrachtung nach Branchen sind die Bereiche Soft-

nicht zuletzt einer hohen Lebensqualität.”

\\

FRM 01 I 15

//

Menschen

Kelkheim Wiesbaden Mainz

Friedberg Frankfurt Aschaffenburg Darmstadt

ANGEKOMMEN Immer mehr Menschen zieht es nach FrankfurtRheinMain. Mit welchen Projekten und Hoffnungen Newcomer in der Region starten und wie sie FRM erleben. Fünf Portraits VON MARTIN ORTH (TEXT) UND JONAS RATERMANN (FOTOS)

>

Frankfurt, Nordend. Mit einem Lächeln auf den Lippen bugsiert Amol

den Kinderwagen über die belebte Berger Straße. Sie mag es, mit

ihrem Mann Jan samstagnachmittags bummeln zu gehen. Ein „Hallo“ hier, ein Kaffee da. „Allmählich kennen wir die Leute im Viertel. Das ist schon ungewöhnlich für eine Großstadt.“ Überhaupt kommt Amol schnell ins Schwärmen, wenn sie über Frankfurt spricht. „Die Stadt ist so bunt, so lebendig, man hört so viele Sprachen“, sagt sie. Sie schnippt mit den Händen: „Frankfurt buzzes“, Frankfurt brummt. Die beiden haben gefunden, was sie gesucht haben.

Amol Kahlon ist in Indien geboren, Jan Strömer kommt aus Thüringen. Beide haben

in Oxford studiert; dort haben sie sich kennengelernt – ja, und seitdem sind sie ein Paar. Nach sechs gemeinsamen Jahren im niederländischen Eindhoven wollten sie sich neu orientieren. Die Suche nach einem neuen Lebensmittelpunkt begann. Eine Großstadt sollte es sein. Dass die Wahl auf Frankfurt fiel, hatte schließlich berufliche Gründe. Jan Strömer heuerte bei Bruker an, einer amerikanischen High-Tech-Firma mit deutschen Wurzeln. Und Amol Kahlon, die promovierte Historikerin, fand einen Job beim indischen Generalkonsulat in Frankfurt. Zwei anspruchsvolle Jobs: Jan Strömer ist bei Bruker stellvertretender Leiter For-

schung und Entwicklung. Das Unternehmen arbeitet im Bereich der instrumentellen Analytik und beliefert Forschungseinrichtungen wie zum Beispiel Institute der Max-Planck-Gesellschaft mit Supraleitern. Bruker-High-Tech-Material war auch bei der aufsehenerregenden Entdeckung des Higgs-Teilchens 2012 am CERN in Genf im Einsatz. Auch Amol Kahlon hatte schnell eine spannende Herausforderung in ihrem neuen Job zu lösen. Sie organisierte die Veranstaltungen

Amol Kahlon und Jan Strömer

und Feierlichkeiten rund um 60 Jahre deutsch-indische Beziehungen in FrankfurtRheinMain. Zurzeit kümmert sie sich um ihren gemeinsamen Sohn Markus

Das deutsch-indische Paar hat den Bethmannpark vor der Haustür

Angad, „einen kleinen Frankfurter“, wie sie stolz sagt.

8 9

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STANDORT > REKORD IN HESSEN

MENSCHEN > NEU IN DER REGION

Welche Unternehmen sich ansiedeln

Wie Newcomer FRM entdecken

28

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Exkursionen

41 PLACES TO BE Römerkastell und Jugendstilvillen, Dünen und Felsenmeer, Wasserhäuschen und Varieté – entdecken Sie FrankfurtRheinMain abseits der gewohnten Pfade. 41 Plätze, die man gesehen haben muss.

Frankfurt 1/3/4/5/6 2

2

3

4 5

28 29

Hohe Straße Wer einmal einen richtig tollen Fahrrad-Highway-Trip plant, sollte unbedingt den alten Handelsweg zwischen Frankfurt und Leipzig beradeln. › regionalpark-rheinmain.de Grube Messel Wer vorhat, sich auf die Schnelle mal 50 Millionen Jahre in die Vergangenheit zurückzubeamen, kommt bei der Grubentour in der UNESCO-Weltnaturerbestätte Grube Messel auf seine Kosten. Höhepunkt: die beiden in Ölschiefer eingebundenen Skelette der pferdeartigen Proalaeotherium und Eurohippus. › grube-messel.de Arboretum Wer in einem weniger als zweistündigen Spaziergang rund 600 Baum- und Straucharten aus allen Vegetationszonen der nördlichen Erdhalbkugel sehen möchte, sollte dringend das Aboretum zwischen Sulzbach, Schwalbach und Eschborn duchstreifen. › regionalpark-rheinmain.de Grüne-Soße-Denkmal Wer seiner Verehrung der siebenkräutrigen Grünen Soße gebührend Ausdruck verleihen will, kann, nein muss, zum Grüne-Soße-Denkmal in Oberrad pilgern. › frankfurt.de Schwanheimer Dünen Wer plötzlich den dringenden Wunsch nach einem Küstenspaziergang verspürt, findet in der kargen südmainischen Sand-Landschaft mit Silbergras und Kiefern schönste Kompensation › frankfurt.de

6 dpa/Frank Rumpenhorst

1

Regionalpark RheinMain. Wer zivilisationsflüchtend raus will aus der Stadt, Natur pur und idyllische Landschaftsinseln erleben möchte, findet im Regionalpark RheinMain sein Glück. Ein absolutes Highlight der Region, bald mit einem Routennetz von 1250 (!) Kilometer. › regionalpark-rheinmain.de

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Entdeckungen

FASHION DISTRICT FRM FrankfurtRheinMain galt bisher nicht als Mode-Hot Spot. Jetzt tut sich einiges. Im Sachsenhäuser Brückenviertel hat sich ein Fashion District entwickelt, der seinesgleichen sucht

Fashion and more: Im Brückenviertel treffen sich Design und Geschmack

VON JULIA SÖHNGEN (TEXT) UND TIM WEGNER (FOTOS)

>

Das Erste, was einem zu Sachsenhausen einfällt? In einer nichtrepräsen-

tativen Straßenumfrage war die häufigste Antwort, oh Wunder, Apfelwein.

Als nächstes Fluglärm. Leider kein Scherz. Doch schon der nächste Vorschlag macht froh: das Brückenviertel, das Mode-Idyll Frankfurts. Anerkannt hibbdebach wie dribbdebach – also diesseits und jenseits des Mains. Hier, im südlichen Sachsenhau-

Hessisch stylish: Die Töpferei Maurer bietet das Steinzeug zum „Schobbe“, handgetöpfert und bemalt www.keramik-maurer.de

Farbenfroh: Vanesa Galassi präsentiert im „Ookoko“ internationale Designer, ausgefallene Accessoires, Kunst und Möbel www.ookoko.eu

sen, wo Brücken- und Wallstraße aufeinandertreffen, ist aus einem gewöhnlichen Wohnquartier ein kreatives Szeneviertel erwachsen, das nicht nur in Frankfurt seinesgleichen sucht. Es ist genau dieses Zusammentreffen von Tradition und Moderne, das jenen besonderen Reiz des Brückenviertels ausmacht. Szenig und cool ja, aber niemals abgehoben oder versnobt. Und urban im besten Sinne. Das Thema Mode gibt hier den Ton an. Aber die zahlreichen jungen Labels und Designerläden, die sich angesiedelt haben, machen nicht nur mit individuellen Kreationen auf sich aufmerksam, sondern gleichermaßen mit ihren liebevoll gestalteten Ladenboutiquen. Ob zeitlos-elegant, klassisch, originell, verspielt, gewagt oder clean und chic – einen besseren Überblick über die Frankfurter Modeszene bekommt man kaum. Die Erste, die den Charme des Viertels erkannte, war Myriam Beltz, die in der Brü-

ckenstraße 50 ihren Laden „Lieblingsstücke“ führt und hier puristisch, aber mit verstecktem Witz Mode und Accessoires hauptsächlich skandinavischer Designer präsentiert. Seit über zehn Jahren tut sie das. „Ich verkaufe hier nicht nur Mode,

42 43

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EXKURSIONEN > PLACES TO BE

ENTDECKUNGEN > DER FASHION DISTRICT

Was man gesehen haben muss

Wo gute Ideen entstehen

03 Editorial 04 Inhalt, Impressum 06 Standort

> Welche Unternehmen sich ansiedeln

LIMBURG

08 Menschen

BAD HOMBURG

> Wie Newcomer FRM entdecken

18 Perspektive

> Wohin die E-Mobilität in FRM führt

22 Exzellenz

> Was Albert Speer an der Region schätzt

FRANKFURT WIESBADEN

HANAU

OFFENBACH

MAINZ

ASCHAFFENBURG

26 Projekte

> Wie Gateway Gardens aussehen könnte

DARMSTADT

28 Exkursionen

> Was man gesehen haben muss

40 Interview

> Wie sich die Taunus Sparkasse einbringt

HEPPENHEIM

42 Entdeckungen

> Wo gute Ideen entstehen

50 Event

> Wie die deutsche Einheit gefeiert wird

IMPRESSUM Herausgeber FRM – Das Magazin über die Metropolregion FrankfurtRheinMain wird realisiert von der FrankfurtRheinMain GmbH International Marketing of the Region in Zusammenarbeit mit Societäts-Medien, Frankfurt am Main. Für die FrankfurtRheinMain GmbH: Eric Menges, Geschäftsführer Verlag Frankfurter Societäts-Medien GmbH, Tel.: (069) 75 01-0, Geschäftsführer: Oliver Rohloff Anschrift von Verlag und Redaktion Frankenallee 71–81, 60327 Frankfurt am Main, zugleich auch ladungsfähige Anschrift für alle im Impressum genannten Verantwortlichen und Vertretungs­­berechtigten

4    5

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Redaktion Chefredakteur: Peter Hintereder, Martin Orth (CvD) Tel.: (069) 75 01-43 52, Fax (069) 75 01-43 61 Art-Direktion Martin Gorka Produktion André Herzog Distribution Klaus Hofmann, Tel. (069) 75 01-42 74, Fax (069) 75 01-45 02 Hinweise Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags. Printed in Germany, Copyright © by Frankfurter Societäts-Medien GmbH 2015. Das Papier der Zeitschrift ist umweltfreundlich. Es wurde unter Verwendung von chlorfrei gebleichtem Zellstoff hergestellt. Titelbild dpa/Frank Rumpenhorst


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Standort

Die gute Infrastruktur, die zentrale Lage in Deutschland und Europa und die gelebte Internationalität sind entscheidende Argumente

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HESSEN TOP BEI INVESTOREN

HTAI

Im Jahr 2014 haben sich so viele internationale Unternehmen in Hessen

ware/IT-Services, der Dienstleistungssektor, der Bereich Biotech/Medizintech-

angesiedelt wie nie zuvor. 144 Unternehmen entschieden sich für den

nik/Gesundheitswirtschaft, die Finanzwirtschaft und der Maschinenbau am

Standort oder haben bestehende Investitionen erweitert. Nach 119 Vorhaben im

häufigsten vertreten.

Jahr 2013 entspricht das einem Anstieg um 21 Prozent. Im jährlichen Ranking der Bundesländer liegt Hessen auf einer Spitzenposition, bezogen auf seine Größe so-

Unter den Top-Investments in Hessen im Jahr 2014 sind einige international be-

gar auf Platz 1.

kannte Namen. Die Novartis Vaccines and Diagnostics GmbH, deutsches Tochterun-

Novartis Vaccines

ternehmen der Schweizer Novartis AG, hat in Marburg eine neue Produktionsstätte Bei der Ansiedlung internationaler Unternehmen arbeiten die Wirtschaftsförde-

für moderne Impfstoffe in Betrieb genommen. Die Dymax Europe GmbH, Tochter

rung des Bundes, des Landes Hessen und die hessischen Marketinggesellschaften

des US-Unternehmens Dymax Corp., ein führender internationaler Hersteller von

eng zusammen. „Die Rekordzahl an internationalen Neuansiedlungen und die

lichthärtenden Materialien, Aushärtungs- und Dosiersystemen, hat am europäi-

zahlreichen Expansionsvorhaben in 2014 sind neben den herausragenden Stand-

schen Hauptsitz in Wiesbaden ein neues Forschungs- und Entwicklungslabor eröff-

ortbedingungen auch das Ergebnis einer hervorragenden Zusammenarbeit aller

net. Der Chemiestandort Hessen wurde durch die Eröffnung des Alpolic-Verbund-

hessischen Wirtschaftsförderer“, sagt Dr. Rainer Waldschmidt, Geschäftsführer

plattenwerks der Mitsubishi Polyester Film GmbH im Industriepark Kalle-Albert in

der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Hessen Trade & Invest GmbH. „Wir freuen

Wiesbaden weiter aufgewertet.

uns sehr über die zahlreichen internationalen Ansiedlungen und die sehr professionelle Unterstützung aus Hessen“, ergänzt Dr. Benno Bunse, Erster Geschäfts-

Wipro Technologies steuert jetzt seine Europa-Geschäfte von der neuen Zentrale

führer von Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und

in Frankfurt aus. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Indien ist einer der welt-

Standortmarketing mbH. „Als Wirtschaftsförderung des Bundes brauchen wir

weit führenden Anbieter für Dienstleistungen in den Bereichen IT und Bera-

die Länder. Die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen in Hessen ist

tung. Auch der US-amerikanische Pharmakonzern Pharm-Allergan lenkt sein

stets hervorragend.“

Deutschland-Geschäft nun von Frankfurt aus. Pharm-Allergan ist auf die Erforschung, Entwicklung und Vermarktung innovativer Pharmaprodukte, unter

Top-Invest: Novartis hat 240 Millionen Euro in eine neue Produktionsstätte für Impfstoffe in Marburg investiert

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Geschäftsführer der Hessen Trade & Invest GmbH

Hervorragende Zusammenarbeit: Dr. Rainer Waldschmidt (links) mit Dr. Benno Bunse, Erster Geschäftsführer von Germany Trade and Invest

Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Hessen Trade & Invest GmbH vermeldet einen neuen Rekord bei der Ansiedlung internationaler Unternehmen in Hessen

>

Dr. Rainer Waldschmidt

Mit 37 Unternehmen kamen 2014 die meisten Firmen aus den USA, gefolgt von

anderem für die Opthalmologie (Augenheilkunde), Neurologie, Urologie und

China mit 32, Großbritannien mit 13 und Frankreich und Indien mit jeweils neun

medizinische Ästhetik spezialisiert. International ist das Unternehmen durch

Unternehmen. Damit sind die USA weiterhin für Hessen das wichtigste Her-

das Präparat Botox bekannt.

kunftsland ausländischer Direktinvestitionen. Über das hessische Auslandsbüro in New York wurden 18 der insgesamt 37 US-Ansiedlungen betreut und darüber

„Die gute Infrastruktur, die zentrale Lage in Deutschland und Europa und die ge-

hinaus vier kanadische Investitionsprojekte akquiriert. „Hessen mit der Region

lebte Internationalität sind entscheidende Argumente für den Wirtschaftsstand-

FrankfurtRheinMain ist der internationalste Standort in Deutschland“, erklärt

ort Hessen”, sagt Dr. Rainer Waldschmidt. „Wir punkten darüber hinaus mit ei-

Eric Menges, Geschäftsführer der FrankfurtRheinMain GmbH International Mar-

ner hervorragenden Forschungslandschaft, qualifizierten Arbeitskräften und

keting of the Region. Bei einer Betrachtung nach Branchen sind die Bereiche Soft-

nicht zuletzt einer hohen Lebensqualität.”

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Die Hessen Trade & Invest GmbH berät ausländische Unternehmen, die sich in Hessen neu ansiedeln oder ihren Betrieb verlagern oder erweitern möchten. Sie ist Anlaufstelle für Investoren auf Landesebene, informiert über Steuer-, Aufenthalts- und Arbeitsrecht, berät zu Fördermöglichkeiten und Finanzierungsprogrammen, erstellt in enger Abstimmung mit regionalen und lokalen Akteuren maßgeschneiderte Standortangebote, organisiert Standortbesichtigungen und unterstützt bei Genehmigungsverfahren. www.htai.de www.invest-in-hessen.de


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Menschen

Friedberg Kelkheim Frankfurt Wiesbaden Aschaffenburg Mainz Darmstadt

ANGEKOMMEN Immer mehr Menschen zieht es nach FrankfurtRheinMain. Mit welchen Projekten und Hoffnungen Newcomer in der Region starten und wie sie FRM erleben. Fünf Portraits VON MARTIN ORTH (TEXT) UND JONAS RATERMANN (FOTOS)

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Frankfurt, Nordend. Mit einem Lächeln auf den Lippen bugsiert Amol

den Kinderwagen über die belebte Berger Straße. Sie mag es, mit

ihrem Mann Jan samstagnachmittags bummeln zu gehen. Ein „Hallo“ hier, ein Kaffee da. „Allmählich kennen wir die Leute im Viertel. Das ist schon ungewöhnlich für eine Großstadt.“ Überhaupt kommt Amol schnell ins Schwärmen, wenn sie über Frankfurt spricht. „Die Stadt ist so bunt, so lebendig, man hört so viele Sprachen“, sagt sie. Sie schnippt mit den Händen: „Frankfurt buzzes“, Frankfurt brummt. Die beiden haben gefunden, was sie gesucht haben. Amol Kahlon ist in Indien geboren, Jan Strömer kommt aus Thüringen. Beide haben

in Oxford studiert; dort haben sie sich kennengelernt – ja, und seitdem sind sie ein Paar. Nach sechs gemeinsamen Jahren im niederländischen Eindhoven wollten sie sich neu orientieren. Die Suche nach einem neuen Lebensmittelpunkt begann. Eine Großstadt sollte es sein. Dass die Wahl auf Frankfurt fiel, hatte schließlich berufliche Gründe. Jan Strömer heuerte bei Bruker an, einer amerikanischen High-Tech-Firma mit deutschen Wurzeln. Und Amol Kahlon, die promovierte Historikerin, fand einen Job beim indischen Generalkonsulat in Frankfurt. Zwei anspruchsvolle Jobs: Jan Strömer ist bei Bruker stellvertretender Leiter For-

schung und Entwicklung. Das Unternehmen arbeitet im Bereich der instrumentellen Analytik und beliefert Forschungseinrichtungen wie zum Beispiel Institute der Max-Planck-Gesellschaft mit Supraleitern. Bruker-High-Tech-Material war auch bei der aufsehenerregenden Entdeckung des Higgs-Teilchens 2012 am CERN in Genf im Einsatz. Auch Amol Kahlon hatte schnell eine spannende Herausforderung in ihrem neuen Job zu lösen. Sie organisierte die Veranstaltungen und Feierlichkeiten rund um 60 Jahre deutsch-indische Beziehungen in FrankfurtRheinMain. Zurzeit kümmert sie sich um ihren gemeinsamen Sohn Markus Angad, „einen kleinen Frankfurter“, wie sie stolz sagt.

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Amol Kahlon und Jan Strömer Das deutsch-indische Paar hat den Bethmannpark vor der Haustür


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Menschen

Eine internationale Stadt, die Menschen aus der ganzen Welt zusammenbringt // Kevin Milas,

US-Generalkonsul

Kelkheim im Taunus. Im Garten des hübschen Einfamilienhauses spielen die Kin-

der Antonia und Leander im Sandkasten. Ihre Eltern, Uta und Michael Kadow, sind vor einem Jahr von Berlin in den Main-Taunus-Kreis gezogen. Der Grund: Ihr Arbeitgeber, der Logistik-Konzern DB Schenker, in dem die weltweiten Transport- und Logistikaktivitäten der Deutschen Bahn gebündelt sind, verlegte 2013 seine Zentrale von Berlin nach Gateway Gardens am Frankfurter Flughafen. Uta und Michael Kadow sind dem Unternehmen nach Frankfurt gefolgt. Der Arbeitgeber hat den Umzug mit dem Projekt „New place to be“ professionell unterstützt und dabei den Mitarbeitern auch zahlreiche Möglich­ keiten geboten, sich über FrankfurtRheinMain zu informieren. DB-Schenker Vorstand Karl-Friedrich Rausch, selbst Hesse, hatte Michael persönlich Tipps gegeben, in welchen Gegenden er sich für das neue Domizil mal umschauen sollte. So sind sie in Kelkheim gelandet. Uta Kadow ist bei DB Schenker Rail, der führenden Güterbahn in Europa, im Marketingbereich beschäftigt, und

Das US-Generalkon­ sulat in Frankfurt ist das größte amerikanische Konsulat weltweit. Es ist für die in der Region lebenden Amerikaner zuständig und nimmt durch die strategisch günstige Lage eine bedeutende Dienstleistungs- und Unterstützungsfunktion für über 100 andere US-Vertretungen auf der ganzen Welt ein. Derzeit arbeiten im Generalkonsulat etwa 1100 Menschen, Tendenz steigend.

Michael Kadow war bei DB Schenker für den Bereich Business Excellence zuständig. Beide haben sich bei DB Schenker kennengelernt und zehn Jahre in Berlin-Mitte gelebt. Michael Kadow hat jüngst die Geschäfts­f ührung des House of Logistics and Mobility (HOLM) übernommen. Auch sie haben gefunden, was sie gesucht haben. Denn mit den Kindern wollten

sie raus aus der Stadt. Das ist in Berlin mit längeren Wegen verbunden. „Hier sieht das anders aus“, sagt Michael Kadow. „150 Meter in den Wald, 300 Meter zum Schwimmbad, 6 Minuten ins Main-Taunus-Zentrum und 25 Minuten zur Arbeit. Die Kita liegt auf halber Strecke. Passt“, sagt er, ganz Logistiker. „In Berlin kamen wir aus der Wohnung und hatten Stadt, Stadt, Stadt“, sagt Uta. „Hier leben wir nahe der Großstadt im Grünen – und haben Skyline-Blick vom Garten aus.“ Die Kadows sind nur vier von vielen Newcomern in FrankfurtRheinMain. Das

Wort „Siedlungsdruck“ ist die am meisten verwendete Vokabel für die Tatsache, dass die Region Unternehmen, Institutionen und Menschen nahezu magnetisch anzieht. Allein nach Frankfurt sind 2013 mehr als 15.000 Menschen gezogen, das sind rund 300 pro Woche. Was die Region mit ihren 5,5 Millionen Einwohnern so attraktiv macht, ist vergleichsweise einfach zu beschreiben. Wirtschaftlich gesehen ist es der hoch interessante, dynamische Arbeitsmarkt, urban betrachtet ist es ihre relative Kleinheit. FRM gilt vielen als ideale Kurzwege-Region. Und sie punktet mit guter Infrastruktur, internationalem Schulangebot, wissenschaftlicher Exzellenz, Top-Kulturniveau, viel Grün und hoher Lebensqualität.

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Kevin Milas Der US-Generalkonsul residiert nicht, er lebt in Frankfurt


//

Menschen

Jeden Monat besucht mich einer aus meiner Familie // Eleni Kouveletsou, EZB-Mitarbeiterin

Die Europäische Zentralbank mit Sitz in Frankfurt am Main soll die Kaufkraft des Euro und somit die Preisstabilität im Euroraum gewährleisten. Zum Währungsgebiet gehören 19 Länder der Europäischen Union. Die EZB beschäftigt etwa 1100 Mitarbeiter, Hunderte kommen für die neue Bankenaufsicht hinzu. 2014 ist die EZB von der Innenstadt in den neuen Tower im Ostend gezogen.

Frankfurt, Ostend. Wo die Europastadt Frankfurt am europäischsten ist, treffen wir

Eleni Kouveletsou. Etwa 1000 hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat die Europäische Zentralbank (EZB) 2014 für die neue europäische Bankenaufsicht eingestellt. Seit vergangenem Jahr kontrolliert die Notenbank die 123 größten Institute im Euro-Währungsgebiet direkt, darunter 21 Banken in Deutschland. Die Bankenaufseher arbeiten in der Innenstadt, alle anderen Mitarbeiter sind im November 2014 in den Neubau in der Sonnemannstraße gezogen. Eleni Kouveletsou ist eine von ihnen. Die junge Griechin arbeitet seit September 2014 im Sovereign Issues Team im 8. Stock des neuen EZB-Towers, des riesigen Glashochhauses, das innen aus zwei Türmen besteht. Gemeinsam mit ihren Kollegen aus verschiedenen Ländern Europas beschäftigt sie sich mit Staatsanleihen. Eleni stammt aus einer Athener Banker-Familie, hat in Glasgow ein MBA-Studium absolviert – und wusste „überhaupt nicht“, was sie in FrankfurtRheinMain erwartet. „Ich habe erst mal im Internet recherchiert und die Skyline und den Main gesehen. Griechen lieben das Wasser“, sagt sie. „An dem Tag, an dem ich hierherkam, war ich wirklich überrascht. Es war der letzte Tag des Museumsuferfestes. Ein toller Empfang. Inzwischen kommt fast jeden Monat einer aus meiner Familie zu Besuch.“ Frankfurt, Gießener Straße. Kevin Milas hat von Berufs wegen mit Frankfurt­

RheinMain zu tun. Er ist Generalkonsul der Vereinigten Staaten und damit Leiter des größten US-Konsulats weltweit mit über 1100 Mitarbeitern. Milas ist weit herumgekommen. Der Berufsdiplomat war auf fünf Kontinenten und in neun Botschaften auf Posten, zuletzt in Almaty/Kasachstan als stellvertretender Botschafter. Bereits einen Monat nach seiner Ankunft in Frankfurt gestand er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ im Interview: „Die Stadt ist viel, viel interessanter, als ich gedacht hatte. Jetzt merke ich, wie lebenswert es hier ist.“ Milas kannte Frankfurt bis dahin nur von der Durchreise. „Jetzt muss ich sagen: It is a place to go to. Eine internationale Stadt, die Menschen aus der ganzen Welt zusammenbringt“, sagt er, als wir ihn treffen. „Eigentlich braucht man hier keine Deutschkenntnisse.“ Nicht nur seinen amerikanischen Landsleuten rät er dazu, zu Fuß die einzelnen Frankfurter „Villages“ zu entdecken und die verschiedenen „Flavors“ zu genießen. Auch mit den regionalen Spezialitäten wie Grüne Soße und Äppelwoi hat sich Kevin Milas durchaus angefreundet. Nur zum

Eleni Kouveletsou Die jungen Griechin arbeitet bei der Europäischen Zentralbank

„Handkäs‘ mit Musik“ hat sich noch keine rechte Beziehung einstellen wollen. „The jury is still out“, sagt er lächelnd. Er erzählt von seinen beiden inzwischen erwachsenen Kindern, die in verschiedenen Ländern aufgewachsen sind und ihn in Frankfurt besucht haben. „Mein Sohn ist in der Türkei groß geworden. Hier hat er ausgezeichnete türkische Restaurants gefunden und konnte Türkisch sprechen.“

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Menschen

Skyline-Blick vom Garten aus // Uta Kadow,

DB Schenker Rail

Für den Generalkonsul schließt sich in Frankfurt ein Kreis. Sein Vater, ein Marine-

offizier, war 1969 auf dem Weg zu seinem neuen Standort in Spanien erkrankt und musste im Militärkrankenhaus in Frankfurt behandelt werden. Kevin hatte ihn dort besucht. Heute ist der Gebäudekomplex an der Gießener Straße sein Arbeitsplatz. „Damals war das Verhältnis zwischen US-Militärs und amerikanischen Zivilpersonen in FrankfurtRheinMain etwa fifty-fifty. Heute leben im weiteren Umfeld von FrankfurtRheinMain etwa 100.000 Amerikanerinnen und Amerikaner und 25.000 Militärs mit ihren Familien. Das Verhältnis sagt doch alles zur Entwicklung der deutsch-amerikanischen Beziehungen.“ Die Attraktivität der Region stellt Politik und Verwaltung der Kommunen aber

auch vor große Herausforderungen: Wo sollen die Neubürger wohnen, die es nach FrankfurtRheinMain zieht? Bauland ist knapp und es braucht nicht nur Wohnungen, sondern auch Kitas, Schulen, Infrastruktur. Diese Fragestellung hat zu einer engeren Kooperation in der Region und innovativen Lösungen geführt. So baut die Frankfurter Wohnungsbaugesellschaft ABG inzwischen auch in Friedberg und Offenbach. Ursprünglich hatte sie nur 400 Millionen Euro für den Wohnungsbau vorgesehen. Jetzt sollen bis zum Jahr 2019 über 6000 neue Wohnungen für mehr als zwei Milliarden Euro entstehen. Auch auf dem Privatsektor zeichnen sich neue Entwicklungen ab. Wohnhochhäuser, Wohnkomplexe für Studierende und die Umwandlung von Büroräumen in Mietwohnungen liegen im Trend. Allein in der Frankfurter Bürostadt Niederrad sollen durch Umnutzung 3000 Wohnungen Euro entstehen – und auch der Name „Bürostadt“ soll verschwinden.

Umweltfreundlicher Hybridantrieb – jetzt auch für Flugzeuge. Uta und Michael Kadow Die Familie folgte ihrem Arbeit­geber DB Schenker nach Frankfurt­ RheinMain

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Zumindest, wenn Sie auf dem Flughafen Frankfurt starten oder landen. Den Weg zwischen Terminal und Startbahn – immerhin bis zu fünf Kilometer – rollen Flugzeuge normalerweise mit der Kraft ihrer Triebwerke. Der TaxiBot wurde als Schlepper mit Hybridantrieb entwickelt, damit das in Zukunft in vielen Fällen auch leise und sauber funktioniert. Ein Schritt von vielen auf dem Weg zur Elektromobilität am Flughafen Frankfurt. Projekt E-PORT AN ist eine Kooperation der Partner

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Menschen

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Shiva Adhikari Cargo City Süd. Shiva Adhikari ist mit einem Rückbau beschäftigt. Für den Aus-

bau des Frankfurter Flughafens musste die Chemiefirma Ticona umziehen. Der

Der Nepalese ist Bauingenieur am Frankfurter Flughafen

Nepalese arbeitet seit 12 Jahren für Fraport, mittlerweile als Ingenieur im Bereich Real Estate and Facility Management in der Cargo City Süd. Seine erste Station in Deutschland war Hannover. Dort machte seinen Master in Geotechnik und Infrastruktur. Er ging zurück nach Nepal – und kam 2002 ein zweites Mal nach

Für die Zukunft der Region.

Deutschland, nach Offenbach. Dort gründete er mit sechs anderen Familien den Verein „Nepali Samaj“ (Nepalesische Gesellschaft), dessen Vorsitzender er heute ist. Vor allem durch die Community hat er die Region kennengelernt. „Die Mitglieder und Freunde kommen aus allen Ecken und Winkeln von FrankfurtRheinMain.“ Gemeinsam wollen sie hier den Himalaja-Staat bekannter machen und Verbindungen schaffen. Erst kürzlich haben sie eine Schule in Shivas Heimatstadt Siraha nahe der indischen Grenze mit einem Computer Lab ausgestattet. In Frankfurt hat der Verein einen Nepali-Kurs an der Volkshochschule initiiert, einen der ganz wenigen in Deutschland. Mit dem Spracherwerb hat Shiva Adhikari ohnehin so seine eigenen Erfahrungen gemacht. „Als ich von Hannover hierher kam, habe ich mich gefragt: Wie reden die denn“, sagt er und lacht. „,Net‘ hieß plötzlich nicht mehr ,nett‘, sondern ,nicht‘. Ich musste zum zweiten Mal Deutsch lernen.“ Inzwischen lebt er mit seiner deutschen Frau und drei Kindern in Friedberg - und spricht mit einem leicht hessisch-nepalesischen Akzent.

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Der Flughafenbetreiber Fraport gehört international zu den führenden Unternehmen im Airport-Business und betreibt mit dem Flughafen Frankfurt eines der bedeutendsten Luftverkehrsdrehkreuze der Welt. Bei insgesamt 500 Firmen und Institutionen arbeiten 78.000 Personen, davon sind 21.000 Beschäftigte allein bei Fraport tätig. Das macht den Frankfurter Flughafen zur größten lokalen Arbeitsstätte Deutschlands.

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Perspektive

10 %

WEGBEREITER

DES FUHRPARKS DES FRANKFURTER FLUGHAFENS SIND ELEKTRIFIZIERT

FrankfurtRheinMain will sich an die Spitze der Entwicklung zur E-Mobilität setzen. Mehrere Initiativen weisen den Weg

>

J ür g e n M a i

VON JOACHIM HEPPNER

Man hört sie nicht, aber man sieht sie schon: die elektromobile Zu-

kunft. Am Frankfurter Flughafen arbeiten bereits zehn Prozent des

Fuhrparks elektrisch. Und der Fuhrpark umfasst immerhin 3000 Fahrzeuge. Davon sind 150 kleine Zugmaschinen, fast alle Förderbandwagen, acht Palettenhubwagen für die Beladung der Flugzeuge, der Prototyp einer Passagiertreppe mit Solarkollektoren sowie über 20 Pkw, die vornehmlich für den firmeneigenen Car Pool eingesetzt werden, sowie zwei Kleinbusse für den Crew-Transport elektrifiziert.

12.000

PKW WAREN ANFANG 2014 MIT REINEM ELEKTROANTRIEB AUF DEUTSCHEN STRASSEN UNTERWEGS

Das Airport-Areal ist ein ideales Einsatzgebiet für Elektrofahrzeuge. Denn am

Frankfurter Flughafen wird mehr gefahren als geflogen. Passagiere, Gepäck, Fracht und Catering müssen zum oder vom Flugzeug transportiert, die Flieger zur Startbahn beziehungsweise zum Gate geschleppt werden. Und für Fraport zahlt sich die Elektrifizierung des Fuhrparks aus. Den höheren Anschaffungskosten stehen laut Andreas Eibensteiner, Koordinator alternative Antriebe, viele Vorteile für das Unternehmen und die Mitarbeiter entgegen: weniger Energieverbrauch, weniger Wartungs- und Instandhaltungskosten, weniger CO2-Ausstoß, weniger Bodenlärm. Zudem, betont Eibensteiner, verhielten sich die Elektroantriebe bei dem vielen Stop-and-go-Verkehr sehr viel tauglicher. Wenn es nach Eibensteiner geht, ist bei zehn Prozent der Fahrzeuge noch lange nicht Schluss: „Wir stehen

Fraport und Lufthansa haben sich aus Überzeugung zur Förderung der Elektro-

mobilität entschlossen. Das Projekt unter dem Namen „E-PORT AN“ wird von der Bundesregierung im Rahmen der „Modellregion Elektromobilität Rhein-Main“ mit rund acht Millionen Euro unterstützt, 2014 wurde es mit dem GreenTec Award ausgezeichnet. Das Land Hessen unterstützt das Projekt logistisch.

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M a r t i n L ei s s l

erst am Anfang.“

50

FAHRZEUGE WURDEN IM RAHMEN DES PROJEKTS „ERSTER! DAS HANDWERK FÄHRT EMOBIL“ IN FRANKFURT UND WIESBADEN AN HANDWERKSBETRIEBE AUSGELIEFERT


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Perspektive

Ein E-Loader (Palettenhubwagen) wird an vorhandenen Ladestellen auf dem Flug-

Ansgar Roese, Leiter des Kompetenzzentrums Logistik und Mobilität bei der

hafen-Vorfeld geladen. Er benötigt die ganze Nacht zum Aufladen seiner Batterie.

Wirtschaftsförderung Frankfurt, zieht eine positive Bilanz. „50 Fahrzeuge wur-

Dann ist er aber auch für eine ganze Schicht gerüstet. Für die Gabelstapler der

den in Frankfurt und Wiesbaden an Handwerksbetriebe ausgeliefert – alle Betei-

Fraport-Frachttochter FCS ist eine eigene Batteriewechselstation vorhanden. Zum

ligten waren begeistert.“ Anfangs sei der eine oder andere zögerlich gewesen, so

Projekt E-PORT AN zählen außerdem drei hybridbetriebene TaxiBot-Schlepper

Roese, aber nach einer gewissen Zeit gab es nur positive Reaktionen. Vor allem das

der Lufthansa-Tochter LEOS. Normalerweise rollen die Flieger mit der Kraft ihrer

komfortable und leise Fahren mit dem durchzugsstarken Elektromotor habe die

Triebwerke bis zu fünf Kilometer vom Terminal bis zur Startposition. Mithilfe von

Beteiligten überzeugt. Heute heißt es: Ein Kleinwagen mit Elektroantrieb ist im

TaxiBot können Piloten ihre Maschinen ohne laufende Triebwerke selbst zur

Stadtverkehr ideal. Die höheren Anschaffungskosten werden über die Zeit durch

Startbahn bewegen. Auch hier gilt: 63 Prozent weniger Energiekosten, 50 Prozent

geringere Wartungs- und Instandhaltungskosten ausgeglichen.

FÜR HANDWERKER IST DAS ELEKTROAUTO IM STADTVERKEHR IDEAL //

F rap or t AG

weniger Wartungsaufwand, 73 Prozent weniger CO2-Emissionen, Halbierung des Bodenlärms. Aufs Jahr hochgerechnet, könnte man mit dem eingesparten Kerosin

„Insofern war der Zuschuss ein wichtiger Anstoß“, so Roese. „Irgendwo muss man

eine A380 zehnmal voll tanken.

ja mal anfangen.“ Das auf den Fahrzeugen aufgeklebte Logo des Projekts sorgte zudem für einen hohen Werbefaktor. Seine Meinung teilt er mit Werner Backes

FÜR FRAPORT RECHNET SICH DIE ELEKTROMOBILITÄT

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In direkter Nachbarschaft des Flughafens, im House of Logistics and Mobility

vom Wiesbadener Amt für Wirtschaft und Liegenschaften. Die Vorbehalte seien

(HOLM), wurde derweil erst kürzlich die Initiative „DieMo Rhein-Main“ („Dienst-

zwar anfangs groß gewesen. Inzwischen hätten sich aber alle mit der neuen Tech-

leistungen fördern elektrische Mobilität“) aus der Taufe gehoben. Verschiedene

nik angefreundet. Die Handwerker lobten vor allem den Fahrkomfort und die

Partner wollen in FrankfurtRheinMain Elektroantriebe im Alltag besser nutzbar

deutlich niedrigeren Energiekosten.

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machen. Das praxisnahe Forschungsprojekt will für Kommunen und End­ verbraucher einen Handlungsleitfaden erarbeiten, um Angebote ausbauen und fördern zu können. Dazu gehört eine Karte der Ladeinfrastruktur genauso wie ein Online-Kostenrechner, der Vergleiche zwischen Elektroautos und Pkw mit Verbrennungsmotor hinsichtlich Anschaffung und Betrieb ermöglicht. Zu den Partnern der Initiative gehören die Frankfurt University of Applied Sciences, das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF), die ivm GmbH und die Universität Kassel. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt das Vorhaben. Mathias Samson, Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: „Das Mobilitätsverhalten wird sich fundamental ändern. Dafür brauchen wir ambitionierte Ziele.“ Bereits erfolgreich umgesetzt wurde die Initiative „Erster! Das Handwerk fährt

emobil“, ein Gemeinschaftsprojekt des Landes Hessen, der Städte Frankfurt und Wiesbaden, der Frankfurt University of Applied Science und der Handwerks­ kammern Frankfurt-Rhein-Main und Wiesbaden. Sie unterstützten finanziell die Anschaffung von Elektroautos beziehungsweise Wagen mit Plug-in-HybridAntrieb für Handwerker. An dem über drei Jahre laufenden Pilotprojekt waren die unterschiedlichsten Branchen vom Bauunternehmer, Orthopädie-Techniker,

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Exzellenz

FRM KANN EIN MODELL SEIN Albert Speer ist einer der großen deutschen Architekten und Stadtplaner. Im Interview sagt er, warum die Zukunft der Region Frankfurt­ RheinMain spannend bleibt VON MARTIN ORTH (INTERVIEW) UND JONAS RATERMANN (FOTO)

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Herr Speer, Frankfurt glänzt nicht mit historischen Prachtbauten wie Berlin, Hamburg oder München. Was ist das Geheimnis der Region?

Es liegt in der Vielfalt und Geschichte der Region. Frankfurt­ RheinMain ist kein neues Modell, sondern ein uraltes mit einer bürgerlichen Tradition. Die Region lebt von der sehr kleinteiligen Mixtur sehr unterschiedlicher Städte und Landschaften mit eigener Geschichte. FrankfurtRheinMain prosperiert. Allein nach Frankfurt ziehen jährlich mehr als 15.000 Menschen. Der Siedlungsdruck ist enorm. Was macht die Region so attraktiv?

Die relative Kleinheit, die Internationalität und die hohe Vernetzung – da kann keine andere deutsche Stadt mithalten.

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Exzellenz

Wo sollen die Menschen alle wohnen, die es in die Region zieht?

Es ist die Dezentralität mit den kurzen Wegen, die diese Region

Wir müssen uns im Wohnungsbau sehr anstrengen und in der Regi-

zu einem Erfolgsmodell macht. Das ist eine Stärke, die anderen

on zusammenarbeiten, um dem Zuwachs gerecht zu werden. Die

Regionen fehlt. Jede Stadt hier hat ihre eigenen Stärken, in der

Umnutzung von Konversionsflächen, das Umwandeln von Gewer-

Kultur, in der Wirtschaft, im politischen Sektor und der Wissen-

be- in Wohnimmobilien ist ein großes Thema. Aber auch von Wohn-

schaft. Nehmen sie nur Frankfurt. Wenn Sie um die Alte Oper

hochhäusern an den richtigen Standorten halte ich sehr viel. Der

herum einen Kreis von einem Kilometer ziehen, finden Sie alles:

Henninger Turm wird bestimmt wunderschön. Dadurch wird die

teure Wohnungen, günstige Wohnungen, Kultur, Sport, Ge-

Innenstadt auch wieder für Menschen attraktiv, die früher in den

schäfte, Banken, Arztpraxen, Restaurants und Parks. Das ist

Taunus gezogen sind. Das begrüße ich sehr, das belebt die Stadt.

Stadt! Wir benutzen das Beispiel FrankfurtRheinMain, wenn wir

Die relative Kleinheit, die Internationalität und die hohe Vernetzung – da kann keine andere deutsche Stadt mithalten //

Vorträge in China halten, weil diese dezentrale Konzentration Gibt es Grenzen des Wachstums für die Region, werden die

und die Unterschiedlichkeit der einzelnen Städte ein Vorbild

Flächen langsam knapp?

sein können – wenn auch in einem ganz anderen Maßstab – für

Da sehe ich nicht, vor allem wenn man mal über Frankfurt hinaus-

die Stadtentwicklung in China.

schaut, in den Main-Taunus-Kreis oder nach Offenbach und Hanau. Da haben wir eigentlich noch relativ hohe Flächenreserven.

Kann FrankfurtRheinMain denn überhaupt mithalten mit Mega­ citys wie Shanghai oder Singapur?

Allein im Gallus haben durch das neue Europaviertel 2013 über

FrankfurtRheinMain ist im internationalen Maßstab klein, aber

2000 Menschen eine Wohnung bezogen. Besteht nicht die Gefahr

hinsichtlich Lebensqualität landen wir in den internationalen

einer schleichenden Gentrifizierung?

Rankings in den letzten Jahren immer wieder auf den vordersten

Nein, das befürchte ich nicht. Dass sich eine Stadt verändert, ist

Plätzen. Das liegt an der Vielfalt und den kurzen Wegen. Das liegt

ganz normal. Dass sich soziale Rahmenbedingungen über die

aber auch an der Offenheit der Menschen.

Jahre verändern, ist auch normal. Wir haben bis jetzt und werden auch in Zukunft eine sehr gesunde Mischung von unterschied­

Wenn Sie einen Tag Zeit hätten, einem Stadtfremden ihre Lieb-

lichen Dingen in einem Quartier haben. Dazu gehören teure

lingsorte in Frankfurt zu zeigen, wo würden Sie ihn hinführen?

Eigentumswohnungen, aber auch sozialer Wohnungsbau, den

Ich würde auf jeden Fall über den Holbeinsteg laufen, am Muse-

wir in Frankfurt in einem großen Umfang haben.

umsufer entlang und vielleicht in eins der Museen gehen. Das Städel mit seiner tollen unterirdischen Erweiterung ist ein High-

Frankfurt und die Region sind weltoffen. Fast 30 Prozent der hier

light. Ich würde den Gast garantiert auf unseren wunderschönen

lebenden Menschen haben einen Migrationshintergrund. Ist das

innerstädtischen Universitätscampus führen. Mit dem ehemali-

ein Thema für die Stadtplanung?

gen IG Farben-Haus ist er eine Sensation, Weltklasse. Ich würde

Ich sage immer: Frankfurt ist zu klein, um Ghettos herauszubil-

auch einen Ausflug machen in die Römerstadt, um ein bisschen

den. Hier gibt es auch keine Garded Communities. Wir leben

Geschichte und soziale Akzeptanz zu zeigen. Und dann ist die

friedlich miteinander mit einer hohen Toleranz. Und wenn je-

Frage, wo die Interessen hingehen: Theater, Oper, es gibt viele,

mand kommt und anders aussieht, dann ist das halt so. Hier ist

viele Möglichkeiten. Oder man versackt in Sachsenhausen.

das wurscht, das spielt keine Rolle, da sind wir großzügig. Letzte Frage: Wie sieht Frankfurt in 20 Jahren aus? Der Trend geht in die Stadt, das ist weltweit so. Welche Chancen

Es werden neue Bauten hinzukommen, es tut sich ja zurzeit sehr

und Perspektiven bleiben den ländlichen Gegenden?

viel in dieser Hinsicht. Aber die Stadtstruktur wird relativ stabil

Der Trend zur Stadt wird mittelfristig anhalten, weil Städte heu-

bleiben. Nur das Leben in der Stadt wird sich radikal verändern

te eine hohe Lebensqualität für unterschiedliche Ansprüche bie-

durch die Vernetzung, die Mobilität, die neuen Medien. Das Auto

ten. Aber die ländlichen Regionen spielen eine wichtige Rolle als

wird nicht mehr die Rolle spielen wie bisher. Das Einkaufen im

Naherholungsgebiete und Klimaressource. Auch da glänzt die

Internet wird seine Auswirkungen haben. Das äußere Erschei-

Region wieder mit Vielfalt. Der Odenwald ist anders als der Tau-

nungsbild wird jedoch ähnlich sein. Wir sind ja auch stolz dar-

nus, der Rheingau anders als die Rhön.

auf, dass unsere Stadt eine Geschichte hat und dass wir diese Geschichte im Gegensatz zu einer amerikanischen oder einer

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Sie haben einmal gesagt, FrankfurtRheinMain sei städtebaulich

neuen chinesischen Stadt erzählen können. Das macht uns at-

ein Exportmodell. Warum?

traktiv. Die steigenden Besucherzahlen belegen das.

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Zur Person Albert Speer, Jahrgang 1934, lernte Schreiner, machte Abitur am Abendgymnasium und studierte Architektur in München, bevor er sich 1964 in Frankfurt am Main selbständig machte. 1984 gründete Albert Speer mit Kollegen das Büro „AS&P – Albert Speer & Partner“ in Frankfurt am Main, das heute zu den großen und renommierten Büros für Architektur und Stadtplanung in Deutschland zählt. Das Büro hat zahlreiche Projekte vor allem in China und der arabischen Welt realisiert. Von AS&P stammt auch der Masterplan für die FußballWeltmeisterschaft 2022 in Katar.


Projekte

Einzelne Etagen rotieren um einen festen Kern: Der Entwurf von Meixner Schlüter Wendt, Frankfurt dpa/Guillau me Bonnefont

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Zaha Hadid Die im Irak geborene Architektin mit britischer Staats­ angehörigkeit war die erste Frau, die den „Nobelpreis für Architektur“, den PritzkerPreis erhielt (2004). In Deutschland hat sie Phaeno, das Science Center in Wolfsburg, realisiert. Der wuchtige Bau wurde im Wesentlichen aus Beton und Stahl her­gestellt, besticht dennoch durch seine Dynamik. Der Entwurf für Gateway Gardens ist leichter: Er erinnert an Flügel oder einen Propeller.

NEUE LANDMARKEN Gateway Gardens

(4)

Internationale Architekten zeigen Visionen für den neuen Frankfurter Stadtteil Gateway Gardens

>

Zaha Hadids Hochhaus hat Flügel. Coop Himmelb(l)au

An dem Architektenwettbewerb haben 16 namhafte internatio-

sieht einen Flying Garden Tower am Airport. Und die

nale Büros teilgenommen, acht von ihnen kamen in die finale

Architekten von Meixner Schlüter Wendt lassen einzelne Etagen,

Runde. Vier Hochhausstandorte sind vorgesehen. „Es wird eine

versetzt um einen festen Kern, rotieren. Fast alle Entwürfe sind in-

zweite Skyline im Südwesten entstehen“, sagt Frankfurt Ober-

spiriert von der Location, dem Flughafen und der Airport City. Es

bürgermeister Peter Feldmann, „für Unternehmen die perfekte

handelt sich um Einreichungen zu einem Hochhauswettbewerb,

Visitenkarte.“ Zwei Türme sind am nördlichen Eingang des

den die Grundstücksgesellschaft Gateway Gardens ausgerufen

Quartiers geplant, zwei am Frankfurter Kreuz. Die Türme dür-

hat, um einen der attraktivsten neuen Standorte in Frankfurt­

fen zum Teil bis zu 80 Meter hoch werden. Alle Entwürfe sind

RheinMain zu entwickeln.

so weit durchgeplant, dass sie gegenüber dem nahen Flughafen verkehrsrechtlich realisierbar sind.

Gateway Gardens, bis 2005 das Wohnsiedlungsgebiet für Ange-

Ein Doppelturm um ein Atrium und ein in sich verdrehter Turm: Die Entwürfe von Behnisch Architekten, Stuttgart, und Coop Himmelb(l)au, Wien

26 27

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hörige der US-Luftstreitkräfte der ehemaligen US Air Base

Der Clou an dem Wettbewerb: Der Investor kann sich den Ent-

Rhein-Main, ist ein 35 Hektar großes Areal zwischen Flughafen

wurf aussuchen oder seinen Wünschen anpassen, solange er die

und Frankfurter Kreuz. In dem neuen Quartier sollen bis zu

baurechtlichen Vorgaben erfüllt. Zunächst wird aber die neue S-

18.000 neue Arbeitsplätze entstehen. 4500 Menschen arbeiten

Bahn-Anbindung gebaut. Die Eröffnung ist für 2019 geplant. Die

dort schon. Der erste Turm, der 68 Meter hohe Alpha Rotex,

Entwürfe sind im Rahmen der Ausstellung „Himmelstürmend –

überragt das Stadtviertel. Der Logistikkonzern DB Schenker hat

die Hochhausstadt Frankfurt“ noch bis zum 19. April 2015 im

vor gut einem Jahr seine Zentrale dorthin verlegt.

Deutschen Architekturmuseum Frankfurt zu sehen.

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Exkursionen

41 PLACES TO BE Römerkastell und Jugendstilvillen, Dünen und Felsenmeer, Wasserhäuschen und Varieté – entdecken Sie FrankfurtRheinMain abseits der gewohnten Pfade. 41 Plätze, die man gesehen haben muss.

Frankfurt 1/3/4/5/6 2

1 Hohe Straße Wer einmal einen richtig tollen Fahrrad-Highway-Trip plant,

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6 Regionalpark RheinMain. Wer zivilisationsflüchtend raus will aus der dpa/Frank Rumpenhorst

sollte unbedingt den alten Handelsweg zwischen Frankfurt und Leipzig beradeln. › regionalpark-rheinmain.de 2 Grube Messel Wer vorhat, sich auf die Schnelle mal 50 Millionen Jahre in die Vergangenheit zurückzubeamen, kommt bei der Grubentour in der UNESCO-Weltnaturerbestätte Grube Messel auf seine Kosten. Höhepunkt: die beiden in Ölschiefer eingebundenen Skelette der pferdeartigen Proalaeotherium und Eurohippus. › grube-messel.de 3 Arboretum Wer in einem weniger als zweistündigen Spaziergang rund 600 Baum- und Straucharten aus allen Vegetationszonen der nördlichen Erdhalbkugel sehen möchte, sollte dringend das Aboretum zwischen Sulzbach, Schwalbach und Eschborn duchstreifen. › regionalpark-rheinmain.de 4 Grüne-Soße-Denkmal Wer seiner Verehrung der siebenkräutrigen Grünen Soße gebührend Ausdruck verleihen will, kann, nein muss, zum Grüne-Soße-Denkmal in Oberrad pilgern. › frankfurt.de 5 Schwanheimer Dünen Wer plötzlich den dringenden Wunsch nach einem Küstenspaziergang verspürt, findet in der kargen südmainischen Sand-Landschaft mit Silbergras und Kiefern schönste Kompensation › frankfurt.de

Stadt, Natur pur und idyllische Landschaftsinseln erleben möchte, findet im Regionalpark RheinMain sein Glück. Ein absolutes Highlight der Region, bald mit einem Routennetz von 1250 (!) Kilometer. › regionalpark-rheinmain.de


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Exkursionen 13 Döner-Boot. Wer dringend Bosporus-Feeling braucht, besucht am besten 7 Frankfurt 11/12/13 10 9 8

Ramiz Meral – zwischen Untermainbrücke und Eisernem Steg. Kebab mit viel Knobi, schön scharf, einfach wunderbar. › meral-event.de

7 Kempinski Falkenstein Wer den kaiserlichen Blick Wilhelms II. nachempfinden

dpa/Kempinski

will, kann in dem von ihm erbauten Villenensemble den wohl spektakulärsten Blick auf die Region genießen. Majestätische Aussicht. › kempinski.com

findet und sommers gerne unter Platanen wandelt, ist hier goldrichtig. Und einen imposanten Hochzeitsturm gibt es auch. › mathildenhoehe.eu 9 Neroberg Wer in Wiesbaden auf altmodische Art ganz hoch hinaus will, sollte ein Ticket für die 1888 gebaute Nerobergbahn lösen. Oben entlohnt nicht nur die Aussicht, sondern auch die Möglichkeit zu einem kurzen „refresher“ im schönen Opelbad. › wiesbaden.de 10 Flörsheimer Warte Wer ein sonntägliches Frühstück mitten im Weinberg als das empfindet, was es ist, nämlich ziemlich cool, kann sich in Wicker einen lang ersehnten Wunsch erfüllen. › floersheimer-warte.de 11 Kleinmarkthalle Wer die Kleinmarkthalle nicht kennt, ist selbst schuld. Für Hobbyköche, Gourmets und Gourmands gleichermaßen ein Paradies – täglich außer sonntags. › kleinmarkthalle.com 12 Wasserhäuschen Wer Besuchern einen unverstellten Orginalblick einschenken will, findet hier alltagsphilosophischen Gesprächsstoff. › frankfurt.de

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dpa/Marius Becker

8 Mathildenhöhe Wer Jugendstil in Reinform mag, Künstlerhäuser romantisch


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Exkursionen

15 17 Frankfurt 14/19/20 16 18

15 Golf im Schlosspark Wer eine gepflegte 18-Loch-Golfpartie in einem Ambiente

Schlosshotel Kronberg

zu schätzen weiß, das nichts weniger ist als „very British“, kann in Kronberg nach dem Putten zum stilvollen Tee übergehen. › schlosshotel-kronberg.de

16 Kaiser-Friedrich-Therme Wer dem spätmodernen Wellnessboom einen

wenig Ahnung hat vom Skaten, sollte diesen Tipp besser nicht beherzigen. Die 5500 Quadratmeter große Anlage am Fuß des neuen EZB-Towers gehört nämlich zu den anspruchsvollsten Anlagen in Deutschland. › frankfurt.de

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Jan-Peter Boening/laif

14 Skatepark Wer keine oder nur

Kontrapunkt entgegensetzen will, dürfte sich in den säulenverzierten, aufwändig ornamentierten Badelandschaften wohlig fühlen. › wiesbaden.de 17 Schloss Philippsruhe Wer drei Dinge gleichzeitig erleben möchte, sollte mal über einen Besuch nachdenken. Kulturerlebnis (barockes Landschaftsschloss), Naturerlebnis (Blick auf den träge dahinfließenden Main) plus Kulinarik (verführerische Patisserie im Museumscafé). › hanau.de 18 Opelvillen Wer bei Opel immer nur an Auto denkt, könnte sich bildungshalber am Rüsselsheimer Mainufer die Opelvillen anschauen. Die präsentieren: moderne Kunst, absolut autofrei. › opelvillen.de 19 Tigerpalast Wer von Johnny Klinkes Varieté mit angeschlossenem SterneRestaurant in der Frankfurter Heiligkreuzgasse noch nie etwas gehört hat, muss sich leider dem unschönen Verdacht aussetzen, die letzten 25 Jahre komplett verschlafen zu haben. › tigerpalast.de 20 Campus Westend Wer sehen will, was der „Geist“ in Frankfurt macht, wird beim Flanieren über Deutschlands schönsten Campus zuerst ins Staunen und dann nachhaltig ins Schwärmen geraten. › uni-frankfurt.de


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Exkursionen 27 Schloss Johannisburg Wer einen immer lohnenswerten Abstecher an den

21 Rheingau Wer die unvergesslichen Momente des Lebens entdecken möchte, kann hier fündig werden. Ein perfekter Dreiklang hilft dabei: die Rheingau-Riesling-Route, das Rheingau-Musik-Festival und das Rheingau Gourmet & Wein-Festival. › rheingau.de

22 Fürstenlager Bensheim-Auerbach Wer im Frühjahr zur Obstblüte an der Berg-

Frankfurt 23 26 21 24 27 25 22

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straße vorbeikommt, sollte sofort anhalten, eine Führung durch den hübschen, englisch inspirierten Landschaftspark mitmachen und beim anschließenden Brotbacken nicht kneifen. › bensheim-auerbach-bergstrasse.de 23 Kloster Eberbach Wer immer schon mal wissen wollte, wie die alten Zisterzienser­mönche lebten und wo „Der Name der Rose“ mit Sean Connery gedreht wurde, kann es hier erfahren. › kloster-eberbach.de 24 Mainspitze Wer den etwas anderen Blick auf den Mainzer Dom schätzt, hat am Zusammenfluss von Main und Rhein einen guten Standort – und kann dabei mit den Füßen im Wasser stehen. › regionalpark-rheinmain.de 25 Rheininsel Langenau Wer ornithologisch interessiert ist, vor allem Störche mag, kann die Flattermänner auf der Rheininsel Langenau diskret beobachten. Zufahrt über Ginsheim-Gustavsburg. › hofgut-langenau.de 26 Frankfurter Stadtwald Wer einfach mal nicht weiß, was er machen soll, bekommt im Stadtwald allerhand Ideen-Input. Zum Beispiel für Wandern (450 Kilometer Wegenetz), Joggen, Radfahren, Bäumenamen raten, man kann Klopfspechten lauschen oder auf den Goetheturm klettern. › frankfurt.de

Georg Knoll/laif

Hendrik Holler/Getty Images

fränkischen Untermain zum krönenden Abschluss bringen möchte, findet in Aschaffenburg mehr als eine Gelegenheit. Das Renaissanceschloss Schloss Joahannisburg etwa gilt als Meisterwerk. › aschaffenburg.de


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Exkursionen

28 Keltenwelt am Glauberg Wer ein gebündeltes Faible für Frühgeschichte, Mystik, Wind und Sonnenaufgänge mitbringt, ist hier richtig. Das faszinerende Keltenmuseum mitten in den Highlands der Wetterau bietet einen profunden Einblick in die frühe Zivilisationsgeschichte von FrankfurtRheinMain, großohrig anmutende Keltenmännlein inklusive. › keltenwelt-glauberg.de

29 Hafen 2 Wer sich der kreativen Klasse zugehörig fühlt, lässt sich hier minimum

schmidtbild.de

einmal im Monat blicken. Nicht mehr so trashig wie am alten Standort in Offenbach, aber immer noch inspirierend, bei Kirschstreusel, Rhabarberschorle und Mainblick. › www.hafen2.net

30 Römerkastell Saalburg Wer den sogenannten „alten Römern“ am Original-

Georg Knoll/laif

schauplatz auf die historische Spur kommen möchte, findet auf der von der UNESCO-Welterbekommission geadelten Saalburg geniale Indizien. Besuch lohnt immer. › saalburgmuseum.de 31 Schloss Johannisberg Wer dem spritzigen Riesling zugetan ist, zudem kulturhistorische oder musikalische Interessen pflegt (Stichwort: Rheingau Musik­ festival), kann auf dem traditionsreichen Geisenheimer Weingut schönste Stunden verbringen. › schloss-johannisberg.de 32 Kurpark Bad Homburg Wer zwischen dem 31. Mai und 4. Oktober 2015 die Freiluft-Skulpturenschau „Blickachsen 10“ sehen möchte, sollte unbedingt im Kurpark vorbeischauen. Dort wie auch an vielen anderen Orten der Region schaffen die Großskulpturen neue Perspektiven. › bad-homburg.de 33 Alter Flugplatz Bonames Wer auf Skates mal über eine richtige Piste donnern will, muss achtgeben, dass er auf der 750 Meter langen Ex-Landebahn nicht aus Versehen abhebt. Auch originell: das „Tower Café“ mit Blick auf das „Vorfeld“, den Abenteuerspielplatz und das „Grüngürteltier“. › frankfurt.de 34 Autokino Gravenbruch Wer alte Ami-Schlitten mag, auf Roadmovies steht und vom zurückgekippten Autositz aus coole 540 Quadratmeter Leinwand im Panoramablick haben möchte, ist in Deutschlands ältestem „Drive in“ gut geparkt. › autokinos-deutschland.de

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Exkursionen 41 Palmengarten Wer im tropischen Regen-

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Berthold Steinhilber/laif

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wald wandeln möchte, aber keine Zeit für einen Trip nach Brasilien oder Indonesien hat, kann kurzfristig auch im Palmenhaus auf florale Expedition gehen. › palmengarten.de

35 Felsenmeer Wer den Ayers Rock im fernen Australien gut findet, kann alternativ auch am Felsenmeer im Odenwald Gefallen finden; naherholungsmäßig ideal, für Kinder kraxelparadiesisch, geologisch spannend. › felsenmeer.org

weisen möchte, vermag im Geburtshaus von JWG im Großen Hirschgraben vielleicht einen Hauch von Genialität zu atmen. › goethehaus-frankfurt.de 37 Elfenbeinmuseum Wer im Odenwald unterwegs ist, muss in Erbach haltmachen. Rathaus und Elfenbeinmuseum sind ein absolutes „must“. Gearbeitet wird in der deutschen Elfenbeinhauptadt heutzutage freilich mit alternativen Werkstoffen. › erbach.de 38 Ronneburg Wer die Lebenswirklichkeit des Mittelalters live erleben will, nebst lanzenstechenden Rittern zu Pfingsten, sollte der über 750 Jahre alten Höhenburg einen chevaleresken Besuch abstatten. › burg-ronneburg.de 39 Opel-Zoo Wer Elefanten authentisch erleben möchte und artgerechte Haltung von Tieren wichtig findet, darf im Opelzoo zwischen Königstein und Kronberg Familienspaß haben. › opel-zoo.de 40 Benediktinerabtei Wer einfach mal Stille sucht, wird in Seligenstadt selig. Die ehemalige Abtei nebst wunderbarem Kräutergarten ist ein kleines Entschleunigungswunder. › seligenstadt.de

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Berthold Steinhilber/laif

36 Goethe-Haus Wer dem auf alle Zeiten „größten Sohn der Stadt“ die Ehre er-


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Interview

Oliver Klink ist Vorstandsvorsitzender der Taunus Sparkasse und Mitglied der IHK Vollversammlung

ERSTE ADRESSE ALS IMMOBILIEN­ FINANZIERER Die Taunus Sparkasse spielt im Immobilienmarkt FrankfurtRheinMain eine besondere Rolle. Warum das so ist – dazu haben wir mit Oliver Klink, ihrem Vorstandsvorsitzenden, gesprochen

Wie reagieren Sie auf den Trend beim Thema Wohnen?

Eine Analyse unserer IHK Frankfurt unterstreicht, was wir alle erleben, wenn wir morgens im Stau stehen: Insgesamt arbeiten allein in Frankfurt mehr als eine halbe Million Menschen – davon pendeln täglich über 335.000 Arbeitnehmer in die Stadt. Tendenz: steigend. Wer nicht pendeln möchte, braucht einen Haupt- oder zumindest einen zweiten Wohnsitz – sozusagen als Wohnung für „unter der Woche“. Zu diesem Thema hatte unser Kunde, Dr. Rudolf Muhr, vor fünf Jahren den richtigen Riecher. Seine Kinder fingen an zu studieren. Herr Dr. Muhr hat erzählt, wie er die Studentenappartements sah und dachte: ‚Das kann man schöner machen!‘ Er konzep­ tionierte Appartements für Studierende, die heute gleichermaßen von Kurzzeitwohnenden, Pendlern und Studenten genutzt werden. Vor zwei Jahren wurden seine ersten Mikro-Appartements an der Adickesallee, bekannt als „The Flag“, fertiggestellt. Das sind kom-

Wenn es um Projektentwicklungen und Immobilienfinanzierung

Leistung überzeugen. Übrigens: Spannende Projekte kann man

fortabel ausgestattete Kleinstwohnungen – circa 20 bis 30 Quadrat-

geht, fällt in der Metropolregion ein Name erstaunlich häufig:

in allen Marktphasen realisieren – das haben wir bewiesen.

meter groß – mit Bad, Küchenzeile und Wohn-/Schlafraum. Im Moment realisiert Herr Dr. Muhr zwei weitere Projekte, unter anderem

Taunus Sparkasse. Warum eigentlich, Herr Klink?

Ganz einfach – weil wir das Geschäft seit über 20 Jahren erfolg-

Kam es so auch zu Ihrem Engagement in Offenbach?

das Philosophicum auf dem Uni-Campus in Bockenheim.

Wohnungsbau erschlossen. Die KEG ist ein Joint Venture zwi-

reich betreiben. Unsere Immobilienkunden haben in diesen zwei

Ja, genau! Ein konkretes Beispiel ist die Hafeninsel Offenbach –

Jahrzehnten erlebt, dass wir in unterschiedlichsten Marktzyklen

eine der mittlerweile spannendsten Quartiersentwicklungen

Wie sieht die Entwicklung im gewerblichen Immobilienbereich aus?

rund 11 Hektar werden dort circa 300 neue Wohnungen gebaut. Sie

gute Projekte begleitet und gemeinsam auch schwierige Situatio-

in der Region. Die ersten Anfragen hatten wir bereits vor drei-

Die Nachfrage nach wirklich modernen innerstädtischen Büros,

werden von verschiedenen Investoren auf der Grundlage einer

nen gemeistert haben. Das prägt. Und wir wissen, wie wertvoll

einhalb Jahren, waren aber zunächst eher zurückhaltend. Doch

die State of the Art sind, ist groß. Genauso ist es bei Einzelhandels­

abgestimmten Planung realisiert. Neben öffentlich geförderten

dieser gute Ruf ist.

die Lage am Wasser, die Nähe zu Frankfurt und zur neuen Euro-

immobilien, wenn es echte Core-Immobilien sind. Ein Beispiel,

Mietwohnungen entstehen auch Einfamilien- und Doppelhäuser.

päischen Zentralbank – das alles hat uns angesprochen. Es

wo sich in Frankfurt echt etwas bewegt, ist rund um die Goethe-

Was machen Sie anders als andere? Es gibt ja durchaus größere

folgten gemeinsame Gespräche unserer Kunden und unserer

straße und den Opernplatz. Hier begleiten wir als Finanzierer das

Die Taunus Sparkasse war sogar selbst schon als Projektentwickler

„Player“…

Teams mit der Hafengesellschaft und auch mit verschiedenen

Luginsland, ein Büro- und Geschäftshaus mit Blickbezug zur

aktiv.

Unsere Leidenschaft für gute Immobilienprojekte ist keine Laune,

Verantwortungsträgern der Stadt Offenbach. Das Ergebnis: Fast

Goethestraße. Und direkt nebenan das Projekt „ma’ro-Opern-

Ja. Und das hat uns vor große Herausforderungen gestellt. Für den

sondern entspringt unserer Strategie. Und als Sparkasse ist eine

folgerichtig haben wir das für die Gesamtentwicklung unver-

quartier“ in Frankfurt, das von den Entwicklern Groß & Partner

historischen Lokschuppen in Bad Homburg haben wir über Jahre

Strategie für uns kein Lippenbekenntnis, sondern eine ernstge-

zichtbare Nahversorgungszentrum der Lyson Group finanziert.

und Peakside in einem Joint Venture realisiert wird. Es bietet Top-

hinweg keinen Projektentwickler gefunden, der sich an das Objekt

meinte, langfristige Ausrichtung, die nicht Moden und Beliebig­

Hinzu kommt der erste große Bauabschnitt mit der Deutschen

Einzelhandelsflächen nahe der Goethestraße sowie hochwertige

getraut hat. Und einfach danebenstehen, während dieses tolle Ob-

keiten unterworfen ist. Das wissen und schätzen unsere Kunden.

Wohnwerte, einer Tochtergesellschaft der Zech-Group.

Büros – eine perfekte Kombination.

jekt an einem unserer Hauptstandorte verfällt, das passt einfach

schen der Stadt Frankfurt und einem privaten Ingenieurbüro. Auf

Hinzu kommt: Über die Jahre haben wir ein Team von 60 gut­

nicht zu uns. Also haben wir das denkmalgeschützte Gebäude in ei-

ausgebildeten Spezialisten rund um das Thema „Immobilien“ aufge-

Herr Klink, das klingt aber doch ein bisschen einfach, oder? Wir

Haben Sie auch Erfahrungen, wenn es darum geht, Kunden bei der

gener Verantwortung revitalisiert und um einen Neubau ergänzt.

baut. Das geht nur, weil diese Kollegen wissen, dass ihr Spezialwis-

reden schließlich über Offenbach…

Revitalisierung von Industriebrachen oder Konversionsflächen im

Wesentlicher Erfolgsfaktor war dabei unser Netzwerk aus Partnern,

sen bei uns auch dauerhaft wertgeschätzt wird und nicht morgen in

Wenn Sie von Bad Homburg auf die Skyline nach Frankfurt

Speckgürtel zu begleiten?

deren Projekte wir normalerweise als Finanzier begleiten, wie zum

eine Sackgasse führt. Im Resultat gibt es bei uns mit kurzen Wegen

schauen und den Neubau der Europäischen Zentralbank sehen,

Ja. Ein Beispiel: die ehemalige Sarotti-Schokoladenfabrik in

Beispiel die Firma Groß & Partner als Projektsteuerer. Wir haben da-

und schnellen Entscheidungen die klassischen Sparkassenvorteile

dann wird schnell klar: Offenbach ist ganz dicht dran und nicht

Hattersheim. Nachdem Nestlé den Produktionsstandort auf­

bei viel gelernt – vor allem, dass unser großer Respekt für unsere

– und ein leistungsfähiges Team von Experten, das unsere Kunden

so weit entfernt, wie mancher Frankfurter das empfindet. Und

gegeben hat, wurde diese Industriefläche zu einer gemischt ge-

Kunden, die solche Entwicklungen tagtäglich realisieren, mehr als

gerne weiterempfehlen. Zudem kennen wir die Region ganz genau.

genauso sehen das auch viele Menschen, die neu in die Metropol-

nutzten Fläche entwickelt. Hier haben verschiedene Bauträger

berechtigt ist. Trotz der erfolgreichen Umsetzung fühlen wir uns nicht nur deshalb in der Rolle des Finanzierers sehr viel wohler.

region kommen, und vor allem auch internationale Investoren.

moderne Reihenhäuser, Einfamilienhäuser und Eigentums­

Wie gelingt es Ihnen, spannende Projekte und sogar neue Poten-

Und wenn mein Kollege Guido Braun, der Vorstandsvorsitzende

wohnungen errichtet. Weiterhin ist die Infrastruktur durch ein

zialflächen zu identifizieren?

der Sparkasse Offenbach, erzählt, was die Stadt alles auf die

Nahversorgungszentrum und eine Kita sichergestellt worden.

Was wünschen Sie sich für die Metropolregion?

Gar nicht – das tun unsere Kunden! Und zwar richtig gut! Aber

Beine stellt, dann bin ich sehr beeindruckt.

Diese Vorhaben haben wir über Jahre als Finanzierer – vom Bau-

Ziel muss sein, dass die Region weiter zusammenwächst. Das

träger bis zum Enderwerber – erfolgreich begleitet.

ist auch der Grund, warum wir uns gemeinsam mit der IHK

unsere Kunden kennen uns als Partner, der sich auch an neue Trends und Entwicklungen heranwagt, bevor andere es tun.

Frankfurt für die Regionaltangente West einsetzen. Nach inter-

Die Hafeninsel in Offenbach (l.) und der Lokschuppen in Bad Homburg

Deshalb werden wir auch frühzeitig in die Überlegungen unserer

Arbeiten Sie auch mit Wohnungsbaugesellschaften zusammen?

nationalen Maßstäben sind wir dauerhaft konkurrenzfähig,

Kunden zu neuen Immobilienentwicklungen eingebunden. So

Klar. Unser Kunde, die Konversions-Grundstücksentwicklungs-

wenn wir die Vorteile der gesamten Region nutzen und ganz-

halten wir unseren Wettbewerbsvorsprung und können durch

gesellschaft (KEG), hat die Parkstadt Unterliederbach für den

heitlich denken und handeln. \\

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Entdeckungen

FASHION DISTRICT FRM FrankfurtRheinMain galt bisher nicht als Mode-Hot Spot. Jetzt tut sich einiges. Im Sachsenhäuser Brückenviertel hat sich ein Fashion District entwickelt, der seines­gleichen sucht

Fashion and more: Im Brückenviertel treffen sich Design und Geschmack

VON JULIA SÖHNGEN (TEXT) UND TIM WEGNER (FOTOS)

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Das Erste, was einem zu Sachsenhausen einfällt? In einer nichtrepräsen-

tativen Straßenumfrage war die häufigste Antwort, o Wunder, Apfelwein.

Als nächstes Fluglärm. Leider kein Scherz. Doch schon der nächste Vorschlag macht froh: das Brückenviertel, das Mode-Idyll Frankfurts. Anerkannt hibbdebach wie dribbdebach – also diesseits und jenseits des Mains. Hier, im südlichen Sachsenhau-

Hessisch stylish: Die Töpferei Maurer bietet das Steinzeug zum „Schobbe“, handge­ töpfert und bemalt www.keramik-maurer.de

Farbenfroh: Vanesa Galassi präsentiert im „Ookoko“ internationale Designer, aus­ gefallene Accessoires, Kunst und Möbel www.ookoko.eu

sen, wo Brücken- und Wallstraße aufeinandertreffen, ist aus einem gewöhnlichen Wohnquartier ein kreatives Szeneviertel erwachsen, das nicht nur in Frankfurt seinesgleichen sucht. Es ist genau dieses Zusammentreffen von Tradition und Moderne, das jenen besonderen Reiz des Brückenviertels ausmacht. Szenig und cool ja, aber niemals abgehoben oder versnobt. Und urban im besten Sinne. Das Thema Mode gibt hier den Ton an. Aber die zahlreichen jungen Labels und Designerläden, die sich angesiedelt haben, machen nicht nur mit individuellen Kreationen auf sich aufmerksam, sondern gleichermaßen mit ihren liebevoll gestalteten Ladenboutiquen. Ob zeitlos-elegant, klassisch, originell, verspielt, gewagt oder clean und chic – einen besseren Überblick über die Frankfurter Modeszene bekommt man kaum. Die Erste, die den Charme des Viertels erkannte, war Myriam Beltz, die in der Brü-

ckenstraße 50 ihren Laden „Lieblingsstücke“ führt und hier puristisch, aber mit verstecktem Witz Mode und Accessoires hauptsächlich skandinavischer Designer präsentiert. Seit über zehn Jahren tut sie das. „Ich verkaufe hier nicht nur Mode,

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Entdeckungen

Sowas wie hier, das gibt es in Berlin schon gar nicht mehr //

Jutta Heeg

Handmade: Frank Harling überrascht seine Kunden mit der Arbeit an der Nähmaschine www.frank-harling.com

sondern baue ganz bewusst Konsumfallen, die die ganze Sache hinterfragen und karikieren“, beschreibt sie ihre Idee. Am Anfang habe sie sich überlegt, einen Laden aufzumachen, in dem man nichts kaufen kann. „Natürlich geht das nicht.“ Also löst Myriam Beltz das anders. Etwa mit Spiegelfolien, die sie immer mal wieder anbringt und in denen sich ihre Kundinnen gar nicht sehen können. Aber wer gibt das schon gerne zu? Oder wenn sie ihrer Abscheu über das Wort „Sale“ statt „Schlussverkauf“ Ausdruck verleiht und in einer ihrer legendären Schaufenstergestaltungen – sollte man besser sagen: Installationen? – eine Schaufensterpuppe unter Dutzenden Packungen von Salz - „Sale“ - begräbt. Auch ihre Nachbarin, Jutta Heeg von der Boutique „ichwareindirndl“, kann in die-

sem Jahr auf ein 10-jähriges Geschäftsbestehen zurückblicken. Sie erschafft unter anderem aus Originalstoffen aus den 1950er bis 1970er Jahren wunderbar zeitgemäße Kreationen mit einer ganz besonderen Note. Der häufig im Zusammenhang mit

Augenzwinkernd: Myriam Beltz hat als Erste den Charme des Brückenviertels erkannt. Ihr Laden heißt „Lieblingsstücke“ www.myriambeltz.com

Bodenständig: Die Traditionsbäckerei Hanss setzt zwischen Design und Schnickschnack auf Hessen Classics www.baeckerei-hanss.de

dem Brückenviertel gezogene Berlin-Vergleich gefällt ihr nicht: „So was wie hier, das gibt es ja in Berlin schon gar nicht mehr“, sagt sie. Und außerdem: „Berlin hat einen Glamourfaktor, der auch auf die Modemacher abstrahlt, dafür sind wir unaufgeregter.“ Das kann auch Elena Zenero bestätigen. Die Modedesignerin erhielt bereits den „Bread&Butter-Award for Street Couture“ in Berlin und den „International Fashion Award” in Paris. Auch sie entschied vor zehn Jahren, neben ihrem Laden „goyagoya“ in der Stiftstraße eine weitere Boutique zu eröffnen, das „Freud“ in der Brückenstraße 42. Hier präsentiert sie ihre weiblich-elegante Kollektion, die

Bügelfrei: Jutta Heeg schafft wunderbar ausgefallene Kreationen. Ihre Boutique „ichwareindirndl“ ist ein Gesamtkunstwerk www.ichwareindirndl.de

zwischen Klassik und Zirkus changiert. „Für mich ist der Berlin-Vergleich hinfällig. Wir sind Frankfurt. Wir haben unseren eigenen Stil.“ So ist das. Es ist schön, dass man bei vielen Designern dem Entstehungsprozess eines Klei-

dungsstücks direkt beiwohnen kann, weil hier Atelier und Laden eins sind. Etwa bei Modedesigner Frank Harling, der seinen gleichnamigen Laden in der Wallstraße 26 hat. Harling kann sich köstlich darüber amüsieren, wie sehr es manche Neukundin in Staunen versetzt, dass da hinter dem Vorhang die Nähmaschine

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EN A N T Y R AG O

Selbst gemacht: Silke Gehrig und Birgit Hütt bringen Menschen das Nähen näher. Im „nähemain“ veranstalten sie Kurse und Workshops www.naehemain.de

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Entdeckungen

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EN T Herr Vincent, Sie sind in der großen Welt der Mode zwischen Paris, London und New York zu Hause. Ihre Agentur sitzt in Frankfurt. Wie passt das zusammen? Frankfurt bietet uns als Deutschland- und Europadrehkreuz bei unseren Fashion & Event Produktionen national und International einen großen Standortvorteil. Wir sind in weniger als 4,5 Stunden in Mailand, Berlin, München und Hamburg– unabhängig vom Verkehrsmittel. Und die Vorteile wie zum Beispiel Direktflüge nach New York oder London liegen durch den internationalen Frankfurt Airport auf der Hand. Um diese Infrastruktur beneiden uns weltweit so mancher Kunde und so manches Unternehmen.

rattert und tatsächlich jeder seiner unsagbar schönen und variantenreichen Röcke, die in seinem Laden hängen, von ihm selbst und handgefertigt wurden.

Sie unterstützen auch den Frankfurt Style Award. Was ist in Frankfurt in Sachen Mode möglich? Frankfurt kann Mode – nicht nur als begehrter Standort für den Modefachhandel und Superbrands, sondern auch als Fashion Hub. Mit dem Frankfurt Style Award ist es gelungen, hier eine Plattform zu etablieren, die Innovation, Kommunikation und Handwerk bündelt. Es kommt zusammen, was zusammengehört – Wirtschaftskraft und Kreativität. Sie haben Erfahrungen als Model, als Partyveranstalter und ziehen jetzt die Fäden als Event & Showproduzent hinter den Kulissen. Welchen Stellenwert hat die Region FrankfurtRheinMain in Sachen Lifestyle im internationalen Vergleich? Frankfurt braucht den internationalen Vergleich nicht zu scheuen, hat aber eine eigene Identität. Frankfurt ist eben nicht austauschbar. Gäste tolerieren die Ecken und Kanten dieser kleinsten deutschen Metropole, weil in der heimlichen Hauptstadt Deutschlands Champions League gespielt wird. Lifestyle besteht nicht nur aus Mode, sondern auch aus Kultur, Gastronomie, Kunst und Wirtschaft. All das gibt es hier in vielen Variationen. Dadurch ist Frankfurt als Marke weltweit bekannt – von New York bis Singapur, von Brasilien bis Australien. Das soll uns erst mal jemand nachmachen. Tyrown Vincent ist Fashion-Show-Produzent und Inhaber der Front Row Agency, Frankfurt.

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Immer wieder kann man sich hier, zwischen Alter Brücke und Diesterwegplatz, auf

eine Entdeckungsreise begeben und stets Neues entdecken, sich wundern oder staunen. Vielleicht über die „Retro-Fashion“ bei „Peggy Sue Frankfurt“ in der Wallstraße 20, oder man wähnt sich vor dem Schaufenster von Lars Eisinger plötzlich in England. Doch es sei alles andere als leicht, sich zu behaupten, sagt Vanesa Galassi von „Ookoko“ in der Brückenstraße 33. Auch wenn die Mieten hier noch

Retro: Angela Henn mag Mode im Stil der Fiftys. Im „Peggy Sue Frankfurt“ gibt’s auch Schmuck, Taschen und Strümpfe www.peggysuefrankfurt.de

Ausgezeichnet: Modedesignerin Elena Zenero hat schon internationale Preise gewonnen. Sie ist in Frankfurt mit zwei Läden vertreten – dem „Goyagoya“ in der City und dem „Freud“ im Brückenviertel www.goyagoya.com

günstiger seien als anderswo in der Stadt. Die gebürtige Argentinierin führt seit vier Jahren einen Laden, dessen Sortiment aus Mode, Möbeln und Kunst besteht. Neun Monate hat sie gesucht, bis sie zufällig hier fündig wurde. Und glücklich. Frankfurt ist, was die Mietpreise für Geschäfte angeht, eine der teuersten Städte

Deutschlands. Wie sollen sich aufstrebende Labels so etwas leisten? Von Seiten der Stadt habe man das Entwicklungspotential in Sachen Mode und Design erkannt, sagt Wirtschaftsdezernent Markus Frank, CDU. Diese wolle man mit verschiedenen Maßnahmen stärken: „Unter der Projektträgerschaft von ‚CLUK‘, dem in Frankfurt ansässigen Cluster der Kreativwirtschaft Hessen, initiieren wir ein neues Leitthema, das eine weitere Facette unserer Stadt zum Ausdruck bringt: ,Frankfurt kann Mode‘. Schließlich haben wir großartige Akteure in der Stadt. leonidmatthias etwa haben es auf die Cover einiger angesagter Modemagazine geschafft“, so Frank.

Buchstäblich: Der Produkt­ designer Fabian Thiele hat sich der Schrift verschrieben. Typografische Einzelstücke und Objekte gibt‘s im „Noneon“ www.noneon.de

„Wir wollen eine Plattform schaffen, die mit der Wirtschaftsstärke und Vielfalt unserer Frankfurter Mode- und Kreativszene neue Impulse setzen wird.“ Dass Frankfurt keine Modestadt sei, solle man gar nicht zu oft sagen, findet Nina Beschwingt: Im Platten- und Sneakerladen „Freebase“ von Carsten Schuchmann und Christopher Holz zieht einem die Musik die Schuhe an www.freebaseshop.com

Hollein, die ihre Kreationen aus bäuerlichen Nutzstoffen unweit des Brückenviertels in der Laubestraße 26 präsentiert und fertigt. „Frankfurt kann stolz sein auf seine starke Kunst- und auch auf seine lebendige Modeszene“, findet die Architektin.


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Erfrischend: Köstliche BioeisKreationen gibt es bei „BizziIce“; ein Muss für Stadtschwärmer ist samstags der „Markt im Hof“ in der Wallstraße www.bizzi-ice.com, www.facebook.com/marktimhof

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Entdeckungen

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ER Frau Stitz-Krämer, seit 2008 richten Sie den Frankfurt Style Award aus, seit 2014 mit internationaler Beteiligung. Welche Außenwirkung konnten Sie bisher damit erzielen? Der Catwalk-Auftritt auf der Texworld & ApparelSourcing-Messe im Februar 2015 in Paris war der bisher größte Erfolg auf internationaler Bühne. FrankfurtRheinMain ist dadurch als Magnet für junge Mode ins Scheinwerferlicht gerückt. Die Aufmerksamkeit, die unserem „Outstanding Talent 2014“, Melissa Schulz, bei ihrem Streifzug durch die Pariser Haute-Couture-Mode­ häuser geschenkt wurde, war die Krönung. Wie laufen die Vorbereitungen für den Frankfurt Style Award 2015? Der Frankfurt Style Award 2015 wird alle Rekorde brechen. Insgesamt sind 314 Bewerbungen aus 31 Ländern eingegangen, je zur Hälfte aus Deutschland und dem Ausland. Das ist mehr als doppelt so viel wie 2014 und auch qualitativ ein großer Sprung. Wir sind auf dem besten Weg, in die erste Liga renommierter Auszeichnungen und Festivals für Fashion-Newcomer aufgenommen zu werden. Der Frankfurt Style Award steht jedes Jahr unter einem Motto und lädt ein Gastland ein. Was erwartet uns 2015? Der Style Award 2015 steht unter dem Leitthema „Pioneering Destiny“, Gastland ist Italien. Die Top-60-Nominierten gehören schon jetzt zu den Gewinnern. Sie erhalten einen großen Empfang unter der Schirmherrschaft der Stadt Frankfurt am Main und werden am 4. September 2015 bei der Gala mit glamourösem Finale in der wohl internationalsten Event-Location gefeiert, die die Welt jungen Modeschöpfern zu bieten hat – dem Fraport-Forum im Frankfurt Airport. Darüber hinaus wird der Frankfurter Flughafen vom 4. bis 6. September das 1. Frankfurt Airport Fashion & Art Weekend veranstalten. Und schon heute zeichnet sich eine Road Show zu weiteren Fashion Destinations in Paris und Mailand ab. Hannemie Stitz-Krämer ist Initiatorin des Frankfurt Style Award.

Fesch: Nina Hollein macht aus bäuerlichen Nutzstoffen aus dem oberösterreichischen Mühlviertel Anziehendes für Frauen und Kinder www.ninahollein.com

Frankfurt keine Modestadt? Das sollte man nicht zu oft sagen // Nina Hollein

Außerdem sei Bewegung in die Szene gekommen – mit Modeschwerpunkten in Museen, neuen Nachwuchs-Awards oder dem „Stilblüten Festival für Mode und Design“, bei dem sie 2009 für ihre Kollektionen ausgezeichnet wurde. Und doch ist es schwer, das zarte Pflänzchen Mode zum Wachsen zu bringen. „Das Trendig: Leonid und Matthias sind längst eine Marke. Als „leonid matthias“ haben sie es schon auf die Cover an­ gesagter Modemagazine gebracht www.leonidmatthias.com

Potenzial ist da, die Aufmerksamkeit leider nicht“, glaubt Stella Friedrichs. Sie selbst rief im Jahr 2005 die Messe „Stilblüten“ ins Leben. Was als Off-Veranstaltung „aus Spaß“ mit acht Designern begann, hat sich in der Zwischenzeit zu einem „Festival für Mode und Design“ mit 100 Ausstellern und 5000 Besuchern ausgewachsen. „Förderstände für Designer auf dem Stilblüten Festival, das wäre ein Anfang“, wünscht sie sich für die Zukunft. Eine andere Idee wären Concept Stores, wo sich junge Designer aus der Region präsentieren können, entweder als langfristiger Standort zu bezahlbaren Mieten oder als Pop-up-Store innerhalb eines bestimmten Zeitraums, etwa wie beim „Höchster Designparcours“, schlägt sie vor: „Es gibt in Frankfurt doch mehr als genug Leerstand.“ Zurück ins Brückenviertel. Auch hier stehen Geschäfte leer, den größten Leerraum

hat „Colekt“ hinterlassen. Aber so ist das. Die einen gehen – so wie die bekannte Manufaktur „Affentor“, die nach der Umstrukturierung der „Werkstatt Frankfurt“ nach Berlin verkauft wurde. Andere kommen dafür: etwa „BizziIce“ oder der „Markt im Hof“, Frankfurts jüngster Wochenmarkt. Ein „Good-Food-Markt“, wie es heißt, initiiert von Gewerbetreibenden aus dem Quartier, der samstags Neugierige und Genießer anlockt, die nicht nur auf dem Markt Köstliches aus der Region konsumieren, sondern auch Shops und Boutiquen besuchen. „Man sagt ja immer, das sei das Jungdesigner-Viertel“, wundert sich Frank Harling. „Aber die Designer waren ja schon vor zehn Jahren hier. Wir sind doch nicht mehr jung.“ Er zwinkert sich im Spiegel zu und grinst: „Stimmt doch!“ Fishing for compliments?

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Hessen – Your Gateway to Europe

Volker Bouffier Der Ministerpräsident mit dem „Einheits-Männchen“

EINHEITSFEIER Mit einem großen Fest feiert Deutschland in Frankfurt den 25. Jahrestag der deutschen Einheit

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„Die Scheinwerfer werden auf Frankfurt gerichtet

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große Festveranstaltung zum 25. Jahrestag der deutschen Einheit

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aus. Ministerpräsident Volker Bouffier hat im November 2014 tur-

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nusgemäß für ein Jahr die Bundesratspräsidentschaft übernommen. Damit verbunden ist auch die Ausrichtung des Feiertags.

Alte Oper Schauplatz des Festaktes

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sein“, sagt Oberbürgermeister Peter Feldmann mit Blick

auf den 3. Oktober 2015. Denn dann richtet das Land Hessen die

Der 3. Oktober wird mit einem Festgottesdienst im Frankfurter

Dom beginnen. Es folgt ein Festakt in der Alten Oper. Auch die Paulskirche, „die Wiege der deutschen Demokratie“, wird eingebunden werden. Neben Bundespräsident Joachim Gauck, Bundes-

Paulskirche Wiege der Demokratie

kanzlerin Angela Merkel und dem Kabinett werden die Ministerpräsidenten aller 16 Länder und viele Ehrengäste erwartet. Parallel findet vom 2. bis 4. Oktober ein Bürgerfest statt, zu dem

rund eine Million Besucher in Frankfurt erwartet werden. An den drei Tagen präsentieren sich die 16 Bundesländer in der Innenstadt auf der sogenannten „Ländermeile“. In den Fußgängerzonen und auf den wichtigsten Plätzen sowie am Mainufer werden Bühnen und Buden für ein buntes Programm aufgebaut. Auch Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung bieten den Bürgern Informationen Ha ns -Pe t

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aus „erster Hand“. \\

Mauerfall Wegmarke zur Einheit

Hessen – Erste Wahl für internationale Geschäfte in Deutschland und Europa: ▪ Vom Flughafen Frankfurt in maximal 3 Stunden in jede Wirtschaftsmetropole Europas ▪ Globaler Finanzplatz und Logistikstandort ▪ Führender IT-Standort in Europa ▪ Höchste Anzahl an internationalen Unternehmen in Deutschland ▪ Spitzenstandort für Innovation, Forschung & Entwicklung Kontaktieren Sie uns, wir beraten Sie gerne! www.invest-in-hessen.de

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