HKB-Zeitung 5/16 by Hochschule der Künste Bern

HKB-Zeitung

Thema: Katzen 4 «Buzzfeed ist die einflussreichste Galerie der Gegenwart»: Gespräch mit Philipp Meier 8 Roland Fischer: Cats fit the internet

N°5/2016 Aktuelles aus der Hochschule der Künste Bern HKB

Dezember–Februar 5 × jährlich

HKB innen – aussen 10 Martin Bieri: Innenarchitektur für Tiere

18 Tine Melzer: Die semantische Katze

13 Peter Kraut: Die Klavierkatze aus Philadelphia

21 Johanne Mohs: Zeit zum Schlafengehen

14 Christian Gasser: Die Poesie des Backsteins

22 Regina Dürig: Aus Fell, nicht aus Federn: zehn Prosafragmente

26 Ausgezeichnet! Interview mit Barbara Balba Weber 27 Neu an der HKB / Zu Gast Die HKB-Highlights im Winter

28 HKB-Agenda: Dezember 2016 – Februar 2017 31 Der Masterstudiengang Theater – Expanded Theater stellt sich vor 32 Schaufenster – Arbeiten aus der HKB

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HKB -ZEITUNG

Was ist nur mit den Katzen los? Oder noch dringlicher: Was ist mit uns Menschen los? Spätestens mit dem Web 2.0 und dem Siegeszug von Social Media ist deutlich geworden, was die Menschen im Netz neben Sex am meisten beschäftigt: Food und Katzen. Dem trägt das Schweizer Online-Magazin Watson Rechnung. Seit Kurzem gibt’s Catson. Auch die HKB-Zeitung will Katzen haben. Wir fragen uns: Warum Katzen? Was macht die Katze in der Kunst? Was macht Kunst mit der Katze? Was macht die Kunst im Netz? Was macht das Netz mit der Kunst?

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THEMA

Christian Pauli Leiter Redaktion HKB-Zeitung

Die Katzenbilder auf der Titelseite und der ersten Innenseite wurden vom holländischen Fotografen Daniel Gebhart de Koekkoek geschossen. Dabei kam, wie der Fotograf dem Zeit-Magazin gesagt hat, kein Tier zu Schaden. Der Anstoss zum Projekt Jumping Cats gab der Wiener Verlag für moderne Kunst, der Koekoek den Auftrag gegeben hat, einen Katzenkalender zu machen.

Interview von Christian Pauli

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«Buzzfeed ist die einflussreichste Galerie der Gegenwart»

GESPRÄCH MIT PHILIPP MEIER

Warum faszinieren Katzen? PM Die Menschen lieben es, dass Katzen eigenständige Wesen mit einem eigenen Charakter sind. Im Vergleich dazu sind Hunde einfältige Wesen. Katzen haben das Internet emanzipiert. Als Bild und Thema haben sie das andere grosse Sujet im Netz verdrängt: den nackten Busen der Frau. Im Übrigen sind Katzen kommunikativ viel wertvoller: Niemand scheut sich, öffentlich Katzenbilder zu teilen. Das Netz hat die Katze zum multimedialen Superstar gemacht. Ein anderes Thema, das zurzeit stark viral geht1, ist das Essen. Stichwort: Food-Porn. Nicht alles, was den Menschen lieb ist, funktioniert im Netz. Warum gehen Food und Katzen ab? PM Katzen sind so verschieden wie die Menschen. Sie sehen so unterschiedlich aus und haben verschiedene Charaktere. Die Auswahl ist gross – und das lässt sich wunderbar in Videos zeigen. Auch das Essen, dessen Zubereitung, lässt sich in Videos sehr einfach darstellen. Die New York Times generiert gegenwärtig mit Foodthemen am meisten Traffic. Generell ist die Nachfrage nach Bewegtbildern riesig, Social-Networking-Plattformen buhlen regelrecht um dieses Format. So kann jeder und jede seine oder ihre Katze ins Netz stellen ... PM Und jeder Mensch ist ein Künstler, wie Beuys schon 1967 sagte! Erinnern wir uns an diesen Aufbruch: John Cage erklärte mit 4:33 das Geräusch des Publikums zur Kunst. Oder Andy Warhol mit Sleep den Schlafenden zum Helden. Für Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker mag das zu einfach sein, aber für mich hat das Web nur warm gemacht, was die Kunstavantgarde im letzten Jahrhundert vorbereitet hat. Youtube ist ein gänzlich unkuratierter Raum: Hier verschwinden die Unterschiede zwischen Kunst und Nichtkunst. Ich behaupte jetzt mal: Katzenvideos können ähnlich viel über die Gesellschaft aussagen wie Kunstwerke. Stichwort Netzkunst: Wie relevant ist die Kunst, die im Internet generiert und verbreitet wird? PM Viele Kulturmenschen kritisieren, das Internet behandle Themen nur seicht und trage damit zu einer Verflachung bei. Das sehe ich

anders. Die Unterschiede zur herkömmlichen Kunst sind zunächst mal die Umstände. Während die normale Kunst gefördert wird, bekommt Netzkunst die Aufmerksamkeit quasi gratis. Dabei verliert die herkömmliche Kunst stetig an Relevanz. Ich habe ja nichts dagegen, dass meine Kinder ins Haus Konstruktiv gehen und abstrakte Bilder abmalen. Allerdings flashen mich die Kurzclips meiner Tochter, die sie mit ihrem Handy macht, tausendmal mehr. Ich kritisiere auch vehement, dass die Kulturpolitik keine Idee habe, wie sie mit der Netzkultur umgehen soll. Wo ist die rebellische Jugend heute? Offensichtlich nicht in der Kunsthalle oder im Stadttheater. Vielleicht im Club oder im Netz? PM Das Rebellische der Jugend ist das Ignorieren der herkömmlichen Medien: Sie lesen keine Zeitungen mehr, schauen nicht mehr fern, gehen nicht ins Museum. Dafür werden sie auf anderen Plattformen kreativ. Die herkömmlichen Medien hyperventilieren, weil sie wissen, dass da eine Generation heranwächst, die für sie nicht mehr erreichbar ist. Und später, wenn die Jungen älter geworden sind, kehren sie ins System der traditionellen Medien zurück, so wie Sie bei SRF gelandet sind? PM Ja doch, auch wenn heutige Jugendliche sich von Facebook abgrenzen, werden sie möglicherweise wieder dorthin zurückkehren, wenn sie über 20 sind und zum Beispiel ein Geschäft führen. Andererseits: Das lineare Fernsehen oder das Abonnieren von Zeitungen wird zum Minderheitenprogramm. Ich glaube auch, dass sich das Mediensystem viel stärker den Jungen anpassen wird als umgekehrt.

«Katzen sind zum Grundrauschen im Netz geworden.» Haben Sie selber denn überhaupt noch den Anschluss an sich immer neu etablierende Medien? PM Ich bin von Natur aus extrem neugierig – und meine Kinder helfen mir, dass ich wach bleibe. Ich will jeden Hype mitverfolgen und, wenn immer möglich, auch mitmachen. Pokémon Go: Da bin ich voll drin. Allerdings realisiere ich, dass mir der Anschluss an den Diskurs über Pokémon – zumindest jenen, den die Jungen führen – fehlt. Mich interessieren die Möglichkeiten. Zum Beispiel, dass heute journalistische Storys quasi begehbar gemacht werden könnten. Ich spaziere also an einem Gebäude vorbei und auf meinem Mobile poppt eine Story dazu auf. Sie haben eine Burka-Diskussion in Ihrer Timeline bewusst mit Katzenbildern gestört. Warum? PM Die Inspiration dazu kam vom PoetrySlammer Renato Kaiser, der zur Durchsetzungsinitiative ein kurzes Video gemacht hat, das extrem viral ging. Seine Aussage war: Wir müssen alles dafür tun, dass diese Initiative bachab geht, denn ich habe in meiner Timeline lieber Katzen als diese unnötige Ausländerdiskussion. An der Burka-Geschichte – oder sagen wir besser: Nikab-Geschichte – hat mich geärgert, dass sie mich überhaupt bewegt, obwohl das alles gar kein Problem ist. Sozusagen keine Frau trägt in der Schweiz einen Nikab

1 Viral gehen: sich im Internet wie ein Virus verbreiten. 2 Listicle: Kunstwort aus «Liste» und englisch «Article»; bezeichnet einen Artikel, der in Aufzählungsform, eben als Liste, veröffentlicht wird.

sich aus dem endlosen Fundus des Netzes bedienen, hat das Kuratieren im Netz Einzug gehalten.

Wie waren die Reaktionen auf Ihre Anti-NikabDebatte-Katzenposts? PM Erleichtert und amüsiert. Ich wurde eh kritisiert, dass ich nach meinem Abgang von Watson keine Katzenfilme mehr poste.

Und (wie) funktionieren diese neuen Formate der Listicles im Netz? PM Ich glaube schon. Auf Watson habe ich zum Beispiel ein Listicle gemacht mit 21 GIFs zum Thema Schneefall. Das ist etwas Ähnliches wie eine thematische Ausstellung in einem Kunsthaus. Der Unterschied: Im Netz interessiert niemanden, wer das einzelne Werk kreiert. Die Autorenschaft ist verschwunden.

Sind Social Media denn eine Spassbühne? Gibt es besonders relevante Themen für das soziale Netz? PM Spontan geantwortet: Nein, das gibt’s nicht. In den sozialen Medien müssen die relevanten Themen gesetzt werden – wie im richtigen Leben. Auch wenn Algorithmen die Themenstränge gestalten, können alle auf ihr Netzwerk und dessen Themen Einfluss nehmen. Wir müssen aufmerksam sein und uns einmischen. Ich habe zum Beispiel zwei, drei Freunde auf Facebook, die rechts aussen orientiert sind. Auf deren Postings reagiere ich, damit sie nicht aus meiner Timeline verschwinden. Warum sollen die nicht verschwinden? PM Ich will mich nicht in einer Wohlfühlblase bewegen, wo sich alle gegenseitig auf die Schultern klopfen. Die Realität ist nun mal widersprüchlicher, als sie mir mein Netzwerk im Internet zeigt. Ist das Netz für Sie Realität? PM Das Internet ist mir wahnsinnig wichtig, weil es mir hier viel leichter fällt, auch auf fremde Leute zuzugehen, als wenn ich sie auf der Strasse sähe. Ich kann mich auf Facebook auch mit Leuten unterhalten, die ich vielleicht gar nicht sehen möchte. Ich bin also nicht asozial, nur weil ich am Gerät bin. Wie bewerten Sie die Bedeutung der Realität Kunst verglichen mit der Realität Internet? PM Die Frage, ob sich Dada, also die radikale Avantgarde, heute in der Kunst oder doch eher im Internet bewegen würde, hat mich schon als Kurator im Cabaret Voltaire umgetrieben. Dafür haben mich Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker belächelt. Dabei gibt es x Parallelen: Die Dadaisten suchten das Rotlicht, bewegten sich in Cabarets und Studentenkneipen, inszenierten sich in profansten Milieus. Dafür wurden sie von den Kunstmenschen ebenso von oben herab besehen wie heute die Netzkunst. Sie behaupten: Die radikale Avantgarde findet heute im Netz statt. Wo denn genau? PM Vielleicht müssten wir besser von Popkultur sprechen? Der Journalist und Kurator Alain Bieber hat das sichtbar gemacht: Unter dem Titel Die vulgäre Avantgarde hat er die MemeKultur präsentiert, Bewegtbilder gezeigt und Webphänomene beschrieben. Biebers These sagt: Die Netzkultur ist die neue Popkultur. Das sehe ich auch so. Ich behaupte jetzt mal: Dada, Fluxus und so weiter haben ihre Fortsetzung in der Webkunst gefunden. Denken Sie nur an die Strategien von Collage und Persiflage, die im Internet gerade wieder Hochkonjunktur haben. Und mit den Listicles2, die

Erklären Sie uns bitte, was Memes und GIFs sind. PM GIF heisst Graphics Interchange Format und ist eines der ersten standardisierten Grafikformate, das sich im Urweb durchgesetzt hat. GIFs brauchen wenig Rechnerleistung und bieten trotzdem die Möglichkeit eines Loops. GIFs sind Bewegtbilder, die heute auf jedem Handy betrachtet werden können. Sie erzählen kleine Geschichten, vielleicht nur eine Geste, sie sind schnell, ohne Ton, nicht so aufdringlich. GIFs sind extrem erfolgreich. Meme ist etwas anderes als ein technischer Standard, es ist die Bezeichnung für ein Webphänomen, das ungefähr nach diesem Schema abläuft: Eine kreative Leistung erobert das Web und umgehend kursieren unzählige Adaptionen, Nachahmungen und Anspielungen. Das geschieht in einem kollektiven, globalen Prozess.

« Die Kulturpolitik hat keine Idee, wie sie mit der Netzkultur umgehen soll.»

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Philipp Meier, Sie sind ein erwachsener Mensch, Familienvater, den Künsten zugetan und posten fast täglich irgendwelche Katzenbilder auf Facebook und Co. Wie geht das? PM Ich bin ein grosser Fan der Webvolkskultur. Mich fasziniert, was die Menschen fasziniert. Katzen sind ein Kernphänomen der Webkultur. Sie sind zum Grundrauschen im Web geworden.

und trotzdem debattiert der Nationalrat darüber. Diese abartige Debatte wollte ich mit Katzenbildern brechen.

HKB -ZEITUNG

Von der HKB-Zeitung um ein Gespräch über Katzen und Kunst gebeten, winkten ein Kunsthistoriker und eine Kunstmuseumsdirektorin entsetzt ab. Für Philipp Meier hingegen war die Anfrage ein Steilpass: der ehemalige Kunststudent, Clubkurator, Kodirektor des Cabaret Voltaire, Watson-Redaktor und heutige Community Developer bei Swissinfo über Kunst, Katzen und Netzkultur.

Nennen Sie Beispiele, bitte. PM Das Baby in Siegerpose ist unter dem Slogan «I got it» millionenfach adaptiert worden. Es wird in unzähligen Situationen gepostet, zum Beispiel wenn einer das Studium beendet hat. Oder das Video Technoviking, das der Künstler Matthias Fritsch im Jahr 2000 an der Berliner Fuckparade aufgenommen hat. Der Film mit dem tanzenden, halb nackten Mann wurde millionenfach angeschaut und nachgespielt. Im Netz setzen sich künstlerische Werke nur durch, wenn sie eine grosse Gemeinschaft ansprechen. Das ist ein ganz anderer Mechanismus als jener, der in der elitär organisierten Kunstwelt der Galerien und Museen spielt. Von grosser Bedeutung sind die Plattformen, die solche Phänomene erst möglich machen: Buzzfeed etwa. Das ist die einflussreichste Galerie der Gegenwart! Sie arbeiten heute beim Staatsmedium Swissinfo. Was hat das mit Katzen, Listicles und viralen Geschichten zu tun? PM Gute Frage, ehrliche Antwort: Ich brauchte einen neuen Job. Mit Kuratieren hat das wenig zu tun, aber die Herausforderung ist spannend: Wie kann ich zum Thema Direkte Demokratie eine Community aufbauen? Wie lassen sich seriöse Geschichten produzieren, sodass sie die Leute erreichen? Das Stichwort: citizen journalism. Da draussen gibt es viele Meinungen und Themen. Wir müssen an sie rankommen. Und was würden Sie den Kunststudierenden heute sagen? PM Seid neugierig und subversiv.

Philipp Meier, der ehemalige Landschaftsgärtner, Clubkurator, Kodirektor des Cabaret Voltaire, Watson-Redaktor, ist heute Community Developer bei Swissinfo. Er ist einer der bekanntesten Netzaktivisten der Schweiz. 5

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DE Z E MB E R 2016 – FE B RUAR 201 7

HKB -ZEITUNG

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Cats fit the internet

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Meme: eine erstaunlich erfolgreiche Kulturgeschichte – und was sie mit klassischer Biologie zu tun hat. Evolution. Survival of the fittest und so. Krone der Schöpfung: Wären doch eindeutig wir. Aber da wird in der Biologie durchaus gestritten, nach wie vor. Nichts gegen Darwin, die grosse Frage ist allerdings: Wer tritt da eigentlich gegeneinander an in der grossen Evolutionsarena? Richard Dawkins, der streitbare Doyen der Evolutionsbiologie, hat vor genau vierzig Jahren für einigen Aufruhr gesorgt mit einem Buch, in dem er das «egoistische Gen» proklamierte: Wir, als Spezies, als individuelle Wesen wären demnach kaum von Belang – blosse Vehikel, Tummelfelder für die einzelnen Gene, die all den biologischen Zauber nur veranstalten, weil ihnen dies bei ihrer eigenen Fortpflanzung hilft. Der Natur würde es also nicht um uns gehen – ein vielleicht ja tröstlicher Gedanke, in dem aber auch das bitterste Memento mori liegt, auf das Menschen je beim Nachdenken über sich selbst gekommen sind: Unser Leben und auch unser Tod sind ohne Bedeutung, Hauptsache wir haben mitgeholfen, ein paar funktionierende Gene weiterzugeben – die, müssen wir einsehen, letztlich ja auch steuern, was wir werden und was wir tun. Selbstbestimmung? Schöne Illusion. Unsterblichkeit: liegt nicht in einer Seele, sondern in einem simplen DNA-Code. Was das mit dem Internet zu tun hat? So einiges. Denn wo die Gene unser Selbstbewusstsein als biologisches Meisterwerk untergraben, da tun es die Meme für die Kultur. Ein grosses Ganzes, so etwas wie ein kultureller Organismus, ein schön gefügter, gewachsener Korpus? Memes could not care less. Bildungsbürgertum, literarischer Kanon, Kulturgeschichte? Alles ganz nett, als Hintergrund, als Spielwiese. Aber die Gewinner in diesem (Telefon-)Spiel: die Meme, diese vermeintlich unsinnigen, willkürlichen, albernen Kulturschnipsel. Alles wie in der Biologie Könnte es tatsächlich so sein? Damit zurück zu Dawkins: Die Idee geht nämlich ebenfalls auf sein Ego-Gen-Buch zurück, in dem er seine Theorie des «allmächtigen» Gens auch

auf die Kultur ausweitete und dafür den Begriff «Mem» schuf. Ein Memory-Gen: kulturelle Lego-Bausteine, eine Melodie vielleicht oder der Twist einer Geschichte, ein schönes Wortspiel oder ein dramaturgisches Element (zum Beispiel die notorische Verfolgungsjagd im Actionfilm). Ansonsten alles wie in der Biologie: Vermehrung, Abwandlung, Ausmarchung, Ohrwürmer und Flops – unsere Hirne als kulturelles Biotop, in dem es von Memen wimmelt, die sich zu immer neuen Organismen (ergo Kunstwerken) zusammensetzen. Manche sind sehr erfolgreich, tauchen allenthalben auf, andere haben ihre Zeit, wieder andere verschwinden rasch wieder, kaum hatten sie ihren ersten Auftritt. Am wichtigsten aber: Meme können ähnlich wie Gene mutieren und werden laufend auf die Eingängigkeitsprobe gestellt: Sie stehen unter Selektion, was ihre Fähigkeit angeht, uns im Gedächtnis zu bleiben – und vor allem auch weitergegeben zu werden. Die Idee kam gut zwanzig Jahre zu früh. Das Mem musste seine Form zuerst finden. Dawkins dachte bei Memen an Ideen, Melodien und Phrasen wie auch an wissenschaftliche Theorien. Er dachte kaum an Katzenfotos. Oder an Meme seiner selbst, wie sie heute im Netz zu Tausenden zu finden sind1. Der Begriff Mem wurde zwar in interessierten Kreisen rege diskutiert, darüber hinaus kannte ihn allerding kaum jemand. Bis das Internet kam. Und mit ihm ein Copy-Paste-Biotop, das für Meme wie gemacht war – ein beliebig zu erweiterndes Speicher- und Kommunikationsmedium gewissermassen, über unsere Köpfe hinaus. Es ist ein wenig, als wäre das Internet nur erfunden worden, um endlich Anschauungsmaterial für ein interessantes Gedankenspiel zu liefern. Und Anschauungsmaterial gab es bald mehr als genug. Die Katzen vor allem – sie waren schon in den frühen Internetzeiten

ein Phänomen, als noch niemand von Viralität sprach und schräge Gedanken und Fotos vor allem in Usenet-Foren gepostet wurden, ohne praktische Like- und Teilen-Knöpfe. So richtig abheben sollte die digitale Katzenmanie indessen vor gut zehn Jahren mit dem Start von Youtube und diversen Websites, die sich ganz dem LOLcats-Phänomen verschrieben hatten und täglich neue Meme versammelten. Die Wichtigste unter ihnen war icanhascheezburger.com, benannt nach einem Ur-Mem (und mit diesem sehr simplen Modell für eine Weile tatsächlich eine der erfolgreichsten Websites der Welt): Meme I Can Has Cheezburger? von Eric Nakagawa, 2007

Das Format war sehr erfolgreich, und LOLcats müssen längst keine Katzen mehr sein: Ein irgendwie auffälliges Bild zusammen mit einem (orthografisch meistens ziemlich schiefen) Text – fertig ist das Mem. Oder auch nicht. Die Mem-Subkultur ist eine einigermassen verworrene Welt, der bis heute nicht mit festen Regeln beizukommen ist. Allein schon die Frage, was alles ein (digitales) Mem sein kann: Eine endlose Diskussion, GIFs kommen da ebenso infrage wie Hashtags. Die Mem-Welt ist dauernd im Fluss, was heute gut funktioniert, ist morgen schon passé. Und zugleich gibt es Klassiker, die nicht totzukriegen sind. Fast scheint es, dass ein Mem nicht bewusst erzeugt werden kann. Es passiert irgendwie, und erst der Survivaltrip draussen in den unbarmherzigen Weiten des Webs zeigt, welches Machwerk das Zeug zum Mem hat. Insofern wäre Richard Dawkins falsch gelegen, als er sich unlängst beklagte, das Internet-Mem habe seinen Begriff gekidnappt. Meme, wie er sie sich gedacht hatte, könnten sich eigentlich

VON ROLAND FISCHER

nur durch Zufallsmutationen verändern, während die digitalen Abkömmlinge ja ganz gezielt durch menschliche Kreativität gestaltet und auf Erfolg getrimmt würden. Schön und gut, hat sich auch der Künstler Sam Rolfes gedacht – und versuchte unlängst, eine Woche lang jeden Tag ein Mem zu kreieren. Bloss um zu merken, dass er mit so einem gestelzten Ansatz ziemlich ausgelacht wurde in den Mem-Kulturkreisen. «I tried to make a meme and lost my mind», brachte er das Experiment auf den Punkt. Seltsames Zwischending Meme sind also ein seltsames Zwischending von Subkultur und Mainstream, zwischen kreativer Anarchie und durchschlagendem Erfolg. Anil Dash, der einflussreiche Netzkulturtheoretiker, meinte einmal, LOLcat-Meme seien ein Grenzfall von Insiderwitzen: in der Entstehung oft einigermassen obskur und eigentlich für einen kleinen Kreis von Eingeweihten gemacht, aber längst von einer breiten Internetöffentlichkeit geschätzt. Humor 2.0: Die Unterscheidung von Geeks und Normalbürgerinnen, von Eingeweihten und Zaungästen ist ziemlich unklar geworden. Und ach ja: warum eigentlich Katzen? Darüber zerbricht sich die Netzgemeinde auch immer mal wieder gern den Kopf, ohne klares Resultat bislang. Eine Studie von Google mit einer selbstlernenden Bilderkennungssoftware hat immerhin gezeigt, dass Katzen zu den besten visuellen Triggern gehören, auch für Maschinenhirne. Wer weiss, vielleicht macht das Netz seine Witze längst selbst – und wir schauen ein wenig ratlos (aber durchaus amüsiert) zu. 1 vgl. Google-Bildersuche mit den Begriffen «dawkins» und «meme» (google.ch/search?q=dawkins +meme&tbm=isch) → Roland Fischer ist Wissenschaftsjournalist in Bern.

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Über die Dialektik von Katzenmöbeln im Allgemeinen und von Katzenbäumen im Besonderen. Und über das Verhältnis von Menschtier und Tiertier. «Ein kleines Raubtier, für das man Futter in Dosen erfand, doch den Dosenöffner allein für sich, weil alles, was man alimentiert, bereitwillig Güte und Gnade annimmt?» Das schreibt die deutsche Schriftstellerin Sabine Scho in Tiere in Architektur über Katzen. Und Güte und Gnade sind doch, was wir von ihnen wollen, den Katzen. Güte, weil das Streicheln von Katzen den Blutdruck senkt, denjenigen der Menschen, und Gnade, weil uns Katzen so stolz vorkommen, dass ihre Verachtung uns trifft wie wenig sonst. Deshalb stellen wir ihnen Architektur in Architektur zur Verfügung, in der sie sich dann aufhalten sollen, als Tiere in Architektur in Architektur: Katzenbäume, die der Fachjargon Kratzbäume nennt, zum Beispiel. Vorausgeschickt sei: Die Rede ist nicht von Katzen, die nach draussen können, sondern nur von eingesperrten, von den «sittsamen Bürgerkätzchen» (Heinrich Heine), die nie an die freie Luft kommen, von den Stubentigern, nicht von den Dachhasen. Wir sperren sie also in unsere Wohnungen ein und stellen ihnen dann einen Baum hin, wo der Sinn der Wohnung doch gerade darin besteht, die Natur auszusperren. Auch wenn wir zum Ausgleich gerne Restnatur in unserer Wohnung einsperren, Pflanzen zum Beispiel oder Katzen, sind die Bäume, die wir Katzen hinstellen, eben keine Natur, sondern so etwas wie Dosenfleisch: Naturimitat. Doch es gibt zwei Kategorien von Tieren: diejenigen, die glauben, es gebe zwei Kategorien von Tieren, und die anderen. Was sind Kratzbäume? Phänotypisch stehen sie irgendwo zwischen Hausschuh und Kinderspielplatz, zwischen Filzpantoffel und Vivarium. Sie bestehen aus einem Plattfuss – hier beginnt das ästhetische Elend –, einem

oder mehreren Stämmen, meist bestehend aus Sisal, der rauen Faser einer Agaven-Art, die ihren Namen von einer mexikanischen Hafenstadt her hat. An diesem Teil des Gebildes sollen die Katzen ihre Krallen wetzen, damit sie es nicht an der Wohnungseinrichtung tun. Damit wäre die funktionale Aufgabe des künstlichen Baums eigentlich bereits erfüllt. Doch weil Katzenbäume stabil sein müssen und keine überschweren Bodenplatten verarbeitet werden sollen, muss das Gewicht, statisch nicht ideal, von oben kommen. Also wird in die Höhe gebaut, sodass die Katze nicht nur kratzen, sondern auch klettern kann. Sieht aus wie detonierte Puppenstube Über dem Stamm oder den Stämmen befinden sich also aller Arten Flächen: Terrassen, Balkone, Hängematten, Körbe, Nester, Alkoven, Höhlen, Baumhäuser, alles teppichüberzogen mit Velours, Filz oder Plüsch. Das sieht aus wie ein mit der Nase voran aufgeschlagenes Raumschiff aus einem Barbarella-Albtraum oder eine detonierte Puppenstube. Kratzbäume werden von sehr vielen Herstellern in sehr wenigen Grundformen angeboten. Sie unterscheiden sich vor allem in Ausstattung und Preis, der unter Ausrufung von Parolen wie «Luxus für Lieblinge» durchaus 1000 Franken betragen kann. Und es geht ohne Weiteres noch kostspieliger. Katzenmöbel sind eine ernsthafte Designaufgabe: Regale mit Katzentreppen und Katzennischen (Reading Cat), ganze Raumteiler mit Kratzflächen und Katzenhöhlen (Wohnblock), Doppelkratzrollen (Audit – «Synonym für Kraft und Eleganz»), Modultürme aus melaninharz-

beschichteten Dekorspanplatten mit Katzenablage, Beistelltischchen aus Vollholz mit «Katzen-Schwebe-Liege», Sideboards mit Katzengeheimgängen und einen Modellhund ganz aus Sisal (Scratch-Dog), daneben «puristische Katzentoiletten» im Pseudo-Eames-Look (Poopoopeedo), Sofas und Chaiselongues (Le Divan, Le Maitre, La Vague, Le Pain) – all das gibt es und es kostet ein Vermögen, alles für die Katz. 1

Und warum? Weil sie muss. Die Verhaltensforscherinnen und -forscher sagen alle das Gleiche: Katzen müssen kratzen. Also brauchen sie, werden sie nicht rausgelassen, wo es echte Bäume gibt, Kratzbäume. Kratzend schärfen Katzen ihre Krallen, und zwar nicht so, wie Menschen ein Messer schleifen, sondern indem sie die äussere Schicht, das Krallenhorn, abwetzen, um dem härteren Krallenkern Platz zu machen. Weil das den Kern umgebende Horn schneller wächst, krümmt sich die Kralle, stumpft aber auch ab. Katzen wetzen nur die Krallen der Vorderläufe. Jene der Hinterläufe pflegen sie mit den Zähnen. Andere Zehengänger, Hunde zum Beispiel, wirken der Abstumpfung allein durch das Laufen entgegen. Katzen hingegen verbergen ihre Krallen in der Krallenscheide und fahren sie nur aus, wenn sie benötigt werden: zum Klettern, zum Jagen, im Kampf oder zum Kratzen.

und sie definieren ein Revier. Denn darüber sollten wir uns keine Illusionen machen: Holen wir uns eine Katze in die Wohnung, dann ist das ihre Wohnung. Wenn aber gar keine anderen Katzen da sind? Dann richten sich die Wetznachrichten wohl an uns und wären vielleicht Aufforderungen, das Katzenrevier, unsere Wohnung, zu verlassen. Denn wir haben ja keine Ahnung, was wir für die Katzen, mit denen wir zusammen leben, eigentlich darstellen. Sind wir Oberhäupter, sind wir Artgenossen, aussergewöhnlich dumme wohl, sind wir Ersatzmütter oder im Gegenteil bedürftige Junge oder sind wir unhandliche Beute? Das ist nun aber wieder eine sehr menschliche Frage. Doch wenn wir solche Fragen nicht hätten, hätten wir keine Katzen nötig. Sie dienen uns dazu, uns als Tiere der ersten Kategorie zu sehen, diejenige mit dem Dosenöffner. Diejenige mit der Architektur. Diejenige mit den Tieren in Architektur. Der Kratzbaum ist das Bühnenbild dieser Illusionsinszenierung, die Katze die Akteurin, die Agentin zwischen Alterität und Alienität, zwischen dem Halbandern und dem Absolutandern. So ist das mit den Menschen. Die Dichter wussten es am Anfang, sie wissen es auch am Ende, Pablo Neruda nun: «Der Mensch möchte Fisch sein und Vogel, die Schlange hätte gerne Flügel, der Hund ist ein fehlgeleiteter Löwe, die Katze aber will nichts als Katze sein, und jede Katze ist Katze vom Schnurrhaar bis zum Schwanz, von der Nacht bis zu ihren goldenen Augen.»

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Innenarchitektur für Tiere

1 LUXOR Katzenbaum, Europet Chateau Majestic, Mink. Preis: 3300 € → Martin Bieri ist Dramaturg, Autor und Journalist in Bern.

Das Kratzen als Nachricht Darüber hinaus markieren Katzen durch das Wetzen, und zwar optisch und olfaktorisch. Sie hinterlassen nicht nur Kerben, durch Drüsen in den Pfoten sondern sie auch Botenstoffe ab. Gerichtet sind diese Nachrichten an andere Katzen. Es sind Zeichen der Präsenz

VON MARTIN BIERI

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Im November 2012 reist der litauische Komponist und Dirigent Mindaugas Piečaitis nach Philadelphia, um eine Katze zu besuchen. Die Katze heisst Nora und ist Solistin im Catcerto, einer Komposition, die bis heute 5.7 Millionen Views auf Youtube erreicht hat. Nora und das Catcerto sind berühmt. In diesem kurzen Orchesterstück – es dauert gut vier Minuten – sehen wir Nora auf einer Leinwand vor einem Kammerensemble. Der Komponist hatte zuvor Clips auf Youtube zusammengeschnitten, in denen Nora scheinbar willentlich die Tasten des Flügels in ihrem US-amerikanischen Heim streichelt, drückt, abwischt, liebkost und die dadurch entstehende Musik offensichtlich geniesst. Piečaitis hat dazu eine fein synchronisierte Orchesterbegleitung geschrieben, die mittlerweile bei einem der wichtigsten Musikverlage, der Leipziger Edition Peters (inkl. DVD mit Filmmaterial von Nora) zu Aufführungszwecken ausgeliehen werden kann. Nora, so versichern ihre US-amerikanischen Besitzer, habe im Alter von einem Jahr mit dem Klavierspiel begonnen und sei darin völlig selbständig. Weder spiele sie auf Befehl, noch lasse sie sich etwas beibringen. Sie liebt es, bei den Klavierstunden ihrer Besitzerin am anderen Flügel zu sitzen und ab und zu ihre eigenen Kommentare auf der Tastatur dazuzugeben. Catcerto ist mittlerweile auch im Guinness Book of Records eingetragen. Das italienische Musikmagazin music in veröffentlichte ein Interview mit Nora, die auch ihren eigenen

Blog führt. Morgensendungen in den Vereinigten Staaten und japanische Nachrichten stellten Nora und ihre Lebenswelt dem staunenden Publikum vor. Mittlerweile ist auch ein Buch mit dem Titel Nora The Piano Cat’s Guide To Becoming A Good Musician (Or How To Get Good At Anything Hard) auf dem Markt, zusätzliches Videomaterial hat mittlerweile 10 Millionen Views erreicht. Bild- und Musikrechte von Nora sind über eine spezialisierte Brandingplattform lizenzierbar. Catcerto.com gibt weitere Einblicke in das Projekt, das, so muss angenommen werden, in alle Richtungen auf sein kommerzielles Potenzial hin ausgepresst wird (darin ist es der viel erfolgreicheren Grumpy Cat nicht unähnlich). Aber wie steht es mit der Musik? Piečaitis erreichte das, wovon viele Komponistinnen und Komponisten träumen: ein riesiges Publikum. Aus kulturkorrekter Sicht könnte behauptet werden: leider aus den falschen Gründen. Zwar steht er in einer reichen Tradition aus ready mades (Marcel Duchamp) und musique concrète (Pierre Schaeffer), da er mit vorgefundenem Material arbeitet, aber die Begleitung, die er Nora auf den Leib schreibt, ist hoffnungslos rückständig, was allerdings dazu führt, dass wir den musikalischen Zugriff von Nora als Composer-Performer umso mehr zu schätzen lernen. Die wenigen lakonisch hingeworfenen Noten spielt sie scheinbar absichtslos, und genau dieser Gegensatz zum mühevoll und herkömmlich konstruierten Begleitrahmen lässt ihre Leistung umso grösser erscheinen. Im Netz finden sich Unmengen an Kommentaren, weiterführende Links, Kalenderblätter und Kaffeetassen mit Nora, aber kaum jemand äussert sich zur Musik.

tif que l’homme … Les parties pianistiques attirent mon attention tandis que l’instrumentation et l’harmonisation sont toutes deux extrêmement convenues (...) Le chat a une indéniable influence ‹post 1945› alors que l’homme semble retranché dans un monde ‹pré 1914› (...) Un chat mélomane et ouvert ayant entendu Ligeti et Cage, un chat sensible capable de caresser son auditeur de son doux regard tout en jouant. Un toucher aérien et gracile. En résumé, une fantaisie mise en cage.»1 Was sagt uns das? Wer annimmt, das Netz sei zu gefühlten 45 Prozent durch Katzen besetzt, hat immer noch recht. Wer annimmt, dem Thema sei nichts Neues mehr abzugewinnen, dürfte sich irren. Tiere und Kunst – das ist ein ausbaufähiges Feld und bereits weitläufig abgesteckt: Der holländische Konzeptkünstler Wim Delvoye tätowiert Schweine, Dave Allen versucht, zwei angeblich lernfähigen Singdrosseln den Catalogue d’Oiseaux von Olivier Messiaën beizubringen, Pierre Huyghe lässt auf der Dokumenta einen blaubeinigen Hund frei und domestiziert Bienenvölker, Bruce Naumann beobachtet das Nachtleben der Tiere in seinem Atelier. In der Musik allerdings ist man noch etwas zögerlich unterwegs. Noch hat es niemand gewagt, einen echt tierischen Solisten auf die Bühne zu stellen. ↑ Stills aus: CATcerto. ORIGINAL PERFORMANCE. Mindaugas Piecaitis, Nora The Piano Cat, https://www.youtube.com/watch?v=zeoT66v4EHg

Une fantaisie mise en cage Die HKB-Zeitung will dies ändern: Xavier Dayer, Dozent für Komposition und Studiengangsleiter an der HKB, meint: «Pour dire les choses sans mettre de gants: le chat est ici plus inven-

VON PETER KRAUT

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Die Klavierkatze aus Philadelphia

1 «Um es unverblümt zu sagen: Die Katze beweist hier grösseren Einfallsreichtum als der Mensch … Die Klavierstellen wecken meine Aufmerksamkeit, während Instrumentierung und Harmonisierung doch ziemlich einfallslos sind (…). Während die Katze eindeutig einen Post-1945-Einfluss hat, scheint der Mensch in einer Zeit vor 1914 stecken geblieben zu sein. (…) Die musikverliebte Katze ist offen für Neues, hat Ligeti und Cage gehört; sie ist empfindsam und es gelingt ihr, die Zuhörenden sowohl durch ihr Spiel als auch durch ihren samtenen Blick zu bezirzen. Ihr Anschlag ist zart und elegant. Kurz: eine gezähmte Fantasie.» → Peter Kraut ist stellvertretender Leiter des Fachbereichs Musik an der HKB.

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Die Poesie des Backsteins

VON CHRISTIAN GASSER

«In Krazy Kat geht es um Liebe, um nicht erfüllte, aber intensiv gelebte Liebe und um gegenseitiges Missverstehen.» Katze hasst keinen und liebt Maus.» So fasste der Dichter E. E. Cummings 1946 die Essenz von George Herrimans Krazy Kat zusammen. Und was auch immer geschieht: Die verliebte Katze, deren Geschlecht übrigens unbestimmt bleibt, ist glücklich: «I,m a heppy, heppy kat.» So simpel diese Dreiecksbeziehung auch ist – bis heute trotzt sie den unzähligen Fans und Exegetinnen, allen Analysen und Interpretationsansätzen und bewahrt ihre Geheimnisse. Das macht auch die ungebrochene Faszination dieser Serie aus – wenn auch immer wieder die gleiche Situation durchgespielt wird, ist die Leserin, der Leser jedes Mal wieder verblüfft wie beim ersten Mal, weil die Gesetzmässigkeiten der Handlung sich ihnen nie ganz offenbaren und somit immer wieder neu wirken und weil die Situation surreal genug ist, um sich nicht abzunützen. Kreolischer Hintergrund George Joseph Herriman kam 1880 in New Orleans in einer Familie mit kreolischem Hintergrund zur Welt: Seine Vorfahren waren aus den französischen Karibik-Kolonien und Kuba in die USA eingewandert. Auch ein Schuss «négritude» soll in seinem Blut geflossen sein – unter dem Hut, den er auf allen Fotos trägt, versteckte er vermutlich sein krauses Haar; als Mulatte hätte er als Zeichner für Zeitungen keine Chance gehabt.

Eine künstlerische Eruption Die Anfänge der amerikanischen Comics waren eine künstlerische Eruption, deren Kraft, Vitalität und Kreativität ihresgleichen suchte. Die frühen Comiczeichner betraten ein neues Terrain und erforschten seine inhaltlichen und grafischen Möglichkeiten in aller Freiheit. Alles war möglich, alles war erlaubt, und die Zeichner warfen auch ihre skurrilsten und wahnwitzigsten Einfälle direkt aufs Papier. Sie erfanden ihre eigene Ausdrucksform, und viele reflektierten selbstreferenziell ihre eigene Arbeit, ohne Prätention, dafür mit Humor. Das verleiht vielen frühen Comics – wie beispielsweise Winsor McCays Little Nemo und natürlich Krazy Kat – nicht nur unbestreitbare künstlerische Qualitäten, sondern auch eine Kraft, Authentizität und Frische, die bis heute spürbar sind und viele kanonisierte Exponenten der klassischen Moderne geradezu verstaubt und blass aussehen lassen. In dieser Welt versuchte George Herriman, seinen Weg zu finden; er entwickelte immer wieder neue Serien, die mangels Erfolg nach kurzer Zeit wieder eingestellt wurden. 1910 schuf er The Dingbat Family, einen Tagesstrip über eine Familie in einem Mietshaus. Damit holte Herriman, dies nur nebenbei, als einer der Ersten den Comic von der Strasse weg in die biedere Bürgerlichkeit des Familienalltags. Die heimlichen Stars des Strips waren aber nicht der menschliche Mietshausmikrokosmos, sondern die Katze und die Maus, die sich zunächst im Hintergrund, dann in einem separaten schmalen Streifen Verfolgungsjagden lieferten. Sie wurden so populär, dass Herriman 1913 die Dingbats zugunsten von Krazy Kat aufgab. Zunächst ein Tagesstreifen, erschien Krazy Kat ab 1916 auch als Sonntagsseite; 1916 produzierte Hearst den ersten Krazy Kat-Trickfilm (mit dem Herriman selber allerdings nicht viel zu tun hatte). Damit begründete George

Herriman – sechs Jahre vor Felix the Cat, fünfzehn Jahre vor Mickey Mouse und rund zwanzig vor Tom and Jerry – nicht zuletzt auch die Tradition von Katzen und Mäusen in Comics und Animationsfilm. Liebe und Anarchie Krazy Kat war aber etwas Besonderes – und unterschied sich schon bald von den damals üblichen Tagesstreifen und Sonntagsseiten. Der Humor ist absurd, die Grundstimmung melancholisch, und trotz des Slapsticks, auch er verhalten, sind die Lacher leise, nie schallend, und Schadenfreude kommt trotz des Backsteins nie auf. Schliesslich geht es in Krazy Kat um Liebe, um nicht erfüllte, aber intensiv gelebte Liebe und um gegenseitiges Missverstehen. Aber nicht nur: Allein die potenziellen Implikationen der grundsätzlich widernatürlichen Konfiguration Hund, (geschlechtslose) Katze und (verheiratete) Maus lassen ungeheuer viel Spielraum für politische, philosophische, sentimentale, erotische, lyrische, ethnische und soziale Spannungen, die Herriman allerdings nie explizit ausdrückt – sie schwingen aber immer unterschwellig, als Virtualitäten mit und machen Krazy Kat zum anarchistischen Comic par excellence. Dass die Variation der gleichen Grundsituation immer wieder neu wirkt, hat viel mit Herrimans Erzählweise und Bildsprache zu tun. Die einfachen, bisweilen dilettantisch wirkenden, leicht dadaistisch anmutenden, in Wahrheit aber virtuosen Zeichnungen Herrimans verleihen Krazy Kat auch etwas Ungelenkes, Fragiles, Rührendes, Unmittelbares. Ausserdem erfand Herriman die Comicseite Sonntag für Sonntag neu. Er löste die Einzelpanels auf und verknüpfte die Handlungsmomente gestalterisch und erzählerisch in immer wieder überraschenden, selbstreflexiven, vielschichtigen (und witzigen!) Bildkompositionen. Es gibt vermutlich nichts, was Herriman nicht ausprobiert hat, sodass der Leser, die Betrachterin immer wieder von Neuem betört und begeistert sind.

Dazu kommen ein dichtes Netz an mythologischen, literarischen und (pop-)kulturellen Verweisen und Herrimans eigenwillige Coconino-County-«lenguege», eine krause Mixtur aus verschiedenen Dialekten, Gossenslang, Sprachfehlern und phonetischer Schreibweise, die den Aktantinnen und Aktanten zusätzliche Dimensionen verleiht. Lebenslänglich angestellt Mit Krazy Kat schuf Herriman den vielleicht pursten Comic überhaupt. In einer Zeit, zwischen 1913 und 1944, wo der Zeitungsstrip durch die Syndikalisierung im Hinblick auf den Abdruck in möglichst vielen Zeitungen seiner kreativen Freiheit beraubt wurde und auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert werden musste, blieb Herriman frei von allen Einschränkungen und Zwängen und lebte in den insgesamt rund 1400 Sonntagsseiten ungehindert die für den Comic spezifischen, weder in Film, Animation, Literatur noch Malerei umzusetzenden Ausdrucks-, Erzähl- und Spielmöglichkeiten aus. Dass eine solche Serie in einem massenerfolgsorientierten Markt überhaupt existieren konnte, verdanken wir ausgerechnet dem nicht gerade als Kunstfreund und Philanthrop berüchtigten Pressemagnaten William Randolph Hearst (der durch die 1914 erfolgte Gründung des King Feature Syndicate entscheidende Verantwortung für die Standardisierung der Zeitungsstrips trug). Hearst hatte Krazy Kat so sehr ins Herz geschlossen, dass er Herriman mit einem lebenslangen (!) Anstellungsvertrag zum bestbezahlten Comickünstler seiner Zeit machte. Krazy Kat blieb bis zum Tod ihres Schöpfers 1944 immer eine marginale, da unkommerzielle Serie – gegen Schluss ihres Laufs druckten sie lediglich um die 30 Zeitungen ab (verglichen mit den über 1000 Zeitungen, in denen etwa Chic Youngs Blondie erschien), und die meisten auch nur, weil Hearst persönlich Druck auf die Redaktionen ausübte.

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Coconino County ist ein eigenartiger Landstrich: Zum einen ist es eine real existierende Wüstengegend im Südwesten der USA, ganz in der Nähe des mythischen Monument Valley, zum anderen ist es die Kulisse von Krazy Kat, die von George Herrimans Feder in eine Stätte magischer Poesie verzaubert wird. In Krazy Kats Coconino County stehen die Naturgesetze kopf, von einem Bild zum andern wird aus Sonnenschein Regen, der Tag wird zur Nacht, ein Kaktus verwandelt sich in einen Tannenwald, die Palme in eine Bergkette, und der Himmel kann einmal kariert sein, im nächsten Panel schraffiert, dann mit NavajoOrnamenten geschmückt und im vierten Bild schwarz. Sonne und Mond wünschen sich einen guten Morgen. Einziger Fixpunkt in diesem Kosmos sind ein Backstein und die ad absurdum durchgespielte Grundsituation: Die boshafte Maus Ignatz schmeisst der Katze Krazy Kat einen Backstein an den Kopf; die naive, in die Maus verliebte Katze empfängt dies in masochistischer Schwärmerei als Liebesbeweis; Police Offica Pupp, plumper Hüter von Recht und Ordnung und heimlicher Verehrer von Krazy, versucht, diese vor der Maus zu schützen, und sperrt Ignatz bei jeder Gelegenheit in den Knast. Kurz: «Hund hasst Maus und verehrt Katze, Maus verachtet Katze und hasst Hund,

Herriman wuchs in Louisiana und später in Los Angeles auf. 1900 reiste er als blinder Passagier nach New York. Dort versuchte der Autodidakt, als Zeichner Fuss zu fassen in der pulsierenden Zeitungslandschaft. Es war die Gründerzeit der amerikanischen Comics. 1895 war der erste Comic erschienen, Richard Felton Outcaults Yellow Kid, dicht gefolgt von Rudolph Dirks’ The Katzenjammer Kids. Diese Comics waren über Nacht erfolgreich: In New York wurden um 1900 über 70 Sprachen gesprochen, und die Geschichten in Bildern waren eine Kommunikationsform, die viele Menschen verstanden. Ausserdem griffen die meisten frühen Strips die Lebenssituation armer und einfacher Menschen in den Einwandererghettos auf und verknüpften ihre derben und rauen Scherze mit Anspielungen auf politische und soziale Aktualitäten. Das begeisterte viele Leserinnen und Leser – auch und gerade aus den unteren Schichten. Darüber hinaus lieferten sich die beiden Pressemagnaten Joseph Pulitzer und William Randolph Hearst einen erbarmungslosen Kampf um die Leserinnen und Leser – und erkannten bald, wie wichtig die Comics für deren Gunst war: Populäre Zeichner und Serien sorgten für Umsatz. Dank des Yellow Kid schnellte die Auflage der New York World von 300 000 auf 500 000 Exemplare.

HKB -ZEITUNG

Die Geburt von Katz und Maus im Comicstrip: Krazy Kat, den George Herriman von 1913 bis 1944 zeichnete, war zwar der Lieblingscomic vieler Intellektueller und Künstler – der kommerzielle Erfolg war aber eher bescheiden. Heute indes wird Krazy Kat unbestritten als eines der grossen Meisterwerke des Comics betrachtet.

Comic für Intellektuelle Krazy Kat war ein Phänomen. Krazy Kat war der erste Comicstrip für Intellektuelle. Bereits 1924 erklärte der Medienkritiker Gilbert Seldes ihn in seinem Buch The Seven Lively Arts zu Kunst, zu einer der wenigen originären kulturellen Leistungen Amerikas, vergleichbar mit den Filmen von Charles Chaplin und dem Jazz. Zu Krazy Kats treusten Lesern gehörten Charles Chaplin, der amerikanische Präsident Woodrow Wilson (angeblich vor den Sitzungen seines Kriegskabinetts), T. S. Elliott, Jackson Pollock, Frank Capra, Willem de Kooning und andere – und Gertrude Stein soll die jeweils neuen Strips Pablo Picasso geschickt oder am Telefon vorgelesen haben. Später bezeichnete Kerouac Krazy Kat als Vorläufer der BeatGeneration, Pop-Artisten wie Lichtenstein und Warhol zitierten Krazy Kat, und heute bekennen sich neben vielen anderen Art Spiegelman und Chris Ware als grosse Verehrer der verrückten Katze. Krazy Kat ist ein Phänomen. Krazy Kat hat nichts eingebüsst, bewahrt alle seine Geheimnisse und bleibt das vielleicht bedeutendste Meisterwerk des Comics. Dabei geht es immer nur um das eine: um den Backstein, den die Maus Ignatz Krazy Kat an den Kopf schmeisst und den die Katze als Liebeserklärung missversteht. Tag für Tag, Woche für Woche dasselbe, und doch jedes Mal neu, jedes Mal anders. Das ist die Essenz des Comicstrips. → Christian Gasser ist freier Autor, Kulturwissenschaftler und Dozent an der Hochschule Luzern – Design & Kunst.

1 Krazy Kat, Breaking_the_fourth_wall_(34), by George Herriman, Date published: 1919-06-21, Characters: Ignatz Mouse, Krazy Kat. 2 Krazy Kat, Bricks_(236), Throwing_(156), by George Herriman, Date published: 1919-03-20, Characters: Ignatz Mouse, Krazy Kat.

DE Z E MB E R 2016 – FE B RUAR 201 7 HKB -ZEITUNG 16

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Die semantische Katze (3) x[ y[Katze(y)←→x=y] & schläft(x)]

VON TINE MELZER

Was wir mit Katzen assoziieren Natürlich vertritt jede Katze durch das Bild, das sie abgibt, auch Eigenschaften, Zuschreibungen und Mythen, die wir routiniert erkennen und beurteilen. Auch wenn ich «Katze» sage (oder schreibe), dann ist vieles von der schon gewohnten oder verabredeten Bedeutungsladung vom Ding in das Wort hineingeschlüpft. Und da sitzt sie nun auf meinem Laptop und schnurrt, die semantische Katze. Katzen selbst – und das ist hier die haarige Hypothese – weisen auf Operationen der Semantik hin. Katzen, könnte man meinen, sind Konstanten in der Lehre von möglicher Bedeutung von Zeichen. Zunächst erinnern uns die Allgemeinplätze über kätzische Eigenschaften an das Grundvokabular: Die Katze hat sich eingewöhnt als tierische Hausgesellschaft mit eigenem Willen. Sie verkörpert traditionell die Weiblichkeit (mit allen kulturhistorischen 1

Überlagerungen der Frau als mystisches, dem Mond zugewandtes Wesen, bis hin zur Pussycat als Zeichen für die sich prostituierende Frau) und wurde so zur ikonografischen Begleiterin von schönen und gefährlichen Frauen oder Hexen. Katzen in den Künsten … Solche Codes sind in den bildenden Künsten abzulesen, wo sie oft zeichenhaft die Eigenschaften repräsentieren, die ihnen aus der eigenen Mythologie geblieben sind. Katzenbilder überall: Bei Pieter Bruegel hängt man der Katze die sprichwörtliche Schelle um ( Niederländische Sprichwörter, 1559), Albrecht Dürer und Pablo Picasso haben sie gemalt, es gibt feline Scherenschnitte von Henri Matisse, Salvador Dalí fotografierte fliegende Katzen, bei Jeff Koons gibt es sie als überdimensioniertes und zugleich niedliches Polyethylen-Katzenbaby in einem an der Wäscheleine hängenden Strumpf (Cat on a

Im Science-Fiction-Film Matrix (1999) der Wachowski-Geschwister wird die Katze zum Hinweis auf eine (autoritäre) Manipulation in der Matrix. Der Held Neo (Keanu Reeves) sieht eine schwarze Katze (die im Volksmund als Botschafterin des Schicksals mal von rechts, mal von links kommend, je nach Aberglaube mal Erfreuliches, mal Bedrohliches ankündigt) – und er sieht sie zweimal, als Déjà-vu. Sodann wird die unheimliche (und heimlich lustvolle) Erfahrung des Déjà-vu enträtselt als Anzeichen dafür, dass die Matrix reprogrammiert wurde. Überlagern sich die beiden Sprachgewohnheiten der Worte Déjà-vu und Katze, so ergibt sich eine sinnvolle Schnittmenge, weil der Subtext des Rätselhaften an Katzen eine gute Projektionsfläche bietet für irritierende Sinneswahrnehmungen. Die vermeintliche Harmlosigkeit der Hauskatze dient gleichzeitig als Tarnung für eine überwältigende Einsicht in die Grammatik dessen, was Neo für die (einzige) Wirklichkeit hielt. Das Strickmuster der Matrix bekommt von den Katzenkrallen eine Laufmasche. Ein wichtiger Urahn dieser Matrixkatze ist Lewis Carrolls Cheshire Cat, die er in Alice’s Adventures in Wonderland (1865) als flüchtige und verstörende Figur in einen Baum gesetzt hat. Die Unterhaltung, die Alice mit der Katze führt, ist beispielhaft für die Lesart von Katzen als vieldeutiges Sprachbild: Kryptisch und mit einiger Überheblichkeit entzieht die Katze mit dem auffälligen Grinsen Alice die Grundlage der sinnesbezogenen Wahrnehmung. Verunsicherung und Misstrauen stellen sich ein, wenn in linguistischen Kapriolen ausgestellt wird, wie die verlässlichen Entsprechungen zwischen Worten und Dingen sich zu sträuben beginnen. Wie die Katze in der Matrix ist auch das Bild von Alices Katze verwackelt und löst

sich schliesslich ganz auf – bis auf das weltbekannte Grinsen, das sich vom Katzendasein getrennt hat. In der Philosophie schleichen dazu Erklärungsversuche umher, wie eine Eigenschaft getrennt von ihrem Träger existieren könne. … und darüber hinaus Ein ähnliches Phänomen hat in der Physik einer weiteren Katze dadurch zu Weltruhm verholfen, eigentümlich zwischen den Welten zu verkehren: Schrödingers Katze ist jene Kreatur, die eingesperrt in einem Gedankenexperiment seit 1935 weder tot noch lebendig ist – oder eben beides gleichzeitig. In einem Modell zur Erklärung einer Idee aus der Quantenmechanik setzt ein ausgeklügelter Mechanismus entweder Gift frei oder nicht, was für die Katze, die eine Kiste mit dem Gift teilt, entweder tödlich ist oder sie am Leben lässt. In Schrödingers Hypothese steht zentral, dass eine geschlossene Kiste in einer Versuchsanordnung dazu führt, dass das Experiment bis zu seiner Überprüfung potenziell mehrere Resultate als Möglichkeit offen lässt. Die Katze ist damit Versuchskaninchen und Botschafterin der möglichen Wirklichkeit; bis zum Öffnen der Kiste muss die Katze als sowohl tot als auch lebendig verstanden werden. In der Sprachphilosophie selbst wurden Katzen als Satzvariablen beliebt. Beim britischen Begründer der Sprechakttheorie John Austin wurde eine Katze auf einer Fussmatte zum Paradebeispiel für pragmatische Linguistik. Sprachverständnis bedeutet, dass die Vorstellung, die von einem Satz ausgelöst wird,

Damit – Verzeihung! – beisst sich die Katze in ihren Schwanz: Die Katze als zu enträtselndes Zeichen steht mitunter für das Rätselhafte, das man zu entschlüsseln versucht. Katzen sind dann selbst Symbole, die für das Symbolische stehen, für das Aufgeladensein und für das Portal in eine andere Bedeutungsmöglichkeit. Katzen sind Tore in andere Realitäten. 7

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Worte und Bilder sind aufgeladen von unseren Gewohnheiten, Assoziationen und Konventionen, sie sind Zeichen im verschlungenen Wirbel der Bedeutungen. Worte zeigen auf etwas – etwa auf Gegenstände oder als Namen auf Personen – und umgekehrt stehen Bilder von den Dingen ikonografisch für das, womit sie innerhalb eines Textes verbunden werden. Isoliert man den Namen von etwas, so wird es zum Symbol, das je nach Kontext an Bedeutung hinzugewinnt oder diese präzisiert, verzerrt.

Clothesline, 1994–2001): das Kätzchen als Klischee. Aber es scheint, dass im Werk von René Magritte – welches das Verhältnis von Wort und Symbol, Zeichen und Bedeutung mit seinem «Ceci n’est pas …» zum Allgemeinplatz gemacht hat – auch eine Katze dabei ist. Magritte setzt seine idealisierte Katze in einen Hut (Cat in a Hat, 1920er), ihre Bedeutung bleibt darin plakativ rätselhaft. Ist dieses Bild eine Fälschung? Eine abgebildete Katze repräsentiert immer auch den Typus Katze. Das hat sie mit dem Wort Katze gemein. Gleiches liesse sich aber auch über ein Pferd sagen, über eine Pfeife oder Fussmatte. Aber Katzenbilder sind oft – neben den metaphorischen Aufladungen, der jeder Gegenstand und jede Abbildung desselben unterliegt – allegorischer Hinweis auf eine alternative Welt. Dieses Motiv ist Teil der gegenwärtigen Ladung von Katzen als Portale: So ist die Katze ein Code, der eine andere mögliche Wirklichkeit anzuzeigen vermag.

Sie repräsentieren in der Kunst das unterschätzte Türchen in fantastische Räume. Sie bringen glatte realistische Wahrnehmungsoberflächen zum Kräuseln und verkörpern Übergänge in andere, nicht realisierte Zonen. Für die Künste sind derart aufgeladene Zeichen riskant, aber reizvoll. Schliesslich kann die Kunst selbst als Praxis betrachtet werden, wo Ungereimtheiten in der Wahrnehmung ausgespäht, gejagt und gefasst werden. Parallele Bild- und Vorstellungswelten wie bei Schrödingers Katze und alogische Sequenzen wie die von Alices Kater sind in den Künsten zu Hause. Als Portale zur Lesbarkeit von möglichen Wirklichkeiten und für die Übergänge zwischen verschiedenen Wahrnehmungen ist die Katze eine potente Metapher. Sie ist ein durch und durch poetisch animiertes Haustier.

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Ein reizvolles, aber riskantes Zeichen: die Katze in der Kunst. Ein kleiner Rundgang.

→ Tine Melzer ist Dozentin am Y Institut, im MA Contemporary Arts Practice sowie im Fachbereich Gestaltung und Kunst an der HKB.

zu einem Bild konstruiert wird. An diesem inneren Bild kann man prüfen, ob ein anderer aber gleichbedeutender Satz verstanden worden ist. «‹The cat is on the mat› entails ‹the mat is under the cat›». (How to Do Things with Words, 1962). Seitdem streunen Katzen durch die Lehrbücher der Semantik und leisten den Wissenschaftlern als Anschauungsgegenstand treue Gesellschaft. Die Katze – so aufgeladen sie durch die Assoziationen und Referenzen ohnehin als Wort-Bild ist – ist tatsächlich das liebste Haustier der Semantik. Katzen sind Tore in andere Realitäten Seit der Zucht der Hauskatze wurden also Bedeutungen auf sie übertragen und damit als Mythos gefestigt, der unter anderem selbstbezogen das Rätselhafte repräsentiert.

links Typisches Satzbeispiel aus Arnim von Stechow, Dieter Wunderlich: Semantik / Semantics: Ein internationales Handbuch der zeitgenössischen Forschung. An International Handbook of Contemporary Research. Walter de Gruyter, 1991. 1 Pieter Bruegel: Die niederländischen Sprichwörter (Detail: Der Katze eine Schelle umhängen), 1559. Ölgemälde.

2 Adaption von René Magrittes Gemälde Ceci n’est pas un chat (Das ist keine Pfeife). 3 Schrödingers Katze: In einer Kiste befinden sich eine Katze, ein radioaktives Präparat, ein Detektor für die beim Zerfall erzeugte Strahlung und eine tödliche Menge Gift. 4 Cheshire Cat in Lewis Carroll: Alice’s Adventures in Wonderland. Illustration von John Tenniel, 1865.

5 Benjamin Lee Whorf: Language, Thought and Reality. The MIT Press, 1956. 6 Wachowski-Geschwister: Matrix, 1999. Filmstill. 7 Cat on a Clothesline (©Jeff Koons), Polyethylen, 312.4 x 279.4 x 127 cm

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Zeit zum Schlafengehen

Eine Katze spielte in Luzia Hürzelers Leben eine wichtige Rolle: die eigene. So realisierte die Künstlerin gar zwei Werke mit ihr. Selbstporträt für die Katz (2006) und Ne réveillez pas le chat qui dort (2016) wurden kürzlich an der Art Basel ausgestellt. In Luzia Hürzelers neuester Installation begegnet uns eine alte Bekannte. Vor zehn Jahren war die eingerollte schwarze Katze mit der weissen Schnauze und dem weissen Bauch schon einmal die Protagonistin von einer Videoarbeit der Künstlerin. Im Vergleich zu damals scheint sie gealtert zu sein: Das Fell ist dünner geworden und leicht zerzaust, der ganze Körper wirkt ein wenig eingefallen. Sie liegt auf einem Frotteehandtuch, und wenn sie nicht in einer Vitrine wäre, könnte der Eindruck entstehen, sie habe sich schlafen gelegt. Tatsächlich ist die Katze seit ihrem Auftritt 2006 in Hürzelers Video Selbstporträt für die Katz gestorben. Für die neue Arbeit wurde sie ausgestopft und in einer Pose verewigt, die sie in ihrem Leben unzählige Male eingenommen hat. Die Katze wirkt nicht nur auf den ersten Blick täuschend echt, auch der Titel der Installation von 2016, Ne réveillez pas le chat qui dort, lässt einen glauben, sie könne jeden Moment aufwachen. Er fordert die Betrachterin auf, sich ruhig zu verhalten und nicht unnötig Aufhebens zu machen. Vor einer Katze, die sich durch nichts mehr aufwecken lassen wird, läuft diese Aufforderung merkwürdig ins Leere. Heisst sie doch, etwas zu unterlassen, das zu tun uns gar nicht möglich wäre. Selbst wenn der Betrachter das Kunstwerk berühren würde,

läuft er keine Gefahr, die schlafende Katze zu stören. Dafür wird er umso mehr herausgefordert, sie in seiner Vorstellung zum Leben zu erwecken. In Selbstporträt für die Katz springt die noch junge Katze vor laufender Kamera auf einen Sockel mit einer Büste der Künstlerin. Sie beginnt, an der Büste zu riechen und sie abzulecken. Allmählich stellt sich die braun-glänzende Oberfläche als eine Masse aus Katzenfutter heraus. Dass die Figur aus Fleisch eine menschliche Form hat, lässt die Katze unbeirrt. Sie knabbert im Verlauf des Videos beharrlich das nachgeformte Gesicht ihrer Herrin ab, bis sich einzelne Partien lösen und es nicht mehr wiederzuerkennen ist. Wie in Ne réveillez pas le chat qui dort wird die Katze hier bei einer alltäglichen Verrichtung gezeigt, die gleichzeitig ins Absurde abdriftet. Nicht nur das Selbstporträt der Künstlerin ist buchstäblich für die Katz, auch das Bild, das sich der Betrachterin bietet, ist vergebens – oder vielmehr widersinnig. Dass eine Katze einem Menschen die Nase aus dem Gesicht isst, widerstrebt schlicht den natürlichen Verhältnissen. Dasselbe gilt allerdings auch für das Tier, aus dem das Katzenfutter sehr wahrscheinlich gemacht ist. Damit bringt die irritierende Materialverschiebung der Büste das Gleichgewicht der Nahrungskette vollends aus dem Lot. Auf der Art Basel im Juni dieses Jahres wurden Selbstporträt für die Katz und Ne réveillez pas le chat qui dort einander gegenübergestellt. Zwischen den Arbeiten spannt sich ein nahezu

vollständiges Katzenleben auf. Man ist geneigt, sich das schwarz-weisse Kätzlein als treue Atelierbewohnerin vorzustellen, die das Schaffen der Künstlerin über Jahre hinweg begleitet, angeregt und beobachtet hat. Gleichzeitig entsteht durch die Gegenüberstellung des Videos und der Installation der Eindruck, als sei die Katze gerade eben vom Bildraum in den Ausstellungsraum gesprungen. Es scheint, als habe sie sich nach ihrem Festtagsschmaus zu einem ausgedehnten Mittagsschläfchen hingelegt. Dass sie im Schlaf ihr bereits ungewöhnlich öffentliches Tierleben überdauert, ist ein Gedanke, der sich erst später einstellt. Bild Luzia Hürzeler, Selbstporträt für die Katz, 2006 (Video mit Ton, 11:48’) / Ne réveillez pas le chat qui dort, 2016 (Präparierte Katze, Tuch, Vitrine mit Sockel, 159.5 cm x 59 cm × 49.5 cm) (Fotos: Serge Hasenböhler) → Johanne Mohs ist Romanistin und leitet an der HKB das Forschungsprojekt Schreiben im Zwiegespräch – Das literarische Mentorat als Autorinstanz.

Luzia Hürzeler ist Videokünstlerin. So bezeichnen sie zumindest viele. Sie selbst sieht sich hingegen als Bildhauerin. Und dies nicht ohne Grund: Hürzeler begann sich schon während ihrer Ausbildung an der Ecole supérieure des beaux-arts in Genf intensiv mit Bildhauerei und Skulpturen zu beschäftigen. Nach Stationen am Chelsea College of Art & Design und der Slade School of Fine Art des University College in London, dem Instituto Svizzero in Rom und der HES-SO in Genf kam sie 2010 als künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsschwerpunkt Intermedialität an die HKB. Später arbeitete sie als Doktorandin im vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützten Forschungsprojekt Wir sind im Winterschlaf!. Ihre Werke waren

VON JOHANNE MOHS

unter anderem im Kunstmuseum Solothurn, im Kunsthaus Grenchen, im Kunstmuseum Bern, im Centre d’Art Contemporain in Genf und an der Art Basel zu sehen. Warum sich Luzia Hürzeler als Bildhauerin versteht? Ausgangspunkt eines jeden Werkes ist die Bildidee – «die eigene Bildobsession», wie sie es nennt. «Ein Bildhauer muss sich zuerst den lebendigen Körper oder Gegenstand vorstellen, den er hauen will, bevor er dies tatsächlich tut. Die Bildidee dann in Stein zu hauen, ist sozusagen die klassische Realisierung», meint Hürzeler. Sie selbst transferiert diesen Werkprozess in die heutige Welt: Auch für ihr Schaffen ist die Bildidee zentral, die sie dann aber nicht in Stein, sondern mit unterschiedlichen Medien wie beispielsweise dem Videofilm umsetzt. Mit ihren im Jetzt angeordneten Bildideen konfrontiert Hürzeler die materielle Welt – den darin ablaufenden Prozess hält sie filmisch fest. Dabei lässt sie sich vom Gedanken leiten, «etwas so zu sehen, wie es noch nie zuvor gesehen wurde». Und zeigt durch ihre Videoarbeiten, wie sich bisher selbstverständliche Vorstellungen verändern können. Die Art der Werkpräsentation ist für die Künstlerin Teil des Schaffensprozesses. So positioniert sie ihre Arbeiten oft installativ oder skulptural im Ausstellungsraum und lässt sie – wie eine Bildhauerin – wiederum zu Körpern werden. → Nathalie Pernet leitet an der HKB die Fachstelle Forschung und Entwicklung.

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Aus Fell, nicht aus Federn: zehn Prosafragmente Letzte Woche hat sich eine Katze hinter mir ins Haus geschlichen, bevor die Tür zugefallen ist. Ich sagte: Du musst hier wieder raus, du gehörst doch woanders hin. Das Tier tänzelte die Treppe hoch und antwortete: Mag sein, aber ich promoviere derzeit über die Katze als Gegenströmungsmotiv in der sinnkritischen Literatur des frühen 20. Jahrhunderts. Und was machst du? Ich habe keine Ahnung, was ich über Katzen schreiben soll, Gespenster wären mir lieber gewesen. Ich blättere das aus der Bibliothek angeforderte Buch Schriftstellerinnen und ihre Katzen dem Daumen nach durch. Ich blinzle sehr langsam. Ich lese: Wussten Sie, dass eine Katze eine Erdbeere ist? Das, denke ich, habe ich mir noch nie überlegt. Ich blättere, nun Seite für Seite, rückwärts, um die Stelle wiederzufinden. Als ich dort ankomme, sehe ich, dass ich mich verlesen habe. Mein Elternhaus steht in einem Mittelgebirge, dessen höchste Erhebung der Katzenbuckel ist. Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen. Du bist aus Fell, nicht aus Federn, hat Saqr zu mir gesagt und innendrin stimmte ich ihm zu. Und draussen war der Verkehr, war der Staub, war der Fluss, waren Bars auf Hoteldächern und Kellner, die mit dezenter Stetigkeit glühende Kohlestückchen nachlegten. Am nächsten Tag habe ich im Museum die mumifizierten Tiere gesehen, das Krokodil, das sein Baby im Maul trägt, die Hunde und Katzen. Ich habe ihr Fell gesehen, das viertausend Jahre alte. Das in ihm gespeicherte Streicheln muss sich, aufgrund einer chemischen Reaktion mit

den Ölen höchstwahrscheinlich, unterdessen verflüchtigt haben. So wunderte ich mich nur kurz darüber, dass Saqr, als ich nach Hause zurückkehrte, unwiederbringlich entflogen war. Cheshire Cat (eine Art Katzengeschichte aus Istanbul) Tok sitzt so hoch, dass die meisten ihn beim Reinkommen gar nicht sehen. Sie gehen direkt zu den Kühlschränken, die den Laden der ganzen Länge nach füllen. Sie suchen sich ihre Getränke aus, vielleicht rufen sie noch nach draussen: Hier gibt’s auch das Dunkle. Oder: Denkst du, sie trinkt zwei grosse? Dann kommen sie an die Kasse und erst jetzt, wenn ich ihnen rausgebe oder die Plastiktüte auseinanderfummle, fallen ihnen Toks Beine auf, die von ihrem Standpunkt aus gesehen direkt aus der Decke baumeln. Sie denken in diesem Moment vielleicht weniger an eine Katze als ich, weil sie noch nie gesehen haben, wie Tok hochspringt, um die Kante der Zwischendecke mit den Fingerspitzen zu erreichen, um sich von dort aus in einem Atemzug die guten zwei Meter hochzuziehen. Es sind Kinderbeine, obwohl Tok schon lange kein Kind mehr ist. So glatt und dünn. Eine Frau, die im Begriff war, ein Feuerzeug zu bezahlen, hat vor Schreck den Ständer mit den Kaugummis umgerissen. Tok kann da stundenlang sitzen, ohne etwas zu sagen. Er weiss, dass ich seine Beine anschaue, und ich weiss, dass sie mir gefallen. Von dieser Gewissheit zehren wir, seit wir uns kennen. Ich habe mir ein weiteres Buch ausgeliehen, das Katz & Hund literarisch heisst. Ich schlage eine zufällige Seite auf und lese: «Im Unterschied zur Hundefreundschaft stehen bei der Freundschaft zu Katzen andere Werte im Vordergrund.» Ein Vorbenutzer hat diese Passage mit Bleistift angestrichen, mehrfaches Druckbleistift-Hin-und-Her. Stillschweigende Herablassung oder treuseliger Bewegungsdrang.

Abhängigkeit oder Indifferenz. Fell oder Fell. «Hitler umgab sich gerne mit Kindern und Tieren», lese ich im Abschnitt davor, dazu ein Bild mit Blondie und Bart und Bleistift. Ich bin nun sicher, dass mir das Thema Unbehagen bereitet, es hat seine Krallen im Stoff meiner Hose verhakt und schnurrt mir zu, dass ich in jedem Fall verlieren werde, egal wie die Sache hier ausgeht. Wir haben Fische im Gartenteich, das muss reichen. Das war die Antwort meines Vaters auf die Frage, ob wir ein Haustier bekommen könnten. Gegen Ende der Ehe meiner Eltern hat sich eine Nachbarskatze eingestellt. Eine zierliche, schwarze, genau so eine, wie meine Mutter sie sich immer gewünscht hatte. Ihr Lieblingsplatz war der Gartenstuhl auf der hinteren Terrasse, der am meisten Abendsonne abbekam. Meine Mutter stellte der Katze Milch hin. Es war übrigens ein Kater. Dann kam die Katze durch die Terrassentür herein und setzte sich ans Klavier, kriegte aber das Notenheft nicht auf, weil Pfötchen. Meine Mutter konnte auch nicht spielen, obschon sie die Noten vor sich hatte, aber sie sass ebenfalls gerne am Klavier. Mein Vater musste sich nicht besonders anstrengen, um herauszufinden, dass er dabei war, im Herzen meiner Mutter ersetzt zu werden. Deshalb schüttete er, wann immer er die Katze auf dem Abendsonnengartenpolster sah, einen Eimer zisternenkaltes Wasser über das Tier. Ich frage mich, ob er sich die Mühe gemacht hat, das Wasser besonders leise in den Eimer einlaufen zu lassen oder sich anzuschleichen. Aber im Grunde kann das auch nichts daran ändern, wie die Dinge seither liegen.

VON REGINA DÜRIG

Patricia Highsmith, in beiden Katzenbüchern abgebildet mit ihrem Kater Sammy, schreibt: «Katzen geben Schriftstellern etwas, das Menschen ihnen nicht geben können: Gesellschaft, die keine Forderungen stellt oder störend ist.» Das leuchtet mir ein. Weit vor dem Ende der Ehe meiner Eltern gab es eine Zeit, in der die Katzen der Nachbarn vorne links unseren Sandkasten als ihr Örtchen benutzten. Also schossen mein Vater und mein Bruder mit Luftgewehren auf sie. Ich weiss nicht, ob die Katzen gefühlstaub, schwachsinnig oder sonstwie degeneriert waren (oder ob sie ihr Leid in Kauf nahmen als stummen Protest gegen den Akt sinnloser gärtlicher Gewalt), jedenfalls prallten die Erziehungsmassnahmen folgenlos an ihnen ab. Mein Vater kaufte ein Produkt namens Katzenschreck. Es verströme, so hatte man ihm versichert, einen für Katzen unerträglichen, für Menschen jedoch nicht wahrnehmbaren Geruch. Er legte es mit der Genugtuung eines Reserveoffiziers an den neuralgischen Stellen im Garten aus. Der sich daraufhin in unserem Quartier ausbreitende Gestank war derart jämmerlich, dass selbst mein Vater es nicht übers Herz brachte, die Tür zu öffnen, um die Katzen, die im Sandkasten unbeirrt ihren Geschäften nachgingen, mit ein paar gezielten Treffern zur Vernunft zu bringen. Wir haben Tieranalogien gesucht. Ich bin am ehesten eine Katze, habe ich gesagt. Du bist ein Fuchs, hast du gesagt. Ich habe gelacht, aber eigentlich hätte ich dich fragen sollen, was du damit meinst. Füchse wären die besseren Hunde gewesen, das habe ich mal gelesen, aber das ist nur eine weitere Ablenkung, wie du siehst. → Regina Dürig ist Dozentin am Schweizerischen Literaturinstitut.

11. «Der Bund»-Essay-Wettbewerb. Schreiben Sie zum Thema «Stell Dir vor, es ist Schule, und alle gehen hin.»

©Adrian Moser

Stell Dir vor, es ist Schule, und alle gehen hin. Schreiben Sie einen Essay und nehmen Sie am Wettbewerb teil. Zu gewinnen ist ein Preisgeld von insgesamt 9000 Franken. Teilnahmebedingungen: www.essay.derbund.ch. Einsendeschluss: 31. Dezember 2016

HKB -ZEITUNG

DE Z E MB E R 2016 – FE B RUAR 201 7

0 0 0. – 9 F H C geld ! s i e r P

www.essay.derbund.ch

Wir danken unseren Inserenten und Inserentinnen im Jahr 2016! Die Einnahmen aus den Inseraten kommen vollumfänglich dem Stipendienfonds zugute, der HKB-Studierende in prekären finanziellen Verhältnissen gezielt unterstützt. hkb.bfh.ch/stipfonds

Impressum HKB-Zeitung Aktuelles aus der Hochschule der Künste Bern HKB N°5/2016

Herausgeberin: Berner Fachhochschule BFH Hochschule der Künste Bern HKB Fellerstrasse 11, CH-3027 Bern hkb.bfh.ch facebook.com/hkb.bern Gratis-Abo bestellen unter: publikationen@hkb.bfh.ch

Bad Bonn Kilbi Kunsthalle Bern Kunstmuseum Bern Der Bund Dampfzentrale Cantonale Berne Jura Musikzeitschrift Loop BEKB Fantoche

Redaktion: Christian Pauli (Leitung) Regina Dürig Peter Kraut Nathalie Pernet Andi Schoon Raffael von Niederhäusern

Kunstmuseum Thun B-Sides Festival Black Movie Festival Genf Solothurner Filmtage Zentrum Paul Klee Umverkehr Gurten Sessions Jazzfestival Bern

Gestaltungskonzept und Layout: Atelier HKB, Markus Reichenbach (Leitung) Moana Bischof Christoph Miler Renate Salzmann Druck: DZB Druckzentrum Bern Auflage: 8 000 Exemplare Erscheinungsweise: 5 x jährlich

DE Z E MB E R 2016 – FE B RUAR 201 7

Elisabeth Vigée-Lebrun (1755–1842), Porträt der Fürstin Karoline von Liechtenstein (1768–1831), geb. Gräfin von Manderscheidt-Blankenheim, als Iris, 1793, Öl auf Leinwand, 222 x 159 cm (Ausschnitt), LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna

HKB -ZEITUNG

12.11.2016 – 1 9.03.2017

LIECHTENSTEIN Die Fürstlichen Sammlungen

www.kunstmuseumbern.ch

CAS Ab 3. März 2017

Informations- und Kommunikationsdesign

DATA

VIZ

Certificate of Advanced Studies in Data Visualization

hkb.bfh.ch/ weiterbildung

CAS Dokumentarfilm

28.04. – 29.09.2017

MOV

REC

hkb.bfh.ch/ weiterbildung

DE Z E MB E R 2016 – FE B RUAR 201 7

nicht im Original abgebildet, sondern in einer eigenen künstlerischen Adaption. In dieser Ausgabe: Renate Salzmann.

HKB -ZEITUNG

HKB innen – aussen

In mehreren aufeinanderfolgenden Ausgaben der HKB-Zeitung ziert ein Bild des Fotografen Fabian Unternährer das Titelblatt des zweiten Bunds. Es wird jedoch

Ausgezeichnet!

HKB -ZEITUNG

DE Z E MB E R 2016 – FE B RUAR 201 7

Raus aus der «Kindergartenecke»! Christoph Brünggel, HKB-Masterstudent in Contemporary Arts Practice mit Schwerpunkt Fine Arts, hat von der Kulturförderung der Stadt Baden ein Atelierstipendium für einen sechsmonatigen Aufenthalt in Kairo erhalten. Mit dem Atelieraufenthalt verbunden ist ein Werkbeitrag von monatlich 2000 CHF.

Barbara Balba Weber, Leiterin des Clusters Künstlerische Musikvermittlung an der HKB und Doktorandin in der Graduate School of the Arts, hat den mit 10 000 CHF dotierten Kulturvermittlungspreis 2016 des Kantons Bern erhalten. Die kulturellen Kommissionen des Kantons Bern würdigen damit Webers Engagement als Pionierin in der künstlerischen Musikvermittlung (siehe auch nebenstehendes Interview).

Am Internationalen Othmar Schoeck-Wettbewerb für Lied-Duo in der Geburtsstadt des Komponisten wurden die Sopranistin Daniela Ruth Stoll (Klasse Rachel Harnisch) und der Pianist Mischa Kozlowski (Klasse Tomasz Herbut) mit dem dritten Preis und dem Publikumspreis ausgezeichnet. Der Schweizerische Nationalfonds SNF hat drei neue Forschungsprojekte mit HKB-Beteiligung bewilligt: 1. Arne Scheuermann, Oliver Lubrich: Geldschein – Die visuelle Rhetorik des Geldes; 2. Beate Hochholdinger-Reiterer, Christina Thurner, Andi Schoon: Offene Manipulation. Figurentheater als Movens spartenübergreifender Theater-, Tanz- und Musiktheaterforschung; 3. Claudio Bacciagaluppi: Integrative Listening. A Historical Perspective on Aural Skills Training. Die Absolventin des Masterstudiengangs in Music Performance Jazz Marena Whitcher wurde aus 25 Kulturschaffenden ausgewählt und als vielseitige Künstlerin mit grosser Experimentierlust, Ausdrucksstärke und Originalität mit dem jährlich vergebenen Förderpreis der Stadt Winterthur ausgezeichnet. Julia Gräfner, Absolventin des Bachelorund des Masterstudiengangs Theater, hat den österreichischen Nestroy-Preis als beste Nachwuchsschauspielerin gewonnen (siehe Interview auf S. 31). Tabea Buser, Studentin im Bachelor Theater, hat in diesem Jahr (wie bereits 2015) einen Studienpreis Schauspiel des Migros-Kulturprozent in Höhe von 14 400 CHF sowie einen Förderpreis für ausserordentlich begabte Talente erhalten. Nur kurze Zeit später hat Buser zudem ein Stipendium der Friedl Wald Stiftung erhalten, die förderungswürdige Schweizer Theater- und Musikschaffende unterstützt. Der HKB-Student im Master Music P edagogy und Posaunist Alexandre Mastrangelo (Klasse von Ian Bousfield) ist einer von drei Gewinnern des diesjährigen Awards der Fritz-Gerber-Stiftung für junge, hochbegabte Musikerinnen und Musiker im Bereich der klassischen zeitgenössischen Musik. Er erhält ein Preisgeld von 10 000 CHF und ein Stipendium in Form einer Teilnahme an der Lucerne Festival Academy im Wert von noch einmal 10 000 CHF.

Marek Romanowski, Masterstudent in Specialized Music Performance an der HKB (Klasse von Ruslan Lutsyk), hat einen Preis am jährlichen Solistenwettbewerb der Schenk-Stiftung gewonnen. Damit konnte er am diesjährigen Jahreskonzert der Stiftung in Zofingen zusammen mit dem argovia philharmonic als Solist auftreten.

Barbara Balba Weber Barbara, was bedeutet dir der Gewinn des Berner Kulturvermittlungspreises? Ich fasse es vor allem als Zeichen dafür auf, dass die Musikvermittlung als Disziplin langsam akzeptiert wird. Musikvermittlung bedeutet harte Arbeit an festgefahrenen Konventionen der Kulturinstitutionen und ernsthafte Auseinandersetzung mit einem (existierenden oder erwünschten) Publikum. Wenn diese Disziplin in die «Kindergartenecke» abgeschoben wird, manövriert sich (nicht nur die klassische!) Musik ins Abseits. Du beziehst deine vielfältigen Engagements im Bereich der künstlerischen Musikvermittlung auch immer wieder auf aktuelle, gesellschaftlich relevante Themen. Kannst du dafür ein Beispiel nennen? Im aktuellen Semester haben wir zum Beispiel einen Schwerpunkt zum Thema Musikprojekte für und mit Seniorinnen und Senioren. Und im nächsten Semester wird es die Flüchtlingsthematik sein. Damit reagiere ich auf einen Bedarf nicht nur von Studierendenseite, sondern auch von der Gesellschaft her – die dringend Musikerinnen und Musiker braucht, die mehr können, als ein Instrument zu spielen. Am 26. November findet in Bern das nationale Musikvermittlungsfest Musik in Bewegung statt, das du initiiert hast und organisierst. Was erwartet uns da? Das wird ein Stelldichein für Musikvermittlerinnen und -vermittler aus der ganzen Schweiz, aus allen Musikgenres und allen Musikberufen, in das auch viele HKB-Musikstudierende involviert sind – als Komponistinnen, Musiker und Vermittlerinnen.

23 Feb – 5 März

Barbara Balba Weber ist ausgebildete Solistin mit jahrelanger Bühnenerfahrung und Expertin in künstlerischer Musikvermittlung und kennt dadurch die Zielgruppen ebenso wie die Akteurinnen und Akteure klassischer und neuer Musik. Weber leitet u.a. den Kompass Musikvermittlung Schweiz+ sowie an der HKB den Cluster Künstlerische Musikvermittlung. Foto: Melanie Scheuber

Annaïk Lou Pitteloud, künstlerisch-wissenschaftliche Assistentin im Bachelorstudiengang Fine Arts, gewinnt mit ihrem Projekt Consensus den Wettbewerb für zeitgenössische Kunst im Parlamentsgebäude, die Einweihung des Kunstwerks erfolgt 2018. Die Masterstudentin in Contemporary Arts Practice am Y Institut Marina Skalova hat den von der Fondation Marcel Bleustein-Blanchet verliehenen Prix de la vocation erhalten. Ausgezeichnet wird die 28-Jährige für ihren zweisprachigen Gedichtband Atemnot (souffle court), der nun als Bestandteil der Auszeichnung bei Cheyne Editeur erscheinen wird. Die Graduate School of the Arts Bern (GSA), das Doktoratsprogramm der HKB in Zusammenarbeit mit der Universität Bern, darf die ersten beiden Promotionen vermelden: 1. Julia Mia Stirnemann: Über Projektionen: Weltkarten und Weltanschauungen. Von der Rekonstruktion zur Dekonstruktion, von der Konvention zur Alternative; 2. Immanuel Brockhaus: Kultsounds. Untersuchung zur Entstehung, Praxis und Wirkung dominierender Einzelklänge populärer Musik 1960–2014. Der Musikpreis 2016 des Kantons Bern geht an Andreas Schaerer, Dozent für Jazzgesang, Improvisation und Ensemblespiel an der HKB. Seine unerschöpfliche Experimentierfreude, seine hohe Professionalität und sein Spielwitz, gekoppelt an wundersam komplexe Kompositionen, sind im Moment einzigartig in der Jazzszene. Giorgia Vitale, Forscherin am HKB-Forschungsschwerpunkt Interpretation, hat den Credit Suisse Excellence Writing Award für das beste Interview (La memoria motoria – sentire attraverso le dita mit dem Pianisten Davide Santacolomba) erhalten.

2017

e Mit: pe Sair p i l i h P Cie Trefeli f e s z ó Cie J Dozio r Lorena e Seile tsis l o c i N ze Cie a Bach r d n a x Ale jcevic a g a l B Ivan il Der Pfe 26

«C’est le vent qui fait la musique» Rahmen von Führungen ebenfalls besucht werden können. Sie laden zu einer überraschenden Reise in die Vergangenheit der Blasinstrumente ein. Und dies eben klingend, denn Musikerinnen und Musiker dürfen eine Auswahl aussagekräftiger historischer Instrumente selber anspielen. Nicht zuletzt ist dieser Fundus eine einzigartige Basis für die Forschung und die Auseinandersetzung mit historischer Aufführungspraxis. Eine Reihe international beachteter Forschungsprojekte an der HKB beruht darauf, derweil Studierende in Bachelor- und Masterabschlüssen Instrumente aus der Sammlung zum Klingen und einem Publikum zu Gehör gebracht haben.

Das Atelier der HKB, das nebst vielem anderen für die Gestaltung der HKB-Zeitung verantwortlich ist, bekommt auf Anfang 2017 eine neue Leitung. Nachfolger von Markus Reichenbach wird der 37 Jahre alte Berner Marco Matti. Zurzeit arbeitet Matti als Grafikdesigner und Projektleiter bei Integral Rudi Baur, einem interdisziplinär ausgerichteten Atelier, das sich in den Bereichen Corporate Design und Signaletik mit Fragen territorialer Identität auseinandersetzt. Jüngst hat Marco Matti den Auftritt der Manifesta Zürich 2016 entwickelt und dessen Umsetzung geleitet.

Tag der offenen Tür in der Klingenden Sammlung Samstag, 21. Januar 2017, 11.00–17.00 Uhr Klingende Sammlung, Kramgasse 66, 3011 Bern

Zu Gast

TheaterAnthropologe von Valerian Maly

Zur diesjährigen Ausgabe des BONE Performance Art Festivals wird der renommierte Theatermacher und Theater-Anthropologe Richard Schechner aus New York das HKB-Modul BONE_bucky’s classroom leiten. Schechner, 1934 geboren, gilt als einer der Gründer der Performance Studies – einem interdisziplinären Fachgebiet, das die Welt durch die Linse der Performance untersucht. Der weitgefasste Begriff der Performance umfasst nicht nur das Theater und die Kunst, sondern untersucht auch die Handlungen und Inszenierungen sozialer und politischer Ereignisse wie den öffentlichen Raum, Sport, Ritual und Zeremonien. Pendelnd zwischen Utopie und Erfahrung, besitzt Schechner genug Unbefangenheit, grosse Fragen zu

stellen und sich (mit Beckett) für alles zu interessieren, statt sich im sogenannten Besonderen zu verlieren. Er bewegt sich in der von ihm selbst aufgestellten Kategorie des «Inbetween», benutzt das Dazwischen als Zwischenraum, in den er Fragen trägt, die noch vor einigen Jahren nicht im entferntesten mit Theater in Verbindung gebracht worden wären. Ein Schwerpunkt der diesjährigen Ausgabe von BONE ist die Performance Art aus Afrika. BONE lädt zwölf afrikanische Performancekünstler und -künstlerinnen ein, die während einer Woche im öffentlichen Raum, aber auch in den geschützten Räumen der Stadtgalerie und des Schlachthaus Theaters einige performative Mises en Scène inszenieren. Dabei geraten Begrifflichkeiten zur Performance Art schnell durcheinander: Sind das nun Living Sculptures, inszenierte Rituale, reale Handlungen, Prozessionen – oder eben doch typische Formulierungen der Performance Art, deren Wesensmerkmale im Hier und Jetzt, in der nicht-hierarchischen Triangulation von Körper-, Raum- und Zeitverhältnissen formuliert werden? Um diese Begrifflichkeiten zu klären und dem Phänomen auf den Grund zu gehen, ziehen wir Richard Schechner zur Seite, der uns seine Sicht auf diese Ereignisse einflüstert. → bone-performance.com Valerian Maly leitet das BONE Performance Art Festival Bern und ist Dozent im MA Contemporary Arts Practice an der HKB.

DE Z E MB E R 2016 – FE B RUAR 201 7

Die HKB-Musikbibliothek durfte einen Grossteil des Nachlasses des Komponisten Adolf Reichel (1816–1896) in ihren Bestand aufnehmen. Reichel war von 1867 bis 1884 Musikdirektor der Musikgesellschaft, des Cäcilienvereins, 1867 der Berner Liedertafel und bis 1888 Direktor der Musikschule in Bern. Er schrieb diverse Lieder für verschiedene Besetzungen und Kammermusik, aber auch grössere Chorund Orchesterwerke sowie Messen. Er war u.a. mit Frédéric Chopin, Johannes Brahms und Richard Wagner befreundet.

Die HKB-Highlights im Winter

Die neue Ausstellung historischer Blasinstrumente wird eröffnet – mitten in Bern! Was haben ein zähnefletschender Drachenkopf aus Metall und ein schlangenähnliches schwarzes Holzstück gemeinsam? Beide sind historische Blasinstrumente, zu sehen in der Ausstellung C’est le vent qui fait la musique der Klingenden Sammlung in Bern. Von der Bande Turque des frühen 19. Jahrhunderts über Orchesterinstrumente rund um Berlioz’ Symphonie fantastique bis zu Saxhörnern der französischen Brassband um 1860 geben die Bestände dieses mit der HKB eng

verbundenen Museums Einblicke in historische Musikwelten. Die Besucherinnen und Besucher können zudem selbst aktiv werden: Nachbauten von Wikingerluren und römischen Cornua bis hin zum Alphorn bieten Gelegenheit, sich auf Blasinstrumenten zu versuchen. Die Klingende Sammlung ist aber mehr als diese Ausstellung. Sie basiert auf der umfangreichen Sammlung von Karl Burri, die 2015 von einer Stiftung übernommen und seither ergänzt worden ist. Im Depot liegen rund 1500 Instrumente und weitere Objekte, die als Schausammlung im

P.S. Die Klingende Sammlung sucht noch freiwillige Mitarbeitende für die Betreuung der Ausstellung! → klingende-sammlung.ch (Ausstellung, Stiftung, Katalog der Sammlung) → hkb-interpretation.ch/projekte (Forschungsprojekte des Forschungsschwerpunkts Interpretation der HKB) → hkb-interpretation.ch/cimcim (Kongress im Februar 2017 der CIMCIM, der weltweiten Organisation der Instrumentenmuseen, in Bern und Basel, kombiniert mit dem 4th International Romantic Brass Symposium der HKB, siehe auch S. 29)

HKB -ZEITUNG

Neu an der HKB

Foto: Drachenkopf einer Posaune, hergestellt im 19. Jh. durch die Gebrüder Hirsbrunner in Sumiswald (© Schweizerisches Nationalmuseum).

DKSJ Exchange Nights 2016 DKSJ Exchange Nights Mittwoch, 7. Dezember 2016 Schööf / East Sister SCHÖÖF Noah Arnold (sax), Elio Amberg (sax), Christian Zemp (g/efx), Amadeus Fries (dr) EAST SISTER Lorraine Dinkel (voc/g), Laura Schenk (p/synth/voc), Amadeus Fries (d/voc)

Montag, 12. Dezember 2016 Always Know Monk / UZU ALWAYS KNOW MONK Shems Bendali (tp), Zacharie Canut (sax), Yves Marcotte (b), Nathan Vandenbulcke (dr) UZU Ursula Bachmann (p, voc), Raphael Kalt (tp), Claude Stucki (g), Mischa Frey (b), Marcio de Sousa (dr), Karin Stucki (bvoc) →

Gute Musik muss gehört werden. Aus diesem Grund haben die Schweizer Jazzabteilungen die Plattform Exchange Nights ins Leben gerufen und schicken so ihre besten Studierenden auf Schweizer Tournee. Vor über zehn Jahren schlossen sich die Jazzabteilungen der Hochschulen zur Direktor/ innen-Konferenz Schweizer Jazzschulen (DKSJ) zusammen, realisieren seither gemeinsame Projekte, stärken den Austausch innerhalb der Szene und setzen sich für die Ausbildung im Bereich Jazz ein. Jedes Jahr wählt jede Hoch-

schule ein Abschlussprojekt einer Studentin oder eines Studenten im Bachelor aus, das Schulleitung und Prüfungsjury besonders überzeugt hat, und schickt diese Band auf eine kleine Tournee durch die Schweiz. Junge, aufstrebende Bands sammeln so bereits während des Studiums wichtige Konzerterfahrung, treffen Studierende der anderen Hochschulen und deren Bands, mit denen sie jeweils ein Doppelkonzert spielen, und können sich mit Veranstaltern und anderen Musikerinnen und Musikern austauschen und vernetzen.

Jeweils 20.30 Uhr, PROGR Zentrum, für Kulturproduktion, Sonarraum U64, Speichergasse 4, 3011 Bern

Für die kommende Ausgabe im Dezember 2016 wird die Berner Band Shane (Foto) rund um den Saxofonisten und Friedl-Wald-Stipendiaten Michael Gilsenan Konzerte in Basel, Lausanne, Luzern und Zürich spielen. Die Band wurde in diesem Jahr bereits mit dem Internationalen Jazzpreis ausgezeichnet, der alle zwei Jahre im schwäbischen Biberach vergeben wird. An den Konzerten in Bern, die wie jedes Jahr im Sonarraum U64 im PROGR stattfinden, sind in diesem Jahr die Projekte Always Know Monk aus Lausanne, East Sister aus Basel, Schööf aus Luzern und UZU aus Zürich zu hören. Foto: Shane (v.l.n.r.): Philipp Leibundgut (dr), Michael Gilsenan (ts), Jérémie Krüttli (b), Gabriel Wenger (ts)

Dezember 2016 – Februar 2017

DE Z E MB E R 2016 – FE B RUAR 201 7

D E Z Do

Musik Klassik

Klassenauditionen

Dez bis Fr

Noch bis am 20. Januar 2017 finden zahlreiche Klassenauditionen statt, Jan an denen Studierende aus verschiedenen Instrumentenklassen ihr Können zeigen. Die Auditionen sind öffentlich, der Eintritt ist frei. Details unter hkb.bfh.ch/ auditionen oder 031 848 39 78

Theater

Musik Klassik

Talking Straight Presents

Open Chamber Music

Workshop-Präsentation mit Studierenden des Master Theater in Zusammenarbeit mit Talking Straight (talkingstraight.de) Infos: hkb.bfh.ch/veranstaltungen HKB Zikadenweg

Mit ALWAYS KNOW MONK und UZU, siehe auch das HKB-Highlight auf S. 27 20.30 Uhr PROGR, Sonarraum U64

20 HKB -ZEITUNG

DKSJ Exchange Nights

Musik & Bewegung (Rhythmik)

Auditionen 14 IZM & HAP

Vortragsabend Klavier

Hinter diesen Abkürzungen stehen anregende Gegensätze: Interpretation zeitgenössischer Musik sowie Historische Aufführungspraxis. Der grosse Stilmix garantiert zwei Abende voller Gegensätze und hohes interpretatorisches Niveau. 19.30 Uhr HKB Papiermühlestrasse 13d, Grosser Konzertsaal

19.00 Uhr HKB Burg Biel, Saal 0-01

Theater

Artwork!

Studierende des Bachelor Theater zeigen Arbeiten aus dem Darstellungsunterricht 20.30 Uhr HKB Zikadenweg

Theater

Molière-Szenen

Musik & Bewegung (Rhythmik)

Vortragsabend Klavier 19.00 Uhr HKB Burg Biel, Saal 3-03

Musik Klassik

Open Chamber Music Mit Corina Belcea (Violine), Patrick Jüdt (Viola) und den Studierenden Martina Gallo und Katarzyna Seremak (Violine), Adam Newman und Samuel Mittag (Viola), Alessandro Sica (Violoncello). Werke von Brahms, Mozart und Webern 20.00 Uhr Konservatorium Bern, Grosser Saal

Jazz

DKSJ Exchange Nights

Mit SCHÖÖF und EAST SISTER, siehe auch das HKB-Highlight auf S. 27 20.30 Uhr PROGR, Sonarraum U64

Musik & Bewegung (Rhythmik)

Vortragsabend Klavier 19.00 Uhr HKB Burg Biel, Saal 0-01

Keynote Communication Design

Ch. Gasser: Bekenntnisse eines PopBesessenen

Mit Ironie und Witz schildert Christian Gasser in seiner Live-RadioLese-Show Mein erster Sanyo. Bekenntnisse eines Pop-Besessenen den Leidensweg des Pop-Besessenen, der zu spät begreift, dass Pop und das richtige Leben nicht dasselbe sind. Er beschwört den Popkosmos der 70erJahre, als Sweet, ABBA und Uriah Heep die Gefühlswelt der Teenies durcheinanderbrachten, er schildert die echten 80er-Jahre, in denen Verweigerung, Liebeskummer und Selbstzerstörung als vorbildhafte Lebensentwürfe galten, und er erzählt von seinen Bemühungen, in den 90erJahren erwachsen zu werden. Seine Bekenntnisse verknüpft Christian Gasser virtuos und unterhaltsam mit der passenden Musik zu einer Art privater Radioshow live im Lokal. 19.30 bis 21.30 Uhr PROGR, Raum 369 (3. OG)

Mit Grzegorz Skrobiński (Klavier) und Janusz Wawrowski (Violine). Der Meisterkurs ist für Studierende der HKB, externe Zuhörende sind herzlich willkommen. HKB Papiermühlestrasse 13

Musik Klassik

Warschau – Bern

Jazz

ELEMENTS, Listen!

Mo Musik Klassik

Die besten Kammermusikformationen präsentieren an zwei Konzertabenden ein breit gefächertes klassisches Musikprogramm. 19.30 Uhr HKB Papiermühlestrasse 13d, Grosser Konzertsaal

Gestaltung

Typoclub Afterwork Lecture: Dafi Kühne

Dafi Kühne ist Plakatgestalter und Buchdrucker und arbeitet in Näfels und Zürich. Er studierte Visuelle Kommunikation und arbeitet seit 2009 selbstständig unter dem Namen babyinktwice. Seine Entwürfe setzt er auf Buchdruckpressen aus den 1960er-Jahren um. Dabei kommen etwa traditioneller Bleisatz, Holzlettern, handgeschnittene Linolschnitte, lasergeschnittene Holzplatten, Plexiglas, Karton oder selbstgegossene Kunststoffbuchstaben zum Einsatz. Kühnes Plakate sind trotz oder gerade wegen den teilweise altmodischen, analogen Techniken kontemporär und innovativ. babyinktwice.ch 18.00 Uhr HKB Fellerstrasse, Grosse Aula

Seit vielen Jahren kommt der weltweit bekannte Musiker und Pädagoge an die HKB, um hier seine beliebten Kurse für HKB-Studierende zu veranstalten. Externe Zuhörende sind herzlich willkommen (20 CHF/Tag). 10.00–13.00 / 14.00–17.00 Uhr HKB Papiermühlestrasse 13a/h, Kammermusiksaal / Veress Saal

Mo Jazz

16 bis Fr

Projektwoche HKB Jazz Mo 16.1.2017 Masterorientierung Composition & Arrangement Masterorientierung Performance Trio: Gino Carigiet (voc), Ronny Graupe (g), Arthur Holliger (dr) Di 17.1.2017 Master Performance Solo/Duo/Trio Ensembles: Sebastian Bättig (g), Dimitri Howald (g), Lukas Andrae (as) Mi 18.1.2017 Masterorientierung Performance Trios: Max Treutner (ts), David Friedli (g), Patrice Moret (b) Leoni Altherr (voc), Colin Vallon (p), Nicolas Wolf (dr) Arian De Raeymaecker (g), Mélusine Chappuis (p), Dejan Terzic (dr) Do 19.1.2017 Master Performance Students Meet Teachers Ensemble: Lukas Andrae (as), Bernhard Bamert (tb), Dimitri Howald (g), Sebastian Bättig (g), Patrice Moret (b), Lada Obradovic (dr)

J A N

Kammermusik 20 unlimited! 19

Meisterkurs Violine mit 18 Benjamin Schmid bis Mi

Improvisationen, Stimminszenierungen und Vokalperformances – der Abend bietet Improvisation und vokal-szenische Darbietungen mit Studierenden aus dem Bachelorstudiengang Klassik und den Masterstudiengängen Théâtre musical, Klassik sowie Musik & Bewegung. 19.30 Uhr HKB Papiermühlestrasse 13d, Grosser Konzertsaal

Studierende der Fryderyk Chopin Universität Warschau spielen im Rahmen des Austauschs Warschau-Bern im Konservatorium Bern ein Kammermusikkonzert. 17.00 Uhr Konservatorium Bern, Grosser Saal

Workshop-Präsentation mit Studierenden des Master Theater unter der Leitung von Laurent Chétouane Infos: hkb.bfh.ch/veranstaltungen HKB Zikadenweg

Musik Klassik

Ein Schweizer Gestein im Kontext der Architektur 8.00–18.00 Uhr HKB Fellerstrasse

Meisterkurs 18 Kammermusik

Gneis!

Mo Musik Klassik

Musik Klassik

12 3

Konzert mit Monika Urbaniak (Violine), Denis Severin (Violoncello) und den Studierenden Mateusz Kasprzak und Katarzyna Seremak (Violine), Grigory Maximenko und Daniele Valabrega (Viola), Magali Mouterde (Violoncello). Werke von Boccherini und Tschaikowski 20.00 Uhr Konservatorium Bern, Grosser Saal

Mo Jazz

Ausstellung

bis Fr

HKB-Agenda Sa

Fr 20.1.2017 Masterorientierung Performance Ensemble A: Leoni Altherr (voc), Max Treutner (ts), Arian De Raeymaecker (g), Patrice Moret (b), Arthur Holliger (dr) Masterorientierung Performance Ensemble B: Gino Carigiet (voc), David Friedli (g), Mélusine Chappuis (p), Patrice Moret (b), Nicolas Wolf (dr) Jeweils 20.30 Uhr PROGR, Sonarraum U64

Musik Klassik

Konzert: Carte Blanche #2

Théâtre musical & Composition

Miniatures et autres histoires

Studierende des Studiengangs MA Specialized Music Performance gestalten einen Konzertabend. 19.30 Uhr Le Cap, Salle Nicolas Manuel

Musikvermittlung

Vortrag: Bernhard König

Als Höhepunkt des Tages Zukunftsmusik für und mit Vermittlungsstudierenden hält der internationale Experte und Chorleiter Bernhard König einen Vortrag und reagiert auf die Projektideen. Studierende haben Konzepte für musikalische Workshops, Konzerte, Installationen etc. mit Seniorinnen und Senioren entwickelt. 13.00–15.00 Uhr HKB Papiermühlestrasse 13h, Veress Saal

Bachelor- und Masterstudierende zeigen in diesem Format Uraufführungen, (Repertoire-)Werke und Projekte aus den Bereichen Théâtre musical und Komposition. 19.30 Uhr HKB Papiermühlestrasse 13d, Grosser Konzertsaal

Musik & Medienkunst

20 à Sa

suivre #30

An der Semesterpräsentation des Studienbereichs Musik & Medienkunst präsentieren die Studierenden eine Vielfalt an elektronischer Musik, Klanginstallationen, Videovertonungen und Soundexperimenten. Fr 20.1.2017, ab 17.00 Uhr Installationen, 20.00 Uhr Konzert Sa 21.1.2017, ab 14.30 Uhr Installationen, 17.00 Uhr Konzert HKB Papiermühlestrasse 13d

F E B

Symposium

26 Neapolita27 nische

Das internationale Symposium beschäftigt sich mit Theorie, Quellen und Rezeption der neapolitanischen Musikpädagogik, die im 18. Jh. durch ihre Verbindung von kompositorischen und musikpraktischen Inhalten Massstäbe setzte und sich um 1800 mit der Gründung von Konservatorien auch in anderen europäischen Ländern ausbreitete. Das Symposium beginnt am 25. 1. am Centro Studi Pergolesi in Mailand und wird am 26. und 27. 1. in Bern fortgeführt. HKB Fellerstrasse, Seminarraum 111

Oper

Opernskizzen: 18 «Kitsch in der Oper» 17 Mi

«Ist alles so schön bunt hier!» rockt die Punksängerin Nina Hagen über den TV-Bildschirm. In der Oper soll es mindestens genauso schön und bunt zu und her gehen? In vielfältigen Opernszenen aus unterschiedlichen Epochen der Musiktheaterliteratur widmen sich die neuen Oper-Masterstudierenden an den diesjährigen Opernskizzen Kitsch und Klischees – und den Gegensätzen dazu! – in der Kunstform Oper. Stichworte: Konfliktlosigkeit, Wirklichkeitsflucht, Stereotypisierung, Kleinbürgerlichkeit, Massenkultur. Ensemble: Fernando Afara, Germain Bardot, Elise Duclos, Shiki Inoue, Andrea Jiménez Mateo, Buga Marija Šimić, Orsolya Nyakas, Aurelia Würsch, Eunji Yi Musikalische Leitung: Franco Trinca Inszenierung: Mathias Behrends Jeweils 19.30 Uhr Volkshaus Biel, Grosser Saal

Tag der offenen Tür

Eröffnung der Klingenden Sammlung

Eröffnung der Sammlung historischer Blasinstrumente am neuen Standort. Siehe auch das HKB-Highlight auf S. 27 Klingende Sammlung 11.00–17.00 Uhr

Bühne

27 Solo+ Sa

Solistische Abschlussarbeiten der Bachelorstudierenden im Rahmen des Winterfestivals Musik & Bewegung 19.00 Uhr Volkshaus Biel, Grosser Saal

3 Sa

Theater

Master-Thesen Studierende des Master Theater zeigen ihre Abschlussarbeiten: Emily Magorrian, Nadja Rui und Marion Zurbach Infos: hkb.bfh.ch/veranstaltungen HKB Zikadenweg

Theater

Master-Thesen

Studierende des Master Theater zeigen ihre Abschlussarbeiten: Christina Berger, Johannes Dullin und Tom Kramer Infos: hkb.bfh.ch/veranstaltungen HKB Zikadenweg

Offene Woche 15 Master Oper Mi

Die Offene Woche des Masterstudiengangs in Specialized Music Performance Oper bietet Gelegenheit, am Unterricht des Schweizer Opernstudios aktiv singend, musizierend und darstellend teilzunehmen sowie Gespräche mit Dozierenden zu führen. Workshops: 10.00–13.00 Uhr / 14.00–17.00 Uhr HKB Burg Biel

Musik & Bewegung (Rhythmik)

25 Winterfestival bis Sa

für Kinder

Bambuswald und eine rätselhafte Feder, die Freiheitsdrang und verlockende Abenteuer verheisst. Die Studierenden des Bachelor Musik & Bewegung (Rhythmik) zeigen ein bewegtes Musiktheater für ein neugieriges Publikum ab vier Jahren. Ausserdem zu sehen am Winterfestival des Studienbereichs Musik & Bewegung in Biel: solistische Abschlussarbeiten, Tanzsolos und musikalisch-bewegte Jahrgangsprojekte. Details in den Veranstaltungshinweisen auf dieser Seite

Symposium

27 Hermann Sa

28 Meier

Am Symposium Das Auge komponiert – Hermann Meier und das Verhältnis von Bild und Klang in der Musik nach 1945 diskutieren international führende Expertinnen, Nachwuchsforscher und Zeitzeuginnen das Schaffen mit grossformatigen grafischen Kompositionsplänen des Solothurner Komponisten Hermann Meier (1906–2002). Ein Podiumsgespräch und ein Konzert mit dem Pianisten und HKB-Absolventen Gilles Grimaître ergänzen die Referate. HKB Papiermühlestrasse 13a/d, Kammermusiksaal / Grosser Konzertsaal

Sa Y Institut

20 Y-Präsentation

Bühne

28 Klang-

geschichten

& Vortrag von Veit Sprenger

Studierende der HKB bespielen die Fellerstrasse 11 – mit Bildern, Klängen und Gesten. Zu erleben sind die Ergebnisse der Y-Projekte aus dem Herbstsemester 2016/17. Die Präsentation eröffnet ein Vortrag des Berliner Performance-Künstlers Veit Sprenger zum Thema Gesetze und Gelage – Performance im postfaktischen Zeitalter. Sprenger gehört zu den Mitgründern des Kollektivs Showcase Beat Le Mot, mit dem er seit 1997 zahlreiche Performances zur Aufführung gebracht hat. 10.00–13.00 Uhr HKB Fellerstrasse

Auf historischen französischen Instrumenten der Zeit um 1913 spielen Studierende und Dozierende der HKB Kompositionen rund um Stravinskys Le Sacre du Printemps. – Leitung: Ian Bousfield, Thomas Müller, Markus Würsch 17.00 Uhr HKB Papiermühlestrasse 13d, Grosser Konzertsaal

Mo Musik & Bewegung (Rhythmik)

27 Schnupperwobis Fr

che Bachelor

03 Studieninteressierte können den

Unterricht im 1. Bachelorjahrgang besuchen. 9.00–18.30 Uhr HKB Burg Biel

Musik & Bewegung (Rhythmik)

28 Schnupperbis Do

woche Master

02 Studieninteressierte können den Unterricht im 1. Masterjahrgang besuchen. 9.00–18.30 Uhr HKB Burg Biel

Im Rahmen des Winterfestivals Musik & Bewegung 14.00/16.00 Uhr HKB Burg Biel, Saal 0-01

Theater

29 Tryout!

Bachelor- und Masterstudierende Theater präsentieren ihre Projekte. Infos: hkb.bfh.ch/veranstaltungen 19.30 Uhr Vidmarhallen, Vidmar+

THE MUSIC OF JILL SCOTT ENSEMBLE Josephine van der Wingen (voc), Loris Knüsel (ts), David Friedli (g), Immanuel Brockhaus (keys), César Gonin (b), Lada Obradovic (dr) – Leitung: Immanuel Brockhaus ADVANCED BAND CONCEPT ENSEMBLE Tamara Lukasheva (voc), Nicola Habegger (tp), Oscar Holliger (g), Jean-François Adrien Simon (euph) – Leitung: Django Bates Anschliessend Jamsession 20.30 Uhr PROGR, Sonarraum U64

Theater

Master-Thesen

Studierende des Master Theater zeigen ihre Abschlussarbeiten: Julian Mücke, Maximilian Roenneberg und Julian Schneider Infos: hkb.bfh.ch/veranstaltungen HKB Zikadenweg

Oper

Workshop20 Aufführungen 19 Mo

Der einwöchige Workshop Oper im Bachelor regt Gesangstudierende bereits während ihrer ersten Studiensemester zu einer szenisch-darstellerischen Entdeckungsreise an. Zwei öffentliche Aufführungen schliessen den Workshop ab: So 19.2.2017, 17.00 Uhr HKB Burg Biel, Grosser Opernsaal Mo 20.2.2017, 19.30 Uhr HKB Papiermühlestrasse 13d, Grosser Konzertsaal

Symposium

22 Jahreskonfebis Sa

renz CIMCIM / 25 Romantic Brass Symposium

Die jährliche Konferenz der weltweiten Vereinigung der Instrumentenmuseen und -sammlungen CIMCIM findet 2017 unter dem Titel Presentation, Preservation and Interpretation – The Challenges of Musical Instrument Collections in the 21st Century in Basel und Bern statt. Am Samstag präsentiert das 4th International Romantic Brass Symposium die Resultate des HKB-Forschungsprojekts zur Korrosion im Inneren von Blechblasinstrumenten. Museum für Musik Basel (Mi) Schola Cantorum Basiliensis, Klaus-Linder-Saal (Do) HKB Papiermühlestrasse 13a (Fr/Sa)

Singer’s Night Di 6.12.2016 MOTOWN REVIVAL Mirjam Hässig (voc), Géraldine Schnyder (voc) und Band BLACK SWARM Sebastian Bättig (g/comp), Johanna Pärli (b), Nicolas Wolf (dr) Di 20.12.2016 ANNINA E I CAVALIERI Annina Mossoni (voc), Tobias Künzli (p), Christoph Ruckli (b), Simon Hafner (dr) CHROMATIC TRIO Mélusine Chappuis (p/comp), Fabian Kraus (b), Xavier Almeida (dr) Di 10.1.2017 THE SPECTRUM Selina Brenner (voc), Pascal Lüthi (synth) THE SCAFFOLDERS Louis Laury (p), Oscar Holliger (g), Christophe Muheim (b), Arthur Holliger (dr)

28 Im Rahmen des Winterfestivals

serensembles

Bühne

Musik & Bewegung Mi 25.1.2017, 10.00/14.00 Uhr Do 26.1.2017, 10.00/20.00 Uhr Fr 27.1.2017, 10.00/16.30 Uhr Sa 28.1.2017, 11.00/15.30 Uhr Rennweg 26, Biel

25 HKB-Blechblä-

Mo 9.1.2017

HKB Jazz Fr

Mo Oper

25 Musiktheater bis Sa

Musikpädagogik im 18. Jh.

Konzert

VERANSTALTUNGSREIHEN HKB Forschung

Jeweils 20.00 Uhr ONO Das Kulturlokal

Musik Klassik

Halt auf Verlangen

ForschungsMittwoch

Hochstehende Kammermusik in einer unkomplizierten Form – eine Kooperation der HKB und des Berner GenerationenHauses (begh.ch)

Details spätestens zwei Wochen vor der jeweiligen Veranstaltung unter: hkb.bfh.ch/ forschungs-mittwoch

Do 8.12.2016

Mi 14.12.2016 Forschungsschwerpunkt Intermedialität 17.00–19.00 Uhr HKB Schwabstrasse, Multifunktionsraum Mi 11.1.2017 Zurück vor die Orgelbewegung Die frühesten Aufnahmen von Orgelmusik überhaupt stehen im Zentrum dieses Forschungsprojekts zur selbstspielenden Philharmonie-Orgel der Firma Welte. Vergessene Interpretationsstile werden präsentiert von Organisten und Musikforschern um Daniel Glaus und Kai Köpp. 17.00–19.00 Uhr HKB Papiermühlestrasse 13h, Veress Saal Mi 22.2.2017 Forschungsschwerpunkt Kommunikationsdesign 17.00–19.00 Uhr HKB Fellerstrasse, Auditorium

HKB Jazz

Jazz am Montag Mo 5.12.2016 THE MUSIC OF HENRY THREADGILL SEXTET Jaronas Höhener (tp), Sarah Belz (as), Max Treutner (ts), Arian De Raeymaecker (g), Fabian Kraus (b), Nicolas Bianco (dr), Arthur Holliger (dr) THE MUSIC OF ODEAN POPE Nicola Habegger (tp), Christophe Muheim (b), Philipp Leibundgut (dr) PIANO TRIO Mélusine Chappuis (p), Julius Windisch (p), Joshua Hiltbrunner (b), Nicolas Wolf (dr) 20.30 Uhr HKB Papiermühlestrasse 13d, Grosser Konzertsaal Mo 19.12.2016 BASIC ENSEMBLE IIIb Mirjam Hässig (voc), Jaronas Höhener (tp), Felix Grandjean (tp), Joel Müller (g), Thomas Dürst (b), Michael Cina (dr) – Leitung: Thomas Dürst BAND CONCEPT ENSEMBLE IIIb Mirjam Hässig (voc), Benjamin Hasler (tp), Kilian Brock (p), Slawek Plizga (b), Michael Cina (dr) Anschliessend Jamsession 20.30 Uhr PROGR, Sonarraum U64

DE Z E MB E R 2016 – FE B RUAR 201 7

HKB -ZEITUNG

Studierende der Klassen von Conradin Brotbek (Violoncello), David Eggert (Violoncello) und Elena Casoli (Gitarre) spielen Werke von Debussy, Schumann, Messiaen, Tansman, Brouwer, Azzan und Brenet. Do 22.12.2016 Weihnächtliches Programm mit Studierenden der Gesangs- und Instrumentalklassen mit Musik von Cimarosa, Weill u.a. Do 12.1.2017 Studierende der Klassen von Corina Belcea (Violine), Bartłomiej Nizioł (Violine), Matthias Arter (Oboe) und Jaime González (Oboe) spielen Werke von Beethoven, Brahms und Ysaye.

Jeweils 18.00–19.00 Uhr Spittelkapelle im Burgerspital

Verzeichnis Veranstaltungsorte HKB Burg Biel Jakob-Rosius-Strasse 16, 2502 Biel/Bienne HKB Fellerstrasse Fellerstrasse 11, 3027 Bern HKB Papiermühlestrasse Papiermühlestrasse 13a/d/h, 3014 Bern HKB Schwabstrasse Schwabstrasse 10, 3018 Bern HKB Zikadenweg Zikadenweg 35, 3006 Bern Klingende Sammlung Kramgasse 66, 3011 Bern Konservatorium Bern Kramgasse 36, 3011 Bern La Prairie Sulgeneckstrasse 7, 3007 Bern Le Cap Predigergasse 3, 3011 Bern Museum für Musik Basel Im Lohnhof 9, 4051 Basel ONO Das Kulturlokal Kramgasse 6, 3011 Bern PROGR Speichergasse 4, 3011 Bern Rennweg 26 Biel Rennweg 26, 2504 Biel/Bienne Schola Cantorum Basiliensis Basel Leonhardsstrasse 6, 4051 Basel Spittelkapelle im Burgerspital Bahnhofplatz 2, 3001 Bern Vidmarhallen Könizstrasse 161, 3097 Liebefeld Volkshaus Biel Aarbergstrasse 112, 2502 Biel/Bienne

Weiterführende Infos: hkb.bfh.ch/veranstaltungen

Das Studium gliedert sich in vier Semester → Selbstmanagement: eigenes Profil schärfen → Leadership: Führungsqualitäten erwerben → Konzept- und Projektdesign: Projekte voranbringen → Praktika: von Erfahrungen profitieren HKB -ZEITUNG

17 o K . b nO in is h o r 1 9 Fe R . EX F s eb tiv B er ru al n ar 20 17

MAS Musik-Management an der Hochschule der Künste Bern

7. s

DE Z E MB E R 2016 – FE B RUAR 201 7

Mehr als «nur» Musik? An den eigenen Stärken arbeiten? Verantwortung übernehmen? Einen Schritt weiter gehen?

Eintauchen in die Welt der Klänge Reportagen, Features, Hörspiele und mehr

Informationen unter: hkb.bfh.ch/musik-management

Studienleiter Felix Bamert felix.bamert@hkb.bfh.ch

www.sonohr.ch

CANTONALE BERNE JURA DEZ 2016 → JAN 2017 4 9 Kunsthaus Interlaken Stadtgalerie, Bern

7 8

La Nef, Le Noirmont

Musée jurassien des Arts, Moutier

Kunsthalle Bern

6 B & R und Reto Moser

2 Kunstmuseum Thun EAC ( les halles ), Porrentruy

1 CentrePasquArt, Biel/Bienne

5 Kunsthaus Langenthal

WWW.CANTONALE.CH 30

Ein Studiengang stellt sich vor

Wolfram Heberle ist Schauspieler und Kulturmanager. An der HKB leitet er den Studienbereich Theater. Daneben forscht er im Forschungsschwerpunkt Intermedialität zu den Themen Schauspieler als Kommunikationstrainer und Sprache im zeitgenössischen Theater.

HKB -ZEITUNG

Theater ist im Wandel. Die Formen sind vielfältiger geworden, die Herausforderungen an die Spieler und Spielerinnen sind gewachsen. Eigenschöpferisches Arbeiten und disziplinübergreifendes Handeln haben an Bedeutung gewonnen. Der Master of Arts in Theater – Expanded Theater ist eine Ausbildungsvertiefung für Theaterschaffende unterschiedlicher Disziplinen. Im Rahmen des Studiums lernen und arbeiten Künstler und Künstlerinnen diverser Genres zusammen: Schauspieler, Tänzerinnen, Performerinnen, Musiker, Figurentheaterspieler und andere. Der Studiengang ist ein Labor, in dem verschiedene Theaterpraktiken untersucht  und praktisch erkundet werden. Dabei setzen sich die Studierenden mit einem erweiterten Verständnis von Theater auseinander. Dies gilt sowohl für den Umgang mit zeitgenössischen Formen von Theater und Performance als auch für die Entwicklung und Umsetzung neuer Visionen. Vorrangiges Ziel ist die Vermittlung von Kompetenzen zur eigenständigen künstlerischen Arbeit: individuell oder im Team. Damit führt der MA die Logik der Berner Schauspielausbildung fort: Schon im Bachelor werden die Studierenden in der Entwicklung eigener Projektarbeiten gefördert. Im MA steht den Studierenden ein breites Lehrangebot zur Verfügung. Sie haben Zugriff auf die Kurse der vier Schweizer Theaterhochschulen des MasterCampus Theater C H in Bern, Lausanne, Verscio und Zürich. Dem gegenüber steht die individuelle Betreuung der Studierenden in ihren eigenen Projekten durch Mentorinnen und Mentoren. Das Unterrichtsprogramm wird ergänzt durch Kurse, die über die Vermittlung rein performativer Fähigkeiten hinausgehen, wie Raumgestaltung, Lichtdesign, Klang, Medien oder Projektmanagement. Dabei spielt die Verknüpfung von Studium und Berufspraxis eine zentrale Rolle. Um beides miteinander verbinden zu können, besteht die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums. So schafft der MA Theater einen fliessenden Übergang zwischen Ausbildung und Beruf.

DE Z E MB E R 2016 – FE B RUAR 201 7

Master of Arts in Theater – Expanded Theater

Julia Gräfner (siehe Interview unten) in ihrer Master-Thesis Ich würde alles für die Liebe tun, ich mach’s aber nicht (Foto: Annette Boutellier)

Unterrichtsangebote

Workshops und Toolboxes • Performative Kompetenzen: Tanz, Bewegung, Stimme, Performance u.a. • Theorie: Darstellerisch-inszenatorische Arbeit, Projektmanagement u.a. Gastprojekte • Gemeinsame Projekte unter der Leitung renommierter Künstler/innen der performativen Praxis. Der Schwerpunkt liegt in der Regel auf der Vermittlung von Kompositionsund Kreationstechniken. Produktion & Eigenprojekte • Module, in denen die Studierenden individuell und in Begleitung von Mentorinnen und Mentoren an ihren künstlerischen Schwerpunkten arbeiten.

Master-Thesis

Die Master-Thesis ist eine eigenständige Projektarbeit. Die Studierenden weisen nach, dass sie in der Lage sind, performative Projekte auf künstlerischer und organisatorischer Ebene eigenverantwortlich zu initiieren und durchzuführen.

Umfang und Dauer

• 90 ECTS-Punkte • Regelstudienzeit 3 Semester, berufsbegleitend max. 5 Semester

Voraussetzungen

• Bachelor of Arts in Theater oder theaternaher Abschluss auf Bachelorstufe (oder eine äquivalente, nachgewiesene Qualifikation) • Lehr- und Arbeitssprachen: Deutsch und Englisch • Anmeldeschluss für das Herbstsemester 2017: 18.4.2017

Standort Theater

• 3000 m2 Arbeits- und Präsentationsräume u.a. mit drei flexibel einzurichtenden Bühnen mit professioneller Theatertechnik: Haupt-, Studio- und Probebühne • 9 grosse Projekträume • Schnittraum für Video und Ton • Bewegungsraum, Arbeitsateliers, Werkstatt • Fundus für Requisiten und Kostüme • Theaterbibliothek

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Weiterführende Informationen zum Studiengang: hkb.bfh.ch/ma-theater

Absolventin Julia Gräfner im Gespräch Gewinnerin des Nestroy-Preises 2016 als beste Nachwuchsschauspielerin

Julia, du bist im norddeutschen Schwerin geboren und aufgewachsen, hast dort auch das Gymnasium besucht. Was hat dich veranlasst, für das Schauspielstudium ins 1000 Kilometer entfernte Bern zu ziehen? Vor allem hat mich die Tatsache gereizt, dass in Bern neben klassischer Rollenarbeit, Körper- und Stimmbildung auch die Erarbeitung eigener Projekte Teil der Ausbildung ist. Den Genuss und die Herausforderungen als Darstellerin, über die Darstellung einer Figur hinaus inhaltliche, konzeptuelle und inszenatorische Entscheidungen zu treffen, kannte ich bereits aus der Arbeit in der Schultheatergruppe am Goethe-Gymnasium Schwerin. Inwiefern ent- resp. widersprach das Schauspielstudium an der HKB deinen Erwartungen? Ich hatte im Wesentlichen die Erwartung, dass mir das Schauspielstudium Werkzeuge und Methoden vermittelt, Erfahrungen ermöglicht, die mich befähigen, mit meinem Körper, meiner Stimme, meiner Persönlichkeit eine Figur zu gestalten und kreativer Teil einer – wie ich jetzt sagen würde und um mit den Worten eines meiner damaligen Dozenten zu sprechen – wie auch immer gearteten theatralen Versuchsanordnung zu sein. Ich wollte ausserdem, dass es Spass macht. Ich denke, diese Erwartung hat sich eingelöst und ich habe gelernt, was ich lernen wollte. Das versuche ich von Produktion zu Produktion, Projekt zu Projekt beizubehalten und anzuwenden, so gut ich kann. Du hast dein Studium nach dem Bachelorabschluss direkt mit dem Master Theater fortgesetzt. Warum? Weil das Absolventenvorsprechen in den Master integriert war, ich vorsprechen wollte. Parallel war es mir wichtig, meinen künstlerischen und theatertheoretischen Horizont in den vielfältigen Kursen und Begegnungen im Master zu erweitern. Und ich wollte die Möglichkeit, als Theatermacherin unabhängig vom Stadt- und Staatstheaterbetrieb sein zu können, aufrechterhalten und fundieren.

Inwiefern hat dir dein Studium an der HKB den Berufseinstieg erleichtert und dir für die weitere Entwicklung als Schauspielerin genützt? Es hat mir insofern den Berufseinstieg erleichtert, als ich parallel frei arbeiten und studieren konnte. So bin ich einerseits der Gefahr entgangen, als freie Schauspielerin unfreiwillige Arbeitspausen zu haben. Andererseits konnte ich meine im Master erworbenen und erweiterten Fähigkeiten direkt in der Berufswelt anwenden. Es war eine unfassbar anstrengende, unstete Zeit, ein grosser organisatorischer Aufwand und zugleich eine herrliche Chance. Ich konnte mich in der Arbeit vom Studieren erholen und umgekehrt, ich konnte die Bereicherungen und Erfahrungen hin und her tragen. Was zeichnet deiner Meinung nach das Schauspielstudium an der HKB aus? Ich hatte tolle Dozentinnen und Kommilitonen: menschenfreundliche, professionelle, charakterstarke Persönlichkeiten, von denen ich viel über mich, Theater spielen und machen und damit sogar über das Leben lernen konnte. Die Projektschiene ist vielleicht einmalig in ihren Chancen und Herausforderungen. Ich glaube, dass der unbedingte Wille zum Punk, zum Ausreissen, zur Individualität in Bern sehr gross ist: Braves, Widerstandsloses, Gradliniges ist für «die Berner» besonders uninteressant. Die Fragen stellte Raffael von Niederhäusern

Julia Gräfner wurde 1989 in Schwerin geboren und hat 2015 ihr Theaterstudium an der HKB abgeschlossen. Bereits während ihres Studiums war sie als freie Schauspielerin u.a. am Konzert Theater Bern, am Luzerner Theater und am Ballhaus Ost in Berlin tätig, wurde mit dem Adriana Award (beste Partnerrolle) ausgezeichnet und war Stipendiatin der Armin-Ziegler-Stiftung. Seit 2015 ist Julia Gräfner festes Ensemblemitglied am Schauspielhaus Graz, wo sie ab Mitte November die Julia in Shakespeares Romeo und Julia gibt. Anfang November 2016 ist sie für ihre Verkörperung des Caliban in Shakespeares Sturm mit dem österreichischen Nestroy-Preis als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet worden.

HKB -ZEITUNG

DE Z E MB E R 2016 – FE B RUAR 201 7

Schaufenster — Arbeiten aus der HKB

MA Contemporary Arts Practice Diplomausstellung IRIS, Kunsthalle Bern, 2010, Nadine Städler, Cat is the Cosmonaut Installation aus mehreren Teilen, MDF, Holz, Lack, Acryl, Dispersion, Stempelfarbe, zwei Pferdesattel, präparierte Katze, ca. 7 x 2 x 1 m o.T. Pigmentdruck, Siebdruck auf Papier, gerahmt, zweiteilig, je 66.5 x 54.4 cm