
5 minute read
Berger
Bearbeitung: T. Berger (Bachelorarbeit) A. Schlagenhaufer (LfL) Kooperation: Prof. Dr. T. Ebertseder, Fakultät Nachhaltige Agrar- und Energiesysteme, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
Laufzeit:
Mai 2021 - September 2021
Hintergrund und Ziel der Arbeit
Von der European and Mediterranean Plant Protection Organization wird die Einführung eines neuen Pflanzenschutzdosiermodells im Hopfen mit Bezug zur Laubwand gefordert. Denkbar wäre der Einsatz des Leaf Wall Area-Modells (LWA) oder des Tree Row Volume-Modells (TRV). Dieses soll das derzeitige entwicklungsstadienbezogene Modell ersetzen. Dabei soll die Dosierung der Pflanzenschutzmittel nicht mehr, wie bisher in drei Stufen erfolgen, sondern angepasst an die Laubfläche der Kulturen. Somit soll in allen Raumkulturen ein einheitliches Bezugssystem vorhanden sein, was die Übertragung von Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln zwischen den Kulturen und unterschiedlicher Anbauverfahren erleichtert. Um die Eignung der verschiedenen Modelle für den Hopfenbau festzustellen, wurden im Rahmen einer Bachelorarbeit neben Wuchshöhen- und Breitenmessungen auch Blattflächenmessungen an den Hopfenpflanzen durchgeführt.
Methodik
Die Versuche zu den Messungen wurden an zwei Standorten mit den Sorten Perle und Herkules angelegt. Von jeder Sorte wurden zu Beginn der Vegetation zehn Pflanzen mit zwei Aufleitungen ausgewählt, von denen wöchentlich die Wuchshöhe und die durchschnittliche Breite der Rebe gemessen wurden. Bei der Längenmessung wurde jeder einzelne Trieb der Aufleitungen vermessen. Außerdem wurden an drei Terminen je drei Reben beider Sorten einer Blattflächenmessung unterzogen. Dazu wurden alle Blätter der Reben händisch gezupft und nach ihrer Größe sortiert. Für die Sortierung wurden 10 Kategorien mit Schablonen angelegt. So konnte ein abgezupftes Blatt mit der Schablone verglichen und in die entsprechende Kategorie einsortiert werden. In Abb. 4.12 ist beispielhaft die Schablone für die Kategorie 8 dargestellt.
Abb. 4.12: Schablone zur Ermittlung der Größe der Blattoberfläche
Am Schluss wurden alle Blätter der Kategorien gezählt und mit der gemessenen Blattfläche der jeweiligen Schablone multipliziert. In Abb. 4.13 ist der Versuchsaufbau zum Abzupfen, Sortieren und Auszählen der Laubblätter zu erkennen.

Abb. 4.13: Versuchsaufbau zum Abzupfen, Sortieren und Zählen der Laubblätter ausgewählter Hopfenreben
Durch diese Vorgehensweise entstand für jeden Termin und jede Sorte ein genauer Wert, der der Realität am besten entspricht. Da beim letzten Termin der Blattflächenmessung (Mitte August) auch Dolden vorhanden waren, wurden diese ebenfalls gepflückt und gezählt. Dann wurden diese fotografiert und die Bilder mit dem Bildverarbeitungsprogramm „ImageJ“ ausgewertet. Der Fotoaufbau ist in Abb. 4.14 dargestellt. So konnten die Dolden mit der Software gezählt und die Oberfläche in cm² ermittelt werden. Verrechnet mit den Ergebnissen aus den Blattflächenmessungen entstand dann für jede Rebe eine gesamte Laubfläche.

Abb. 4.14: Aufbau zur Fotografie der Hopfendolden
Die Wuchshöhen-und Breitenmessungen wurden benötigt, um die Modelle der LWA und TRV nach vorgegebenen Formeln zu berechnen. Die beiden Dosiermodelle berechnen sich wie folgt:
LWA= .² [] ∗����ℎ������������������������������ℎöℎ��∗����������������ℎ��
TRV = .² [] ∗����ℎ������������������������������ℎöℎ��∗����������������������������[��]
Beide Modelle wurden nach der Berechnung mit den selbst gemessenen Blatt- und Doldenflächen verglichen, um so herauszufinden, welches Dosiermodell nun am besten zur Realität passt. Dabei wurde beim LWA-Modell zwischen LWA-2Seiten und LWA-4Seiten, und beim TRV-Modell zwischen TRV-Reihe, TRV-Zylinder und TRA-Zylinder unterschieden. Diese Formeln unterscheiden sich lediglich hinsichtlich ihrer Berechnungsgrundlage.
Ergebnisse
Einen Überblick über die Größe der gemessenen Laubflächen und die Anzahl der Blätter und Dolden pro Rebe gibt die nachfolgende Tabelle. Die geringen Laubflächen bei der Sorte Herkules bei T3 könnten sich durch die zum Zeitpunkt der Messung noch nicht vollständig ausgebildeten Dolden ergeben.
Tab. 4.3: Größe der Laubfläche und Anzahl der Blätter und Dolden pro Rebe bei den Sorten Herkules (HKS) und Perle (PER) an drei verschiedenen Terminen

Bei der Dosierung der Pflanzenschutzmittel spielt die zu benetzende Oberfläche der Blätter und später auch der Dolden eine wesentliche Rolle. Damit einher geht eine ausreichende Wasseraufwandmenge, um genügend Wirkstoff an die zu schützenden Pflanzenteile zu transportieren. In der Vergangenheit wurden daher Konzentrationsangaben verwendet, die es ermöglichten, in Abhängigkeit vom Entwicklungsstadium und der Blattmasse die notwendige Wirkstoffmenge zu applizieren. Insbesondere bei der Anwendung von Kontaktmitteln ist eine gleichmäßige Benetzung mit ausreichend Wirkstoff entscheidend für den Bekämpfungserfolg. Um die verschiedenen Dosiermodelle bzgl. ihrer Eignung bewerten zu können, sollten sich diese stets an dem Referenzwert „gemessene Blatt- und Doldenfläche“ orientieren (Abb. 4.15).

Abb. 4.15: Prozentuale Veränderung der Dosiermodelle in Abhängigkeit vom Endwert am 19. August bei der Sorte Perle
Alle errechneten Modelle (LWA, TRV-Reihe und TRV-Zylinder) und auch das aktuelle, stadienbasierte Stufenmodell eilen der tatsächlichen Blatt- und Doldenfläche etwas voraus. Am deutlichsten unterscheiden sich die LWA-Modelle. Problematisch ist hier vor allem der hohe Anstieg in frühen Stadien der Hopfenpflanzen. Die Formel der LWA berücksichtigt nur die Wuchshöhe der Triebe. Zu Beginn der Vegetation haben die Pflanzen zwar schnell große Trieblängen erreicht, die tatsächlichen Laubflächen sind aber aufgrund kleiner, weniger Blätter noch gering. Aus diesem Grund ergeben sich die großen Abweichungen zwischen beiden LWA-Modellen und der Realität. Ein weiteres Problem dieses Modells stellt das Erreichen der maximalen Gerüsthöhe dar. Sobald die Triebe Ende Juni mit ca. 7 m ihre maximale Wuchshöhe erreicht haben, verändert sich der Wert der LWA nicht mehr, da die Wuchshöhe konstant bleibt. Tatsächlich istjedoch ab diesem Datum noch ein deutlicher Anstieg der Laubflächen und später der Doldenoberfläche zu erkennen, welcher im LWA-Modell nicht berücksichtigt werden kann. Besser passen die TRV-Modelle. Zu Beginn der Vegetation kommen diese den gemessenen Laubflächen am nächsten, da neben der Wuchshöhe auch die Breite der Pflanzen berücksichtigt wird. Ab Mitte Juni ist dann ein stärkerer Anstieg zu erkennen. Dieser begründet sich durch stark wachsende Seitentriebe, die den Durchmesser der Rebe stark vergrößern und somit auch das scheinbare Volumen steigen lassen. Das Volumen der Pflanzen steigt in Realität zwar weiter an, aber nicht so stark wie durch das TRV-Modell berechnet wird. Interessant ist in der grafischen Darstellung, dass das bisherige stadienbasierte Stufenmodell gute Parallelen mit den TRV-Modellen aufweist. Dies ist auch naheliegend, da für eine Benetzung aller Pflanzenteile hauptsächlich die Pflanzenmasse und somit das Volumen maßgeblich ist und nicht die Fläche einer fiktiven Laubwand, die sich nach Erreichen der Gerüsthöhe nicht mehr ändert. Für den Hopfenbau eignet sich das aktuelle Modell also nach wie vor am besten. Sollte dieses aber aus administrativen Gründen abgelöst werden, wird z. B. mit Korrekturfaktoren oder Konzentrationshinweisen eine Anpassung des neuen Dosiermodells an den tatsächlichen Blattflächenzuwachs des Hopfens nötig sein.