Unterwegs
Sonntag, 15. April 2012 / Nr. 16 Zentralschweiz am Sonntag
Marokko spielen soll. «Sie haben die Möbel so verstellt, dass ich die Räume kaum wiedererkannt habe», lacht Adif Bazaou. Das Schmuckstück ist der Innenhof – eine Oase im Verkehrsgerangel der Stadt: Es spriessen Palmen und Farne. In einem alten Brunnen plätschert Wasser aus einem steinernen Fischmaul. Gern berät er seine Gäste bei ihren Ausflügen, aber für eine ehrenamtliche Tätigkeit als Greeter hätte Adif keine Zeit, denn nebenbei kocht er Couscous und andere marokkanische Gerichte für angemeldete Gruppen. Seine Küche ist kaum grösser als eine Kajüte. Doch das Essen schmeckt so gut, dass ihn der Restaurantführer Gault Millau mit einer Auszeichnung ehrte.
Sehenswert: der alte Hafen von Marseille.
Immer mehr Museen
Anne ist am Abend mit Freunden im unkonventionellen Viertel Cours Julien unterwegs. Aus den Restaurants riecht es nach gegrillten Steaks, auf der Terrasse einer Kneipe spielen ein Afrikaner und ein Franzose eine Partie Backgammon und trinken dabei Bier. Das Nachtleben ist weniger üppig als in Paris, doch für Kunst- und Kulturinteressierte hat die Stadt 42 Museen. Und es werden immer mehr. Denn 2013 wird Marseille Kulturhauptstadt. Über 400 Veranstaltungen wie Konzerte, Ausstellungen, Partys sind hier und in der Umgebung geplant. Am Hafen entsteht eine ganz neue architektonische Landschaft. Und auch das Stadtbild an der Porte d’Aix soll mit Hilfe von Künstlern verschönert werden. In dieser Zeit wird es nicht nur im «Saladin» nach exotischen Gewürzen duften. Im Rahmen des Projektes «Streetfood» rollen dann 13 mobile Küchen durch die Stadt. Darin brutzeln Chefköche ihre eigenen Takeaway-Varianten aus aller Welt.
Bild Monika Hippe
Tipps & Infos
Den Besuch eines Fischmarktes sollte man sich nicht entgehen lassen. Getty
Das Hotel Le Petit Nice Passedat liegt direkt am Meer.
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Männer, die beim Kaffee oder Tee sitzen: Das sieht man in Marseille häufig.
Bild Monika Hippe
Übernachtung: Hotel Le Ryad im Zentrum, es hat sieben geschmackvoll eingerichtete Zimmer im marokkanisch geprägten Stil, ein Doppelzimmer/Suite kostet 95 bis 170 €, 16, rue Senac de Meilhan, Tel. 0033 491 47 74 54, www.leryad.fr Tipp: Der Renner für Reisende mit kleinem Geldbeutel ist das Hotel Saint Louis in einer Seitenstrasse der Canebière, Doppelzimmer ab 72 €, kostenloser Internetanschluss, gutes Frühstücksbuffet für 8 €, 2, rue des Récolettes, Cours Saint Louis, Tel. 0033 491 54 02 74, www.hotel-st-louis.com Essen und trinken: Marokkanisch: Restaurant Femina, 1, rue Musée, 13001 Marseille, Tel. 0033 491 54 03 56, riesige CouscousPortionen und ein etwas selbstgefälliger Wirt. Tipp für Spätesser: Le Mas de Lulli. Das Restaurant hat von 12 Uhr mittags bis 6 Uhr morgens geöffnet. Leckere Salate, Grillund Pastagerichte, Menü 20 bis 35 €, 4, rue Lulli, Tel. 0033 491 33 25 90, lemaslulli@orange.fr Arabische Empfehlung: Gewürze und Feinkost: Saladin Epices du Monde, 10, rue Longue des Capucins, Tel. 0033 491 33 22 76, www.saladin-epicesdumonde.fr Orientalische Bäckerei: Pâtis serie d’Aix, Angle 2, rue d’Aix, Ecke rue Nationale, Tel. 0033 491 90 12 50. Ausflugstipps: Am alten Hafen (vieux port) bieten Schifffahrtsunternehmen Ausflüge zur Insel Château d’If an. Die ehemalige Gefängnisinsel diente als Kulisse für «Der Graf von Monte Christo». Ebenso starten hier Ausflüge in die beeindruckende Felsenlandschaft der Calanques. Fortbewegung: Der City-Pass erlaubt Besuchern die freie Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel und bietet freien Zugang zu 15 Museen, Bootsüberfahrt und Besichtigung des Château d’If, Fahrt mit der Kleinbahn zur Basilika Notre-Dame usw. 1 Tag 22 €, 2 Tage 29 €. Tel. + 33 (0) 491 13 99 78, www.marseille-tourisme.com Reiseführer: Gute Hintergrundinformationen im Reiseführer «Provence – Côte d’Azur», Michael Müller Verlag 2010, CHF 49.90
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Rund um den Bürgenstock
Das Hotel Villa Honegg ist aufwendig renoviert worden – und darum absolut sehenswert.
Unterwegs Ein lockerer Auftakt mit einer Tour rund um den Bürgenstock? Ganz so einfach war die WandersaisonEröffnung für unseren Autor dann aber doch nicht. Die Idee war, mit einer gemütlichen Wanderung in die Saison einzusteigen. Dazu dachten wir uns einen Marsch rund um den Bürgenstock aus – ein unverdächtiger, freundlicher Berg. Doch die Sache lief dann etwas aus dem Ruder. Aber schön der Reihe nach. Wir bestiegen am Bahnhof Stansstad den Bus nach Obbürgen, um ihn bei der Haltestelle Seewli wieder zu verlassen. Hier gingen wir noch einige Schritte bergwärts der Strasse entlang. Dann rechts abbiegen Richtung Seewligrat. Zickzack ging es den Hang hoch, 45 Minuten lang, inklusive Kurzvisite bei einer Lourdes-Grotte und Besichtigung des Alpnachersees. Schliesslich folgten wir dem sehr angenehmen Gratpfad bis Aetschenried, hernach gings auf einer Fahrstrasse weiter nach Egg.
Erfreuliche Ausblicke Wäre das Wetter schön gewesen, wir hätten eine tolle Aussicht geniessen können – ein andermal, es nieselte. Dafür standen wir nach rund eindreiviertel Stunden vor dem Hotel Villa Honegg, ein erfreulicher Anblick. Das Haus ist mit dem Geld eines Herrn aus dem nahöstlichen Emirat Katar an Haupt und Gliedern renoviert worden und steht jetzt so schön in der Landschaft wie wohl noch nie seit seiner Erbauung. Das war 1905, der Bauherr hiess Emil Durrer, Schreinermeister aus Kerns, ein Neffe jenes legendären Schweizer Hoteliers Franz Josef Bucher-Durrer, der 1871 die Alp Tritt gekauft und dort das Bürgenstock-Resort errichtet hatte. 1923 stürzte der «Honegg»-Besitzer beim Malen vom Gerüst, doch seine Frau und später die Kinder führten den Betrieb weiter bis 1977. Danach stand das BelleEpoque-Haus meist leer, ehe es der Mann aus Arabien in ein zauberhaftes 5-SterneSuperior-Hotel umbauen liess, mit prächtiger Terrasse, Swimmingpool, Top-Restaurant und sogar eigenem Kino. Der freundliche Simon Mafli von der Rezeption hätte uns das ganze Hotel gezeigt, doch waren wir ja zum Wandern da. Wir hätten jetzt nach links spazieren können, Richtung Bürgenstock-Hotels, die zurzeit neu erbaut werden, ebenfalls von Herrschaften aus Katar. Aber wir hatten ja noch einiges vor, marschierten bis zum nahen Biohof Ober-Honegg und von da halbwegs hoch Richtung Wald. Dort gings rechts wieder über ziemlich steile Treppen hinunter zum Mattgrat und weiter Richtung St. Jost, die einzige gotische Kapelle des Kantons Nidwalden.
Kleiner Wegweiser Route: Obbürgen, Seewligrat, Aetschenried, Honegg, Mattgrat, Untermatt, Kehrsiten Wanderzeit: 5 Stunden Essen/Trinken: Honegg, Obermatt, Kehrsiten Verkehrsmittel: Bus (Stansstad–Obbürgen); Schiff (Kehrsiten–Stansstad) Karte: Vierwaldstättersee 1:60 000, Kümmerly+Frey
Bild Melchior Rudenz
Er wandert wieder! Saisonstart Unser Autor ist aus dem Winterschlaf erwacht und ist nun wieder alle zwei Wochen für Sie unterwegs, um die schönsten Ausflugsziele ausfindig zu machen. Wem das nicht genug ist: Im Buch «Zu Fuss unterwegs – Ein Wanderführer der Zentralschweiz am Sonntag» werden die schönsten Wanderungen von Melchior Rudenz vorgestellt. Der Wanderführer ist an allen Vorverkaufsstellen der «Neuen Luzerner Zeitung» und ihrer Regionalausgaben sowie unter www. abopassshop.ch erhältlich (mit Abopass: Fr. 19.80, ohne: Fr. 27.80).
Beim Punkt Schlüsselhorn oder ähnlich – leider haben wir vergessen, den zu Fuss Namen aufzuschreiben – nahmen wir unterwegs die Abzweigung nach Untermatt, wobei die eigentliche Destination das zehn zusätzliche Gehminuten entfernte Restaurant Obermatt war, ansonsten nur per Schiff erreichbar und berühmt für seine Älplermagronen, die besten am ganzen Vierwaldstättersee.
zu Fuss unterwegs Der fast 300 Höhenmeter lange Abstieg dauerte knapp eine halbe Stunde und ist recht abschüssig. Vor allem bei nassem Boden ist hier gutes Schuhwerk notwendig.
Bedrohliche Nordwand Da der Tag schon ziemlich weit fortgeschritten war, liessen wir die Älplermagronen fahren und bogen ob Untermatt nach links ab. Bereits nach wenigen Schritten machte uns eine grosse Hinweistafel darauf aufmerksam, dass der Wanderweg durch ein Steinschlag-Gebiet führt und wir auf eigene Verantwortung weitergehen. Zur akustischen Untermalung polterten genau in diesem Moment weiter vorne Steine den Berg hinunter. Doch es stach uns der Hafer des Abenteuers, und wir wanderten weiter, erst über sumpfiges Gelände und hernach wieder hinein in den Wald. Die nächste Stunde war uns dann doch etwas mulmig zumute. Unten der See, oben die hoch aufragende, bedrohliche Nordwand des Bürgenstocks und wir mittendrin. Überall lagen mächtige Felsbrocken, die sich irgendwann vom Berg gelöst und dabei mächtige Tannen wie Streichhölzer zerhackt hatten. Was uns zu kleineren Kletterpartien zwang, weil immer wieder irgendwelche Baumresten quer über dem Weg lagen. Wie um uns noch zusätzlichen Schrecken einzujagen, stand da auf einer am Fels angebrachten Tafel, dass hier im vorletzten Jahrhundert ein Kaplan namens Alois Wymann im jugendlichen Alter von 37 Jahren zu Tode gekommen sei. Doch alles ging gut, und nach schlussendlich beinahe fünfstündiger Wanderung trafen wir wohlbehalten in Kehrsiten ein. Für mutige Gemüter ein an sich sehr schöner Ausflug, empfehlenswert hingegen eher nach einer längeren Phase trockenen Wetters. Weil dann das Gestein dort bleibt, wo es hingehört: an den Bürgenberg. Melchior Rudenz piazza@luzernerzeitung.ch