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VORWORT

Die Brückenbauer_innen

von Abdellatif Youssafi, Rahim Hajji, Soraya Moket

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Liebe Lesende,

der Anlass, der zur Entstehung dieses Bandes führte, liegt schon einige Jahre zurück. Bereits im Jahr 2013 hatte das DMK*, anlässlich der 50-jährigen marokkanischen Migration nach Deutschland, eine Jubiläumsveranstaltung in Berlin organisiert. Diese feierliche Veranstaltung, die mit einer audiovisuellen Ausstellung über die Hintergründe und Zusammenhänge der marokkanischen Migration begleitet wurde, fand über die Landesgrenzen hinaus eine positive Resonanz. Unter den Gästen durften wir – um nur einige Persönlichkeiten zu nennen – die ehemalige Präsidentin des Bundestages, Frau Prof. Dr. Rita Süssmuth, den damals amtierenden Bundestagspräsidenten, Herrn Dr. Norbert Lammert, den Minister der im Ausland lebenden Marokkaner_innen, Abdellatif Maazouz sowie den marokkanischen Botschafter, Omar Zniber, begrüßen. Bei den Feierlichkeiten gab es Diskussionsrunden, Musikauftritte, Theateraufführungen und natürlich kulinarische Leckereien.

Ob dieser Resonanz erwogen wir, Soraya Moket, Rahim Hajji und Abdellatif Youssafi, die schon bei der Organisation und dem Zustandekommen des 50-jährigen Jubiläums aktiv waren, die Möglichkeit, einen Band, welcher Selbstporträts, Interviews, Gedichte und Kurzgeschichten enthält, die sich auf unterschiedliche Weise mit der marokkanischen Migration in Deutschland beschäftigen, herauszugeben.

Den auschlaggebenden Impuls gab allerdings im Jahr 2015 die „Silvesternacht in Köln". Wer die Berichterstattung dieser Tage verfolgte, gewann den Eindruck, die deutsch-marokkanische Community bestehe ausschließlich aus sexualisierten jungen Männern, die grabschend und marodierend durch das Land ziehen. Der Höhepunkt dieser Verzerrung gipfelte in dem Ausdruck „Nafris“, der plötzlich in aller Munde war. Viele aus der deutsch-marokkanischen Community waren von heute auf morgen damit konfrontiert und stigmatisiert, dass sie wieder als „Ausländer“ an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden sollten, aus dem sie sich mehrere Jahrzehnte lang durch Fleiß, Engagement, Bildung, Leistung usw. herausgeschält hatten. Dieses Ereignis hat uns in unserem Entschluss bestärkt und motiviert, die Arbeit an diesem Band voranzutreiben.

Es ist selbstverständlich, dass wir dieses Thema weder ignorieren noch kleinreden. Es ist notwendig, die Ursachen zu erforschen und gegenzusteuern. Die deutsch-marokkanische Community allerdings auf solch ein Ereignis zu reduzieren, wird ihr ganz und gar nicht gerecht.

Foto: Renate Kohler – Storebælt Brücke, Dänemark

Mit diesem Band verknüpfen wir den Wunsch, die deutsch-marokkanische Community einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen, mit der Hoffnung verbunden, Vorurteile abzubauen und rassistischen Ressentiments entgegenzuwirken.

Beim Durchlesen, Sortieren und Gestalten der individuellen Beiträge waren wir begeistert und oft auch sehr berührt ob der vielfältigen biographischen Geschichten von Persönlichkeiten aus verschiedenen Teilen der Gesellschaft. Diese gesellschaftliche Entwicklung spiegelte sich besonders in der Anekdote wider, in der einen Marokkaner der ersten Stunde, auch „Gastarbeiter“ genannt, an einem dieser kurzen Tage und kalten Winternächte in einem Örtchen im Pfälzer Wald die Einsamkeit packte. Der Wunsch sich auszutauschen, wenn möglich in seiner Muttersprache, wurde immer größer und ließ sich weder unterdrücken noch verdrängen.

Telefongespräche in die Heimat waren sündhaft teuer, kompliziert und aufwändig.

Zu einer Kontaktaufnahme in der Dorfkneipe traute er sich nicht. Meist war nur der Stammtisch besetzt, von dem er nicht mal wusste, aus welcher Richtung man sich ihm nähern durfte, ganz zu schweigen von der sprachlichen Barriere des ihm kaum verständlichen gedehnten „Pälzer“ Dialektes.

Also ging er zum nächsten Polizeirevier und bat den diensthabenden Wachtmeister um Hilfe. Er solle ihn dabei unterstützen, die Anschrift oder Telefonnummer eines Landsmannes in der näheren Umgebung ausfindig zu machen. Er sei einsam und möchte Menschen aus seiner Heimat kennenlernen. Der Beamte hatte Verständnis, suchte in den Akten, wurde fündig und händigte ihm Namen und Anschrift aus.

Draußen vor der Wache nahm er die Notizen in Augenschein und begann lauthals zu lachen. Der Beamte hatte ihm seinen eigenen Namen aufgeschrieben. Er war der einzige Marokkaner weit und breit.

Mit dieser Geschichte im Hinterkopf betrachteten wir die Texte und Bilder von Deutsch-Marokkaner_innen. Sie sind die Brückenbauer_innen und Botschafter_innen, die ihre Neuheimat bereichern und befruchten und darüber hinaus als Vorbilder und Multiplikator_innen der Ursprungsheimat dienen**.

Viel Spaß bei der Lektüre!

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