Burkhard Melanie Dinge und Geschichten – Prozessdokumentation

Page 1

1

Es wird einmal sein... Objekte als zeitlose Versprechen


2


3

Es wird einmal sein... Objekte als zeitlose Versprechen Dokumentation kĂźnstlerisch-gestalterische Bachelorarbeit Melanie Burkhard

Hochschule Luzern Design und Kunst XS Schmuck Mentorinnen

ExpertInnen

Ilona Schwippel Anina Schenker

Julia Wild Herman Hermsen


4


I Einleitung II Konzeptentwicklung II Prozess II.I Mundstück 25 II.II Salzkäfig 36 II.III Stickrahmen 49 II.IV Blutkokon 58 II.V Galgenstrick 66 II.VI Pillenröhrchen 77 II.VII Klette 84 II.VIII Entwicklung der Sätze 92 II.IX Instagram Account 93

7 8 18

III Fazit 94 IV Dank 96 Index 97

5

Inhalt


6


(Schmuck-)Objekte haben immer einen erzählerischen Aspekt inne und können genutzt werden, um einen Inhalt zu vermitteln, der über ihre konkrete Erscheinung hinaus geht. Eine Krone erzählt uns ohne Worte von einem Monarchen, ein Ring von Treue und ein Schlüssel von Geheimnissen. Oft sind Schmuckstücke, und insbesondere Ringe und Anhänger, auch magisch und erfüllen die Wünsche ihrer TrägerInnen. Dass (Schmuck-)Objekte in Geschichten diese Funktion übernehmen können, liegt daran, dass sie auch in unserem Alltag diese oder ähnliche Bedeutungen in sich tragen und daher wichtige Medien sind, über die Werte und Kontexte einer Gesellschaft vermittelt werden. In der gestalterischen Bachelorarbeit soll diesem erzählerischen und magischen Aspekt von Objekten und insbesondere Schmuck genauer nachgegangen werden. Durch die Kombination von Texten und Schmuckstücken wird eine Geschichte über die Wünsche unserer Zeit und deren mögliche Folgen erzählt . Dabei sind sowohl Text wie auch Objekt Teil der Erzählung und ergeben erst in Kombination miteinander eine vollständige Geschichte.

7

I Einleitung


8

II Konzeptentwicklung Die ursprüngliche Idee für die gestalterische Bachelorarbeit war, eine eigene Welt zu erfinden, die unserer sehr ähnlich ist, in der es allerdings wirksame magische Praktiken gibt, die unter Zuhilfenahme von Objekten durchgeführt werden können. Durch die Gestaltung dieser magischen Objekte sollte die fiktive Welt greifbar und glaubwürdig gemacht werden. Die Objekte sollten dabei als dreidimensionale Illustrationen für eine erfundene Geschichte dienen.

Erste Überlegungen und Notizen zu Magischen Objekten


9 Skizzen zu mรถglichen magischen Objekten


10

II Geschichten Aus dieser ursprünglichen Idee, Werkzeuge für magische Praktiken in einer erfundenen Welt zu gestalten, entwickelte sich daraufhin die Überlegung, nicht das eigentliche Handwerksgerät für die magischen Praktiken zu gestalten, sondern, Schutzobjekte für die erfundene Welt zu kreieren. Diese sollten dazu dienen ihre TrägerInnen gegen die fiktive magische Einflussnahme zu schützen. Diese Überlegungen führten schliesslich zu der Erkenntnis, dass das bisherige Konzept der gestalterischen Bachelorarbeit zu wenig Gegenwartsbezug aufwies und dadurch Gefahr lief, sich in Belanglosigkeit zu verlieren.

Textile Experimente zu magischen Schutzobjekten, Wolle, Seide, Glasperlen


11 Formexperiment zu magischen Schutzobjekten, Kupfer und Seidenfaden


12

Das Thema der Schutzobjekte bot allerdings ein grosses Potenzial für die Gestaltung von Objekten. Um einen stärkeren Zeitanschluss zu erreichen, wurde der Aspekt der erfundenen Welt aus dem Konzept gestrichen und dahingehend geändert, dass in den Objekten Ängste der heutigen Zeit bearbeitet werden sollten.


Fingerhüte aus Wachs zum Schutz der eigenen Identität vor Datendiebstahl

13

III Eine These über das «Mehr»


14

Es sollte zuerst eine Sammlung von verschiedenen Ă„ngsten gemacht werden und im Anschluss daran sollte zu jeder Angst ein kurzer Text entstehen. FĂźr jede dieser Geschichten sollte dann ein Artefakt gestaltet werden, das sich mit der thematisierten Angst beschäftigte und einen (symbolischen) Schutz gegen diese bieten sollte. Es wurde aber schnell klar, dass den Texten durch diese Arbeitsweise sehr viel Bedeutung beigemessen wurde und die Objekte zu stark in den Hintergrund gerieten. Um ein besseres Gleichgewicht zwischen Text und Objekt zu erreichen, wurde daher entschieden, jedem gestalteten Objekt jeweils nur einen Satz zuzuordnen.


Experimentelle Wasserfilter die fĂźr eine Kurzgeschichte zu der Angst vor Wasserknappheit angefertigt wurden

15

IV Fetische


16

Erst waren die Sätze die jeweiligen Ängste, vor denen die Objekte schützen sollten. In einem letzten Schritt wurden schliesslich aus den Objekten zum Schutz vor Ängsten Dinge, die den Betrachtenden die Erfüllung von Wünschen versprechen (denn was ist ein Wunsch anderes als eine ins positive verkehrte Angst?) Diese Umkehrung war primär dadurch motiviert, dass Objekte, die Wünsche erfüllen, aktiv handeln können und mit ihren BenutzerInnen agieren, während Objekte, die vor etwas schützen, passiv sind und nur auf einen äusseren Einfluss reagieren. Zudem muss ein Schutz, auch ein nur symbolischer, in gewisser Weise funktional sein, um zu überzeugen, während bei Objekten die Wünsche erfüllen die Gestaltung sehr frei ist. Wünsche sind meist vielschichtiger als Ängste und daher spannender. Sie sind ein positives Ideal, aber ihre Erfüllung kann durchaus auch negative Konsequenzen haben, die aber ausgeblendet oder erst später offensichtlich werden.


17

Die Wünsche deren Erfüllung von den gestalteten Objekten versprochen wird, sollten einerseits zeitlos und allgemeingültig sein, andererseits aber auch auf Phänomene und Wünsche unserer Gegenwart Bezug nehmen. Das Ziel der gestalterischen Bachelorarbeit ist es «magische» Objekte zu gestalten die den Betrachtenden die Erfüllung eines bestimmten Wunsches versprechen. Zugleich soll aber auch die Kehrseite, der Haken und die möglichen negativen Folgen angedeutet werden, die die Erfüllung des jeweiligen Wunsches nach sich ziehen kann.


18

II Prozess Am Anfang des Prozesses standen einzelne Sätze die die Erfüllung von «unmöglichen» Wünschen versprachen. Einige Beispiele sind: Ich mache dich stark Du kannst alles sein, was du willst Ich zeige dir nur, was dein Herz erfreut Du wirst von allen bewundert und beneidet werden Ich gebe dir was immer du dir wünschst Du wirst auf ewig jung und schön sein Ich werde alle deine Krankheiten und Leiden heilen Es kann dich Keiner je verletzen Wir können auf ewig so weiterleben Ich gebe dir alle Kontrolle Ich führe dich auf sicheren Wegen Du kannst alles haben Mit mir wirst du nie einsam sein Versuche zu beweglichen Objekten


19

Ursprünglich sollten diese mit einem zweiten Satz ergänzt werden, der die Bedingungen, den Haken, aufzeigt, der mit der Erfüllung des Wunsches einhergehen würde. Parallel dazu experimentierte ich mit verschiedenen Objektformen weiter, die teilweise neu hinzu kamen und teilweise bereits in der ersten Phase der Bachelorarbeit entstanden waren. Einige der Objekte hatten bereits durch ihre Form oder tragweise einen Bezug zu bestimmten Themen Die Sätze wurden mit verschiedenen Objektskizzen, die bereits im Rahmen von Experimenten für die früheren Varianten des Konzepts entstanden waren, kombiniert. Durch diese Kombinationen ergaben sich teilweise neue Bezüge und Assoziationen, die vorher nicht deutlich gewesen waren.

in der Form an Planietarien angelehnt, Plexiglas und Messing


20 Bewegliche Struktur aus Plexiglas und Faden, Formal orientiert an Webrahmen und Haspeln. Nimmt bezug auf den Gedanken des Schicksalsfadens, der von den Nornen gesponnen wird und greift so das Thema von Schicksal und selbstbestimmung auf.


21 Neu kontextualisieren der Objekte in einer Ausstellungsituation


22

Durch die Kombination von Objekten mit den Versprechen wurde deutlich, dass die Folgen der Wünsche nicht schriftlich festgehalten werden mussten, sondern, dass diese nur in den Objekten und deren Handhabung angedeutet werden sollten. Dadurch werden Objekt und Versprechen zu gleichwertigen Teilen einer Erzählung, die nur in Kombination verstanden werden kann. Aus der Überlegung heraus, dass die Objekte möglichst immer zu Hand sein sollten, um ihre Versprechen ein zu lösen, wurde es sinnvoll, sie an den Körper zu bringen, so dass der Träger oder die Trägerin sie immer direkt bei sich hat. Auch die Frage, wie das jeweilige Objekt am Körper getragen wird, bekam mehr Gewicht, da die Körperstelle und Trageart sowohl mit dem Versprechen, das das Objekt gibt, wie auch mit den daraus resultierenden Folgen korrespondieren musste.


23


24


25

II.I MundstĂźck

Du wirst von allen gesehen und bewundert werden‌


26

Erste Version des Mundstücks in Messing

Das erste fertiggestellte Objekt ist ein Schmuckstück, welches im Mund getragen wird und dem das Versprechen «Du wirst von allen bewundert und beneidet werden…» beigestellt ist. Die Idee eines Objektes, das nur tragbar ist, wenn der Träger oder die Trägerin dafür seine oder ihre Fähigkeit zu sprechen (sinnbildlich für das Äussern einer Meinung) aufgibt war von Beginn an mit der Idee von Berühmtheit und Bewunderung verbunden. Die ursprüngliche Idee war, ein Objekt zu gestalten, das gegen Aussen einfach nur als polierte Messingplatte sichtbar sein sollte.


27


28

Das Stück war in dieser Form aber nicht auffällig und opulent genug, daher wurde die Messingplatte mehrmals durchbohrt und auf der Vorderseite mit Zuchtperlen bestickt, In einem letzten Schritt wurden schliesslich die Zwischenräume zwischen den Zuchtperlen mit Glasperlen bestickt, damit die darunterliegende Messingplatte ganz verdeckt wird. Die Entscheidung für die roten Glasperlen wurde getroffen, da diese einen guten Kontrast zu den Zuchtperlen bilden und diese Farbkombination zudem Assoziationen zu märchenhaften und symbolisch aufgeladenen Bildern (wie Schneewittchen oder dem Granatapfel in der Legende von Hades und Persephone) auslöst. Zuletzt erinnert die Farbe der Glasperlen auch an Blut und gibt dem Schmuckstück dadurch eine leicht beunruhigende und irritierende Dimension.


29 Probestück aus Messing, mit festgenähten Perlen und Glasperlen und sehr deutlich sichtbaren Fäden


30

Konstruktonsskizze und Farb und Formvarianten des Mundobjekts


31 Das MundstĂźck wurde auch in Rhino gezeichnet, ausgedruckt und anschliessend gegossen, aber da es eine eher einfache Konstruktion ist wurde es schliesslich in Handarbeit umgesetzt.


32

Die Entstehung des finalen Objektes


33

Die Entscheidung die Perlen auf dem Metallplättchen festzunähen, anstatt sie darauf zu kleben, wurde aus zwei Gründen getroffen. Erstens weil dadurch eine grössere gestalterische Freiheit in der Formgebung möglich war, als dies durch aufkleben der Fall gewesen wäre. Zweitens wurde durch die zeitaufwändige Arbeit des Stickens eine zusätzliche Qualität in das Stück gebracht. Die Technik wurde auf einem Probestück aus Messing ausgetestet, und schliesslich auf einem Stück aus Silber umgesetzt. Die Fäden wurden auf der Rückseite bewusst sichtbar belassen, um die Technik in der das Stück gefertigt wurde zu zeigen. Die Entscheidung das Grundgerüst des Schmuckes aus Silber zu gestalten, war einerseits gestalterisch, da die Kombination von Messing, Perlen und roten Glasperlen sehr stark ins liebliche zu kippen drohte, Bild andererseits aber auch eine gesundheitliche, da Silber antibakteriell wirkt.


34


35


36

II.II Salzkäfig

Du kannst tun was immer du willst…


37


38

Erste Experimente zu Salzkristallen, auf Wolle und Seide gezĂźchtet und in Petfolie eingeschweisst


39

Der Anhänger, der an einem langen Seidenband getragen wird, hat einen Kern aus einem gezüchteten Kalialaun Kristall und verspricht seinem Träger oder seiner Trägerin «Du kannst tun, was immer du willst…». Die Inspiration mit Salzkristallen zu arbeiten kam aus einigen Versuchen zu einem Filterobjekt, bei denen Salzkristalle auf Wolle gezüchtet wurden. Bilder Filterobjekte Ursprünglich war er, in Anlehnung an den Stein der Weisen, mit dem Satz «Ich gebe dir, was immer du dir wünschst…» assoziiert und daher wurde versucht, den Salzkristall zu schützen und tragbar zu machen, ohne ihn mit einem stabilisierenden Harz zu überziehen.


40

Daraus entstand die Überlegung, den Kristall nicht erst zu schützen, wenn er fertig gewachsen ist, sondern ihn von Beginn an in einer Konstruktion wachsen zu lassen, aus der er nicht entfernt wird und die ihn vor Beschädigungen bewahrt. Erste Entwürfe für einen «Käfig» in dem der Kristall gezüchtet werden kann, wurden im Rhino gemacht und gedruckt, aber neben der Verfärbung des Kunststoffs kam noch hinzu, dass die Form enorm viele Stützstrukturen benötigte, welche nicht von der Konstruktion des Käfigs gelöst werden konnte. Diese Struktur hätte zu stark vom gezüchteten Kristall abgelenkt.

Verschiedene Varianten des Käfigs im Rhino gezeichnet


41 Gedruckte Käfige mit Stützstruktur


42

Daher wurde beschlossen, die Form des Käfigs stark zu vereinfachen und diesen mit dem Laser aus transparentem Plexiglas zu schneiden. Dabei handelte es sich um eine eioder ellipsenförmige Konstruktion, die ineinander gesteckt werden konnte und ein grobes Gitter bildete, welche den Kristall im Innern mit vier Stäben schützte. Im ursprünglichen Entwurf war angelegt, vier weitere Stäbe anzubringen um den Schutz optimal zu gewährleisten Durch die Auseinandersetzung mit diesen fragilen Salzkristallen wurde aber schliesslich klar, dass der Satz nicht wirklich passend zum Gegenstand war. Aus der Überlegung heraus, dass der Kristall durch Umwelteinflüsse beschädigt werden kann, entwickelte sich der Satz «Du kannst tun was du willst..» für den Kristallkäfig, der in metaphorischer Weise die Konsequenzen für das Verhalten seines Trägers oder seiner Trägerin übernimmt und den Schaden für diesen auf sich nimmt.

ausgelaserte Einzelteile des Käfigs


43 Reihenfolge des Kristallzßchtens im Käfig


44

Da in diesem Konzept angelegt war, dass der Kristall beschädigt werden kann (und soll), wurden auch die vier ergänzenden Streben in der Stützstruktur weggelassen, so, dass der Kristall zwar etwas geschützt ist, aber dennoch leicht zugänglich bleibt und beschädigt werden kann. Um diese Möglichkeit der Beschädigung noch zu verstärken wurde auch entschieden, dass er als Anhänger an einem sehr langen Band getragen werden soll, so dass er an allen möglichen Ecken und Kanten anschlagen kann.


45 Kerne fĂźr den Salzkristall die nicht funktioniert haben


46


47


48

Du kannst sein was immer du willst‌


49

II.III Stickrahmen


50

Zu Anfang dieses Stücks stand nicht eine Formidee oder ein Experiment, sondern das Versprechen «Du kannst sein, was immer du willst…», welches stark von der Idee vom Menschen als leere Leinwand ausgeht. Dieses sollte in Form eines Stickrahmens mit einem eingespannten weissen Stoff symbolisiert werden. Dazu sollte ein roter Seidenfaden am Stoff sowie an einer Nadel befestigt werden, die zugleich auch als Broschierung dienen sollte. Der befestigte Faden sowie die vorgegebene Grösse des Stickrahmens sollten symbolisch dafür stehen, dass es trotz des Versprechens, alles werden zu können, immer Rahmenbedingungen gibt, aus denen niemand ausbrechen kann. Man kann also trotz des Versprechens nur innerhalb eines gewissen Rahmens handeln.


51 Zeichnungen zum Stickrahmen in Rhino und von Hand


52

Stickrahmen geschlossen und in Einzelteilen


53

Zuerst war eine normale Näh- oder Sticknadel sowie einnormaler Seidenfaden, wie er zum Sticken verwendet wird, angedacht. Allerdings war das Objekt so noch zu gewöhnlich und zu wenig kritisch, daher wurde entschieden sowohl die Nadel wie auch den Faden so zu gestalten, dass sie, falls sie verwendet würden, den Stoff im Stickrahmen durchlöchern würden. Dies wurde erreicht, indem die Nadel überdimensional gross gestaltet und der Faden durch eine Glasperlenschnur ersetzt wurde.

Versuche mit verschiedenen Stoffgrössen- und Texturen


54

Zuletzt wurde entschieden, das Stoffstück, das bis anhin nur wenig grösser als der Rahmen gehalten war, wesentlich grösser zu machen, um die Brosche deutlicher zu einem Stickrahmen werden zu lassen. Beim finalen Stück wurde die Nadel noch nicht durch den Stoff gestochen, um dem Betrachter oder der Betrachterin die Entscheidung zu überlassen, ob er oder sie das Stück als Brosche tragen, und damit das Material des Objektes sowie seine Kleidung beschädigen will, oder nicht.


55 Erstes Modell mit kleinem StoffstĂźck und Messingnadel


56


57


58

II.IV Blutkokon

Du wirst immer sicher sein‌


59


60

Bei dem mit Glasperlen besticktem Seidenraupenkokon, der ursprünglich als Experiment entstanden war, war früh klar, dass er in einem der finalen Objekte verwendet werden sollte, da von ihm eine intuitive Faszination ausging. Es war jedoch lange nicht klar, wo er verwendet werden könnte. Ursprünglich wurde er mit dem Satz «Du wirst auf ewig jung und schön sein…», kombiniert, da Kokons von Schmetterlingen sehr oft mit Jugend und Schönheit in Verbindung gebracht werden. Durch das Umsticken mit Glasperlen wurde das Objekt allerdings eher zu einem Fingerhut und passte nicht mehr wirklich zum Thema von Schönheit und Jugend. Angeregt durch Wachsabformungen von Fingerkuppen, die im Kontext des Themas von Daten-und Identitätsschutz im Internet entstanden waren, verschob sich das Objekt schliesslich in den Bereich von Identitätsschutz, wodurch auch

Normale Seidenraupenkokons


61 Der erste bestickte Seidenraupenkokon


62

seine Trageart über dem Zeigefinger schlüssig wurde. Bild Um den Kokon immer sicher am Körper zu haben, wurde zuletzt beschlossen, ihn an einer Glasperlenschnur an einem Fingerring aus Silber zu befestigen, so dass er jederzeit aufgesetzt werden kann.

Gestalterische Experimente zur Kombnation Rote Glasperlen


63 Verschiedene Befestigungsmversuche von Glasperlenschnüren an Silber. Zum einen durchbohren mit einem oder zwei Löcher, zum anderen ein Stäbchen auflöten an dem die ersten paar Glasperlen festgeklebt werden können


64


65


66

II.V Galgenstrick

Du wirst für immer jung und schön sein…


67


68

Der Satz «Du wirst auf ewig jung und schön sein» sollte weiterhin verwendet werden, da er ein sehr aktuelles und präsentes Thema in unserer Gesellschaft aufgreift. Da Schönheit stark mit dem Gesicht in Verbindung gebracht wird, wurde entschieden, dass es für ihn einen Halsschmuck brauchte. Ein Band sollte in der Art eines Galgenstricks mit einem Henkersknoten als Verschluss getragen werden. Die erste Überlegung war, dafür nur einen dünnen roten Seidenfaden zu verwenden, der eng um den Hals getragen und mit dem Knoten verstellt werden sollte. Dieser war aber sowohl zu leicht als auch zu dünn und der Knoten war nicht als Henkersknoten erkennbar. Zudem wurde klar, dass an den Enden des Stricks ein Gewicht benötigt wurde, damit dieser schön fällt. Nach einem weiteren Versuch mit einer gehäkelten Seidenkordel wurde deutlich, dass die rote Linie direkt um den Hals zu blutig wirkte und der Knoten in dieser Farbe zu wenig deutlich war. Aus diesem Grund wurde zu einer weissen Kordel Gewechselt.r

Erster Versuch eines Galgenstricks mit rotem Seidenfaden


69 Verschiedene Farb- und Struckturvarianten fĂźr den Galgenstrick


70

Zuletzt wurde diese gegen ein genähtes weisses Seidenband ausgetauscht, da dieses zum einen angenehm zu tragen ist und zum anderen der Knoten in dieser Variante gut sichtbar wurde, ohne zu dominant zu wirken oder mit der Struktur der Kordel zu konkurenzieren. Tests mit verschieden genähten Seidenbändern

Für die Gewichte an den Enden des Stricks wurden zuerst Stickereien aus roten Glasperlen in Erwägung gezogen, diese bildeten aber einen zu starken Kontrast zum Weiss des Bandes.

Galgenstrick mit roten Glasperlen


71

Da die Glasperlen auch keinen grossen inhaltlichen Bezug zur Thematik der Schรถnheit hatten wurde beschlossen ein poliertes Silberblech am Ende des Stricks zu befestigen. Dieses sollte als Handspiegel funktionieren (der Spiegel wird in der Kunst oft als Vanitas Symbol verwendet).

Varianten von Spiebelformen - und grรถssen


72

Zuletzt wurde entschieden, dass der Spiegel in einen Rahmen aus transparentem Plexiglas eingefügt werden sollte, um diesen als Aufhängung und Griff für den Spiegel zu verwenden.


73 Verschedene Varianten fĂźr Spiegel und Rahmen


74


75


76


77

II.VI Pillenrรถhrchen

Du wirst immer erfolgreich sein...


78

Das Schmuckstück zum Satz «Du wirst immer erfolgreich sein…» hatte seinen Ursprung in einem Versuch, bei dem aus einem Stück Alabaster, ein Röhrchen gefertigt wurde. Mit Glasperlen gefüllt erinnerte es stark an ein Drogen- oder Medikamentenröhrchen und wurde dadurch inhaltlich mit dem Thema Doping und Leistungssteigerung in Verbindung gebracht. Daraufhin wurde ihm der Satz «Ich mache dich stark…» beigestellt, der aber bald darauf durch das Versprechen «Ich mache dich erfolgreich…» ersetzt wurde, da dieses allgemein gültiger ist. Ursprünglich sollte das Pillenröhrchen im CAD gezeichnet und gedruckt werden, aber aufgrund der bereits erwähnten Verfärbung des Kunststoffs wurde dies wieder verworfen und stattdessen beschlossen, auch für dieses Objekt Plexiglas zu verwenden.

Das erste Röhrchen aus Alabaster

Inspiration für die „Pillen“ die aus der Dose fallen


79 Im Rhino gezeichnetes Rährchen mit Deckel

Ăœberlegungen zum Schliessmechanismus


80

Für den Inhalt des Röhrchens wurden im endgültigen Objekt Zuchtperlen verwendet, da diese grösser sind als Glasperlen und dadurch weniger an Drogen in Pulverform und mehr an Medikamente erinnern.

Variianten der Perlen und wie die Perlen im Röhrchen befestigt weden könnten, aber in Endefekt liegen sie frei im Pillenröhrchen, da Faden zu sehr gestört hätte


81

Angedacht war das Objekt als Anhänger an einer langen Kette, so dass es ständig benutzt werden kann. Dies wurde aber zugunsten eines Armschmuckes, an dem das Plexiglasröhrchen so befestigt ist, dass man es meist in der Hand trägt und jederzeit «benutzen» kann, um die ständige Präsenz des Objektes deutlicher zu machen, aufgegeben. Das Armband besteht auch hier aus einem weissen Seidenband, das sich mittels eines verstellbaren Knotens an den Arm anpassen lässt.

Verschiedene Varianten des Röhrchens


82


83


84

II.VII Klette


85

Du wirst immer finden was du suchst‌


86

Das letzte Objekt der Arbeit ist eine «Klette» die sich durch kleine Widerhaken an der Kleidung ihres Trägers oder ihrer Trägerin festhakt und dem Satz «Du wirst immer finden, was du suchst…» zugeordnet ist. Auch bei diesem Objekt standen am Anfang verschiedene Formexperimente aus Messingdrähten, die mithilfe des PUK zu chaotischen Strukturen zusammengeschweisst wurden. Diesen Objekten wurde ursprünglich der Satz «Ich führe dich auf sicheren Wegen…» zugeordnet, da die Anordnung der Messingstäbe ein dreidimensionales Netzwerk ergaben, das sich formal an Darstellungen des Internets anlehnte.


87 Erste Formfindungen mit Messing


88

Inspirationsobjekt fĂźr die Klette


89

Durch eine Inspiration aus einem frßheren Objekt kamen in einem weiteren Schritt die Haken an den Enden der einzelnen Drähte hinzu, so dass sich das Stßck nun relativ frei tragen liess. Durch dieses Anheften wurde nun allerdings eher die Assoziation zu Cookies auf Homepages wach gerufen, die den Nutzern und Nutzerinnen zwar dabei helfen, zu finden, was sie auf der jeweiligen Seite suchen, sich aber auch an ihren digitalen Datentrail heften und nur sehr schwer wieder loszuwerden sind.


90


91


92

II.VIII Entwicklung der Sätze Während die Versprechen der Objekte zuerst noch verschieden und oft aus Ich-Perspektive des Objektes formuliert waren, kristallisierte sich im Verlauf der Arbeit mit den Stücken heraus, dass sie am besten funktionierten, wenn sie an das Ego des Betrachters oder der Betrachterin appellierten. So wurde beispielsweise aus der ursprünglichen Formulierung: «Ich mache dich erfolgreich…» «Du wirst immer erfolgreich sein…» Durch diese Form der Sätze stehen die Wünsche des Betrachters oder der Betrachterin im Fokus und die Schmuckstücke und ihre Versprechen sind ein Mittel, diese zu erfüllen. Zusätzlich wurden dadurch die Sätze vereinheitlicht und erhalten durch diese Repetitionen einen formelhaften, beinahe rituellen Charakter.


93

II.IX Instagram Account

Der QR Code für den Instagram Account

Um die Objekte und ihren Körperbezug, besser nachvollziehen zu können, wurden sie abschliessend in Fotografien an einer Trägerin inszeniert. Das Ziel war dabei, sowohl die Art wie die jeweiligen Objekte getragen werden, sowie auch die möglichen Folgen, die die Nutzung der Stücke nach sich ziehen kann zu zeigen. Die Fotografien werden bewusst nicht neben den Objekten gezeigt, sondern nur auf einem Instagram Account veröffentlicht. über den Link @thereoncewillbe oder das Scannen eines QR Codes wird man auf den Account weitergeleitet und kann die Arbeiten getragen sehen. Diese Art der Präsentation wurde gewählt, da eine Parallele zwischen der idealisierten Selbstdarstellung auf Instagram, bei der meist alle negativen Aspekte des eigenen Lebens ausgeblendet werden und den Versprechen der Schmuckstücke besteht, die ihre negativen Konsequenzen ebenfalls grösstenteils verbergen und nur in angedeuteter Form wiedergeben.


94

III Fazit Die vorliegende Arbeit thematisiert (unerfüllbare) Wünsche unserer Zeit und Gesellschaft und setzt sich subtil kritisch mit den Folgen auseinander, die ihre Erfüllung mit sich bringen würde. Dabei entsteht aus dem Zusammenspiel von Objekt und dazugehörigem Versprechen ein Narrativ, das die Stücke aktiv in die Erzählung miteinbezieht und das ohne die Schmuckstücke nicht möglich wäre. Sie werden so zu einem aktiven Teil der Erzählung, die nicht nur der Illustration einer Aussage dient, sondern durch ihr Vorhandensein diese Aussage erst möglich macht.


95


96

Dank IV Dank Ich danke meinen Mentorinnen, Ilona Schwippel und Anina Schenker, sowie Christoph Zellweger für ihre Unterstützung und Ihre Hilfreichen Inputs, Moana Lehmann für ihre Unterstützung bei der theoretischen Arbeit und beim Fotografieren, Tamara Widmer für ihre Korrekturen und Anmerkungen und meiner Familie und meinen Freunden für ihre Geduld und Unterstützung. Und Ich bedanke mich bei meiner Klasse für drei tolle Jahre Studium!


Es wird einmal sein... Objekte als zeitlose Versprechen Dokumentation kĂźnstlerisch-gestalterische Bachelorarbeit FrĂźhjahrssemester 2019 Hochschule Luzern Design und Kunst XS Schmuck 6. Semester Mentorinnen

Experten

Ilona Schwippel Anina Schenker

Julia Wild Herman Hermsen

Abgabe 17. Juni 2019

Melanie Burkhard +41 79 348 85 68 melanie.burkhard@bluewin.ch melanieburkhard.ch Lindhaldenstrasse 69 3076 Worb Schweiz

97

Index


98


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.