20 Köpfe - 20 Karrieren

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20 kÜpf e – 20 k arr i ere n

Wie Absolventinnen und Absolventen der HT W Berlin wurden, was sie heute sind


pressesprecherin


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und

produktmanagerin


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grafikdesigner


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und

gesch채ftsf체hrer


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etwa 25.000 absolventinnen und absolventen haben ihren abschluss an der htw berlin gemacht, seitdem die hochschule im jahr 1994 rechtlich selbstständig wurde. Aus der Studentin der Wirtschaftskommunikation wurde eine Pressesprecherin, aus dem Umweltinformatiker mit Bachelor- und Masterabschluss ein Unternehmer, aus dem Maschinenbaustudenten ein Professor. Exakt 20 Absolventinnen und Absolventen haben die Berliner Journalistinnen Julia Boek und Kay Szantyr anlässlich des 20jährigen Bestehens der HTW Berlin an ihren Arbeitsplätzen besucht und genauer nachgefragt, wie aus den Alumni wurde, was sie heute sind. Sie stießen auf 20 interessante Karrieren, die erkennen lassen, welche Qualifikationen die Absolventinnen und Absolventen aus ihrem Studium an der HTW Berlin mitnahmen, welche Impulse sie an der Hochschule bekamen und welches Know-how für sie noch heute von Bedeutung ist. Fotografisch porträtiert wurden die 20 Absolventinnen und Absolventen von Alexander Rentsch. Auch er ist ein HTW-Alumnus. Seinen Bachelor of Arts im Studiengang Kommunikationsdesign machte er übrigens im Jubiläumsjahr 2014. Ein weiterer Alumnus des Studiengangs Kommunikationsdesign war bei der Gestaltung der Publikation am Werk: Gregor Strutz schloss sein Studium an der HTW Berlin 2007 ab. Seitdem lebt und arbeitet er als Grafikdesigner in Berlin.


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Manche Ideen liegen eine ganze Weile in der Ecke, bevor sie zu keimen beginnen. Dann aber wachsen sie so schnell, dass man sie einfach nicht mehr ignorieren kann. „Das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben“, sagt André Nürnberger, und ist mit dem Eigenleben seiner Ideen offenbar sehr zufrieden. Kein Wunder. Doch von vorne.

andré nürnberger Jahrgang 1972, selbstständiger Personalberater, studierte Technische Informatik an der HTW Berlin.

Mit 18 brach Nürnberger das Abitur ab – „Ich war einfach nicht reif dafür.“ Dann aber wurde dem jungen Mann klar: Wenn ich meine Ausbildung auch noch abbreche, werden sich später meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt verringern. Also legte er sich ins Zeug und schloss seine Lehre zum Elektroinstallateur im Rekordtempo ab. Schnell wurde er zum erfolgreichen Installateur, Aufzugsmonteur und Vorarbeiter. Das abgebrochene Abitur aber nagte an ihm. „Ich fragte mich irgendwann: Ist das alles, was Du im Leben erreichen kannst? Alle anderen hatten ihr Abitur, nur ich nicht – das nervte mich gewaltig.“ Lernt man den energiegeladenen Berliner

heute kennen, fällt es schwer zu glauben, dass diesen Mann je Selbstzweifel plagten. Sie waren auch nicht nötig: Das Fachabitur auf dem zweiten Bildungsweg gelang neben dem Beruf mit Auszeichnung, obwohl gerade in der letzten Prüfungsphase seine Tochter zur Welt kam. Die nächste Idee, die sich verselbstständigte, war das Studium. Er plante und rechnete, überzeugte seine Familie, kündigte und wurde Vollzeitstudent an der HTW Berlin. „Mir war bewusst, dass ich an anderen Hochschulen vielleicht mit weniger Arbeit zum Abschluss gekommen wäre. Aber das interessierte mich nicht – mir war der gute Ruf der Hochschule wichtig. Und ich wusste, wie viel die HTW Berlin leisten kann.“ Nach dem Abschluss in Regelstudienzeit nahm Nürnberger zunächst einen Job als Entwicklungsingenieur an – und merkte schnell, dass er seine Kommunikationsstärke nicht nur im eigenen Team nutzen wollte. Als ihm eine Stelle als Personaldisponent, später als Teamleiter und Account Manager im Bereich Technik angeboten wurde, zögerte er nicht lang. Schon nach kurzer Zeit arbeitete Nürnberger im Vertrieb und leitete Mitarbeiter in unterschiedlichen Einsätzen, be-

Selbstständige Personalberater knüpfen Kontakte zwischen Mitarbeiter suchenden Unternehmen und Fachkräften auf Jobsuche. Die meisten Berater spezialisieren sich dabei auf eine Branche oder Zielgruppe. Vor der Vermittlung steht ein umfangreicher Beratungsprozess, bei dem der Bedarf präzise analysiert wird (Profiling). Die aufwändige Personalsuche wird z.B. über Netzwerke und Anzeigen inklusive aller Prozesse bis zur Einstellung durchgeführt. Darüber hinaus gibt es weitere Aufgaben, die der Personalberater für Unternehmen ausführen kann – bis hin zum kompletten Personalmanagement.

gleitete parallel ein Großkundenprojekt, welches er innerhalb weniger Monate um über 120 Mitarbeiter vergrößerte. Doch eine weitere Idee begann bereits zu keimen – und ließ sich nach einigen Jahren einfach nicht mehr ignorieren: „Ich habe immer von der Selbstständigkeit geträumt, die Idee jedoch jedes Mal zurückgestellt. Endlich nicht mehr durch andere oder eine Firmenpolitik beeinflusst zu werden, endlich das tun, was ich für richtig halte – und nicht, was ich tun muss.“ Also sagte der Ingenieur seinem Büro adieu, entwickelte ein eigenes Unternehmenskonzept und machte sich Anfang 2014 selbstständig. Heute führt er sein Unternehmen PAN Personalvermittlung und Beratung mit derselben Begeisterungsfähigkeit, die ihn in allen Lebensbereichen auszeichnet. Und weil Recruting und Beratung durch Zusammenarbeit noch besser funktionieren, baut Nürnberger „nebenbei“ ein deutschlandweites Netzwerk von Personalvermittlern auf. Die nächste Idee? Noch nennt Nürnberger sie „einen Traum“: einmal seine Siebensachen packen und um die Welt reisen, hoch zur See und auf Schusters Rappen. Vielleicht begegnet man dem Ingenieur ja in einigen Jahren in Asien oder Afrika – wenn es wieder mal eine Idee in seinem Kopf geschafft hat, die Entscheidung in die Hand zu nehmen.


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F端r die HTW Berlin habe ich mich letztlich wegen des guten Rufs entschieden. Ich wollte ein anspruchsvolles Studium.


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Viele meiner Kommilitonen brachten ihre Berufserfahrungen ins Studium ein, wovon alle Studierenden profitierten.


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Print- und Onlinemedien sowie den Hörfunk über neue Produkte und Funktionen, wie z. B. Online-Speicher oder Website-Pakete, bloggt über Neuigkeiten aus dem Unternehmen oder schreibt „Wordings“ – Sprachregelungen – für die Mitarbeiter des Kundenzentrums. Witt schätzt die abwechslungsreichen, herausfordernden Aufgaben in ihrem Beruf, bei denen technisches Interesse, Genauigkeit und ein gutes Gespür für Sprache gefragt sind. Ihr großes Interesse für die IT, erzählt sie, kam früh vom Vater, der als IT-Administrator tätig war. Schon Anfang der Neunziger nutzte sie den Heim-Computer, einen „Siemens 286“, für Schularbeiten. Nach dem Abitur und einer Ausbildung zur Industriekauffrau bei Gillette Deutschland mit ersten Erfahrungen in der PR-Abteilung bewarb sich Witt für den Bachelorstudiengang Wirtschaftskommunikation an der HTW Berlin. Mit dem Ziel vor Augen, künftig im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu arbeiten, traf sie hier auf ein spannenJahrgang 1982, Pressesprecherin beim Internetdienstanbieter Strato AG, des studentisches Umfeld. „Viele meiner studierte Wirtschaftskommunikation an der HTW Berlin. Kommilitonen hatten zuvor bereits in Wenn wie zuletzt bei einem großen deut- Unternehmen und in Redaktionen gearbeitet“, erinnert sich die schen Nachrichtenmagazin Meldungen Alumna. „Die begriffen das Studium als zweite Berufschance“. in der Presse stehen, die Sachverhalte zu Ein positiver Nebeneffekt, der, so Witt, viel Erfahrungsaustausch Internetdienstleistern wie Strato missver- und studentisches Engagement bei Projekten wie dem Produzieren ständlich oder gar fehlerhaft darstellen, von Werbespots oder qualitativer Marktforschung beförderte. muss Christina Witt blitzschnell reagie- Nützlich sei die Vermittlung von praktischem und technischem ren. Dann greift die Pressesprecherin der Know-how wie Schnitt- und Designprogrammen gewesen, eine Strato AG zum Telefonhörer und schildert stärkere Ausrichtung ihres Stundenplans auf PR-Themen hätte den wichtigsten Journalisten der IT-Bran- sich die angehende Kommunikationswirtin trotzdem gewünscht. che die Faktenlage aus Unternehmens- Und so legte Witt den Schwerpunkt schließlich eigenhändig auf sicht. Zum Tagesgeschäft gehören diese das PR-Thema, indem sie eine Bachelorarbeit über die Chancen Ereignisse jedoch nicht. Für gewöhnlich und Risiken von nutzergenerierten Social-Web-Inhalten für die informiert die Absolventin der HTW Berlin Presse-und Öffentlichkeitsarbeit schrieb.

christina witt

Die Strato AG mit Sitz in Berlin ist ein Unternehmen der Deutschen Telekom AG und einer der weltweit größten Internetdienstanbieter. Das Unternehmen verwaltet vier Millionen Internetadressen aus sechs Ländern und betreibt mehr als 55.000 Server in seinen zwei TÜV-zertifizierten Rechenzentren, die mit CO2–neutralem Strom arbeiten. Rund 500 Beschäftigte sind derzeit bei Strato tätig.


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Gemeinsam mit einer Journalistin gründete er 2007 das Büro „Redaktion & Gestaltung“, das sich auf dem Fabrikgelände einer ehemaligen Druckmaschinenfabrik in Berlin-Wedding befindet. Der Bezirk Wedding – ursprünglich Völckers studentische Wahlheimat, später empirisches Forschungsfeld, dann Geschäftsidee, Erfolgsgeschichte – zieht sich wie ein roter Faden durch seine Biografie. Aus der Diplomarbeit, der Gestaltung einer MagazinNullnummer zum Thema „Visualität des Stadtteils Berlin-Wedding im Editorial Design“, entwickelte der Alumnus – inzwischen als Herausgeber und Artdirector – das unabhängige Magazin für Alltagskultur »Der Wedding«. 2012 gewann seine Publikation den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland in Silber – verliehen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Ein Jahr später erhielt es eine weitere Auszeichnung beim Kreativwett­ bewerb des Art Directors Club für Deutschland. »Der Wedding«, sagt Völcker, sei sein Ausdrucksmittel. Das Magazin gebe ihm die Möglichkeit, Themen zu setzen und diese selbst zu gestalten. Den Grundstein für die eigene Handschrift legte er bereits im Studium. „Meine Professoren haben Jahrgang 1978, freiberuflicher Grafikdesigner und Fotograf, mich sehr darin bestärkt, eine eigene visustudierte Kommunikationsdesign an der HTW Berlin. elle Haltung zu entwickeln“, erinnert sich Dicht an dicht reihen sich die Zeitschrif- der 36-Jährige. Besonders hilfreich für die Arbeit als Gestalter ten, Kunstkataloge, Bildbände, Fotoal- seien die in Seminaren erworbenen fotografischen Fähigkeiten ben und Nachschlagewerke im Büro von und bildsprachlichen Kenntnisse gewesen. RichtungsentscheiAxel Völcker auf meterlangen Regalen. dend dagegen das Praxissemester in einer Fotodesign-Agentur in Wohin das Auge schaut, der Blick fällt auf Neu Delhi: „Dort habe ich Menschen in alltäglichen Situationen bedrucktes, gefalztes, geleimtes Papier. fotografiert und schnell begriffen, dass die spannendsten Der Absolvent der HTW Berlin, heute Grafik- Themen und Motive direkt auf der Straße liegen.“ Sein Beruf biete designer und Fotograf, hat sich auf die ihm die beste aller Möglichkeiten, sich kreativ auszu­drücken Konzeption und Realisierung von Pub­li- und trotzdem kunden- und auftragsbezogen zu arbeiten, sagt kationen für Verlage, Hochschulen, Völcker und ergänzt: „Sachen angezettelt habe ich eigentlich Stiftungen und Agenturen spezialisiert. schon immer.“

axel völcker

Als Artdirector und Editorial Designer arbeitet Axel Völcker für verschiedene Medienagenturen und Verlage, wobei er u.a. das Layout des Berliner Stadtmagazins zitty entwickelte. Darüber hinaus ist er als Dozent an Hochschulen tätig. Sein Magazin »Der Wedding« beschäftigt sich mit den kleinen Geschichten des Berliner Großstadtalltags. Realisiert wird die Zeitschrift gemeinsam mit freien Autoren und Fotografen.


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Meine Professoren haben mich sehr darin best채rkt, eine eigene visuelle Haltung zu entwickeln.


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Mein Schnitt-Handwerk habe ich noch klassisch mit Papier, Stift und Schere gelernt.


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mit einem Reißverschluss für den schnellen Toilettengang auszustatten. Dass die russischen Athletinnen diesen nicht benötigten, zeige, so die HTW-Alumna, wie viel Empathie und interkulturelle Kompetenz in ihrem Beruf gefragt sei. Bevor ein Wettkampfoutfit entsteht, fährt Raack zur Bedarfsanalyse ins Trainingslager. Hier befragt sie Sportler wie den Skilangläufer Tobias Angerer zu ihren individuellen Bedürfnissen, schaut beim Training zu und lässt sich das Körpergefühl beim Tragen der Kleidung beschreiben. Anschließend werden Stoffauswahl, Design und Kompressionsgrad des Materials mit Schnittmachern, Designern, Marketing-Mitarbeitern und Herstellern erörtert. „Dabei vertrete ich die Position des Sportlers und vermittle zwischen den einzelnen Abteilungen“, erklärt Raack. Die dafür notwendigen Soft Skills wie Team- und Kommunikationsfähigkeit Jahrgang 1976, Managerin in der Abteilung „Produktentwicklung Olympia“ der adidas AG, studierte Bekleidungstechnik an der HTW Berlin. trainierte sie bei Gruppenübungen an der Modepuppe oder am Zuschneidetisch Wenn, wie zuletzt im russischen Sotschi, im Nähsaal der HTW Berlin. An der Hochschule habe sie einen technisch fundierten die deutschen Langläufer in den von ihr und ihrem Team entwickelten Ganz- Ausbildungsweg beschritten, sagt die Bekleidungstechnikerin. körperanzügen die olympischen Loipen Gut sei ihr Wissen über textile Faserstoffe und ihr Schnitthandentlangsausen, ist Jacqueline Raack ge- werk habe sie noch klassisch mit Papier, Stift und Schere gelernt. danklich längst bei den Sommerspielen Aufsehen erregte die analoge Schnittkonstruktion im multimedial in Rio de Janeiro. Als Managerin in der eingerichteten Nähsaal der Manchester Metropolitan University, Abteilung „Produktentwicklung Olympia“ wo Raack viele Stunden während ihres Auslandssemesters verder adidas AG betreut sie die Sportkollek- brachte. In Manchester verbesserte sie ihre Sprachkenntnisse tionen der deutschen und internationalen und lernte u.a., wie man eine gute akademische Arbeit schreibt. Athletinnen und Athleten. „Ich erfülle Dass die Diplomstudentin dann sogar mit einem Bachelortitel Wünsche“, sagt Raack und meint damit zurück nach Berlin kam, hatte einen anderen Grund: „Es war besondere Passformen, Polsterungen immer mein Traum, den schwarzen eckigen Hut mit Quaste zu oder die Idee der deutschen Biathletin- tragen“, sagt sie. Bei der feierlichen Zeremonie im Konzerthaus nen, den Wettkampfanzug probehalber Manchester ging er in Erfüllung.

jacqueline raack

Die adidas AG mit Sitz in Herzogenaurach ist nach Nike der zweitgrößte Sportartikel­ hersteller der Welt. Seit den zwanziger Jahren entwickelten die Brüder Adolf und Rudolf Dassler Sportschuhe, mit denen Athleten wie Jesse Owens 1936 olympisches Gold gewannen. 1949 gründete Adolf Dassler die heutige adidas AG, deren Name sich aus „Adi“ und den ersten drei Buchstaben seines Nachnamens zusammensetzt. Bruder Rudolf ging mit der Firma Puma getrennte Wege.


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Solare Energiesysteme, im badischen Freiburg im Breisgau. Das Institut pflegt seit jeher einen engen Austausch mit der HTW Berlin, und so arbeiteten neben Link noch viele weitere Absolventen in Freiburg an Projekten rund um Sonnenenergie und nachhaltige Stromversorgung. Link war in seinem Element. Parallel zum Masterabschluss gewann er bereits Forschungsgelder für das Institut, leitete Studierende in Forschungsvorhaben an und ergatterte eines der begehrten Promotionsstipendien der ReinerLemoine-Stiftung. Als das Stipendium endete, übernahm das Fraunhofer-Institut die Finanzierung von Links Doktorarbeit im Bereich Erneuerbare Dr.-Ing. Energien. Auch die Stadt Freiburg gefiel dem inzwischen Vater Jahrgang 1980, Manager bei den Stadtwerken Stuttgart, gewordenen Ingenistudierte Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin. eur sehr. Gute Gründe Genau zu diesem Zeitpunkt wurde an zu bleiben. Doch in Stuttgart lockte ein der HTW Berlin ein neuer Studiengang ins neues Projekt. Nicht nur Fukushima hatte die StuttLeben gerufen, der perfekt zu Link passte. Der Baden-Württemberger schrieb sich garter Bürgerschaft aufgeweckt − der für den ersten Jahrgang des Bachelorpro- Wunsch nach nachhaltig produzierter gramms Regenerative Energiesysteme Energie wuchs. Als Wettbewerber zur auch ein und erlebte eine mitunter chaotische, den Meiler in Neckarwestheim betreibenaber sehr spannende Zeit in Berlin. Dass den EnBW wurden die Stadtwerke Stuttdie Bundeshauptstadt nie seine Heimat gart gegründet, und Link stieg als fünfter werden würde, war dennoch klar. „Mir Mitarbeiter in das junge Unternehmen fehlten einfach die Berge.“ Zu Links Glück ein. Das ehrgeizige Ziel: die vollständige befindet sich eines der renommiertes- Versorgung der Stuttgarter Bürgerschaft ten Forschungsinstitute für Erneuerbare aus regenerativen Energiequellen. Links Energien, das Fraunhofer Institut für Aufgabe: noch nicht definiert. Wenn man Vielleicht war es der Blick aus dem Fenster seines Kinderzimmers, der Jochen Links Zukunft prägte: der Blick auf den Wasserdampf des Atomkraftwerks Neckarwestheim. Nach der Lehre zum Zimmermann und der Hochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg wäre Bauingenieurwesen der nächste logische Schritt gewesen. Der gebürtige Großbottwarer aber hatte andere Ziele: „Ich wollte etwas Nachhaltigeres machen als einfach noch mehr Häuser zu bauen. Und es war von Anfang an klar, dass es nichts mit Nukleartechnik zu tun haben würde.“

jochen link

Die Stadtwerke Stuttgart GmbH wurde 2011 auf Initiative des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart als kommunaler Energieversorger gegründet. Ihr Ziel ist es, die Stuttgarter Energieversorgung bis 2020 vollständig auf ökologisch erzeugten Strom und Anlagen mit Kraft-WärmeKopplung umzustellen. Erste Photovoltaik­ anlagen konnten bereits gebaut werden; ein weiterer zentraler Baustein ist der Kooperationsvertrag mit den nachhaltig produzierenden Elektrizitätswerken Schönau unter der Marke stuttgartENERGIE.

Link heute nach seiner Position fragt, erhält man nur ein Lächeln. „Wir haben noch keine Titel oder Stellendefinitionen.“ Er zeigt seine Visitenkarte, auf der unter dem Namen schlicht „Erneuerbare Ener­ gien“ steht. „Ich baue das Erzeugungsportfolio der Stadtwerke Stuttgart mit auf, koordiniere die Planung von KraftWärme-Kopplungssystemen und organi­ siere Dachflächen für Photovoltaik­ an­ lagen. Ich entwerfe Geschäftsmodelle und mache auch alles andere, was mit Energie zu tun hat − außer Windkraft, Atomenergie und Kohle.“ Und „alles andere“ ist viel. Inzwischen beschäftigen die Stadtwerke Stuttgart rund 25 Mitarbeiter, wenn es gut läuft, werden es irgendwann mehrere Hundert sein. Link geht in diesem zukunftsweisenden Aufbauprozess voll auf. „In ein ,fertiges‘ Stadtwerk wäre ich nie eingestiegen“, sagt der sympathische Dunkelhaarige mit dem unüberhörbaren Stuttgarter Dialekt. „So ein Beamtenleben − das wäre mir zu langweilig gewesen.“


Normalerweise wäre auf die Ausbildung zum Zimmermann ein Bauingenieurstudium gefolgt. Aber ich wollte etwas Nach­haltigeres machen als einfach nur noch mehr Häuser zu bauen.


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Wert voll f端r meine Arbeit im emiratischen Kulturbetrieb sind die praktischen Erfahrungen, die ich als Studentin in Museen sammeln konnte.


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assistentin Kulturveranstaltungen für das Goethe-Institut betreut. Derzeit ist sie für die Organisation eines Wissenschaftsfilmfestivals verantwortlich und koordiniert unter anderem die Filmauswahl und Synchronisierungen. Gerade jetzt, „wo alles im Entstehen ist“, im emiratischen Kulturbetrieb zu arbeiten, sei ideal, sagt Schmidt. So bieten sich der Museologin spannende berufliche Möglichkeiten. Auf der Sharjah-Buchmesse 2011 kuratierte sie eine Ausstellung mit Texten und Illustrationen emiratischer Kinderbücher. Erstmalig in der Region entstand das literarische Genre in einer Reihe von Schreib- und Illustrationsworkshops am Goethe-Institut. An den Higher Colleges of Technology in Abu Dhabi unterrichtete Schmidt Masterstudentinnen im Fachbereich Kultur- und Kreativwirtschaft. Die Gelegenheit ergab sich, weil ein ehemaliger Professor der Museumskunde sie zur gemeinsamen Lehrtätigkeit einlud. Begeistert erzählt die gebürtige Ilmenauerin von ihrem Debüt als Dozentin. Dieses gab sie vor einer Gruppe verschleierter Frauen, wobei Jahrgang 1979, freiberufliche Projektassistentin am Goethe-Institut anfänglich nicht klar war, ob die Musin Abu Dhabi, studierte zuerst Museumskunde und anschließend liminnen die Dozentin mit den langen Museumsmanagement und -kommunikation an der HTW Berlin. offenen Haaren überhaupt akzeptieren Dass das Goethe-Institut im arabischen würden. „Im Grunde habe ich das weitergegeben, was ich in meiEmirat Abu Dhabi eines Tages ihr Arbeits- nen Seminaren gelernt habe“, sagt Schmidt. Vielseitig sei das platz sein würde, hätte Jana Schmidt Studium an der HTW Berlin durch Seminare in Natur- und Kulturwahrscheinlich nicht gedacht, als sie in geschichte, Objektfotografie oder Museumsorganisationsformen einem Seminar im Fachbereich Gestaltung gewesen, wertvoll für den Beruf die studienbegleitenden Praktikavon der Kulturinstitution hörte. Heute Erfahrungen in vielen Museen. Ins Museum begab sich die Modeliebhaberin auch für ihre beginnt Schmidts Tag in der Wüste oft mit dem Schwimmen im Persisch-Arabischen Masterarbeit. Auf Schloß Paretz, der Sommerresidenz der preuGolf am frühen Morgen. Anschließend ßischen Königin Luise, analysierte sie die Darstellungs- und setzt sich die HTW-Alumna in ihr Auto und Vermittlungsformen der ausgestellten Königinnen-Kleider. fährt von Dubai-Stadt ins 150 Kilometer Dabei entstand eine Masterarbeit, die mit dem Tiburtius-Preis entfernte Abu Dhabi, wo sie als Projekt- für hervorragende Abschlussarbeiten ausgezeichnet wurde.

jana schmidt

Das Goethe-Institut wurde 1951 als Ausbildungsstätte für ausländische Deutschlehrer gegründet. Heute verfolgt die weltweit tätige Kulturinstitution verschiedene Ziele, wie die Förderung von deutschen Sprachkenntnissen, die Pflege internationaler, kultureller Zusammenarbeit und die Vermittlung eines aktuellen Deutschlandbildes. Zu großen Teilen aus dem Bundeshaushalt finanziert, unterhält das Kulturinstitut 150 Institute in 92 Ländern.


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design-Absolventin ist Ansprechpartnerin der Produzenten, beurteilt die Qualität der Stoffe, organisiert die Anproben und lässt ihr Gespür für Farben und Schnitte in die aktuellen Kollektionen einfließen. Klocke begleitet die Kollektionen von der Trendsuche bis zum Produktionsstart, und zu Messezeiten ist sie oft nur am Wochenende zuhause. Vom Abheben aber ist die Designassistentin weit entfernt. „Als selbstständige Designer schaffen es nur wenige. Das lernten wir schon im Studium. Wir wurden von den Professorinnen und Professoren geerdet – und das ist gut so.” Gerade weil an Jahrgang 1986, Designassistentin für die Kollektion Strick & Jersey der HTW Berlin nebei RENÉ LEZARD, studierte Modedesign an der HTW Berlin. ben den künstleri„Natürlich träumt jeder davon, irgend- schen Aspekten handfestes Fachwissen wann eine eigene Modelinie heraus- rund um die Modeindustrie, Managezubringen“, gibt Laura Klocke zu. Auch sie ment und sogar Recht auf dem Curriselbst – irgendwann einmal. „Im Moment culum standen, war die Hochschule für bin ich sehr glücklich dort, wo ich bin. Ich Klocke die erste Wahl. Schließlich erlerne jeden Tag unglaublich viel dazu!“ fuhr die Wahl-Schwarzacherin früh, was Dort, das ist Schwarzach am Main, sie im Modebusiness erwartet. “Mir war ein kleines bayerisches Städtchen. Dort, schon als Kind klar, dass ich etwas mit das ist aber auch ein international be- Mode machen will – vermutlich, weil kanntes Modelabel: Laura Klocke ist seit meine Mutter Modedesignerin ist. Ich Frühjahr 2013 Designassistentin Strick & nähte mir schon damals meine Kleidung Jersey bei RENÉ LEZARD. Das bedeutet selbst.“ Nach dem Abitur nähte Klocke einen hektischen Arbeitsalltag im be- dann aber erst einmal für andere: Sie schaulichen Unterfranken, denn die Mode- absolvierte eine Schneiderlehre, um ihr

laura klocke

Gespür für Stoffe und Schnitte zu schärfen. Dass ein Studium folgen würde, war aber immer klar. Die HTW Berlin lockte nicht nur mit einem vielseitigen Stundenplan, sondern auch mit eigenen Stricklaboren. Ein Paradies für die junge Frau: “Strick fand ich schon immer faszinierend”, sagt Klocke und rückt glücklich den Strickkragen ihres RENÉ LEZARD-Pullovers zurecht. Schon während des Studiums begann sie, im Internet eigene Entwürfe zu zeigen. Dass man ihr in Schwarzach anbot, die Stricklinie mit zu betreuen, war dann auch der ausschlaggebende Grund, um das trubelige Berlin gegen Franken einzutauschen. Wichtig ist Klocke aber seit jeher auch zu wissen, wo die Mode herkommt. Ihre Abschlussarbeit trug den Titel „Prête à jeter“, bereit zum Wegwerfen, und beleuchtete die fehlende Nachhaltigkeit in der Modewelt kritisch. Schließlich ist Mode mehr als Glamour und gutes Aussehen – es ist eine Industrie, die weltweit Milliarden umsetzt und Verantwortung übernehmen sollte, wenn es nach Klocke geht. „Heute kann ich mich bei den Produzenten oft selbst informieren, wie unsere Mode hergestellt wird.“ Im Gespräch mit der Designassistentin wird schnell deutlich: In ihrem Job passt ihr einfach alles – nicht nur die Strickmode aus der neuesten Kollektion.

Das Modelabel RENÉ LEZARD, 1978 gegründet, beschäftigt heute rund 420 Mitarbeiter am Hauptsitz in Schwarzach am Main sowie in den Stores und Produktionsstätten. RENÉ LEZARD ist eine exklusive Modemarke für Damen und Herren im Premium-Segment. Die Kollektionen stehen für selbst­bewusste Individualität, zeitlose Modernität und erkennbare Qualität bei Material und Verarbeitung. Neben Europa zählen inzwischen Nordamerika, Osteuropa und der Nahe Osten zu den Absatzmärkten des heute wieder gründergeführten fränkischen Unternehmens.


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Als selbstständige Designer schaffen es nur wenige, lernten wir schon im Studium. Wir wurden von den Professorinnen und Professoren geerdet – und das ist gut so.


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Bei gemeinsamen Studienprojekten merkten wir schnell, wie gut wir als Dreierteam funktionieren.


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ten oder Praktika sammeln können. Schnell, sagt Becker, hätten die angehenden Umweltinformatiker dabei gemerkt, wie gut sie als Dreiergespann funktionieren. Nach Abschluss des Masterstudiums riet ihnen ein Professor zur Bewerbung um das Gründerstipendium „Exist-Seed“ beim Bundeswirtschaftsministerium. Mit dessen Hilfe, und nun als wissenschaft­ licher Mitarbeiter der HTW Berlin, war es den Alumni möglich, die Marktsituation für EcoWebDesk zu analysieren und einen Businessplan zu erstellen. Mit Rat und Tat stand den Umweltinformatikern dabei das Start up-Kompetenzzentrum der eigenen Hochschule zur Seite. „Dort haben wir uns erst mal mit Unternehmensthematiken wie Marketing und Rechnungswesen vertraut gemacht“, erinnert sich Becker. Es folgte die TeilJahrgang 1977, Geschäftsführer der EcoIntense GmbH, studierte Betriebliche Umweltinformatik an der HTW Berlin. nahme an verschiedenen Businessplanund Gründerwettbewerben, die die PreisMit der Gründung ihrer Firma EcoIntense träger dazu nutzten, ihre Geschäftsidee auf Herz und Nieren zu erfüllten sich Markus Becker und seine prüfen und potentielle Investoren wie auch die Fachpresse auf ehemaligen Kommilitonen Hardy Men- ihr Programm aufmerksam zu machen. Das Konzept ging auf: Mit zel und Sebastian Mönnich einen Traum. der Unterstützung zweier Kapitalgeber führten sie ihre Software Ihr Produkt, die webbasierte Software zur Marktreife. EcoWebDesk zum Management von be- Mittlerweile hat die EcoIntense GmbH ihre Zeit als Starttrieblichen Arbeits- und Umweltschutz- up-Unternehmen hinter sich gelassen. In den unterschiedlichen maßnahmen, wird derzeit in zirka 130 Geschäftsbereichen arbeiten heute etwa 40 Mitarbeiter. Markus mittelständischen Industrieunternehmen Becker verantwortet den Vertrieb von EcoWebDesk. Erste Erfahund Konzernen angewendet. Aus ihrer rungen mit Beratungs- und Verkaufsgesprächen sammelte er u.a. Devise – von dem zu leben, was am meis- in einem Berliner Outdoorladen, in dem er als Student fünf Jahre ten Spaß macht – entstand die Idee, eine lang jobbte. Beim Rückblick auf das Studium lobt der gebürtige eigene Arbeits- und Umweltschutz-Soft- Saarländer das Engagement seiner Professoren, die Studierenware zu entwickeln. Gemeinsame Erfah- den an Unternehmen zu vermitteln. Becker selbst erhielt so die rungen in der Branche hatten Becker und Möglichkeit, seine Bachelorarbeit in den Daimler-Werken in East seine Kollegen zuvor bei Studienprojek- London/Südafrika zu schreiben.

markus becker

2007 am Standort Berlin gegründet, hat sich das Unternehmen EcoIntense heute als Spezialist für Arbeitsund Umweltschutzsoftware etabliert. Der Firmenname, ein zusammengesetztes Wort aus Ecology/ Economy und intense, steht für das intensive Optimieren ökologischer Potentiale. In den Abteilungen Softwareentwicklung, Vertrieb & Marketing und Service & Consulting arbeiten derzeit etwa drei Studierende und neun Absolventen der HTW Berlin.


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Mit den ausschließlich männlichen Kommi­ litonen im Diplomstudiengang Elektrotechnik mit Schwerpunkt Prozess­ automatisierung kam sie schnell auf einen Nenner. Das gemeinsame Interesse verband; und die Professoren, von denen Krüger einige als „echte Unikate“ beschreibt, die lernwilligen Studierenden immer mal wieder auf die Sprünge halfen, machten den Spaß an Technik und Hochschule komplett. Als ob das anspruchsvolle Fach noch nicht ausgereicht hätJahrgang 1978, Sachbearbeiterin in der Projektgruppe Netzaufbau te, engagierte sich die der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen Studentin nebenher mit Sicherheitsaufgaben, studierte Elektrotechnik an der HTW Berlin. im Studierendencafé Eine „richtig schöne Zeit“ sei es an der und war nebenberufliche FrauenbeaufHTW Berlin gewesen, sagt Martina Krüger, tragte. So viel Power machte sich leider und beginnt, vom Studentencafé auf dem nicht gleich bezahlt. „Nach dem Studium Campus am Ostkreuz zu berichten. Von hatte ich etwas Pech“, untertreibt die den „Ladies‘ Weeks“, während derer nicht sympathische Ingenieurin mit dem kurzen nur gelernt, sondern auch gefeiert wurde. blonden Bob: Das erste Ingenieursbüro, Und davon, wie es ist, als einzige Frau im in das sie einsteigt, hält sich nicht am Jahrgang in einem „Männerfach“ zu be- Markt. Für Krüger beginnt die Suche, der Neueinstieg gelingt nicht sofort. Dabei stehen. Nämlich ganz einfach. Das Interesse für Technik war schon drängt die Zeit: „In meinem Beruf kann früh da, und die Wahl des Studiengangs man nach fünf Jahren eigentlich von fiel nicht schwer. Die der Hochschule auch vorn studieren, weil sich so viel getan nicht mehr nach dem ersten Telefonat: hat.“ Über eine Zeitarbeitsfirma kommt „Meine Ansprechpartnerin bei der HTW sie schließlich als Projektassistenz zum Berlin war so freundlich und hilfsbereit Deutschen Sparkassen- und Giroverband. – da wusste ich, wo ich studieren will!“ Als der Vertrag ausläuft, findet die

martina krüger

Die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) koordiniert den Aufbau, den Betrieb und die Sicherstellung des Digitalfunks von Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen. Insgesamt eine halbe Million Teilnehmer werden das vereinheitlichte Digitalfunknetz in Zukunft nutzen. So können beispiels­ weise bei Katastrophen wie dem Hochwasser in Sachsen Rettungskräfte noch effizienter organisiert werden.

Ingenieurin endlich, was sie gesucht hat. Bei der schier unaussprechlichen „Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben“, kurz BDBOS, prüft und koordiniert Martina Krüger heute in Abstimmung mit den einzelnen Bundesländern in der Projektgruppe Netzaufbau den Rollout von Basisstationen. Das Ziel ist der Aufbau eines länderübergreifenden Digitalfunksystems von Polizei, Feuer­ wehren, Rettungsdiensten und anderen sicherheitsrelevanten Organisationen. Keine leichte Aufgabe für die Bundes­ anstalt und damit auch für Frau Krüger. Doch wie schon im Studium ist die energiegeladene Ingenieurin mit nur einer anspruchsvollen Aufgabe allein nicht ausgelastet. Derzeit schreibt sie an der Masterarbeit für das Aufbaustudium „Innovatives Management“, das sie schon vor der Tätigkeit in der BDBOS begann. Und ihre übrige Freizeit widmet die Diplom-Ingenieurin der Vorstandsarbeit im „Bürgerkomitee 15. Januar e.V.“. „Ich mache das, weil es mir Spaß macht“, antwortet Krüger auf die Frage, wo denn da die Erholung bliebe. „Also ist es ja Freizeit!“


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An der HTW Berlin sind viele der Professorinnen und Professoren echte Unikate. Der Umgang miteinander war einfach stimmig. Ja, das Studium war eine richtig schรถne Zeit!


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Selber nachzudenken und Zusammenh채nge zu entdecken, fand ich schon immer spannend. Ich will die Hintergr체nde kennenlernen, nicht nur das Offensichtliche.


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lernen, nicht nur das Offensichtliche. Im Maschinenbau bin ich da genau richtig.“ Schon als Student grübelte und tüftelte er an der Tafel, wenn seine Lerngruppe sich an einem Problem festgebissen hatte. So entstand ganz zufällig auch die Erkenntnis: Das macht Spaß, da vorn. Zwar erfindet Meyer nicht wie der berühmte Daniel Düsentrieb jeder Physik spottende Prof. Dr.-Ing. Maschinen, aber eine schier nicht zu bremsende Motivation beJahrgang 1977, Dekan und Professor für Maschinenbau an der HTW Berlin, studierte Maschinenbau an der HTW Berlin. flügelt den frisch gebackenen Dekan ebenNun also Dekan. Geplant war das nicht, so wie den Entenhausener Erfinder. Nach nicht jetzt schon, kaum drei Jahre nach dem Studium an der HTW Berlin und der der Berufung. Prof. Matthias Meyer war Promotion an der TU Berlin ging Meyer ja sozusagen gerade erst angekommen in die Industrie, wurde aber schon bald im akademischen Betrieb. Aber der sym- gefragt, ob er nicht als Dozent an seiner pathische Mittdreißiger freut sich auf die alten Hochschule lehren möchte. Meyer Herausforderung: „Es wird natürlich viel sagte ohne zu zögern zu: „SchließVerwaltungsarbeit auf mich zukommen, lich hatte mir das ja früher schon Spaß aber auch so manche Chance, etwas zu gemacht.“ Aus der Dozentenstelle wurde 2010 bewegen – um das Studium an der HTW ein Lehrstuhl für Konstruktion. Wichtig Berlin noch besser zu gestalten.“ Schließlich drückte Meyer selbst vor war Meyer von Anfang der persönliche gar nicht allzu langer Zeit die Hochschul- Kontakt zu den Studierenden. Praxisbeibank. Das Fach: Maschinenbau; die Lei- spiele aus der Industrie, aber auch Knowdenschaft: ebenfalls Maschinenbau. „Sel- how über den Umgang mit schwierigen ber nachzudenken und Zusammenhänge Chefs machen seine Seminare zu einer zu entdecken, fand ich schon immer span- wirklichen Schule fürs Leben. Sein besonnend. Ich will die Hintergründe kennen- deres Steckenpferd sind Innovationstech-

matthias meyer

Für eine Professoren­ stelle an einer Fachhochschule sind mehrere Jahre Berufspraxis sowie ein Doktortitel Voraussetzung. Da Fachhochschulen in Deutschland derzeit kein Promo­tionsrecht besitzen, müssen die Doktoranden an Technische Hochschulen oder Univer­ sitäten wechseln. Der Dekan vertritt seinen Fachbereich nach außen und ist an der Organisation nach innen beteiligt – von der Prüfung von Forschungsvorhaben bis zu Personal­ angelegenheiten.

niken – ein Werkzeugkasten, um gezielt Neues zu entwickeln: „Genau das braucht Deutschland heute – keine Mitarbeiter, die träge auf eine Eingebung warten, sondern grundsolide ausgebildete Ingenieure mit innovativen Ideen und der Fähigkeit, über den Tellerrand zu schauen.“ Und so entwickeln Viertsemester mit Meyers Unterstützung – natürlich immer inklusive der technischen Zeichnungen, Auslegungsrechnungen, Materialspezifikation und sogar Kostenplänen – Holzpellet-Pressen, mobile Bergungskrane für das THW, „Schnitzelpressen“ für klopfmüde Köche oder rückenschonende Eismischmaschinen. Selbst Sensorgehäuse für Weltraumsatelliten wurden schon entwickelt und manche auf den ersten Blick skurrile Idee, die sich noch als patentwürdige Marktnische erweisen könnte. Dabei steht immer die konkrete Anwendung und Nutzbarkeit im Mittelpunkt. Dem Mittelalterfan Meyer fällt sogar in der Freizeit ständig irgendetwas auf, das man entwickeln oder verbessern könnte. Aber gerade, wer so schnell Karriere macht, sollte auch mal die Tür hinter sich schließen. Der Professor lächelt jedoch, wenn man ihn fragt, wo es als Nächstes hingehe. Vielleicht wieder in die freie Wirtschaft? „Nirgendwohin“, lautet die Antwort, und dann folgt der so selten zu hörende Satz: „Ich bin glücklich hier!“


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renden ein Praktikumssemester im Ausland absolvieren. Katrin Großkopf leistet ihres bei Siemens Wind Power A/S im dänischen Brande, wo sie Anwenderlösungen für eine Unternehmenssoftware entwickelt, Beratungen und Schulungen für deren Einsatz durchführt und nach getaner Arbeit sogar die Kühe auf dem Bauernhof ihres Teamleiters mitversorgt. Ebenso praxisbezogen gestaltet sich die Lehre an der HTW Berlin in Großkopfs Informatik-, Medien- und Wirtschaftsseminaren. Ihr Handwerkszeug – das Programmieren – lernt die angehende Medieninformatikerin in kleinen Übungsgruppen. Auch der wissenschaftliche Austausch mit den Professoren ist rege: „Unsere Dozenten hatten stets ein offenes Ohr für unsere Fragen“, erinnert sich die Alumna. Gemeinsam mit einigen Kommilitonen entwickelt und designt Großkopf das Touch-Screen-Spiel „Snatch’Em“, das 2010 den Deutschen Computerspielpreis für das „Beste Studentenkonzept“ erhält. Als studentische Hilfskraft arbeitet sie in der Plagiats­forschung, testet Plagiatserkennungssoftware und berät Jahrgang 1980, Webentwicklerin bei der Online-Partnervermittlung eDarling, studierte Internationale Medieninformatik an der HTW Berlin. Studierende wie Lehrende zum Thema. Heute arbeitet die 34-Jährige als Eigentlich wollte Katrin Großkopf Ma- Webentwicklerin bei eDarling, einer Online-Partnervermittlung thematik- und Biologielehrerin werden. der affinitas GmbH. In einer ehemaligen Fabriketage in BerlinDoch es kommt anders: Nachdem die ehe- Kreuzberg übersetzt sie Webseiten-Designs in Programmiermalige Lehramtsstudentin ihre Angst vor sprache, ist verantwortlich für Web-Relaunches. Die Untermündlichen Mathematik-Prüfungen nicht nehmenskultur ihres Arbeitgebers mit flachen Hierarchien bändigen kann, entscheidet sie sich für und universeller Pausengestaltung, neben einer Tischtenniseinen Kurswechsel. Die neuen Koordina- platte gibt es Gratisgetränke und frisches Obst, hat Großkopf ten lauten „Hochschule für Technik und sofort überzeugt. Noch während der mündlichen AbschlussWirtschaft Berlin“ und „Internationale prüfung meldet sich der Online-Partnervermittler bei ihr. Und Medieninformatik“. International ist der dann geht es schnell: „Am Freitag habe ich noch meine MasStudiengang, weil einige Vorlesungen auf terarbeit verteidigt und am Montag darauf als Webentwicklerin Englisch gehalten werden und die Studie- gearbeitet.“

katrin großkopf

2009 als InternetStart-up gegründet, ist eDarling heute mit über 13 Millionen Mitgliedern eine der führenden OnlinePartnervermittlungen Europas. Die Firma beschäftigt rund 330 Mitarbeiter und betreut von Berlin aus 26 Märkte in Ländern wie Belgien, Frankreich, Russland und Chile. Als einzige Frau von insgesamt 40 ITMit­arbeitern arbeitet Katrin Großkopf als Web- bzw. FrontendEntwicklerin an der Schnittstelle zwischen Webdesign und Programmierung.


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Am Freitag habe ich noch meine Masterarbeit verteidigt und am Montag darauf als Webentwicklerin gearbeitet.


Eigentlich kรถnnte man sofort nach dem Wirtschaftsingenieurstudium ein Start-up-Unternehmen aufmachen.


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benjamin pohl Jahrgang 1979, Projektmanager für strategische Beschaffung bei der Deutschen Bahn AG, studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der HTW Berlin.

Berlin-Hauptbahnhof. Im Minutentakt fahren die Züge durch den gewölbten Gleistunnel im Westflügel des Bahnhofsgebäudes. In einem Konferenzraum ein paar Etagen über den Gleisen hat Benjamin Pohl gerade die einzelnen Abteilungen des Zentralen Beschaffungsbereichs der Deutschen Bahn AG an die Tafel skizziert: „Es ist gar nicht einfach, für ein so großes Unternehmen einzukaufen“, erklärt er. Mitverantwortlich für den Bereich IT-Standards, versorgt Pohl den Konzern mit alltäglichem Arbeitswerkzeug. Bei einem jährlichen Beschaffungsvolumen von 14 Milliarden Euro stellt das den 35Jährigen vor eine große Herausforderung. Damit der Einkauf von Zügen, Baumaterialien und Ersatzteilen reibungslos läuft,

Die Deutsche Bahn AG mit Hauptfirmensitz in Berlin ist das weltweit größte Eisenbahnverkehrs- und Eisenbahninfrastruk­ turunternehmen. Der Konzern verfügt über ein Schienennetz von circa 34.000 Kilometern (2011) und beschäftigt rund 300.000 Mitarbeiter (2013). Innerhalb der Konzernstruktur ist der Geschäftsbereich für strategische Beschaffung, für den Benjamin Pohl tätig ist, als eine der letzten operativen Ebenen unter dem Vorstand der Deutschen Bahn AG angesiedelt.

entwickelt der Absolvent der HTW Berlin gemeinsam mit seinen Teamkollegen Beschaffungsrichtlinien, die die Einhaltung von Umweltauflagen, gesetzlichen Rahmenbedingungen, Qualitäts- und Effizienzkriterien garantieren sollen. Pohls Arbeitstag beginnt meist im Zug. Dann klappt der Vater eines vierjährigen Sohnes seinen Laptop auf und bereitet die anstehenden Konferenzen in Frankfurt, München oder Berlin vor. Am Ende des Tages hat er mit vielen Kollegen aus diversen Geschäftsfeldern der Deutschen Bahn gesprochen und bisweilen hunderte Kilometer Fahrstrecke zurückgelegt. Ursprünglich angefangen hatte der Entwicklungspfad bei der Deutschen Bahn mit einem Praktikumsangebot, das der ehemalige Wirtschaftsingenieurstudent im hochschuleigenen Career Service der HTW Berlin fand. Beim Verkehrskonzern organisierte und moderierte er eine Strategieklausur und realisierte schnell, dass die Bahn viel mehr zu bieten hat, als von A nach B zu kommen. „Fasziniert von Technik war ich eigentlich schon als Kind“, erinnert sich Pohl. Nach einer technischen Ausbildung holte er sein Abitur an der Abendschule

nach und begann, Wirtschaftsingenieurwesen zu studieren. Der abwechslungs­ reiche Lehrplan, auf dem neben Informatik und Konstruktionslehre auch Marketing und Controlling stand, begeistert ihn bis heute: „Eigentlich könnte man sofort nach dem Studium ein Start-upUnternehmen aufmachen“, sagt er. Und auch eine Studienfahrt nach Shanghai, wo die Studenten Unternehmen wie Bombardier und Siemens besuchten, inspirierte ihn nachhaltig: „Dort habe ich gesehen, mit wie wenig Mitteln Menschen Dinge realisieren können.“


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Wer Denise Diederich kennenlernt, sollte alle Schubladen im Kopf schließen – und die dazugehörige Kommode in den Keller stellen. Diederich lässt sich nicht einordnen. Selbstständige Ingenieurin oder

aus dem Schwerpunktfach Baubetrieb. Schnell begeisterte sie sich für Bestandsbewertungen, Nachtragswesen und Vertragsanalysen. Sie arbeitete weiter im Büro des Professors, wurde irgendwann Büroleiterin. In diese Zeit fielen Diederichs erste eigene Vorlesungen. „Ich war schrecklich nervös“, lacht sie heute über ihre anfängliche Sorge, vor Gleichaltrigen am Pult zu stehen. Die Aufgabe war richtungsweisend, und das gleich in zweierlei Hinsicht. „Nach meinem Abschluss gab ich weiter Vorlesungen und lernte meinen Mann kennen – er war ,mein Student‘.“ Als die junge Frau schwanger wurde, begann der Aufbau eines eigenen Ingenieurbüros. Zu Diederichs ersten Kunden zählte die Handwerkskammer in Neubrandenburg; hier ist sie bis heute an der Ausbildung der angehenden Handwerksmeister und der Betriebswirte des Handwerks beteiligt. Parallel bearbeitete sie erste „eigene“ Aufträge, analysierte aus dem Ruder gelaufene Baukosten, prüfte Verträge und erstellte Bauablaufgutachten und Mehrkostenberechnungen. 2003 kamen der Lehrauftrag an der Hochschule Neubrandenburg und

denise diederich Jahrgang 1972, Bauingenieurin mit eigenem Büro, studierte Bauingenieurwesen an der HTW Berlin.

engagierte Mutter, Hochschuldozentin oder Wohnungsvermieterin? Diederich hat alle „oder“ aus ihrem Leben gestrichen. „Hauptamtlich bin ich Mutter“, betont die Mutter dreier Söhne. „Aber der eigene Stand im Leben ist auch wichtig – man will sich selbst ja auch fordern und fördern. Und wenn man keinen eigenen Blick für das Leben entwickelt, versteht man seine Kinder irgendwann nicht mehr!“ Alles begann mit einer Lehre zur Bankkauffrau und der damit einher­ gehenden Langeweile. „Danach war ich ein halbes Jahr als „Hucker“ auf dem Bau, das hat Spaß gemacht. Aber zu Beginn meines Studiums an der HTW Berlin wusste ich dennoch nicht genau, was ich machen will.“ Die Erleuchtung kam in Form eines Ferienjobs bei Professor Wotschke

2009 der an der HTW Berlin dazu. Ein Zuschussgeschäft, sagt die Bauingenieurin. Der Grund, warum sie dennoch Vorlesungen gibt, ist wie bei allem in Diederichs Leben ihre große Begeisterung. Zwar klingt das Vorlesungsthema „Ausschreibungen und Vergaben laut Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)“ etwas trocken. Diederich lacht: „Mir macht das riesigen Spaß. In der Vorlesung begeistere ich mich für die fächerübergreifenden baubetrieblichen Zusammenhänge. Dabei kann ich durch die jahrelange Praxis passende Beispiele anbringen und denke, dass der eher trockene Stoff doch Zugang ins Hinterhirn der Studierenden findet. Ich will Spaß an der Thematik vermitteln und die ,Angst‘ vor der Arbeit mit der VOB nehmen.“ Als wäre das nicht genug, ist Diederich eine der Mitbegründerinnen des Vereins zur Förderung der Bauinge­ nieure an der HTW Berlin und heute noch Vorstandsmitglied. Auch aus diesem Grund fühlt sie sich der Hochschule seither verbunden. Wer so viel unter einen Hut bringen will, braucht ein gutes Timing. Und unendliche Energie, wie es scheint. Die wird zu Hause aufgetankt: „Die Zeit mit meiner Familie, die Sonne auf dem Balkon oder ein Schwatz übern Gartenzaun – das ist Entspannung pur!“

Sachverständige Bauingenieure werden bei Problemen am Bau zur Bewertung der erbrachten oder zu erbringenden Leistungen hinzugezogen. Der Gutachter steht als neutraler Dritter zwischen Bauherrn und Bauträger oder -unternehmer und analysiert die Gründe für Verzögerungen, geänderte Leistungen und/oder gestiegene Kosten. Auch Bestandsbewertungen – Dokumentation des Bauzustands und des eingesetzten Budgets – gehören zu den Aufgaben. Maßgeblich ist dabei die VOB, die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen.


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Das Tolle am Bauingenieurwesen ist die Vielseitigkeit. Wir sind in der Familie fĂźnf Bauingenieure, und keiner kĂśnnte den anderen recht vertreten. Mir machen vor allem Vertragsrecherchen, gutachterliche Bewertungen und bautechnische Berechnungen SpaSS.


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Die Kombination der Fächer Projekt- und Energiemanagement war der Auslöser für meine Berufswahl. Ich habe erkannt, wie viel man in den frühen Planungsphasen positiv beeinflussen kann – das wollte ich auch machen!


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Wilhelminenhof verteidigte. Damals war dort nämlich alles noch Baustelle „Wir saßen manchmal mit dem Laptop auf einer Kiste da.“ Das Lächeln Wolfs Jahrgang 1981, Inhaber des Ingenieurbüros w+ sustain, zeigt deutlich: Diese studierte Technisches Gebäudemanagement an der HTW Berlin. Zeit hat Spaß gemacht. Die Kartäuser-Mönche bauten noch Die erste Anstellung nach dem Studium wirklich grün: Die über 900 Jahre alte führte den frischgebackenen Ingenieur Kartause Ittingen besteht nur aus den nach Zürich in ein auf Energiefragen spenatürlichen Werkstoffen Stein, Holz und zialisiertes Büro. „‚Green Buildings’ sind Eisen. Heute beherbergen die denkmal- gerade Trend, da immer mehr Unternehgeschützten Gebäude unter anderem ein men deren Mehrwert erkannt haben“, Hotel, ein Tagungszentrum und ein Muse- erklärt Wolf, „jeder möchte ein ganz beum, die im 21. Jahrhundert ebenso grün sonders grünes Gebäude.“ Dabei geht betrieben werden sollen wie damals. Und es nicht nur um den Energieverbrauch. dafür hat man den richtigen Mann ausge- „Nachhaltigkeit bezieht sich zentral auf wählt: Tobias Wolf entwickelte ein nach- den Nutzer – er muss sich wohlfühlen, haltiges Energiekonzept für die gesamte dann werden Krankenstände reduziert und die Produktivität wird gesteigert.“ Liegenschaft. Der sportliche Ingenieur hatte sich So zählen zur nachhaltigen Gebäudegeschon während seines Studiums für das staltung auch ein angenehmes Raumklima, Thema Energie interessiert, arbeitete als Akustik und die Nutzung von Tageslicht. So gut es Tobias Wolf in der Schweiz Werkstudent bei der Berliner Energie- agentur. Auch seine Diplomarbeit widmete gefiel, nutzte er 2010 die Chance, nach sich einem Gebäudeenergiekonzept. „Ich Berlin zurückzukehren. In einem interhabe erkannt, wie viel man in den frühen national tätigen Ingenieurbüro fing er Planungsphasen positiv beeinflussen als Projektleiter im Bereich Sustainability kann,“ erläutert Wolf. Ein schöner Zufall Consulting an. Er war zuständig für Nachwar es da, dass er seine Diplomarbeit mit- haltigkeitsberatung bei Großprojekten im ten in der Umzugsphase der HTW Berlin Bereich Neubau, Sanierung und Bestand. an den heute hochmodernen Campus Eine spannende Zeit, in der er viel gelernt

tobias wolf

hat und wertvolle Erfahrungen sammeln konnte. Nach vier Jahren, im April 2014, folgte dann der große Schritt in die Selbstständigkeit. „Ich will endlich selbst bestimmen können, was ich mache“, erzählt der Spezialist für Energie und Nachhaltigkeit. Mit seinem eigenen Ingenieur- und Beratungsbüro hat er sich einen Lebenstraum erfüllt. Wolf widmet sich auch hier seinem Spezialgebiet, der Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstandards und Durchführung von Gebäudezertifizierungen, berät aus technisch-wirtschaftlicher Sicht, aber auch in Fragen zur nachhaltigen Beschaffung und Energieeffizienz. So groß das Engagement des zweifachen Vaters im Job ist, der Feierabend gehört seiner Familie. Dann zeigt er seiner älteren Tochter, wie man auf dem Longboard die Balance hält, oder fährt mit den beiden Mädchen und seiner Frau in die Uckermark zum Entspannen. Grün tut schließlich auch in der Freizeit gut.

Das Ingenieurbüro w+ sustain ist spezialisiert auf den Bereich Nachhaltigkeit von Gebäuden. Dazu gehören neben der Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien und Energie­ konzepten auch Auditierung und Management von Zertifizierungen im Rahmen der Gebäudeplanung oder Betriebsführung. Das Unternehmen begleitet Green-Building-Zertifizierungen nach den internationalen Standards wie LEED® und DGNB und berät bei Fragen der Energieeffizienz, Umweltbilanzierung und nachhaltigen Gebäudebewirt­ schaftung.


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Eras Knochenspenden und arbeitet sie zu Granulat auf. Die dabei gewonnen Erkenntnisse fließen ein in die Herstellung von Transplantaten, die Chirurgen später zum Auffüllen von Löchern in defekten Knochen verwenden. „Die eigentliche Herausforderung dabei ist“, sagt der HTW-Alumnus und zeichnet einen kaputten Knochen an die weiße Tafel, „dass das körperfremde Granulat schnell im Patienten einheilt und die Wunde schließt“, er malt das Loch mit dem Filzstift aus. Für diese verantwortungsvolle Aufgabe schlüpft der wissenschaftliche Mitarbeiter gern in seinen Laborkittel, Jahrgang 1986, wissenschaftlicher Mitarbeiter um mit Pipette, am Deutschen Institut für Zell- und Gewebeersatz (DIZG), Reagenzglas und studierte Life Science Engineering an der HTW Berlin. Chemikalien an den Knochenersatz. Volker Eras hat sein Thema Hartgewebematerialien zu experimentiegefunden. Schon seine Masterarbeit wid- ren. Im Büro gleich nebenan interpretiert mete der Lebens- und Ingenieurwissen- und analysiert er seine Forschungs­ schaftler der Erforschung von Verfahren ergebnisse. zur Herstellung von Knochentransplan- „Menschen zu helfen, hat mich taten am Deutschen Institut für Zell- und schon immer fasziniert“, sagt der geGewebeersatz. Eine gute Entscheidung – bürtige Berliner über sein Interesse für sein Studium absolvierte er mit Auszeich- die medizinische Biotechnologie. Nach nung (Note: 1,3), das DIZG ist heute sein dem Abitur und anschließendem ZivilArbeitgeber und er wissenschaftlicher dienst auf einer Intensivtherapiestation Mitarbeiter zur Entwicklung und Optimie- entschied er sich für das Life-Sciencerung von humanen Transplantaten. In Engineering-Studium an der HTW Berlin. seiner Forschungsabteilung untersucht Viele Stunden hat er in den modern aus-

volker eras

Das Deutsche Institut für Zell- und Gewebeersatz (DIZG) ist ein gemeinnütziger Hersteller von Gewebetransplantaten und Zellkulturen. 1993 in Berlin gegründet, versorgt das Institut mit Sitz im Innovationspark Wuhlheide rund 700 klinische Zentren mit Gewebeersatz zur Behandlung krankheitsoder unfallbedingter Defekte. Mittlerweile profitieren jährlich knapp 30.000 Patienten von den rund 250 verschiedenen Transplantaten aus den Laboren des DIZG.

gestatteten Laborräumen des damals neu eröffneten Campus Wilhelminenhof verbracht, wo die Studierenden zunächst den Umgang mit Chemikalien lernten und später Forschungsprojekte von der Planung bis zur Analyse realisierten. Seine erste eigene wissenschaftliche Untersuchung aber führte Eras am Genom-Institut in Singapur durch, wo er als InWEnt-Stipendiat ein Praxis­semester verbrachte. Zehn bis zwölf Stunden täglich erforschte er hier die Entwicklungspotentiale von Stammzellen für seine Bachelorarbeit. Begeistert erzählt er von den tollen Gerätschaften und verfügbaren Forschungs­materialien in Singapur, die den Studenten seinerzeit derart beflügelten, dass sein Bachelorabschluss 2010 mit dem VDI-Preis des Vereins Deutscher Ingenieure ausgezeichnet wurde.


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Im Labor lernten wir zuerst den Umgang mit Chemikalien. Sp채ter realisierten wir dann eigene Forschungsprojekte.


Ich bin vermutlich eine von ganz wenigen Personen, die sich sonntags freuen, am Montag wieder arbeiten zu d端rfen!


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sollte es sein, das ihr Interesse für Jura mit ihrem Spaß an Wirtschaft verband, nicht allzu mathematisch und am besten in kleinen Gruppen unterrichtet. Der Studiengang Wirtschaftsrecht an der HTW Berlin passte da perfekt. Jahrgang 1978, Managerin für Mitarbeiterentsendungen Auch der kompakte Stundenplan lag der bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, studierte Wirtschaftsrecht an der HTW Berlin. energiegeladenen Managerin. So konnte sie bereits im zweiten Semester als WerkWer bei Steuern an graue Jacketts denkt, studentin bei PwC anfangen – und schnell feststellen, dass sie kennt Powerfrau Caroline Klotzek nicht. genau hier weiterarbeiten wollte. Die Loyalität zahlte sich aus: Die Managerin brennt so für ihre Aufgabe Heute hat Klotzek ein 21-köpfiges Team aus Festangestellten, bei PricewaterhouseCoopers (PwC), dass Azubis, Praktikanten und Werkstudenten unter sich. Letztere man sich sofort fragt, wann man selbst dürfen gerne wie sie selbst von der HTW Berlin kommen. endlich seine Einkommensteuererklärung „Ich habe das große Glück, mir meine Leute selbst auswählen zu machen darf. „Ich ziehe Kraft aus meiner dürfen. Und am liebsten lerne ich sie schon früh kennen, wenn Arbeit“, erzählt Klotzek. „Für andere wäre sie noch studieren – dann hat man genügend Zeit heraus­ es vielleicht Stress, so oft wie ich auf zufinden, ob man zueinander passt.“ Dazu kommt, dass Neulinge Reisen bin oder viele Dinge gleichzeitig sich erst einmal viel Nischenwissen aneignen müssen, das keine organisieren muss. Aber die Arbeitszeit Hochschule vermitteln kann. vergeht wie im Flug. Ich bin einer der Genauso wenig wie den Biss, den Klotzek an den Tag legt. wenigen Menschen, die sich sonntags Ihren Feierabend verbringt die gebürtige Rostockerin fast täglich beim Salsa tanzen oder beim Beachvolleyballtraining; schon auf die Arbeit freuen!“ Dabei wollte die gelernte Steuer­ am Wochenende unternimmt sie Städtetrips. Als ob sie bei ihrem fachangestellte eigentlich gar nicht stu- Job noch nicht genug herumkäme. Mitunter sitzt die Managerin dieren. Während der Ausbildung geriet schon mal an drei von fünf Arbeitstagen morgens im Flugzeug. sie jedoch in eine hoch motivierte Lern- „Ich bin die Tante mit dem Trolley“, lacht sie, und man merkt gruppe – und als die anderen nach dem deutlich, wie gut ihr dieses rasante Leben gefällt. „Oft komme Abschluss gen Studium verschwanden, ich ja gerade vom Flughafen – dann nehme ich meinen Koffer schrieb auch Klotzek sich ein. Ein Fach eben ins Kino mit oder zum Beachvolleyball.“

caroline klotzek

PwC gehört zu den „Big 4“ der inter­national tätigen Wirtschaftsprüfungsund -beratungs­ gesellschaften. In 157 Ländern beschäftigen die rechtlich unabhängigen Landesgesellschaften insgesamt mehr als 184.000 Mitarbeiter. In Deutschland gibt es 28 PwC-Standorte, von denen aus inter­ nationale Konzerne ebenso wie mittel­ ständische Familien­ unternehmen beraten werden.


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christian rücker Jahrgang 1975, im Vorstand der BERBUS|A Unternehmensgruppe und Geschäftsführer zahlreicher Tochterfirmen, studierte zuerst Betriebswirtschaftslehre und anschließend Real Estate Management an der HTW Berlin.

Die Chancen stehen gut, dass Christian Rücker gerade tele­ foniert, wenn man ihn trifft. Bei einem der vielen Unternehmen und Projekte, in denen er drinsteckt, gibt es mit Sicherheit gerade etwas zu ordnen. Das stört Rücker nicht: „Letztlich braucht man Führungskräfte nur, wenn etwas nicht funktioniert“, erklärt der Diplombetriebswirt. Wenn man den dunkel­ haarigen Mann im perfekt sitzenden Anzug von seinen Projekten und Plänen sprechen hört, fällt es jedoch schwer zu glauben, dass bei ihm irgendetwas einmal nicht einwandfrei funktio­ nieren sollte. Rückers Studium ließ noch nichts Außergewöhnliches er­ ahnen. Betriebswirtschaftslehre auf Diplom, dazu ein Schwerpunkt auf Marketing, ein anderer auf KMU – das machen viele. „Im Studium lernte ich, nicht nur die Überschrift zu lesen, sondern die Hintergründe zu erforschen, bevor ich eine Entscheidung treffe. Daran halte ich mich bis heute“, erinnert sich Rücker. Nach den

Vorlesungen, beim Karatetraining, lernte er schon zu dieser Zeit seine späteren Geschäftspartner kennen. Und ab da nahm seine Karriere ungewöhnliches Tempo auf. Aus dem Studentenjob wurde nach dem Abschluss im Jahr 2001 der Posten „Bereichsleiter Sicherheit“. Als man diese Sparte 2004 ausgliederte, zierte erstmals der Titel „Geschäftsführer“ Rückers Visitenkarte. Und so ging es weiter. Der Betriebswirt hat Spaß an neuen Projekten und der Realisierung von Ideen – und lebt seine Begeisterung beruflich voll aus. Sobald ein Dienstleistungsbereich nicht mehr sinnvoll im Unternehmensportfolio abgebildet werden kann, sobald sich eine Nische am Markt auftut, entwickelt Rücker ein Konzept und gründet schon bald eine neue Firma. Unter dem Dach von BERBUS|A, wie er und seine Geschäftspartner die Unternehmensgruppe nannten – nach „Berlin Business“ –, versammelt sich heute ein gutes Dutzend Firmen unterschiedlichster Branchen. In den meisten ist Rücker aktiv an Finanzen und Projektentwicklung beteiligt. Nicht alles läuft nach Plan, wie der schlanke Enddreißiger freimütig zugibt, und erzählt vom „bulgarischen Experiment“ und der Erkenntnis, dass der deutsche Markt doch einfacher zu bespielen ist. Und tatsächlich wirkt es wie ein Spiel, wie Rücker mit seinen zahllosen Ideen jongliert. Mit seinem Wissen geht er großzügig um. Er unterstützt Studierende, die spannende Masterarbeitsthemen präsentieren, sieht sich Businessplanwettbewerbe genau an und vergibt mit BERBUS|A sogar Stipendien an der HTW Berlin. „Die Studierenden sind die Führungskräfte von morgen“, erläutert der Unternehmer schlicht. Er selbst war auch noch einmal Student und setzte einen MBA auf das Diplom drauf – in Real Estate Management, um seine Kunden besser verstehen zu können. Und abends? Erholt sich Rücker, indem er mit Gleich­ gesinnten bei einem Glas Wein neue Ideen austüftelt. „Es gibt ja diesen Ausdruck von Beruf und Berufung. Bei mir trifft das wirklich zu. Ich habe einfach Spaß daran, Projekte und Unternehmen zu entwickeln – das ist für mich das beste Hobby.“

Aus einer bereits 1993 gegründeten Werbeagentur entwickelte sich 2004 die BERBUS|A Unternehmensgruppe. Sie bündelt unter der Leitung des fünf­ köpfigen Gründerteams inzwischen ein Dutzend Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen, von der Sicherheitsfirma über Bildungsträger bis zur Medien-AG. Derzeit beschäftigt BERBUS|A rund 380 Mitarbeiter in Deutschland und der Schweiz und wächst weiter.


Für den Erfolg eines Unternehmens sind Führungskräfte entscheidend, die Themen aktiv bearbeiten. Der Grundsatz muss sein: ‘Das ist machbar, wenn …‘.


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Mitten in der Abschlussprüfung sagte meine Professorin: ‚Sie gehen jetzt mal fünf Jahre in die Industrie und danach unterrichten Sie bei uns.‘


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ging in die Süßwarenindustrie. Zuerst zu Mars Chocolate nach Viersen bei Düsseldorf, wo sie innerhalb eines ManagementDevelopment-Programms die Marketingaktivitäten der Schokoladenriegel Mars und Snickers betreute. Schließlich, nach einer kurzen Zwischenstation als Projektleiterin für strategische Großprojekte bei den Berliner Verkehrsbetrieben, zur August Storck KG nach Berlin-Tegel, nachdem ihr der Süßwarenhersteller ein Jobangebot in der Marketingabteilung unterbreitet hatte. Bei Storck verantwortet Neubart jetzt das nationale Marketing von nimm2 Lachgummi und nimm2 Lolly. „Süßigkeiten machen glücklich“, sagt die Produktmanagerin und muss es wissen, denn ihr Schreibtisch befindet sich direkt über einer Schaumkussfabrik. Von hier aus analysiert sie die Absatzzahlen ihrer Zuckerware, entwickelt verkaufsfördernde Maßnahmen wie neue Geschmacks­ an­ Jahrgang 1982, Produktmanagerin bei der August Storck KG, studierte Betriebswirtschaftslehre an der HTW Berlin. gebote, Verpackungsgrößen und Marktplatzierungen und unternimmt RecherInzwischen ist sie wieder regelmäßig an chetouren durch Berliner Verbrauchermärkte. An ihrem Beruf der HTW Berlin anzutreffen. Doch nicht schätzt die Betriebswirtin den großen Gestaltungsspielraum, die als Studentin. Saskia Neubart hat die Seite Arbeit im Team und die vielen Wahlmöglichkeiten auf dem Arbeitsgewechselt. Als Dozentin unterrichtet ­markt. Letzteres sei für das BWL-Studium ausschlaggebend ge­ sie nebenberuflich Betriebswirtschafts- wesen, das die gelernte Werbekauffrau 2004 an ihre Ausbildung lehre, hält derzeit einmal pro Woche eine anschloss. Die richtige Entscheidung, findet Neubart rück­­­ Marketing-Einführungsvorlesung vor 30 blickend. Denn so bot sich innerhalb des interdisziplinären und Studierenden. Ihren Lehrauftrag erhielt praxisnahen Studiums auch die Möglichkeit, ein Praxissemester die Diplom-Kauffrau, Bestabsolventin ih- in der Marketingabteilung eines High-Tech-Unternehmens in res Fachbereichs (Note: 1,1), quasi mitten Vancouver/Kanada zu absolvieren. in der mündlichen Abschlussprüfung. „So Saskia“, erinnert sich die Alumna an die Worte ihrer Professorin, „Sie gehen jetzt mal fünf Jahre in die Industrie und danach unterrichten Sie bei uns.“ Und Neubart

saskia neubart

1903 gründete August Storck seine Werther’sche Zucker­ warenfabrik in Werther/ Ostwestfalen mit nur drei Mitarbeitern, einem Bonbonkocher und Dragee-Kessel. Über hundert Jahre später beschäftigt das Familienunternehmen, das heute in vierter Generation von Storcks Urenkel Axel Oberwelland geführt wird, weltweit 4.500 Mitarbeiter und exportiert seine Süßwaren in mehr als 100 Länder. Im Bereich „Nationales Marketing“ betreuen neben Saskia Neubart zehn Produktmanager neun Storck-Marken.


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stefan pechardscheck Jahrgang 1970, Unternehmensberater bei BearingPoint, studierte Wirtschaftsinformatik an der HTW Berlin.

Als Stefan Pechardscheck Anfang der Neunzigerjahre beginnt, Wirtschaftsinformatik an der HTW Berlin zu studieren, befindet sich der Studiengang noch in den Kinderschuhen. Nur wenige deutsche Hochschulen führen das Fach im Lehrprogramm. Neu ist auch der Name: „Die alte Bezeichnung lautete Mathematische Methoden der Wirtschaft“, erinnert sich Pechardscheck. Der gebürtige Lichtenberger begibt sich in das junge Spannungsfeld von Wirtschaft und Informatik und ist überrascht von der erstklassigen Ausstattung des Hochschulrechenzentrums und der interdisziplinären Ausrichtung seines Semesterstundenplans. Gut findet er auch „den Drive“ einiger Professoren, die ihre Kontakte zur Industrie für die Hochschule nutzen und Unternehmensvertreter zu Vorträgen einladen. Heute wird er eingeladen. Denn als Unternehmensberater konzipiert, analysiert und evaluiert Pechardscheck seit mittlerweile 20 Jahren komplexe technische Infrastrukturprojekte für das europaweit tätige Management- und Technologieberatungsunternehmen BearingPoint. „Der Firmenname kommt aus der Navigation und bedeutet Orientierungspunkt“, sagt er. Als Berater setzt ihn Pechardscheck bei Kunden wie Bundesministerien, großen Logistikern oder mittelständischen Stadtwerken. Zu seinen Spezialgebieten zählen das Cloud Computing, jener IT-Bereich zur flexiblen und rechtskonformen Nutzung von Leistungen wie

Datenspeicher oder Software aus dem Netz. Regelmäßig veröffentlichen Fachpublikationen, Wirtschafts- und Finanzzeitungen seine Expertenmeinung zu dem Thema. Auf die Frage, was einen guten Unternehmensberater neben fachlichem Know-how noch auszeichne, antwortet der Vater einer zehnjährigen Tochter: „soziale Kompetenz und cleveres Kommunizieren“. Vieles, sagt er, würden die derzeit sieben HTW-Alumni, die als Juniorberater in sein 40-köpfiges Business-Beratungsteam kamen, bereits mitbringen. Nachholbedarf gäbe es bei der Vermittlungs­arbeit, zum Beispiel dem Halten einer Präsentation vor einem Kunden. Sein Unternehmen biete den Studierenden der HTW Berlin dabei tatkräftige Unterstützung, erzählt Pechardscheck. Denn so schult BearingPoint mehrmals jährlich die Mitglieder des „Berliner Campus Projekt e.V.“ – der studentischen Unternehmensberatung der HTW Berlin.

Als Juniorberater begann Stefan Pechardscheck seine Tätigkeit beim Management- und Technologie-Beratungsunternehmen BearingPoint. Heute ist er einer von zirka 140 Teilhabern und berät Kunden aus den Branchen Transport und Finanzen sowie dem öffentlichen Sektor. Weltweit verfügt BearingPoint über 30 Niederlassungen und beschäftigt rund 3.400 Mitarbeiter.


Gut fand ich den Drive einiger Professoren, die ihre guten Kontakte zur Industrie f端r die Hochschule nutzten.


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An der HTW Berlin haben Professoren und Dozenten eine vielschichtige Herangehensweise. Die Finanzkrise ist mit der g채ngigen Sichtweise, die an den meisten Hochschulen gelehrt wird, nicht zu erkl채ren. Ich dagegen war gut vorbereitet.


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thomas krause Jahrgang 1971, Referent für Wirtschaftspolitik in der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, studierte International and Development Economics an der HTW Berlin.

Lebenstraum Politik? Auf Thomas Krause, BWL-Absolvent und Mitarbeiter einer Internetagentur, traf das nicht zu. Krause sah sich nach seinem ersten Hochschulabschluss erst einmal vier Jahre lang den Berliner Start-up-Betrieb an, bevor er entschied: Es muss noch etwas anderes geben. „Zur Politik bin ich dann wie die Jungfrau zum Kinde gekommen“, gesteht der Volkswirt und sieht aus seinem Büro­ fenster zum Atrium des Jakob-KaiserHauses. Draußen, nur wenige Schritte entfernt, drängen sich die Touristen vor dem Reichstag. Eigentlich wollte Krause in die Entwicklungshilfe, aber die Ausbildungs­ programme richteten sich an jüngere Bewerber. Rückblickend ein großes Glück, denn das „Nomadenleben in der Entwick-

Die Referenten sind für die „Sprach­ fähigkeit“ ihrer Partei im jeweiligen Fach­ bereich mit verantwortlich. Sie koordinieren die Fachausschüsse, recherchieren und bewerten Gesetzes­ vorhaben und stehen im Austausch mit Fachleuten. Auf der Basis der von ihnen gesammelten Fakten formulieren die Parteipolitiker ihren jeweiligen politischen Standpunkt, oft nach Beratung mit den mit der Materie noch detaillierter vertrauten Referenten.

lungszusammenarbeit“ käme für den Vater einer Tochter heute ohnehin nicht mehr in Frage. Der gebürtige Magdeburger suchte also weiter – und gehörte bald zum ersten Jahrgang des 2002 neu geschaffenen Master-Studiengangs Inter­ national and Development Economics (MIDE) an der HTW Berlin. „Anfangs gab es verwunderte Reaktionen, weil sich ein Uni-Absolvent gezielt an einer Fachhochschule einschrieb. Aber an der HTW Berlin gibt es eine ganz besonders differenzierte Herangehensweise an die Wirtschaftswissenschaft. Woanders wird oft nur eine sehr verengte Sicht auf die gängigste Meinung wiedergegeben.“ Was folgte, war eine nie langweilige Zeit, in der die Studierenden gemeinsam mit den Dozentinnen und Dozenten am Curriculum des neuen Studiengangs feilten. Die meisten von Krauses Kommilitonen stammten aus den Schwellen- und Entwicklungsländern, deren wirtschaftliche Perspektiven Kernthema des Studienprogramms sind. „Wir waren 30 Studenten aus 17 Ländern, in meinem Jahrgang gab es mit mir nur vier Deutsche. Das Wort ,international‘ im Studiengangstitel war also wirklich passend!“ Einer der Professoren gab schließlich auch den Anstoß, es mal in der Politik zu versuchen. Ein Referenzschreiben, ein gelungenes Vorstellungsgespräch, und Krause wurde Referent bei Bündnis 90/

Die Grünen im Berliner Landesparlament. Das Arbeitsumfeld gefällt dem MIDEAlumnus bis heute: „Die Hierarchien sind flach, fast wie damals in der Internetagentur. Ich kann schnell agieren und persönlich mit den Entscheidern sprechen. So kann ich mit meinem Wissen wirklich etwas bewegen.“ Nach einer Station als Experte für die wirtschaftlichen Aspekte des Aufbau Ost folgte 2009 der Wechsel in seine aktuelle Position. Als Referent für Wirtschaftspolitik im Bundestag bereitet Krause die politische Positionsfindung von Bündnis 90/Die Grünen vor, organisiert Veranstaltungen, recherchiert aktuelle Themen und muss vor allem wissenschaftliche Erkenntnisse in alltagstaugliche Sprache übersetzen. Unterstützt wird er gelegentlich von Praktikanten – gerne von der HTW Berlin, wo der Volkswirt heute Vorlesungen zum Thema Wirtschaftspolitik hält. Thomas Krause hat seine Entscheidung, noch einmal von vorne anzufangen und wieder zu studieren, nicht einen Tag bereut. Seine Aufgabe bei den Grünen nennt er „einen Traumjob“.


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vielfältig und innovativ – diese merkmale charakterisieren die htw berlin. Die HTW Berlin ist mit 13.000 Studierenden in 70 akkreditierten Bachelor- und Masterstudiengängen die größte Hochschule für angewandte Wissenschaften in der Hauptstadt. Der Ruf der Hochschule ist sehr gut. Als besonders innovative Hochschule wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Die HTW Berlin pflegt außerdem Kontakte zu über 140 Hochschulen weltweit. Die HTW Berlin unternimmt große Anstrengungen, um hervorragende Studienbedingungen zu schaffen und die Lehre weiter zu optimieren. Fremdsprachen und Schlüsselqualifikationen kommt eine große Bedeutung zu. Rankings bescheinigen seit vielen Jahren eine hohe Ausbildungsqualität. Forschung ist ein zentraler Erfolgsfaktor. Forschungsaktivitäten verbinden die Hochschule mit der Fachwelt, wissenschaftlichen Netzwerken und Unternehmen und garantieren gleichzeitig eine hohe Qualität in Studium und Lehre.


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impressum

herausgeber Der Präsident der HTW Berlin konzeption und projektmanagement Michaela Frana, Career & Alumni Services Gisela Hüttinger, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit titelgestaltung, layout und satz Gregor Strutz texte Julia Boek (Porträts von Markus Becker, Volker Eras, Katrin Köhler, Saskia Neubart, Stefan Pechardschek , Benjamin Pohl, Jacqueline Raack, Jana Schmidt, Axel Völcker, Christina Witt) Kay Szantyr (Porträts von Denise Diederich, Laura Klocke, Caroline Klotzek, Thomas Krause, Martina Krüger, Jochen Link, Matthias Meyer, André Nürnberger, Christian Rücker, Tobias Wolf) fotos Alexander Rentsch

Berlin, April 2014



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