Bund für Soziale Verteidigung Konflikte gewaltfrei austragen • Militär und Rüstung abschaffen URL: http://www.soziale-verteidigung.de/news/meldungen/gewaltfreier-widerstand-kann-geuebt-werden/
Gewaltfreier Widerstand kann geübt werden
Christoph Wonneberger, Mitinitiator der Montags-Friedensgebete in der DDR in den 1980er Jahren, spendet die Hälfte eines Preisgeldes, das er vom Deutschen Nationalpreis erhält, an den Bund für Soziale Verteidigung. Damit möchte er unter anderem Trainings in Gewaltfreier Aktion unterstützen.
„Es war nicht alles Zufall. Manches ist uns einfach geglückt,“ sagte Wonneberger in seiner Rede bei der Preisverleihung. Damit Gewaltfreier Widerstand nicht dem Zufall überlassen wird, gibt es Trainings, in denen sich auf Aktionen vorbereitet wird. Dies möchte Wonneberger unterstützen, denn: „Wir brauchen eigentlich ein stehendes Heer von Experten und Trainern, die in Krisen und Konflikten zur Verfügung stehen. Die intelligente Lösungen anbieten – und das gewaltfrei.“ Der Pfarrer Christoph Wonneberger setzte sich in den 1970er und 1980er Jahren in der DDR für Wehrdienstverweigerung ein und gründete die Initiative Sozialer Friedensdienst als Alternative zum Wehrdienst.
Er initiierte und koordinierte die Montags-Friedensgebete und gab damit oppositionellen Gruppierungen in Leipzig – unter anderem der Arbeitsgruppe Menschenrechte, dem Arbeitskreis Gerechtigkeit, der Arbeitsgruppe Umweltschutz, der Initiativgruppe Leben, den Frauen für den Frieden – rotierend die Gelegenheit, Andachten zu gestalten und sich gegenseitig ihre Inhalte zu präsentieren. Mit seinen Aktivitäten handelte Wonneberger sich Probleme mit dem DDR-Regime ein. Für sein Engagement bekam Christoph Wonneberger am 24.06.2014 in Berlin in der Französischen Friedrichstadtkirche den Deutschen Nationalpreis verliehen. In seiner Rede sagte er: „Ich werde meinen Preis halbieren, um mit gutem Beispiel voran zu gehen. Gedacht: Für Trainingseinheiten in der Ausbildung von sozialer Verteidigung, bei gewaltfreien Aktionen. Der Bund für Soziale Verteidigung wird das organisieren. Und ich werde noch dazu lernen.“ Christoph Wonneberger spendet dem Bund für Soziale Verteidigung e.V. (BSV) 5000€. Darüber freut und dafür bedankt sich der BSV sehr. Er kann so bei Trainingsanfragen, insbesondere von Gruppen und Initiativen, die wenig finanzielle Ressourcen für Fahrtkosten und Honorar der TrainerInnen haben, Trainings geben oder vermitteln. Mit der Spende können zum Beispiel Trainings zur konkreten Vorbereitung Gewaltfreier Aktionen unterstützt werden, wie für die Blockade des Atomwaffenstützpunktes in Büchel 2013 oder dieses Jahr im August zur Besetzung des Gefechtsübungszentrums (GÜZ) der Bundeswehr in der Altmark. Dort wird der BSV mit einem Workshop vertreten sein. Zudem knüpft der BSV derzeit Kontakte zu zivilgesellschaftlichen Organisationen in der der Ukraine, um zu sehen, ob es dort Gruppen gibt, die Interesse an dem Thema Soziale Verteidigung haben. Der Bedarf an Trainings zu friedenspolitischen Themen, Sozialer Verteidigung und gewaltfreiem Widerstand ist hochaktuell. So führte Christoph Wonneberger in seiner Rede auf der Preisverleihung aus: „Im Herbst 1990 hatte sich die DDR erledigt. Aber nicht die Anliegen „Schwerter zu Pflugscharen“ und auch der Soziale Friedensdienst. Diese Vision und auch die Aufgabe bleibt: Auch 2014, natürlich anders, den Widerstand gegen die Waffenschmiede Deutschland zu organisieren, und den riesigen Waffenexport zu verhindern. (...) Ich selbst möchte nicht mehr teilnehmen an dem Reichtum, der aus solchen Bombengeschäften entstehen. Der Staat sollte wenigstens die Gewinne abschöpfen und einem anderen, besseren, Zweck zuführen.“ Dies hat Christoph Wonneberger nun in die Tat umgesetzt. URL: http://www.soziale-verteidigung.de/news/meldungen/gewaltfreier-widerstand-kann-geuebt-werden/
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24.06.14
Die Berliner Mauer
Leipziger Nikolaikirche
Interview: Christoph Wonneberger über sein Leben als oppositioneller Pfarrer Empfehlen
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Kassel/Leipzig. Christoph Wonneberger gehörte zu den Pfarrern der Leipziger Nikolaikirche, im Sommer 1989 einem Zentrum der immer stärker werdenden Bürgerrechtsbewegung in der DDR. Für dieses Engagement werden Wonneberger und andere am 24. Juni mit dem Deutschen Nationalpreis ausgezeichnet.
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Herr Wonneberger, wie war die Stimmung damals, kurz vor der Wende, in Leipzig?
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Christoph Wonneberger: Für mich war diese Stadt schon immer etwas freier, nicht so königstreu wie ich beispielsweise die Dresdner empfand. Hatte man in Dresden eine andere Meinung, fand man sich schnell in einer Nische wieder. Wie kam es dazu, dass sich eine oppositionelle Bewegung innerhalb der Kirchenmauern formierte? Wonneberger: Opposition hieß das bei uns nicht. Angefangen hatte alles mit einer Friedensgruppe, die etwas gegen die Bedrohung des Kalten Krieges tun wollte. Umweltaktivisten und Menschenrechtler kamen erst später dazu. So formierten sich Stück für Stück etwa 25 verschiedene Gruppen. Heute denke ich, ohne
Zur Person Christoph Wonneberger (70), in Wiesa im Erzgebirge geboren, erwarb 1965 den Facharbeiterabschluss als Maschinenschlosser. Während seines Theologiestudiums an der kirchlichen Hochschule sowie an der staatlichen Universität in Rostock unterschrieb er unter Druck kurzzeitig als Inoffizieller Mitarbeiter (IM), distanzierte sich jedoch schriftlich sofort nach dem Gerichtsverfahren. • Von 1977 bis 1984 war er Pfarrer der Dresdner Weinbergskirchgemeinde, dann Pfarrer der evangelischen Lukasgemeinde im Stadtteil Volkmarsdorf. Die Gründung der oppositionellen Arbeitsgruppe Menschenrechte brachte ihn seit Anfang 1987 in weitere schwere Konflikte mit staatlichen und kirchlichen Stellen.
Christoph Wonneberger über sein Leben als oppositioneller Pfarrer | Die Berliner Mauer
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den äußeren Druck durch den Staat wären die vielen verschiedenen Ansichten damals stärker aufeinandergeprallt. Warum organisierten sich diese Gruppen in der Kirche? Wonneberger: Die Menschen hatten die Kirche als halb geschützten Ort für sich entdeckt, als eine Basis um auszubrechen. Flucht in den Westen war jedoch nicht für alle das Ziel.
• Seit 1986 koordinierte Wonneberger die wöchentlichen Friedensgebete in der Leipziger Nikolaikirche im Auftrag des Superintendenten Leipzig-Ost. • Christoph Wonneberger lebt in Leipzig. Er hat eine Tochter und einen Sohn. In seiner Freizeit fährt er gerne Rad und genießt es, herumzukommen.
Was war mit denen, die etwas verändern wollten? Wonneberger: Die meisten wollten das Bestehende erst einmal verbessern. Themen wie Freiheit, Menschenrechte und die Umwelt wurden zunehmend wichtiger. Das Ziel war nicht, alles analog dem Westen zu gestalten. Was haben Sie im Sommer 1989 von den beginnenden Flüchtlingsbewegungen mitbekommen? Wonneberger: Ich würde die Ausreisewilligen von damals nicht Flüchtlinge nennen. Viele hatten selbst gewählt zu gehen – nachdem sie erkannt hatten, dass sie zu angepasst waren, ein falsches Konzept verfolgten und letztlich zu wenig taten, um etwas zu verändern. Hatten Sie persönlich keine Angst, sich aufzulehnen? Wonneberger: Ende der 80er-Jahre nicht mehr. Die Strafmethoden waren zu dieser Zeit schon moderater. In den 50ern gab es für alles sofort Gefängnis, in den 60ern drohte Berufsverbot. Ab dem Zeitpunkt aber, da die DDR versuchte in Europa mitzuspielen, wurden Aufwiegler immer häufiger in den Westen abgeschoben. Fühlten Sie sich als oppositioneller Pfarrer einsam? Wonneberger: Nein, einsam fühlte ich mich niemals. Wir hatten immer viel zu tun, die Vernetzung mit anderen Aktiven aufrecht zu erhalten. Ständig brauchte es neue Ideen. Man musste sich immer wieder auf andere Methoden und Wege einlassen, um mit Gleichgesinnten zu kommunizieren. War Ihnen bewusst, welche geschichtliche Bedeutung die Bewegung haben würde? Wonneberger: Nein. Es war zwar zu spüren, dass sich der „aufrechte Gang“ lohnt. Dass jedoch so viele Menschen in so kurzer Zeit ihre Scheu vor den Staatsorganen verlieren würden, ahnte niemand. Wie sahen Sie ihre Rolle als Pfarrer? Wonneberger: Ich war gern Pfarrer. Ich habe mich einfach nie mit dem Zweitbesten zufrieden gegeben. Weder ich noch mein Glaube haben sich jemals in Konfessionen pressen lassen. In der Hauptsache fühlte ich mich immer als Verteidiger der Menschenrechte. Im Oktober 1989 erlitten Sie einen Schlaganfall. Sehen Sie einen Zusammenhang mit ihrer damaligen Arbeit? Wonneberger: Ich habe oft wenig Rücksicht auf mich selbst genommen. Manchmal ist der Körper eben klüger als der Geist. Sie hatten damals ihre Sprache verloren. Wonneberger: Ich sehe es als Lektion in Demut, auf die ich heute nicht mehr verzichten möchte.
Hintergrund: Montagsgebete und -Demonstrationen In Leipzig schlossen sich die Montagsdemonstrationen ab dem 4. September 1989 an die Friedensgebete in der Nikolaikirche an, die seit Mitte der 1980er Jahre von den Pfarrern Christian Führer und Christoph Wonneberger koordiniert wurden. Der Termin der Friedensgebete in der Nikolaikirche, montags um 17 Uhr, erwies sich als geschickt gewählt. Er erlaubte einerseits die Teilnahme an Gebet und Demonstration, ohne
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der Arbeit fernzubleiben – während SED-Mitglieder durch ihre montäglichen Parteiversammlungen gebunden waren. Andererseits lag er auch vor der Ladenschlusszeit der Leipziger Innenstadt, so dass es relativ gefahrlos war, sich dort aufzuhalten. Außerdem ermöglichte er den westdeutschen Fernsehsendern den Beginn der Demonstrationen regelmäßig in die Hauptnachrichtensendungen zu übernehmen und die Bürger so zu informieren. Die Montagsdemonstrationen waren ein bedeutender Bestandteil der friedlichen Revolution in der DDR im Herbst 1989. Von Diana Surina Rubriklistenbild: © dpa
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