Ehrung für deutsch-polnisches Engagement
Viadrina-Preis für "Brückenbauer" Wolfgang Templin Mit Polen verbindet Wolfgang Templin Widerstandsgeist und Aufbruch. In den 1970ern und 1980ern sorgte der einstige DDR-Bürgerrechtler für Austausch zwischen den Oppositionen der DDR und Polens, auch heute pflegt er enge Beziehung zum Nachbarland. Am Montag ist er für sein deutsch-polnisches Engagement geehrt worden. Der frühere DDR-Bürgerrechtler und Publizist Wolfgang Templin ist am Montag mit dem Preis der Viadrina-Universität in Frankfurt (Oder) geehrt worden. Er erhielt die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung für sein deutsch-polnisches Engagement. "Wir freuen uns, mit Wolfgang Templin einen frühen Brückenbauer zwischen Polen und Deutschland mit dem Viadrina-Preis auszeichnen zu dürfen", erklärte Viadrina-Präsident Alexander Wöll. Der einstige Bürgerrechtler Templin hatte bereits in den 1970er Jahren Kontakte zur polnischen Opposition und versuchte nach deren Vorbild politischen Widerstand in der DDR aufzubauen.
INTERVIEW
Polen verwundert über die Naivität in der DDR
Der in Jena geborene Wolfgang Templin studierte in den 1970er Jahren Philosophie an der HumboldtUniversität in Ost-Berlin. Der damals bekennende Marxist ging 1976 nach Inforadio | 04.05.2015 Deutsch-polnisches Warschau, wo er an der Universität auf Engagement ungläubige Kommilitonen stieß, die die Anlässlich der Vergabe des Preis vermeintliche Naivität mancher DDRder Viadrina-Universität in Bürger kritisierten. "Mir trat Frankfurt (Oder) spricht Wolfgang Templin über seine Verwunderung entgegen. Wie kann man Faszination von Polen, für ihn ein noch so naiv sein? Wie kann man noch Land mit Aufbruchsgeist und Hoffnung auf eine andere linke, Widerstandstradition. kritische Option haben? Die Polen strebten im Gegensatz zu uns nach einer pluralen demokratischen Opposition, die Widerstand in ganz verschiedener Form möglich machte", erzählte Templin vorab im Gespräch mit dem rbb-Inforadio. "In den Komitees und später in der Solidarność vermischten sich Ex-Marxisten, kritische Katholiken und nationalbewusste Intellektuelle. Und genau das wurde für mich zum Antrieb und zum Vorbild", so Templin. Templin bezeichnete Polen als "ein Land mit Widerstandstradition, mit einem Aufbruchsgeist und einem Willen zum Aufbegehren", diese Eigenschaften hätten ihn in seiner Zeit in Warschau geprägt. "Für mich sind die friedliche Revolution von 1989 und Polen zutiefst miteinander verbunden", sagte der Bürgerrechtler rückblickend. Zur Ausreise aus der DDR gezwungen In den 1980ern gründete Templin - auch mit "dem Vorbild Polen" im Kopf - die "Initiative Frieden und Menschenrechte" in Ost-Berlin mit. Der DDR-Bürgerechtsbewegung gelang es mithilfe westdeutscher
Friedens- und Menschenrechtsaktivisten, aber auch Politikern und Diplomaten, Kontakt zu den östlichen Nachbarn zu halten. "Dies ermöglichte uns, auf Demonstrationen aufmerksam zu machen und auf Verhaftungen in anderen Ländern mit Appellen und Solidaritätsaktionen zu antworten", sagte Templin dem rbb. Diese Kontakte hätten auch zu den internationalen Protesten geführt, als Templin zusammen mit seiner Frau und weiteren Mitgliedern der Bürgerechtsbewegung 1988 verhaftet und zur Ausreise aus der DDR gezwungen wurde. Viadrina-Preis wird seit 1999 verliehen Zu DDR-Zeiten engagierte er sich für den Austausch zwischen der Opposition in der DDR und Polen, nach der Wende arbeitete Templin unter anderem in der Stasi-Unterlagenbehörde. Dass er in den 1970er Jahren vor seiner Zeit in Polen Kontakte zur Stasi hatte, legte er frühzeitig offen. In Warschau lebte Templin nochmals von 2009 bis 2014, wo er als Leiter des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung arbeitete. Der Viadrina-Preis wird seit 1999 jährlich vom Uni-Förderkreis für herausragende Verdienste um die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen verliehen. Zu den bisherigen Preisträgern gehören der Komponist Krzysztof Penderecki und der Literaturnobelpreisträger Günter Grass. Die Laudatio hält Basil Kerski, Direktor des Europäischen Solidarnosc-Zentrums Danzig und Herausgeber des deutsch-polnischen Magazins "Dialog". Stand vom 04.05.2015