UMSONST Kreuzberg. Sommer D FEUERWERK AM HELLICHTEN TAGE Atmosphärischer Berlinale-Gewinner D MILLIONEN Wohin mit dem Geld? D WÜSTENTÄNZER – AFSHINS VERBOTENER TRAUM VON FREIHEIT Irans verbotene Jugendkultur D THE UNKNOWN KNOWN „Energische Einschnitte“ D VIEL LÄRM UM NICHTS Improvisierter Charme D JACK UND DAS KUCKUCKSUHRHERZ Wunderkammerfilm D ART’S HOME IS MY KASSEL Eine Stadt im Ausnahmezustand D DER WUNDERSAME KATZENFISCH Von den Fallhöhen des Lebens D DIE KARTE MEINER TRÄUME Ausgefallene Spleens D FERNER SCHÖNER SCHEIN Ein Dorf unter Beobachtung D WIR SIND DIE NEUEN Zurück zur WG
MAGAZIN DER UNABHÄNGIGEN BERLINER LICHTSPIELHÄUSER
D 05 D JULI 2014
indiekinoBERL
UMSONST – START AM 10.7.2014
DAS AKTUELLE PROGRAMM DER UNABHÄNGIGEN BERLINER LICHTSPIELHÄUSER, TÄGLICH NEUE FILMKRITIKEN UND INFORMATIONEN ZU KINOHIGHLIGHTS, PREMIEREN UND FILMFESTIVALS AUF: WWW.INDIEKINO.DE
INDIEEDITORIAL
EDITORIAL Es ist Sommer und INDIEKINO macht sich dünne. Diese Ausgabe ist nur halb so dick wie üblich, ab August sind wir aber wieder fett zurück, mit voller Seitenzahl. Weil aber eben doch einige schicke Filme starten, gibt es trotzdem eine Ausgabe, auch wenn sie umsonst sein mag, weil ihr am Plötzensee, im Prinzenbad seid, gerade Fußball guckt oder andere Sachen macht, die man im Sommer so macht. UMSONST heißt auch Stephan Geenes Film über Sachen, die man im Sommer so macht, wenn man jung und neu in Berlin ist und gern auf Brücken herumhängt, Leute trifft, woanders hingeht, rummuffelt, noch jemanden trifft, wieder woanders hingeht, einen Stuhl durch die Stadt trägt, und über die Vorteile der Ambitionslosigkeit philosophiert. Der Film ist eine gute Sache, und wenn es regnet
oder gerade nicht gekickt wird, kann man sich das gut mal ansehen. Wenn man genug von lässigen Filmen oder Sommerkomödien hat, wäre THE UNKNOWN KNOWN eine Alternative. In Errol Morris’ Dokumentarfilm blickt man in die Augen von Donald Rumsfeld, dem Architekten des Irakkriegs und Verantwortlichen für die offizielle Wiedereinführung der Folter in der ältesten modernen westlichen Demokratie. Allmählich enthüllt sich dabei der Wahnsinn hinter der immer lächelnden Fassade. Wem es eh zu heiß ist, kann sich in Diao Yinans winterlichem Neo-Noir-Film und Berlinale Gewinner FEUERWERK AM HELLICHTEN TAGE abkühlen. Eye-Candy garantiert. Einen guten Sommer und viel Spaß im Kino, wünscht die INDIEKINO BERLIN Redaktion
15 Feuerwerk am helllichten Tage 10 Millionen 19 Begegnungen nach Mitternacht
04 MAGAZIN
NEU IM KINO
06 KREUZBERG, SOMMER: UMSONST
14 19 12 15 12 20 16 10 10 20
22 KINOADRESSEN, IMPRESSUM ABONNEMENT
21 WEITER IM KINO Boyhood Chasing the Wind Enemy
Maman und ich Sauacker
Art’s Home is My Kassel Begegnungen nach Mitternacht Ferner schöner Schein Feuerwerk am helllichten Tage Eine ganz ruhige Kugel Der grosse Kanton Jack und das Kuckucksuhrherz Die Karte meiner Träume Millionen Monsieur Claude und seine Töchter
18 6 18 13 16 17 13 14 11
Qissa – Der Geist ist ein einsamer Wanderer Umsonst The Unknown Known Verführt und verlassen Viel Lärm um Nichts Von der Beraubung der Zeit Wir sind die Neuen Der wundersame Katzenfisch Wüstentänzer – Afshins verbotener Traum von Freiheit
JULI 2014 D
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INDIEMAGAZIN
BUNDESPLATZ KINO Zum 70. Geburtstag von Lothar Lambert zeigt das Bundesplatz-Kino an den Juli-Sonntagen und dem ersten Samstag im August jeweils um 15.30 Uhr bei Kaffee und Kuchen ausgewählte Lothar Lambert Filme und lädt zur anschließenden Diskussion mit Gästen ein. Zu sehen sind: ICH BIN, GOTT SEI DANK, BEIM FILM (6.7.), DER SEXTE SINN (13.7.), 1 BERLIN-HARLEM (20.7.), FRÄULEIN BERLIN (27.7.) und LOST & FOUND IN UNDERGROUND – LOTHAR LAMBERT’S PSYCHO CITY (2.8.) www.bundesplatz-kino.de
HACKESCHE HÖFE KINO Gleich zwei Previews gibt es in der Reihe „tip jour fixe“ im Hackesche Höfe Kino zu sehen: am 2.7. um 20 Uhr kann man den diesjährigen Berlinale-Gewinner FEUERWERK AM HELLICHTEN TAGE vorgucken, ein stylisches Meisterwerk, dass seine Gesellschaftskritik hinter der Fassade eines kalten Film Noir versteckt (Besprechung auf Seite 15). Am 31.7., ebenfalls um 20 Uhr, kommt EIN AUGENBLICK LIEBE, in dem eine wunderschöne Sophie Marceau und ein charmant zerknitterter François Cluzet sich einen Augenblick zu lange in die Augen schauen (Besprechung im nächsten Heft). www.hoefekino.de
HACKESCHE HÖFE KINO Bereits im Juni war im Eiszeit Kino und im Hackesche Höfe Kino der Film DIE FLIEGE IN DER ASCHE, ein Kooperationsprojekt des Evangelisches Zentrum für entwicklungsbezogene Filmarbeit (EZEF), TERRE DES FEMMES und der Diakonie Deutschland, zu sehen. Am 9.7. um 17.30 Uhr stehen in den Hackeschen Höfen im Anschluss an den Film Vertreterinnen der beiden Organisationen für Gespräche zum Themenkomplex Frauenhandel und sexuelle Ausbeutung bereit. www.frauenrechte.de, www.hoefekino.de
ACUD KINO SPUTNIK KINO Vom 10. bis 13. Juli kommen die B-FILM BASTERDS nach Kreuzberg. Seit fünf Jahren eine Institution in Nürnberg, besucht das etwas andere Filmfestival, liebevoll auch „das Bahnhofskino-Äquivalent zum Fantasy Filmfest“ genannt, zum ersten Mal auch außerfränkische Gefilde um an vier Tagen siebzehn Filme zu präsentieren, die normalerweise eher nicht auf der großen Leinwand zu sehen sind. Dabei versteht sich B-FILM BASTERDS nicht als Genre-Festival – hier ist Platz für Science Fiction, Horror, Drama, Komödie, Action oder (S)Exploitation. Die zwei Auswahlkriterien des Festivals sind „läuft so was normalerweise im Kino?“ und „macht es Spaß?“. www.bfilmbasterds.de, www.sputnik-kino.com D4
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Das „shortsattack“ Kurzfilmprogramm steht im Juli unter dem Motto BEACH ME. Naturgemäß stehen dabei Strand, Sonne, Tauchgänge, Urlaub, Erotik am Pool und Giraffen auf dem Zehnmeterbrett im Mittelpunkt. Das Acud Kino zeigt die Kompilation am 2.7.14 um 21 Uhr. www.shortsattack.com, www.acud.de
HELENA BONHAM CARTER
BALI KINO, FILMRAUSCHPALAST Das 20-Jahre-Arthaus Festival läuft weiter: zum 20. Jubiläum bringt das Arthaus Label 20 frisch restaurierte Klassiker als Wiederaufführungen ins Kino, die nach und nach in den Indiekinos zu sehen sind. Im Juli gibt es die Gelegenheit, folgende Meilensteine der Filmgeschichte wieder, bzw. neu zu entdecken: TRAFIC – TATI IM STOSSVERKEHR, AUSSER ATEM, DAS PIANO, DER ENGLISCHE PATIENT, DOWN BY LAW, DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN, THE DEER HUNTER. www.balikino-berlin.de, www.filmrausch.de
EVA-LICHTSPIELE Die filmhistorische Reihe „Der alte deutsche Film“ zeigt im Juli die Krimikomödie Abenteuer im Südexpress (1934, 2.7.) mit Charlotte Susa und Karl Ludwig Diehl, das Thriller-Melodram Verwehte Spuren (1938, 9.7.) mit Kristina Söderbaum, die Komödie ALLOTRIA (1936, 16.7.) mit Willy Forst, Renate Müller, Jenny Jugo und Heinz Rühmann, den deutsch-amerikanischen Prozessfilm MORDPROZESS MARY DUGAN (1931, 23.7.) mit Nora Gregor und die Komödie DIE HEIMLICHE GRÄFIN (1942, 30.7.) mit Marte Harell, Paul Hörbiger und Wolf Albach-Retty. Vorstellungen sind jeden Mittwoch um 15.30 Uhr. www.eva-lichtspiele.de
SPUTNIK KINO Die alternative Comedy-Reihe „alt.komedy“ zeigt am 20. Juli um 20.30 Uhr APE (USA 2012, R: Joel Potrykus, 85 min, OV), einen ruppigen, absurden Ultra-Lowbudget-Film über den cholerischen Comedian Trevor Newandyke (Joshua Bürge). Wenn Trevor nicht gerade zündelt, liebt er es, sein Publikum mit miesen Witzen zu foltern. In all der Misere bietet ihm plötzlich der Teufel einen Ausweg... APE ist immer ganz nah dran an seinem Protagonisten, wenn dieser schlechte Entscheidungen trifft und seine Umwelt provoziert. altkomedy.blogspot.de
JUDY DAVIS
CALLUM KEITH RENNIE
KYLE CATLETT
INDIEFEATURE
Stephan Geene ist Regisseur des Spielfilms UMSONST (Besprechung auf der folgenden Seite), seinem zweiten abendfüllenden Film nach AFTER EFFECT (2007). Geene ist außerdem Mitbegründer von b_books, einem Label hinter dem sich ein Kunst- und Politiaktivisten-Kollektiv, ein Verlag, und eine Filmproduktion verbirgt und das den b_books Buchladen in Kreuzberg betreibt.
Gespräch mit Stephan Geene
MIT
Wie bist du darauf gekommen, einen Film über Kreuzberg zu machen? Weil ich die Szene tagtäglich beobachtet habe. Ich musste meinen Sohn eine Zeitlang jeden Tag nach 61 in die Kita fahren. Dabei bin ich immer über die Admiralsbrücke gekommen und habe dabei gesehen, wie sich das langsam verändert hat. Wie da etwas Spezielles entsteht. Als ich beschlossen habe, den Film zu machen, war es noch nicht so, aber dann fing die Brücke an, in den Zeitungen zu stehen, quasi als Inbegriff des ganzen Phänomens. Damals fing es auch an, dass viele das kritisch sehen oder herumnörgeln und ich habe gemerkt, dass mir das eigentlich anders geht. Es gibt zwar auch Sachen, von denen ich mich zunehmend genervt fühle, aber eigentlich hat es mir eher gefallen, wie die Leute sitzen bleiben oder Sachen nach draußen ziehen. Und dann habe ich festgestellt, dass ich es schwierig finde, im Bild festzuhalten, was da eigentlich passiert. Wenn ich ein Foto mache und denke, das ist jetzt irgendwie typisch, funktioniert das nicht. Das Resultat ist eigentlich fast immer falsch. Da war klar, dass ich eher so eine gleitende Form brauche. D6
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Dein Film heißt ja UMSONST, was man als „kostenlos“ und „vergeblich“ übersetzen kann. Das sind beides Aspekte dessen, was in Kreuzberg passiert. Das Leben mit wenig oder gar keinem Geld ist ziemlich verbreitet und in deinem Film geht es ja auch darum, dass Leute nicht so genau wissen, ob das, was sie gerade machen irgendwas bringt, oder was sie eigentlich als nächstes machen wollen. Inwieweit ging es dir um diese Themen in UMSONST?
Zu der Zeit als ich selber 20 war, ging es – mal abgesehen vom Party machen – auch immer
irgendwie darum, selber etwas zu machen und auf die Beine zu stellen, um Clubs oder Kunst oder so. Das kommt mir jetzt anders vor. Es sind nicht die Computer-Aktivisten, die in den Cafés sitzen. Die
gibt es natürlich auch. Aber das ist für mich nicht das Primäre, sondern dieses: „Ich steige erstmal daraus aus, mich um Konkurrenz oder Zukunftsplanung zu kümmern“. Das finde ich einen sehr mutigen Schritt, auch wenn es erstmal nur testweise ist, denn dieser Test hat ja auch seine Dauer und seine Realität. Dass das dann eben auch „mit ohne Geld“ ist, ist dann die prekäre Seite. In der
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spielt, dieser Neo-Folk, der wieder aufkommt. Als ich Elliott und Chloë gesehen habe, fand ich die von der Ausstrahlung, von ihrem Auftreten und von der Musik her ideal. Eigentlich sind die beiden die „Charity Children“. Die sind vor drei Jahren wirklich mit einem One-Way-Ticket gekommen, da haben sie noch nicht mal Musik gemacht. Dann haben sie angefangen auf der Straße zu spielen. Sie haben Cover gemacht und haben sich dann wirklich entwickelt. Inzwischen haben sie eine Platte herausgebracht und sind richtig erfolgreich.
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Kreuzberg ändert sich ja schon gerade wieder weiter. Ist es eigentlich überhaupt noch ein aktuelles Bild, das UMSONST zeichnet, oder ist es schon wieder von vor zwei Jahren?
Ecke, aus der ich eher komme, also Projekte, Kunst und Aktivismus, wird es auf Dauer auch irgendwann bedrohlich, ohne Geld auszukommen. Die Bedrohung, die darin steckt, ist im Film natürlich mitgemeint, auch wenn die bei Anfang 20-Jährigen nicht in gleicher Weise schon da ist. Für Zach scheint dieses „umsonst leben“ eine neue und befreiende Erfahrung, für Aziza dagegen alles Mögliche, auch Protest, aber auch ein Verlorensein. Steckt in dem Film auch ein persönlicher, nostalgischer Wunsch, es mal wieder wie Zach machen zu können? Unterbewusst vielleicht, aber eigentlich habe ich auch eine gewisse Distanz dazu. Weil ich selber Kinder habe und mit Kindern zusammengewohnt habe, die jetzt in dem Alter sind, war mir eigentlich klar, dass man das nur aus dem Kontrast heraus erzählen kann. Obwohl ich eher eine positive Herangehensweise habe,
wäre es gar nicht möglich, das rein positiv zu beschreiben. Das wäre auch albern und würde nicht funktionieren. Bei der Berlinale war für mich am erstaunlichsten, dass der Film bei Leuten funktioniert, und zwar nicht negativ, obwohl er ja eigentlich einen negativen Dreh macht. Da ist mir aufgegangen, dass man selber mehr Positivität einbringen kann, wenn der Film selbst das nicht ständig auskippt. Aber das sieht vielleicht auch jeder anders. War zuerst die Idee für den Film da oder die Protagonisten? Ohne die würde der Film ja nicht funktionieren? Das stimmt, aber es war zuerst der Film da. Elliott, den männlichen Hauptdarsteller, habe ich tatsächlich auf dem Markt hier vorne getroffen. Das liegt ohnehin auf meinem Weg. Ich habe mir da viele Leute angeguckt, weil ich wollte, dass diese Art von Musik eine Rolle
Naja, die Leute sind ja schon auch sehr hartnäckig da. Ich war gerade vor zwei Tagen beim Konzert von „Charity Children“ im Lido, und da ist mir aufgefallen, wie stark bei ihnen, aber auch im Publikum die Thematisierung von Berlin ist. Das sind Leute, die sind schon ein paar Jahre da und haben sich ihre Räume erzeugt. Natürlich gibt es auch die Touris mit den Falkplänen, die gibt’s auch zunehmend mehr, aber die anderen sind schon noch da. Die Szene wandert zwar so ein bisschen und sitzt vielleicht nicht mehr auf der Admiralsbrücke, aber sie verändert sich auch nicht so schnell, dass sie ganz verschwindet. Habt ihr eigentlich viel improvisiert, oder war das durchgeskriptet? Es gab ein Skript, aber das kannten die Darsteller und Darstellerinnen gar nicht. Das hab ich denen gar nicht gegeben, weil ich nicht wollte, dass sie anfangen, die Texte nachzusprechen. Es war wirklich nur die Situation klar, die Konstruktion. Es gab auch keinen Hintergrund, so dass Aziza beispielsweise gewusst hätte, was in Portugal passiert ist oder so – das hat eigentlich auch beim Dreh niemanden interessiert. JULI 2014 D
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Und woher kommt die Idee mit dem Filmteam, das im Film den Film selbst dreht. Kommt diese Selbstreferentialität aus der Kunstszene? Das war auch eine Form, damit umzugehen, dass ich mich von den Protagonisten getrennt fühle, aber das deren Lebenswelt mir auch nicht total fremd ist. Ich lebe ja selbst hier und kenne diese selbstgemachten Zusammenhänge, ohne klare Berufsentwicklung oder Perspektive oder Festlegung. Gerade im b_books-Zusammenhang geht das ja vielen so, dass man alles Mögliche macht und diese Professionalisierung nicht so einen Wert hat. Das war ein Grund. Das andere ist, dass ich mich auch mit der negativen Seite von Aziza beschäftigen wollte, damit, dass sie anfängt, sich zu verletzen. Aber ich fand, das kann man nicht einfach so behaupten. Wenn man das nicht heraushebt, dann ist das zu schwer oder zu konstruiert. Der Film im Film, diese Komplizierung, kann man ein bisschen arty nennen, aber das hat für mich eher etwas damit zu tun, dass es die angemessenste Form war, um es in den Film einzubringen.
selbst gefilmt haben, hat es noch mehr Spaß gemacht. Die Leute haben auch schon mal gemeckert, aber die meisten haben sich nicht dran gestört und sind einfach durch das Bild gelaufen. Die Leute gucken auch manchmal in die Kamera, aber das entspricht eigentlich dem Stil des Films. Als Aziza am Ufer sitzt und Tagebuch schreibt, gehörte der Mann, der da auftaucht, zum Team? Nee. Das war eine der nicht wenigen Ausnahmen von Leuten, die nicht zum Team gehören. Das ist ja auch so eine typische Begegnung, die man haben kann. Da kommt einer und guckt. Ja. Egal was man macht. Ja. Das ist sowas, was ein bisschen aus dem Rahmen fällt von dem, was sich sonst im Film abspielt. Aber weil er so absichtlich guckt und trotzdem für sich bleibt, haben wir ihn dann trotzdem reingenommen.
GELD nicht vorkommt, obwohl ich hier wohne. Weil ich mir auch gar nicht richtig vorstellen konnte, wie man das filmt. Das war bei diesem Film natürlich notwendig. Ich habe im Vorfeld schon auch lange recherchiert, aber wir haben das dann gar nicht so verfeinert. Als wir die Brücke gewählt haben, haben wir auch die anderen Brücken angeguckt. Stehen da Autos, stehen da keine? Natürlich ist es schöner, wenn da keine Autos sind. Aber irgendwie war das hier dann der realere Ort für uns, für das Team. Das hat wahrscheinlich mit der Nähe zum Ort und dem selbstverständlichen Umgang damit zu tun. Wie lange bist du selbst schon hier? Ich bin eigentlich so seit ’89 hier.
Natürlich hat man die Orte alle schon tausendmal gesehen, zumindest wenn man hier wohnt, das ist ja einfach der Bezirk, aber trotzdem habt ihr es geschafft, keine Klischeebilder zu machen – was gar nicht so einfach ist in Kreuzberg. In Kreuzberg wird ja permanent gefilmt. Absolut. Obwohl das meistens größere Drehs sind. Wobei, es gibt ooch kleene. Wir sind sehr sichtbar mit uns selbst umgegangen beim Dreh. Ich dachte erst, wir machen das mit geheimer Kamera, dann haben wir aber das Gegenteil gemacht. Wir haben uns in die normale Straße gestellt und die Leute sind einfach durchs Set gelaufen. Das war sowieso schon so, und dadurch dass wir dann auch das Set D8
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Ja, das stimmt. Als ich den ersten Film gemacht habe, der in der Kunstszene gedreht ist, war es mir wichtig, dass Kreuzberg gar
Und denkst du je: Ich ziehe jetzt nach Lichtenberg? Also, nicht wirklich. Ich habe sogar mal kurz in Lichtenberg gewohnt. Ich musste aus meiner Wohnung raus und bei einer Freundin in Lichtenberg war was frei. Das war auch ganz lustig, aber irgendwie bin ich nicht richtig heimisch geworden. Als ich dann die Wohnung hier wieder hatte, habe ich gemerkt, dass es doch schwer ist, hier nicht zu wohnen. Ich habe da keine Nacht mehr verbracht, obwohl ich die Wohnung noch hatte. Ich habe lieber hier in einer uneingerichteten Wohnung übernachtet. D Das Interview führten Hendrike Bake und Thomas Dorow
»Das L.A. CRASH unserer modernen Online-Zivilisation« CINEMA »Das L.A. CRASH unserer modernen Online-Zivilisation« »»Herausragendes Ensemble« »Das L.A. CRASH unserer CINEMA FAZ modernen Online-Zivilisation« »»Herausragendes Ensemble« CINEMA und intensiv« »Fesselnd, provokant FAZ THE NEW YORK OBSERVER
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Deutschland 2014 D 93 min D R: Stephen Geene D B: Stephen Geene D K: Volker Sattel, Thilo Schmidt D S: Bettina Blickwede D V: b_books
UMSONST Kreuzberg. Sommer
Kreuzberg im Sommer. Aziza, um die 20, kommt überraschend aus Portugal zurück, wo sie eine Art Praktikum bei ihrem Vater machen sollte. Ihre Mutter hat sie nicht vorgewarnt, und warum sie zurück ist, erzählt sie niemandem. In ihrem Zimmer findet sie Zach vor, einen Neuseeländer, der auf unbestimmte Zeit nach Berlin gekommen ist, um dort nichts Bestimmtes zu machen. „I am not a good force for the world, but I am not a negative force. I am like a benign tumor.”, erklärt er der Kamera. Zach zieht zu Freunden aufs Sofa und Aziza hilft ihm, einen Stuhl durch die Stadt zu tragen. Sie besucht ihre alte Clique und hängt auf der Brücke herum. Sie streitet sich mit ihrer Mutter, haut ab und zieht durch die Straßen, bis es wieder hell wird über dem Görlitzer Park. Ein Film wird gedreht. Darüber hinaus passiert wenig, oftmals schaut der Film seinen Protagonisten dabei zu wie sie herumlaufen oder herumsitzen, im Park, auf dem Flohmarkt und in der Oranienstraße. UMSONST, erdacht und gefilmt vom b_books Mitbegründer Stephan Geene, schafft ein kleines Wunder: eine Momentaufnahme Kreuzbergs, die sich an all den bekannten Orten bewegt – wo auch sonst – und dennoch nie wie ein Klischee wirkt. Das mag daran liegen das Geene und sein Kameramann Volker Sattel ihre Geschichte dem Bezirk nicht so sehr aufgezwungen als abgeschaut haben. Die Dinge tragen sich dort zu, wo sie sich eben zutragen würden. Die Personen sprechen, wie sie sprechen, nicht allzuviel und auch nicht allzu freundlich, und Ceci Chuh und Vivian Daniel, die Aziza und ihre Mutter spielen, fangen die Mutter-Tochter-Dynamik von zuviel Nähe und ständigem Genervtsein perfekt ein. D Hendrike Bake
Start am 10.07.2014 ¢ b-ware! ladenkino ab 24.7. ¢ Eiszeit Kino ¢ Hackesche Höfe Kino ¢ Sputnik Kino ab 17.7. ¢ Zukunft
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When 20 year old Aziza returns to Berlin she finds her room occupied by Zach from New Zealand. Atmospheric portrait of Kreuzberg slackers.
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INDIEKRITIKEN Originaltitel: The Young and Prodigious T. S. Spivet D Kanada/Frankreich 2013 D 105 min D R: Jean-Pierre Jeunet D B: Jean-Pierre Jeunet, Guillaume Laurant, Reif Larsen D K: Thomas Hardmeier D S: Hervé Schneid D M: Denis Sanacore D D: Dominique Pinon, Helena Bonham-Carter, Judy Davis, Callum Keith Rennie, Julian Richings, Robert Maillet, Amber Goldfarb, Jakob Davies, Niamh Wilson, Kyle Catlett, Dawn Ford D V: DCM Film Distribution
DIE KARTE MEINER TRÄUME Ausgefallene Spleens
Es gibt einen Film, den ich immer schaue, wenn ich krank im Bett liege. Einen Film von dem alle in meiner Kleinstadt redeten und an dessen Kinosichtung ich mich noch deutlich erinnern kann: DIE FABELHAFTE WELT DER AMÉLIE. Damals entdeckte die Welt Audrey Tautous verschmitztes Lächeln und Amélie eroberte die Herzen von Tausenden. Auf der anderen Seite des Atlantiks erweckte der Film die Begeisterung des amerikanischen Schriftstellers Reif Larsens, der später Jean-Pierre Jeunet gestand: „Als ich AMÉLIE sah, hatte ich das Gefühl, jemand hätte in meinem Kopf herumgestöbert!“ In DIE KARTE MEINER TRÄUME verfilmt Jeunet nun Larsens gleichnamigen Roman. Der Film erzählt die Geschichte des hochbegabten zehnjährigen T.S. Spivet aus Montana, der nichts weniger als das Perpetuum Mobile, den heiligen Gral der Erfinder, erfunden hat und für eine Preisvergabe des renommierten Smithsonian Instituts in Washington den halben nordamerikanischen Kontinent durchquert. Jeunet hat wunderbare Einfälle. Seine Figuren weisen ausgefallene Spleens auf. Helena Bonham Carter als Dr. Clair ist eine militant-feministische Insektenforscherin und etwas abwesende Mutter, die ihre durchgebrannten Toaster in einem Küchenregal reiht. Und Judy Davis, eine routinierte Woody-Allen-Schauspielerin, sorgt als überdrehte Kuratorin des Smithsonian für herzhafte Lacher. An den Zauber von AMÉLIE reicht DIE KARTE MEINER TRÄUME zwar nicht ganz heran, aber zahlreiche skurrile Details erinnern an Jeunets Meisterwerk: ein sprechender Hund, Dr. Clairs wildbeklebte Tagebücher oder die Bildcollagen, wie z.B. eine Szene in der Gracie, die älteste Schwester der Spivet-Zwillinge T.S. und Layton, mit dem Feldstecher aus dem Fenster blickt und ihr Sichtfeld am oberen Bildrand eingeblendet wird. D Raphaël Rück
Start am 10.7.2014 ¢ Eva Lichtspiele, Frühstücksmatinee am 20.7. ab 10 Uhr ¢ Hackesche Höfe Kino OMU
D 10
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Pierre Jeunet’s (AMÉLIE) adaptation of Reif Larsen’s novel of the same name tells the story of ten-year-old T.S. Spivet from Montana, who invented the perpetual motion machine, the Holy Grail of inventors. A film full of wonderful ideas.
Deutschland 2013 D 84 min D R: Fabian Möhrke D B: Fabian Möhrke D K: Marco Armborst D M: Johannes Malfatti D D: Andreas Döhler, Carola Sigg, Levin Henning D V: Drop-out Cinema
MILLIONEN (2013) Wohin mit dem Geld?
„Du hast die Kreuzchen gemacht, das hast du jetzt davon“: So simpel fasst Torstens bester Freund dessen Lottogewinn von 22 Millionen Euro zusammen. Doch dahinter stehen tausend Fragen. Soll man so viel Geld überhaupt annehmen? Was macht man damit? Wem erzählt man davon, wem nicht? Und was macht der plötzliche Reichtum mit einem? Ist er ein Segen, oder ist er ein Fluch? Fabian Möhrke, der vor vier Jahren mit PHILIPP einen großen Erfolg landete, führt uns auch hier an das Leben eines Normalbürgers heran. Torsten hat Arbeit, Frau, Sohn und Haus: „Ich mag mein Leben“, wie er es selbst sagt. Aus Spaß spielt er Lotto, wie alle im Büro, doch er allein gewinnt den Jackpot. Es wird ihm geraten, keinem außerhalb des engen Umfeldes davon zu erzählen, was in einem Dorf leichter gesagt als getan ist. Schnell dreht sich alles nur noch um die Geldsumme, jeder weiß anscheinend etwas damit anzufangen, bis auf den Gewinner selbst: Seine Freundin Suse will einen Laden eröffnen, sein Sohn hätte gerne 200 Euro Taschengeld, seine besten Freunde, denen er eine Million geschenkt hat, ziehen nach Frankreich in ein neues Haus. Bloß der Protagonist, von Andreas Döhler auf ehrlich-sympathische Weise etwas verloren in seiner neuen Welt dargestellt, will sein Leben nicht umkrempeln, auch wenn das von ihm erwartet wird. Durch eine unaufdringliche Kamera, helle Farbgebung und Bilder eines ziemlich deprimierenden ländlichen Deutschlands zeigt uns Marco Armborst die Seiten eines Lottogewinns, die man sonst nicht zu sehen bekommt. Statt exotischen Reisen gibt es ungewollten Urlaub, statt ausgelassenem Feiern einen vermasselten Geburtstag, und Stress mit der Familie ersetzt die erwartete Idylle. MILLIONEN erzählt von dem Pech, Glück zu haben, wenn man dieses gar nicht braucht – ein eindrücklicher Kommentar zu unserer Komfortgesellschaft. D Lili Hering
Start am 3.7.2014 ¢ Filmrauschpalast ¢ Freiluftkino Pompeji (bei Regen im Zukunft) ¢ Zukunft ab 10.7.
“You played the lottery and this is what you got”: This is how Torsten’s best friend summarised Torsten winning 22 million in the lottery. What does one do with the winnings? Do you keep it a secret from some? And what happens to you when you suddenly are rich?
Originaltitel: Desert Dancer D Großbritannien 2014 D 98 min D R: Richard Raymond D B: Jon Croker, Afshin Ghaffarian D K: Carlos Catalán D S: Chris Gill, Celia Haining D M: Benjamin Wallfisch D D: Freida Pinto, Nazanin Boniadi, Tom Cullen D V: Senator Filmverleih
WÜSTENTÄNZER – AFSHINS VERBOTENER TRAUM VON FREIHEIT Irans verbotene Jugendkultur
Afshin Ghaffarian ist ein iranischer Tänzer und Choreograph, der in seiner Heimat, in der das Tanzen verboten ist, eine illegale Tanzkompanie ins Leben rief. 2007 trat die Truppe erstmals auf – mitten in der Wüste. Später wurde Afshin verhaftet, gefoltert und wieder freigelassen. Als er mit einer spektakulären Aktion während eines Theaterfestivals im Theater an der Ruhr gegen die Zensur und Unterdrückung im Iran protestierte, gab es Tumulte, in denen Afshin fliehen konnte. Er lebt heute in Paris. Richard Raymond erzählt in seinem ersten Spielfilm die Geschichte Afshins und seiner Tanztruppe. WÜSTENTÄNZER – AFSHINS VERBOTENER TRAUM will auch zeigen, wie der iranische Widerstand und die eigentlich verbotene Jugendkultur im Iran funktioniert. Afshin, aus einer aufgeklärten Familie, verbringt als Kind seine Zeit in einem liberalen Kulturzentrum, dem bald die Scheiben eingeworfen werden, und das schließlich schließen muss. Erst an der Uni findet er wieder Zugang zu einer Dissidentenszene, die ihn in Underground-Clubs einführt. Einige Studenten haben auch die Firewall gehackt, mit der die Regierung westliche Internetseiten sperrt. Auf Youtube sieht Afshin berühmte Tänzer: Michael Jackson, Pina Bausch und Rudolf Nurejew. Schließlich gründet er seine Tanzkompanie, zu der auch Elaheh (Freida Pinto) stößt, die heroinsüchtige Tochter einer Tänzerin des aufgelösten persischen Staatsballets. WÜSTENTÄNZER ist ein wenig didaktisch, und man merkt ihm ein naives Staunen über die Lebensbedingungen, von denen er erzählen will, an. Aber er bleibt nah an der tatsächlichen, bewegenden Geschichte. Der Tanz in der Wüste hat eine schlichte, aber ausdrucksstarke Choreographie. D Tom Dorow
Start am 3.7.2014 ¢ b-ware! ladenkino OMU ab 24.7. ¢ Hackesche Höfe Kino OMU
Afshin Ghaffarian is an Iranian dancer and choreographer in a country where dancing is forbidden so he starts an underground dance company. The company performed for the first time in 2007 in the middle of the desert. DESERT DANCER recounts his story.
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INDIEKRITIKEN Originaltitel: Les invincibles D Frankreich 2013 D 98 min D R: Frédéric Berthe D B: Martin Guyot, Atmen Kelif D K: David Quesemand D S: Hugues Darmois D M: Evgueni Galperine, Sacha Galperine D D: Gérard Depardieu, Edouard Baer, Pascal Elbé, Virginie Efira, Michel Galabru, Daniel Prévost, Carole Franck D V: Universum Film/24 Bilder
Originaltitel: Z daleka widok jest piekny D Polen 2011 D 77 min D R: Anka Sasnal, Wilhelm Sasnal D B: Anka Sasnal, Wilhelm Sasnal D K: Wilhelm Sasnal, Aleksander Trafas D S: Beata Liszewska D D: Marcin Czarnik, Piotr Nowak, Elzbieta Okupska, Jerzy Lapinski, Hanna Chojnacka D V: Eksystent Filmverleih
EINE GANZ RUHIGE KUGEL
FERNER SCHÖNER SCHEIN
Leichte, antirassistische Sommerkomödie
Momo (Atmen Kelif) und Jacky (Gérard Depardieu) sind Kleinganoven, die andere Spieler beim Boule abzocken. Momo gibt sich als Dorftrottel aus, Jacky arrangiert das Wettgeschäft, ein Fahrer hilft den beiden beim Abhauen, wenn sich herausstellt, dass Momo in Wirklichkeit ein virtuoses Händchen für Boule-Kugeln hat. Ansonsten sind beide ziemliche Loser. Momo ist arbeitslos, seine Freundin hat ihn verlassen. Jackys Frau hat ebenfalls die Nase voll von dessen Sauferei. Schlimmer noch sind die Spielschulden bei einer Gruppe von weniger gutmütigen Ganoven. Jacky und Momo brauchen dringend Geld. Ihre Chance kommt, als ein Geschäftsmann eine Boule-Weltmeisterschaft ins Leben ruft, und Momo tatsächlich bei den Tryouts für die französische Nationalmannschaft Erfolg hat. Nur wollen ihn weder der rassistische Trainer, noch seine schnöseligen Mitspieler im Team und als auch noch der arabische Sponsor in einer französischen Mannschaft keine gebürtigen Araber sehen will, wird eine Intrige gesponnen, die dazu führt, dass der in Frankreich geborene Momo nach Marokko abgeschoben wird. Jacky fährt ihm hinterher. EINE GANZ RUHIGE KUGEL unterscheidet sich von anderen MultikultiSommmerkomödien dadurch, dass der franko-algerische Drehbuchautor und Hauptdarsteller Atmen Kelif weiß, wovon er erzählt. Entsprechend präzise und komisch ist Tassadit Mandi als arabische Übermutter, die immer erst eine Standpauke hält, bevor sie ihren ungehörigen Lieblingssohn mit dem Besten aus ihrem Couscous-Restaurant durchfüttert. Und der Film hat Gérard Depardieu, den französischen gefallenen Engel schlechthin, der sich nicht zu schade ist, seinen monströsen, tragischen Körper für einen leichten, antirassistischen Sommerfilm der Lächerlichkeit preiszugeben, und der dabei trotzdem immer seinen biestigen Gossencharme behält. Wie kann man ihn nicht lieben? D Tom Dorow
Start am 3.7.2014 ¢ Eva Lichtspiele ¢ filmkunst 66 DF
D 12
DF OMU
D JULI 2014
Momo (Atmen Kelif) and Jacky (Gerard Depardieu) are petty criminals who cheat other Boccia players – until Momo falls victim to intrigue and is deported. A light, antiracist summer comedy.
Ein Dorf unter Beobachtung
Fast wortlos führt uns das Künstlerpaar Anka und Wilhelm Sasnal durch sein Spielfilmdebüt FERNER SCHÖNER SCHEIN in dessen Mittelpunkt ein verarmtes, nicht näher verortetes polnisches Kaff steht. Ebenso wie uns der Film einen wirklichen Protagonisten verweigert, so verweigert er uns eine stringente Erzählung. Hier steht gleich ein ganzes Dorf unter Beobachtung. Wir folgen immer der Figur, die sich gerade ins Bild drängt. Nur das Haus von Pawel, der einzigen Person im Film, die überhaupt namentlich genannt wird, scheint immer wieder konkreter Handlungsort. Hier hin zieht es die Dorfbewohner mitten in der Nacht, nachdem Pawel plötzlich verschwunden ist, um sein Hab und Gut in ihre Häuser davon zu tragen. Als das Haus leer geräumt und verwüstet ist, fackeln sie es ab – fast so, als wollen sie sicher gehen, dass es für Pawel keine Rückkehr mehr gibt. Die Gründe für sein Verschwinden interessieren niemanden. Jeder ist sich selbst am nächsten. In ihrem unkonventionellen Werk zeichnen die Sasnals nicht nur das eindringliche Bild einer verrohten Dorfbevölkerung, sondern werfen zugleich die Frage auf, wie Film Geschichte erzählen kann. Die Spuren führen weit in die Vergangenheit zurück. Das Hinnehmen, dass Menschen plötzlich verschwinden, oder einander Besitztümer entwenden, die stete Hoffnungslosigkeit und der raue Umgang miteinander, das alles könnte in diesem namenlosen Ort schon gut 75 Jahre früher vonstatten gegangen sein. Die Figuren wirken wie gespenstische Wiedergänger, an denen die Geschichte, aus der sie nichts gelernt haben, wie ein unabstreifbares Gewand haftet. Der Film der Sasnals beantwortet die Frage danach, wie Geschichte Film werden kann mit einer Ästhetik des Verzichts – auch auf Namen und den Einsatz von Musik. D Eileen Reukauf
Start am 10.7.2014 ¢ b-ware! ladenkino ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Sputnik Kino am Südstern OMU OMU
A nameless village. Pawel, the only village resident named in the film disappears. His house is looted. In their unconventional film, artists Anka and Wilhelm Sasnal tell a parable about the perpetuity of history.
INDIEKRITIKEN Deutschland 2014 D 92 min D R: Ralf Westhoff D B: Ralf Westhoff D K: Ian Blumers D S: Uli Schön D M: Oliver Thiede D D: Patrick Güldenberg, Heiner Lauterbach, Claudia Eisinger, Karoline Schuch, Gisela Schneeberger, Michael Wittenborn D V: X-Verleih
WIR SIND DIE NEUEN Zurück zur WG
Eigenbedarf. Nach Jahren im gleichen Zuhause muss Anne, eine 60jährige Biologin, die sich ihr Leben lang für den Schutz der Schleiereule engagiert hat, sich eine neue Wohnung in München suchen. Die neuen Preise kann sie sich nicht leisten, raus aus der Stadt will sie nicht. Als Lösung erscheint die alte WG. Das ist zwar schon 35 Jahre her, und man hat sich aus den Augen verloren, aber es finden sich doch zwei, die auch keine Karriere gemacht haben und wieder zusammen ziehen wollen: der engagierte Rechtsanwalt Johannes und Eddi, den eigentlich keiner wieder dabei haben wollte. In Aufbruchstimmung ziehen die alten Freunde in der neuen Wohnung ein und stellen sich gleich mal in der Studenten-WG oben vor. Die Jungen – Barbara (Kunstgeschichte), Katharina und Thorsten (beide Jura) – sind im Examensstress, vom „Du“ milde irritiert und haben einen Schuhschrank mit Fotos der Schuhe an den zugehörigen Schubladen im Flur stehen. Als die Freunde die Treppe wieder runter gehen, kommentiert Eddi „Wir waren gerade in der Hölle“. Damit beginnt der extrem gut geschriebene Generationenkonflikt zwischen oben und unten. Das Herz von Regisseur und Drehbuchautor Ralph Westhoff (SHOPPEN) ist dabei auf der Seite der Spontis. Er stopft Johannes (Michael Wittenborn) zwar in alberne Batik-T-Shirts, im Großen und Ganzen aber haben die „Neuen“ im Haus die Lacher auf ihrer Seite. Wenn Barbara Eddi an den Putzplan erinnert und der entgegnet: „Wir putzen kein sauberes Treppenhaus!“ ist man ganz seiner Meinung. Michael Wittenborn als Johannes, Gisela Schneeberger als Anne und Heiner Lauterbach als Eddi haben mehr Spaß, mehr Witz und die besseren Dialoge. Und als oben Überforderung, Beziehungsstress und Gesundheitsprobleme zuschlagen und die schöne neue Leistungswelt ins Wanken gerät, da haben die Älteren auch die besseren Ressourcen. D Hendrike Bake
Originaltitel: Seduced and Abandoned D USA 2013 D 98 min D R: James Toback D B: James Toback D K: Ruben Sluijter D S: Aaron Yanes D D: Alec Baldwin, Diane Kruger, Ryan Gosling, Jessica Chastain, Martin Scorsese D V: Weltkino Filmverleih
VERFÜHRT UND VERLASSEN Das ist doch kein Leben
Wie finanziert man ein geplantes Hollywood-Projekt ohne Skript? Wie verführt man potenzielle Geldgeber zu einem Film ohne Star-Power? Und wo trifft man die millionenschweren Cinephilen an, die Geld in ein solches Risikogeschäft investieren würden? Natürlich bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes. Zumindest schlussfolgern das die Kollegen und Freunde Alec Baldwin und Regisseur James Toback, die sich gemeinsam 2012 an die Côte d’Azur aufmachten, um einen Financier für ihr Spielfilmprojekt „Der letzte Tango in Tikrit“, eine Neuinterpretation von Bernardo Bertoluccis berühmt-berüchtigtem DER LETZTE TANGO IN PARIS, ausfindig zu machen. Um dieses Unterfangen zu verwirklichen folgen Baldwin und Toback renommierten Produzenten und Investoren in die Kinosäle, Hotelzimmer und auf Luxusyachten, um ihnen mit Charme und mehr oder minder überzeugenden Argumenten Geld aus den Portemonnaies zu leiern. Auf ihrer humorvollen Suche nach einem Financier treffen sie auf etliche Größen des Filmgeschäfts wie die Regielegenden Martin Scorsese, Francis Ford Coppola und Roman Polanski oder die Schauspieler Ryan Gosling und Jessica Chastain, die eigene Erfahrungen mit und Geheimnisse der Filmproduktion offenbaren. Orson Welles sagte einst: „Ich habe 95% meines Lebens damit verbracht, Geld für Filme aufzutreiben und nur 5% damit, sie tatsächlich zu machen. Das ist doch kein Leben.“ Diese Erkenntnis machen auch Baldwin und Toback, deren Filmfinanzierung zu scheitern droht. Die Grenzen des Dokumentarfilms verschwimmen in VERFÜHRT UND VERLASSEN zusehends. Am Ende bleibt unklar, ob das Filmprojekt des exzentrischen Duos nun reines Hirngespinst oder ernsthafte Angelegenheit ist. Wie im Kinowunderland Cannes, Jahrmarkt der Eitelkeiten und großen Geschäfte, verschmelzen Wahrheit und Fiktion auf eindrucksvolle Weise miteinander. D David Herger
Start am 17.7.2014 ¢ b-ware! ladenkino ¢ Eva Lichtspiele
After 25 years, Anna, Johannes and Eddi, all around the age of 60, decide to move back together. But not long after they clash with the student apartment above them. The fights are about noise, cleaning schedules, and how one should live.
Start am 10.7.2014 ¢ b-ware! ladenkino ¢ Eiszeit Kino OMU ¢ Hackesche Höfe Kino
OMU OMU
Actor Alec Baldwin and director James Toback go to Cannes to look for rich people to finance their film idea “The last tango in Tikrit”, which is inspired by Bernardo Bertolucci’s infamous LAST TANGO IN PARIS.
JULI 2014 D
13 D
INDIEKRITIKEN Originaltitel: Los insólitos peces gato D Frankreich/Mexiko 2013 D 89 min D R: Claudia Sainte-Luce D B: Claudia Sainte-Luce D K: Agnès Godard D S: Santiago Ricci D M: Madame Recamier D D: Lisa Owen, Ximena Ayala, Sonia Franco, Wendy Guillén, Andrea Baeza D V: Arsenal Filmverleih
DER WUNDERSAME KATZENFISCH
Deutschland 2013 D R: Katrin Heinz, Susanne Heinz D B: Katrin Heinz D K: Johannes Guttenhöfer D S: Rainer Nigrelli D V: Real Fiction
ART’S HOME IS MY KASSEL Eine Stadt im Ausnahmezustand
Von den Fallhöhen des Lebens
Claudia, jung, Angestellte am Wurststand eines Supermarkts, möchte Schauspielerin werden. Martha, mager, mit vier Kindern, möchte nicht krank sein. Einen Blinddarm leichter liegt Claudia neben Martha im Krankenhaus. Die zwei Frauen verstehen sich auf Anhieb und eine Freundschaft nimmt ihren Anfang. Claudia ist klar: So wie ihre Würste in Scheibchen zu kosten, aber nur kiloweise zu kaufen sind – ihr Verdienst hängt davon ab – so kommt Martha im „family pack“ mit der kugelrunden Wendy, der gepuderten Mariana, dem pausbäckigen Armando und der etwas ernsteren erstgeborenen Ale. Sie alle haben sie ihre Eigenarten, ihre Träume – Wendy möchte Heilerin werden – ihre Wünsche – Ale wäre gerne mit einem anderen Charakter geboren – ihre Fragen – Armando will wissen, wie sich Küssen anfühlt, so von drinnen. Sie streben nach ihren Zielen und wenn sie sich dabei nicht gerade selber im Weg stehen, dann sind es die Krisen ihrer an HIV erkrankten Mutter, die sie wieder auf den Boden der Tatsachen runterholen. Die Glücksmomente nehmen auf ihrem Höhepunkt stets eine umgekehrte Wendung, so z.B. während eines fröhlichen Hot-Dog-Mittagessen, als Martha plötzlich aufsteht und ins Bad verschwindet. Claudia Stainte-Luces zweiter Spielfilm arbeitet mit diesen Brüchen. Erst wird die Lebensfreude der Figuren gesteigert bis die Krankheit fast vergessen zu sein scheint. Dann bricht die Realität erneut ein. Das Drehbuch entwickelt Fallhöhen, die den Zuschauer immer wieder aufwühlen und zugleich, immer wieder, an die Schönheit des Daseins erinnern. In ihrem Abschiedsbrief spricht Martha zu ihren Kindern, die frontal zur Kamera stehen, während ihre Stimme zu hören ist. Es sind Mama-Weisheiten, die alles sagen: Wenn du zu viel seufzt, Claudia, dann brauchst du mehr Luft zum Atmen. D Raphaël Rück
Start am 10.7.2014 ¢ fsk-Kino am Oranienplatz ¢ Sputnik Kino am Südtsern
OMU
D 14
D JULI 2014
OMU
Claudia, a young woman working in a supermarket wants to be an actress. Martha is an ailing woman with four kids and is tired of being sick. A film about friendship, family and life’s challenges.
Nein, Kunst sei das nicht, das sei eben Natur, meint eine ältere Dame im Vorbeigehen, als ihr gesagt wird, dass der frisch aufgeschüttete und sorgfältig bepflanzte Hügel in der Kasseler Landschaft eine Skulptur sei – Song Dongs „Doing Nothing Garden“ um genau zu sein. Willkommen in Kassel, in den letzten Stunden des Dornröschenschlafs – so bezeichnet ein weiterer Bewohner die Zeit in der gerade nicht documenta ist. Die beiden gebürtigen Kasselerinnen Katrin und Susanne Heinz haben sich eine Kamera geschnappt und haben von den Vorbereitungen bis zum Abbau beobachtet, was in ihrer Stadt so passiert, wenn die internationale zeitgenössische Kunstszene Einzug hält und für 100 Tage Ausnahmezustand herrscht. Dabei geht es dann aber nicht nur um den großen Culture Clash von Provinz und Kulturbetrieb, sondern neben Besucherreaktionen und überforderten Taxifahrerinnen vor allem auch um die Kunst selbst. Spannend zu sehen, wie Architekturbüros und Handwerker die Pläne der KünstlerInnen ausführen, bevor diese vor Ort sind. Da geht es dann, wie bei Mark Dions Installation „Ottoneum“ – einer Art Mikromuseum mit zahlreichen Schränken und Vitrinen – darum, wo man am besten die Knöpfe anbringt, und dass man damit noch warten werde, denn es sei ja auch schön, wenn der Künstler „auch noch ein bisschen mitreden kann“. Daneben dann die „weltgewandten Begleiter“, eine Art andere KunstführerInnen, im Film verkörpert durch die Studentin Rui Yin, die mal auf deutsch, mal auf Mandarin durch die Ausstellungen führt. Teilweise im Stil des Direct Cinema gehalten, gibt „Art’s Home is My Kassel“ (der Titel sei den Filmemacherinnen verziehen) mal aufschlussreiche, mal amüsante Einblicke in die Produktionsabläufe des Kunstbetriebs und die Rezeption der Werke durch Menschen, die mit dieser Welt sonst nicht viel zu tun haben. D Toby Ashraf
Start am 10.7.2014 ¢ Eiszeit Kino ¢ Hackesche Höfe Kino ¢ Sputnik Kino am Südstern
Katrin and Susanne Heinz, both from Kassel, observe what happens to their city every 5 years when the world’s contemporary art scene comes to town for 100 days.
INDIEKRITIKEN
FEUERWERK AM HELLICHTEN TAGE
Originaltitel: Bai ri yan huo D China 2014 D 106 min D R: Diao Yinan D B: Diao Yinan D K: Dong Jingsong D S: Yang Hongyu D M: Wen Zi D D: Wang Jingchun, Liao Fan, Gwei Lun Mei, Wang Xuebing, Yu Ailei D V: Weltkino Filmverleih
Atmosphärischer Berlinale-Gewinner
Schon lange nicht mehr sind so aufregende chinesische Filme ins Kino gekommen. Nach dem epischen, grandiosen A TOUCH OF SIN, der in Cannes den Preis für das beste Drehbuch gewann, nun der Berlinale Gewinner FEUERWERK AM HELLICHTEN TAGE. Während A TOUCH OF SIN an den Hürden der chinesischen Zensur scheiterte, wird FEUERWERK AM HELLICHTEN TAGE mit einigen Zensureingriffen auch in China gezeigt werden. Regisseur Diao Yinan bedient sich eines Mittels, mit dem schon in den 30er und 40er Jahren in den USA politische Zensur umgangen werden konnte: Er erzählt einen Film Noir, eine Mordgeschichte, die so fesselnd ist, dass ihre Sprengkraft von Zensoren, die noch damit beschäftigt sind, sich die Geschichte zu erklären, leicht übersehen werden kann. Wieviel gesellschaftliche Realität in den komplexen Film einfließt, wird erst mit einiger Distanz klar. Kommissar Zhang Zili ist kein angenehmer Typ. Als seine Frau ihm die Scheidungspapiere überreicht, wird er gewalttätig. Er leitet aber die Ermittlungen, als in einem Kohlerevier Leichenteile gefunden werden. Beim Versuch, die Mordverdächtigen festzunehmen, gibt es eine Schießerei, bei der zwei Polizisten und alle Verdächtigen sterben. Zhang wird schwer verletzt. Fünf Jahre später ist Zhang ein einsamer Säufer geworden, der Gefahr läuft seinen Job als Wachmann zu verlieren. Sein Motorrad wird ihm gestohlen, als er besoffen am Straßenrand liegt. Von nun an gurkt Zhang auf einem Mofa, das der Dieb neben ihm stehen gelassen hat, durch die winterliche Provinzstadt. Zhang wird erst allmählich wieder nüchterner, als ihm ein ehemaliger Kollege erzählt, dass wieder Leichenteile gefunden wurden. Beide Morde scheinen in Verbindung mit der geheimnisvollen Wu Zhizhen zu stehen, die in einer chemischen Reinigung arbeitet.
Start am 24.7.2014 ¢ b-ware! ladenkino ¢ filmkunst 66 DF ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU OMU
A wintery provincial city. A gruesome discovery of a corpse. An unpleasant detective. The winner of the 2014 Berlin Film Festival is a thriller in the tradition of film noir
Diaos Film zeigt eine kalte Welt. Sein Personal friert ganz real, aber es frösteln auch die Beziehungen im Kohlerevier. In den Fabriken kennen sich die Kollegen kaum. Es wird betrogen, wo es geht. Die Arbeitsbedingungen sind lebensgefährlich. Aber auch in den Geschlechterbeziehungen knirscht der Frost: Zhangs Annäherungen sehen aus wie Vergewaltigungen, Ehen sind Gefängnisse, Liebe ist bestenfalls ein Arrangement, schlimmstenfalls tödlicher Zwang. Das Personal des Film Noir ist zwar vorhanden: Der zynische Detektiv, die Femme fatale, der nicht ganz durchblickende Polizist und ein komplizierter Plot. Aber in den Außenaufnahmen fehlt jeder Glamour. Die chinesische Realität sickert zu tief ein. Innenräume sind zwar in wilden Farben ausgeleuchtet, aber sie wirken wie das dicke Make-Up, das Marlene Dietrich in Orson Welles TOUCH OF EVIL trägt: eine schäbige Maskerade für den ersten Blick. Diao inszeniert die Orte, die der Flucht aus dem Alltag dienen, einen Ballsaal und einen Schlittschuhring als Orte, an denen romantische Beziehungen gerade noch möglich erscheinen. Vor allem aber sind es Orte, an denen ganz real geflüchtet wird. Begegnungen können hier lebensgefährlich sein. Die Kabel, die das Glitzerlicht erst leuchten lassen, hängen an der Wand des Ballsaals, der damit sein Wesen als Schuppen enthüllt. Gwei Lun Mei als Wu Zhizhen ist eine melancholischere und einsamere Femme fatale, als es Veronica Lake je war. Wenn sie vor der chemischen Reinigung die vermeintliche Asche ihres Ehemanns am Straßenrand verscharrt, ist das zunächst kein Indiz für ihre Verstrickung. Ein besseres Begräbnis kann sie sich nicht leisten. FEUERWERK AM HELLICHTEN TAGE ist kein offen politischer Film, wie es A TOUCH OF SIN mit seinem wütenden Arbeiter als Rachegott, seiner verzweifelten Empfangsdame im Bordell und dem jungen Mann, der überall nach Arbeit suchte, ist. Diao zeigt keinen Zorn auf unterdrückerische Verhältnisse. Emotionen zeigen sich im Schweigen, im Zynismus einer Barbesitzerin, in einer alltäglichen Brutalität, in einem Feuerwerk, dessen Lichtfontänen im Wintersonnenlicht kaum zu erkennen sind. Aber immerhin werden sie abgeschossen. D Tom Dorow JULI 2014 D
15 D
INDIEKRITIKEN Originaltitel: Much Ado About Nothing D USA 2013 D 109 min D R: Joss Whedon D B: William Shakespeare, Joss Whedon D K: Jay Hunter D S: Joss Whedon, Daniel S. Kaminsky D M: Joss Whedon D D: Fran Kranz, Amy Acker, Emma Bates, Alexis Denisof, Reed Diamond D V: Edel:Motion Film
VIEL LÄRM UM NICHTS Improvisierter Charme
Originaltitel: Jack et la mécanique du coeur D Frankreich 2013 D 94 min D R: Mathias Malzieu, Stéphane Berla D B: Mathias Malzieu D S: Soline Guyonneau D D: Jean Rochefort, Rossy de Palma, Olivia Ruiz, Arthur H. D V: Universum Film
JACK UND DAS KUCKUCKSUHRHERZ Wunderkammerfilm
Popgenie, Blockbuster-Autor und Regisseur Joss Whedon (TOY STORY, BUFFY THE VAMPIRE SLAYER, THE CABIN IN THE WOODS, THE AVENGERS) hat aus Shakespeares berühmter Komödie einen schwungvollen, kleinen, gegenwärtigen Film gemacht. In nur zwölf Drehtagen hat er den Film im eigenen Haus inszeniert, in Schwarzweiß und im Wesentlichen mit der Handkamera gefilmt (Steadicam oder Kamerakräne ließ das winzige Budget nicht zu), die Montage selbst übernommen und auch noch persönlich die Musik komponiert. Aus dem unfähigen Büttel Dogberry (hier gespielt von Nathan Fillion, dem Weltraumpiraten aus „Firefly“) macht Whedon einen Provinzpolizisten, der verzweifelt versucht, seine Unfähigkeit zu überspielen, indem er sich so benimmt, wie die Klischees von Film und Fernsehen es ihn gelehrt haben. Ein für heutige Ohren rassistisches Zitat Shakespeares („ … were she an Ethiope … “ als Synonym für eine hässliche Braut) nutzt er bewusst, um die Oberflächlichkeit des jungen Liebhabers Claudio drastisch deutlich zu machen – ein Zwischenschnitt zeigt, wie eine schöne schwarze Frau unter den Gästen entnervt mit den Augen rollt. Der Helfershelfer des Schurken Don John (Sean Maher) wird zum attraktiven bad girl, ohne dass Text geändert werden müsste. Da wirkt der Schuft natürlich besonders verdorben, wenn er ihr seine Pläne im Bett enthüllt. Und „Sigh no more“, eines der berühmtesten Lieder Shakespeares, funktioniert auch als entspanntes Stück Gitarrenpop. Whedons Film entfaltet einen spielerischen, improvisierten Charme, der die Verwicklungen des Plots derart leichtfüßig vorführt, dass man sich nie Gedanken über die fehlende Plausibilität macht. Viel wichtiger sind die Wortgefechte zwischen Beatrice und Benedick, dem zweiten und wesentlichen Paar des Stücks. Amy Acker gibt eine bei aller Scharfzüngigkeit warmherzige Beatrice, Alex Denisof einen eleganten Benedick. D Christoph Selzer
Start am 24.7.2014 ¢ filmkunst 66 ¢ Hackesche Höfe Kino DF
D 16
D JULI 2014
OMU
Pop genius, blockbuster author and director Joss Whedon (TOY STORY, BUFFY THE VAMPIRE SLAYER, THE CABIN IN THE WOODS, THE AVENGERS) has directed a modern retelling of Shakespeare’s classic comedy.
Eine Menschwerdung im 19. Jahrhundert, angehalten: als Jack im Edinburgher Winter zur Welt kommt, ist die Nacht so kalt, dass sein Herz gefriert. Eine findige Hebamme, die sich auch sonst um die unvollständigen, gebrochenen, vom Weg abgekommen Kinder kümmert, setzt ihm stattdessen eine Kuckucksuhr ein, und stellt ihn sogleich unter ein strenges Gesetz: niemals an den Zeigern der Uhr drehen, niemals in Rage geraten, niemals vor allem sich verlieben. Was die Uhr zu leisten vermag ist freilich nicht was das Herz begehrt. Kaum herangewachsen verliebt sich Jack, verliert die Angebetete aus den Augen, zieht in die Welt hinaus auf die Suche nach ihr, auf eine Reise die auch eine Frage nach seinem Wesen ist. JACK UND DAS KUCKUCKSUHRHERZ entstand nach einem Roman von Mathias Malzieu, der bei der Umsetzung als Animationsfilm-Musical auch als Co-Regisseur fungiert und von dessen Band Dionysos der Soundtrack stammt. Der Originaltitel des französischen Films hieße auf Deutsch „Jack und die Mechanik des Herzens“. Das trifft das Ringen Jacks mit den Tatsachen seiner Existenz genau. Der Film spinnt daraus ein fantastisches und bezauberndes Märchen zwischen Wunderkammer, Jahrmarktzauber und Melodram, das seine verschrobenen, eigensinnigen und wunderlichen Figuren und Nebenfiguren mit großer Liebe zum Detail animiert. Im Drama Jacks, dessen Regungen das Räderwerk transzendieren, das ihn antrieb, erscheint ganz ohne falschen Pathos eine Parabel aufs Menschsein schlechthin, kein kleines Kunststück. Und dass die wunderbare Geschichte von großen Gefühlen und Mechanik auch ein Lied auf das Kino selbst ist wird nicht erst klar, wenn Jack auf seiner Reise ausgerechnet in Georges Méliès einen Gefährten findet. D Sebastian Markt
Start am 3.7.2014 ¢ Eiszeit Kino ¢ Sputnik Kino am Südstern DF + OMU (Englisch) + OMU (Französisch) OMU
A fantastic enchanting fairy tale that is somewhere between a cabinet of wonder, carnival charm, and melodrama. An animated feature film with strikingly designed characters.
Deutschland 2013 D 79 min D R: Jörn Neumann, Daniel Poštrak D B: Jörn Neumann, Daniel Poštrak D K: Jörn Neumann D S: Daniel Poštrak, Oliver Schwabe D D: Helmut Poscher, Kenny Berger, Samuel Conley D V: Real Fiction
VON DER BERAUBUNG DER ZEIT Berichte aus einer Welt ohne Draußen
Helmut Poscher, Kenny Berger und Samuel Conley sind seit Jahren, zum Teil seit Jahrzehnten im Gefängnis, einen Entlassungstermin haben sie nicht. In VON DER BERAUBUNG DER ZEIT erzählen sie davon, wie sich die Perspektive verändert, wenn sie für unabsehbare Zeit auf zehn Quadratmeter schrumpft. Eloquent und detailliert beschreiben sie ihre Lebensumstände, ihre Routinen und ihre Strategien um mit dem Extremzustand Haft umzugehen. Während Samuel Conley beispielsweise jede Nische nutzt, um aus seiner Zelle mit Pflanzen und Gegenständen einen privaten Raum, ein Zuhause zu schaffen, vermeidet Helmut Poscher es ganz bewusst, sich häuslich einzurichten. Er will nicht vergessen, dass er gezwungen ist, im Gefängnis zu sitzen, dass er sich in einem Ausnahmezustand befindet. Lieber sieht er aus dem Fenster, nach den Vögeln, den Bauern, den Jahreszeiten. Die Protagonisten sprechen auch über ihr Verhältnis zu ihren Taten von denen man ahnt, dass sie furchterregend sein mussten, um so lange Haftstrafen nach sich zu ziehen, über Schuld und die Unmöglichkeit von Vergebung. Am berührendsten aber ist es, wenn sie über Zeit reden. Während andere Häftlinge vor allem darauf warten, entlassen zu werden und die Zeit in Haft als Übergang empfinden, ist den Langzeitsträflingen bewusst, dass jeder Tag, der vergeht, sie nicht nur einen Tag näher an die imaginäre Entlassung bringt, sondern auch an den Tod. In ihrem streng arrangierten Dokumentarfilm wechseln Daniel Poštrak und Jörn Neumann konzentrierte Interviewszenen mit ruhigen Landschaftsaufnahmen ab, die in der Bildgestaltung an die Filme von Hartmut Bitomsky (B52, STAUB) erinnern. Sie zeigen den Bau eines Gefängnisses. Ein anderes Drinnen wird errichtet, ein Draußen gibt es nicht. D Hendrike Bake
Start am 3.7.2014 ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU am 4.7. in Anwesenheit der Regisseure
Documentary. Three longterm prisoners talk about life in prison: the routines, the cell, the „outside“ and the slow passage of time.
INDIEKRITIKEN USA 2013 D 105 min D R: Errol Morris D K: Robert Chappell D S: Steven Hathaway D M: Danny Elfman D V: NFP marketing & distribution
THE UNKNOWN KNOWN „Energische Einschnitte“
Originaltitel: Qissa – The Tale of a Lonely Ghost D Deutschland/Frankreich/Niederlande/ Indien 2013 D 109 min D R: Anup Singh D B: Anup Singh, Madhuja Mukherjee D K: Sebastian Edschmid D S: Bernd Euscher D M: Béatrice Thiriet D D: Tilotama Shome, Irfan Khan, Tisca Chopra, Rasika Dugal D V: Camino Filmverleih
QISSA – DER GEIST IST EIN EINSAMER WANDERER Lüge und Identität
Donald Rumsfeld hat als US-Außenminister mit Hilfe von gefälschten Beweisen, Lügen und Sophistik die amerikanische Öffentlichkeit davon überzeugt, dass ein Krieg gegen den Irak gerechtfertigt ist. Seine Pressekonferenzen waren Lehrstücke der Propaganda, auch wegen Rumsfelds eisigen Charmes. Erroll Morris (THE THIN BLUE LINE) ist neben Frederick Wiseman einer der wichtigsten politischen Dokumentarfilmer in den USA. Auch einen US-Außenminister hatte Morris schon vor der Kamera: In THE FOG OF WAR (2006) nennt Robert McNamara, Militärstratege im 2. Weltkrieg und als Außenminister unter Kennedy und Johnson mitverantwortlich für den Vietnamkrieg, sich selbst einen Kriegsverbrecher und bezeichnet den Vietnamkrieg als einen Fehler. Rumsfeld, auch der Verantwortliche für die Wiedereinführung der Folter in den USA, ist eine härtere Nuss. Vor Morris’ „Interrotron“-Kameraaufbau, der es möglich macht, dass der Interviewte während eines Gesprächs direkt in die Kamera sieht, lächelt und sophistiziert sich Rumsfeld durch ein Gebäude aus Lügen. THE UNKNOWN KNOWN enthüllt keine politischen Fakten und Rumsfeld zeigt keine Spur von Reue. Enthüllt werden stattdessen die rhetorischen Methoden und Technologien, derer sich Rumsfeld bedient und die persönlichen Ambitionen, die mit seiner Architektur des Irakkriegs verknüpft sind. Schon als Ronald Reagans Sonderbeauftragter im nahen Osten verfasste Rumsfeld Memos, in denen er eine „Umstrukturierung“ mit „energischen Einschnitten“ in der Region plante. Je dünner die Luft wird, ob es nun um Guantanamo oder um irakische Massenvernichtungswaffen geht, desto mehr lenkt Rumsfeld ab in einen Definitionswahn, in Aphorismen und Bonmots. Gern schiebt er bürokratische Prozesse vor, um persönliche Verantwortung zu leugnen. Und wenn alles nicht hilft, wird vergessen und gelächelt. Es ist das Lächeln einer Waffe. D Tom Dorow
Start am 3.7.2014 ¢ filmkunst 66
D 18
OMU
D JULI 2014
When he was minister of defense, Donald Rumsfeld convinced the public with fake evidence and a web of lies that the war against Iraq was inevitable. Errol Morris (THE THIN BLUE LINE) interviews the unrepentant sophist.
Die bildschöne Mehar bringt drei Mädchen auf die Welt. Auch beim vierten Kind erwartet sie keinen Jungen. Doch ihr Patriarch von Mann, Umber Singh will einen Sohn und er soll Kanwar heißen, junger Prinz. So wird Kanwar in eine Welt geboren in der sein Geschlecht, seine Männlichkeit, durch den Vater diktiert und antrainiert wird, bis Lüge und Identität ineinander verschwimmen. Erst als die freche Neeli, ein Mädchen aus niederer Kaste, mit Kanwar verehelicht wird, gerät Umbers Projekt ins Wanken. Der Regisseur, Anup Singh, wie auch sein Protagonist, Umber Singh (gespielt von Irrfan Khan, u.a. in THE LUNCH BOX und LIFE OF PI: SCHIFFBRUCH MIT TIGER zu sehen), sind wie es der Name verrät, beide Sikh. Anup ist ein Kind der Diaspora und wuchs im tansanischen Daressalam auf. Er erinnert sich noch gut an die zahlreichen Erzählungen seines Grossvaters, der 1947 die Teilung des Punjabs in einen indischen und pakistanischen Teil erlebte, vor deren Hintergrund QISSA spielt. QISSA – DER GEIST IST EIN EINSAMER WANDERER verknüpft er die uralte punjabische Erzähltradition der Qissa mit dem westlichen Erzählkino. Fernab von fröhlich singenden Bollywood-Welten taucht der Regisseur seine Figuren in eine dramatische Handlung, die sich in der stark kontrastierten Beleuchtung und dunklen Filmmusik widerspiegelt. Der Film wagt sich an schwere Themen wie den Verlust der Heimat, das bedingungslose Verlangen eines Vaters nach einem männlichen Nachkommen und die daraus resultierende Zerrissenheit einer Figur, die nicht mehr weiß, ob sie Frau oder Mann ist. Stets dem Märchen- bzw. der Qissa-Form treu, gelingt es Anup Singh dabei, nicht ins Pathetische zu kippen. D Raphaël Rück
Start am 10.7.2014 ¢ Eiszeit Kino ¢ Tilsiter Lichtspiele OMU
OMU
The beautiful Mehar already has three daughters. She expects her fourth child to also be a girl. But her patriarch of a husband, Umber Singh, wants a son and his name shall be Kanwar, young prince.
Originaltitel: Les rencontres d’après minuit D Frankreich 2013 D R: Yann Gonzalez D B: Yann Gonzalez D K: Simon Beaufils D S: Raphaël Lefèvre D M: M83 D D: Kate Moran, Niels Schneider, Nicolas Maury, Julie Brémond, Eric Cantona, Alain-Fabién Delon D V: Salzgeber & Company Medien
BEGEGNUNGEN NACH MITTERNACHT Hochamt des Begehrens.
Als die Nacht am tiefsten ist, lädt das Paar Ali (Kate Moran) und Matthias (Niels Schneider) zu sich ein. Ihr transsexuelles Dienstmädchen Udo (Nicolas Maury) empfängt die Gäste: Die Schlampe (Julie Brémond), den Hengst (Eric Cantona), den Teenager (Alain-Fabién Delon) und den Star (Fabienne Babe). Der Zweck des Treffens ließe sich als Orgie beschreiben, es wird daraus ein Hochamt des Begehrens. Das gleiche läßt sich über Yann Gonzalez’ Kinodebut selbst sagen, einen Film, der sich furchtlos und nicht ohne Stolz die ganze Pracht cineastischer Künstlichkeit zu eigen macht, um von Liebenden zu erzählen, die niemals ganz bei sich sein können und darin ihr Glück finden. Die Wohnung ist ein theatraler Unort, die Musik (von M83, der Band von Yann Gonzalez und seinem Bruder Anthony) kommt aus einer Jukebox, die auf die Stimmung der Gäste reagiert. Der Film schlägt kleine Volten um von einer Liebe zu erzählen, die Jahrhunderte überdauert hat, von gebrochenen Herzen, von Demütigungen und Furcht. Bilder, die Anregungen aus der Geschichte des Kinos wie aus religiöser Ikonografie schöpfen. Im Laufe einer Nacht begegnen sich diese Menschen, erzählen und entblößen sich, lieben und trauern, berühren einander und berühren uns. Queer ist dieses Kino in einem radikalen Sinn, es sucht nach einer Form der Uneigentlichkeit, überführt Kitsch in Erhabenes und bahnt sich seinen Weg durch eine Nacht, die so betörend wie beängstigend ist. Es handelt von Begehren und Befriedigung wie vom Rest, der bleibt und mag von Lust nicht sprechen ohne auf den Tod zu kommen. Und am Ende, als das flüchtige Glück ephemerer Gemeinschaft aufgelöst und viel mehr als nur die Nacht an ihr Ende gekommen ist, beschert uns BEGEGNUNGEN NACH MITTERNACHT noch einen Sonnenaufgang wie ihn nur das Kino zu evozieren mag. D Sebastian Markt
Start am 10.7.2014 ¢ Xenon Kino
OMU
Queer cinema in a radical sense. YOU AND THE NIGHT searches for a way to be non-authentic, transforms kitsch into good style and blazes a trail through the night that is as frightening as it is captivating.
100 TAGE DOCUMENTA-STADT EIN FILM VON KATRIN UND SUSANNE HEINZ AB 10. JULI IM KINO Die Documenta gilt als weltweit bedeutendste Ausstellung für zeitgenössische Kunst. Sie findet alle fünf Jahre statt. Nicht in New York, nicht in London, nicht in Paris, nicht in Berlin. IN KASSEL. http://www.arts-home-is-my-kassel.info/ www.facebook.com/ArtsHomeIsMyKassel
INDIEKRITIKEN
DER GROSSE KANTON
MONSIEUR CLAUDE UND SEINE TÖCHTER
Seit Jahren streiten sich Deutschland und die Schweiz über zentrale Fragen des nachbarschaftlichen Zusammenlebens: deutsche Steuerflüchtlinge und Schweizer Bankgeheimnis, Schweizer Fluglärm und deutsche Immigranten. Für all diese und viele weitere Streitfragen präsentiert der Schweizer Kabarettist Viktor Giacobbo eine einfache Lösung: Deutschland tritt der Schweiz als neuer Kanton bei. In DER GROSSE KANTON setzen sich Politiker, Wissenschaftler und Künstler wie Gerhard Polt, Joschka Fischer, Gregor Gysi und Michael Ringier mit dieser Idee auseinander.
Das bürgerliche Frankreich macht sich Sorgen um seine Töchter: Im französischen Kassenknüller MONSIEUR CLAUDE UND SEINE TÖCHTER schleppen die vier Töchter zum Entsetzen der konservativen und sehr katholischen Eltern die unterschiedlichsten Schwiegersöhne ins Haus. Einer ist Araber, einer Jude, einer Chinese, der letzte zwar Katholik, aber Afrikaner. Regisseur Philippe de Chauveron hat selbst einige interkulturelle Ehen in der Familie, er versteht den Film als einen Aufruf zu mehr Toleranz.
¢ Acud Kino
Schweiz 2013 D 85 min D R: Viktor Giacobbo
¢ Bundesplatz Kino DF ¢ Union Filmtheater DF
Originaltitel: Qu’est-ce qu’on a fait au Bon Dieu? D Frankreich 2014 D 97 min D R: Philippe de Chauveron D D: Frédérique Bel, Christian Clavier, Elodie Fontan, Emilie Caen, Yvonne Gradelet
KINDERKINO IM INDIEKINO ACUD KINO TÄGLICH BALI KINO DO, FR, SA, SO BUNDESPLATZ KINO DO, FR, SA, SO EISZEIT KINO DO, FR, SA, SO EVA-LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO FILMKUNST66 DO, FR, SA, SO SPUTNIK KINO DO, FR, SA, SO TILSITER LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO UNION FILMTHEATER DO, FR, SA, SO ZUKUNFT DO, FR, SA, SO
17 Uhr Sa+So auch 15+16 Uhr 16 Uhr 13.30 Uhr wechselnde Zeiten 13.15 Uhr 15 Uhr wechselnde Zeiten wechselnde Zeiten wechselnde Zeiten wechselnde Zeiten Eine aktuelle Programmübersicht über alle KinderfilmTermine finden Sie auf www.indiekino.de
SAUACKER Ob der Hof im baden-württembergischen Landkreis Sigmaringen sein dreihundertjähriges Bestehen feiern kann, hängt allein von Philipp Kienle ab. Seit 1725 ist das kleine Gut im Besitz seiner Familie, und wenn es nach dem 30-jährigen geht, bliebe das auch in der nächsten Generation so. Wenn seine Schicht im Stahlwerk vorbei ist, geht es nach Feierabend zum Hof der Eltern, wo er zusammen mit Vater Konrad weiterschuftet. SAUACKER zeichnet ein einfühlsames und emphatisches Portrait einer Familie und eines landwirtschaftlichen Kleinbetriebs. ¢ fsk-Kino am Oranienplatz ¢ Sputnik Kino am Südstern ¢ Zukunft
D 20
D JULI 2014
Deutschland 2013 D 81 min D R: Tobias Müller D D: Philipp Kienle, Manuela Schmidt, Konrad Kienle, Gertrud Kienle, Karl-Heinz Müller, Jürgen Arnold, Alexander Bippus-Jäger, Rainer Rebholz
WEITERINDIEKINO
CHASING THE WIND
MAMAN UND ICH
Als die in Berlin lebende Anna vom Tod ihrer Großmutter erfährt, entschließt sie sich, nach jahrelanger Abwesenheit in ihre Heimat zurückzukehren. Doch weder von ihrem verbitterten Großvater Johannes, noch von ihrer alten Jugendliebe Havard wird sie mit offenen Armen begrüßt. Denn ihre Rückkehr kratzt an alten Wunden, die mit dem tragischen Tod ihrer Eltern in Verbindung stehen. Doch ihr Wille zu helfen, was Johannes als eitles „Jagen nach dem Wind“ abtut, trägt bald Früchte. Für sein melancholisch-humorvolles Heimatdrama entwickelt Denstad Langlo (NORD) eine wunderbar reduzierte Bildsprache.
Guillaume ist fest davon überzeugt, ein Mädchen zu sein. Auch seine neurotische Mutter hat ihm immer eine Sonderstellung eingeräumt, weil sie sich nach zwei Söhnen eine Tochter wünschte. Wie auch der Rest der durch und durch konservativen Familie, glaubt sie, Guillaume sei schwul … In seinem mit autobiografischen Zügen und surrealen Einsprengseln versehenen Regiedebüt treibt Gallienne, der nicht nur Guillaume in sämtlichen Altersstufen, sondern auch die Mutter verkörpert, ein munteres Spiel mit Identität, Entfremdung und sexueller Selbstfindung.
¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ Filmrauschpalast OMU
Norwegen 2013 D 91 min D R: Rune Denstad Langlo D D: Anders Baasmo Christiansen, Sven-Bertil Taube, Tobias Santelmann, Frederik Meldal Nørgaard, Marie Blokhus
¢ Bundesplatz Kino DF + OMU ¢ Union Filmtheater DF ¢ Hackesche Höfe Kino OMU
Frankreich 2013 D 87 min D R: Guillaume Gallienne D D: Françoise Fabian, Diane Kruger, Guillaume Gallienne
ENEMY
BOYHOOD
ENEMY ist ein verwirrender, aber sehr sehr gut aussehender, Großstadt-Doppelgänger-Psychothriller von PRISONERS-Regisseur Denis Villeneuve. Jake Gyllenhaal spielt einen kanadischen Universitätsprofessor Adam, der ein etwas ereignisloses Leben vor sich hin lebt – bis er eines Tages in einem Film einen Darsteller entdeckt, der genau so aussieht, wie er selbst. Er spürt den Doppelgänger auf, einen zwielichtigen Typen, der ein ungleich glamouröseres Leben zu führen scheint. Die Sorte Leben, von der Adam heimlich träumt.
Wer BOYHOOD noch nicht gesehen hat sollte das unbedingt nachholen: Für seinen Ausnahmefilm über die Kindheit und Jugend des Jungen Mason hat Richard Linklater über 12 Jahre immer wieder mit dem aufwachsenden Ellar Coltrane gedreht. Am Anfang des Films ist Mason sechs, am Ende nach einer normalen turbulenten Jugend, mit 18, verlässt er sein Elternhaus und geht zum College. Der Film fließt dahin wie eine konventionelle Filmerzählung, und trotz seines eigentlich gemächlichen Erzähltempos verdichtet er ein Leben so, dass einem schwindelig wird.
¢ b-ware! ladenkino ¢ Union Filmtheater
OMU DF
CDN/E 2013 D 90 min D R: Denis Villeneuve D D: Jake Gyllenhaal, Mélanie Laurent, Sarah Gadon
¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ Bundesplatz Kino DF + OMU ¢ Eiszeit Kino OV ¢ Eva Lichtspiele DF + OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Sputnik Kino am Südstern OV ¢ Union Filmtheater DF
USA 2002–2014 D 163 min D R: Richard Linklater D D: Patricia Arquette, Ethan Hawke, Ellar Coltrane, Tamara Jolaine, Sam Dillon
JULI 2014 D
21 D
INDIESERVICE
REINICKENDORF
PANKOW
LICHTENBERG 7 E
SPANDAU
MITTE CHARLOTTENBURG- 6 WILMERSDORF 5
MARZAHNHELLERSDO
11
9
FRIEDRICHSHAINKREUZBERG 15 8 4
13 3
1
10 B
C 14 D
TEMPELHOFSCHÖNEBERG
STEGLITZZEHLENDORF
TREPTOWKÖPENICK
NEUKÖLLN
2
DIE INDIEKINOS ACUD KINO MITTE 1
EISZEIT KINO KREUZBERG 4
Veteranenstr. 21, 10119 Berlin Telefon: 030/44 35 94 98, Mail: kino@acud.de, www.acud.de U8, M1 Rosenthaler Platz, M8/12 Brunnenstr./Invalidenstr., S1/2 Nordbahnhof
Zeughofstr. 20, 10997 Berlin Telefon: 030/611 60 16, Mail: info@eiszeit-kino.de, www.eiszeit-kino.de U1, M29, N1 Görlitzer Bahnhof
B-WARE! LADENKINO FRIEDRICHSHAIN 15 Gaertnerstr. 19, 10245 Berlin Telefon: 030/63 41 31 15 ladenkino.de S+U-Bahnhof Frankfurter Allee, Bus 240 Boxhagener Platz, Tram 13 Wühlischstraße
BALI KINO ZEHLENDORF 2
EVA-LICHTSPIELE BERLIN WILMERSDORF 5
6
Teltower Damm 33, 14169 Berlin Telefon: 030/811 46 78, www.balikino-berlin.de S-Bahnhof Zehlendorf
Bleibtreustr. 12, 10623 Berlin Telefon: 030/882 17 53, Mail: mail@filmkunst66.de, www.filmkunst66.de S-Bahnhof Savignyplatz
BUNDESPLATZ-KINO WILMERSDORF 3
FILMRAUSCHPALAST MOABIT 7
Bundesplatz 14, 10715 Berlin Telefon: 030/85 40 60 85, Mail: kino@bundesplatz-kino.de, www.bundesplatz-kino.de U9, S 41/42/46, Bus 248/N9 U+S-Bahnhof Bundesplatz
Lehrter Str. 35, 10557 Berlin Telefon: 030/394 43 44, Mail: info@filmrausch.de, www.filmrausch.de Hauptbahnhof + 10 min Fußweg, Bus 123 Kruppstr., Bus M27 Quitzowstr.
D 22
D JULI 2014
TILSITER LICHTSPIELE FRIEDRICHSHAIN
Segitzdamm 2, 10969 Berlin Telefon: 030/614 24 64, Mail: post@fsk-kino.de, www.fsk-kino.de U8, Bus M29/140/N8 Moritzplatz, U1 Kottbusser Tor
Richard-Sorge-Str. 25a, 10249 Berlin Telefon: 030/426 81 29, Mail: programm@tilsiter-lichtspiele.de, www.tilsiter-lichtspiele.de U5 Frankfurter Tor, Weberwiese, M10 Bersarinplatz, Straßmannstraße
HACKESCHE HÖFE KINO MITTE 9
Blissestr. 18, 10713 Berlin Telefon: 030/92 25 53 05, Mail: info@eva-lichtspiele.de, www.eva-lichtspiele.de U7, Bus 101/104/249 Blissestr.
FILMKUNST66 CHARLOTTENBURG
FSK-KINO AM ORANIENPLATZ KREUZBERG 8
Rosenthaler Str. 40/41, 10178 Berlin Telefon: 030/283 46 03, Mail: info@hoefekino.de, www.hoefekino.de S-Bahnhof Hackescher Markt, U8 Weinmeisterstraße
SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN KREUZBERG 10 Hasenheide 54, 10967 Berlin Telefon: 030/694 11 47, Mail: post@sputnik-kino.com, www.sputnik-kino.de U7 Südstern, U7/8 Hermannplatz
11
UNION FILMTHEATER FRIEDRICHSHAGEN Bölschestr. 69, 12587 Berlin 12 Telefon: 030/6501 3141, www.kino-union.de S-Bahnhof Berlin-Friedrichshagen
XENON KINO SCHÖNEBERG
13
Kolonnenstr. 5, 10827 Berlin Telefon: 030/78 00 15 30, Mail: service@xenon-kino.de S-Bahnhof Julius-Leber-Brücke
ZUKUNFT FRIEDRICHSHAIN
14
Laskerstr. 5, 10245 Berlin Telefon: 030/426 81 29, Mail: programm@zukunft-ostkreuz.de, kino-zukunft.de S-Bahnhof Ostkreuz
INDIESERVICE
INDIEKINO OPEN-AIR
FREILUFTKINO POMPEJI FRIEDRICHSHAIN
Im Volkspark Hasenheide, 12049 Berlin Telefon: 030/283 46 03, www.freiluftkino-hasenheide.de U7+U8 Hermannplatz, U8 Boddinstraße
Laskerstr. 5, 10245 Berlin Telefon: 030/426 81 29, freiluftkino-pompeji.de S-Bahnhof Ostkreuz
Herausgeber: INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) Nalepastr. 18–50, 12459 Berlin Telefon: 030 - 209 897 24, info@indiekino.de, www.indiekino.de Geschäftsführung: Hendrike Bake Redaktion: Hendrike Bake, Thomas Dorow redaktion@indiekino.de
D
Filmtexte: Toby Ashraf, Hendrike Bake, Thomas Dorow, David Herger, Lili Hering, Sebastian Markt, Jens Mayer, Eileen Reukauf, Raphaël Rück, Christoph Selzer
Das INDIEKINO BERLIN Magazin erscheint monatlich in einer Auflage von 15.000 Stück. Das Magazin ist kostenfrei. Verteilung in den Berliner Kinos ACUD Kino, Bali Kino, Bundesplatz Kino, Eiszeit Kino, Eva Lichtspiele, filmkunst66, Filmrauschpalast Moabit, fsk-Kino am Oranienplatz, Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino am Südstern, Tilsiter Lichtspiele, Union Filmtheater, Xenon Kino, Zukunft sowie an weiteren 200 Verteilstellen. Abonnement: das INDIEKINO BERLIN Magazin kann als kostenfreies Abonnement bestellt werden. Es genügt eine Mail mit Ihrer Postadresse an abo@indiekino.de. Bildnachweis: Filmbilder: Filmverleiher
Gefördert durch das
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Anzeigen: anzeigen@indiekino.de
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Grafik: Michael Zettler, Zett Media
D JULI 2014
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Texte Kinohighlights: INDIEKINO BERLIN und Kinos
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12459 Berlin
12 A
Revaler Straße 99, 10245 Berlin Telefon: 030/351 224 49, www.freiluftkino-insel.de, S/U-Bahnhof Warschauer Straße
WINDLICHT IM FILMRAUSCH PALAST: „UMSONST & DRAUSSEN“ MOABIT E
Nalepastr. 18–50
Hinter dem Kurpark 13, A 12587 Berlin Telefon: 030/65 01 31 41, www.freiluftkino-friedrichshagen.de S-Bahnhof Berlin-Friedrichshagen
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ORF
FREILUFTKINO INSEL ZU GAST IM CASSIOPEIA FRIEDRICHSHAIN C
INDIEKINO BERLIN UG
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