INDIEKINO BERLIN Magazin #44, Januar 2018

Page 1

D DIE SPUR Rehe blicken zurück D DER ANDERE LIEBHABER Vexierspiel D DOWNSIZING Kuriose Gesundschrumpfung D WIR TÖTEN STELLA Aus der Distanz D THE UNTAMED Sepia-sexuell D TONY CONRAD: COMPLETELY IN THE PRESENT Humorvoller Avantgardist D DAS MILAN PROTOKOLL Ärztin zwischen den Fronten D ON THE BEACH AT NIGHT ALONE Filme für Liebende D MARLINA – DIE MÖRDERIN IN VIER AKTEN Frauen in der Wildnis D LUX – KRIEGER DES LICHTS Real Life Super Hero D GARTEN DER STERNE Berührend, entspannt, poetisch D GRACE JONES: BLOODLIGHT AND BAMI High Flyin’ Bitch D THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI Frances McDormand auf Rachefeldzug

Magazin DER unabhängigen BERLINER LichtspielhäusER

D 44 D JANUAR 2018

indiekinoBERL

DIE DUNKELSTE STUNDE – Start am 18.1.2018



British Shorts Indiekino Anzeige 2018_Layout 1 18.12.17 20:28 Seite 1 DIE INDIEKINOS D ACUD KINO D B-WARE!LADENKINO D BALI KINO­ D B ­ rotfabrik Kino D BUNDES­PLATZ KINO D City Kino Wedding D EVA-LICHTSPIELE D FILMKUNST66 D FILMRAUSCHPALAST D FSK-KINO AM ORANIENPLATZ D HACKESCHE HÖFE KINO D IL KINO D INTIMES D KROKODIL D KLICK Kino D SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN D TILSITER ­LICHTSPIELE D UNION FILMTHEATER D XENON KINO D WOLF KINO D Z-INEMA D ZUKUNFT D B-WARE! OPEN AIR D FLB Weissensee D FLK FRIEDRICHSHAGEN D FLK HASENHEIDE D FLK INSEL D FLK ­POMPEJI D FLK „UMSONST & DRAU­S­SEN“ IM FILMRAUSCHPALAST

11th Lichtspielklub Short Film Festival

11–17 Jan 2018 Sputnik Kino Acudkino City Kino Wedding HAU2 Kino Zukunft

Editorial Wir beginnen das Jahr 2018 mit einem Rückblick: Wir haben unsere Autorinnen und Autoren nach ihren Lieblingsfilmen 2017 gefragt. Die Ergebnisse findet ihr auf den Seiten 8 und 9. Wir haben ein Gesamtranking der Top 15 erstellt – herausgekommen ist eine sehr abwechslungsreiche Empfehlungsliste, die uns selbst überrascht hat. Sie beinhaltet Drama, Horror, Sci-Fi, Kinderfilm, Dokfilm und Hardcore-Arthouse. Immerhin fünf der Filme sind von Regisseurinnen oder Autorinnen und drei von Schwarzen Filmemachern. Aber sie ist auch sehr westlich und anglophil. Kein asiatischer, arabischer oder osteuropäischer Film hat es in die Gesamtliste geschafft. Wir haben alle Einzelwertungen unserer Autor*innen abgedruckt, die sehr unterschiedlich ausfallen. THE SQUARE taucht sowohl als Top als auch als Flop des Jahres auf, ebenso MOTHER!, KÖRPER UND SEELE, FIKKEFUCHS, BLADE RUNNER 2049 und LADY MACBETH. Oft sind bei den Nennungen Filme dabei, über die die Kolleg*innen für INDIEKINO geschrieben haben. Zum einen liegt das natürlich daran, dass man einen Film erst mal gesehen haben muss, bevor man ihn lieben kann. Die kritische Beschäftigung ist aber auch immer eine Annäherung, und wir bemühen uns, Aufträge an Autor*innen zu vergeben, deren Interesse ungefähr in der Richtung des Films liegt. Auf diesem Wege können wir auch endlich unsere Autor*innen ein wenig vorstellen, von denen einige schon von Anfang an dabei sind. Was begeistert die Kolleginnen und Kollegen, was nervt sie und worauf freuen sie sich im gerade beginnenden Kinojahr. Und so dient unser Jahresrückblick zugleich als Ausblick und als Navigationshilfe für das Filmjahr 2018. Viel Spaß beim Lesen und viel Spaß im neuen (Kino)jahr Eure INDIEKINO BERLIN Redaktion

www.britishshorts.de


INDIEPREMIEREN

06 Magazin

24 Frauen in der Wildnis: MARLINA – DIE MÖRDERIN IN VIER AKTEN

08 Best of 2017 – Die Lieblingsfilme der INDIEKINO Redaktion

34 WEITER im Kino

10 Rehe blicken zurück: DIE SPUR

36 Kinderfilme

12 Vexierspiel: DER ANDERE LIEBHABER

38 Kinohighlights

18 Filme für Liebende: ON THE BEACH AT NIGHT ALONE

46 Nachbild 47 Kinoadressen, Impressum, AboNNEMENT

Neu im JANUAR 32 12 20 22 15 33 32 17 28

Alte Jungs Der andere Liebhaber Die Anfängerin Anne Clark – I’ll walk Out Into Tomorrow Beach Rats Born in China Dark Circus Downsizing Die dunkelste Stunde

Starts der Woche 4.1. 32 32 20 14 27 31 10

D4

Alte Jungs Glory Greatest Showman Das Leuchten der Erinnerung Lux – Krieger des Lichts Score – Eine Geschichte der Filmmusik Die Spur

D JANUAR 2018

16 32 23 20 16 33 29

Garten der Sterne Glory Grace Jones: Bloodlight und Bami Greatest Showman Hannah – Ein buddhistischer Weg zur Freiheit Hot Dog Julian Schnabel: A Private Portrait

21 14 27 24 15 30 18 31

Letzte Tage in Havanna Das Leuchten der Erinnerung Lux – Krieger des Lichts Marlina – Die Mörderin in vier Akten Das Milan Protokoll Nur Gott kann mich richten On the Beach at Night Alone Score – Eine Geschichte der Filmmusik

10 21 22 14 29 26 30

Die Spur Three Billboards Outside Ebbing, Missouri Tony Conrad: Completely in the Present The Untamed Wir töten Stella Wonder Wheel Wunder

11.1.

18.1.

25.1.

32 29 22 14 26

12 20 33 17 28 16 16 33 24 15 29

22 15 23 21 30 18 21 30

Dark Circus Julian Schnabel: A Private Portrait Tony Conrad: Completely in the Present The Untamed Wonder Wheel

Der andere Liebhaber Die Anfängerin Born in China Downsizing Die dunkelste Stunde Garten der Sterne Hannah – Ein buddhistischer Weg zur Freiheit Hot Dog Marlina – Die Mörderin in vier Akten Das Milan Protokoll Wir töten Stella

Anne Clark – I’ll Walk Out Into Tomorrow Beach Rats Grace Jones: Bloodlight und Bami Letzte Tage in Havanna Nur Gott kann mich richten On the Beach at Night Alone Three Billboards Outside Ebbing, Missouri Wunder


AGNIESZKA MANDAT

WIKTOR ZBOROWSKI

EIN FILM VON AGNIESZKA HOLLAND

MIROSLAV KROBOT

DIE SPUR ab 04. Januar im Kino www.diespur-derfilm.de


INDIEMAGAZIN

Cinesthesia Concert: Hexen Benjamin Christensens 1922 gedrehter

So Long Leonard: Eine ­Hommage in Filmausschnitten

Stummfilm HEXEN (HÄXAN) ist eines der merkwürdigsten Werke der Filmgeschichte. In sieben Kapiteln wird eine Weltgeschichte des Mystizismus allgemein und der Hexerei speziell ausgebreitet, die sich nicht zwischen Aufklärung und Spekulation bzw. Exploitation entscheiden kann. Am 25.1. um 21 Uhr wird der österreichische, in Berlin lebende Percussionist und Multiinstrumentalist Boris Hauf den Klassiker auf ganz eigene Weise interpretieren. Dass ausgerechnet er sich mit HEXEN auseinandersetzt, macht Sinn. Hauf spielt in der Band Naked Lunch Schlagzeug. HEXEN war der Lieblingsfilm von William S. Burroughs. hauf.klingt.org

Leonard Cohen gilt als einer der einflussreichsten Singer/Songwriter unserer Zeit, als Filmmusiker ist er dagegen weitgehend unbekannt. Dabei wurde seine Musik bislang in rund 250 Filmen weltweit verwendet. Anhand prägnanter Beispiele von Robert Altmans MCCABE & MRS MILLER (1971) bis zu Oliver Stones NATURAL BORN KILLERS (1994) zeigt Kurator und Filmjournalist Urs Spörri die Bandbreite, in der Cohens Musik im Film funktioniert. Im Anschluss an den Vortrag läuft der Konzertfilm I‘M YOUR MAN (2005) von Lian Lunson: Prominente Interpreten wie Nick Cave, Rufus Wainwright, Jarvis Cocker und Anohni singen Leonard Cohens bekannteste Songs. Vortrag & Film am 30.1. um 19 Uhr im City Kino Wedding.

Rosas Sonntag im Klick Am 25. November feierte Rosa von

Italienischer Abend I: PIO Am 17.1.um 20 Uhr lädt IL KINO ITALIA zur Preview von PIO ein. Regisseur Jonas Carpignano wurde 2015 mit MEDITTERANEO bekannt, einem semi-dokumentarischem Spielfilm über den Alltag afrikanischer Flüchtlinge in einer italienischen Kleinstadt. In seinem Nachfolgefilm verfolgt er nun das Schicksal des Roma-Jungen Pio, der bereits in MEDITERRANEO am Rande auftauchte. PIO erzählt von einem schwierigen Coming-of-Age und entwirft zugleich ein Porträt der verschiedenen Communities in der kalabrischen Küstenstadt.

D6

D JANUAR 2018

Italienischer Abend II: DAS FENS­TER GEGENÜBER Das Bundesplatz-Kino zeigt an seinem “Italienischen Abend“ am 19.1. um 18 Uhr Ferzan Özpeteks DAS FENSTER GEGENÜBER - LA FINESTRA DI FRONTE (2003): Die Ehe zwischen Giovanna und Filippo zerbröselt zusehends unter einem zermürbenden Alltag, und beim Blick auf das Nachbarhaus träumt Giovanna von einer anderen Welt. Dann bringt Filippo den verwirrten Alten Simone (Massimo Girotti in seiner letzten Filmrolle) mit nach Hause, und die Begegnung eröffnet Giovanna neue Perspektiven. Wie immer mit italienischen Kleinigkeiten und mit einer Einführung von Silvia Cresti.

Praunheim seinen 75. Geburtstag bundesweit. Am 7.1. um 17 Uhr lädt das Klick Kino noch einmal zu einer nachbarschaftlichen Nachfeier ein. An ROSAS SONNTAG zeigt das Kino eine Doppelvorstellung der ÜBERLEBEN-Filme: Um 18 Uhr läuft der Klassiker ÜBERLEBEN IN NEW YORK von 1989 und um 20 Uhr das aktuelle Pendant ÜBERLEBEN IN NEUKÖLLN. Dazu wird Rosa ab 17 Uhr über sein Leben, sein neues Buch „Wie wird man reich und berühmt“ und sein Theaterstück „Jeder Idiot hat eine Oma, nur ich nicht“ (Premiere am 21.1. im Deutschen Theater) erzählen. Kaffee & Kuchen werden nicht fehlen.


Verlosung: Trockenschwimmen & Parasol Dem jungen eksystent Filmverleih liegen außergewöhnliche Filme am Herzen, ein besonderes Interesse gilt dabei Filmen von Regisseurinnen. eksystent hat die Filmreihe „Femmes Totales“ kuratiert und bringt aktuell den schrägen feministischen Western MARLINA – DIE MÖRDERIN IN VIER AKTEN (Besprechung auf Seite 24) ins Kino. Wir freuen uns, in diesem Monat zwei diesjährige Filme des Verleihs verlosen zu können. TROCKENSCHWIMMEN ist ein liebesvolles Porträt einer Seniorenschwimmgruppe. Regie führte Susanne Kim, die auch für INDIEKINO schreibt. In PARASOL – MALLORCA IM SCHATTEN erzählt Valéry Rosier lakonisch von vier Einsamen im Mallorca der Nachsaison. Wer die Filme gewinnen möchte, schreibt uns bis zum 15.1. an info@indiekino.de. Stichwort: eksystent.

30 Jahre Sputnik Kino

1988 wurde das Sputnik Kino Kreuzberg gegründet und beliefert seit nunmehr 30 Jahren den Bezirk mit schrägen Filmen aus aller Welt, amerikanischen Indies und liebevollen Sonderveranstaltungen. Das wird jetzt ein ganzes Jahr lang gefeiert: An jedem 3. Donnerstag im Monat gibt es Jubiläums-Previews, Talks und Specials. Die Details finden sich immer aktuell unter: sputnik-kino.com

Neue Spätschiene & Preview im Klick Kino Das Klick Kino in Charlottenburg erweitert sein Programm. Ab sofort gibt es auch Freitag und Samstag um 22 Uhr Programm und außerdem eine monatliche Sneak-Preview. Die findet im Januar am 26.1. um 20 Uhr statt.

AB 25. JANUAR IM KINO »Einer der zehn besten Filme des Jahres! Pflichtprogramm für alle, die sich für die Verflechtung von Musik und Bildender Kunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts interessieren.« AMY TAUBIN, ARTFORUM

Downsizing

NeujahrspreFILMSYMPOSIUM: views im fsk-Kino SAVING BRUCE LEE Unser Vorschlag für den Jahresanfang: Rausch ausschlafen, laaanges Katerfrühstück und dann einen Frischluftspaziergang ins fsk-Kino zum ersten Film des Jahres, wo am 1.1. gegen 20 Uhr zwei Previews zu sehen sein werden. In THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI (Besprechung auf Seite 21) von Martin MacDonagh spielt Frances McDormand eine Mutter, die den gewaltsamen Tod ihrer Tochter rächt. In DOWNSIZING (Besprechung auf Seite 26) entwirft Alexander Payne die melancholische Zukunftsvision einer Welt, in der sich Menschen auf wenige Zentimeter schrumpfen lassen, um Ressourcen zu sparen

Film-Stipendien zählten zu den bevorzugten „kulturdiplomatischen“ Instrumenten der UdSSR. Viele heute namhafte Filmschaffende aus dem arabischsprachigen Raum und aus Afrika studierten in den 1960er bis 1980er Jahren am renommierten Gerassimow-Institut für Kinematographie (VGIK) in Moskau. Vom 19.–21.1. untersucht das Symposium „Sacing Bruce Lee“ im Haus der Kulturen der Welt die damals entstandenen Arbeiten und ihr Verhältnis zur Populär- und Staatskultur ihrer Herkunftsländer. Filmvorführungen, Vorträge, Filmgespräche & viele Gäste. hkw.de


BEST OF 2017 Die Lieblingsfilme der INDIEKINO Wir haben unsere Autorinnen und Autoren nach ihren persönlichen Top Ten gefragt, nach ihrem Flop des Jahres und danach, worauf sie sich 2018 am meisten freuen. Nebenan gibt es die Einzelergebnisse, hier die meistgenannten 15 Filme. Mehr unter: indiekino.de

Moonlight USA 2016, Barry Jenkins Western D/BU/AUT 2016, Valeska Grisebach Certain Woman USA 2016, Kelly Reichardt Mein Leben als Zucchini SW/FR 2016, Claude Barras Get Out USA 2017, Jordan Peele

Toby Ashraf

Thomas Dorow

Top Ten: Der traumhafte Weg, Casting, Der Ornithologe, Axolotl Overkill, Western, Little Men, Helle Nächte, Streetscapes [Dialogue], Der lange Sommer der Theorie, Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes Größter Flop: mother!/The Square Worauf ich mich freue: Auf neues Geheule vom Wolf und endlich mal alle Berliner (Indie-) Kinos zu besuchen, die ich noch nicht kenne.

Top Ten: Nocturama, A Ghost Story, The Handmaiden, Moonlight, Western, Certain Women, Der Ornithologe, Paradies (Ray), Blade Runner 2049, Dalida Größter Flop: Die Gewinner der Berlinale, von Cannes und Venedig. Worauf ich mich freue: Luca Guadagninos Suspiria-Remake, wenn das denn endlich mal fertig wird, und auf neue Filme von Peter Strickland, vor allem In Fabric.

Blade Runner 2049, Manchester by the Sea, Der Ornithologe, Mit siebzehn, I Am Not Your Negro Größter Flop: Der dunkle Turm Worauf ich mich freue: Endlich nochmal Call Me By Your Name sehen, jetzt zum regulären Kinostart.

Hendrike Bake Top Ten: Nocturama, 120 BPM, Moonlight, Elle, Die Schlösser aus Sand, Die Nile Hilton Affäre, Paddington 2, Lady Macbeth, Die rote Schildkröte, lustige Filme von Frauen: Western, Was hat uns bloß so ruiniert, Ihre beste Stunde Flop: Das einige der besten Filme des Jahres (Nocturama, Die rote Schildkröte) von fast niemandem gesehen worden sind. Worauf ich mich freue: Isle of Dogs – der neue Animationsfilm von Wes Anderson. You Were Never Really Here – Hardcore von Lynne Ramsay. D8

D JANUAR 2018

Katharina Franck Top Ten: Körper und Seele, Parasol - Mallorca im Schatten, Sieben Minuten nach Mitternacht, Thor: Tag der Entscheidung, The Square, Certain Women, Born to Be Blue, Mein Leben als Zucchini, Get out, Personal Shopper Größter Flop: Das Frauenbild von Blade Runner 2049 Worauf ich mich freue: Science-Fiction von Alice Winocour, Alex Garland, Claire Denis, Duncan Jones, James Gray, Drew Pearce, Reed Morano und mehr!

Patrick Heidmann Top Ten: Moonlight, God’s Own Country, Get Out, 120 BPM, Coco,

Christian Horn Top Ten: Moonlight. Aus dem Nichts, War For the Planet of the Apes, Elle, Baby Driver, Radiance, A Ghost Story, Fikkefuchs, Mein Leben als Zucchini , Loving Größter Flop: Transformers 5 (erwartungsgemäß mies), Star Wars - The Last Jedi (leider enttäuschend) Worauf ich mich freue: Freue mich, wenn endlich Rote Kacke 6.2 und mein B-Actionfilm Valentina Vito an den Start gehen

Susanne Kim Top Ten: Patti Cake$, Shalom Italia, Die Verführten, Kommunion, Die Nile Hilton Affäre, Die Liebhaberin, Jahrhundertfrauen, Life on the Border, Certain Woman, Trockenschwimmen - muss ich rein nehmen, war für mich persönlich natürlich der Film des Jahres

Größter Flop: Below her Mouth, Girls Trip Worauf ich mich freue: Auf The Florida Project und Camino a la Paz im Kino und die Arbeit an meinem neuen Film.

Christian Klose Top Ten: Blade Runner 2049, Dunkirk, Moonlight, Einsamkeit und Sex und Mitleid, The Killing of a Sacred Deer, Baby Driver, Mein Leben als Zucchini, The Girl with all the Gifts, Die feine Gesellschaft, Die vergessene Armee Größter Flop: Alien Covenant (Kann das Alien-Franchise nach Prometheus noch schlechter werden? Offenbar ja.) Worauf ich mich freue: The Man Who Killed Don Quixote von Terry Gilliam

Jan Künnemund Top Ten: Moonlight, Mit siebzehn, Félicité, Meine schöne innere Sonne, Western, Der Ornithologe, Der traumhafte Weg, I Am Not Your Negro, Certain Women, Little Men Größter Flop: Die (auch moralisch) vollkommen uninteressante Hauptfigur in The Square. Das Sich-Breit-Machen eines


Redaktion Der Ornithologe POR/FR/BR 2016, João Pedro Rodrigues Blade Runner 2049 USA 2017, Denis Villeneuve A Ghost Story USA 2017, David Lowery Selbstkritik eines bürgerlichen ­Hundes D 2017, Julian Radlmaier NOCTURAMA FR/D/B 2016, Bertrand Bonello

autoritären Erzählers in Der Tod Ludwig XIV, Das Haneke-Bashing. Worauf ich mich freue: Auf eine Zukunft hinter unserem Sonnensystem, die wie unsere Gegenwart aussieht, und in der Robert Pattinson auf ein schwarzes Loch zufliegt (Claire Denis, High Life).

Sebastian Markt Top Ten: Western, Moonlight, Der traumhafte Weg, Der Tod Ludwig XIV, Die andere Seite der Hoffnung, Meine schöne innere Sonne, Félicité, Mit siebzehn, Die Lebenden reparieren, Get Out Größter Flop: Fikkefuchs Worauf ich mich freue: Splendid Isolation: Hong Kong Kino 19491980 (Filmreihe von The Canine Condition, Arsenal März 2018). Crossing Europe 2018. Black Panther & A Wrinkle in Time

Jens Mayer Top Ten: Aus dem Nichts, Dunkirk, Blade Runner 2049, Detroit, Moonlight, Die andere Seite der Hoffnung, mother!, Happy End Größter Flop: Misslungene und uninspirierte Roman-Adaptionen wie Der dunkle Turm und The Circle.

Worauf ich mich freue: Weniger Superhelden, Franchises, Reboots und Remakes und dafür mehr echte Impulse, bitte!

Michael Meyns Top Ten: I Am Not Your Negro, A Ghost Story, Personal Shopper, Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes, Get Out, Wrong Elements, Denk ich an Deutschland in der Nacht, Der Tod von Louis XIV, Nocturama, Neruda Größter Flop: Das es tatsächlich Hollywood-Größen gibt – Meryl Streep etwa – die behaupten nichts von den Exzessen eines Harvey Weinstein geahnt zu haben. Worauf ich mich freue: Mit der Ernennung eines Kosslick-Nachfolgers besteht die vage Hoffnung, dass der Wettbewerb der Berlinale ab 2019 mehr Kontur gewinnt, ein bisschen mehr Konflikt herrscht, auf das aus einem schönen Festival wieder ein großes wird.

Harald Mühlbeyer Top Ten: Die Beste aller Welten, Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes, Die Taschendiebin, Ihre beste Stunde, The Big Sick, Blind und hässlich, Fikkefuchs, Sommerhäuser, Western, mother!

mother! USA 2017, Darren Aronofsky Mit Siebzehn FR 2016, André Techiné Manchester by the Sea USA 2016, Kenneth Lonergan Little Men USA 2016, Ira Sachs I Am Not Your Negro FR/USA/B/SW 2016, Raoul Peck

Größter Flop: Black Sabbath: The End of the End: Wie kann man diese urgewaltige Musik mit belanglosem Interviewgeschwätz zuballern! Worauf ich mich freue: Uraufführung von Orson Welles’ The Other Side of the Wind – aber nur, wenn der auch im Kino und nicht nur bei Netflix rauskommt …!

Susanne Stern Top Ten: Amelie rennt, Beuys, Casting, Die Schöne und das Biest, Die Unsichtbaren - Wir wollen leben, Don´t blink - Robert Frank, God’s Own Country, Körper und Seele, Manifesto, The Party Größter Flop: Zazy von M.X. Oberg und Lady Macbeth von William Oldroyd. Brutal ausgestellte Gewalt und Freude am Sadismus werden nicht schöner, wenn Frauen es tun. Worauf ich mich freue: ... auf die Lovestory zwischen Jude Law als Dumbledore und Johnny Depp als Grindelwald in Fantastic Beasts 2!

Lars Tunçay Top Ten: Mein Leben als Zucchini, Little Men, Die Blumen von gestern, Die rote Schildkröte, Manchester

by the Sea, Eine Fantastische Frau, Der Wein und der Wind, Jahrhundertfrauen, Jackie, La La Land Größter Flop: Justice League Worauf ich mich freue: Isle of Dogs von Wes Anderson eröffnet die Berlinale!

Matthias von Viereck Top Ten: Manchester by the Sea, Logan, Born to Be Blue, A Cure for Wellness, Hell or High Water, Moonlight, Wonder Woman, Logan Lucky, Tulpenfieber, Guardians of the Galaxy Vol. 2 Größter Flop: Resident Evil: The Final Chapter Worauf ich mich freue: Auf den Kinostart des wunderbaren, zugleich todtraurigen und sehr lustigen Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Hardy Zaubitzer Top Ten: Silence, Song to Song, Jackie, mother!, Alien: Covenant, Happiness, La La Land, Certain Women, A Ghost Story, Neruda Größter Flop: xXx: Return of Xander Cage Worauf ich mich freue: Neue Filme von PTA und Lynne Ramsay, mehr brauch ich nicht. JANUAR 2018 D

9D


INDIEFEATURE

Berge, tiefer Wald, eine Nebelnacht in Polen. Zwischen den Bäumen tauchen Silhouetten auf – Rehe und Hirsche. Wie die Wächter des Waldes stehen sie ganz still und beobachten. Und für einen Moment teilen wir Zuschauer ihre Perspektive. Sie beobachten eine Zusammenrottung von Menschen, Menschen in Geländewagen und mit Gewehren, Menschen, die sie und ihresgleichen totschießen wollen: Jäger. Nach KÖRPER UND SEELE ist Agnieszka Hollands DIE SPUR der zweite große Film der letzten Berlinale, dessen Eröffnungssequenz den Rehen gehört, diesen zarten und majestätischen Tieren, die wohl auch deshalb beim Menschen beliebt sind, weil sie niemandem etwas zu leide tun. Sie spielen auch im weiteren Verlauf der Handlung eine große Rolle, als Mord­ opfer, Mordverdächtige, allgegenwärtige Beobachter. Die Menschen in der schönen Gegend an der tschechischen Grenze, in der die Geschichte spielt, benehmen sich weniger würdevoll. Es ist eine Macho-Gesellschaft, rückständig und korrupt, die Jagd wird als Männlichkeitsritual zelebriert, für junge Frauen scheint Prostitution unumgänglich.

D 10

D JANUAR 2018

Janina Duszejko ist in dieser Gesellschaft eine Außenseiterin, ein hellsichtiger Freigeist, pensionierte Ingenieurin, die viel in der Welt unterwegs war. Sie studiert Astrologie und die Gesetze des Lebens, lebt im Einklang mit der Natur, schafft sich in geistiger Einöde ihre eigene Welt. Eines Tages sind ihre geliebten Hunde verschwunden. Kurz danach findet sie eine verstümmelte Leiche – der Polizeichef, ein passionierter Jäger. Die Rehspuren im Schnee will außer Duszejko niemand bemerken. Als ein zweiter Mord passiert, wieder ein Jäger und notorischer Tierquäler, gibt es wilde Verdächtigungen, eine falsche Verhaftung – und wieder finden sich Tierspuren bei der Leiche. Duszejko gerät immer heftiger mit der Obrigkeit aneinander, weil niemand ihrer Theorie glaubt. Nehmen die gequälten Tiere Rache an ihren Mördern? DIE SPUR ist virtuos inszeniert, jedes Bild ist vielschichtig und voller Informationen, die sich zum Teil erst bei mehrmaligem Sehen enthüllen. Dichter Plot, Geheimnisse, schnelle Wendungen – die effektive, moderne Erzählweise verdankt sich wohl auch der Arbeit an den hochkarätigen Serien, die Agnieszka Holland in den letzten Jahren inszeniert hat. „House of Cards“, „The Wire“, „The Killing“ haben der Handschrift der tief im europäischen Autorenkino verwurzelten Regisseurin Tempo und Leichtigkeit


INDIEFEATURE

Die Spur

Rehe blicken zurück

hinzugefügt. In Co-Regie mit ihrer Tochter Kasia Adamik wirbelt sie spielerisch Genregrenzen durcheinander, benutzt Versatzstücke von Krimi, Milieustudie und furiosem Rachethriller und mischt sie zu etwas völlig

Originaltitel: Pokot D Deutschland/Schweden/Polen/Tschechien/Slowakei 2017 D 128 min D R: Agnieszka Holland D B: Agnieszka Holland, Stepán Hulík D K: Jolanta Dylewska D S: Pavel Hrdlicka D M: Antoni Lazarkiewicz D D: Miroslav Krobot, Jakub Gierszal, Wiktor Zborowski, Agnieszka Mandat-Grabka, Patrycja Volny D V: Film Kino Text

Start am 4.1.2018 ¢ Acud Kino DF ab Mitte Januar ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ab Mitte Januar ¢ City Kino Wedding DF OMU ¢ Filmrauschpalast OMU ab 11.1. ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Krokodil OMU ¢ Zukunft OMU

Termine unter www.indiekino.de

Brutally murdered hunters are found in a backwoods village on the Polish-Czech border. There are deer traces next to the corpses. Did the animals take their revenge?

Neuem. Ihr Film ist ein anarchisches Märchen, in dem wie immer im Märchen den Bösen Böses geschieht, ein „Rape-revenge-movie“ der anderen Art mit Mordmethoden, die es im Kino so noch nicht gab. Auf der Berlinale war der verdiente Lohn der Alfred-Bauer-Preis für Innovation. Außergewöhnlich ist auch die Hauptfigur. Wie oft ist die Kinoheldin eine ältere Frau, die ein Berufsleben hinter sich hat, macht was sie will, und gleich zwei Verehrer hat? Umso mutiger ist, dass Holland ihre Heldin, die der polnische Theaterstar Agnieszka Mandat mitreißend spielt, im Laufe des Films ambivalenter werden lässt, dem Zuschauer größere Brüche zumutet, als man zunächst ahnt. DIE SPUR ist auch ein Kommentar Agnieszka Hollands zur politischen Lage in ihrer Heimat Polen und in Amerika, wo sie die meiste Zeit lebt. Mit der engstirnigen, schießwütigen Dorfbevölkerung zeichnet sie ein abgründiges Bild der Milieus, die in beiden Ländern nationalistische Regierungen an die Macht gebracht haben und gibt denen eine Stimme, die dagegen aufbegehren. Ihr Film zeigt, wie selbstverständlich wir von der Ausbeutung anderer Spezies leben und feiert die Ordnung der Natur und ihre regenerative Kraft. Die Auflösung seiner irren Story stellt philosophische Fragen nach unserem Verständnis des Lebens. D Susanne Stern



INDIEFEATURE

Der andere Liebhaber Vexierspiele

Schon immer liebt François Ozon Verwirrspiele, Doppelungen, Brechungen, Spiegelungen, multiple und sich verändernde Identitäten, seien es die fluktuierenden sexuellen Positionierungen seiner Hauptpersonen in TROPFEN AUF HEISSE STEINE und EINE NEUE FREUNDIN, das Auftauchen eines mysteriösen Fremden, der sich als jemand ganz anderer herausstellt, in FRANTZ, oder die Whodunit-Anordnung in 8 FRAUEN. Immer wieder ist auch das Verhältnis von „Wirklichkeit“ und Imagination Thema. In SWIMMING POOL ist niemals ganz klar ist, ob die junge Frau, die Charlotte Ramplings Schreiburlaub mit ihrer aufdringlichen Sexualität stört, nicht vielleicht doch eine Fantasie von ihr ist. In ANGEL – EIN LEBEN WIE IM TRAUM versucht eine Kitschromanautorin ihr Leben wie einen Roman zu gestalten, und RICKY – WUNDER GESCHEHEN erzählt bierernst und mit einem für Ozon ungewöhnlichen Naturalismus von einem Kind, dem Flügel wachsen. Im Zwillings-Erotik-Horror-Psychodrama DER ANDERE LIEBHABER nach dem Roman „Der Andere“ von Joyce Carol Oates treffen sich diese beiden Ozonschen Obsessionen aufs Schönste. Chloé (Marina Vacth, JUNG & SCHÖN) sucht einen Psychologen auf, um besser mit ihren Depressionen klar zu kommen. Während der Gespräche verliebt sie sich in Paul (Jérémie Renier), einen ruhigen Typen, der sehr schöne Pullover trägt, und nach der Therapie beginnen die beiden eine Beziehung. Beim Einzug in die gemeinsame Wohnung entdeckt Chloé in einer Kiste einen Ausweis von Paul, in dem er einen anderen Namen trägt. Paul reagiert ausweichend. Chloé findet auf eigene Faust heraus, dass Paul einen Zwillingsbruder, Louis, hat – der kurioserweise ebenfalls Psychologe ist. Chloé stellt sich bei ihm anonym als Patientin vor und beginnt eine „Therapie“, zu der auch brutale Beschimpfungen der „Patientin“ und übergriffiger Sex in Louis‘ Hinterzimmer gehören. Chloé hat einen Orgasmus und geht immer wieder hin. Ist Louis eine reale Person oder lediglich Chloés Fantasie von einem abgründigeren, aufregenderen Paul? Ozon amüsiert sich damit, diese Frage bis fast zum Schluss in der Schwebe zu halten. In der Inszenierung selbst gibt es kaum Anhaltspunkte, denn alle Szenen sind in exakt derselben Tonlage kunstfertig arrangierter Eleganz gehalten. Schöne Leute, humorvoll platziert in schönen Interieurs. Sein exaltiert bösartiges Verhalten lässt Louis zunächst wie eine erotische Fantasie wirken. Aber der immer makellose, stille Paul und auch Chloé, deren Gesicht wenig Emotionen preisgibt, haben etwas Irreales. Sie alle sind Schachfiguren in Ozons raffiniertem Gedankenspiel, das sich in immer verwegenere Höhen schraubt. Das Motiv des guten und des bösen Zwillings wird immer wieder gedreht und gewendet, in einem schillerndem Genremix aus Psychodrama, Kolportagestory und Horrorfilm. Mit seiner fröhlich anti-authentischen Haltung ist François Ozon näher an den Filmen der 40er und 50er Jahre als an den Konventionen des Gegenwartskinos. Luis Buñuel, Alfred Hitchcock, sogar Agatha Christie fallen einem ein. Wie ferne Echos irrlichtern andere Filme durch DER ANDERE LIEBHABER – Filme von denen man das Gefühl hat, der Filmliebhaber François Ozon hätte sie am liebsten selbst gedreht: WHAT HAPPENED TO BABY JANE, MARNIE, BELLE DE JOUR, LA PRISONNIÈRE (Henri-Georges Clouzot), ROSEMARY’S BABY, GASLIGHT (George Cukor). DER ANDERE LIEBHABER entwickelt vielleicht nicht die Wucht dieser Vorbilder, hat dafür aber einen verspielten Humor. Wie immer macht es viel Spaß, Ozon, der nicht nur aber auch ein brillanter Kinohandwerker ist, bei der souveränen Konstruktion und Dekonstruktion seines Bilderrätsels zuzuschauen. D Hendrike Bake

Start am 18.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino ¢ Bundesplatz-Kino ¢ Il Kino OMU ¢ Xenon Kino OMU ¢ Zukunft OMU

DF OMU DF OMU

Termine unter www.indiekino.de

Anna falls for her gentle psychoanalyst and enters into an relationship with him. Later she discovers that he has a twin brother who is much less gentle and who is also an psychoanalyst.

Frankreich 2017 D 107 min D R: François Ozon D B: François Ozon D K: Manuel Dacosse D S: Laure Gardette D M: Philippe Rombi D D: Marine Vacth, Jeremie Renier, Jacqueline Bisset D V: Weltkino

JANUAR 2018 D

13 D


INDIEKRITIKEN Originaltitel: The Leisure Seeker D Frankreich/Italien 2017 D 112 min D R: Paolo Virzì D B: Francesco Piccolo, Paolo Virzì, Stephen Amidon, Francesca Archibugi D K: Luca Bigazzi D S: Jacopo Quadri D M: Carlo Virzì D D: Donald Sutherland, Helen Mirren, Janel Moloney, Joshua Mikel, Kirsty Mitchell D V: Concorde Filmverleih

Das Leuchten der Erinnerung

Originaltitel: La region salvaje D Deutschland/Dänemark/Frankreich/Schweiz/Norwegen/ Mexiko 2016 D 100 min D R: Amat Escalante D B: Amat Escalante, Gibrán Portela D K: Manuel Alberto Claro D S: Jacob Secher Schulsinger, Fernanda de la Peza D M: Lasse Marhaug, Guro Moé, Martin Escalante D D: Ruth Ramos, Simone Bucio, Jésus Meza, Edén Villavicencio D V: Forgotten Film Entertainment

The Untamed Sepia-sexuell

Helen Mirren & Donald Sutherland

Ohne ihren Sohn und die Tochter zu informieren, steigen Ella und John nach fünfzig Ehejahren in ihr altes Wohnmobil und cruisen die Ostküste entlang. Ihr Ziel: Das Ernest Hemingway-Haus in Florida. Die Krux an der Sache ist, dass John, der Fahrer, an Alzheimer leidet und immer seltener lichte Momente hat. Unterwegs nächtigen die Eheleute auf Campingplätzen, wo sie unter dem Sternenhimmel Dias auf ein Bettlaken projizieren und alte Erinnerungen hervorkramen, sofern Johns Gedächtnis dies zulässt. Dabei brechen Eifersüchteleien von damals und ein Geheimnis an die Oberfläche, das die langjährige Ehe in ein neues Licht taucht. Für sein englischsprachiges Debüt wählte der renommierte Italiener Paolo Virzì (DIE SÜßE GIER) einen Roman von Michael Zadoorian. Wie zuletzt Virzìs DIE ÜBERGLÜCKLICHEN ist das Roadmovie ganz auf darstellerische Nuancen zugeschnitten. Die Altstars Helen Mirren und Donald Sutherland überzeugen als sehr vertrautes Ehepaar im Epizentrum des episodisch aufgefächerten Dramas. Virzì und sein Kameramann Luca Bigazzi (LA GRANDE BELLEZZA) zimmern dem Darsteller-Duo einen unaufgeregten filmischen Rahmen, der viel Sinn für Realismus zeigt und auf inszenatorische Kapriolen verzichtet. So entsteht ein dezenter Schauspielerfilm, der allerdings mitunter etwas schwerfällig vorankommt und manch interessanten Aspekt, wie den nebenbei eingeworfenen US-Wahlkampf, links liegen lässt. Einen Roadtrip im Alter hat man in ABOUT SCHMIDT besser gesehen, eine von Demenz überschattete Liebe im grandiosen AWAY FROM HER – THE LEISURE SEEKER schwimmt irgendwo im Mittelfeld dazwischen. D Christian Horn

Start am 4.1.2018 ¢ Bundesplatz-Kino DF OMU ab Mitte Januar ¢ Il Kino OMU ¢ Union Filmtheater DF ab Mitte Januar

D 14

D JANUAR 2018

Helen Mirren and Donald Sutherland play Ella and John, an older married couple who are still in love and decide to take a trip in an old mobile home named “Leisure Seeker”. Their children are shocked and worried because John has Alzheimer’s.

Das mexikanische Kino hat in den letzten Jahren Hollywood erobert. Iñárritu, del Toro und Cuarón regieren den Arthouse- und Blockbuster-Markt. Die eckigere mexikanische Schule um Carlos Reygades dagegen sitzt immer noch in der zweiten Reihe, und das ist mindestens für Cineasten auch ganz gut so. Reygades-Schüler Amat Escalante hat in Cannes für THE UNTAMED den silbernen Bären für die beste Regie gewonnen, aber sein Film ist so kantig, dass nur der kleine Verleih „Forgotten Films“, der sonst auf BluRay-Veröffentlichungen von Ausgrabungen wie DER PERSER UND DIE SCHWEDIN spezialisiert ist, sich an das Monstrum herangetraut hat: Veronika (Simone Bucio) hat Sex mit einem Tentakel-Wesen, aber bei dem letzten Treffen hat es sie verletzt. Im Krankenhaus trifft sie den reizenden schwulen Krankenpfleger Fabian, der eine heimliche Affäre mit Angel hat, dem nach außen homophoben und gewalttätigen Ehemann seiner Schwester Alejandra. Durch die Begegnung mit Veronica werden alle drei in die seltsame Tentakelsex-Welt, die sich in einer abgelegenen Hütte im Wald entfaltet, hineingezogen. THE UNTAMED ist Sozialdrama und Hardcore-Arthouse-Horrorfilm und erinnert am ehesten an eine stoische Version von Andrzej Żuławskis Berlin-Kultfilm POSSESSION. Die Bilder von Kameramann Manuel Alberto Claro (MELANCHOLIA, NYMPHOMANIAC) wirken mal unterkühlt, mal hypnotisch. Die Tentakel-Sexszenen sehen aus, als wären sie direkt von Hokusais berühmtem Stich „Tako to ama“ (Kraken und Muscheltaucherin) inspiriert. Der Film entfaltet einen schönen Sog, ist aber als Exploitation besser zu genießen denn als bedeutungsschwangeres Kunstkino. Klar geht es irgendwie um das Monströse des Begehrens und eine verklemmte, homophobe Gesellschaft, aber Stil und Atmosphäre sind hier deutlich wichtiger und gelungener als die etwas krude Metapher. D Hannes Stein

Start am 11.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino OMU ¢ Brotfabrik Kino OMU ¢ Filmraschpalast OMU ¢ fsk-Kino am Oranienplatz ¢ Klick Kino OMU

OMU

Amat Escalante’s wild and stylish THE UNTAMED is a social drama and a hardcore arthouse horror film. It’s about monstrous desire and a repressed, homophobic society – and about sex with a tentacle creature.

Termine unter www.indiekino.de


INDIEKRITIKEN Deutschland 2017 D 100 min D R: Peter Ott D B: Peter Ott D K: Jürgen Jürges, Jörg Gruber D S: Timo Schierhorn D M: Ted Gaier D D: Catrin Striebeck, Christoph Bach, Henriette Nagel, Korkmaz Arslan, Samy Abdel Fattah D V: Real Fiction

Das Milan Protokoll Zwischen Thriller und Lehrstück

Ein Ort im Nahen Osten: von Granatenbeschuss zerlegte Häuser, keine Menschenseele, ein ausgebranntes Autowrack, zwei verdreckte Hunde, die in leichter Zeitlupe durchs Bild gleiten… Der Alptraum, der Martina nachts umfing, verflüchtigt sich tags nicht. Als deutsche Ärztin im kurdischen Nordirak versucht sie, umgeben von Zerstörung, etwas Positives zu bewirken. Doch da es bekanntlich nichts Richtiges im Falschen gibt, fällt das schwer. Ärztliche Neutralität scheint hier als Haltung nicht auszureichen. Martina wird entführt und ein spannender Thriller um ihre Befreiung entfaltet wie ein Lehrstück die hochkomplexe Interessenlage der verschiedenen Konfliktbeteiligten. Da sind die Kurden, die dringend das Panzerabwehrsystem MILAN von der Bundesregierung benötigen. Da ist der radikalisierte Migrantensohn aus Bielefeld, der, vom IS enttäuscht, fürchtet, im Knast zu landen. Da ist der sunnitische Stamm, der den IS abschütteln will, aber unter dessen Flagge operiert. Diverse Geheimdienste, nicht zuletzt der türkische, wollen die regionale Machtwaage zugunsten ihrer Nation neigen. Aufgerollt wird das Ganze in verschachtelten Rückblenden. Nach der Rettung wird Martina vom BND befragt, der undurchsichtig wie die Entführer um ihr Vertrauen wirbt. Durchzogen von Phantasiesequenzen und dokumentarischen Zwischenbildern changiert DAS MILAN PROTOKOLL zwischen dem Angebot zum Eintauchen in einen Spionagethriller und der ästhetischen Aufforderung zur distanzierten Betrachtung. Einzelne Momente des Films werden subtil theatralisch dargestellt und zeichnen so die Erzählungen als gegeben, aber nicht zwangsläufig aus. Regisseur Peter Ott knüpft dabei an zwei Parabeln an: Gottes Aufforderung an Abraham, seinen Sohn zu opfern, und Brechts „Maßnahme“. Beide fragen nach der Entscheidung zwischen Gehorsam und individueller Stimmigkeit im Handeln. D Anna Stemmler

Start am 18.1.2018 ¢ Acud Kino ¢ Hackesche Höfe Kino ¢ Klick Kino, am 18.1. um 20 Uhr mit Regisseur Peter Ott ¢ Sputnik Kino, am 19.1. um 19.30 mit Regisseur Peter Ott

Termine unter www.indiekino.de

German doctor Martina is kidnapped by a Sunni group on the border of Iraq. She is believed to be involved in an arms transportation. The IS and the BND are soon also part of the plan. A tautly told German political thriller.

USA 2017 D 95 min D R: Eliza Hittman D B: Eliza Hittman D K: Hélène Louvart D S: Scott Cummings, Joe Murphy D D: Neal Huff, Harrison Dickinson, Kate Hodge, Erik Potempa D V: Salzgeber & Co. Medien

Beach Rats

Im schwarzen Meer der Maskulinität

„I don’t really know what I like“, sagt Frankie zu den Männern, die er über das Internet zum Sex trifft. Seine zunehmend selbstbewussteren Taten sagen etwas anderes. Die Anonymität der Video-Chatrooms lässt ihn frei sein wie die Möwen am unendlich blauen Meer seines PC-Bildschirmschoners. In der Realität aber ist das Meer am Strand von Brooklyn unheimlich dunkel und er trägt eine Maske. Mit einer Gruppe Jungs macht er die Gegend unsicher. Rauch füllt die Lungen, die Muskelkräfte werden verglichen, mit kleinen Diebstählen wird sich bei Laune und nach schönen Frauenkörpern Ausschau gehalten. Die Kamera bewegt sich nervös wie erregte Augenpaare an den Körpern der Menschen entlang. Muskulöse Körper schwitzen in der Sonne, straffe Beine bewegen sich zur Musik, klebrige Lippen ziehen an einem Joint. In den Sexszenen lässt Regisseurin Eliza Hittman den Zuschauer dann vollends in die chaotische Gefühlswelt ihres Hauptcharakters driften. Ihre extremen Nahaufnahmen umschlungener Körper sind gleichzeitig unangenehm intrusiv und eindringlich zart. Einmal beobachtet Frankie seine kleine Schwester mit ihrem ersten Freund. Sie wird sich später nach dem Vorbild der Alibi-Freundin ihres großen Bruders ein Bauchnabel-Piercing stechen. Frankie dagegen fehlen die Vorbilder, mit denen er sich identifizieren kann. Ihm bleibt nur das schwarze Meer der toxischen Maskulinität, zu dem Misogynie und Homophobie den Weg weisen. Im Blitzlicht der ersten Momente des Films sehen wir Frankies nackten Oberkörper, als er Fotos von sich für sein Online-Profil schießt. Das zweite Blitzgewitter lichtet ihn und seine Freundin Simone ab. Als die beiden zusammen in einem Club tanzen, klingt es für einen Moment, als würde der Sänger der Disco-Musik klagend singen: „Hilf mir.“ D Hardy Zaubitzer

Start am 25.1.2018 ¢ Klick Kino OMU ¢ Wolf OMU ¢ Zukunft OMU

In the anonymity of chatrooms Frankie is gay, but when he goes out to the beach and meets his buddies, he wears a mask of toxic, heteronormative masculinity.

JANUAR 2018 D

15 D


INDIEKRITIKEN Originaltitel: Hannah: Buddhism’s Untold Journey D Deutschland/Dänemark/Ungarn/ Spanien/Großbritannien/Indien/Honkong/Nepal 2014 D 90 min D R: Marta György-Kessler D B: Marta György-Kessler, Adam Penny D K: Guy Nisbett D V: W-Film

Hannah – Ein buddhistischer Weg zur Freiheit

Deutschland/Schweiz 2016 D 61 min D R: Stéphane Riethauser, Pasquale Plastino D B: Stéphane Riethauser, Pasquale Plastino D K: Stéphane Riethauser D S: Dalia Castel D V: missingFILMs

Garten der Sterne Berührend, entspannt, poetisch

Porträt der Karma-Kagyü-Missionarin

Nach Sichtung dieses, nicht einmal eineinhalb Stunden zählenden Filmporträts, hat man den Eindruck, einer besonderen, von ihrer Mission gänzlich erfüllten Frau, näher gekommen zu sein. Hannah Nydahls Lebens-Mission war der Buddhismus. 1968 geht sie, 22-jährig, mit ihrem Mann Ole Nydahl von Kopenhagen nach Kathmandu. In Nepal begegnen sie einem Mann, der ihr Leben verändert: dem 16. Karmapa, geistiges Oberhaupt der Karma-Kagyü-Linie des tibetischen Buddhismus. Fürderhin widmen sich die Nydahls der buddhistischen Lehre; nach einigen Jahren verabschiedet sie Karmapa mit den Worten: „Ich will, dass ihr den Buddhismus in den Westen bringt“. Ole und Hannah sind zehn und fünf Jahre alt als sie sich erstmals begegnen. Sie verbringen einen Großteil des Lebens miteinander, in 28 Reisejahren besuchen sie über 80 Länder und gründen mehr als 500 Meditations-Zentren. Stets, diesen Eindruck muss man beim Betrachten der vielen bewegten und unbewegten Archivbilder einfach gewinnen, stets beseelt davon, den Buddhismus hinaus in die Welt zu tragen. Einmal heißt es im Film: „Sie waren ein vollkommenes Team“. Eine Einheit, die durch Hannahs Krebs-Tod im Jahr 2007 auseinander fällt. „Es ist wie eine Amputation“, sagt Ole Nydahl, der sich, inzwischen 76-jährig, weiter als Lama seiner Religion widmet. Diesen inspirierenden Film, der sich nur hie und da zu sehr in für Außenstehende kaum nachvollziehbare Streitigkeiten innerhalb der Karma-Kagyü-Linie verliert, haben Adam Penny und Marta György-Kessler inszeniert. Letztere ist nicht nur selbst Buddhistin, sie reiste auch viele Jahre mit Hannah und Ole. Es ist wohl auch diese Nähe der Regisseurin zu ihren Protagonisten, die zum Gelingen des Films beiträgt. D Matthias von Viereck

Start am 18.1.2018 ¢ Acud Kino OMU ¢ b-ware!ladenkino OMU ¢ Eva-Lichtspiele OMU ¢ Union Filmtheater OMU ab Ende Januar

A loving film portrait of Danish Hannah Nydahl, who tirelessly worked on spreading Buddhism in the West together with her husband Ole Nydahl.

„Ein Café auf einem Friedhof? Warum nicht! Wenn ein Friedhof ein Ort der Begegnung sein soll, dann braucht man auf dem Friedhof einen Ort, an dem man sich begegnen kann“, heißt es auf der Homepage des Alter-St.-Matthäus-Kirchhof, der sich an der Grenze von Schöneberg zu Kreuzberg unweit des U-Bahnhofs Yorckstraße befindet. Pasquale Plastino und Stéphane Riethauser haben einen Dokumentarfilm über diesen Friedhof, dessen Café „Finovo“ und seinen Betreiber Bernd Bossmann, alias Ichgola Androgyn, gemacht und erzählen das Ganze zu Beginn als Märchen. Die transidente Schauspielerin Zazie de Paris („Westler“) spricht eine Grimm’sche Erzählung, während die Kamera traumwandlerisch durch Baumkronen fährt und wir danach Bossmann begegnen, der nicht zum ersten Mal eine*n charismatische*n Filmprotagonist*in abgibt. Bereits in den Filmen von Michael Brynntrup und Rosa von Praunheim (die elegant in den Film einflochten werden) konnte man Ichgola Androgyn bewundern. Nun sehen wir nicht mehr die Trümmer-Transe und Polit-Tunte im Kampf gegen AIDS, sondern eine*n Aktivist*in, der/die den Friedhof als Begegnungsort neu denkt, Führungen gibt, über tote Schwule informiert und über den Garten der Sternenkinder berichtet. Dort werden sogenannte still- oder fehlgeborene Kinder begraben, denen sonst das Anrecht auf einen Bestattungsort nicht gegeben ist. Viele schwierige Themen werden von Plastino und Riethauser mit einer wunderbaren Leichtigkeit zu einem kleinen, filmischen Gedicht montiert, das ebenso berührend wie entspannt und atmosphärisch dicht daherkommt. Die erzählerischen Freiräume des Films, der unsentimentale, aber bewegende Sprachduktus von Bernd Bossmann und die große humanistische Liebe, die den Film dank seiner Hauptfigur durchtränkt, machen GARTEN DER STERNE zu einem wunderbaren, und im dokumentarischen Einerlei auch sehr besonderen Film. D Toby Ashraf

Start am 18.1.2018 ¢ Bundesplatz-Kino, Einzelvorführung am 28.1.* ¢ Klick Kino OMEU , am 17.1. um 18 Uhr* ¢ Sputnik Kino, am 20.1. um 18 Uhr* ¢ Xenon Kino, Premiere am 11.1.*

The moving, relaxing, and atmospheric GARTEN DER STERNE is about a cemetery at the heart of Berlin and trans Bernd Bossmann aka Ichgola Androgyn who runs a very special cemetery cafe there.

* zu Gast sind die Regisseure Pasquale Plastino und Stephane Riethauser und Bernd Boßmann/Ichgola Androgyn

D 16

D JANUAR 2018

Termine unter www.indiekino.de



INDIEFEATURE

On the Beach At

Hong Sangsoo dreht Filme für Liebende. Ging es in RIGHT NOW, WRONG THEN um den Beginn einer Liebe, erzählt ON THE BEACH AT NIGHT ALONE vom Ende und der Zeit zwischen dem Danach und einem Neuanfang. Die Schauspielerin Younghee (Kim Minhee) ist nach Hamburg zu einer alten Freundin gereist. Vielleicht kommt der Mann nach, den sie liebt, aber das scheint nicht sehr wahrscheinlich. Younghee und ihre halb entnervte, halb aufdringliche Freundin laufen durch winterliche Straßen und Parks und reden über Dinge, die spätestens nach der zweiten Volte immer wieder zu Younghees Obsession zurückkehren. Sie will von ihrer vergeblichen Liebe frei sein, aber kann das nicht, weil sie immer darüber nachdenkt, und sie kann über nichts anderes nachdenken, weil sie verliebt ist. Im zweiten Teil ist Younghee wieder in Korea und ist in einen winterlichen Badeort gefahren, wo Freunde ein Arthouse-Kino und eine Bar betreiben.

Originaltitel: Bamui haebyun-eoseo honja D Südkorea 2017 D 101 min D R: Hong Sang-soo D B: Hong Sang-soo D K: Park Hongyeol, Hyung-ku Kim D S: Sungwon Hahm D D: Kim ­Min-hee, Seo Young-hwa, Jung Jae-young, Moon Sung-keun, Song Seon-mi D V: Grandfilm

D 18

D JANUAR 2018


INDIEFEATURE

Filme für Liebende

Night Alone

Hongs Filme sind Möglichkeitskunst. RIGHT NOW, WRONG THEN bestand aus zwei Teilen, die verschiedene mögliche Ausgänge der gleichen Begegnung erzählten. ON THE BEACH spielt in einem Moment, in dem einerseits alles möglich scheint, andererseits alles stillsteht. Der Moment vor einer Entscheidung, oder der Moment, wo Leugnen, Wut und Depression kulminieren und zu einem Abschluss führen, vielleicht aber auch andauern. Das sieht von außen manchmal sehr komisch aus, wie wenn Younghee betrunken und aus Liebe alle Liebenden verflucht: Niemand ist

Start am 25.1.2018 ¢ Brotfabrik Kino OMU ¢ fsk-Kino am Oranienplatz ¢ Il Kino OMU ¢ Klick Kino OMU ¢ Wolf OMU

OMU

würdig geliebt zu werden, und du hältst die Klappe, du hast keine Ahnung. Vielleicht lässt es sich wirklich nur in Gesten und Bildern so eloquent über die Liebe reden, wie in Hongs Filmen. In Roland Barthes „Fragmente einer Sprache der Liebe“ nimmt ja auch alles seinen Ausgang in einem visuellen Eindruck: Werther sieht Lotte Brot schneiden. Hongs nur an der Oberfläche schlichte Filme geben einem jedenfalls die Liebe zum Kino zurück. D Tom Dorow

Younghee is unhappily in love. She wants to be free of this senseless love, but can‘t do it because she keeps thinking about it and she can‘t think of anything else because she‘s in love. Hong Sang-soo depicts love, primarily in images and gestures, and does it as beautifully as only he can.

JANUAR 2018 D

19 D


INDIEKRITIKEN USA 2017 D 115 min D R: Martin McDonagh D B: Martin McDonagh D K: Ben Davis D S: Jon Gregory D M: Carter Burwell D D: John Hawkes, Peter Dinklage, Frances McDormand, Abbie Cornish, Sam Rockwell, Woody Harrelson, Caleb Landry Jones D V: Twentieth Century Fox

Three Billboards outside Ebbing, Missouri

USA 2017 D 97 min D R: Michael Gracey D B: Bill Condon, Jenny Bicks D K: Seamus McGarvey D M: John Debney, Benj Pasek, Justin Paul D D: Michelle Williams, Hugh Jackman, Zac Efron, Rebecca Ferguson, Zendaya D V: 20th Century Fox

Greatest Showman Erster Ohrwurm des Kinojahres

Frances McDormand auf Rachefeldzug

Die Eröffnungssequenz ist eine Augen- und Ohrenweide: Die titelgebenden, hochbetagten „Billboards“, wie sie völlig verwaist, nebelumschlungen und kaum noch entzifferbar im Nichts des Bundesstaates Missouri ihr Dasein fristen. Unterlegt sind die Tableaus mit einer himmlischen, von der Sopranistin Renée Fleming eingesungenen Version von „The Last Rose of Summer“ nach einem Text des irischen Poeten Thomas Moore. Freilich noch kaum erahnen kann man da, welch feurige Rolle den moribunden Werbetafeln in den kommenden knapp zwei Stunden dieses Films zukommen wird. Der irische Dramatiker und Regisseur Martin McDonagh (7 PSYCHOS) erzählt in seinem dritten Langfilm von einer Mutter (famos: Frances McDormand), deren Tochter auf grausame Weise ihr Leben hat lassen müssen, und die sich jetzt auf einem Rachefeldzug der besonderen Art befindet: Sie mietet die drei Billboards, um so dem Polizeichef des Ortes sein Versagen tagtäglich vor Augen zu führen: Raped While Dying, And Still No Arrests, How Come, Chief Willoughby? Man kann in diesem Film laut lachen (wiewohl einem das Lachen zuweilen im Halse erstirbt) und Tränen verdrücken. Immer wieder muss man an FARGO denken und McDormands epochemachenden Auftritt ebenda. Auch sonst sind die mimischen Leistungen fast durch die Bank lobenswert: Sam Rockwell, Peter – „Game Of Thrones“ – Dinklage (mit imposantem Schnauzer), Lucas Hedges (aus MANCHESTER BY THE SEA). Der Regisseur schenkt uns tolle Bilder, seine Figuren dürfen sich entwickeln, die suggestive Musik von Carter Burwell tut ein Übriges. Bei den Golden Globes (Anfang Januar) steht THREE BILLBOARDS sechsmal auf der Nominierungsliste, und auch beim Rennen um die diesjährigen Oscars dürfte das so wild verrückte und schwarzhumorige, wie hoch melancholische Kinostück ein Wörtchen mitreden. D Matthias von Viereck

Start am 25.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ab 8.2. ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Sputnik Kino DF OMU ab 8.2.

D 20

D JANUAR 2018

In the fictional town of Ebbing, Mildred Hayes (Frances McDormand) paints sentences on three billboards that are meant to bring the sleepy investigation of her daugher’s rape and murder back into motion.

THE GREATEST SHOWMAN basiert, sehr lose, auf dem Leben von P.T. Barnum, der als einer der erfolgreichsten und bekanntesten Impresarios des 19. Jahrhunderts und Innovator dessen, was wir heute unter „Zirkus“ verstehen, gilt. Als armer Schneidersohn mit großen Träumen verliebt sich Barnum in ein Mädchen aus gutem Hause, vollzieht Ehe, Vaterschaft und Verwandlung in Hugh Jackman binnen eines Musical-Songs und macht sich daran, es seinen Schwiegereltern und der Welt zu beweisen. Nachdem sein Wachsfigurenkabinett scheitert, schwenkt er auf lebende Exponate um und präsentiert Freaks, Artisten und ‚Exoten‘. Damit wird er zwar reich und berühmt, für die gesellschaftliche Anerkennung braucht er aber noch die Hilfe des Autoren Carlyle (Zac Efron) und der „Schwedischen Nachtigall“ Jenny Lind (Rebecca Ferguson). Ein wesentlicher Aspekt von Barnums Unternehmungen war, das Publikum zu verblüffen, dabei aber mit der Wahrheit zu haushalten. So ist es nur folgerichtig, dass die Geschichte des „Prinzen von Humbug“ ein auf Bilder und Showeffekte ausgelegtes Musical ist. Werbefilmer Michael Graceys erster Spielfilm ist ein riesiger Taschenspielertrick. Die Geschichte ist vorhersehbar und die Charakterentwicklung nicht immer schlüssig, aber es läuft alles großartig choreografiert und in einem Affentempo ab. Noch bevor man sich fragen kann, ob Barnum seinen „Exponaten“ wirklich ein Zuhause gab oder sie nur ausgenutzt hat, geht schon die nächste Nummer los und hat binnen kürzester Zeit den Punkt erreicht, wo man mitsingen möchte. Jackman, Efron und Co. können bekannterweise singen und tanzen, und das Komponistenteam Pasek & Paul darf sich nach den LA LA LAND-Texten jetzt an einem ganzen Libretto beweisen. Vielleicht gewinnt dieser SHOWMAN keine Oscars, aber der erste Ohrwurm des Jahres ist Besuchern absolut sicher. D Christian Klose

Start am 4.1.2018 ¢ Hackesche Höfe Kino ¢ Union Filmtheater DF

OMU

An all-singing, all-dancing biography about circus impresario P.T. Barnum (Hugh Jackman) and his rise to fame. About as nutritious and addictive as a large tub of buttered popcorn.

Termine unter www.indiekino.de


INDIEKRITIKEN Originaltitel: Últimos días en La Habana D Spanien/Kuba 2016 D 93 min D R: Fernando Pérez D B: Fernando Pérez, Abel Rodríguez D K: Raul Pérez Ureta D S: Sergio Sanus D D: Yailene Sierra, Jorge Martínez, Gabriela Ramos, Patricio Wood D V: Kairos Filmverleih

Letzte Tage in HavanNa Lebensfreude und Melancholie

„Wie kannst du dir vom Kommunismus die Lust am Sex verderben lassen?“, fragt Diego (Jorge Martínez) halb im Spaß, halb echt empört Miguel (Patricio Wood), seinen Freund seit Schulzeiten. Obwohl die beiden Männer unterschiedlicher nicht sein könnten, leben sie gemeinsam in einer ärmlichen kleinen Wohnung mitten in Havanna, vereint durch einen Lebensweg, der es oft nicht gut mit ihnen meinte. Dennoch sprüht Diego vor Lebenslust – wann immer er noch die Kraft dazu aufbringen kann, denn wegen seiner AIDS-Erkrankung sind seine Tage gezählt. Der in sich gekehrte Miguel kümmert sich beharrlich um seinen sterbenden schwulen Freund und erträgt sein tristes Leben als Tellerwäscher stoisch, einzig angetrieben von der Hoffnung auf ein Visum für die USA, das vielleicht nie in der Post sein wird. Alles, was ihm in der Zwischenzeit bleibt, ist – etwas plakativ – allabendlich die Landkarte zu studieren. Während draußen in den Straßen und Häusern der kubanischen Hauptstadt das Leben pulsiert, und die Menschen schreiend, singend und debattierend ihr Schicksal meistern, entfaltet sich die Freundschaft der Männer über weite Strecken in einem Kammerspiel. Dem Film, der auf der Berlinale Premiere feierte und dessen Regisseur Fernando Pérez sich bereits als Dokumentarfilmer seiner Heimatstadt Havanna gewidmet hat, gelingt dabei die Balance zwischen Melancholie und Lebensfreude – getragen von seinem Darsteller Patricio Wood, dessen Traurigkeit man fast körperlich spürt und der Präsenz des fantastisch unterhaltsamen Jorge Martínez. Dann taucht spät im Film überraschend auch noch eine Verwandte von Diego auf und bringt Leben, Menschen und sogar Tiere ins Haus. Ihr gehört auch die letzte Szene des Films, eine der eindrücklichsten, die man in den letzten Monaten im Kino gesehen hat. D Katharina Franck

Start am 25.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino OMU ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU

Termine unter www.indiekino.de

Diego and Miguel share a flat and have been friends since school. Diego is dying of AIDS and Miguel hopes to get a visa to the US so he can get out of Havana.

Deutschland 2017 D 98 min D R: Alexandra Sell D B: Alexandra Sell D K: Kolja Raschke D D: Franziska Weisz, Ulrike Krumbiegel, Stephan Grossmann, Rainer Bock, Annekathrin Bürger D V: farbfilm

Die Anfängerin Pirouette vorwärts

Annebärbel (Ulrike Krumbiegel) ist 58 Jahre alt, wohnt im Berliner Umland und leitet eine kleine Arztpraxis in der Stadt. Die Grundfarbe in Annebärbels Leben ist grau. Grau sind ihre Haare, graubraun ihr langer Wintersteppmatel, grau mit Mahagoni die spießige Wohnung mit den Bequem-Sitzmöbeln, noch grauer der Ehemann mit Schnäuzer, der Annebärbel zu Beginn des Films verlässt. Grau sind auch die entsättigten Farben in denen Regisseurin Alexandra Sell das Elend schildert. DIE ANFÄNGERIN erzählt, wie Annebärbel langsam einen Weg aus dem Grau ihres Lebens findet, indem sie das Schlittschuhlaufen (wieder) für sich entdeckt. Eines Tages, Annebärbel ist wie immer sehr schlecht gelaunt, kommt sie am „Sportforum Berlin“ vorbei und erinnert sich daran, dass das Schlittschuhlaufen mit 9 Jahren ihre große Leidenschaft war. Sie drängelt sich in den „Hobbyläufer“-Klub, der die unfreundliche Neue ziemlich misstrauisch beäugt, und bald ist Eislaufen das Einzige, was sie überhaupt noch interessiert. Ihre dominante Mutter (Annekathrin Bürger), die, wie sich später herausstellt schon damals verhindert hatte, dass Annebärbel das Eislaufen – vielleicht sogar professionell – weiterverfolgt, missbilligt das neue Hobby vehement. Inhaltlich arbeitet sich DIE ANFÄNGERIN recht brav am Mutter-Tochter-Konflikt ab. Annebärbel lernt eine junge Eisläuferin kennen und reflektiert darüber das Verhältnis zur eigenen Mutter. Und sie deckt später sogar noch ein Geheimnis auf, dass ihr den Bruch ermöglicht. Interessanter fand ich die Milieuschilderung. Im Sportforum trainieren auch die jungen Profiläuferinnen, der Ton ist hart und die Konkurrenz bitter. Netter geht es drüben bei den Synchronläuferinnen zu, auf die die jungen Stars natürlich herunter schauen. Ach, und die Berliner (Ost, natürlich) Weltmeisterin von 1974, Christine Errath, kommt auch vor. D Toni Ohms

Start am 18.1.2018 ¢ filmkunst66, am 15.1. um 17 Uhr mit Ulrike Krumbiegel, Annekathrin Bürger und Christine Stüber-Errath ¢ Union Filmtheater

The husband is gone, the mother is unbearable, work is too much. Doctor Annebärbel decides to revive an old childhood dream at 58 and joins a hobby ice skaing group.

JANUAR 2018 D

21 D


INDIEKRITIKEN Deutschland 2017 D 81 min D R: Claus Withopf D V: Neue Visionen

Anne Clark – I’ll Walk Out Into Tomorrow Lyrischer Minimalismus

Auch wenn es in Claus Withopfs filmischer Annäherung so scheint, als ob Anne Clark immer ein wenig von melancholischer Einsamkeit umweht wird, ist sie doch eine sehr nahbare Ikone. Withopf hat die New-Wave-Pionierin über zehn Jahre lang begleitet und zeigt einen nuancierten Einblick in die Arbeits-und Schaffenswelt der britischen Musikerin und Spoken-Word-Poetin. Clark erzählt offen über ihren großen Clash mit der Plattenfirma Virgin, der sie gleich am Anfang ihrer Karriere in eine Krise stürzte, ihre schwierige Kindheit mit einer psychisch labilen Mutter und immer wieder über ihre Liebe zum Wort, zu Haikus und Rilke. Sprache, Kommunikation und Poesie waren für Clark Fluchtpunkt in allen Lebenslagen, ein „inneres Bedürfnis“. Der Mix von gesprochener Lyrik und minimalistischer elektronischer Musik wurde ihr Aushängeschild, „Our Darkness“ und „Sleeper in Metropolis“ gelten als Klassiker der 80er. Anne Clark ist die einzige Stimme des Filmes. Sie begibt sich an die Ursprünge ihrer Laufbahn als Künstlerin zurück, besucht ihre Heimat London, in der sie sich, wie sie sagt, wie ein „Alien“ fühlt. Die biografische Rückschau wird immer wieder mit Clarks Texten verknüpft und mit passenden Konzertmitschnitten verwoben. Auch auf der Bildebene versucht Wilthopf Platz für Clarks Poesie zu schaffen, mit Grafiken und experimentellen Sequenzen. Bis heute lebt Clarks Musik von der kreativen Energie, die aus ihrer Sicht, immer aus dem Moment der Leidenschaft und nicht aus dem Hang zur Perfektion entsteht. Aus dieser Perspektive betrachtet wirkt Withopfs Porträt einer Frau, die sich als Arbeiterkind in den späten 70-igern mutig ihren eigenen künstlerischen Raum erkämpfte, sehr zahm. Aber Clarks Energie, ihre politische Haltung und Sensibilität sprechen trotzdem für sich und erinnern daran, was es bedeutet, aufrecht durchs Leben zu gehen. D Susanne Kim

Start am 25.1.2018 ¢ Tilsiter Lichtspiele ¢ Union Filmtheater

D 22

OMU OMU

D JANUAR 2018

Documentary about the singer and poet.

USA 2016 D 102 min D R: Tyler Hubby D B: Tyler Hubby D K: Damian Calvo, Fortunato Procopio D S: Tyler Hubby D M: Tony Conrad D V: Salzgeber & Co. Medien

Tony Conrad: Completely in the Present Humorvoller Avantgardist

Es gab bisher zwei Wege, Tony Conrad zu entdecken: entweder über seine Experimentalfilme, allen voran THE FLICKER von 1965, oder über seine Musik, in den letzten Jahren vor allem über die 2002 wieder aufgelegte Kollaboration mit der deutschen Band Faust von 1972, „Outside the Dream Syndicate“, vorher durch die Platte „The Ostrich“, bei der Conrad mit John Cale und Lou Reed in der Velvet Underground-Vorläuferband The Primitives spielte. Für beide Wege braucht man einiges an Durchhaltevermögen und gute Nerven oder mindestens Humor. THE FLICKER (Online verfügbar bei realeyz.de – alles Licht im Raum ausschalten und durchhalten!) besteht aus schwarzen und weißen Einzelbildern, die nach bestimmten formalen Prinzipien zusammengeschnitten sind und ein rhythmisches, stroboskopisches Flackern erzeugen, das Farbwahrnehmungen und Halluzinationen auslösen kann. Ein psychedelisches, konstruktivistisches, minimalistisches Meisterwerk von 1965. Conrad war aber auch ein Pionier der Minimal Music, der bereits in den späten 50er Jahren mit The Dream Syndicate (John Cale, La Monte Young, Angus McLise, Marian Zazeela) mit Drone-Sounds experimentierte, die später über John Cales Viola auch den Sound der Velvet Underground prägten. TONY CONRAD lässt den charmanten und witzigen Conrad eine persönliche Einführung in sein Werk präsentieren, garniert mit Lobpreis von vielen Bewunderern, vor allem aus der Noise-Pop-Szene, aber auch mit amüsanten Gesprächsschnipseln von Kuratoren, darunter einem, der erzählt, er haben einem Konsortium, den Ankauf von Conrads „Yellow Film“ empfohlen – ein auf die Wand gemaltes Rechteck. Der „Film“ dauert so lange, bis das Rechteck verschwunden ist – Das Konsortium habe nach der Präsentation gesagt, man glaube ja gern, dass das alles sehr wichtig sei, aber warum sei das Werk dann so billig? D Hannes Stein

Start am 11.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino OMU ¢ Brotfabrik Kino OMU Ende Januar ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Tilsiter Lichtspiele OMU ¢ Wolf OMU

TONY CONRAD – COMPLETELY IN THE PRESENT lets the charming and funny filmmaker and musician Conrad give a personal introduction to his work spruced up by the praise of many admirers, especially from the noise pop scene.

Termine unter www.indiekino.de


AB 18. JANUAR IM FILMKUNST 66 UND IM KINO UNION Originaltitel: Grace Jones: Bloodlight and Bami D Irland/Großbritannien 2017 D 116 min D R: Sophie Fiennes D K: Remko Schnorr D S: Sophie Fiennes D M: Ivor Guest, Grace Jones D V: Ascot Elite

„Es ist nie zu spät, die Träume der Kindheit zu verwirklichen […] „Eine spassige wie schöne

Feel-Good-Geschichte, die das Herz des

Publikums gewinnt.“

Sehr behutsam, aber dennoch mit einer gehörigen Portion Humor.“ programmkino.de

film-rezensionen.de

Grace Jones: Bloodlight and Bami High Flyin’ Bitch

DIE ANFÄNGERIN SONDERVORFÜHRUNG in Anwesenheit von Ulrike Krumbiegel, Annekathrin Bürger und Eiskunstlaufweltmeisterin Christine Stüber-Errath am Mo., 15.01. um 17 Uhr im FILMKUNST 66 und am So., 21.01. um 15 Uhr im KINO UNION

Auf der Bühne trägt sie eine Totenkopfmaske aus Gold. Oder eine Diskokugel als Hut. Sie hat mit ihrem Comeback 2008 hat allen Epigoninnen mal wieder gezeigt, wo Mode aufhört und Stil anfängt. Grace Jones, heute Ahnherrin des Afro-Punk, is a hurricane. Seit dem gleichnamigen Album weitere Termine unter: www.dieanfaengerin.de ist sie wieder da, mit ihren Kostümen, ihrem unterkühlten Kontra-Alt, ihrer Unvorhersehbarkeit, ihrem unglaublichen, mittlerweile 69 Jahre alten Körper. Sie hat ihre Memoiren geschrieben, mit dem Titel: „Ich werde nie meine Memoiren schreiben“. Nun kommt ein Dokumentarfilm über2017-12-18_DAF_Indiekino.indd sie GEWINNER 1 ist HEINZ BADEWITZ-PREIS ins Kino. Man darf zu Recht das Unerwartete erwarten, denn Regisseurin INTERNATIONALE HOFER FILMTAGE 2017 Sophie Fiennes bewegt sich auf der Höhe ihres Gegenstands. Kein Archivmaterial, kein Voice-over, kein biografischer Abriss. Musikstücke, in voller Länge ausgespielt. Eine Nähe zur Protagonistin, die auf eine enge Freundschaft zurückgeht. Und wenn die Kamera eigene Wege einschlägt, dann sitzt das. 10 Jahre lang haben die beiden miteinander gedreht, die Kamera ist nicht mehr spürbar. Grace Jones, auf der Bühne in Miyake gekleidet, im Film nackt. In Fernsehauftritten mit Tribal Make-up, bei ihrer Familie auf Jamaica ungeschminkt. Ihre Musik, auf den Alben fett produziert, bei den Proben reicht eine Rassel. In Luxushotels in Paris, in den dörflichen Bretterbuden bei ihrer karibischen Familie. Sie, die Maßstäbe gesetzt hat und immer noch setzt, wie man eine Bühnen-Persona erfindet und lebendig hält, die „Ikone“ mit der fast außerirdischen Präsenz, ist auch nackt, ungeschminkt, unbegleitet, zu Hause: Grace Jones. Der größte lebende Pop-Star. Ein dicker französischer TV-Produzent kriegt einen Wutanfall ab, als er leicht bekleidete Tänzerinnen um Grace Jones gruppieren will: Ich bin doch keine Puffmutter. You have to be a high flyin’ bitch sometimes.

FRANZ ROGOWSKI

KRIEGER DES LICHTS

D Jan Künnemund

Start am 25.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino

OMU

Director Sophie Fiennes works in a way that befits her subject. No archival material, no voice-over, no biographical overview. Songs played in full length and an intimacy with her protagonist based on their close friendship.

ein film von DANIEL WILD

AB 4. JANUAR IM KINO Termine unter www.indiekino.de

18.12.17 10:23


INDIEFEATURE

Raumgreifende Totalen zeigen eine kleine Hütte inmitten einer staubigen indonesischen Steppenlandschaft. Warme Sepia-Töne vor strahlend blauem Himmel lassen die Szenerie nach den weiten Ebenen des „Wilden Westens“ aussehen. Darüber liegt ein fröhlicher Spaghetti-Western Sound, eine freundliche Pop-Variante von Morricone inklusive Kokosnuss-Hufgeklapper. Wir sind, ganz klar, in einem Western. Im Haus in der Einöde wohnt die junge Witwe Marlina (Marsha Timothy) alleine mit ihren Tieren und dem Leichnam ihres Mannes, der als Mumie in einer Ecke des Wohnzimmers sitzt. Ein Gangster mit Motorrad fährt vor und droht Marlina: Seine Jungs werden kommen und ihre Tiere abholen, und dann werden sie alle Marlina vergewaltigen. Und jetzt wollen sie Suppe. Selbstverständlicher Machismo und brutale Verrohung sprechen aus seinen Worten. Marlina senkt den Kopf, geht in die Küche und kocht die verlangte Suppe, doch unter der demütigen Haltung verbirgt sich kühle Entschlossenheit. Marlina wird sich wehren und sie wird sich spektakulär rächen.

Marlina – Die Mörderin in vier Akten

Frauen in der Wildnis

In der ungewöhnlich trockenen Landschaft der Insel Suma hat die indonesische Regisseurin Mouly Surya einen schrägen, feministischen Western gedreht. MARLINA beginnt als geradlinige, düstere Rape-Revenge-Geschichte, die den beherrschten Zorn der Protagonistin in ebenso ruhigen, großartig komponierten Bildern einfängt. Als sich Marlina auf den Weg zur Polizei macht, wandelt sich die Tonlage zum lakonischen Roadmovie. So trifft Marlina im Bus ihre schwangere Freundin Novi und plaudert mit ihr und den anderen Frauen über Geburten. Später isst sie in einem Imbiss sehr gute Satay-Spieße und lernt ein einsames Mädchen kennen. Die lokale Polizei erweist sich natürlich als Sackgasse, der Busfahrer als Feigling und Novis Ehemann als Tölpel. Die Frauen müssen sich – draußen in der Wildnis, die man auch Patriarchat nennen könnte – gegenseitig helfen. D Toni Ohms Originaltitel: Marlina the Murderer in Four Acts D Indonesien 2017 D 90 min D R: Mouly Surya D B: Mouly Surya, Rama Adi, Garin Nugroho D K: Yunus Pasolang D S: Kelvin Nugroho D M: Zeke Khaseli D D: Marsha Timothy, Yoga Pratama, Egy Fedly, Dea Panendra D V: eksystent Filmverleih

Start am 18.1.2018 ¢ Acud Kino DF OMU ¢ b-ware!ladenkino OMU ¢ Brotfabrik Kino OMU ab 25.1. ¢ Filmrauschpalast OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Klick Kino OMU ¢ Sputnik Kino OMU ¢ Wolf OMU ¢ Zukunft OMU

D 24

D JANUAR 2018

An Indonesian feminist revenge thriller about a women getting back at her attackers.


INDIEFEATURE

JANUAR 2018 D

25 D


INDIEKRITIKEN USA 2017 D 101 min D R: Woody Allen D B: Woody Allen D K: Vittorio Storaro D S: Alisa Lepselter D D: Kate Winslet, James Belushi, Justin Timberlake, Juno Temple, Debi Mazar D V: Warner Bros.

Wonder Wheel Ausgeträumt

Normalerweise leben Woody Allens Filme von ihren Dialogen und der komischen, seltener auch tragischen Dynamik ihrer neurotischen Hauptpersonen. WONDER WHEEL dagegen bleibt vor allem wegen seiner leuchtend bunten, von Altstar-Kameramann Vittorio Storaro (APOCALYPSE NOW, DER LETZTE KAISER, GOYA) dahingezauberten Bilder im Gedächtnis. Sein Coney Island der 1950er Jahre sieht aus wie eine Mischung aus Spielzeugladen, Douglas Sirk-Melodrama und Urlaubsprospekt, und wenn es Nacht wird, taucht das titelgebende Riesenrad jede Szene in ein anderes Licht. In diesem Nostalgietraum spielt eine theatralische Geschichte, die ein viel düsteres Bild der 50er Jahre evoziert – die bitteren Dramen um Enttäuschung und Verrat von Tennessee Williams oder Eugene O’Neil. Kate Winslet ist Ginny, Mutter eines pyromanischen Sohnes, die ehemals Ambitionen als Schauspielerin hatte, nun aber als Kellnerin arbeitet und in einer lieblosen zweiten Ehe mit dem Karussellbetreiber und Alkoholiker Humpty (James Belushi) feststeckt. Wenig später erscheint noch Humptys Tochter aus erster Ehe auf der Bildfläche, die junge und naive Carolina (Juno Temple), die mit ihrem Gangster-Ehemann gebrochen hat, und sich nun vor seinen Schergen verstecken muss. Zu Beginn des Sommers verliebt sich Ginny in den Erzähler des Films, den 26-jährigen Badewächter und Literaturstudenten Mickey (Justin Timberlake), und die beiden beginnen eine Affäre, die für Ginny bald zum zentralen Lebensinhalt wird. Als Mickey sich dann jedoch in ihre quasi Stieftochter (!) Carolina verguckt, beginnen Ginnys Träume von einer gemeinsamen Zukunft zu wanken, und mit jeder Szene erinnert sie mehr an die derangierte Blanche DuBois aus „Endstation Sehnsucht“. Kate Winslet spielt diese Figur zwischen Tragik und Lächerlichkeit mit vollem Einsatz, hat dabei aber mit einem wie mal eben so dahingeschrieben wirkenden Skript und mit Allens antiquiertem Frauenbild zu kämpfen. D Hendrike Bake

Start am 11.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ab Ende Januar ¢ Bundesplatz-Kino DF OMU ab Ende Januar ¢ filmkunst66 OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU

D 26

D JANUAR 2018

America in the 1950s. The paths of four stranded people with big dreams cross in a Coney Island fair, played by Kate Winslet, James Belushi, Juno Temple, and Justin Timberlake.

USA 2017 D 135 min D R: Alexander Payne D B: Alexander Payne, Jim Taylor D K: Phedon Papamichael D S: Kevin Tent D M: Rolfe Kent D D: Matt Damon, Christoph Waltz, Laura Dern, Kristen Wiig, Neil Patrick Harris D V: Paramount Pictures

Downsizing Kuriose Gesundschrumpfung

Wäre alles besser, mäße der Mensch nur 12,9 Zentimeter? Auch, wenn die Prämisse des neuen Films von Alexander Payne (ABOUT SCHMIDT) zunächst reichlich albern anmutet, wirft DOWNSIZING, lässt man sich einmal auf das Gedankenspiel ein, doch interessante Fragen auf: Ließen sich derart nicht tatsächlich Probleme wie die Vermüllung unseres Planeten, Fragen der Energieversorgung, der Unterernährung, der Ungleichverteilung von Ressourcen et cetera lösen? Payne jedenfalls schickt seinen von Matt Damon verkörperten Protagonisten in eine vermeintlich perfekte Miniaturwelt namens „Leisureland“: schnuckelige, emissionsfrei vor sich hin summende Elektromobile, Essen bis zum Abwinken, und fast alle leben in schicken Luxusvillen. Die Probleme aber beginnen für Paul Safranek, so Damons Filmname, bereits kurz nachdem er den Prozess der zellularen Miniaturisierung über sich hat ergehen lassen. Nach dem Aufwachen in Leisureland muss Paul nämlich feststellen, dass er ohne seine Frau (Kristen Wiig) im Reich der Bonsai-Menschen gelandet ist. Schnell muss er zudem erkennen, dass es den Bewohnern von Leisureland keinesfalls, wie propagiert, vor allem um die Rettung des Planeten geht: Pauls Nachbar etwa (Christoph Waltz) feiert eine Party nach der anderen, vorzugsweise zusammen mit Udo Kier (Waltz und Kier ergeben ein herrliches Paar). Zwar konterkariert DOWNSIZING sein ernstes Thema momentweise mit all zu grotesken, ja albernen Ideen, in seiner, alles in allem aber fein austarierten Mischung aus Drama, utopischem Science-Fiction und Komödie funktioniert der 135-Minüter schließlich doch. Hübscher Zufall oder Absicht? Am Starttag von DOWNSIZING findet auch die putzige deutsche Produktion HILFE, ICH HABE MEINE ELTERN GESCHRUMPFT ihren Weg in die Kinos D Matthias von Viereck

Start am 18.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ¢ voraussichtlich filmkunst66 DF OMU ¢ Sputnik Kino DF OMU ab Februar ¢ Union Filmtheater DF

A new strategy to conserve resources has been created: shrinking people down to 12.9 centimeters. The shrunken Matt Damon lands in mini-utopia “Leisureland“ and meets Udo Kier and Christoph Waltz, who aren’t as ecologically idealistic.

Termine unter www.indiekino.de


Deutschland 2017 D 104 min D R: Daniel Wild D B: Daniel Wild D K: Yannick Bonica D M: Bastian Emig D D: Franz Rogowski, Tilman Strauß, Anne Haug, Serkan Kaya, Kristin Suckow D V: Zorro Film

Lux – Krieger des Lichts Real Life Super Hero

„Jeder trägt seinen Helden in sich. Meiner heißt Lux.“ Torsten ist ein „Real Life Super Hero“ – neuester Trend aus den USA, jetzt auch in Deutschland. Er kämpft für das Gute und hat sich ein Superheldenkostüm geschneidert. Man muss wissen, was man macht, warum und für wen – da braucht man keine Superkräfte. Also versorgt er Penner mit Essen. Das ist natürlich ein bisschen wenig Action für einen Film. Findet auf jeden Fall das Dokumentarfilmteam, das Torsten porträtiert, und noch viel mehr deren Produzent – Heiko Pinkowski ist in dieser Rolle wahrscheinlich nicht sehr weit von Mr. Weinstein entfernt. Torsten soll mal Kriminellen in Arsch treten, statt Essen auszutragen! Franz Rogowski, jüngst als untergebutterter Sohn in Hanekes HAPPY END-Familie und als Fikkefuchs jun. zu sehen, spielt den Lux-Helden als originelle Variation seiner Verlierertypen. Mehr und mehr verliert Torsten die Kontrolle über sein Leben – ein Leben, in dem er bisher sowieso nur das Würstchen war, ein Mamasöhnchen mit hochfliegenden, aber nie erreichbaren Träumen. Daniel Wild gelingt in seinem preisgekrönten Spielfilmdebüt eine absurde Komödie. LUX ist das Porträt eines Erniedrigten, der einen Halt im Leben sucht, und zugleich eine bittere Mediensatire – denn der große Kniff des Films ist, dass seine Realität gebrochen ist. Seit ein Filmteam ihn begleitet, wird Torstens/Lux Leben mehr und mehr gescripted: In Berlin, Tag und Nacht, soll Torsten alias Lux nun Verbrecher bekämpfen, und eine Liebesgeschichte muss natürlich auch her. Torsten weiß so wenig wie der Zuschauer, wo das Leben von Lux in Film übergeht: Wo KICK-ASS sich zum wirklichen Superheldenfilm entwickelte, wo James Gunns SUPER – SHUT UP, CRIME zur blutigen Gewaltorgie ausartete, da wird LUX – KRIEGER DES LICHTS zu einer Art Truman-Show. D Harald Mühlbeyer

Start am 4.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino ab 18.1. ¢ filmkunst66 ¢ Intimes ¢ Sputnik Kino

Termine unter www.indiekino.de

Torsten is a “real life super hero”. He fights for what’s right, has tailored a superhero costume, and gives food to the homeless. When a documentary team wants to make a portrait of him, it’s a sudden call for more action.

AB 4. JANUAR 2018 IM KINO!


INDIEKRITIKEN

Die dunkelste Stunde England vor der Entscheidung

Joe Wright hat in den letzten Jahren mit STOLZ & VORURTEIL, ABBITTE und ANNA KARENINA den Kostümfilm wiederbelebt. Seine Inszenierungen sind einfallsreich und opulent inszeniert – bei DIE DUNKELSTE STUNDE erinnert die Chiaroscuro-Beleuchtung an die Bilder des Hoffotografen Cecil Beacon – aber die Geschichte ist Wright stets wichtiger als rauschende Reifröcke oder die richtige Tabaksdose. Das jedes Detail stimmt, davon kann man getrost ausgehen, aber nie lenkt die Ausstattung von den Personen und ihren Anliegen ab. Das Drama im Herzen von DIE DUNKELSTE STUNDE ist ein politisches. Im Mai 1940 haben die Deutschen Belgien eingenommen, und Frankreich steht kurz vor der Kapitulation. Die britischen Truppen sind bei Dunkirk und Calais eingekesselt, und die USA halten an ihrer Neutralität fest. Eine Invasion der Nazis in England ist absehbar, und damit steht England vor der Entscheidung, sehr alleine einen möglicherweise aussichtslosen Kampf gegen die deutsche Armee zu führen, oder in Friedensverhandlungen mit Mussolini möglicherweise die eigene Unabhängigkeit zu sichern, den Untergang Europas aber in Kauf zu nehmen. Premierminister Winston Churchill (Oscarwürdig gespielt von Gary Oldman) ist vehement gegen Verhandeln, hat aber nicht die volle Unterstützung des Parlaments, und gerät schließlich selbst ins Zweifeln. DIE DUNKELSTE STUNDE beginnt als verschmitztes Porträt eines schwierigen und gefürchteten Charakters. Der grantige Nuschler, der zum Frühstück Scotch, Champagner und Ei mit Schinken verdrückt, selten nüchtern und nie ohne Zigarre ist, ist in den ersten, brilliant arrangierten Szenen noch gar nicht zu sehen, aber bereits sehr präsent: Im Unterhaus brodelt es bei der Abwahl von Churchills Vorgänger mächtig. Es soll ein Kriegskabinett gebildet werden, unter neuer Leitung, und die Linken wollen Churchill als Premier. Churchill selbst glänzt durch Abwesenheit, nur ein Hut liegt auf seinem Stuhl. Bei Churchill zuhause wird derweil eine neue, nervöse Sekretärin vorbereitet. Keine Fragen stellen, auf alle Fälle doppelten Zeilenabstand beachten. Dann endlich: Die Tür zum Schlafzimmer öffnet sich. Es ist stockdunkel und in der Dunkelheit zündet sich ein dicker Mann im Morgenmantel seine erste Zigarre an. D 28

D JANUAR 2018

Originaltitel: The Darkest Hour D Großbritannien 2017 D R: Joe Wright D B: Anthony McCarten D K: Bruno Delbonnel D S: Valerio Bonelli D M: Dario Marianelli D D: Kristin Scott Thomas, Stephen Dillane, Gary Oldman, Ben Mendelsohn, Ronald Pickup, Lily James D V: Universal Pictures International

Mit Verlauf des Films lassen die komödiantischen Elemente nach, auch wenn Churchills Wortwitz immer präsent ist. Während die Militärs immer sorgenvollere Berichte abliefern und Kriegsbefürworter und Appeasement-Anhänger um die Führung ringen, wandelt sich DIE DUNKELSTE STUNDE zum Politthriller. Winston Churchill, so erzählt Wright, war trotz all seiner Fehler, trotz früherer Fehleinschätzungen und Manieriertheiten, der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, und hat mit seinem Festhalten am Kriegskurs und seinen historischen Durchhaltereden den Ausgang des Zweiten Weltkrieges maßgeblich beeinflusst. Wright erzählt auch, wie sehr dieser Entscheidung persönliche Zweifel vorausgingen und wie katastrophal sie auch hätte ausgehen können, wären zum Beispiel die USA nicht in den Krieg eingetreten. Neben DUNKIRK (Christopher Nolan) und IHRE BESTE STUNDE (Lone Scherfig) ist DIE DUNKELSTE STUNDE bereits der dritte englische Film in kurzer Zeit, der die frühen Kriegsjahre und die Evakuierung der britischen Truppen aus Dunkirk zum Thema hat. DUNKIRK verfolgt im Stil eines unnachgiebigen Survival-Thrillers das Schicksal der einfachen Soldaten, die am Strand von Dunkirk auf Rettung warten, DIE DUNKELSTE STUNDE beleuchtet die Strippenzieher im Hintergrund, und die Komödie THEIR FINEST HOUR erzählt von der Zivilbevölkerung und den Anfängen des Feminismus als Begleiterscheinung der Kriegsanstrengung. Alle drei beschwören eine Zeit, in der sich England zu einem gemeinsamen, idealistischen Unternehmen zusammenraufte. Damit erscheinen sie auch als eine Reaktion auf heutige, tiefe Spaltungen in der Gesellschaft, die ein Brexit-Votum erst möglich machten. D Hendrike Bake

Start am 18.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ab Ende Januar ¢ Eva-Lichtspiele DF OMU ab 25.1. ¢ filmkunst66 DF OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU

The Germans captured Belgium in May 1940, France is on the brink of surrendering, and the Nazi invasion in England is foreseeable. England‘s prime minister Winston Churchill is faced with a decision of either continuing an almost hopeless war or negotiating with the fascists.


INDIEKRITIKEN USA 2017 D 88 min D R: Pappi Corsicato D B: Pappi Corsicato D S: Tommaso Gallone D M: Gabriele Roberto D D: Al Pacino, Willem Dafoe, Emmanuelle Seigner, Julian Schnabel D V: Weltkino

Julian Schnabel: A Private Portrait

Österreich 2017 D 90 min D R: Julian Pölsler D B: Julian Pölsler D K: Walter Kindler, Jrp Artman D S: Bettina Mazakarini D D: Martina Gedeck, Matthias Brandt, Mala Emde, Julius Hagg D V: Picture Tree International/AV Visionen

Wir töten Stella Aus der Distanz

Überbordender Künstler

Im Kontext des Kinos kennen die meisten Julian Schnabel wohl erst seit 2007, als SCHMETTERLING UND TAUCHERGLOCKE ein weltweiter Erfolg war. In der Kunstszene und besonders ihrem Epizentrum New York, ist der 1951 geborene Schnabel jedoch seit Anfang der 80er Jahre ein Superstar, auch wegen seiner Kunst, nicht zuletzt aber wegen seiner Persönlichkeit, die ebenso überbordend ist wie seine Werke. Und genau darum geht es in Pappi Corsicatos JULIAN SCHNABEL – A PRIVATE PORTRAIT, bei dem man wissen sollte, das Corsicato ein guter Freund von Schnabel ist. Diese Nähe zu seinem Subjekt zeigt sich einerseits in den vielen sehr persönlichen Interviews mit Schnabel, seinen Kindern und etlichen berühmten Freunden (von Al Pacino über Willem Dafoe bis Laurie Anderson), andererseits auch in einem Erzählton, der sich irgendwo zwischen Eloge und Verklärung bewegt. Nicht einfach nur als großer Künstler wird Schnabel da bezeichnet, sondern als der wichtigste der – mindestens – 80er Jahre, nicht einfach nur gute Filme hat er gedreht, sondern überwältigende Meisterwerke. Dass es auch kritische Stimmen zu seinem malerischen Werk gibt, das aus überdimensionierten Tableaus besteht, deren Grundlage oft zerbrochenes Geschirr ist, oder dass es Menschen gibt, die mit Schnabels Hang zur Selbstdarstellung – sein Markenzeichen war es lange, nur im Seidenschlafanzug vor die Tür zu gehen – wenig anfangen können: All das erfährt man hier nicht. Uninteressant ist Corsicatos Film deswegen allerdings nicht, im Gegenteil. Zu eindrucksvoll sind Schnabel und sein Werk, zu beeindruckend das geradezu unverschämte Selbstvertrauen eines Künstlers, der offenbar nie auch nur den Hauch eines Zweifels verspürt hat, der geradezu erwartet, bewundert, ja, verehrt zu werden. Den anderen Teil, den muss man sich dann eben selber denken. D Michael Meyns

Start am 11.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ab Mitte Januar ¢ Tilsiter Lichtspiele OMU ¢ Xenon Kino OMU ab 18.1. ¢ Union Filmtheater DF ab Mitte Januar

Termine unter www.indiekino.de

Pappi Corsicato made a portrait of his friend Julian Schnabel, the New York artist known for his large format artworks as well as his exuberant personality.

2012 avancierte das elegische Mysterydrama DIE WAND zum Kinoerfolg. Jetzt folgt mit WIR TÖTEN STELLA das Quasi-Prequel dazu, abermals unter der Regie von Julian Roman Pölsler und nach einer Literaturvorlage von Marlen Haushofer und erneut mit einer überzeugenden Martina Gedeck in der Hauptrolle. Die Verbindungen zum Referenzfilm sind allerdings lose, so dass eine Kenntnis desselben nicht nötig ist. In WIR TÖTEN STELLA schreibt Martina Gedeck in ihrer Rolle als Anna retrospektiv nieder, wie es dazu kommen konnte, dass die schon im Titel totgesagte Stella im Leichenschauhaus endete. Stella, das ist eine Studentin, die für ein paar Monate bei Anna, ihrem Mann Richard (Matthias Brandt), dem Teenager-Sohn Wolfgang und der 12-jährigen Anette einzieht. Anna kauft der anfangs schüchternen Stella ein verführerisch rotes Kleid und beobachtet fortan aus der Distanz, wie ihr Ehemann eine Affäre mit der jungen Frau anfängt. Distanz ist das Stichwort bei diesem Film, der eine dieser gutbürgerlichen Familien zeigt, die nach außen hin toll funktionieren, hinter der heilen Fassade aber himmelschreiend zerrüttet sind. Eine ähnlich erstarrte Familie also, wie sie Michael Haneke kürzlich in HAPPY END sezierte. Die zugrunde liegende Haushofer-Novelle erschien bereits im Jahr 1958, der Film spielt indes in der Gegenwart. Das trägt zur künstlichen/künstlerischen Grundstimmung bei, die die Versuchsanordnung auszeichnet, wenn Gedeck etwa als Off-Erzählerin Monologe aus dem Buch zitiert oder auf ihrer Schreibmaschine tippt. Annas Schuldgefühle sind die Triebfeder des Dramas, wofür Pölsler gleich zu Beginn ein treffendes Bild findet: Im Garten verendet ein Vogel, doch statt das Tier zu erlösen, schaut Anna durch die Glasscheibe zu. Genauso wie sie ungerührt zuschaut, als die unbedarfte Stella vor ihren Augen ins Verderben rennt. D Christian Horn

Start am 18.1.2018 ¢ Acud Kino ¢ Eva-Lichtspiele

Richard and Anna, a bourgeois married couple. He seduces a young woman, Stella. She observes coldly and writes everything down. Adapted from a novel by Marlen Haushofer.

JANUAR 2018 D

29 D


INDIEKRITIKEN Deutschland 2017 D 109 min D R: Özgür Yildirim D B: Özgür Yildirim D D: Peter Simonischek, Moritz Bleibtreu, Nicolette Krebitz, Birgit Minichmayr, Edin Hasanovic D V: Constantin Film

Nur Gott kann mich richten

Originaltitel: Wonder D USA 2017 D 113 min D R: Stephen Chbosky D B: Steve Conrad, Jack Thorne, R. J. Palacio D K: Don Burgess D D: Owen Wilson, Julia Roberts, Jacob Tremblay, Elle McKinnon, Daveed Diggs D V: StudioCanal

Wunder

Taschentücher einpacken

Gangster zwischen Bankentürmen

Die Story vom wirklich allerletzten Ding, das noch durchgezogen werden muss, ehe sich der Protagonist endgültig aus dem Milieu zurückziehen und ein fortan ehrliches, aber materiell sorgloses Leben führen kann, ist tief in den großen Mythos des Gangsterfilms eingeschrieben. Es ist meist der Traum vom sozialen Aufstieg in einer Gesellschaft oder einer Umwelt, die den Außenseiterfiguren keine wirklichen Alternativen für einen Ausweg bieten kann oder will. Der Wunsch nach diesem Neuanfang ist wiederum für alle nachvollziehbar, die Woche für Woche einen Lottoschein ausfüllen und darauf hoffen, den tristen Alltag zurücklassen zu können. Zum Genre gehört auch die erbarmungslose Unausweichlichkeit der Ereigniskette, die fatale Diskrepanz zwischen Plan und Durchführung, zwischen Theorie und Praxis. Regisseur Özgür Yildirim (CHIKO, BLUTZBRÜDAZ, BOY 7) spielt diese Idee in seinem Gangster-Thriller NUR GOTT KANN MICH RICHTEN gleich mehrfach durch: Da ist Ricky (Moritz Bleibtreu), der nach einem missglückten Überfall den Kopf für seinen Bruder Rafael (Edin Hasanovic) und ihren Kumpel Latif (Kida Khodr Ramadan) hingehalten hat und aus dem Knast kommt. Rafael hat es gerade geschafft hat, sich einigermaßen freizuschwimmen, wird aber von seiner Vergangenheit eingeholt. Zu seiner Widersacherin in eigener Mission wird die Polizistin Diana (Birgit Minichmayr), alleinerziehende Mutter einer schwer erkrankten Tochter, die plötzlich eine Tasche voller Drogen in den Händen hält. Im dunklen Schatten der Bankentürme von Frankfurt am Main inszeniert Yildirim eine stilistisch überzeugende Genre-Story im Geiste von Scorsese und De Palma, die weniger vom archetypischen Plot als vom starken Ensemble, der Bildästhetik und dem lässigen Umgang mit dem Genre angetrieben wird. D Jens Mayer

Start am 25.1.2018 ¢ voraussichtlich: filmkunst66

D 30

D JANUAR 2018

Ricky (Moritz Bleibtreu) gets out of jail. He took the rap for his brother Rafael and his friend Latif. He wants to do one last big job, but has to deal with policewoman Diana (Birgit Minichmayr) getting in the way.

WUNDER ist ein Film für alle, die mal wieder etwas durch und durch und herzzerreißend Freundliches sehen wollen. Der 10-jährige August (Jacob Tremblay), den alle nur Auggie nennen, trägt in der Öffentlichkeit am liebsten Astronautenhelm, denn sein Gesicht ist von Geburt her und durch spätere Operationen entstellt. Bisher hat sich seine Familie – Mutter Isabel (Julia Roberts), Vater Nate (Owen Wilson) und große Schwester Via (Izabela Vidoovic) – schützend vor ihn gestellt, aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Auggie eine normale Schule besuchen soll. Der Moment, in dem die Eltern ihren Jüngsten am Schultor auf seinen Weg in die große, weite und möglicherweise feindselige Welt schicken, ist dann der erste Moment, an dem ein Taschentuch nicht schaden kann. Aber unangenehm sentimental wird’s nie, naja, zum Ende hin vielleicht ein bisschen. Zum einen ist Auggie eigentlich ein smartes, kluges und – wenn er sich sicher genug fühlt – auch schlagfertiges Kind, das sich gerne amüsiert. Das müssen die anderen nur erstmal sehen. Zum anderen ist der Fokus des Films weiter als gedacht. WUNDER erzählt auch, wie es Auggies bestem Freund Jack (Noah Jupe) geht, der zunächst nur aus Pflichtgefühl mit Auggie spielt und später dann vor seinen alten Kumpels nicht zugeben kann, dass sie echte Freunde sind, und was Auggies Schwester Via erlebt, die ihr Leben lang im Schatten von Auggies Bedürfnissen stand. Regisseur Stephen Chbosky (VIELLEICHT LIEBER MORGEN/THE PERKS OF BEING A WALLFLOWER) hat ein waches Auge für jugendliche Zwangslagen und sieht auch hinter der Fassade der Bullys die verunsicherten Kinder – ohne dabei von Auggies spezieller Situation abzulenken oder sie lediglich als Metapher zu missbrauchen. Ein Wunder ist übrigens auch Jacob Tremblay, der das Kind in ROOM spielte und hier mit der Nuanciertheit eines erwachsenen Profis agiert. D Toni Ohms

Start am 25.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ¢ Eva-Lichtspiele DF OMU

10 year old Auggie prefers to wear his astronaut helmet so that no one can see that his face is deformed from birth. But now he has to go to a normal school and learn to stand up to bullies and find friends.

Termine unter www.indiekino.de


INDIEKRITIKEN Originaltitel: Score: A Film Music Documentary D USA 2016 D 93 min D R: Matt Schrader D B: Matt Schrader D K: Nate Gold, Kenny Holmes D S: Kenny Holmes, Matt Schrader D M: Ryan Taubert D D: James Cameron, Danny Elfman, Hans Zimmer, John Williams, Trent Reznor D V: NFP

Zu Gast im Kino Zu den folgenden Filmvorführungen werden Gäste erwartet – Regisseur*innen, Darsteller*innen oder kundige Gesprächpartner*innen. Tagesaktuelle Veranstaltungen mit Gästen findet ihr auch auf indiekino.de > programm > special

7.1. um 17 Uhr Klick Kino: ÜBERLEBEN IN NEW YORK/ÜBERLEBEN IN NEUKÖLLN mit Regisseur Rosa vom Praunheim

8.1. um 18 Uhr

Score – Eine Geschichte der Filmmusik Vom Stummfilm zur Emotion Lotion

Filmmusik mag eine eher schwer zu fassende Kunst sein, die sich schlechter einprägt als große visuelle Spektakel, aber wenn man sich auch nur ein wenig für Film interessiert, gibt es mindestens ein oder zwei Filmmelodien, die man aus dem Stand summen/pfeifen kann. Bis zur Jahrtausendwende hatten Filme nämlich meistens Titellieder, die sich ins Gehirn frästen und zu dem Wiedererkennungseffekt führten, für den sie geschrieben wurden. In den letzten Jahren ging der Trend dann eher zur Musik als „Emotion Lotion“, die wie eine Gefühlssoße über dem Film liegt und Stimmungen vertieft, aber keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Bedeutet das aber, dass die Filmmusik neuerdings schlechter geworden ist, oder ist es einfach nur eine weitere Entwicklungsphase der Kunstform? SCORE ist eine umfassende Geschichte der Filmmusik in Hollywood von ihren Anfängen als Livebegleitung von Stummfilmen (die dadurch natürlich niemals wirklich ‚stumm‘ waren) bis ins digitale Zeitalter, die fast alles und jeden, der in diesem Bereich Rang und Namen hat, vor die Kamera holt. Hans Zimmer, Danny Elman, Quincy Jones, John Williams, Alexandre Desplat, Steve Jablonsky … Dabei wird jedes Jahrzehnt als von der Arbeitsweise eines einzelnen Komponisten geprägt repräsentiert. Dessen musikalischen Eigenheiten werden analysiert und es wird erklärt, wie der Nachfolger darauf aufgebaut hat. Interessant ist hier nicht nur der Blick auf die hochkomplexen Aufnahmesessions, sondern auch, dass viele heute als große Filmkomponisten gesehene Musiker keine klassische Ausbildung besaßen, sondern oftmals einfach der Frontmann der Lieblingsband des Regisseurs waren. Dadurch fanden auch Aufnahmeund Spieltechniken ihren Weg in die Musik, an die John Williams niemals gedacht hätte. D Christian Klose

Start am 4.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino Januar ¢ Bundesplatz-Kino Januar

DF OMU

ab Mitte

DF OMU

ab Mitte

Termine unter www.indiekino.de

SCORE investigates the development of film music with the musicians who had a major impact on the field.

Brotfabrik Kino: ZÄRTLICH KREIST DIE FAUST mit Lutz Rathenow

11.1. um 20 Uhr Xenon Kino: GARTEN DER STERNE mit Regisseuren Pasquale Plastino & Stephane Riethauser und Ichgola Androgyn

15.1. um 17 Uhr filmkunst66: DIE ANFÄNGERIN mit Ulrike Krumbiegel, Annekathrin Bürger und Christine Stüber-Errath

17.1. um 18 Uhr Klick Kino: GARTEN DER STERNE mit Regisseuren Pasquale Plastino & Stephane Riethauser und Ichgola Androgyn

18.1. um 20 Uhr Klick Kino: DAS MILAN PROTOKOLL mit Regisseur Peter Ott

19.1. um 19.30 Uhr Sputnik Kino: DAS MILAN PROTOKOLL mit Regisseur Peter Ott

20.1. um 18 Uhr Sputnik Kino: GARTEN DER STERNE mit Regisseuren Pasquale Plastino & Stephane Riethauser und Ichgola Androgyn

24.1. um 15.45 Uhr Eva-Lichspiele: SCHLUSSAKKORD mit dem ehemaligen Kinderstar Peter Bosse

28.1. um 11 Uhr Bundesplatz Kino: GARTEN DER STERNE mit Regisseuren Pasquale Plastino & Stephane Riethauser und Ichgola Androgyn

28.1. um 17 Uhr Krokodil: IM FREIEN FALL mit Regisseurinnen Susanne Schüle und Elena Levina

28.1. um 18 Uhr Brotfabrik Kino: DIE MÖRDER SIND UNTER UNS mit Psychoanalytikerin Dr. Carina Remmers

30.1. um 20.30 Uhr Bundesplatz-Kino: SÖHNE OHNE VÄTER mit Regisseur Andreas Fischer

JANUAR 2018 D

31 D


INDIEKRITIKEN

Slava – Glory

Dark Circus

Der bulgarische Bahnarbeiter Tzanko findet während der Arbeit eine große Geldsumme auf den Gleisen. Statt das Geld einzustecken meldet er den Fund der Polizei. Die Bahn beschließt, Tzanko zum PR-Helden zu machen, aber der zottelige, stotternde Tzanko eignet sich nicht als Posterboy. Immerhin lieben es die Leute, ihn zu verspotten. Irgendwann reicht es Tzanko. „GLORY ist das Feelbad-Movie des Frühjahrs.“ (New York Times)

In Julia Ostertags „Occult Fetish Fantasy Film” entdeckt die junge Johanna eine verwegene Sekte im Berliner Untergrund unter der Führung der mysteriösen „Mistress“. „Ich bin beeinflusst vom magischen Kino des Alejandro Jodorowsky, sowie Kenneth Anger, Okkulthorror der 70er und dem Cinema of Transgression. Diese Einflüsse habe ich mit einem Cast aus Performance-KünstlerInnen, SchauspielerInnen und StatistInnen aus der Berliner Fetisch- und Subkultur zu einem visuellen Trip umgesetzt.“ (Julia Ostertag).

Start am 4.1.2018 ¢ Krokodil OMU

BG/GR 2016 D 101 min D R: Kristina Grozeva, Petar Valchanov D D: Stefan Denolyubov, Margita Gosheva, Ana Bratoeva

¢ Brotfabrik Kino

OMU

, ab 11.1.

Deutschland 2016 D 87 min D R: Julia Ostertag D D: Annika Strauss, Florian Gysin, Haik Liebreich

Im freien Fall

Alte Jungs

Boris und Marina gehören einer einst stolzen Hirtenfamilie aus dem Altaigebirge an, der nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Lebensgrundlage entzogen wurde. Als eines Nachts radioaktiver Weltraumschrott neben ihrer Hütte aufschlägt und die beiden Schadenersatz von der russischen Weltraumorganisation Roskosmos fordern, geht ihre Geschichte um die Welt. Der Film hört aber nicht bei der Sensation auf, sondern taucht in das Leben von Menschen ein, die nach den politischen Veränderungen einfach vergessen wurden.

Vier ältere Herren haben genug von der permanenten Bevormundung im Altersheim und beschließen, ein selbstverwaltetes Altersheim zu gründen, oder wenigstens eine Behinderten-WG. Ein Ort, an dem man selbstbestimmt leben kann, rauchen und trinken und ungestört seinen Liebschaften nachgehen. Allein – ihnen fehlt es an Kapital. Die Erbtante könnte helfen, aber man müsste sie wohl erst einmal die Treppe herunter fallen lassen. Seniorenkomödie aus Luxemburg.

¢ Krokodil OMU , Premiere am 28.1. um 17 Uhr mit Susanne Schüle und Elena Levina

D 32

D JANUAR 2018

Deutschland 2017 D 89 min D R: Susanne Schüle, Elena Levina

Start am 4.1.2018 ¢ Acud Kino DF ¢ filmkunst66 DF ¢ Union Filmtheater

DF

Originaltitel: Rusty Boys D Luxemburg 2017 D 111 min D R: Andy Bausch D D: André Jung, Marco Lorenzini, Paul Greisch, Fernand Fox

Termine unter www.indiekino.de


Born in China Der flauschige Disneynature-Film folgt flauschigen Tier-„Familien“ in China. Panda-Babys kullern Hügel hinab, kleine Schneeleoparden tollen umher, und ein superflauschiges Goldstupsnasenäffchen schwingt sich von Ast zu Ast. Wer noch nicht wusste, wie unglaublich flauschig Tibetantilopen sind, bekommt hier den völligen Flausch-Flash. Hier ist alles schön, und das muss auch mal sein.

Start am 18.1.2018 ¢ b-ware!ladenkino Januar

DF OMU

ab Ende

USA/Großbritannien/China 2016 D 76 min D R: Chuan Lu

Hot Dog Til Schweiger zeigt Matthias Schweighöfer wo der Hammer hängt. Schweiger spielt Luke, einen sexistischen Oberarsch und brutalen GSG-10-Ermittler, Schweighöfer den schüchternen aber gewitzten Schreibtischarbeiter Theo, der endlich Teil der Action sein möchte. Gemeinsam müssen sie eine entführte Präsidententochter befreien, machen dabei eine Menge kaputt, aber entdecken auch eine große Verschwörung, die sie dann gemeinsam mit Hackerin Nicki (Anne Schäfer) aufklären.

PREMIEREN

Mo. 8.1. Babylon Berlin 19:30 Uhr D i . 9.1. Thalia Potsdam 18:45 Uhr

H A NN A H Ein buddhistischer Weg zur Freiheit AB 18. JANUAR IM KINO

Start am 18.1.2018 ¢ Union Filmtheater

Deutschland 2017 D R: Torsten Künstler D D: Matthias Schweighöfer, Heino Ferch, André Hennicke, Til Schweiger, Leigh Gill

» Das inspirierende Porträt einer wegbereitenden, starken Frau « Huffngton Post

HANNAH.WFILM.DE Termine unter www.indiekino.de


WEITERINDIEKINO

Die Flügel der Menschen

OPER. L’opéra de Paris

Ein verschlafenes Bergdorf in Kirgistan. Als die Nacht hereingebrochen ist, schleicht sich der ehemalige Filmvorführer Zentaur auf das Anwesen des Oligarchen Karabay. Er überlistet die beiden Wachmänner, geht zum Stall, entführt das edle und teure Rennpferd und setzt es in der weiten Hochebene frei. Es ist nicht sein erster Pferdediebstahl. Regisseur Aktan Arym Kubat sieht seinen Protagonisten als einen Nachfolger Don Quijotes, einen verlachten und missverstandenen Außenseiter, der nicht anders kann, als seinem inneren Antrieb zu folgen.

Mit genauer Beobachtung und feiner Ironie zeigt Regisseur Jean-Stéphane Bron die Arbeitsweise, das Selbstverständnis und die gesellschaftliche Struktur der Pariser Oper, die wie selbstvergessen operiert, sich als Säule der Nation versteht und dabei doch oft übersieht, dass sie keineswegs so egalitär ist, wie sie glaubt. Auf der Bühne, aber auch im Zuschauerraum sind praktisch nur hellhäutige Gesichter zu sehen, die Vielfalt der Nation, die Einwanderer aus West- oder Nordafrika sind dagegen in anderen Rollen zu sehen: als Putzkräfte.

¢ Acud Kino DF ¢ Hackesche Höfe Kino ¢ Intimes OMU ¢ Krokodil OMU ¢ Union Filmtheater DF

OMU

Originaltitel: Centaur D Deutschland/ Frankreich/Niederlande/Kirgistan 2017 D 89 min D R: Aktan Arym Kubat D D: Taalaikan Abazova, Aktan Arym Kubat, Nuraly Tursunkojoev, Zarema Asanalieva

¢ Bundesplatz-Kino OMU ¢ Eva-Lichtspiele OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Union Filmtheater OMU

Originaltitel: L’opéra de Paris D Frankreich/Schweiz 2016 D 110 min D R: JeanStéphane Bron

120 BPM

Casting

Happiness

¢ Hackesche Höfe Kino, Il Kino, Zukunft

¢ Bali Kino, Klick Kino

¢ Zukunft

Animals – Stadt Land Tier

Clair Obscur

Human Flow

¢ Hackesche Höfe Kino

¢ Sputnik Kino

¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, fsk-Kino am Oranienplatz, Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino, Union Filmtheater

Ein Date für Mad Mary

I Am Not Your Negro

Liebe auf Sibirisch

¢ Zukunft

¢ Tilsiter Lichtspiele

¢ Krokodil, Tilsiter Lichtspiele

Detroit

Inschallah

Lieber leben

¢ City Kino Wedding, Tilsiter Lichtspiele

¢ Sputnik Kino

Drei Zinnen

Jung & Schön

¢ b-ware!ladenkino, Intimes, Tilsiter Lichtspiele

¢ b-ware!ladenkino, Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino, Wolf

¢ City Kino Wedding

¢ Brotfabrik Kino

Auf Ediths Spuren ¢ Brotfabrik Kino

Aus dem Nichts ¢ b-ware!ladenkino, Eva-Lichtspiele, Hackesche Höfe Kino, Il Kino, Intimes, Sputnik Kino, Zukunft

Beuys ¢ Sputnik Kino

The Big Sick ¢ b-ware!ladenkino, Bali Kino, Hackesche Höfe Kino

Blade Runner 2049 ¢ b-ware!ladenkino

B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin 1979 –1989

Die Lebenden reparieren ¢ b-ware!ladenkino

Fikkefuchs ¢ City Kino Wedding, Hackesche Höfe Kino, Zukunft

Flitzer ¢ Union Filmtheater

Gauguin ¢ Bali Kino, Union Filmtheater

¢ Sputnik Kino

A Ghost Story

Breakfast at Tiffany’s

¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding, Il Kino, Intimes

¢ City Kino Wedding

Eine bretonische Liebe ¢ b-ware!ladenkino, Bundesplatz-Kino, Eva-Lichtspiele, Union Filmtheater

Ghostland – Eine Reise ins Land der Geister ¢ Tilsiter Lichtspiele, Z-inema

Die kanadische Reise ¢ Acud Kino, Hackesche Höfe Kino, Union Filmtheater, Zukunft

The Killing of a Sacred Deer ¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding, Il Kino, Intimes, Sputnik Kino, Tilsiter Lichtspiele, Wolf

Das Kongo Tribunal ¢ Acud Kino, Tilsiter Lichtspiele

Körper und Seele ¢ b-ware!ladenkino, Krokodil

Lady Macbeth ¢ Tilsiter Lichtspiele

Der lange Sommer der Theorie ¢ b-ware!ladenkino, Hackesche Höfe Kino

D 34

D JANUAR 2018

Leaning Into the Wind – Andy Goldsworthy

The Lobster ¢ City Kino Wedding

Loving Vincent ¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Bali Kino, Bundesplatz-Kino, City Kino Wedding, Eva-Lichtspiele, Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino, Tilsiter Lichtspiele, Union Filmtheater

Madame ¢ b-ware!ladenkino, Bali Kino, Bundesplatz-Kino, Hackesche Höfe Kino, Union Filmtheater

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt ¢ Zukunft

Manifesto ¢ b-ware!ladenkino, Hackesche Höfe Kino


“EINE SENSATION!” SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

La Mélodie – Der Klang von Paris Der Violinist Simon Daoud (Kad Merad) ist gerade ohne Orchester und muss einen Job finden, der seine Miete zahlt. Der stille Musiker landet auf einer Schule in der Banlieue wo er einer Klasse als Integrationsmaßnahme das Geigenspielen beibringen soll. Zunächst trifft Simon auf eine Mischung aus Aggression und Desinteresse. Doch bei einem entflammt er stille Begeisterung: Der begabte Albert sitzt nachts auf dem Dach des Sozialwohnungsbaus, in dem er mit seiner Mutter lebt, und übt, bis er die komplizierten Griffe drauf hat.

¢ Acud Kino DF ¢ b-ware!ladenkino DF OMU ¢ Bali Kino DF ¢ Eva-Lichtspiele DF ¢ Intimes DF ¢ Union Filmtheater DF

Mathilde ¢ Hackesche Höfe Kino

Maudie

Originaltitel: La Mélodie D Frankreich 2016 D 102 min D R: Rachid Hami D D: Kad Merad, Samir Guesmi, Slimane Dazi, JeanLuc Vincent, Alfred Renely

Sun Ra – Space is the Place ¢ City Kino Wedding

¢ b-ware!ladenkino, Bali Kino, Sputnik Kino

Teheran Tabu

Meine schöne innere Sonne

Die Unsichtbaren – Wir wollen leben

¢ b-ware!ladenkino, fsk-Kino am Oranienplatz, Hackesche Höfe Kino, Intimes, Union Filmtheater, Wolf

¢ Zukunft

¢ Bali Kino, Bundesplatz-Kino

Voll verschleiert

The Party

¢ Union Filmtheater

¢ Sputnik Kino

Weit. Die Geschichte von einem Weg um die Welt.

Queercore – How to Punk a Revolution ¢ Tilsiter Lichtspiele

Searching for Sugar Man ¢ Sputnik Kino

The Square ¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Hackesche Höfe Kino, Il Kino, Klick Kino, Sputnik Kino, Tilsiter Lichtspiele

¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Bundesplatz-Kino, City Kino Wedding, Krokodil, Sputnik Kino, Zukunft

Wer war Hitler ¢ Hackesche Höfe Kino

Wolle auf Asphalt ¢ Union Filmtheater

Die Wunde

Star Wars: Episode VIII – Die letzten Jedi

¢ Brotfabrik Kino

¢ Union Filmtheater

¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Hackesche Höfe Kino, Tilsiter Lichtspiele

Suburbicon

Zeit für Stille

¢ Union Filmtheater

Termine unter www.indiekino.de

GRACE JONES DAS LEBEN EINER IKONE KLUSIV IM KINO: NUR EINE WOCHE EX01. 2018 24. 01. – 31.


INDIEKINDER

KinderfilmE A–Z

Bamse – Der liebste und stärkste Bär der Welt

Chihiros Reise ins Zauberland

Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft

¢ Filmrauschpalast

¢ b-ware!ladenkino

Die Dschungelhelden

Hugo Cabret

¢ Bali Kino, Union Filmtheater

¢ Klick Kino

Ernest und Celestine

Jumanji

¢ Il Kino

¢ Klick Kino

Ferdinand – Geht STIERisch ab!

Kinderfilm des Monats: Ooops! Die Arche ist weg ...

Weil Bamse immer so lieb ist, hat er alles, was in seinem Dorf böse ist, in Gutes verwandelt. Nur der Fuchs Reinhardt denkt sich immer noch Gemeinheiten aus. Er entführt Oma Bertha, damit sie ihm den Donnerhonig macht. Bamse, Hoppser und ihre Freunde müssen alles riskieren, um Oma Bertha zu befreien und Reinhardt aufzuhalten. Die Spur führt in den finsteren, unheimlichen Trollwald! ¢ b-ware!ladenkino ¢ Union Filmtheater ¢ Wolf

Originaltitel: Bamse och tjuvstaden D Schweden 2014 D 66 min D FSK: oA D R: Christian Ryltenius

Burg Schreckenstein 2 – Küssen (nicht) verboten Den Jungs von Burg Schreckenstein droht Unheil – beim Wettkampf mit den Mädchen von Schloss Rosenfels ist Graf Schreckenstein mit seinem Zeppelin abgestürzt und sein Neffe Kuno, der die Schulleitung übernimmt, möchte die Burg an chinesische Investoren verkaufen. Es kann sogar sein, dass die Jungs nach Rosenfels zu den Mädchen ziehen müssen! Helfen könnte nur ein Schatz, der irgendwo auf Schreckenstein versteckt sein soll. Die Fortsetzung von BURG SCHRECKENSTEIN ist ebenso knallbunt und turbulent wie der erste Teil. ¢ Bali Kino ¢ Intimes ¢ Union Filmtheater

Deutschland 2017 D 100 min D FSK: oA, empfohlen ab 8 D R: Ralf Huettner D D: Uwe Ochsenknecht, Alexander Beyer, Sophie Rois, Henning Baum, Jasmin Barbara Mairhofer

¢ Union Filmtheater

¢ Bali Kino, Bundesplatz Kino, Eva Lichtspiele, Kino Intimes, Sputnik Kino, Union Filmtheater, Xenon Kino Alle Termine unter kinderkinobuero.de Vorbestellungen unter 030/235 562 51

Happy Family ¢ b-ware!ladenkino

Der kleine Maulwurf ¢ b-ware!ladenkino

D 36

D JANUAR 2018


INDIEKINDER

Der kleine Vampir

Ronja Räubertochter

¢ b-ware!ladenkino

¢ City Kino Wedding

Spatzenkino: Ganz schön spät ¢ Bali Kino, Eiszeit Kino, Eva Lichtspiele, Kino Intimes, Union Filmtheater, Xenon Kino alle Termine unter spatzenkino.de, Vorbestellungen unter 030/449 47 50

Louis & Luca. Das groSSe Käserennen ¢ b-ware!ladenkino, Bali Kino

Coco – Lebendiger als das Leben Miguel liebt Musik, aber in seiner Familie ist das Musizieren verboten. Dabei war Miguels Ururgroßvater der größte Mariachi-Musiker aller Zeiten. Am mexikanischen Tag der Toten gerät Miguel aus Versehen ins Land der Toten, wo er mit Hilfe des Schwindler-Skeletts Hector seinen Ururgroßvater sucht. Aber viel Zeit bleibt ihm nicht, denn im Morgengrauen muss Miguel zurück ins Reich der Lebenden. Ein neuer Pixar-Animationsfilm, bei dem man viel über mexikanische Kultur erfährt, mit mitreißender Musik und vielen schrägen Gestalten. ¢ b-ware!ladenkino ¢ Eva-Lichtspiele ¢ filmkunst66 ¢ Union Filmtheater

Originaltitel: Coco D USA 2017 D 109 min D FSK: oA, empfohlen ab 9 D R: Lee Unkrich, Adrian Molina D D: Gael Garcia Bernal, Benjamin Bratt, Renee Victor, Anthony Gonzalez

Tad Stones und das Geheimnis von König Midas ¢ b-ware!ladenkino

Kinderkino im INDIEKINO

Paddington 2 ¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, Bali Kino, Bundesplatz-Kino, Eva-Lichtspiele, filmkunst66, Il Kino, Intimes, Sputnik Kino, Tilsiter Lichtspiele, Union Filmtheater

Acud Kino

Sa+So auch 15+16 Uhr b-ware! ladenkino

DO, FR, SA, SO 16 Uhr

Bundesplatz Kino

DO, FR, SA, SO 13.30 Uhr

Eva-Lichtspiele

¢ Il Kino

filmkunst66

DO, FR, SA, SO 15 Uhr

Il kino

DO, FR, SA, SO Sa 14 Uhr/So 12 Uhr

kino intimes

DO, FR, SA, SO

KLICK kino

DO, FR, SA, SO

Sputnik Kino

DO, FR, SA, SO

¢ Sputnik Kino

WOLF Kino

Your Name – Gestern, heute und für immer ¢ b-ware!ladenkino

Termine unter www.indiekino.de

DO, FSA, SO 13.15 Uhr

R,

Tilsiter Lichtspiele DO, FR, SA, SO wechselnde Zeiten Union Filmtheater

¢ Il Kino

täglich ab 12 Uhr

Bali Kino

Vaiana

Die Peanuts – der Film

Ponyo

Täglich 17 Uhr

DO, FR, SA, SO wechselnde Zeiten DSA, SO

Xenon Kino wechselnde Termine Eine aktuelle ­Programmübersicht über alle KinderfilmTermine finden Sie auf www.indiekino.de

JANUAR 2018 D

37 D


INDIEKINOHIGHLIGHTS

FILMRAUSCHPALAST JAPANUARY

Chihiros Reise ins Zauberland

D 38

D JANUAR 2018

Die Japan-Filmreihe, mit der der Filmrauschpalast das Jahr beginnt, liefert keine Entdeckungen, sondern Filme, die man gesehen haben muss. Der Samurai-Klassiker SWORD OF DOOM von 1970 läuft neben Takashi Miikes Horrorklassiker AUDITION (1999), der sich von der romantischen Komödie zum Terrorkino wandelt. Yasuhiro Ozus schönes und trauriges Familiendrama TOKYO MONOGATARI (DIE REISE NACH TOKYO, 1953) ist ohne Taschentücher kaum zu ertragen: Kyoko: „Ist das Leben nicht


INDIEKINOHIGHLIGHTS

enttäuschend?“ Noriko, lächelnd: „Ja, das ist es.“ Die atemberaubenden Anime PERFECT BLUE (1997) von Satoshi Kon, CHIHIROS REISE INS ZAUBERLAND (2003) von Hayao Miyazaki und GHOST IN THE SHELL (1995) von Mamoru Oshii sind mittlerweile auch legendär. Takeshi Kitanos bester Film SONATINE (1993), über Gangster am Strand, ist heute noch so faszinierend wie vor 25 Jahren (und hat die schönste Titelmelodie aller Zeiten). Den größten Wahnsinn veranstaltet eindeutig Sion Sono mit

LOVE EXPOSURE, in dem unter anderem Upskirt-Fotografen, Sekten, Gehirnwäschen und Bomben Ballett tanzen. Vorsicht: Jeder Film kann als Einstieg in eine lange Phase der Besessenheit von japanischen Filmen führen. filmrausch.de  8.-31.1., im Anschluss an die Vorführung von CHIHIROS REISE INS ZAUBERLAND am 20.1. um 18 Uhr findet ein Filmgespräch mit dem Podcast-Team „Second Unit“ statt

JANUAR 2018 D

39 D


La Madre Buena

INDIEKINOHIGHLIGHTS

Vom 11. bis 17. Januar 2018 präsentiert die 11. Ausgabe des British Shorts Kurzfilmfestivals die besten aktuellen Kurzfilme aus Großbritannien und Irland. Unter den 200 Filmen des Festivals ist praktisch jedes Genre vertreten: Comedy, Drama, Animation, Thriller, Dokumentarfilm, Experimental, Musikvideo, Horror... Auf dem Plan stehen diesmal auch zwei interessante historische Sonderprogramme: „Pioneers of Black British Cinema“ zeigt frühe Werke von Pionieren des „Black British Cinema“ von den 1960ern bis in die 1980er. Mit dabei sind Kurzfilmklassiker von Lloyd Reckord, Lionel Ngakane, Frankie Dymon Jr. und Ngozi Onwurah – mit einer Einführung per Videobotschaft von der britischen Filmexpertin June Givanni (Pan African Cinema Archive). Die diesjährige Retrospektive versammelt bemerkenswerte schauspielerische Darbietungen aus den ersten zehn Festivaljahren, darunter Performances von Judi Dench, Michael Fassbinder, Martin Freeman, Ben Whishaw, Bill Nighty, Rosamund Pike und Thomas Turgoose. Drumherum gibt es Konzerte (White Wine, Tincan Folklore, Johnny Zabala), Partys (DJ Betti Bo Bikepunk), einen kostenlosen FilmWorkshop inklusive 48-Stunden-Film-Projekt, ein Open Screening, Talks mit Filmemacher*innen und eine Ausstellung. britishshorts.de  11.–17.1.

ACUD KINO, CITY KINO WEDDING, SPUTNIK KINO, ZUKUNFT BRITISH SHORTS KURZFILMFESTIVAL

Die Unsichtbaren – Wir wollen leben

BROTFABRIK KINO BERLIN-FILM-KATALOG #69: ZÄRTLICH KREIST DIE FAUST – FILMTAGEBUCH MIT LUTZ RATHENOW, SCHRIFTSTELLER, OSTBERLIN In der DDR der achtziger Jahre zählte der 1952 geborene Schriftsteller Lutz Rathenow zu den prominentesten Systemkritikern. Allen Repressalien zum Trotz, und obwohl er nur im Westen veröffentlichen konnte, weigerte er sich, die DDR zu verlassen. Vom 27. Januar bis 18. Februar 1990, zwischen dem Sturz der SED-Diktatur und den ersten freien Wahlen in der DDR, begleiteten Hilde Bechert und Klaus Dexel Rathenow durch seinen Alltag in Ost-Berlin, auf seiner ersten Reise in den Westen und nach Jena, in die Stadt seiner Kindheit. Die Filmemacher enthalten sich eines eigenen Kommentars und ergänzen ihre Aufnahmen einfühlsam mit Beobachtungen, Gedanken und Notizen Rathenows. Entstanden ist ein ruhiges, unaufgeregtes Dokument einer aufregenden Zeit des Umbruchs. brotfabrik.de, berlin-film-katalog.de  8.–10.1. um 18 Uhr, am 8.1. mit Lutz Rathenow D 40

D JANUAR 2018

BALI KINO ZEITZEUGEN: SPURENSUCHE UND ERINNERUNGEN In WIR SIND JUDEN AUS BRESLAU (2016) von Karin Kaper und Dirk Szuszies erzählen jüdische Zeitzeugen von ihrer Kindheit in Breslau, davon, wie sie der Vernichtung entkamen und wie es ihnen im Exil erging. In Berlin widersetzten sich 1943 Tausende jüdische Bewohner der Deportation, indem sie untertauchten. Vier Überlebende erinnern sich in Claus Räfles DIE UNSICHTBAREN – WIR WOLLEN LEBEN (2017) an ihre Erlebnisse als Jugendliche und erweisen sich dabei als begnadete Erzähler. Eine Wohnung in Tel Aviv, ein Stück Berlin mitten in Israel. 70 Jahre lang hat Gerda Tuchler hier mit Ehemann Kurt gelebt, nachdem sie vor dem Holocaust aus Deutschland fliehen mussten. Weggeschmissen haben sie nichts. Als sie mit 98 Jahren stirbt, trifft sich die Familie zur Wohnungsauflösung. In Arnon Goldfinger DIE WOHNUNG (2011) entdeckt die Familie in unzähligen Briefen, Fotos und Dokumenten Spuren einer unbekannten Vergangenheit. Alle Filme werden in Anwesenheit der Regisseure gezeigt. balikino-berlin.de  25. & 26.1.: WIR SIND JUDEN AUS BRESLAU  27.–29.1.: DIE UNSICHTBAREN  30. & 31.1. DIE WOHNUNG, jeweils um 18 Uhr


INDIEKINOHIGHLIGHTS

Z-INEMA FIREFLASH, DORIS WISHMAN, GHOSTLAND

BALI KINO KINO DER NACHBARN: POKŁOSIE – NACHLESE

Commander Schmackos Steed vom Z-inema ist Mitbegründer des genossenschaftlichen Filmverleihs Drop Out Cinema. Nach den Feiertagen geht man es im Kleinstkino etwas gelassener an und füllt das Programm mit Filmen aus dem Repertoire des Verleihs: Nudie-Filmerin Doris Wishman ist mit NUDE ON THE MOON und ihrem Chesty-Morgan-Busenkiller-Film DEADLY WEAPONS vertreten, ebenso die Doku GHOSTLAND. Aber eine Seltsamkeit wurde dann doch ausgegraben: FIREFLASH – DER TAG NACH DEM ENDE ist ein italienischer MAD MAX/KLAPPERSCHLANGERip off von 1983, in der der beinharte Held Parsifal, aka Fireflash sich durch ein atomar zerstörtes und mit Mutanten bevölkertes New York kämpft, um die letzte gebärfähige Frau zu befreien und damit die Menschheit zu retten. Mit Elektrosoundtrack!

Franciszek Kalina, in den 1980er Jahren ausgewandert, kehrt in sein Heimatdorf zurück, um das Grab der Eltern zu besuchen. Sein Bruder Józef betreibt den Hof der Familie. Nach dem Weggang seiner Frau und der Kinder hat er begonnen, die im Dorf und in der Umgebung verstreuten jüdischen Grabsteine auf seinem Feld aufzustellen. Seine Sammelleidenschaft wird von der Dorfgemeinschaft heftig abgelehnt und der Widerstand bringt Franciszek auch dazu, sich mit der jüngsten Vergangenheit zu beschäftigen – mit erschütternden Ergebnissen. POKŁOSIE – NACHLESE (2012, OmeU) von Władysław Pasikowski bezieht sich, ohne das explizit zu erwähnen, auf das Massaker von Jedwabne, bei dem unter deutscher Besatzung 300 bis 400 Juden von polnischen Tätern zusammengetrieben und in einer Scheune verbrannt wurden. balikino-berlin.de

 Immer dienstags um 20 Uhr: 2.1. FIREFLASH – DER TAG NACH DEM ENDE (DF)  9.1. DEADLY WEAPONS (OV)  16.1. NUDE ON THE MOON  30.1. GHOSTLAND

 15.1. um 18 Uhr

Fireflash – Der Tag nach dem Ende

Footprints

FILMRAUSCHPALAST 35 MM: TITANIC Früher waren ja alle Filme auf 35 mm. Für seine regelmäßigen NostalgieScreenings sucht der Filmrauschpalast aber am liebsten solche mit großen Schauwerten und epischen Szenarien aus. Auf 35 mm sieht es halt immer noch besser aus, wenn die Wassermassen durch den Bauch der Titanic fluten oder Kate Winslet am Bug im Wind steht. Außerdem wird James Camerons Klassiker im Januar 20 Jahre alt.

ACUD KINO, FILMRAUSCHPALAST SHORTS ATTACK Das Motto für die Kurzfilmdosis im Januar lautet „Happy Crime Time“. Die Stories drehen sich um Täter, Opfer und Ermittler, clevere Plots und große Dummheiten, Schuld und Sühne, und Zombies auf einer Strandparty.  Acud Kino: tba  Filmrauschpalast: 20.1. um 22 Uhr

 14.1. um 14 Uhr  21.1. um 16 Uhr  28.1. um 20.30 Uhr, Vorführung in OV

JANUAR 2018 D

41 D


INDIEKINOHIGHLIGHTS

Die Mörder sind unter uns

BUNDESPLATZ-KINO, BROTFABRIK KINO FILM UND PSYCHOANALYSE: DIE MÖRDER SIND UNTER UNS/ SÖHNE OHNE VÄTER In Wolfgang Staudtes DIE MÖRDER SIND UNTER UNS (1946) treffen sich die junge, aus dem KZ entlassene Fotografin Susanne (Hildegard Knef) und der ehemalige Chirurg Mertens (E.W. Borchert) in der Trümmerwüste Berlins. Als Mertens in einem aufstrebenden Fabrikanten jenen Hauptmann wiedererkennt, der an der Ostfront die Erschießung von Zivilisten zu verantworten hatte, sinnt er auf Selbstjustiz. Susanne kann ihn im letzten Moment davon überzeugen, dass Brückner als Kriegsverbrecher vor ein ordentliches Gericht gebracht werden muss.

I Am Not Your Negro

Fast ein Drittel der Kinder, die zwischen 1933 und 1945 geboren wurden, wuchsen ohne Vater auf. In der Gestaltung seines Dokumentarfilms SÖHNE OHNE VÄTER (2007) setzt Regisseur Andreas Fischer auf Reduktion. Ohne historisches Material oder Spielszenen zu verwenden, montierte der Autor den Film aus insgesamt 60 Stunden Interviewmaterial. Die Äußerungen der interviewten Männer vermitteln einen Eindruck der kollektiven Erfahrung der Kriegskindergeneration. bundesplatz-kino.de, brotfabrik.de  BROTFABRIK: DIE MÖRDER SIND UNTER UNS am 28.1. um 18 Uhr, mit einem Vortrag von Psychoanalytikerin Dr. Carina Remmers  BUNDESPLATZ-KINO: SÖHNE OHNE VÄTER am 30.1. um 20.30 Uhr, mit Regisseur Andreas Fischer

Panihida– Himmelreich

TILSITER LICHTSPIELE Dauer-Dokfilm-Programm

KROKODIL LÄNDLICHES MOLDAWIEN

Im „Saal“ 2 ihres Kinos zeigen die Tilsiter Lichtspiele durchgängig und ausschließlich Dokumentarfilme. Im Januar lässt sich dort beispielsweise der phänomenale I AM NOT YOUR NEGRO nachholen, der auf allen Besten-Listen des Jahres auftauchte. Außerdem laufen im Januar unter anderem GHOSTLAND – REISE INS LAND DER GEISTER, der eine Gruppe Namibier von Stamm der Ju/‘Hoansi-San auf eine Reise nach Frankfurt begleitet, QUEERCORE über schwulen Punk und Milo Raus DAS KONGO TRIBUNAL über das gleichnamige aufklärerische Theaterprojekt. Alle Filme werden selbstredend im Original mit Untertiteln gezeigt. tilsiter-lichtspiele.de

Die moldawische Regisseurin Ana-Felicia Scutelnicu arbeitet in einem Grenzbereich von ethnologischer Dokumentation und Fiktion. Das Krokodil zeigt zwei ihrer „Heimatfilme“ mit Anişoara Morari in der Hauptrolle. In PANIHIDA – HIMMELREICH (2012, OmU) besucht Scutelnicu ihr Heimatdorf und stellt mit den Bewohnern das Begräbnis ihrer Großmutter nach „Wir haben versucht, die Atmosphäre von Zeitlosigkeit und Flüchtigkeit, von Endgültigkeit und Ewigkeit, einzufangen, die diesen magischen Ort erfüllt.“ In ANISOARA (2016, OmU) erzählt sie, über den Verlauf der vier Jahreszeiten, von einer 15-Jährigen, die vom Kind zur Erwachsenen wird. kino-krokodil.de  13.1.: PANIHIDA – HIMMELREICH um 15 Uhr  ANISOARA um 16.15 Uhr

D 42

D JANUAR 2018


WOLF KINO, ARSENAL UNKNOWN PLEASURES: AMERICAN INDEPENDENT FILM FESTIVAL

INDIEKINOHIGHLIGHTS

B-WARE!LADENKINO FRAGMENT FILM: SPORT UND FITNESS

Das mittlerweile 9. Unknown Pleasures Festival hat einige Entdeckungen im Programm, und eine ganze Reihe von deutschen Uraufführungen, die spektakulärste darunter ist sicher Terence Malicks Natur-Essay VOYAGE OF TIME: LIFE’S JOURNEY mit der Erzählstimme von Cate Blanchett. Sean Bakers schöner Film THE FLORIDA PROJECT über eine Gruppe von Kindern, die in zwei heruntergekommenen Hotels nahe Disneyland leben, läuft immerhin zwei Monate vor dem regulären Kinostart. Unsere eigentlichen Tipps wären aber Filme, die hier nicht regulär ins Kino kommen, vor allem Rob Tregenzas poetisches Road-Movie GAVAGAI, der düstere Dokumentarfilm DID YOU WONDER WHO FIRED THE GUN? von Travis Wilkerson, dessen Urgroßvater, ein Rassist aus Alabama, 1946 den Schwarzen Bill Spann erschoss, und die Filme von Michael Almereyda, von demdie Doku ESCAPES über den Flamenco-Tänzer, Schauspieler und BLADE RUNNER-Scriptwriter Hampton Fancher und das Sci-Fi-Drama ­MARJORIE ­PRIME im Programm sind. unknownpleasures.de  13.–21.01.

In TOKYO FIST (Japan, 1995) beginnt ein japanischer Versicherungsvertreter mit dem Boxtraining, nachdem er seinen ehemaligen HighschoolFreund wiedergetroffen und dieser ihm seine Verlobte ausgespannt hat. In den männlichen Hauptrollen sind der Regisseur Shinya Tsukamoto und sein Bruder Kôji Tsukamoto zu sehen. In CLEVER von Federico Borgia und Guillermo Madeiro (Uruguay, 2015, OmeU) macht sich der gleichnamige Martial-Arts-Trainer auf die Reise in ein abgelegenes Dorf, um sich sein Auto bemalen zu lassen. Auf seiner Reise trifft er exzentrische Figuren und erlebt bizarre Geschichten. MARATHON (Südkorea, 2005, OmeU) von Yoon-cheol Jeong basiert auf der Lebensgeschichte des autistischen Marathonläufers Bae Hyeong-jin und wurde in Südkorea zum großen Kinohit. Alle Filme werden mit englischen Untertiteln gezeigt. ladenkino.de

Voyage of Time: Life’s Journey

Clever

 4.1. TOKYO FIST  11.1. CLEVER  25.1. MARATHON, Beginn zwischen 20 und 20.30 Uhr

Prostozhizn

CITY KINO WEDDING ZUM 10. TODESTAG VON HEATH LEDGER: THE DARK KNIGHT

ACUD KINO, BROTFABRIK KINO RUSSISCHDOK #9: FILME VON MARINA RAZBEZHKINA

Gotham City hat viele finstere Gestalten hervorgebracht, doch der Joker ist anders. Mit brillantem Verstand und grotesk geschminktem Gesicht versucht er, Batmans Revier ins Chaos zu stürzen. Er will weder Reichtümer noch Macht, er will Anarchie. Für seine Rolle als Joker in Christopher Nolans zweiter großer Batman-Verfilmung THE DARK KNIGHT (OmU) wurde der am 22. Januar 2008, im Alter von 29 Jahren, verstorbene Heath Ledger posthum mit dem Oscar ausgezeichnet. citykinowedding.de

Marina Razbezhkina ist eine der einflussreichsten DokumentarfilmRegisseurinnen Russlands, die auch eine eigene Filmschule betreibt. RussischDok-Kuratorin Ira Kormannhaus hat eine repräsentative Auswahl ihres Schaffens aus den Jahren 2010-2017 zusammengestellt. Alle Filme werden im Original mit englischen UT gezeigt. brotfabrik.de

 23.1. um 20.45 Uhr

 Acud Kino: 10.1. um 20 Uhr  Brotfabrik Kino: 25.1. um 18 Uhr

JANUAR 2018 D

43 D


INDIEKINOHIGHLIGHTS

FILMRAUSCHPALAST WIR KINDER VOM BAHNHOFSKINO

BROTFABRIK KINO UKRAINISCHER FILMCLUB #9: KRASNA MALANKA

Seit einem Jahr präsentieren die Kinder vom Bahnhofskino (die im Wirklichkeit bestimmt eher Kinder von filesharing sind) Filme, die andere „Trash“ nennen. Zur Jubiläumsausgabe gibt es Slapstick-Horror aus der Schule von Brian Yuzna und Stuart Gordon. In RE-ANIMATOR und BRIDE OF RE-ANIMATOR versucht sich der abgetrennte Kopf des fiesen Wissenschaftlers am Cunnilingus und alles geht zu Bruch. Dafür wird in SOCIETY klar, wozu die oberen Zehntausend ihren Arsch haben: Um andere Leute voll zu quatschen, buchstäblich. Entspannter, angenehm debiler Spaß mit Effekten ohne CGI. filmrausch.de  12.1. ab 22 Uhr

Der Dokumentarfilm KRASNA MALANKA (2013, OmeU) von Dmytro Sukholytkyy-Sobchuk führt in das rumänische, in der Ukraine liegende Dorf Krasna. Dessen Bewohner bereiten sich gerade auf den „Malanka“-Feiertag vor – einen Höhepunkt des gesamten Jahres. Für die jungen Männer markiert das Fest die Initiation zum Erwachsenenalter. Alle Dorfbewohner schlüpfen in Masken und Kostüme, die seit vielen Jahrhunderten überliefert sind, aber ständig variiert werden. „Malanka“ ist ein archaischer, in vorchristliche Zeiten zurückreichender Karneval, der festgelegte Rollen für einige Tage aufhebt. brotfabrik.de  11.1. um 20 Uhr

Re-Animator

Garten der Sterne

BUNDESPLATZ-KINO BERLINFILM-MATINEE Nachdem der deutsch-griechische Essay-Film DER DIALOG VON BERLIN (2017, OmU) zuletzt großen Anklang beim Publikum gefunden hatte, ist Nicos Ligouris philosophische Reflexion über den Norden und den Süden Europas im Januar noch einmal zu sehen. In seinem aktuellen Dokumentarfilm ÜBERLEBEN IN NEUKÖLLN (2017) hält Regisseur Rosa von Praunheim einen Bezirk im Wandel fest, noch ein Refugium für Künstler, bald schon gentrifiziert. In GARTEN DER STERNE (2016) erzählen Pasquale Plastino & Stéphane Riethauser vom Alten St.-Matthäus-Kirchhof Berlin und vom transidenten Ichgola Androgyn der/die dort ein Café betreibt (Besprechung auf Seite 16).  Immer sonntags um 11 Uhr: 7.1.: DIALOG VON BERLIN  21.1.: ÜBERLEBEN IN NEUKÖLLN  28.1. GARTEN DER STERNE, mit Ichgola Androgyn und Regisseur Pasquale Plastino

D 44

D JANUAR 2018

Dark Blood

KLICK KINO RIVER PHOENIX DOUBLEFEATURE Das Klick Kino hat ein kleines River-Phoenix-Programm für die JanuarWochenenden zusammengestellt. An zwei Samstagen läuft immer zunächst STAND BY ME – DAS GEHEIMNIS EINES SOMMERS (1986, R: Rob Reiner), der Film, der den damals 16-jährigen River Phoenix berühmt machte. Nach einer Kurzgeschichte von Stephen King erzählt STAND BY ME von vier Jungen in einer amerikanischen Kleinstadt, die sich auf die Suche nach einer Leiche machen. Im Anschluss wird dann River Phoenix‘ letzer Film, das Wüsten-Psychodrama DARK BLOOD (1993/2012) von George Sluizer gezeigt, der damals nicht fertig gestellt wurde, aber nun in einer neuen Fassung vorliegt, bei der nicht gedrehte Szenen von Sluizer eingesprochen wurden.  13.1. & 27.1.: 20 Uhr STAND BY ME (OmU)  22 Uhr DARK BLOOD (OmU)


EVA-LICHTSPIELE DER ALTE DEUTSCHE FILM Immer mittwochs um 15.45 Uhr zeigen die Eva-Lichtspiele deutsche Filme aus den 20er bis 50er Jahren. DIE FLEDERMAUS (1944/46) mit Johannes Heesters war der zehnte deutsche Farbfilm. Er wurde unter den Nazis begonnen und 1946 von der neugegründeten DEFA fertiggestellt. Géza von Radványis Melodram INGRID – DIE GESCHICHTE EINES FOTOMODELS (1955) erzählt von einer jungen Frau, die in der Wirtschaftswunder-Zeit in einem vornehmen Hamburger Modesalon Karriere macht. Im auf einer sowjetischen Satire basierenden 13 STÜHLE (1938) muss das ungleiche Gespann Rühmann-Moser zahlreiche absurde Abenteuer bestehen. Das feinfühlig inszenierte Melodram SCHLUSSAKKORD (1936) über einen adoptierten Jungen und die zerrüttete Ehe eines Generalmusikdirektors ist eines der Frühwerke von Regisseur Detlef Sierck (Douglas Sirk). Die Posse KYRITZ – PYRITZ (1931) mit dem damaligen Berliner Theater-Superstar Max Adalbert handelt von drei sittenstrengen Provinzlern, die nach Berlin reisen. eva-lichtspiele.de  immer mittwochs um 15.45 Uhr: 3.1. DIE FLEDERMAUS  10.1. INGRID – DIE GESCHICHTE EINES FOTOMODELS  17.1. 13 STÜHLE  24.1. SCHLUSSAKKORD, zu Gast: der einstige Kinderstar Peter Bosse  31.1. KYRITZ – PYRITZ

INDIEKINOHIGHLIGHTS

BROTFABRIK KINO FILM: SCHWEIZ Das erste „Film: Schweiz“-Festival sieht eher aus wie eine Retrospek­tive, mit der die Filmproduktion eines unerforschten Kontinents vorgestellt wird. Tatsächlich kommen nur sehr wenige Schweizer Filme ins deutsche Kino, vor allem aufgrund der europäischen Filmförderung, die hier nicht greift. So besteht das Programm von „Film: Schweiz“ fast ausschließlich aus Entdeckungen, die hier nie im Kino gelaufen sind, von Kurt Frühs Außenseitergeschichte HINTER DEN SIEBEN GLEISEN (1959) über Urs Odermatts Polizeifilm WACHTMEISTER ZUMBÜHL (1994) und Xavier Ruiz‘ Debütfilm NEUTRE (2001), über eine Schweizer Militäreinheit, die aus Versehen die Grenze überschreitet, bis hin zu aktuelleren Produktionen wie der auf Berndeutsch gedrehte Film DER GOALIE BIN IG (2014) von Sabine Boss oder die romantische Teen-Komödie BOYS ARE US (2012) von Peter Luisi. Eine Woche lang gibt es in der Brotfabrik täglich Kino aus der Schweiz, fast immer begleitet von neuen Kurzfilmen. brotfabrik-berlin.de  18.–24.1.

Ingrid – DIe Geschichte eines Fotomodels

Strähl

The Brothers Bloom

Berlin Calling

KLICK KINO RETROSPEKTIVE RIAN JOHNSON

INTIMES BERLN CLASSICS

Dass der aktuelle STAR WARS-Film DER LETZTE JEDI bei der US-Kritik wesentlich besser weggekommen ist als bei den US-Zuschauern, liegt auch an der Zuneigung der Kritiker zu Rian Johnson, der aus der Independent-Szene kommt und dessen frühere Filme gewisse Qualitäten haben sollen. Überprüfen kann man das an den im Klick ausgestellten Beispielen, dem Sci-Fi-Zeitreise-Thriller LOOPER, dem Teen-Thriller BRICK und dem Hochstapler-Abenteuer THE BROTHERS BLOOM. klickkino.de

Die „Berlin Classics“ im Intimes sind inzwischen zur festen Einrichtung geworden. An jedem Tag der Woche zeigt das Kino um 23.30 Berlinfilme im deutschen Original mit englischen Untertiteln. Immer dienstags kommt zum Beispiel Billy Wilders zeitlose Nachkriegskomödie 1, 2, 3 und immer am Mittwoch Wim Wenders verträumt-melancholischer DER HIMMEL ÜBER BERLIN. Die meisten Filme sind aber, wie OH BOY, VICTORIA oder BERLIN CALLING neueren Datums. kino-intimes.de/specials/berlin-classics  immer um 23.30 Uhr

 4.–9.1.

JANUAR 2018 D

45 D


Nachbild

Nosferatu

Am Anfang des Surrealismus steht eine Treppe: „Die Gänge der ­großen Hotels sind verlassen und der Rauch der Zigarren verbirgt sich. Ein Mann steigt die Stufen des Schlafes herab und bemerkt, dass es regnet: die Fenster sind weiß.“ Das ist der Beginn des ersten surrealistischen Gedichts, Gant Blancs/Weiße Handschuhe aus „Les Champs Magnetiques“ von André Breton und Phillippe Soupault (1919). Die Stufen des Schlafes beschritt zugleich der Film, der zur gleichen Zeit das Unheimliche entdeckte, das entweder eine Etage höher oder tiefer liegt als die gewöhnliche Welt. Der „film noir“ griff Nosferatus expressionistische Treppen wieder auf, Hitchcock machte aus Treppenhäusern ein ganz

Der andere Liebhaber

eigenes Monstrum. Durch François Ozons filmische Welten spuken filmische Tropen mindestens so sehr wie das Imaginäre. Wenn Chloé die Treppe hinauf in ein Zimmer geht, in dem sie eine furchtbare Entdeckung machen wird, fährt die Kamera in einer niedrigen Position vor den beiden Frauen her die Treppe hinauf, und ein Stück weiter geradeaus. Die Bewegung ist schnell, und der Effekt erinnert an einen Fahrstuhl, der plötzlich stehenbleibt und noch einen kleinen Ruck macht. Hinter den Stufen des Schlafes regnet es Erinnerung und Vergessen, und das Erschrecken über beides geht um.

D THE WOMAN WHO LEFT Rachepos von Lav Diaz’ D DER SEIDENE FADEN Der neue PTA D FREIHEIT Einfach gehen D PLAYING GOD Entschädigungskläger D THE DISASTER ARTIST James Franco als Tommy Wiseau D DIE KÖNIGIN VON NIENDORF Mädchen, Bande, Floß D BIG TIME Stararchitekt Bjarne Ingels D WIND RIVER Winterthriller D ALLES GELD DER WELT Ridley Scott verfilmt die Getty-Entführung D DIE GRUNDSCHULLEHRERIN Zwischen Ideal und Chaos D THE SHAPE OF WATER Guillermo del Toros Unterwasser-Märchen D AUSLÖSCHUNG Expedition in Area X D HEILSTÄTTEN Beelitz-Horror D DIE VERLEGERIN Spielbergs Washington Post Drama D D DAS LEBEN IST EIN FEST Hochzeitsplaneralptraum D SELFI Doppelgänger-Thriller D LICHT Unbequemes Kostümdrama D WANN WIRD ES ENDLICH WIEDER SOMMER Porträt der „Banda Communale“ D 46

D JANUAR 2018

vorschau INDIEKINO im FEBRUAR


INDIESERVICE

Die INDIEKINOS

ACUD Kino Mitte

1

Veteranenstr. 21, 10119 Berlin www.acudkino.de

City Kino Wedding Filmrausch­palast im Centre Français Moabit 9 Lehrter Str. 35, 10557 Berlin Wedding 6 www.filmrausch.de

Müllerstraße 74, 13349 Berlin www.citykinowedding.de

Kino Krokodil Prenzlauer berg

Rosenthaler Str. 40/41, 10178 Berlin www.hoefekino.de

Greifenhagener Str. 32, 10437 Berlin www.kino-krokodil.de

Klick Kino Charlottenburg

b-ware! ladenkino Friedrichshain 2 Gaertnerstr. 19, 10245 Berlin ladenkino.de

Hackesche Höfe Kino Mitte 11

14

Wolf Kino NEUKÖLLN 19 Weserstraße 59, 12045, Berlin wolfberlin.org

15

Windscheidstr. 19, 10627 Berlin

fsk-Kino am ­Oranienplatz Kreuzberg 10

Eva-Lichtspiele Berlin Wilmersdorf 7

IL KINO NEUKÖLLN

Xenon Kino Schöneberg

12

20 Kolonnenstr. 5, 10827 Berlin www.xenon-kino.de

Nansenstr. 22, 12047 Berlin www.ilkino.de

Segitzdamm 2, 10969 Berlin www.fsk-kino.de

Blissestr. 18, 10713 Berlin www.eva-lichtspiele.de

Bali Kino Zehlendorf  3

Kino INTIMES Friedrichshain

Teltower Damm 33, 14169 Berlin www.balikino-berlin.de

Sputnik Kino am Südstern Kreuzberg 16 13

Hasenheide 54, 10967 Berlin www.sputnik-kino.com

filmkunst66 Charlottenburg

Z-inema ­MITTE

21

Bergstr. 2, 10115 Berlin www.z-bar.de

Boxhagener Str. 107, 10245 Berlin www.kino-intimes.de 8

Bleibtreustr. 12, 10623 Berlin www.filmkunst66.de

REINICKENDORF

Brotfabrikkino Weissensee  4  Caligariplatz 1, 13086 Berlin www.brotfabrik-berlin.de

Tilsiter Lichtspiele Friedrichshain 17

C    6   14   9   H    21    1

SPANDAU

MITTE  15

CHARLOTTENBURGWILMERSDORF  7

Bundesplatz-Kino Wilmersdorf 5

11

4

LICHTENBERG

17   13

R.-Sorge-Str. 25a, 10249 Berlin www.tilsiter-lichtspiele.de

MARZAHNHELLERSDORF

Zukunft ­Friedrichshain

22

Laskerstr. 5, 10245 Berlin kino-zukunft.de

B    2   Friedrichshain-

8   10   A    20

5

16    E

TEMPELHOFSCHÖNEBERG

STEGLITZZEHLENDORF

kreuzberg

F    22    12    G    19

NEUKÖLLN

18    D

TREPTOWKÖPENICK

3

Bundesplatz 14, 10715 Berlin www.bundesplatz-kino.de

B-ware! Open Air im Vor Wien ­Biergarten Kreuzberg  A  im FMP1 Friedrichshain  B

PANKOW

Union Filmtheater Friedrichshagen Freiluftkino ­Pompeji Bölschestr. 69, 12587 Berlin 18 www.kino-union.de Friedrichshain

G

freiluftkino-pompeji.de

Freilichtbühne WeiSSensee Weissensee

C

freilichtbuehne-weissensee.de

Freiluftkino  D  Friedrichshagen Friedrichshagen

www.freiluftkino-friedrichshagen.de

Freiluftkino ­Hasenheide KreuzberG  E

www.freiluftkino-hasenheide.de

Freiluftkino ­Insel zu Gast im ­Cassiopeia Friedrichshain  F  www.freiluftkino-insel.de

Windlicht im Filmrausch­ palast: „Umsonst & DrauSSen“ Moabit  H  www.filmrauschpalast.de

ladenkino.de

Impressum Herausgeber: INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) Rudolfstr. 11, 10245 Berlin Telefon: 030 – 209 897 24, info@indiekino.de, www.indiekino.de Geschäftsführung: Hendrike Bake

Bildnachweis: Filmbilder/Plakatmotive: Filmverleiher/Filmfestivals So Long Leonard (S. 6): City Kino Wedding FILMSYMPOSIUM: SAVING BRUCE LEE (S. 7): Didi Ould Nana, Auszubildender im 1. Jahr als Filmvorführer, VGIK-Archiv, vgik.info Berlin-Film-Katalog #69 UND ZÄRTLICH KREIST DIE FAUST (S. 40): Bechert & Dexel Filmproduktion INGRID – DIE GESCHICHTE EINES FOTOMODELLS (S. 45): Transit Film GmbH, München

Redaktion: Hendrike Bake, Thomas Dorow redaktion@indiekino.de Filmtexte: Toby Ashraf, Hendrike Bake, Tom Dorow, Katharina Franck, Christian Horn, Susanne Kim, Christian Klose, Jan Künnemund, Elinor Lewy, Jens Mayer, Michael Meyns, Harry Mühlbeyer, Toni Ohms, Hannes Stein, Anna Stemmler, Susanne Stern, Matthias von Viereck, Hardy Zaubitzer Texte Kinohighlights: INDIEKINO BERLIN und Kinos Grafik: Michael Zettler, Nora Wiesner (Zett Media) Akquise/Marketing: Michael Spiegel, spiegel@indiekino.de Druck: Bonifatius Druck, Paderborn

Eine Gewähr für die Richtigkeit der Termine kann nicht übernommen werden. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Ein Nachdruck ist nur mit Genehmigung von Redaktion und Autor und mit Quellenangabe gestattet. Für unverlangt eingesandtes Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Das INDIEKINO BERLIN Magazin erscheint in einer Auflage von 15.000 Stück. Das Magazin ist kostenfrei. Verteilung in den Berliner Kinos ACUD Kino, b-ware!ladenkino, Bali Kino, Brotfabrikkino, Bundesplatz Kino, City Kino Wedding, Eiszeit Kino, Eva Lichtspiele, filmkunst66, Filmrauschpalast Moabit, fsk-Kino am O ­ ranienplatz, Hackesche Höfe Kino, IL Kino, Kino Intimes, Kino Krokodil, Klick Kino, Sputnik Kino am Südstern, Tilsiter Lichtspiele, Union Filmtheater, Wolf Kino, Xenon Kino, Z-inema, Zukunft sowie an weiteren 400 Verteilstellen. Abonnement: Auf Wunsch liefern wir Ihnen das INDIEKINO BERLIN Magazin gerne zu einem Unkostenbeitrag direkt nach Hause. Weitere Informationen und ein Bestellformular finden Sie unter: www.indiekino.de/news/de/abonnement

JANUAR 2018 D

47 D



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.