INDIEKINO BERLIN Magazin #50, August 2018

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D NACH DEM URTEIL Tickende Zeitbombe D BLACKKKLANSMAN Undercover im Rassismus D SILVANA Es gibt nur eine D GUNDERMANN Widersprüchlicher Typ D EIN DORF ZIEHT BLANK Solidarität auf der Wiese D DON’T WORRY, WEGLAUFEN GEHT NICHT Desperado des Cartoons D A SKINO SO SOFT Der Körper lügt nicht D DAS GEHEIMNIS VON NEAPEL Mystery & Stadtporträt D SO WAS VON DA Ausgebremste Ekstase D FAMILE BRASCH DDR-BRD-Zeit­ geschichte D 8:30 Paranoider Stillstand D WELCOME TO SODOM Leben auf der Elektroschrotthalde D IN THE MIDDLE OF THE RIVER Jeden Tag mehr Zorn D ITZHAK Netter Virtuose D ZUHAUSE IST ES AM SCHÖNSTEN Stirb, du Schlange!

Magazin DER unabhängigen BERLINER LichtspielhäusER

D 50 D AUGUST 2018

indiekinoBERL

BLACKKKLANSMAN – Start am 23.8.2018


www.arsenalfilm.de


DIE INDIEKINOS D ACUD KINO D B-WARE!LADENKINO D BALI KINO ­D B ­ rotfabrik Kino D BUNDES­PLATZ KINO D City Kino Wedding D EVA-LICHTSPIELE D FILMKUNST66 D FILMRAUSCHPALAST D FSK-KINO AM ORANIENPLATZ D HACKESCHE HÖFE KINO D IL KINO D INTIMES D KROKODIL D KLICK Kino D SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN D TILSITER ­LICHTSPIELE D UNION FILMTHEATER D XENON KINO D WOLF KINO D Z-INEMA D ZUKUNFT D B-WARE! OPEN AIR D FLB Weissensee D FLK FRIEDRICHSHAGEN D FLK HASENHEIDE D FLK INSEL D FLK ­POMPEJI D FLK „UMSONST & DRAU­S­SEN“ IM FILMRAUSCHPALAST

Editorial

Es ist (immer noch, wie schön!) Sommer und es kommen nicht ganz so viele Filme ins Kino wie sonst, es sind aber sehr schöne dabei. Wir mögen Andreas Dresens GUNDERMANN-Verfilmung über den „singenden Baggerfahrer“ aus der Lausitz, einen widersprüchlichen Typ, an dessen Leben sich einiges über die DDR begreifen lässt. Gut zu ergänzen mit Annekatrin Hendels Porträt des Brasch-Klans FAMILIE BRASCH. Auch die neuen Filme der US-Indie-Veteranen Spike Lee und Gus Van Sant starten im August: Mit BLACKKKLANSMAN über den afroamerikanischen Polizisten Ron Stallworth, der bis in den innersten Kreis des KuKluxKlan vordrang, hat Lee einen seiner besten und wütendsten Filme seit langem gedreht. Van Sants DON’T WORRY, WEGLAUFEN GEHT NICHT ist eine

sehr liebevolle und schräge Hommage an den Desperado des Cartoons John Callahan. Und schließlich haben wir die Freude, zwei erstaunliche Newcomer zu präsentieren: Xavier Legrand hat das Sorgerechtsdrama NACH DEM URTEIL als dichten Thriller inszeniert. Ähnlich intensiv ist Damian John Harpers IN THE MIDDLE OF THE RIVER über den Irak-Heimkehrer Gabriel, für den Harper gerade mit dem Nachwuchspreis für den besten Autor auf dem Filmfest München ausgezeichnet wurde.

04 Magazin 08 „ICH WOLLTE EINE TRAGÖDIE IN DER HEUTIGEN ZEIT SCHREIBEN“: INTERVIEW MIT XAVIER LEGRAND ÜBER NACH DEM URTEIL 10 UNDERCOVER IM RASSISMUS: BLACKKKLANSMAN

17 MYSTERY & STADTPORTRÄT: DAS GEHEIMNIS VON NEAPEL 22 WEITER im Kino 23 Kinderfilme 24 Kinohighlights 30 Nachbild 31 Kinoadressen, Impressum, AboNNEMENT

Viel Spaß beim Lesen und viel Spaß im Kino Eure INDIEKINO BERLIN Redaktion Die Septemberausgabe von INDIEKINO BERLIN erscheint am 25.8.2018

Neu im AUGUST 14 10 8 21 21 16 11

8:30 Aus nächster Distanz BlacKkKlansman Der Boxer und der Tod Der Doktor aus Indien Don’t worry, weglaufen geht nicht Ein Dorf zieht blank

Starts der Woche 2.8. 14 20 18 12 20

8:30 Grenzenlos A Skin So Soft Welcome to Sodom Zu Hause ist es am schönsten

9.8. 10 Aus nächster Distanz 12 Itzhak 15 Vollblüter

11 18 17 13 20 16

Familie Brasch Finsteres Glück Das Geheimnis von Neapel Geniale Göttin – Die Geschichte von Hedy Lamarr Grenzenlos Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon

19 19 12 13 6 10 18

Gundermann In the Middle of the River Itzhak Lebenszeichen – Jüdischsein in Berlin Nach dem Urteil Silvana A Skin So Soft

14 15 20 12 20

So was von da Vollblüter Warten auf Schwalben Welcome to Sodom Zu Hause ist es am schönsten

16.8.

23.8.

30.8.

16 11 11 18 17 13 19 14

8 21 21 19 13 6 10 20

16 Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon

Don’t worry, weglaufen geht nicht Ein Dorf zieht blank Familie Brasch Finsteres Glück Das Geheimnis von Neapel Geniale Göttin – Die Geschichte von Hedy Lamarr In the Middle of the River So was von da

BlacKkKlansman Der Boxer und der Tod Der Doktor aus Indien Gundermann Lebenszeichen – Jüdischsein in Berlin Nach dem Urteil Silvana Warten auf Schwalben

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INDIEMAGAZIN

Lange Nacht der Filmfestivals

Am 18.8. laden die Berliner Filmfestivals zur „langen Nacht“ in die Zukunft am Ostkreuz ein. Mit dabei sind über 20 Festivals, vom 11mm Fußballfilmfestival über achtung berlin und Litauisches Kino Goes Berlin bis hin zum Zebra Poetry Film Festival und dem uns bis dato auch noch nicht bekannten Weihnachtsfilmfestival. Von 15 Uhr bis spät werden an fünf verschiedenen Orten im Kino Zukunft Kurz- und Langfilme aus der ganzen Welt gezeigt. Dazu gibt’s Bands (Wichswut, Instant Tiger) und Aufgelegtes, und im Biergarten das gute Hausgebraute und Street Food (auch vegan). festiwelt-berlin.de

Neu: Sneak im City Kino Das City Kino Wedding sneakt ab August immer am zweiten Dienstag im Monat einen Film vor dem offiziellen Kinostart. Der Titel ist natürlich geheim, aber die Sprachfassung wird vorab bekannt gegeben. Der Augustfilm ist am 14.8. um 21 Uhr zu sehen und läuft auf Englisch mit deutschen Untertiteln.

Das Gesicht hinter der Maske Die „Hommage an Peter Lorre“ im Zeughauskino läuft bereits seit dem 12. Juli, aber noch bis zum 30. September: Es bleibt also noch Zeit, eine ganze Reihe der besten Filme des großartigen Schauspielers zu sehen, wie M, Casablanca und Lorres Regie-Meisterwerk DER VERLORENE, sowie zwei Filme aus der MR.MOTO-Reihe. Auf unserer Liste ganz oben stehen allerdings die drei Filme, die Peter Lorre mit Robert Florey gedreht hat, darunter THE FACE BEHIND THE MASK, über einen ungarischen Emigranten, der bei einem Hotelbrand in New York entstellt wird und unter einer Latexmaske seines eigenen Gesichts im Gangstermilieu Karriere macht, und der Gothic-Horrorfilm THE BEAST WITH FIVE FINGERS über die untoten Hände eines Pianisten. D4

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Solivorstellung: AUS DEM LEBEN EINES SCHROTTSAMMLERS 2013 erhielten Danis Tanovićs Szenen aus dem Alltag einer bosnischen Roma-Familie AUS DEM LEBEN EINES SCHROTTSAMMLERS mehrere Preise auf der Berlinale, darunter den Silbernen Bären für den besten Hauptdarsteller, Nazif Mujic. Mujic, der sich im Film selbst spielt, hatte wenig von dem Gewinn, mit Hilfe des Regisseurs versuchte die Familie nach Deutschland zu emigrieren, ihr Asylantrag wurde aber abgelehnt. Im Februar dieses Jahres verstarb Nazif Mujic, weil er sich die Behandlung seiner Diabetes nicht leisten konnte. Am 5.8. um 16 Uhr veranstaltet das fsk-Kino eine Solivorstellung des Films in Anwesenheit des Regisseurs. Die Einnahmen gehen an Mujics Familie.

ELVIS PRESLEY – ’68 COMEBACK SPECIAL 1968 war Elvis seit zehn Jahren nicht mehr live aufgetreten. Sein Konzert-Comeback in einer vor Publikum aufgenommenen TV-Show war eine Sensation. Die fett produzierten Anfangs- und Schlusssequenzen zeigten den Las-Vegas-Soul, den Elvis in seinen späteren Auftritten perfektionieren würde, aber vor allem der Mittelteil, die „Sit-Down-Session“ mit Elvis‘ Band aus Sun-Records-Tagen, Scotty Moore und DJ Fontana, waren so umwerfend und leidenschaftlich, dass Elvis es sich leisten konnte, über die neuen Bands als „The Beatles and The Beards“ zu spotten. So etwas wie Elvis‘ Live-Version von „Trying to Get to You“ hatte man noch nicht gehört. Das Kino Union zeigt das ’68 Comeback Special am 16. und 19.8.


INDIEMAGAZIN

Benefiz mit Buttgereit

Wie geht es weiter mit dem Videodrom? Am 18.8. um 18 Uhr diskutieren Jörg Buttgereit, Tobis Haupts, Katja Nicodemus und Andreas Wildfang im Sputnik Kino darüber, wie eine Zukunft für unsere Lieblingsvideothek im Zeitalter der Online-Portale – von denen keins auch nur annähernd Umfang und Fachkenntnis des Videodroms erreicht – aussehen könnte. Im Anschluss wird Jörg Buttgereits TODESKING (1990) gezeigt. Sieben Überdrüssige machen ihrem Leben ein Ende. Einer davon im Videodrom. Statt Eintritt wird um eine Spende gebeten.

Grenzgänger Zur Erinnerung an den Mauerbau zeigt das Bali Kino am 13.8. zwei Berliner Grenzgänger-Komödien. Um 18 Uhr läuft Billy Wilders Klassiker EINS, ZWEI, DREI (1961) in dem der junge Horst Buchholz den überzeugten Kommunisten Otto Ludwig Piffl (Ost) spielt, der mit der Tochter des Coca-Cola Vertriebschefs McNamara (West) anbändelt. In MEIER von Peter Timm (1985), der um 20.30 Uhr zu sehen ist, bringt der Tapezierer Meier mit illegaler Westware seinen Laden in Ostberlin in Schwung und wird sogar zum Held der Arbeit ausgezeichnet. Meier

Verlosung: I, TONYA Margot Robbies Film & Spaziergang

Der poetische Porträtfilm GARTEN DER STERNE ist dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof gewidmet, und seinem Hausengel, dem transidenten Bernd Bossmann, alias Ichgola Androgyn. Bossmann betreibt das dortige Café „Finovo“, macht Friedhofsführungen, informiert über tote Schwule und berichtet über den Garten der Sternenkinder. Am 12. und am 26.8. um 15 Uhr zeigt das Klick-O-Tonart den schönen Dokfilm und Bernd Bossmann macht anschließend eine Friedhofsführung.

giftige Darstellung von Tonya Harding hat uns im März begeistert. Der rasante, witzige und kluge Ensemblefilm hat am Ende nicht alle Oscars gewonnen, die wir ihm gewünscht hätten, aber immerhin gab es einen für Allison Janney als Tonyas permanent übel gelaunte Mutter LaVona. Wir verlosen zum DVD/BluRay-Start zwei DVDs oder BluRays. Bei Interesse schreibt uns bis zum 15.8. eine Email an info@indiekino.de mit dem Betreff: TONYA und gebt an, ob ihre eine DVD oder BluRay möchtet.


INDIEFEATURE

„Ich wollte eine Tragödie in der heutigen Zeit schreiben“ Interview mit Xavier Legrand über NACH DEM URTEIL

Bislang spielte der französische Schauspieler und Regisseur Xavier Legrand vor allem Theater. 2014 wurde sein Kurzfilm AVANT QUE DE TOUT PERDE, der von dem Tag handelt, als eine Frau ihren gewalttätigen Mann verlässt, für den Oscar nominiert. Den Stoff hat er nun noch einmal in seinem ersten Langfilm NACH DEM URTEIL verarbeitet, der seine Weltpremiere auf den Filmfestspielen in Venedig feierte und dort als Bester Erstlingsfilm und mit dem Silbernen Löwen für die Beste Regie ausgezeichnet wurde. Thomas Abeltshauser hat beim Filmfest in San Sebastián mit Xavier Legrand gesprochen, wo NACH DEM URTEIL den Zuschauerpreis gewann.

Was hat Sie an dem Thema häuslicher Gewalt interessiert? Das entstand erst im Laufe der Zeit. Ich wollte einen Film über eine Familie erzählen. Ich komme vom Theater, ich bin vor allem ein Bühnenschauspieler und schon seit den griechischen Dramen von Sophokles und den anderen Klassikern geht es immer wieder um Familienstrukturen, aber auch um Gewalt. Ich wollte eine Tragödie in der heutigen Zeit schreiben. So kam ich langsam auf das Thema, merkte aber bald, dass Gewalt innerhalb einer Ehe oder einer Familie ein Tabuthema ist. In den klassischen griechischen Tragödien sterben meist etliche der Charaktere. In Ihrem Film sieht man dagegen nie, wie jemand geschlagen wird, nur die ständige Angst, in der die Protagonisten leben. Das ist D6

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erstaunlich genau beobachtet. Sind das Situationen, die sie in ihrem eigenen Umfeld erlebt haben? Die Geschichte ist nicht autobiografisch. Ich habe intensiv recherchiert, habe mich mit Opfern unterhalten, Prozesse besucht, mit Ermittlern und Familienrichtern gesprochen. In Frankreich gibt es so viele Fälle, dass oft in 20 Minuten ein Urteil gefällt werden muss, was oft zu furchtbaren und falschen Entscheidungen führt. Und es wurde auch immer wieder deutlich, dass all diese Schicksale vor allem von Angst geprägt sind, die Gewalt ist oft nicht sichtbar. Deswegen habe ich mich auch entschieden, sie nicht zu zeigen. Der Ehemann ist ein perverser Narzisst, er interessiert sich im Grunde auch gar nicht für seine Kinder, er will vor allem seine Frau kontrollieren und manipulieren. Er liebt sie nicht, er nimmt sie nur als seinen Besitz war. Und im Extremfall sieht er sie lieber tot als dass sie ein Leben ohne ihn führt. Wie schwierig war es, die Balance zu finden zwischen der authentischen Darstellung dieses Familienlebens und den Thrillerelementen? Es war eine Herausforderung und ein Balanceakt, sie nicht als Genrefiguren zu missbrauchen und in Stereotype zu verfallen. Die Geschichte beginnt im Gerichtssaal und entwickelt sich langsam zu einem Thriller, und ich habe versucht, jede Überdramatisierung zu vermeiden und die Situation atmosphärisch so genau wie möglich zu zeigen. Der Film ist sehr nah am Drehbuch, das ich geschrieben hatte und bei dem ich penibel


INDIEFEATURE darauf geachtet habe, nicht in die üblichen Genrekonventionen zu verfallen. Ich habe alles Unnötige und Spektakuläre weggelassen und den Plot so weit wie möglich verschlankt. Die Spannung baut sich langsam dadurch auf, dass ich dem Publikum nicht alles vorkaue, es muss selber Schlüsse ziehen, Situationen interpretieren und zweifeln.

Originaltitel: Jusqu’à la garde D Frankreich 2017 D 93 min D R: Xavier Legrand D B: Xavier Legrand D S: Yorgos Lamprinos D D: Léa Drucker, Thomas Gioria, Mathilde Auneveux, Denis Menochet D V: Weltkino

Wie haben Sie den Jungen gefunden, der Julien spielt und den Film über weite Strecken trägt? Es war eine lange und schwierige Suche. Und als ich schließlich Thomas Gioria gefunden hatte, habe ich erst lange mit ihm gesprochen und geprobt, um sicher zu sein, dass er die notwendige Reife für die Rolle hat. Beim Schreiben dachte ich oft, es wird unmöglich sein, einen solchen Jungen zu finden, aber Thomas hat dem Film mehr gegeben, als ich je zu hoffen gewagt hatte. Er ist ein unglaublich talentierter Schauspieler. Joséphine, die Tochter, hat ihre ganz eigene Geschichte, die sie parallel zu der von Miriam und ihrem Sohn erzählen. Welche Funktion hat sie für den Kontext?

Nach dem Urteil Tickende Zeitbombe

Zum einen gibt sie dem Zuschauer die Möglichkeit zwischendurch etwas durchzuatmen, weil es sonst wirklich zu erdrückend geworden wäre. Und ich habe bei meinen Recherchen immer wieder festgestellt, dass Kinder aus ein und derselben Familie sehr unterschiedlich auf solche Konflikte reagieren. Jungen tendieren dazu, die ihnen widerfahrene Gewalt zu reproduzieren oder entwickeln einen Beschützerinstinkt ihrer Mutter gegenüber. Mädchen verlassen oft die dysfunktionalen Familienstrukturen, um selbst eine Familie zu gründen. Aber es wird auch klar, dass sich bestimmte Schemata wiederholen, als Joséphine ebenso jung schwanger wird, wie ihre Mutter und Großmutter vor ihr. Warum haben Sie auf Filmmusik verzichtet? Auch das hat mit der Angst zu tun. Viele Frauen berichteten mir von ihren Erfahrungen mit häuslicher Gewalt, wie sie in ständiger Furcht lebten und auf kleinste Geräusche reagierten. Eine Frau erzählte mir, dass sie schon am Geräusch, wie ihr Mann abends den Haustürschlüssel umdreht, ahnte, ob er sie heute schlagen würde oder nicht. Diese permanente Angst konnte ich durch Sounddesign sehr viel besser darstellen als durch Filmmusik. Was war die ursprüngliche Motivation, hinter die Kamera zu wechseln? Mir ging es vor allem um das Schreiben, ich will Geschichten erzählen. Und das führte mich dann zur Regie. In Frankreich sind wir in der glücklichen Situation, dass der Autor eines Theaterstücks oder eines Drehbuchs einen sehr hohen Stellenwert hat, er ist der Erschaffer, fast wie ein Gott. Und ich wollte meinen Stoff nicht aus der Hand geben und von jemand anderem inszenieren lassen.

NACH DEM URTEIL ist ein genau beobachtetes Familiendrama. NACH DEM URTEIL ist ein knallharter Thriller. Xavier Legrands beeindruckender Debütfilm beginnt in einem Familiengericht. Es geht um einen Sorgerechtstreit. Sie will ihm den Umgang mit den Kindern verbieten, er will geteiltes Sorgerecht. Es werden Statements der Kinder verlesen, die keinen Kontakt zum Vater wünschen. Die Mutter führt an, sie sei Opfer häuslicher Gewalt geworden, Beweise hat sie keine. Der Vater gibt an, er habe nur vor dem Haus gewartet, um seine Kinder sehen zu können, er sieht elend und traurig aus. Die Richterin blickt von einem zum anderen. Ist der Mann gewalttätig? Hat die Frau die Kinder manipuliert? Sie schließt die Verhandlung – die Entscheidung wird beiden Parteien über die Anwältinnen mitgeteilt werden. Für einen ganz kurzen Moment sieht es so aus, als würde NACH DEM URTEIL die Ambivalenz der Richterin teilen. Doch als das Urteil „geteiltes Sorgerecht“ gefallen ist und der Vater Antoine (Denis Ménochet) seinen 11-järigen Sohn Julien (Thomas Gioria) zum ersten Besuchstermin abholt, werden die wirklichen Verhältnisse schlagartig klar. Julien will nicht zum Vater, Angst liegt in seinem Blick, und als er doch geht, ist klar, dass er das nur tut, um die Mutter Miriam (Léa Drucker) zu schützen. NACH DEM URTEIL begleitet Julien an diesem und weiteren Besuchstagen und mit jedem Mal wird offensichtlicher, dass Antoine, verletzt und cholerisch, eine tickende Zeitbombe ist. Alle wissen es, Julien, Miriam, die ältere Schwester Joséphine und sogar Antoines Eltern, nur unternehmen kann niemand etwas, solange noch nichts vorgefallen ist. Legrand inszeniert dieses Warten auf die Katastrophe dicht und souverän, und unversehens wandelt sich das fast dokumentarisch wirkende Familienporträt in einen dichten Thriller, der einen bis zum letzten Bild auf der Stuhlkante hält. D Hendrike Bake

Wollen Sie weiterhin als Schauspieler und Regisseur arbeiten oder wollen Sie sich für eines entscheiden? Nein, ich halte es für mich schlicht für unmöglich, auf eines der beiden zu verzichten. Ich will weiterhin sowohl vor und hinter der Kamera und auf der Bühne stehen.

Start am 23.08.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

The court ruled for shared custody and now 11 year old Julien has to visit his father Antoine regularly – even though he and everyone else knows that Antoine is a ticking time bomb.

D Das Gespräch führte Thomas Abeltshauser

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INDIEFEATURE

BlacKKKlansman Undercover im Rassismus

BLACKKKLANSMAN ist Spike Lees bester und wütendster Film seit langem. Lee gelingt das Kunststück, einen komischen und spannenden Thriller über die wahre Geschichte des Schwarzen Polizeikommissars Ron Stallworth zu drehen, der sich in den 70er Jahren am Telefon als weißer Rassist ausgab und bis in den innersten Kreis des KuKluxKlan vordrang, und damit zugleich ein Lehrstück sowohl über die gespenstische Kontinuität rassistischer Motive im Film und in der Lebenswirklichkeit als auch über die Geschichte des Widerstands, von der Black Power-Bewegung bis zu „Black Lives Matter“, zu inszenieren. In den siebziger Jahren verpflichteten die als „Affirmative Action“ zusammengefassten Gleichstellungsgesetze auch das Polizeidepartment in der weiß und evangelikal geprägten kleinen Universitätsstadt Colorado Springs, Schwarze für den höheren Polizeidienst einzustellen. Schon bei seinem Bewerbungsgespräch werden Ron Stallworth (John David Washington) erniedrigende Fragen gestellt, die sicher kein Weißer beantworten müsste: Drogen? Single? Viel Sex? Sex mit Weißen? Politik? Zunächst wird Ron ins Archiv abgeschoben, und als er schließlich verlangt, endlich an einer Ermittlung beteiligt zu werden, ist sein erster Auftrag eine Undercover-Ermittlung bei einer Rede des Black Power/Black Panther Party-Aktivisten Kwame Ture aka Stokely Carmichael, wo Ron nach subversiven Elementen suchen soll. Bei der Veranstaltung gerät Ron nicht nur in moralischen Zwiespalt, denn Kwame Tures Rede bewegt ihn sichtlich, er verliebt sich auch in die studentische Aktivistin Patrice. Das verschärft Rons inneren Konflikt, denn Patrice, mit Angela-Davis-Gedächtnis-Frisur, nennt Polizisten nur, wie in der Studentenbewegung üblich, „Pigs“, und Schwarze Pigs, die sich gegen ihre eigenen Leute wenden, sind natürlich die übelsten Pigs von allen. Ron murmelt etwas, das an die Argumentation vom „Marsch durch die Institutionen“ erinnert, man D8

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müsse das System von innen verändern usw., aber das Gespräch nagt an ihm. Es nagt so lange, bis er am Telefon auf eine Zeitungsannonce des KuKluxKlans antwortet und den Chef des lokalen Ablegers an der Strippe hat. Er spielt den weißen Rassisten so überzeugend, dass er sofort in die konspirativen Ränge des Klans aufgenommen wird. Es gelingt Ron sogar, den rassistischen Polizeichef davon zu überzeugen, dass es Sinn macht, die KKK-Gruppe zu überwachen. Sein jüdischer Kollege Flip Zimmerman (Adam Driver) übernimmt Rons Rolle bei realen Begegnungen mit den Rassisten, während Ron am Telefon bis zu David Duke (Topher Grace), dem „Grand Wizzard“ des KKK durchdringt. Flip hatte sich nie als Jude verstanden, bis er den KKK-Spinnern gegenübersteht, die sehen wollen, ob er beschnitten ist, und ihn an einen Lügendetektor anschließen wollen. Ein Schwarzer Polizist, der als weißer Rassist durchgeht, ein weißer Polizist, der sich erst durch die rassistische Bedrohung als Jude zu verstehen beginnt. Lee greift in dieser Szene eine Vielzahl historischer und aktueller Debatten in der Black Community auf, und verhandelt nebenbei noch den ansteigenden Antisemitismus, der aktuell nicht nur aus der Ecke der weißen Rassisten kommt. Flips Selbstidentifikation als Weißer ist auch ein Echo des „Passing for white“, als Weißer durchgehen, ein ewiges Thema für Hollywood, etwa in Douglas Sirks IMITATION OF LIFE, wo die Tochter der Schwarzen Haushälterin ihre Schwarze Mutter verleugnet. Die Debatte um „Colorism“, etwa bei der Besetzung hellhäutigerer Schauspieler in positiv besetzten Rollen, während dunkelhäutigere die Drogensüchtigen und Unterprivilegierten spielen müssen, ist ein aktuelles Echo dieser Szenarien. Es geht Lee aber auch um die Wertewende, die durch die Black Power-Bewegung in den siebziger Jahren herbeigeführt wurde. Kwame Ture, Black Power Aktivist und Mitbegründer der Black Panther Party, spricht in seinem Vortrag darüber, wie er sich


INDIEFEATURE als Kind mit Tarzan identifizierte, bis er bemerkte, dass er den Weißen anfeuerte, Schwarze zu töten. Die Identifikation mit dem von der weißen Mehrheitsgesellschaft negierten Teil der eigenen Identität schließt den Versuch des „Passing“ aus. Black Power zeigt Lee als Reaktion auf die „White Power“-Parolen Hollywoods und des Klans. Spike Lee rahmt und ergänzt die Geschichte mit Film- und Medienzitaten. Er lässt seinen Film mit einer Szene aus GONE WITH THE WIND (1939) beginnen, in der Scarlett O’Hara ihren Geliebten unter den Verwundeten Südstaaten-Soldaten des Bürgerkriegs sucht – einer Urszene des rassistischen Opfermythos und ein Lieblingsfilm von Joseph Goebbels, der daraufhin die Entwicklung von Agfacolor vorantrieb: Rassistische Mythenproduktion war Kriegsmittel. Danach tritt Alec Baldwin als ultrarassistischer TV-Agitator gegen die Integration in den 60er Jahren auf, während hinter ihm Bilder von rassistischen Demonstrationen und Anschlägen zu sehen sind. Dass Baldwin auch einer der bekanntesten Trump-Parodisten der USA ist, verweist auf die immer gleichen Motive des Rassismus: in den 60er Jahren, in Trumps Reden über mexikanische Immigranten oder bei unseren deutschen Rassisten. Höhepunkt von BLACKKKLANSMAN ist eine Vorführung von D.W. Griffiths rassistischem Hetzfilm BIRTH OF A NATION (1915), parallel dazu hält Harry Belafonte als alter Aktivist einen Vortrag über den Lynchmord an einem jungen Mann im Jahr 1916, begangen von einem durch BIRTH OF A NATION angestachelten Mob. Auch das Ende des Films ist ein Verweis auf die Gegenwart: Es sind Bilder der Demonstration in Charlottesville, bei der ein Rassist sein Auto in die Menge steuerte, David Duke sich und die

seinen als Opfer stilisierte, und Donald Trump von „guten Menschen auf beiden Seiten“ sprach. Die präzisen Dialoge und Gegenüberstellungen in BLACKKKLANSMAN sind selbstverständlich und lebensnah, transportieren aber immer noch einen Bedeutungsüberschuss. Lees Collagen, die nicht zuletzt perfekte Beispiele für Brechts Verfremdungseffekte und Eisensteins politische Montage sind, wirken aufregend und aufrührerisch wie ein wilder JazzMix. Debatten innerhalb der Schwarzen Community, Montagen von Filmen, Fernsehausschnitte, Fotos, Filmplakate, Vorträge – Lee integriert das alles so in den mitreißenden Plot, dass der Überschuss an Wut, Information und Agit-Prop den Film aufregender macht, als es die irrwitzige Geschichte ohnehin schon ist. Der echte Ron Stallworth wurde in den 80er Jahren übrigens zum Polizei-Spezialisten für Gangster-Hip Hop, angeregt durch weiße Mormonen-Jungs, die sich im ultrakonservativen Utah mit Crips- und Bloods-Gangzeichen in Pose setzten. D Tom Dorow USA 2018 D R: Spike Lee D B: Spike Lee, David Rabinowitz, Charlie Wachtel, Kevin Willmott D S: Barry Alexander Brown D M: Terence Blanchard D D: John David Washington, Adam Driver, Topher Grace, Ryan Eggold D V: Universal Pictures International

Start am 23.08.2018 ¢ 8.8. um 20 Uhr, Hackesche Höfe Kino: Tip-Preview ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

BLACKKKLANSMAN tells the (true) story of black police detective Ron Stallworth who pretended to be a white racist on the phone and entered the most inner circle of the Ku Klux Klan in the 70s.

GUTE MÄDCHEN KÖNNEN AUCH BÖSE OLIVIA COOKE

A N YA TAY L O R - J OY

ANTON YELCHIN

A B 9. AUGUST I M K I NO

VOLLBLÜTER-FILM.DE


INDIEKRITIKEN Originaltitel: Silvana – Väck mig när ni vaknat D Schweden 2017 D 91 min D R: Mika Gustafson, Olivia Kastebring, Christina Tsiobanelis D B: Mika Gustafson, Olivia Kastebring D K: Mika Gustafson, Olivia Kastebring, Christina Tsiobanelis D S: Charlotte Landelius D M: Therese Helgesson D V: Rise and Shine Cinema

Silvana

Aus nächster Distanz

Es gibt nur eine

Alltägliche Hochspannung

„Es gibt nur eine(n) Imam: Silvana Imam!“. Diese provokante Aussage wirft die Rapperin Silvana immer wieder ins Publikum, voll aggressiver Energie, die nur jemand aufbringen kann, dem sein Leben lang der Platz in der Gesellschaft abgesprochen wurde. Silvana Iman, die lesbische Tochter eines syrischen Vaters und einer litauischen Mutter, immigrierte mit ihrer Familie als Kleinkind nach Schweden und muss sich seitdem ununterbrochen rechtfertigen. Für ihre Herkunft, ihre zu kurzen blonden Haare als Kind, ihre Gefühle, ihr Auftreten – selbst für ihre antirassistischen Texte. Als Musikerin bündelt sie nun all diese Erfahrungen und schleudert sie geballt an die heteronormative Mehrheitsgesellschaft zurück. Ob sie in Pussy-Riot-Maske von der Niederschlagung des Patriarchats rappt oder das Elend syrischer Geflüchteter anklagt, Silvana ist ein Mensch, der etwas zu sagen hat und sich das nun von niemandem mehr nehmen lässt. So expressiv wie diese Musikerin auftritt, die in kein gewohntes Bild zu passen scheint, ist auch der Film über sie inszeniert. In loser Abfolge reihen sich Heimvideos, Festivalauftritte und Backstageszenen aneinander, die Silvana als hochemotionale Getriebene zeigen. Doch SILVANA ist auch ein Liebesfilm. Wem bei ihren ersten schüchternen Annäherungsversuchen mit der bereits etablierten Sängerin Beatrice Eli nicht das Herz aufgeht, der kann keins haben. Noch berührender sind nur die Bilder der zahlreichen jungen, meist weiblichen Fans, für die Silvana und Beatrice die bestärkenden Vorbilder sind, die sie selbst nie hatten. In ihrem Anderssein und mit ihren Gefühlen ist jetzt keine(r) von ihnen mehr allein. Dadurch wird das Musikerinnenporträt auch zum politischen Statement: Es gibt nur eine Silvana Imam, aber viele, die fühlen wie sie – und die das Recht einfordern, auch endlich so sein zu dürfen, wie sie sind. D Katharina Franck

Start am 23.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

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Originaltitel: Shelter D Deutschland/Israel/Frankreich 2017 D 93 min D R: Eran Riklis D B: Eran Riklis D S: Richard Marizy D D: Golshifteh Farahani, Neta Riskin, Yehuda Almagor, Doraid Liddawi, Haluk Bilginer D V: NFP

Silvana Imam, a Swedish hip hop artist with Lithuanian-Syrian roots, goes from being an underground icon to being a star with her feminist songs. The publicity also increases the pressure.

Der Mann auf dem Balkon gegenüber. Der Kioskverkäufer auf der Straße. Vielleicht auch der Nachbar, der freundlich grüßt. Hinter jedem kann ein tödlicher Feind stecken. Oder ein Helfer in der Not. Zwei Frauen sind zwei Wochen lang eingesperrt: Für Naomi (Neta Riskin) ein eigentlich einfacher Job – in der sicheren Wohnung in Hamburg soll die Mossad-Agentin die libanesische Hisbollah-Überläuferin Mona (Golshifteh Farahani) schützen. Doch Begriffe wie „einfach“, „sicher“ oder „Schutz“ gelten nichts im unentwirrbaren Geflecht geheimdienstlicher Aktionen und Reaktionen. Geschickt spielt Regisseur Eran Riklis mit den Schauplätzen zwischen Safehouse, Hisbollah-Hauptquartier, Agententreffen in einer Berliner Bar oder einem abgelegenen Kloster im Libanon: Er orchestriert Informationen, die sich langsam herausschälen, und die im nächsten Moment wieder angezweifelt oder auf den Kopf gekehrt werden können. Vielleicht hält Naomis Führungsoffizier wichtige Details zurück? Vielleicht steht ein Hisbollah-Kampfkommando schon vor der Tür? Vielleicht ist Mona, mit ihrem komplett bandagiertem Kopf nach einer Gesichts-OP, auch eine Doppelagentin? Das Spiel von Sein und Schein gehört zum Handwerkszeug eines jeden einigermaßen raffinierten Thrillers. Riklis aber geht die entscheidenden Schritte weiter. Er verwurzelt seine Geschichte im gefühlt ewig währenden und dabei stets aktuellen Nahostkonflikt, ortet die Risse und Verwerfungen und führt den Zuschauer dahin, wo kein Bond-Bourne-etc.-Filmheld sich jemals hintraut: In die zermürbende Routinerealität, in die alltägliche Hochspannung, und in den Zwiespalt des Menschlichen: Mit dem Zielobjekt tagelang eingesperrt immer präsent sein, aber keine größere Nähe zulassen. Das Spionagedrama als Kammerspiel: Riklis erschafft eine Choreografie des Unausweichlichen. D Harald Mühlbeyer

Start am 9.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Mossad agent Naomi is meant to protect Lebanese Hezbollah defector Mona in a secure apartment in Hamburg, but Mona might be a double agent. A complex spy thriller directed by Eran Riklis.

Termine unter www.indiekino.de


INDIEKRITIKEN Originaltitel: Normandie Nue D Frankreich 2018 D 105 min D R: Philippe Le Guay D B: Philippe Le Guay, Olivier Dazat D K: Jean-Claude Larrieu D S: Monica Coleman D M: Bruno Coulais D D: Vincent Regan, Arthur Dupont, François Cluzet, Toby Jones D V: Concorde Filmverleih

Ein Dorf zieht blank Solidarität auf der Wiese

Sowohl der deutsche Titel EIN DORF ZIEHT BLANK als auch der französische Originaltitel NORMANDIE NUE (Nackte Normandie) sind ziemlich krawallig-debil. Das ist schade, weil der Film des Drehbuchautors und Regisseurs Philippe Le Guay zwar recht simpel inszeniert und geschrieben aber unterhaltsam ist, und er wirft Themen auf, die uns alle angehen: die (fehlende) Solidarität der armen Leute, das Darben kleiner Landwirte, Tierleid, Klimawandel, Medienmechanismen, Kleingeistigkeit und mehr. Georges Balbuzard (François Cluzet) Landwirt und Bürgermeister in einem normannischen Kuhkaff, will die Bauern mit flammenden Kneipenansprachen zum solidarischen Zusammenhalt anstacheln. Doch obwohl alle auf ihre Weise am Hungertuch nagen, mit Gerichtsvollziehern, die um die Felder schleichen, und Bankerinnen im Nacken, hacken die Landwirte lieber aufeinander herum, als eine gemeinsame Lösung der Misere anzustreben. Als Balbuzard schon fast aufgegeben hat, fällt die letzte Rettung vom Himmel. Der weltbekannte Starfotograf Newman (Toby Jones) landet zufällig in dem französischen Dorf und verliebt sich auf den ersten Blick in das „Chollet-Feld“, im Grunde eine stinknormale Wiese, bei der allenfalls das halbwegs pittoreske Arrangement der Bäume im Hintergrund ins Auge sticht. Newman, der für Massenaktfotos bekannt ist, will das gesamte Dorf nackig auf dem Feld ablichten. Der Bürgermeister Balbuzard sieht darin eine Gelegenheit, auf das Darben der lokalen Bauernschaft aufmerksam zu machen, denn immerhin gehen Newmans Fotos um die Welt – und dass man Nackten nicht in die Tasche greifen kann, steht ja wohl außer Frage. Balbuzards Schäfchen finden das alles aber anrüchig, so dass der Lokalpolitiker abermals Überzeugungsarbeit leisten muss. Der multithematische Ansatz und einige nette Regie-Einfälle der sozial engagierten Komödie sorgen dafür, dass der Film seinen Titel weit übertrumpft. D Christian Horn

Start am 16.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

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The mayor of a small village in Normandy hires a photographer to call attention to the precarious situation of the farmers. Now he just has to tell them that they have to pose nude.

Deutschland 2018 D 90 min D R: Annekatrin Hendel D B: Annekatrin Hendel, Jörg Hauschild D K: Thomas Plenert, Martin Farkas D S: Jörg Hauschild D V: Edition Salzgeber

Familie Brasch DDR-BRD-Zeitgeschichte

„Eine deutsche Familie“ könnte man Annekatrin Hendels Dokumentarfilm auch nennen, oder müsste man ganz genau sagen: Eine ostdeutsche Familie? Horst hieß der Vater, 1922 geboren, der schon während des Zweiten Weltkriegs im englischen Exil die FDJ gründete und nach der Rückkehr zahlreiche, immer wichtiger werdende Positionen in der DDR einnahm. Thomas, Klaus, Peter und Marion heißen seine Kinder, zwischen 1945 und 1961 geboren, allesamt Künstler, Autoren, Schauspieler, Schriftsteller, mehr oder weniger radikal, zum Teil ausgebürgert, zum Teil angepasst – und bis auf Marion Brasch alle jung gestorben. Eine faszinierende Familie ist das, eine faszinierende Geschichte, die sich vor allem im Osten abspielte, aber auch im Westen. Anhand von Interviews mit den Überlebenden, mit Freunden und Frauen, mit Kindern und Enkeln, unterlegt mit Archivaufnahmen und Passagen aus Marion Braschs Roman „Ab jetzt ist Ruhe. Roman meiner fabelhaften Familie“ erzählt Hendel von einer Familie, die vielleicht nicht prototypisch für die DDR ist, aber mit ihren vielfältigen Biografien und den durch die Rolle des Vaters besonders prägnanten Generationenkonflikten viel über die Realität der DDR erzählt. Besonders frappierend war dies 1968 zu spüren, als Thomas Brasch wegen Verteilung regimekritischer Flugblätter im Gefängnis saß, wo ihn der einflussreiche Vater zwei Monate schmoren ließ. Ein paar Jahre später wurde Thomas aus dem Land geworfen und die Familie getrennt, deren Schicksal so eng mit der Geschichte der DDR verbunden war. Fast buchstäblich, denn am 18. August 1989 stirbt der pater familias Horst Brasch, ein paar Wochen vor dem Fall der Mauer. Annekatrin Hendel muss nicht viel mehr tun, als den Zeitzeugen zuzuhören und diese erstaunliche, vielsagende Familiengeschichte, die so viel über die jüngere deutsche Geschichte erzählt, für sich stehen zu lassen. D Michael Meyns

Start am 16.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Father Horst Brasch was the founder of the Free German Youth, children Thomas, Klaus, Peter, and Marion are all artists, writers, actors, and novelists. Annekathrin Hendel’s documentary reviews the family’s history between power and expatriation.

AUGUST 2018 D

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INDIEKRITIKEN Originaltitel: Welcome to Sodom D Österreich 2018 D 90 min D R: Florian Weigensamer, Christian Krönes D B: Roland Schrotthofer, Florian Weigensamer D K: Christian Kermer D S: Christian Kermer D M: Jürgen Kloihofer, Felix Sturmberger D V: Camino Filmverleih

Welcome to Sodom Leben auf der Elektroschrotthalde

6000 Menschen leben auf der größten Elektronikmüllhalde der Welt im Stadtteil Agogbloshie von Accra. Sie nennen die einstige Lagune, die heute einer der giftigsten Orte der Welt ist, „Sodom“. Die österreichischen Dokumentarfilmemacher Florian Weigensamer und Christian Krönes haben drei Monate auf der Halde verbracht, obwohl mehr als zwei Stunden an diesem Ort als gesundheitsschädlich gelten. Sie haben einen unglaublichen Film zurückgebracht, der weniger von der Umweltkatastrophe handelt, die der Konsum der Industrienationen in Ghana verursacht, als von den Menschen, die auf der Deponie leben. WELCOME TO SODOM lässt die Bewohner selbst sprechen. Sie erzählen aus dem Off ihre Geschichten und sprechen über ihre Hoffnungen und Träume, manche reden auch über ihre Verzweiflung. Ein Mädchen kleidet sich als Junge, wohl nicht nur, weil sie so an bessere Jobs kommt. Sie sammelt mit einem Magneten die letzten Eisenüberreste in der Asche. Für 18 Kilo Draht, die Frucht einer Woche Arbeit, erhält sie umgerechnet 1,40 Euro. Sie erzählt Legenden über die Entstehung des Feuers, das alle Hoffnungen verbrennt, vom Chamäleon, das alle Farben annehmen kann, und mit seinem Blick die ganze Welt erfasst, ohne selbst gesehen zu werden. Die jungen, starken Männer verbrennen Kabel, um an den Kupferdraht zu kommen, ältere zerlegen Computer und Monitore in ihre Einzelteile, um die Rohstoffe zu verkaufen. Sie hoffen auf den großen Deal, wenn sie unter dem Schrott funktionierende Geräte entdecken. Es gibt ein Tonstudio in einer Holzhütte, einen Friseur, der unter freiem Himmel arbeitet, Suppenküchen, Partys und Fußballspiele. Ein Mann spielt im Müll sogar Golf. WELCOME TO SODOM vermeidet Elendsbilder und zeigt die Arbeit, die Hoffnungen und den Mut der Bewohner von Sodom, aber auch die Verzweiflung. Eine der ältesten Frauen in Sodom, sie ist gerade Mitte 40, sagt: Dieser Ort frisst sehr schnell dein Leben auf. D Hannes Stein

Start am 2.8.2018 ¢ 1.8. um 20 Uhr, Eva Lichtspiele: Sondervorstellung in Kooperation mit der Deutschen Umwelthilfe. Im Anschluss Gespräch mit den Regisseure Christian Krönes und Florian Weig­ samer und dem Abfallexperte Philipp Sommer. ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

D 12

D AUGUST 2018

6000 people live in the biggest electric dump in the world in Agogbloshie near Accra. They call the former swamp “Sodom”.

Israel/USA 2017 D 82 min D R: Alison Chernick D B: Alison Chernick D V: Arsenal Filmverleih

Itzhak

Violin-Virtuose im Alltag Es ist nahezu unmöglich, Itzhak Perlmans Charme zu widerstehen. Der Violinvirtuose ist ein unprätentiöser, humorvoller und nachdenklicher Erzähler und Gesprächspartner, und Alison Cernick, die seit 2004 zahlreiche Künstlerporträts, unter anderem über Jeff Koons, Matthew Barney und Steve McQueen gedreht hat, zeigt Perlman vor allem in Gesprächen mit Freunden und Kollegen und bei der Arbeit, nie in Frontalinterviews. ITZHAK ist beinahe ein Alltagsporträt des Musikers, die Karrierehöhepunkte zeigt Cernick in einer kurzen Collage. Allmählich schälen sich Lebensthemen aus den Gesprächen heraus. Mit seiner Ehefrau Toby Lynn spricht Perlman über frühe Diskriminierungen wegen seiner Polio-Erkrankung, als Konservatorien keinen behinderten Jungen aufnehmen wollten. Selbst über seinen ersten Auftritt in der Ed Sullivan Show, 1958, mit dreizehn Jahren, sagt Perlman, „Ich glaube ja nicht, dass der Sullivan mich nur wegen meines Geigenspiels auftreten lassen hat.“ Perlman wollte danach beurteilt werden, was er kann, nicht danach, was er nicht kann. Der Maestro kann Musik, und wie er über das Geigenspiel spricht, ist, wie er selbst sagt „esoterisch“. Die Violine ist ein zu kompliziertes Instrument, um ihr berührende Musik entlocken zu können, nur weil die Technik stimmt, sagt Perlman. Es muss etwas dazu kommen, aber was das genau ist, kann auch der Meister nur ex Negativo, in Metaphern und in Widersprüchen beschreiben. Es ist kein Konzept, aber es ist ein Klang, der zuerst im Kopf ist. Es entsteht beim Tun, aber nicht bei allen. Es kann ein Feuerwerk sein, oder etwas ganz anderes. Dass es in ITZHAK exquisite Musik zu hören gibt, bedarf kaum der Erwähnung. Toby Lynn sagt, sie hätte Itzhak sofort gefragt, ob er sie heiraten wollte, nachdem sie ihn „Tzigane“ von Ravel spielen hörte. Man glaubt es ihr aufs Wort, auch wenn es in einer anderen Variante der Geschichte eine Strauss-Sonate war. D Tom Dorow

Start am 9.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

ITZHAK is a warm and entertaining portrait of famous violinist Itzhak Perlman.

Termine unter www.indiekino.de


„FAMILIE BRASCH dringt tief in die DDR- und Literaturgeschichte ein und oszilliert zwischen Ost und West, Kunst und Politik, Liebe und Verrat.“ SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

Geniale Göttin – Die Geschichte von Hedy Lamarr Was hat eine der glamourösesten Hollywood-Schauspielerinnen aller Zeiten mit der Erfinderin gemeinsam, die die Basis für die WiFi- und Bluetooth-Technologie geschaffen hat? Alles, denn sie sind beide Hedy Lamarr. Alexandra Deans Porträt der 1914 in Wien als Hedwig Kielser geborenen Filmschauspielerin, die nach der Flucht aus Nazi-Österreich zur Stil-Ikone der dreißiger und vierziger Jahre wurde, erzählt von Lamarrs Doppelleben im Stil einer Superhelden-Geschichte.

ein Film von ANNEKATRIN HENDEL Start am 16.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Originaltitel: Bombshell: The Hedy Lamarr Story D USA 2018 D 86 min D R: Alexandra Dean

AB 16. AUGUST IM KINO

Der Film1über BRASCH_Indiekino_82x122.indd

einen der großen AyurvedaExperten unserer Zeit: Dr. Vasant Lad

12.07.18 12:20

AB 23. AUGUST IM KINO

Lebenszeichen – Jüdischsein in Berlin Die Berliner Regisseurin Alexa Karolinski (OMA & BELLA) sucht nach Spuren jüdischen Lebens in Berlin. Sie verwebt Familiengeschichten, Filmaufnahmen im öffentlichen Raum, jüdischen Lebensalltag und Gedenken an die Shoah zu einer persönlichen Bestandsaufnahme. Die Mutter deckt den Tisch für das jüdische Neujahrsfest und erzählt, wie der Vater anfangs vorgab Schweizer zu sein und sie ihm später doch nach Berlin folgte. Touristen besuchen das Holocaust-Mahnmal. Im Olympiastadium singen Tausende wieder „Das Lied der Deutschen“. Start am 23.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Originaltitel: Signs of Life D Deutschland 2017 D 84 min D R: Alexa Karolinski

Doktor Indien

Der aus

Ein Film von JEREMY FRINDEL

derdoktorausindien.de Termine unter www.indiekino.de

derdoktorausindien


INDIEKRITIKEN Österreich 2017 D 70 min D R: Laura Nasmyth, Philip Leitner D B: Laura Nasmyth, Philip Leitner D K: Mario Minichmayr D S: Thomas Schneider, Laura Nasmyth D M: David Schweighart D D: Florian Nolden, Doris Hess, Stefan Ried, Patrick Topitschnig, Angelica Castello D V: déja-vu Filmverleih

8:30

So was von da

Paranoider Stillstand

Ausgebremste Ekstase

Vier Vertreter werden in einer suburbanen Wüste ausgesetzt, um Sicherheiten zu verkaufen. Drei reisen unverrichteter Dinge wieder ab, einer bleibt zurück und verbringt die Nacht bei einer potentiellen Kundin. Der Auftrag wird zur Sinnsuche, doch Sinn gibt es hier nicht zu finden - weder in der Vorstadt noch in der eigenen Existenz. Damit wäre die Handlung von 8:30 erzählt, und mehr benötigen Laura Nasmyth und Philip Leitner auch nicht für ihre feine Kritik des globalen Kapitalismus, eingebettet in eine sterile und wirkungsvolle Ästhetik und ausgestattet mit trockenem Witz. Der anonyme Handelsvertreter (Florian Nolden) irrt zwischen Fertighäusern und noch mehr Fertighäusern umher, auf der Suche und auf der Flucht gleichermaßen, gefangen in einer sonnenverbrannten Zeit-RaumBlase, in der die Uhren um 8 Uhr 30 stillstehen und die Züge immer nur zurück zum Ausgangspunkt führen. Sein Blick haftet an immerzu laufenden Fernsehern in Ladenfronten und Diners, ausdruckslos raucht er seine E-Zigarette. Dann steht er wieder in der Mitte eines Kreisverkehrs, ein Symbol moderner Isolation, ein hochaufragender Firmensitz drohend im Hintergrund. Und Sendemasten überall, die Gewährleistung totaler Reichweite und Erreichbarkeit. In den unendlichen Weiten, wo nur kapitalistische Eigenverantwortung und das Recht des Stärkeren zählen, sind generische Wohnblocks errichtet und mit apathischen Bewohnern bestückt. Eine ständige Entfremdung zeigt sich auch im Bild, das zwischen hochauflösenden, stilistisch beeindruckenden Kompositionen, verpixelten Abstraktionen und plötzlichen Sprüngen in absurde TV-Szenerien - irgendwo zwischen David Lynch und Helge Schneider - wechselt. Verspielt löst 8:30 das Versprechen politisch ambitionierter Kunst ein, komplexe Zusammenhänge ästhetisch erfahrbar zu machen und ein Verständnis jenseits rationalistischer Aussagenlogik zu ermöglichen. D Yorick Berta

Start am 2.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

D 14

D AUGUST 2018

Deutschland 2018 D 89 min D R: Jakob Lass D B: Hannah Schopf, Jakob Lass D K: Timon Schäppi D S: Gesa Jäger D M: Greatest Kidz D D: Martina Schöne-Radunski, Niklas Bruhn, Esther Blankenhagel, Mathias Bloech, Johannes Haas D V: DCM

An anonymous sales agent (Florian Nolden) wanders between prefab houses and even more prefab houses, searching and fleeing at the same time.

2011 hat Autor, Musikjournalist und Clubbetreiber (Uebel & Gefährlich) Tino Hanekamp den charmanten und sehr erfolgreichen Hamburger Kiezroman „So was von da“ veröffentlicht: Oskars Club-Projekt ist gescheitert, er muss dichtmachen. Und in der letzten Nacht, ausgerechnet einem Silvesterabend, kommt noch einmal alles zusammen, das Feiern und Verzweifeln, die besten Freunde und die wilden Nachtgestalten und Kiez-Kalle, der mit seinem Schlägertrupp droht, Oskars Finger zu brechen, wenn er nicht 10 Mille auf die Kralle kriegt. Ebenfalls seit 2011 dreht Jakob Lass, der von sich selbst behauptet, das Improvisationskino neu erfunden zu haben, und der für uns den wunderbaren Franz Rogowski entdeckt hat, Filme, die fiktionale Impro-Geschichten an realen Alltagsorten mit realen Alltagspersonen ansiedeln und aus der Kombi Funken schlagen. Nun hat Lass Hanekamps Roman verfilmt und die Figuren des Buchs in ein echtes Partygeschehen mit echten Partyleuten in einem echten Hamburger Club geworfen. Auf dem Papier klingt das wie eine super Idee. In der Realität ist es eine recht rumpelige Angelegenheit geworden. Immer wieder gibt es Momente, die funktionieren, mal ist es die echte Party, die einen doch kriegt, mal sind es Szenen abseits des Geschehens, in denen die Darstellerinnen und Darsteller – Niklas Bruhn, Martina Schöne-Radunski, David Schütter, Bela B. und Corinna Harfouch – zueinander finden, aber in der Verschränkung bremsen sich echte Party und fiktionaler Plot immer wieder aus. Da ist man gerade im Party-Flow und – rums – kommt der nächste Kapitel-Zwischentitel. Und umgekehrt. Ausgerechnet die Ekstase wird zum Hindernis für Lass’ frei fließendes Regie-Konzept, und erinnert einen an andere Party- und Eskalationsfilme von SPRING BREAKERS bis zu den Demontage-Orgien von Laurel & Hardy, die gerade deshalb so gut funktionieren, weil sie spitzenmäßig präzise geskriptet und inszeniert sind. D Hendrike Bake

Start am 16.8.2018 ¢ 18.8., Wolf: Filmgespräch mit Jacob Lass ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

It’s New Year’s Eve and Oskar has to close his music club on the Reeperbahn. Everyone is there and goes wild one last time on the very last club night.

Termine unter www.indiekino.de


Originaltitel: Thoroughbreds D USA 2017 D 90 min D R: Cory Finley D B: Cory Finley D K: Lyle Vincent D S: Louise Ford D M: Erik Friedlander D D: Anya Taylor-Joy, Olivia Cooke, Anton Yelchin, Paul Sparks D V: Universal Pictures International

Vollblüter Jung und skrupellos

Cory Finlays Debütfilm hat auf Festivals einigen Staub aufgewirbelt, wohl auch, weil VOLLBLÜTER der letzte Film des im Juni 2016 tödlich verunglückten Schauspielers Anton Yelchin ist. Aber VOLLBLÜTER ist auch ein erfrischend unmoralischer Film. Die reichen Mädchen Lily (Any Taylor-Joy) und Amanda (Olivia Cooke) befinden sich beide in einer Krise. Amanda hat offenbar ihr eigenes Pferd mit einem Messer getötet, Lily wirkt nach außen brav und angepasst, tatsächlich droht ihr die Abschiebung in ein Internat für schwer erziehbare Mädchen. Sie macht ihren Stiefvater dafür NPL.AZ_Indiekino82x122.indd verantwortlich und hätte ihn gern aus der Welt. Dazu belebt sie die Sandkastenfreundschaft mit Amanda wieder, denn die hat den Ruf, eine ausgewachsene Psychopathin zu sein, und behauptet von sich selbst, keine Gefühle zu spüren, weder Freude, noch Trauer. Für die Drecksarbeit engagieren die beiden den Drogendealer Tim (Anton Yelchin), aber ihr mehr auf die Beschaffung von Alibis als alles andere ausgelegter Plan funktioniert nicht wie gedacht. Yelchin als großspuriger Loser, der sich selbst als Vollchecker sieht, ist die spannendste Figur in Finlays Film. Anders als in Bad-Girls-Klassikern wie BEAUTIFUL CREATURES, HEATHERS oder SPRING BREAKERS ist das Verbrechen der Frauen hier keine vergnügte Rebellion, sondern ein lustloses Aus-dem-Weg-Räumen von Hindernissen. Lily ist manipulativ und hat es gern bequem, Amanda ist zwar hinreichend skrupellos, aber beide sind vor allem am Erhalt ihrer Privilegien interessiert. Was jugendliche Rebellion einmal auszeichnete – die gnadenlose Selbstüberschätzung, die Perspektive von außerhalb der etablierten Erwachsenenwelt, die Freiheit, doof genug zu sein, um großen Mist zu bauen – inkarniert hier nur noch in der Figur des ewigen „White Trash“-Verlierers, Parkplatzknechts und Schulhof-Dealers Tim. Dass Cory Finlay ein junger Mann ist, sollte man nicht vergessen. VOLLBLÜTER ist mehr Jungs-Blues als feministisches Manifest. D Tom Dorow

Start am 9.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Termine unter www.indiekino.de

Rich girls and former childhood friends Lily and Amanda decide to get Lily’s stepfather out of the way. Schoolyard dealer Tim is meant to help them do that.

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09.07.18 10:04


INDIEKRITIKEN Deutschland 2017 D 116 min D R: Florian Gallenberger D B: Gernot Gricksch nach dem Roman von Jockel Tschiersch D K: Daniela Knapp D S: Sven Budelmann D M: Enis Rotthoff D D: Elmar Wepper, Emma Bading, Monika Baumgartner, Dagmar Menzel, Ulrich Tukur, Sunnyi Melles D V: Majestic

Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon

Originaltitel: Don’t worry, he won’t get far on foot D USA 2018 D 113 min D R: Gus Van Sant D B: Jake Gibson, William Andrew Eatman, Gus Van Sant D K: Christopher Blauvelt D S: Gus Van Sant, David Marks D M: Danny Elfman D D: Joaquin Phoenix, Rooney Mara, Jonah Hill, Jack Black, Udo Kier D V: NFP

Don’t worry, weglaufen geht nicht Desperado des Cartoons

Freundliche Menschen in hübschen Landschaften. Wie BIRNENKUCHEN UND LAVENDEL ist GRÜNER WIRD’S NICHT … kunterbuntes Bilderbuch-Wohlfühlkino. Nach dem gleichnamigen Roman des Kabarettisten und Schauspielers Jockel Tschiersch erzählt Regisseur Florian Gallenberger (HIN UND WEG) die Geschichte des Gärtners Schorsch, der unzufrieden mit seinem Leben ist. Eigentlich wäre Schorsch (Elmar Wepper) lieber Pilot geworden, aber dann hat er eben die Gärtnerei geerbt, und die steht jetzt auch vor dem Ruin – vor allem weil ein Golfkursbetreiber seine Rechnungen nicht zahlt und den Rasen lieber grüner hätte. Deshalb hebt Schorsch eines Tages einfach mit seiner kleinen, knallroten Doppeldeckermaschine ab und macht sich auf den Weg, um ins Polarlicht zu fliegen. Daheim müssen Frau und Tochter, die sich beide auch ein anderes Leben vorgestellt hatten, mit den Gläubigern klarkommen. Unterwegs trifft Schorsch freundliche Menschen, die ihm weiterhelfen: den Bauern Hans, der ihm Sprit gibt, den Schlossbesitzer Richard von Zeydlitz, der ihn anheuert, um die Brachfläche hinter seinem Schloss in einen Renaissancegarten umzuwandeln, Philomena (Emma Bading), die naseweise und verwöhnte Tochter des Schlossbesitzers, und, auf einem weiten verwilderten Hangar im sommerlichen Brandenburg, die robuste und pragmatische Hannah (Dagmar Menzel), die den kleinen Flughafen mit Biergarten alleine betreibt, seit ihr Mann mit einer Jüngeren weg ist. Die Begegnungen verändern den anfangs verschlossenen Elmar Wepper, der mit seinem sonnenverbrannten Gesicht ganz von Ferne an einen zerknirschten Walter Huston erinnert, und lassen in ihm die Idee keimen, dass das Leben, möglicherweise, doch anders sein könnte als es ist.

Im Original heißt Gus Van Sants neuer Film DON’T WORRY, HE WON’T GET FAR ON FOOT, also eigentlich „Kein Problem, zu Fuß kommt er nicht weit“, nach einem Cartoon von John Callahan. Der Cartoon zeigt eine Westernszene: Eine Posse entdeckt in der Wüste den umgekippten Rollstuhl des Bankräubers, den sie jagen. „Weglaufen geht nicht“ ist eine lausige Übersetzung, die den Witz nicht verstanden hat, der eben nicht darin besteht, dass Rollstuhlfahrer nicht laufen können, sondern darin, dass da eigentlich ein erschossenes Pferd liegen müsste. Der Rollstuhlfahrer als Desperado, so hat sich John Callahan vielleicht auch selbst gesehen. Der in Deutschland kaum bekannte Cartoonist, über den Van Sant ein liebevolles Biopic mit Joaquin Phoenix in der Hauptrolle gedreht hat, hatte nach einer Sauftour mit 21 einen Autounfall und war danach vom Hals ab gelähmt. Sein zittriger Strich rührte daher, dass er den Stift nur mit beiden Händen halten konnte und aus den Schultern heraus auf einem Tablett, das er auf den Knien hielt, zeichnete. Van Sant erzählt, wie Callahan mit Hilfe einer exzentrischen Gruppe der Anonymen Alkoholiker den Alkoholismus überwindet und es ihm gelingt, mit seinen Cartoons allen auf die Füße zu treten: Behinderten, Schwarzen, der LBGTI-Community … Ein blinder Schwarzer Mann hat ein Schild um den Hals, auf dem steht: Bitte helfen Sie mir, ich bin blind und schwarz und nicht musikalisch. Ein Mann wird in einer Buchhandlung von einer riesigen Frau angeschnauzt: Das hier ist ein lesbischer Buchladen, hier gibt es keine Humorabteilung. Callahan veröffentlichte die Hassbriefe, die er bekam, gern auf seiner Website. Er hat sich selbst als „anti political correctness“ verstanden. Dass seine Cartoons mit verletzenden Klischees spielen und sie bloßstellen, statt sie fortzuschreiben, wird dabei häufig übersehen. Van Sants Film ist weniger PC-Kritik als das Porträt einer Gruppe von Außenseitern.

D Toni Ohms

D Tom Dorow

Bilderbuchkino

Start am 30.08.2018 ¢ 29.8., FLK Friedrichshagen: Preview ¢ Alle Termine und Spielorte auf wwww.indiekino.de

D 16

D AUGUST 2018

When his nursery is facing bankruptcy, gardener Schorsch mounts his tiny, red biplane and heads off to see the polar lights.

Start am 16.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

A loving biopic from Gus Van Sant about the biting cartoonist and outsider John Callahan who became paralyzed from the neck down after a car accident when he was 21 and likes stepping on people’s toes with his illustrations.

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INDIEKRITIKEN

Das Geheimnis von Neapel Mystery & Stadtporträt

Am Anfang stand ein Abendessen. Regisseur Ferzan Özpetek (HAMAM, MÄNNER AL DENTE) war bei einer guten Freundin zum Essen eingeladen, und traf dort eine Frau, mit der er sich auf Anhieb gut verstand und verquatschte, bis sie auf einmal sagte: „Oh Gott, ich muss los, ich muss früh aufstehen, ich muss morgen früh eine Leiche sezieren.“ Auf dem Filmfest München erzählt Özpetek, dass er sich sofort vorgestellt habe, was sie wohl denken würde, wenn sie ihn am Morgen auf ihrem Untersuchungstisch finden würde. Sechs Jahre später, nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Neapel, sollte diese kleine morbide Fantasie zum Ausgangspunkt des Mystery-Thrillers DAS GEHEIMNIS VON NEAPEL werden: Eines Abends lernt die Gerichtsmedizinerin Adriana (Giovanna Mezzogiorno) auf einer Party einen jungen Mann kennen. Ihre Blicke treffen sich immer wieder, und sie verbringen eine leidenschaftliche Nacht miteinander. Am nächsten Tag, einem Sonntag, erscheint Andrea (Alessandro Borghi) nicht zum vereinbarten Date, und am Montag wird eine neue Leiche bei Adriana eingeliefert. Das Gesicht ist verstümmelt, aber Adriana erkennt Andrea an einem Tattoo wieder. Adriana ist von dem Vorfall tiefer erschüttert, als ein One-Night-Stand zu rechtfertigen scheint. Die Suche nach den Tätern und nach den Ursachen des Mordes führt in ein abgründiges Neapel aus engen Gassen, barocken Palazzi und erotischen Antiquitäten, und in eine großbürgerliche Halbwelt, in der Familiengeheimnisse und Hochkultur florieren, und die von Ferne an eine europäische Variante von Roman Polanskis ROSEMARY’S BABY-Satanisten erinnert. Als Adriana in einem Schatten Andrea zu erkennen meint, webt sich in den Kriminalfall eine psychologische Zwillingsgeschichte um Trauma, Verdrängung und Verarbeitung. Özpetek hat die Geschichte für

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Ferzan Ozpetek’s mystery thriller about an amour fou, a mysterious murder case, and a pair of twins is chiefly a homage to Naples.

Originaltitel: Napoli Velata D Italien 2017 D 113 min D R: Ferzan Ozpetek D B: Ferzan Ozpetek, Valia Santella, Gianni Romoli D K: Gianfilippo Corticelli D S: Leonardo Alberto Moschetta D M: Pasquale Catalano D D: Giovanna Mezzogiorno, Alessandro Borghi, Anna Bonaiuto, Isabella Ferrari D V: Prokino

und um Neapel herum geschrieben, das wie ein eigenständiger Protagonist agiert. „Neapel ist eine Stadt mit 1000 Gesichtern. Man muss bedenken, dass Neapel am Fuß des Vesuvs liegt, das heißt, die Beziehung zur Unterwelt und zum Tod ist schon geografisch in der Stadt verankert, und das spürt man auch. Aber man darf auch nicht vergessen, dass es eine Stadt der Sonne ist. Leider ist es einfach so, dass die meisten bei Neapel sofort an Mafia und Gomorrha denken, und ich wollte ihnen das Neapel zeigen, das ich erlebt habe, als ich zweieinhalb Monate hier gelebt habe.“ Für Özpetek, der von sich selbst sagt, dass er eine „Manie des Teilens“ habe, ist dieses Teilen von Erfahrungen mit anderen Menschen ein Teil seiner Motivation, Filme zu machen. Er hat mit Freunden und in den Wohnungen von Freunden gedreht, an Orten, die er für sich entdeckt hat, und ist auch während des Drehs für Überraschungen offen. So war die Gruppe von Blinden, denen Adriana begegnet, nicht geplant. Sie waren einfach unterwegs in Neapel, und weil sie so gut zu dem Augen-Motiv passten, das sich durch den Film zieht, hat Özpetek sie in den Film eingebaut. Wenn diese Offenheit für Zufälle die Stringenz des Krimi-Plots vernebelt und auf falsche Fährten führt, ist ihm das nur recht: „Was ich überhaupt nicht leiden kann, sind diese ganz durchgeplanten Detektivgeschichten. Ich mag es eigentlich nicht, wenn sich alles glatt auflöst.“ Neben dem Auge mäandert der Schleier als Lieblingsmotiv durch den Film. Er gibt ihm auch den Titel: NAPOLI VELATA spielt auf die berühmte Marmorskulptur „Cristo velato“ von Giuseppe Sammartino in der Cappella Sansevero an, die Christus unter einem durchsichtigen Schleier darstellt, der mehr preisgibt als er verhüllt. Die Legende erzählt, dass dem Künstler nach der Arbeit die Augen entfernt wurden, damit er keine Kopie des Meisterwerks anfertigen konnte. Für Neapelbesucher*innen empfiehlt Özptek: Museo archeologico, den Cristo velato anschauen, die „Apotheke der Unheilbaren“, den Palazzo Mannajuolo – da spielt die Szene mit der Wendeltreppe. Pizza könne man eigentlich fast überall gut essen, besonders gut seien die Pizzeria La Notizia und die Pizzeria Sorbillo. D Hendrike Bake AUGUST 2018 D

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INDIEKRITIKEN Schweiz 2016 D 113 min D R: Stefan Haupt D B: Stefan Haupt D K: Tobias Dengler D S: Christof Schertenleib D D: Eleni Haupt, Noé Ricklin, Elisa Plüss, Chiara Carla Bär D V: W-Film

Finsteres Glück System in Bewegung

Am Abend eines anstrengenden Arbeitstages erreicht die Psychologin Eliane ein Anruf aus der Klinik. Sie muss sich um einen Notfall kümmern: Der achtjährige Yves hat bei einem Autounfall seine ganze Familie verloren. Mit Professionalität und Ruhe übernimmt Eliane die Aufgabe, sich um Yves zu kümmern, und dazu gehört auch, eine Empfehlung abzugeben, wer unter den zutiefst zerstrittenen Angehörigen die Vormundschaft übernehmen soll – die Tante, die Yves’ Vater in Verdacht hat, das Auto bewusst in den Tod gelenkt zu haben, oder die Oma, die sich vor den gewalttätigen Sohn stellt. Yves will zu keiner von beiden, er will zu Eliane. Und auch Eliane hat überraschend schnell eine innige Beziehung zu Yves aufgebaut. Dass das sehr unprofessionell ist, weiß sie. Zart, klar und sehr filmisch erzählt Stefan Haupt nach dem Roman von Lukas Hartmann von Familie als einem System in ständiger Bewegung, vom Zerbrechen von Familien, und von ihrem Zusammenfinden. Im Zentrum stehen dabei Yves und Eliane, die vom jungen Noé Ricklin und der Theaterschauspielerin Eleni Haupt großartig und unsentimental gespielt werden, aber FINSTERES GLÜCK widmet sich auch allen anderen Figuren mit großer Aufmerksamkeit und gibt ihnen Raum. Und alle, von Elianes Teenager-Töchtern, die sich vernachlässigt fühlen und sehr unterschiedlich damit umgehen, bis hin zur Nachtschwester, die nur einen Auftritt hat, haben eine enorme Präsenz. Elianes und Yves Geschichte entfaltet sich hier nicht in einem Vakuum, sondern in einem Netz von Beziehungen und Vor-Geschichten, sie wird von ihnen beeinflusst und verändert diese selbst. Als frei fließende Metapher mäandert dabei das Motiv der Sonnenfinsternis durch den Film, der Punkt größtmöglicher Dunkelheit, und doch nur ein Moment im Zusammenspiel der Planeten. D Toni Ohms

Start am 16.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

D 18

D AUGUST 2018

8 year old Yves lost his entire family in a car accident. With professionalism and calmness, psychologist Eliane takes over the job of taking care of Yves until he goes to his relative. The two develop a close relationship during that time.

Originaltitel: Ta peau si lisse D Kanada/Schweiz/Frankreich 2017 D 93 min D R: Denis Côté D K: François Messier-Rheault D S: Nicolas Roy D D: Mit: Alexis Légaré, Cédric Doyon, JeanFrançois Bouchard, Ronald Yang, Maxim Lemire, Benoit Lapierre D V: Arsenal Institut

A Skin so Soft Der Körper lügt nicht

„Titan“ kommt vom altgriechischen Wort für „sich recken“. In den ersten Bildern sehen wir den Morgenroutinen von Bodybuildern zu, erwachenden Titanen zu Beginn ihres durchgeplanten Tages: Kohlenhydrate wiegend, die Haut einölend, sich im Spiegel betrachtend, um befriedigt festzustellen, dass man sein Bild komplett ausfüllt. Alles, was zu sehen ist, ist das Ergebnis größter Selbstdisziplin. Bis hin zur sanften Haut aus dem Titel, die möglichst flexibel über den herausgestellten Muskeln liegt. Wie wir auf die ein Jahr lang begleiteten Protagonisten schauen, wird zu einer spannenden Erfahrung. Denis Côtés Blick ist frei von Urteil, aber nicht von Voyeurismus. Die Männer werden zu reinen Objekten der Betrachtung, und das ganz in deren Sinn: Wer Bodybuilding betreibt, will gesehen werden, nicht verführen. Im neoliberalen Rahmen macht das alles keinen Sinn, es ist nicht sexy, nicht produktiv, nicht gesund, nicht kommunikativ. Das Pumpen ist ästhetische Praxis, Arbeit am Erhabenen, das wir Schlaffen mit vergnügtem Schrecken quittieren dürfen. Die schönsten (und raffiniert gestellten) Bilder gelingen dem Filmemacher, wenn er das Normalmaß des bürgerlichen Lebens mit den Körpern, die es sprengen, zusammenbringt: der Truck, der allein vom Körper weggezogen wird, die Adern, die beim Auswringen des Leders beim Autowaschen hervortreten, das alte Superman-Tattoo, das auf der Schulter zu klein geworden ist. Am Ende führt der Film die sechs Einzelkämpfer zusammen und fährt mit ihnen aufs Land, wo sie wie hingepurzelte Riesen in der Wiese liegen. Gut rudern und schwimmen können sie nicht. Also bauen sie sich eine kleine Bühne und posieren für einander, nur von einer Schafsherde und einer Kamera beobachtet. Sie zeigen uns die Schönheit des von Erotik, Geschlecht und Produktivität befreiten Körpers. Ihr Lächeln ist einstudiert, aber es lügt nicht. D Jan Künemund

Start am 2.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

The documentary profiles 6 bodybuilders and their daily body care and optimization rituals.

Termine unter www.indiekino.de


INDIEKRITIKEN Deutschland 2018 D 128 min D R: Andreas Dresen D B: Laila Stieler D K: Andreas Höfer D D: Peter Schneider, Alexander Scheer, Milan Peschel, Axel Prahl, Thorsten Merten D V: Pandora Film

Gundermann

In the Middle of the River

Widersprüchlicher Typ

Jeden Tag mehr Zorn

„Der Vorteil und der Nachteil des Kollegen ist, dass er sagt, was er denkt“ sagt die alte Baggerfahrerin Helga über ihren jungen Kollegen. Da hat Gundermann, der „singende Baggerfahrer“ gerade die Aufnahme in die Partei beantragt „weil der Marxismus mit meinen persönlichen Überzeugungen übereinstimmt“ und das Aufnahmegesuch mit einem Referat begleitet, was in der Kommunikation zwischen Leitung und Betrieb falsch läuft. Er wird abgelehnt, dann aufgenommen, später fliegt er ganz, aus der Armee ist er auch schon geworfen worden. Immer wieder eckt „Gundi“ an, aber es gibt drei Konstanten in seinem Leben: Die Arbeit im Tagebau, die Auftritte mit der Band und die Liebe zu Conny, die auch bei der Band dabei ist. Gundermann ist ein widersprüchlicher Typ, und Alexander Scheer spielt ihn in der Performance (s)eines Lebens so unglaublich vieldimensional, dass die Top-Leute neben ihm (Anna Unterberger, Axel Prahl, Milan Peschel … ) wie Schauspieler wirken. Ob Gundermann so war? Egal. Hier ist einer, der so lebensecht die Nase hochzieht, einen so eigenen Sprachduktus hat und eine so sture Persönlichkeit, dass man ihm einfach glaubt. Und hinnimmt, wenn auch nicht versteht, dass einer im realsozialistischen Alltag so kantig sein konnte und zugleich von 1976 bis 1984 als IM für die Stasi arbeitete. Andreas Dresen verschränkt in seinem Gundermann-Biopic elegant zwei Zeitebenen: Die Zeit nach 1992, als Gundermann mit seiner neuen Band Die Seilschaft Erfolge feiert und seine Spitzelaktivitäten ans Licht kommen, und 1974 und die Folgejahre, als alles anfing, die Affäre mit Conny, die Kontaktaufnahme der Stasi, die Ausbildung zum Baggerführer, die Band Brigade Feuerstein. Dresen erzählt, was war, aber er erklärt nicht weg, was sich nicht wegerklären lässt. Die Widersprüche bleiben. GUNDERMANN ist ein großer, intimer Film, mit großen Kinobildern (Braunkohletagebau!) und so viel Musik, dass man ihn fast ein Musical nennen könnte. D Hendrike Bake

Start am 23.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Termine unter www.indiekino.de

USA 2018 D 113 min D R: Damian John Harper D B: Damian John Harper D K: Bogumił Godfrejów D S: Lorna Hoefler Steffen D D: Eric Hunter, Max Thayer, Nikki Lowe, Matthew T. Metzler, Ava Del Cielo D V: farbfilm verleih

The east German songwriter Gerhard “Gundi” had a turbulent relationship to the GDR state as both an informer and a distruptive element. A biopic.

Gabriel kehrt aus dem Krieg zurück. Im Irak verwundet, braucht der 26-Jährige für seine Wunden an Körper und Geist ständig Pillen, um nicht vollends zu zerbrechen. Das ländliche New Mexico, in das er zurückkehrt, ist auf eigene Art ein Kriegsgebiet. Zwischen Wohnwagen und verfallenen Hütten trifft „White Trash“ auf Native Americans, in einer Welt geprägt von Rassismus und Drogen, vor allem aber Gewalt. Gabriels kleiner Bruder will in die lokale „White Power“-Bewegung einsteigen und attackiert im Meth-Rausch mit seinen Freunden die Navajo aus der Nachbarschaft. Gabriels Großvater, als Vietnamveteran ein Vorbild für viele im Ort, verprügelt regelmäßig seine Frau, die ihm immer wieder vergibt. Dana, die Frau, die Gabriel vor fünf Jahren ohne ein Wort zurückgelassen hat, setzt ihren Zorn in Boxen um. Aber jeden Tag kommt für alle mehr Zorn dazu. In diesem Umfeld versucht Gabriel herauszufinden, wer seine Schwester getötet hat. IN THE MIDDLE OF THE RIVER nimmt die Zuschauer in den Schwitzkasten und rennt los. Im ersten Moment hört man nur Gabriels erschöpftes Schnaufen, als er durch die Stadt tobt und ein Ziel für seine Fäuste sucht. Im ganzen Film gibt es vielleicht zwei Einstellungen, in denen die Kamera nicht in hektischer Bewegung ist, den Charakteren im Nacken sitzt, sie umkreist und mit ihnen auf Konfrontationskurs geht, während der Lärm der Umgebung den Soundtrack zum Wahnsinn liefert. Den Laiendarstellern, mit denen Regisseur Damian John Harper seinen Film gedreht hat, merkt man gelegentlich an, wie sie mit ihrem Text kämpfen, aber sie verleihen der Geschichte eine Ehrlichkeit und manchmal auch die notwendige Erdung. In einigen Momenten hält die Kamera lange auf einen Fluss, der ruhig fließt. Trotz des stürmischen Umgangs verbirgt sich in allen ein emotionaler Kern, der viel liebevoller ist, als man es in diesem Umfeld vermuten würde. D Christian Klose

Start am 16.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

War veteran Gabriel returns to New Mexico from Iraq as an injured and traumatized man in a world shaped by drugs, violence, and racism. Gabriel has to find out who killed his sister here.

AUGUST 2018 D

19 D


INDIEKRITIKEN Originaltitel: A Casa Tutti Bene D Italien 2018 D 105 min D R: Gabriele Muccino D B: Gabriele Muccino, Paolo Costella D K: Shane Hurlbut D S: Claudio Di Mauro D M: Nicola Piovani D D: Stefano Accorsi, Pierfrancesco Favino, Stefania Sandrelli, Carolina Crescentini, Sabrina Impacciatore, Claudia Gerini, Ivano Marescotti, Tea Falco, Valeria Solarino D V: Wild Bunch

Warten auf Schwalben

Zuhause ist es am schönsten Stirb, du Schlange!

Wer kennt ihn nicht, diesen Moment, an dem eine als besinnlich angedachte Familienfeier eskaliert, weil sich die Verwandten im Grunde nur zu einem kleinen Teil ausstehen können? Es muss ja nicht unbedingt so eskalieren wie in Thomas Vinterbergs Meisterstück DAS FEST, doch die Holprigkeiten, wenn zusammen kommt, was allein der Gene wegen scheinbar zusammen gehören muss, kennen wohl alle. Das Drama ZUHAUSE IST ES AM SCHÖNSTEN des Italieners Gabriele Muccino bedient genau dieses Subgenre des Familienfilms, fällt dabei aber – ohne weichgespült zu wirken – weit beschwingter aus als Vinterbergs Horrorfamilienfilm. Es beginnt mit einem Familienausflug zur späten Hochzeit eines schwerreichen Onkels, dessen Familienbusiness (ein Edelrestaurant) gefühlt die halbe Sippschaft ernährt. Trotzdem will eigentlich kaum ein Mitglied der vielköpfigen „Familia“ die Feier miterleben, zumal diese auf einer nur per Fähre erreichbaren Insel stattfindet. Als nach der Feierlichkeit alle fluchtartig Richtung Hafen hetzen (auch der Onkel freut sich, dass nun wieder Ruhe einkehrt), erfahren sie, dass ein Gewitter tobt und die Fähre daher vorerst nicht ablegen kann. Die gegen ihren Willen zusammen gepferchte Verwandtschaft gibt sich alle Mühe, den Frieden aufrecht zu erhalten, doch recht schnell ist das Maß voll … Der eine steigt mit seiner Cousine in die Kiste, eine andere bekommt einen Nervenzusammenbruch und die anwesenden Kinder wissen kaum, was überhaupt los ist. Plötzlich kommen Wahrheiten auf den Tisch, die je nach Lebenssituation nur schwer zu akzeptieren sind, darunter: „Das Leben als Paar ist ein Krampf“ oder „Stirb, du Schlange!“. Muccino hat das meisterhafte Drama hervorragend und absolut stilsicher inszeniert, und führt am Ende wieder alle Fäden zusammen. Wie heißt es so schön in dem Zitat aus THE WIZARD OF OZ, das den internationalen Titel liefert? „There’s no place like home.“ D Christian Horn Start am 2.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

D 20

D AUGUST 2018

Alba and Pietro have invited all of their relatives to their golden wedding anniversary on the island of Ischia. It’s meant to be a nice and harmonious family gathering …

Eine junge Frau hat einen Liebhaber, schickt sich aber an, einen „guten Mann“ zu heiraten. Ein Arzt wurde Jahre zuvor Zeuge einer Gruppenvergewaltigung und wird nun vom Opfer aufgesucht. Im Hier und Jetzt beobachtet der Alte einen brutalen Überfall, traut sich aber nicht, die Polizei zu rufen: In seinem Debütfilm stellt Karim Moussaoui das heutige Algerien auf angenehm alltägliche Weise anhand von individuellen Charakterskizzen vor. Drei lose verknüpfte Geschichten loten die Spannung zwischen Bewegung und Stagnation, Rückblicken und Weitermachen aus. Start am 23.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Originaltitel: En attendant les hirondelles D Frankreich/Deutschland/Algerien/Katar 2017 D 113 min D R: Karim Moussaoui D D: Mohamed Djouhri, Sonia Mekkiou, Hania Amar, Mehdi Ramdani, Chawki Amari

Grenzenlos James (James McAvoy), ein als Wasserbauingenieur getarnter MI6-Spion, und Danielle (Alicia Vikander), eine Meeresforscherin, begegnen sich im Urlaub an einem normannischen Strand. Sie verlieben sich ineinander, doch dann bricht der Kontakt überraschend ab: James gerät in Gefangenschaft von Al Qaida und Alicia wird später in einem U-Boot unter dem Polarmeer festsitzen. Was klingt, als würden die Metaphern wunderbar Amok laufen, ist tatsächlich eine völlig ernst gemeinte Verfilmung des Romans „Submergence“ des britischen Autors J.M. Ledgar. Start am 2.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Originaltitel: Submergence D USA 2018 D 112 min D R: Wim Wenders D D: James McAvoy, Alicia Vikander, Celyn Jones, Jess Liaudin, Alexander Siddig

Termine unter www.indiekino.de


DREHBUCH LAILA STIELER

REGIE ANDREAS DRESEN

Der Doktor aus Indien Dr. Vasant Lad war einer der ersten indischen Ayurveda-Ärzte, die diese ganzheitliche Lehre in den 70er Jahren aus Indien in den Westen brachten. Regisseur Jeremy Frindel begleitet den charismatischen Mann mit dem fein geschnittenen Gesicht an Orte seiner Biografie und erzählt dabei seinen erstaunlichen Aufstieg vom Jungen aus einfachen Verhältnissen zum Pendler zwischen den Welten und internationalen Guru. Und er sieht dem Doktor dabei zu, wie er jeden Menschen in seiner Praxis mit Einfühlungsvermögen, Geduld und Herzenswärme behandelt. Start am 23.8.2018 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Originaltitel: The Doctor from India D USA 2018 D 89 min D R: Jeremy Frindel

„VON JEDEM TAG WILL ICH WAS HABEN WAS ICH NICHT VERGESSE ...“

ALEXANDER SCHEER ANNA UNTERBERGER WWW.GUNDERMANN-DERFILM.DE

AB 23.08. IM KINO SOUNDTRACK IM HANDEL ERHÄLTLICH

»UNVORHERSEHBAR« THE DAILY TELEGRAPH

»ATEMBERAUBEND« SCREEN INTERNATIONAL

»FESSELND« THE PLAYLIST

Der Boxer und der Tod Das wiederausgegrabene Meisterwerk des tschechischen Kinos gilt als Vorbote des filmischen Prager Frühlings: Als der ehemalige Preisboxer und jetzige KZ-Kommandant Kraft (Manfred Krug) herausfindet, dass Häftling Kominek (Stefan Kvietik) auch schon im Ring gestanden hat, setzt er dessen Exekution aus, um einen kleinen Übungskampf mit ihm zu veranstalten. Unzufrieden mit dessen körperlicher Verfassung und gelangweilt vom Training mit dem Sandsack, befiehlt Kraft, Kominek in den nächsten Wochen alle Freiheiten zu gewähren … Start am 23.8.2018 ¢ Brotfabrik Kino

Tschechoslowakei 1963 D 106 min D R: Peter Solan D D: Stefan Kvietik, Manfred Krug, Valentina Thielova

NACH DEM URTEIL AB 23. AUGUST IM KINO /WeltkinoFilmverleih

Termine unter www.indiekino.de


WEITERINDIEKINO

Expedition Happyness ¢ Union Filmtheater

Faust Sonnengesang ¢ Brotfabrik Kino

Foxtrot ¢ b-ware! ladenkino, Il Kino, Union Filmtheater

3 Tage in Quiberon ¢ Bundesplatz-Kino, City Kino Wedding, Hackesche Höfe Kino

Am Strand ¢ Bali Kino, Sputnik Kino

Auf der Suche nach Ingmar Bergman ¢ b-ware! ladenkino, Bundesplatz-Kino, Eva-Lichtspiele, fsk-Kino am Oranienplatz

Augenblicke: Gesichter einer Reise ¢ b-ware! ladenkino, Bali Kino, Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino

Bauhaus 100. Vom Bauen der Zukunft ¢ Union Filmtheater

BEI BÄREN KLINGELN ¢ Union Filmtheater, am 25.8.um 7.15 Uhr in Anwesenheit des Filmemachers Heinrich Kern und des Radreisenden Christian Pamer

BERLIN – SINFONIE EINER GROSSSTADT ¢ City Kino Wedding, am 11.8. um 19.30 mit Klavierbegleitung, FLK Insel, am 18.8. um 20.45 Uhr mit Musikbegleitung

Deutschland 2018 D 145 min D R: Hans Weingartner D D: Mala Emde Anton Spieker, Arndt Schwering-Sohnrey Thomas Schmuckert

DER GIPFEL – PERFORMING G20 ¢ Acud Kino

Hagazussa ¢ City Kino Wedding, am 2.8. um 21 Uhr mit Regisseur Lukas Feigelfeld

Haialarm am Müggelsee ¢ Union Filmtheater

Happy Prince

D AUGUST 2018

¢ b-ware! ladenkino, Il Kino

Isle of Dogs

¢ Union Filmtheater

¢ Acud Kino, b-ware! ladenkino, Hackesche Höfe Kino, Il Kino, Sputnik Kino

Blues Brothers

Kochen ist Chefsache

¢ Union Filmtheater

¢ Bali Kino

B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin

Kolyma

¢ Sputnik Kino

La Boum

¢ Sputnik Kino

Die brillante Mademoiselle Neila ¢ Bali Kino, Sputnik Kino

Call Me By Your Name ¢ Il Kino

Candelaria ¢ Eva-Lichtspiele

The Doors ¢ Union Filmtheater

THE ENDLESS ¢ Xenon

Endless Poetry

¢ Acud Kino, b-ware! ladenkino, Krokodil

¢ City Kino Wedding

Lady Bird ¢ b-ware! ladenkino, Hackesche Höfe Kino

Ein Leben

¢ Sputnik Kino

Searching for Sugar Man ¢ Sputnik Kino

SICARIO 2 ¢ b-ware!ladenkino, Hackesche Höfe Kino, Intimes*, Sputnik Kino, Union Filmtheater

Speak Up ¢ City Kino Wedding

Sternenjäger ¢ Union Filmtheater

Swimming with Man ¢ Sputnik Kino

Symphony of Now ¢ Acud Kino, City Kino Wedding, Sputnik Kino

Tage am Meer ¢ City Kino Wedding

Taking Woodstock ¢ Union Filmtheater

Träum weiter ¢ City Kino Wedding

Tully ¢ City Kino Wedding

Das unmögliche Bild ¢ City Kino Wedding

Usedom – Der freie Blick aufs Meer ¢ Krokodil

¢ Bali Kino

Die verborgenen Farben der Dinge

Ein Lied in Gottes Ohr

¢ Bundesplatz-Kino

¢ Intimes

Victoria

Love, Simon

¢ Il Kino

¢ Intimes, Sputnik Kino

Wohne lieber ungewöhnlich

Mamma Mia! Here We Go Again ¢ Eva-Lichtspiele, filmkunst66, Intimes, Union Filmtheater

Maria by Callas

¢ Filmrauschpalast, Union Filmtheater

¢ b-ware! ladenkino, Bali Kino, Bundesplatz-Kino

Das etruskische Lächeln

Marvin

¢ Bali Kino

D 22

Der Himmel über Berlin

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Bonjour Paris

NICO, 1988

The Rider

In den Gängen

Birnenkuchen mit Lavendel

¢ Bali Kino

Fridas Sommer

¢ Bali Kino ¢ b-ware! ladenkino, BundesplatzKino, City Kino Wedding, Eva-Lichtspiele, Hackesche Höfe Kino, Intimes, Sputnik Kino, Union Filmtheater

Der Mord im Orient-Express

¢ b-ware! ladenkino, Intimes

¢ City Kino Wedding, fsk-Kino am Oranienplatz, Il Kino

Jule will mit dem alten Caravan ihres Bruders nach Portugal zu ihrem Freund Alex. Jan will per Mitfahrzentrale nach Spanien, um sich mit seinem Vater zu treffen. Als Jan von seiner Mitfahrgelegenheit versetzt wird, trampt er bei Jule mit. Erst nach Köln, dann weiter nach Frankreich, Spanien, Portugal … Über dafür unbedingt notwendige zweieinhalb Stunden verfolgt 303 wie Jan und Jule nach und nach, von holprigem Smalltalk über vehemente Auseinandersetzungen, ihre eigene Sprache entwickeln und damit eine gemeinsame Welt.

¢ Union Filmtheater

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Die Frau, die vorausgeht

303

Mission Impossible Rouge

¢ Filmrauschpalast

¢ Bali Kino

Zama ¢ Acud Kino, Brotfabrik Kino, fsk-Kino am Oranienplatz

Zentralflughafen THF ¢ Bundesplatz-Kino, City Kino Wedding, Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino


ANNE-DOMINIQUE TOUSSAINT präsentiert

Nach

NUR FÜR PERSONAL! und MOLIÈRE AUF DEM FAHRRAD der neue Film von PHILIPPE LE GUAY

FRANÇOIS CLUZET

KinderfilmE A–Z

TOBY JONES

FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON

Kinderkurzfilmprogramm ¢ Wolf

Liliane Susewind ¢ Bundesplatz-Kino

Love, Simon ¢ Union Filmtheater

Allein unter Schwestern

Arthur Dupont

Luis und die Aliens

Grégory Gadebois

Vincent Regan

Philippe Rebbot

Patrick d’Assumçao

Julie-Anne Roth

¢ b-ware! ladenkino, Intimes

¢ Union Filmtheater

Alles steht Kopf ¢ Sputnik Kino

Coco ¢ Union Filmtheater

Delfine ¢ Union Filmtheater

Mein Nachbar Totoro ¢ Wolf

Nomaden der Lüfte ¢ Sputnik Kino

ab 16. august im kino

Open-Air Kinderprogramm

www.EinDorfZiehtBlank-Film.de

¢ FLB Weissensee

/ConcordeFilmverleih

Early Man – Steinzeit bereit ¢ b-ware! ladenkino, Bali Kino

Elias – Das kleine Rettungsboot

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Fridas Sommer ¢ Wolf

Gans im Glück ¢ b-ware! ladenkino, Union Filmtheater, Wolf

Hotel Transsylvanien 3 – Ein Monster Urlaub ¢ b-ware! ladenkino, Eva-Lichtspiele, filmkunst66, Intimes, Union Filmtheater

Papa Moll und die Entführung des fliegenden Hundes ¢ Bali Kino

Prinz Charming ¢ Union Filmtheater

Ronja Räubertochter ¢ Wolf

Unsere Erde II ¢ Sputnik Kino

Das Zeiträtsel ¢ Union Filmtheater

Janosch – Komm wir finden einen Schatz ¢ Sputnik Kino

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer ¢ b-ware! ladenkino, Sputnik Kino

Termine unter www.indiekino.de

Zwei Freunde und ihr Dachs ¢ b-ware! ladenkino, Intimes

ZAS.AZ_Indie82x122_RZ.indd 1

18.07.18 10:24


INDIEKINOHIGHLIGHTS

BUNDESPLATZ-KINO BLICK ZURÜCK – BLICK NACH VORNE: SIEBENBÜRGEN D 24

D AUGUST 2018

Die Dokumentarfilmreihe „Blick zurück – Blick nach vorn“ widmet sich Siebenbürgen, einer multiethnischen Region im Zentrum Rumäniens, und der dort ansässigen deutschen Minderheit, den Siebenbürger Sachsen. Nach dem Zusammenbruch des Sozialismus verließen viele Siebenbürger Sachsen Rumänien. Wie ging das Leben im „Land hinter den Wäldern“


Hinter sieben Burgen

weiter? Wie blickt man heute in die Zukunft? In WUNDEN – ERZÄHLUNGEN AUS TRANSSILVANIEN (1994) sammelt Günther Czernetzky direkt nach der Dezember-Revolution Geschichten der Siebenbürger Sachsen. In HINTER SIEBEN BURGEN (1996) geht es um einen Emigranten, der immer wieder nach Siebenbürgen zurückkehrt. GHERDEAL (2003) erzählt

von den letzten Bewohnern eines Dorfes, in dem die Felder brach liegen und die Infrastruktur zerfällt, und LEAVING TRANSYLVANIA – EIN SIEBENBÜRGER ABSCHIED (2006) von einer Familie in Arbegen/Agârbiciu, in dem 1990 noch 1200 Siebenbürger Sachsen wohnten, 2001 waren es 20. bundesplatz-kino.de  Ab 12.8., immer sonntags um 15.30 Uhr AUGUST 2018 D

25 D


INDIEKINOHIGHLIGHTS

ACUD KINO, FLK INSEL, FILMRAUSCHPALAST, IL KINO KURZE FILME

ACUDKINO VISIONÄR: JÚLIA IST Das Visionär Filmfestival findet eigentlich im Mai statt und hat sich der Entdeckung noch unbekannter Filmemacher*innen aus aller Welt verschrieben. Ab August präsentiert Visionär an jedem letzten Mittwoch im Monat filmische Entdeckungen im Acud Kino. Die Reihe beginnt mit dem Gewinner des Publikumspreises des diesjährigen Festivals, JÚLIA IST, von Elena Martin, in dem die Architekturstudentin Júlia aus Barcelona zum ersten Mal in ihrem Leben ihr Elternhaus verlässt, um ein Jahr lang in Berlin zu studieren.  29.8. um 21 Uhr

Seit 2002 präsentiert Shorts Attack jeden Monat ein neues Kurzfilmpaket. Das Motto im August - „Lost in Fantasy“ - verspricht jede Menge Experimente, Extremsituationen und natürlich Trickfilme. Außerdem laden die British Shorts zur beliebten „Summer Edition“ ins Freiluftkino Insel auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain ein.  Shorts Attack: 12.8. um 22 Uhr, Filmrauschpalast  15.8. um 21 Uhr, Acud Kino  29.8., Il Kino  Britsh Shorts Summer Edition: 3.8. um 21 Uhr, FLK Insel

Ludi Floralis

Ich seh ich seh

Paris, Texas

FREILICHTBÜHNE WEISSENSEE HORROR UND HOCHKULTUR

FILMRAUSCHPALAST HOMMAGE AN ROBBY MÜLLER

Die Freilichtbühne Weißensee ist nicht nur das einzige Open-Air Kino in Berlin, das regelmäßig Horrorfilme im Programm hat, es fasst den Begriff auch sehr weit. So laufen in der „Horror & Hochkultur“-Reihe auch Lucrecia Martels Kolonialdrama ZAMA, in dem ein frustrierter Kolonialbeamter auf eine Versetzung wartet, die nie eintrifft, und der preisgekrönte Dokumentarfilm MACHINES, der in das labyrinthische Höllenreich einer nordindischen Textilfabrik führt. Weniger Hochkultur wenn auch nicht notwendigerweise mehr Horror bieten André Muschettis Neuverfilmung von Stephen Kings Clown-Horror ES (2017), der post-apokalyptische Survival-Thriller IT COMES AT NIGHT (2018, R: Trey Edward Shults), und der österreichische Neo-Psycho-Horror ICH SEH ICH SEH von Veronika Franz und Severin Fiala, der tolle Unruhe-Bilder erfindet.

Am 7. Juli ist Robby Müller verstorben, der neben Michael Ballhaus wichtigste Kameramann des „Neuen deutschen Films“ und später des internationalen Independent-Films. Müller machte Licht und Bilder für Jim Jarmusch (DOWN BY LAW, MYSTERY TRAIN, DEAD MAN, GHOST DOG, COFFEE AND CIGARETTES), für Lars von Trier (BREAKING THE WAVES, DANCER IN THE DARK), für John Schlesinger, Andrej Wajda, Sally Potter, Alex Cox und Michael Winterbottom. Berühmt wurde Müller durch seine Zusammenarbeit mit Wim Wenders, die fast 30 Jahre dauerte: Von dem wegen ungeklärter Musikrechte selten gezeigten SUMMER IN THE CITY (1970) mit seiner wundervollen Kamerafahrt am Landwehrkanal entlang, bis zu BUENA VISTA SOCIAL CLUB (1999). Der Filmrauschpalast zeigt als Hommage zwei der besten Filme von Wenders und Müller: Die hypnotische Patricia Highsmith-Verfilmung DER AMERIKANISCHE FREUND und PARIS, TEXAS.

 1.8. PAPILLON  4.8. ES  8.8. MACHINES  15.8. IT COMES AT NIGHT  22.8. ZAMA  29.8. ICH SEH ICH SEH

 DER AMERIKANISCHE FREUND: 5.8. um 14.30, 19.8. um 17.30 Uhr & 26.8. um 15.30 Uhr  PARIS, TEXAS: 5.8. um 17 Uhr, 12.8. um 14.30 Uhr & 19.8. um 14.30 Uhr

D 26

D AUGUST 2018


BUNDESPLATZ-KINO, IL KINO, KLICK-O-TONART ITALIENISCHE ABENDE Italienfilm-Fans können sich auf zwei Klassiker und eine Preview freuen. In COMIZI D’ AMORE – GASTMAHL DER LIEBE (1964, OmU), den das Klick in der Reihe „KLICKlassico“ zeigt, reist Pier Paolo Pasolini durch Italien und verwickelt die Menschen auf der Straße in Gespräche über Liebe und Sexualität. Im Bundesplatz-Kino ist Luchino Viscontis Satire auf das Filmbusiness BELLISSIMA (1951) zu sehen, in der Anna Magnani eine ehrgeizige Krankenschwester spielt, die aus ihrer talentlosen Tochter einen großen Star machen möchte. Alice Rohrwachers Parabel über Herrschaft und Güte, LAZARRO FELICE, lief dieses Jahr im Wettbewerb von Cannes und wurde für das Beste Drehbuch ausgezeichnet. Zur Preview am 15.8. im Il Kino werden Gäste erwartet. Alle Filme laufen in OmU.  15.8. um 20 Uhr im Il Kino: LAZZARO FELICE  16.8. um 20 Uhr im Klick-O-Tonart: COMIZI D’ AMORE  17.8. um 18 Uhr im Bundesplatz-Kino: BELLISSIMA

INDIEKINOHIGHLIGHTS

WOLF KINO VINCENT MOON: HIBRIDOS – THE SPIRITS OF BRAZIL Vincent Moon ist vor allem für seine Musikfilme und -videos bekannt, unter anderem mit The National, REM, Beirut und Arcade Fire. Seine „Concerts á emporter/Take Away Concerts“ für den französischen Indie-PopBlog „La Blogothèque“ sind im cinemá direct Stil gedreht. Im Wolf Kino präsentiert Moon im August seinen Film HIBRIDOS – THE SPIRITS OF BRAZIL den er zusammen mit Priscilla Telmon hergestellt hat. Drei Jahre lang recherchierte Moon spirituelle Praktiken in Brasilien, von der größten katholischen Prozession in der Welt bis hin zu noch nie gezeigten, indigenen Ritualen. Am 21.8. schneidet Vincent Moon den Film live und neu, am 22.8. folgt die Deutschland-Premiere von HIBRIDOS und ein Filmgespräch mit Vincent Moon, und am 25. und 26.8. läuft der Film im regulären Programm. wolfberlin.org  21.–26.8.

Bellissima

Freddy und die Melodie der Nacht

EVA-LICHTSPIELE DER ALTE DEUTSCHE FILM

GRUSS UND KUSS – VERONIKA (1933) ist eine Ladenmädchen-Komödie, aber immerhin: Für Musik sorgen Weintraubs Syncopators, eine der berühmtesten Berliner Jazzbands der 30er Jahre, bei der Friedrich Holländer Klavier spielte. Außerdem im August: Der bayrische Schwank SPIEL AUF DER TENNE (1937), Freddy Quinn als Berliner Taxifahrer in FREDDY UND DIE MELODIE DER NACHT (1960), MOSELFAHRT MIT MONIKA (1944) über Liebeskomplikationen auf einer Paddeltour, und die Familienkomödie SOPHIENLUND (1942/43). eva-lichtspiele.de  Immer mittwochs um 15.45 Uhr, mit einer Einführung von Martin Erlenmaier: 1.8. GRUSS UND KUSS – VERONIKA  8.8. SPIEL AUF DER TENNE  15.8. FREDDY UND DIE MELODIE DER NACHT  22.8. MOSELFAHRT MIT MONIKA  29.8. SOPHIENLUND

KLICK-O-TONART 40 JAHRE MAX-OPHÜLSPREIS: ALMUT GETTO

Ganz nah bei Dir

Das Klick Kino feiert den Max-Ophüls-Preis, der seit 40 Jahren in Saarbrücken an Nachwuchsfilmemacher*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vergeben wird. Almut Getto gewann 2002 den Filmpreis des Saarländischen Ministerpräsidenten für FICKENDE FISCHE, ihrem Film über zwei Jugendliche, die eine HIV-Infektion fast von der Liebe abhält. 2009 erhielt sie den Publikumspreis für die romantische Komödie GANZ NAH BEI DIR. Almut Getto wird bei beiden Vorführungen zu Gast sein.  18.8. FICKENDE FISCHE  19.8. GANZ NAH BEI DIR, jeweils um 20 Uhr

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INDIEKINOHIGHLIGHTS

BROTFABRIK KINO LANGEWEILE UND SOMMER Die Geschichten um den einarmigen, einäugigen Samurai Tange Sazen sind Klassiker des japanischen Kinos. Der gefährliche Kämpfer taucht in THE MILLION RYO POT (1935) nur am Rande auf und lässt es sich gut gehen, während alle anderen Charaktere eifrig einen Tontopf suchen, der eine Schatzkarte enthält. Der Teenie Mariano in DOS DISPAROS/TWO SHOTS FIRED kämpft noch weniger. Übermüdet kommt er von einer Party nach Hause, entspannt sich etwas und jagt sich dann zwei Kugeln in den Körper. Warum er es tut, weiß er selber nicht. Groß verändert es sein Leben nicht und musikalisch sogar zum Guten. Sowas passiert halt, wenn man sich langweilt. Beide Filme laufen in OmeU und mit einer Einführung durch Kuratorin Teresa Vena.  16.8. THE MILLION RYO POT  30.8. DOS DISPAROS, jeweils um 19 Uhr

FILMRAUSCHPALAST MOABIT WIR KINDER VOM BAHNHOFSKINO XXI: NEUER DEUTSCHER TRASHFILM Die Bahnhofskino-Akolythen im Filmrausch widmen sich deutschen Trash-Filmen, also Filmen, die absichtlich mit der Idee des „schlechten Films“ spielen: In DER GOLDENE NAZIVAMPIR VON ABSAM 2 muss der Okkultismuseperte der US Army, B.J. Blazkowicz, böse Nazis daran hindern, mittels der Gebeine von Graf Dracula doch noch ein tausendjähriges Reich zu erschaffen. OPERATION DANCE SENSATION, der wahrscheinlich einzige Vietnamfilm aus Gütersloh, lässt Veteranen in einer Großraumdisco alte Rechnungen begleichen, und ZOMBIES FROM OUTER SPACE feiert die Schönheit der heimischen Landschaft, Frauen und die Abscheulichkeit der Untoten. Den illuster besetzten NAZIVAMPIR gibt es umsonst und draußen, die beiden anderen Filme danach zu den üblichen Konditionen im Saal.  10.8., ab 22 Uhr

Dos Disparos

Zombies From Outer Space

Das Millionenspiel

B-WARE!LADENKINO FRAGMENT FILM: FERNSEHSATIRE

BROTFABRIK KINO BERLIN-FILM-KATALOG #76: ICH DACHTE, ICH WÄRE TOT

Als Tom Toelles DAS MILLIONENSPIEL im Jahr 1970 Kandidaten einer Fernsehshow sieben Tage vor Killern fliehen ließ, waren deutsche Zuschauer noch unsicher, ob die Sendung echt sei und größtenteils schockiert. Aber einige meldeten sich auch freiwillig. 2012 ist die amerikanische Fernsehlandschaft da schon wesentlich weiter: Reality Soaps auf allen Kanälen. Frank will sich das nicht mehr bieten lassen und macht sich in GOD BLESS AMERICA (R: Bob Goldthwait, OmU) auf einen Kreuzzug durch das Land, um alle zu töten, die in seinen Augen den moralischen Verfall vorantreiben.

„Mit 17 nerven einen alle“, denkt sich eine junge Frau in genau diesem Alter, „und niemand hört einem zu“. Nicht ihre Eltern, nicht ihr Chef, weder ihr Liebhaber noch ihr Verlobter. Also nimmt sie eine Überdosis Schlaftabletten und begreift nach ihrer Rettung, dass man im Leben nicht weglaufen kann, sondern eine Lösung findet, indem man Schwierigkeiten konfrontiert. Wolf Gremms (KAMIKAZE 1989) stellenweise fast improvisiert wirkender Debütfilm von 1974 wird am 13. August um 19 Uhr in der Brotfabrik mit einer Einführung von Jan Gympel und in Anwesenheit der Produzentin Regina Ziegler präsentiert.

 9.8. DAS MILLIONENSPIEL  23.8. GOD BLESS AMERICA , jeweils ca. 20 Uhr

 13.–15.8. um 19 Uhr, am 13.8. mit Einführung und Gästen

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D AUGUST 2018


INDIEKINOHIGHLIGHTS

KROKODIL MANFRED KRUG Im August gibt es im Kino Krokodil fast die gesamte DDR-Filmkarriere von Manfred Krug zu besichtigen: BESCHREIBUNG EINES SOMMERS (1962) die Liebesgeschichte zwischen einem zynischen Ingenieur und einer idealistischen FDJ-Sekretärin ist nicht zuletzt dafür verantwortlich, dass Grit und Tom in der DDR 1962 zu beliebten Vornamen wurden. Der 1966 verbotene, bei der Wiederaufführung im November 1989 gefeierte SPUR DER STEINE (1965/66) erzählt von unkonventionellen Methoden der Produktivitätssteigerung auf einer Baustelle. Danach drehte Krug die Fernfahrerfilme WEITE STRASSEN – STILLE LIEBE (1969) und WIE FÜTTERT MAN EINEN ESEL (1973). Kurz vor seinem Berufsverbot und Ausreiseantrag wegen des Protests gegen die Biermann-Ausbürgerung drehte der Schauspieler die Filme FEUER UNTER DECK (1977) und DAS VERSTECK (1977). Der DDR-„Filmspiegel“ freute sich seinerzeit über die „Heiterkeit, Gelöstheit, Optimismus, Produktivität“, die nur unter den „gesicherten gesellschaftlichen Positionen einer freien Persönlichkeitsentwicklung im Sozialismus möglich“ seien. Im Kino in der Brotfabrik steht dazu vom 23. bis 29.8. der tschechische Klassiker DER BOXER UND DER TOD (1963) mit Manfred Krug als boxendem KZ-Kommandant auf dem Programm.  25.7.–9.8. Spur der Steine

CITY KINO WEDDING BERLINALE SPOTLIGHT: AUF EIN FEIERABENDBIER MIT BEN BRUMMER Ab August zeigt das City Kino Wedding einmal im Monat einen Film aus der Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ mit einer Einführung durch Sektionsleiterin Linda Söffker. Den Auftakt macht am 21.8. um 19 Uhr FEIERABENDBIER. Der 33-jährige Hipster Magnus ist innerhalb kürzester Zeit seine Freundin und sein Auto los. Den Herzschmerz kann er sich im Swingerclub vertreiben, aber einen 81’er-Mercedes vergisst man nicht ganz so leicht. Eine Jagd nach dem Schmuckstück beginnt. Dabei eröffnen sich neue Einblicke in Magnus’ Vergangenheit, die Romantik und das wahre Wesen der Welt. Nach dem Film hat man die Möglichkeit, mit einem Bier oder ohne, Regisseur Ben Brummer auszufragen.  21.8. um 19 Uhr, in Anwesenheit von Regisseur Ben Brummer

Kochen ist Chefsache

BALI KINO FRANZÖSISCHE KOMÖDIEN Das Bali Kino serviert im August eine kleine Reihe mit französischen Komödien. In WOHNE LIEBER UNGEWÖHNLICH (C’EST QUOI CETTE FAMILLE?) übernehmen die Kinder einer Patchwork-Familien das Regime, in KOCHEN IST CHEFSACHE (COMME UNE CHEF) spielt Jean Reno einen Koch, der die drei Michelin-Sterne seines Restaurants retten will, und in DIE BRILLANTE MADEMOISELLE Neïla (LE BRIO) arbeitet sich eine engagierte Studentin an einem starrsinnigen Professor ab.

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Tod den Hippies!! Es lebe der Punk Lou Andreas-Salomé Gladbeck Eight Miles High

Jetzt, wo wir GUNDERMANN gesehen haben, werden wir nie wieder nicht wissen, wer Alexander Scheer ist, aber nach dem Film haben wir uns zunächst gefragt: Wer ist dieser unglaubliche Typ, der Gundermann spielt? Wo kommt der her? Was hat der vorher gemacht? Und warum bloß haben wir die Visage nicht im Kopf? Wir haben recherchiert und was wir gefunden haben, sind: DIE 1000 GESICHTER DES ALEXANDER SCHEER. Wie ein Chamäleon und bis in die Körpersprache hinein vermag es Scheer nämlich, sich völlig zu verwandeln, in einen ernsten Hippie, einen schmierigen Terroristen, einen amüsanten Philosophen oder in einen abgebrühten Punk. Je nach Bedarf. Bislang vor allem in Nebenrollen, aber diese Zeiten sind jetzt wohl vorbei.

vorschau INDIEKINO im SEPTEMBER D Glücklich wie Lazzaro Herrschaft und Güte D THE MAN WHO KILLED DON QUIXOTE Terry Gilliams Film ist fertig D EMBRYO World Music Pioniere D DRAUSSEN Obdachlos in Köln D KINDESWOHL Leben oder Würde D MENASHE Chassidischer Single-Vater D BOOK CLUB Sexy Senioren D Mackie Messer – Brechts Drei­ groschenfilm Theorie spielen D NAOMIS REISE Rassismus & Justiz D SEESTÜCK Volker Koepp an der Ostsee D STYX Berlinale-Sensation D Utøya 22. Juli Terror in Echtzeit D SEARCHING Laptop-Thriller D SHUT UP AND PLAY THE PIANO Chilly Gonzales D WACKERSDORF Atomproteste D ALLES IS GUT Vergewaltigung und dann? D AVA Sommerliebe D BALLON DDR-Fluchtthriller D EVERYBODY KNOWS Farhadi international D SWEET COUNTRY Outback-Western D FLY ROCKET FLY Raketenbauer in Zaire D ASPHALTGORILLAS Kottbusser Tor – Der Film D 30

D AUGUST 2018

Nachbild


INDIESERVICE

Die INDIEKINOS

ACUD Kino Mitte

1

Veteranenstr. 21, 10119 Berlin www.acudkino.de 030/44 35 94 98

City Kino Wedding Filmrausch­palast im Centre Français Moabit 9 Lehrter Str. 35, 10557 Berlin Wedding 6 www.filmrausch.de 030/394 43 44

Müllerstraße 74, 13349 Berlin www.citykinowedding.de 01525/968 79 21

fsk-Kino am ­Oranienplatz Kreuzberg 10

Eva-Lichtspiele Berlin Wilmersdorf 7

Rosenthaler Str. 40/41, 10178 Berlin www.hoefekino.de 030/283 46 03

Greifenhagener Str. 32, 10437 Berlin www.kino-krokodil.de 030/44 04 92 98

IL KINO NEUKÖLLN

14

Bali Kino Zehlendorf  3

Union Filmtheater Friedrichshagen Bölschestr. 69, 12587 Berlin 18 www.kino-union.de 030/65 01 31 41

REINICKENDORF

13

Hasenheide 54, 10967 Berlin www.sputnik-kino.com 030/694 11 47

Xenon Kino Schöneberg

20 Kolonnenstr. 5, 10827 Berlin www.xenon-kino.de 030/78 00 15 30

PANKOW  C

6   14   9   H    21    1

SPANDAU

Caligariplatz 1, 13086 Berlin www.brotfabrik-berlin.de 030/471 40 01

Wolf Kino NEUKÖLLN 19

Sputnik Kino am Südstern Kreuzberg 16

Boxhagener Str. 107, 10245 Berlin www.kino-intimes.de 030/29 77 76 40

8

Bleibtreustr. 12, 10623 Berlin www.filmkunst66.de 030/882 17 53

Kulmer Str. 20a, 10783 Berlin klickkino.de

Weserstraße 59, 12045, Berlin wolfberlin.org 030/921 03 93 33

Kino INTIMES Friedrichshain

Teltower Damm 33, 14169 Berlin www.balikino-berlin.de 030/811 46 78

filmkunst66 Charlottenburg

12

Nansenstr. 22, 12047 Berlin www.ilkino.de 030/81 89 88 99

Segitzdamm 2, 10969 Berlin www.fsk-kino.de 030/614 24 64

Blissestr. 18, 10713 Berlin www.eva-lichtspiele.de, 030/92 25 53 05

Brotfabrikkino Weissensee  4

Kino Krokodil Prenzlauer berg

Klick-O-TONART SCHÖNEBERG 15

b-ware! ladenkino Friedrichshain 2 Gaertnerstr. 19, 10245 Berlin ladenkino.de, 030/63 41 31 15

Hackesche Höfe Kino Mitte 11

MITTE

CHARLOTTENBURGWILMERSDORF  7

11

10   A    15   20

16    E

TEMPELHOFSCHÖNEBERG

STEGLITZZEHLENDORF

LICHTENBERG

17   13

MARZAHNHELLERSDORF

Tilsiter Lichtspiele Friedrichshain 17

B    2   Friedrichshain-

8

5

4

R.-Sorge-Str. 25a, 10249 Berlin www.tilsiter-lichtspiele.de 030/426 81 29

kreuzberg

F    22    12    G    19

Z-inema ­MITTE

21

Bergstr. 2, 10115 Berlin www.z-bar.de 030/28 38 91 21

18    D

TREPTOWKÖPENICK

NEUKÖLLN

3

Bundesplatz-Kino Wilmersdorf 5 Bundesplatz 14, 10715 Berlin www.bundesplatz-kino.de 030/85 40 60 85

B-ware! Open Air im Vor Wien ­Biergarten Kreuzberg  A  im FMP1 Friedrichshain  B ladenkino.de

Freilichtbühne WeiSSensee Weissensee

C

freilichtbuehne-weissensee.de

Freiluftkino  D  Friedrichshagen Friedrichshagen

www.freiluftkino-friedrichshagen.de

Freiluftkino ­Hasenheide KreuzberG  E

Freiluftkino ­Pompeji Friedrichshain

Freiluftkino ­Insel zu Gast im ­Cassiopeia Friedrichshain  F

Windlicht im Filmrausch­ palast: „Umsonst & DrauSSen“ Moabit  H

www.freiluftkino-hasenheide.de

www.freiluftkino-insel.de

G

freiluftkino-pompeji.de

Zukunft ­Friedrichshain

22

Laskerstr. 5, 10245 Berlin kino-zukunft.de 0176/57861079

www.filmrauschpalast.de

Impressum Herausgeber: INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) Rudolfstr. 11, 10245 Berlin Telefon: 030 – 209 897 24, info@indiekino.de, www.indiekino.de

Bildnachweis: Filmbilder/Plakatmotive: Filmverleiher/Filmfestivals Logo Videodrom (S. 4): Videodrom ICH DACHTE, ICH WÄRE TOT (S. 28): Ziegler-Film

Geschäftsführung: Hendrike Bake Redaktion: Hendrike Bake, Thomas Dorow redaktion@indiekino.de Filmtexte: Thomas Abeltshauser, Hendrike Bake, Yorick Berta, Tom Dorow, Katharina Franck, Christian Horn, Christian Klose, Jan Künemund, Elinor Lewy, Sebastian Markt, Jens Mayer, Michael Meyns, Harry Mühlbeyer, Toni Ohms, Hannes Stein, Susanne Stern, Lars Tunçay Texte Kinohighlights: INDIEKINO BERLIN und Kinos Grafik: Michael Zettler, Nora Wiesner (Zett Media) Akquise/Marketing: Michael Spiegel, spiegel@indiekino.de Druck: Bonifatius Druck, Paderborn

Eine Gewähr für die Richtigkeit der Termine kann nicht übernommen werden. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Ein Nachdruck ist nur mit Genehmigung von Redaktion und Autor und mit Quellenangabe gestattet. Für unverlangt eingesandtes Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Das INDIEKINO BERLIN Magazin erscheint in einer Auflage von 20.000 Stück. Das Magazin ist kostenfrei. Verteilung in den Berliner Kinos ACUD Kino, b-ware!ladenkino, Bali Kino, Brotfabrikkino, Bundesplatz Kino, City Kino Wedding, Eva Lichtspiele, filmkunst66, Filmrauschpalast Moabit, fsk-Kino am O ­ ranienplatz, Hackesche Höfe Kino, IL Kino, Kino Intimes, Kino Krokodil, Klick Kino, Sputnik Kino am Südstern, Tilsiter Lichtspiele, Union Filmtheater, Wolf Kino, Xenon Kino, Z-inema, Zukunft sowie an weiteren 400 Verteilstellen. Abonnement: Auf Wunsch liefern wir Ihnen das INDIEKINO BERLIN Magazin gerne zu einem Unkostenbeitrag direkt nach Hause. Weitere Informationen und ein Bestellformular finden Sie unter: www.indiekino.de/news/de/abonnement

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