DA S M A S T E R P R O G R A M M
INSTITUT KUNST F H N W HO C H S C H U L E F Ü R GE S TA LT U NG U N D K U N S T I N S T I T U T K U N S T / F R E I L AGE R-P L AT Z 1 C H- 4 0 2 3 B A SE L w w w. f h n w. c h / h g k / i k u w w w. i n s t i t u t - k u n s t . c h
Institut Kunst: Master Studienzeit Was bestimmt die Zeit des Studierens? Was hat eine Hochschule zu bieten, wenn eine Künstlerin oder ein Künstler sich dafür entscheidet, Zeit im Atelier zu verbringen und das in einem Kontext, der von Gruppeninteraktion und dem Wunsch zu Lernen bestimmt ist? Im Master-Studiengang verteilt sich die Zeit auf die folgenden drei Felder: — Die Sphäre des Eigenen (die Zeit im Atelier). — Die Dimension des Kollektiven (Zeit für Seminare und Symposien). — Der Bereich des Mentoring (Einzelgespräche und Präsentationen im Plenum). Ziel des Programms ist es, ein Gefühl für die Affinität zwischen diesen drei unterschiedlichen Zeitfeldern zu entwickeln. Alle drei Momente sind wesentlich, wenn es um die Bemühung geht herauszufinden, was eine persönliche künstlerische Sprache ausmacht und wie die eigene Praxis an den zeitgenössischen Formen der Auseinandersetzung mit Kunst und ihrer Rolle für das Gesellschaftliche teilhat; und es geht auch darum, auf welche Weise das Gespräch mit Kollegen und Mentoren über Methoden, künstlerische Forschung und Inhalt sowie formale Belange geführt wird. Im Laufe von zwei Jahren wird die Choreographie zwischen der im Atelier verbrachten Zeit, dem Mentoring und den verschiedenen Seminaren und Symposien die kollektive Anstrengung darstellen, besser zu verstehen was Kunst bedeutungsvoll macht. Zeit im Atelier und Workshops: Studierende des MasterStudienganges, die über kein eigenes Atelier verfügen, bekommen einen Arbeitsplatz am Institut zur Verfügung gestellt. Die Räume befinden sich im ersten Stock gleich neben denen der BachelorStudierenden. Wir sind bemüht, eine engere Zusammenarbeit zwischen den beiden Gruppen zu fördern und es gibt zahlreiche Gelegenheiten für gemeinsame Treffen. Die im Atelier verbrachte Zeit ist entscheidend, will man eine Form der Interaktion mit dem Werk herausbilden, die auf Konzentration und Experiment aufgebaut ist. Sie ist aber auch wesentlich für den Austausch mit anderen Studierenden und wird hoffentlich ebenso durch den
Atmen, Denken, Zeigen Was aber tut man tatsächlich, wenn man seinen Master macht? Es scheint überflüssig zu betonen, dass Künstler sich den Fragen stellen müssen, die heute die künstlerische Praxis bestimmen; aber wie können wir im Gegenzug dazu mit Theorie und dem immer grösser anwachsenden Informationsfluss umgehen, ohne dass sich eine Kluft zu den eigenen Arbeiten auftut, ja sogar die Furcht ausgelöst werden kann, man sei ausserstande all das aufzunehmen, was man alles nicht weiss? Die einfache Antwort darauf lautet: Während der Studienzeit ist es nötig, auf persönlichem wie auch auf kollektivem Niveau, gerade diese Anliegen und Beunruhigungen zu erörtern. Um sich in die Lage zu versetzen, die eigene Praxis im Zusammenhang mit Belangen, die zu einem weiter gespannten Kontext gehören, betrachten zu können; zu verstehen, welche
Sound Performance von Olivier Rossel während der Eröffnung von TREE (Abies Alba) von Johannes Willi im Der TANK. Foto: Christian Knörr.
Besuch von Workshops und durch die vielfältigen Angebote unterstützt, die das Institut mit seinem Campusgelände bietet, um sich mit technischen und formalen Fragen zu beschäftigen. Die Neuorganisation der Workshops erlaubt es den Studierenden, sie für Experimente zu nutzen, andere Methoden zu erproben, aber sie dient auch dazu, Unterstützung und Antworten bezüglich ihrer Fragen und Bedürfnisse zu erhalten. Es ist ausserordentlich wichtig die Zeit im Atelier als eine in eine Landschaft technischformaler Möglichkeiten eingebettete Zeit zu begreifen, in der man tatsächlich die eigene Praxis erweitern kann, was in einem anderen Kontext so nicht möglich wäre. Die Rede über das Werk und seine Vorstellung: Mentoring versteht sich als ein grundsätzliches Werkzeug, das der kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeit und mit den anderen dient. Der Umstand, dass unser Institut ein kleines ist – insgesamt gibt es nur vierzig Master-Studierende – erlaubt eine enge Zusammenarbeit nicht nur mit all denen, die auf MA Ebene arbeiten, sondern mit allen Institutsmitgliedern. Das Mentoring findet in zwei unterschiedlichen Formen statt: Zum einen als Dialog mit einer Tutorin oder einem Tutor, die von jedem Studierenden selbst gewählt werden, und zum anderen werden die Arbeiten den Kommilitonen in regelmässigen Abständen präsentiert, wobei allen auch die Aufgabe zukommt, bei der Präsentation der anderen als aktives Publikum aufzutreten. Die Sorgfalt, mit der diese Sitzungen vorbereitet werden und die breit gefächerte Erfahrung der Dozierenden und Gäste, die daran teilnehmen, ermöglicht es, eine Sprache zu entwickeln, die darum weiss, wie man ein Werk und den Kontext, in welchem es entstanden ist, behandelt und thematisiert.
Ephraim Meister, Performance während der Eröffnung Lockeres Denken im Kunsthaus Baselland. Foto: Nici Jost.
dieser Fragen für einen selbst relevant sind und welche es nicht sind; einzusehen, wie jeder von uns in der Lage ist, sich mit unserer Zeit zu verständigen, sich mit ihren Problemstellungen aber auch mit ihren gesellschaftlichen Dimensionen auseinanderzusetzen. All das kann nur auf dem Weg der Praxis geschehen und aus diesem Grund lädt das Programm auch Praktiker ein, die diese Fragen gemeinsam mit euch behandeln werden. Es gibt drei Gruppen von Fragen, welche die grosse Zahl von Seminaren und Symposien anleiten, die im Zuge des Master-Studiengangs organisiert werden: — Wie entwickeln wir ein Verständnis für die vielen verschiedenen Formen von Intelligenz, die von der Kunst ins Spiel gebracht werden? — Wie beeinflusst und informiert die Positionierung von Kunstwerken in Ausstellungen / öffentlichen Kontexten Kunstwahrnehmung und Kunstpraxis? — Auf welche Weise aktiviert der künstlerische Schaffensprozess Bewusstseins- und Wahrnehmungsebenen, die vom traditionellen Verständnis der Vernunft abweichen? Transhumanismus, Singularität und Gender Erst seit kurzer Zeit beschäftigen wir uns mit der Klugheit von Materialien, mit den Arten und Weisen, wie diese Materialien die Welt wahrnehmen und uns Bericht geben über sie – indem wir sie berühren, indem wir sie empfinden. Eine derartige Art zu Denken, die nahelegt, dass nicht-menschliches Leben eine seltsame Form von Weisheit in sich birgt, hat auch unseren gegenwärtigen Umgang mit der Technik verändert. Was ist künstliche Intelligenz anderes als der einzigartige Dialog mit Maschinen und Programmiersprachen, die jede herkömmliche Bestimmung eines Werkzeugs übersteigen? Die Kunst weiss darum. Denn sie war es, die diese Sachverhalte mit der Absicht erkundet hat, was unter den Millionen neuer Beziehungen, die wir in der Realität herstellen können, noch möglich ist. Die Kunst war auch der Ort, an welchem sich dieses komplexe Beziehungsverhältnis zu den Objekten – mögen es technologische sein oder auch nicht – angekündigt hat, das unser Verhältnis zur Natur verändert hat. Gender ist ein Wort, das diese Transformation weit besser beschreibt als Ökologie. Wenn Ökologie die Wissenschaft vom Schutz der Natur ist, ein Gefühl einer gewissen Vorrangstellung gegenüber dem natürlichen
Leben aus Sicht des Menschlichen, dann ruft Gender die Notwenigkeit auf, die Rollen zu wechseln, die Funktionen neu zu interpretieren und anders geartet zu spüren. Wir haben vor Gäste einzuladen, Künstlerinnen und Wissenschaftler, die uns dabei helfen werden, über diese Paradoxa nachzudenken, welche das künstlerische Schaffen verändern, aber auch über die Debatten, die versuchen, technologische Überlegungen mit Fragen des Feminismus oder über die Natur ineinanderfliessen zu lassen. Kunstschaffen und Realisieren von Ausstellungen nimmt solches Denken in sich auf und erweitert die Grenzen der traditionell überkommenen Unterteilung der materiellen Träger, ebenso aber auch die klassischen Ideen zur Form, von der Verwendung der Räume, die vom White Cube bis hin zu einem Wald oder den Medien reichen.
Obgleich die Kunstgeschichte zum grössten Teil auf der Analyse einzelner Kunstwerke errichtet wurde, kann doch ein anderer Pfad gewählt werden, wenn es darum geht eine solche Geschichte zu schreiben. Man kann sich der Aufgabe widmen zu zeigen, wie diese speziellen Werke sich verändern und durch ihre jeweiligen Ausstellungen verändert werden. Der Diskurs über moderne Kunst wird ja in erster Linie durch Ausstellungen befördert, die wiederum nicht allein Räume der Präsentation darstellen, sondern auch Instrumente sind, Mittel, um Ideen über die künstlerische Produktion zu formulieren und ihre Rezeption umzuwandeln. Eine Ausstellung ermöglicht es den Kunstwerken, nicht nur zum Betrachter eine Beziehung aufzubauen, sondern auch mit anderen Arbeiten und anderen Vorstellungen darüber, was Kunst ist oder sein könnte. Eine Ausstellung ist weder reiner Diskurs noch blosser Kontext; sie ist sinnliche Wahrnehmung und Wissen in Aktion. Die Ausstellung ist an und für sich eine Wahrnehmungsvorrichtung, eine Sehmaschine und ein Akt des Lernens. Von dieser Perspektive aus betrachtet ist es möglich und notwendig, die Geschichte der zeitgenössischen Kunst auf der Grundlage dieser Vorrichtungen zur Präsentation neu zu lesen. Der Kurs schaltet sich in rezente Bemühungen ein, ein Verständnis der Ausstellung selbst als Kulturobjekt zu fundieren und ihre Genealogie zu erforschen – das ist ein Unternehmen, das Kunstgeschichte und Kunstkritik genauso ins Boot holen muss, wie Architektur (denn Ausstellungen sind immerhin öffentliche Räume), Wahrnehmungspsychologie und selbstverständlich die Beiträge von Kuratoren und Künstlern. Es ist das Ziel unseres Masters, diese Problemstellungen zu reflektieren und zwar durch die Diskussionen der Arbeiten
Atelier im Institut Kunst. Foto: Christian Knörr.
Produktion, Ausstellung, Reflexion
Students of the Art Institute participating the I Never Read, Art Book Fair Basel 2015. Photo: Max Reitmeier.
ebenso, wie durch Seminare, die sich auch mit emblematischen Ausstellungen beschäftigen werden. Das Studium dieser beispielgebenden Ausstellungen beweist, dass die Ideologie des White Cube – der vorgeblich neutrale Ausstellungsraum, Sitz des ungetrübt Visuellen, so wie ihn Brian O’Doherty kritisch beschrieben hat – insgesamt betrachtet ein unabgeschlossenes Projekt ist, und dass man die Paradigmengeschichte der Modernen Kunst auch als Geschichte der Überschreitung des White Cube lesen kann; eine Transgression, die unser Verständnis der Machtverhältnisse, des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Kunst, der Erfindung der Geschlechter, die Wahrnehmung des öffentlichen Raumes, der Kunst selbst sowie der gesellschaftlich relevanten Kunstschauen ein für alle Mal verändert hat. Bewusstsein oder Wege, die Zukunft zu erfühlen Modernisierung wird für gewöhnlich als fortdauernde Erweiterung der Kommunikation verstanden, als Prozess progressiver Säkularisierung, die alle Stadien der Einsamkeit oder Selbst-Isolierung zerstreut. Modernisierung wird als Emergenz einer neuen Gesellschaft der vollständigen Inklusion betrachtet, die alle Formen der Exklusivität obsolet macht. Die Moderne und ihre Nachwirkungen begünstigen auf der einen Seite den Zwang nach totaler Kommunikation und totaler kollektiver Zeitgenossenschaft, während sie andererseits wiederum beständig neue Projekte in Gang setzt, die immer wieder damit enden, dass die radikale Vereinzelung zurückerobert wird. Es ist daher interessant zu sehen, dass die Kunst und die Künstlerinnen an diesen beiden Impulsen teilhaben. Während des Master-Studienganges werden wir zu unterschiedlichen Anlässen genau dieser Notwendigkeit, Sprachen und Funktionen zu erfinden, die sich einer solchen „Gesellschaft der vollständigen Inklusion“ entziehen, nachgehen, um Methoden zu erproben, wie man sein Bewusstsein erweitern kann. Es geht dabei um Formen der (Selbst-) Zurücknahme, die unter Umständen das Kunstschaffen positiv beeinflussen kann. Auch geht es um die wesentliche Bedeutung von Zurschaustellung, Ausstellung und Selbst, was zur Folge haben wird, dass sich hier die Stränge der Fragestellungen bezüglich Intelligenz verbinden. Jedes Kunstwerk ist in erster Linie und vor allem die Deklaration einer anderen, einer neuen Zukunft, die eintreten soll, sobald das Projekt ausgeführt ist. Doch um eine solche Zukunft zu induzieren, muss man sich selbst zuerst für eine gewisse Zeit zurückziehen. Abstand gewinnen, was bedeutet, dass das Projekt seinen Agenten in den Parallelzustand einer heterogenen Zeitdimension versetzt. Dieser andere Zeitrahmen ist wiederum
Mx. World. On the Million Genders of the Real / Es Welt. Eine Wirklichkeit mit tausend Geschlechtern. Ausstellung der Master Absolventen 2015, Institut Kunst der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW in der Kunsthalle Basel, November 2015. Foto: Nici Jost.
abgekoppelt von der Zeit, wie sie von der Gesellschaft erfahren wird: Wir haben es hier mit de-synchronisierter Zeit zu tun. Und genau diese gilt es zu erforschen. Das sind zwar nicht die einzigen Fragen, die ihr während des Master-Studienganges behandelt finden werdet, doch sie sollen Richtlinien sein, Brücken zwischen Diskurs, Diskussion und Praxis schlagen. Leitend bei all dem ist die Idee, die jeweils persönliche Arbeit – die Artikulation einer Sprache, die Neudefinition, was technische Fähigkeiten und formale Anliegen sind – mit der Herstellung einer Atmosphäre kurzzuschliessen, in welcher die Studierenden ein Gefühl dafür bekommen, dass sie selbst Teil eines Denkens sind, das Form annimmt. Kunst ist eine spekulative Praxis, die alle möglichen Arten von Materialien und Vorstellungen miteinander verknüpft. Entscheidender Aspekt im Verlauf des Master-Studiums ist daher, dass ihr das Gefühl entwickelt, aktive Teilnehmer zu sein, dass ihr für das gegenwärtige Kunstschaffen wichtig seid.
S T U D I E N AU F B AU M A ST ER OF A RT S I N F I N E A RTS
Die Module 1 bis 3 gelten durchgehend für die Studienzeit vom 1. bis zum 3. Semester. Das 4. Semester ist reserviert für die Master Thesis (Modul 4). Modul 1: Künstlerisches Studium und Reflexion Im Modul 1 «Künstlerisches Studium und Reflexion» planen die Studierenden selbstständig und in Absprache mit den Mentorinnen und Mentoren die Schwerpunkte ihrer künstlerischen Arbeit. Diese individuelle künstlerische Entwicklung wird ergänzt durch den Diskurs in den Plenumsveranstaltungen, in Projekten und Exkursionen. Modul 1 läuft durchgehend vom 1. bis 3. Semester und gibt 15 ETCS. Modul 2: Kunst im Kontext Das Modul «Kunst im Kontext» umfasst Angebote in Kunst und Medientheorie (Seminare, Vorlesungen, Lektüre-Kurse, Vorträge, wissenschaftliches Arbeiten). Die Veranstaltungen sind mit unserem Master-Partner MA CAP in Bern koordiniert und beinhalten auch Angebote der Universität Basel sowie weiterer Institutionen. Im Zentrum des Moduls steht der Kunstdiskurs, ergänzt durch Vertiefungsangebote in den Bereichen der Theorie, Forschung und der künstlerischen Praxis. Modul 1 läuft ebenfalls durchgehend vom 1. bis 3. Semester und gibt 9 ETCS. Modul 3: Theorie und Praxis, CH-Plattform Das Modul 3 «Theorie und Praxis» beinhaltet Angebote der Master of Fine Arts Plattform Schweiz in den Bereichen Theorie, Technologie und Kontext. Die Angebote werden schweizweit in einem Pool ausgeschrieben. Die Plattform fördert den Austausch unter den Studierenden aus den Master-of-Fine-ArtsProgrammen der Schweiz. Zudem findet einmal pro Semester für alle Studierenden ein Master-Symposium in der Schweiz statt. Das Modul gibt 6 ECTS und läuft vom 1. bis 3. Semester. Modul 4: Master Thesis Ausgehend von den bisherigen Studienerfahrungen konzentriert sich das vierte Semester auf die Konzeption und Erarbeitung einer eigenständigen Master Thesis mit öffentlicher Präsentation (30 ECTS).