Gespräche und andere Gedanken
Master Reflex 2014
Martina BĂśttiger Wasserstrasse 19 40 56 Basel martina@boettiger.ch
Gespräche führen; Gespräche mit sich selbst zu führen. Der innere Dialog ist eine Reflexion, die immer statt findet. Nur geht dieses Zwiegespräch mit sich selbst schnell verloren. Darum habe ich verschiedene Leute in mein Atelier ein Geladen, die Gespräche mit mir zu führen. Ich habe aber für mich herausgefunden, dass das sehr bereichernd ist, wenn man Dinge auspricht und seine Arbeit benennt, Dinge formuliert, Worte findet, aber auch wieder revidiert. Die Reflexion findet in dem Moment statt, indem man etwas laut ausspricht.
S3 - S6
Julia Minnig, Künstlerin
S7 - S11
Rosanna Monteleone, Künstlerin
S12 -S15
Markus Hilfiker, Galerist - Hilfiker Kunstprojekte
S16 - S18
Felix Böttiger - Zimmermann
S19 - S20 Die Sprache der Zeichnung
JULIA mit MARTINA Julia: Zuerst musst du mir erzählen, was das alles ist? Gehören diese Objekte zusammen? Martina: Nein, die gehören nicht zusammen. Mir geht es vor allem um die Zeichnung. Ich zeichne, auch wenn es aussieht wie Malerei. Julia: Auch diese installativen Objekte? Martina: Ja auch wenn es Skulptural ist. Für mich ist Skulptur gleich Zeichnung und Zeichnung wiederum Skulptur. Ich finde es ist beides. Weil eine Zeichnung ist ja nicht nur die Farbe auf dem Papier, sondern das Papier selber ist ja auch Teil des Ganzen. Und normalerweise, wenn jemand eine Zeichnung macht, dann zeichnet er auf das Papier und das Papier ist eigentlich bloss der Träger. Und dies ist bei mir nicht so. Das Papier ist bei mir auch die Zeichnung. Und zeichnen heisst bei mir alles. Auch der Stein gehört dazu.
Martina: Nein, ich überlege mir aber nichts im Vorfeld. Es ist mehr so, dass ich eine blaue Tube habe und dann diese verwende. Und fertig. Klar hat es einen ästhetischen Gesichtspunkt und vielleicht sieht es dann sogar aus wie Malerei. Aber es ist keine. Julia: Suchst du jetzt etwas in den Begriffen oder im Material? Martina: In Beidem. Zum Beispiel das Kupferrohr mit dem Ast. Das ist noch mal was ganz anderes. Das ist eine Skulptur. Aber es könnte ja auch eine Zeichnung sein. Theoretisch. Es spielt keine Rolle. Es geht um das Material. Es geht um diese Holz und das Kupferrohr. Alles zusammen hat eine Farbigkeit und es hat eine Körperlichkeit. Und das ist es, was mich interessiert. Zum Beispiel diese Pferdehaare: Wie fühlen sich diese Haare an? Hättest du nicht Lust diese anzufassen?
Julia: Und wenn jetzt andere sagen, dass ist eine Installation?
Julia: Sowas in dieser Art hast du doch schon mal gemacht? Die Skulpturen „Schwestern“. Auch mit Haaren. Ist denn das eine Weiterführung?
Martina: Also so wie es jetzt hier ist, ist es sicher eine Installation, aber ich sehe es nicht so. Das scheint nur so. Nehmen wir das Beispiel auch am Scherenschnitt. Sobald man die Zeichnung zerschneidet, ist es für mich eine Skluptur und keine Zeichnung mehr.
Martina: Die Skulpturen „Schwestern“ ist ja sehr erzählerisch, sehr figurativ. Die Werke in dieser Zeit waren mehr narrativ. Ich habe mich bewusst entschlossen mehr ins Formale, Minimale und Abstrakte gehen werde, und nicht mehr so Erzählerisch. Ich finde das eigentlich eine gute Entscheidung.
Julia: Spielt es denn eine grosse Rolle was es ist? Ob es eine Zeichnung oder Skulptur ist?
Julia: Warum?
Martina: Es ist eigentlich genau das was mich interessiert. Das es eben nicht nur eine Sache ist. Es geht mir ums Material. Nicht ob es schön ist. Ich gestalte es ja auch nicht schön. Ich denke nicht über die Farben nach, die ich nehme. Julia: Es sieht aber schon au,s als hättest du dir was dazu überlegt.
Martina: Weil ich das Minimale liebe. Expressiven Minimalismus. Julia: Was ist das? Martina: Nein, ich bin kein Minimal- Künstler. Ich bin zu wenig genau, zu emotional. Ich arbeite viel zu schnell, um diese Perfektion hinzukriegen. Darum Expressiver Minimalismus. Vielleicht Weiblicher Minimalismus. Ich denke, dass ich vielleicht noch was verändern muss. Der obere, wie der untere Teil sind sehr Abstrackt, aber mehr erzählerisch.
Diese Mischung aus der perfekten Form oben und dem unteren imperfekten Haar erzeugt eine Spannung. Julia: Nochmals zurück zum Thema Begrifflichkeit: Eigentlich ist es ja egal, ob es Zeichnung Malerei oder was auch immer ist? Martina: Aber in jeden Gespräch spricht man über die Begriffe. Mir ist es nicht wichtig. ... Das stimmt nicht ganz. Aber ich behaupte das jetzt einfach mal. Aber trotzdem spricht man immer über Begriffe. Wenn mich jemand fragt, was ich mache, dann sage ich nicht; ich male, auch wenn ich malen würde. Julia: Stimmt, du hast mir ja vorher auch gesagt, dass du zwei Zeichnungen verkauft hast. Du hast mir dann gesagt, es seien nicht Malereien. Ich frage mich einfach, warum es so wichtig ist? Die Definitionen: Das was man sieht und das was man sagt? Martina: Ich glaube, wenn jemand sagt ich male, dann wird man in eine Kategorie Maler und Malerei gesteckt. Julia: Von Vergleichen. Martina: Ja auch. Aber auch im Zusammenhang mit einem riesigen geschichtlichen Hintergrund. Von Sachen die man Bedenken muss und Einhalten muss und im Kontext der Kunstgeschichte und all das ist schon so beladen, dass ich da gar nicht reingequetscht werden will. Julia: Du machst es eigentlich klever; wen jemand die klaren Definitionen wissen will, machst du eine Ablenkung von den Begriffen. Du sagst, es ist eigentlich nicht Zeichnen, aber trotzdem Skulptur. Es ist aber nicht Skulptur, es ist eine Installation. Aber eigentlich ist es eine Zeichnung. Martina: Vielleicht. Aber vielleicht weiss ich selber einfach nicht, was es ist. Julia: Genau, aber du willst es eigentlich herausfinden. Das ist das schöne.
Martina: Ich will diese Freiheit haben. Alles zu machen. Mich nicht an Regeln halten zu müssen. Und dann hast du so viele Referenzen und diese werden zum Vergleich auch immer Beigezogen. Und ich will das nicht. Julia: Das ist doch aber bei allem so. Martina: Aber ich möchte das nicht und es gibt Bereiche in denen das mehr passiert. Oder intensiver. Es gibt bereiche, in denen du mehr Freiheiten hast. Zum Beispiel in der Fotographie, ist ja schon viel gemacht, aber du hast doch sehr viel Freiheit, weil das Medium noch nicht so alt ist. Julia: Du sagst also, dass sich die Kunst über die Geschichte der Malerei definiert, weil es bis zu der Höhlenmalerei zurückgeht? Martina: Ich würde nicht mal so weit zurück gehen. Aber ja. Die Geschichte der Kunst und gerade die der Malerei, ist eine sehr wichtige in der Kunst. Ich möchte die Geschichte nicht vorne weglasen, weil sie mich ja auch beeinflusst. Und trotzdem möchte ich nicht daran festgenagelt werden. Für mich ist es wichtig die Freiheit zu haben, ich überlege nicht; kann ich denn mit Öl und Papier malen. Das ganze interessiert mich nicht, ob man es kann oder nicht. Wenn ich es mache, dann mach ich es und wenn ich will, dann will ich es. Julia: Aber warum willst du es dann nicht genau so erklären? Wenn du die Freiheit wirklich suchst, dann können dir ja die Begriffe gleich sein. Martina: Ja, aber es wird immer darüber geredet werden. Es wird diskutiert und gewisse Fragen kommen einfach auf, ob man will oder nicht und dann muss du es definiert haben für dich. Julia: Zur Klarheit? Martina: Das man sich als Künstler hinstellen kannst und sagen: so ist es. Julia: Für dich selber vor allem.
Martina: Für dich selber ist es eigentlich klar, auch wenn du es nicht formuliert hast. Julia: Du musst es ausdeutschen, damit man lernt zu verstehen, was man macht. Auch wenn man sehr intuitiv und emotional arbeitet, versteht man ja im ersten Moment manchmal nicht, warum man das jetzt gemacht hat. Man merkt dann es ist gut und muss herausfinden, warum es nun gut ist. Oder aus welchen Beweggründen man das gemacht hat. Das ist so diese Selbstverständlichkeit. Oder? Martina: Genau, darum sind ja dann solche Begriffe wichtig. Auch wenn andere vielleicht mit deinen Begriffen nicht einverstanden sind, dass diese doch für dich klar definiert sind und du eine Sicherheit darin hast. Um das geht es. Auch wenn andere nicht einverstanden sind; wenn sie merken, dass du überzeugt bist, dann ist es auch für sie so. Du stärkst mit diesen Begriffen deine eigene Position. Darum spricht man immer über die Begriffe. Auch wenn es eigentlich nicht so wichtig ist. Julia: Eigentlich ist es wie die Werkzeugkiste. Martina: Ja. So könnte man es nennen. Julia: Und gerade wenn man so frei arbeitet, ist es nicht so einfach zu erklären, was man gemacht hat. Martina: Und darum ist es wichtig, es für sich selber definiert zu haben. Sonst kommt jemand und nennt es Malerei und definiert um was es geht. Darum ist es wichtig, vorher eine klare Position bezogen zu haben zu seiner Kunst. Darum finde ich gerade Gespräche über die Kunst wichtig, damit man herausfindet, was man eigentlich meint. Ein Resultat aus dieser Suche nach der Freiheit ist zum Beispiel, dass ich dachte, das Bilder auch am Boden liegen können. Sie müssen ja nicht an der Wand sein. Julia:(über das Bild am Boden) Das erinnert mich an eine Landschaft. An eine Landkarte.
Martina: Dann würde der Stein ja auch passen. Julia: Ja, es gibt doch diese Modelle. Hast du diese schon mal gesehen? Im Naturhistorischen Museum von den Bergen. Die waren doch als Kind so faszinierend. Martina: Aber dies hier ist ja eigentlich auch eine Zeichnung. Wer weiss, vielleicht ist es so etwas in dieser Art. Julia: Eigentlich geht es von einem Mikrokosmos in einem Makrokosmos. Martina: Und jetzt sind wir wieder bei Begrifflichkeiten. Julia: Du könntest ja alles zusammen, als eine Zeichnung definieren. Es Zeichnung nennen. Martina: Alles zusammen? Ja vielleicht. Es ist ja alles eine Frage der Definition. Und dann sind wir wieder am Anfang und dann ist meine Behauptung also wahr. Julia: Dann wirst du mit dem Leute den Dialog finden müssen und dich erklären. Martina: Oh nein. Das will ich nicht.
ROSANNA mit MARTINA Rosanna: Deine Gesten oder deine Farbauswahl, habe ich ja immer gesagt, seien für mich sehr speziell. Und trotzdem erkennt man dich darin. Es ist wie eine Ordnung des Papieres. Oder vielleicht ist das auch meine Interpretation. Aber ich sehe eine Struktur darin, die immer und immer wieder kommt. Martina: Ich glaube ich würde sagen, dass ich Formen finde und arbeite dann diese durch. Vielleicht ist durcharbeiten der falsche Ausdruck. Vielleicht mag ich diese Formen und dann kommen sie auch immer wieder vor. Rosanna: Das ist etwas, was man sieht. Plus auch das Ausbrechen der Formen mit dieser Geste, die man zusätzlich macht, wenn man reinkommst. Oder das schneiden ist eigentlich ja dann auch eine Form. Martina: Es ist sozusagen wie ein Repertoire. Man findet Sachen und dann versucht man diese auf alle Möglichen Arten zu brauchen. Und plötzlich findet man wieder etwas neues und dann entsthet ein Kreislauf. Rosanna: Figürliches Zeichnen interessiert dich nicht? Doch am Anfang hast du so was in der Art gemacht? Aber jetzt bist du davon weggekommen. Gerade mit diesen Formen. Was hat es mit den Haaren auf sich? Du benutzt ja oft Haare. Martina: Das Material ist komplett etwas anderes. Es fasziniert mich weil es so lebendig ist. Es hat auch was persönliches, etwas verletzbares, gerade bei dieser Skulptur mit dem Stahl, der so kalt, so unpesönlich ist, ein bisschen an ein Desingerobiekt erinnert. Rosanna: Es ist weich und stellt einen Gegensatz dar. Licht wäre auch noch etwas, dass dazu kommt. Dein Interesse liegt also an Materialien, an Form, Farbe und an der Atmosphäre des Raums.
Martina: Es ist schwierig für mich es mir vorzustellen, da ich die Skulptur noch nie alleine gesehen habe. Im Atelier hat es dafür zu wenig Platz. Vielleicht stehen die Objekte im Raum zu Nahe beisamen. Aber man hat ja eben nur beschränkten Platz. Manchmal skizziere ich und probiere aus, wegen dem Platz nehme ich mir immer vor kleine Arbeiten zu machen. Aber hier sehe ich keine Skizzen, das sind für mich auch Arbeiten, die gerahmt würden. Meine Zeichnungen werden meistens geramt das gehört dazu. Ein Grund dafür ist meistens das Papier. Diese hier könnte man aber aufgrund der Papierwahl theoretisch auch ungerahmt aufhängen. Ich kann das jetzt noch nicht sagen, ich muss es mir erst noch überlegen. Mit den Rahmen erhalten die Bilder jedoch eine Distanz, die wiederum Raum erzeugt. So werden die Zeichnungen zum Objekt und sind nicht nur Papier. Rosanna: Rahmen schützen das empfindliche Papier aber auch. Martina: Dieses Papier hier ist aber sehr stabil. Das hinter dir aber, dies Collage, ist sehr dünnes Papier und das fühlt man ja auch. Ich tendiere doch dazu, alle Bilder einzurahmen. Rosanna: Wie bewahrst du denn deine Arbeiten eigentlich auf? Bei dir drängt sich ja die Frage, auf wegen der Fragilität deiner Materialen. Martina: Es bleibt mir nichts anderes übrig, als berühmt zu werden. Dann gibt es Restauratoren und die kümmern sich dann um alles.
Rosanna: Welche Arbeiten dokumentierst du?
Martina: Ich versuche alles zu dokumentieren, aber da ich relativ schnell arbeite und viel produziere, vergesse ich manchmal zu Dokumentieren. Und dann ist es halt weg. Und wenn es weg ist, ist es weg. Doch damit kann ich gut leben. Dieses Objekt gefällt mir jetzt so irgendwie nicht mehr. Vielleicht muss ich es umkehren. So umgedreht, wirken die Objekte und der Raum ganz anders. Doch ich denke, dass der vordere Teil und das Rot, das braun und blau zu viel ist. Wenn es nur gelb wäre und unten etwas blau und dann noch das auf der Seite, dann wäre es gut.
zwar dann eine ganz andere Vorstellung von meinen Arbeiten. Aber das ist auch ganz ok. Man lernt auch zu akzeptieren, was die anderen sich für ein Bild machen. Rosanna: Du hast ja aber auch viel Bestätigung für deine Arbeiten gekriegt und ihnen wurde viel Verständnis gegenüber gebracht.
Rosanna: Ich fühle das Gleiche. Vielleicht, weil das Papier selbst schon so viel erzählt, dass diese Beugung im Papier zu viel ist. Es ist interessant, dass das Objekt auf der einen Seite eine solche Farbigkeit hat und auf der anderen Seite das Papier zwar schön zum berühren ist, die Farbe aber ja nicht sehr schön ist. Ich finde es Interessant, wie das Papier einem überraschen kann und zu etwas Wertvollen werden kann.
Martina: Das wechselt ständig. Ich beschäftige mich mit vielen Künstlerinnen, meisten aber für eine eher kurze Zeit. Ich studiere sie und bin ein Fan, aber das vergeht meistens nach einer Zeit wieder. Es sind wie Wegbegleiter, die mir in diesem Zeitraum eine neue Welt zeigen.
Martina: Das erinnert mich an die Arbeiten von Katharina Gosse. Der Umgang mit Farbe und die Dreidimensionalität der Malerei erinnert mich wohl an sie. Rosanna: Du würdest dich aber nicht als Malerin bezeichnen? Martina: Nein! Rosanna: Aber Zeichnerin auch nicht. Wo positionierst du dich? Martina: Ist das wichtig? Das kann man doch heutzutage gar nicht mehr sagen. Rosanna: Aber du wirst wohl doch immer danach gefragt werden. Martina: Ja, bestimmt.
Martina: Genau. Rosanna: Welche Künstler interessieren dich?
Rosanna: Wollen wir über deine letzten Arbeiten reden? Beispielsweise die mit den Stecknadeln. Ich finde den Bezug interessant zu dieser Skulptur hier. Martina: Es ist aber ganz etwas anderes. Rosanna: Total. Aber im gleichen Moment hat es aber auch etwas von diesem „Herauskommen“. Immer dieses Herauskommen aus der Wand - als wäre die Wand nicht der richtige Ort für das Bild. Es beinhaltet immer so eine Art Kampf. Martina: Es geht ja auch nicht um die Wand. Die Wand ist einfach ein Träger. Rosanna: Das Papier ist das Objekt und somit eine Skulptur für Dich, oder? Obwohl eine Skulptur kann aber auch rundherum sein. Wie siehst Du es bei diesem Objekt?
Rosanna: Bildhauerin bist du zum Teil ja auch.
Martina: Bei diesem Neuen, das gefaltet ist, läuft man ebenfalls herum.
Martina: Ja. Wenn ich nach meiner Kunst gefragt werden, antworte ich, dass ich Skulpturen mache und zeichne. Die meisten haben
Rosanna: Aber man kann nur es nur von einer Seite betrachten. Ist es dann immer noch noch eine Skulptur für Dich?
Martina: Ja, definitiv. Oder es ist eine Mischung. Aber Du siehst es erst, wenn Du rundherum gelaufen bist. Sonst würdest Du es nicht sehen.
Martina: Ich glaube, es ist keine Erzählung. Oder noch nicht. Vielleicht wenn ich ihnen einen Titel geben würde. Zum Beispiel den Titel „Delphin bei Sonnenuntergang“.
Rosanna: Stimmt, es wirft ja Schatten. Ein Farbenspiel, welches Du mit einbeziehst. Wieviel ist denn Zufall und wieviel nicht?
Rosanna: Aber Du arbeitest nicht so, dass Du mit einer Idee beginnst...
Martina: Das ist eine gemeine Frage. Es ist natürlich nichts Zufall.
Martina: ...nein, aber manchmal habe ich zu Beginn einen Titel.
Rosanna: Natürlich, aber es passieren ja so viele Sachen. Wie bist Du auf diese Stecknadeln gekommen? Wolltest Du etwas Stoffiges machen?
Rosanna: Dann hast Du einen Titel und beginnst mit dem Werk? Aber das Werk muss nicht dem Titel entsprechen. Du fühlst Dich einfach inspiriert.
Martina: Nein, nicht unbedingt. Aber Du hast recht; es wirkt sehr stoffig. Vor allemwegen der Ölfarbe. Aber es hat mehr mit der Wahl des Papieres zu tun, dass das Material so weich ist, dass es eigentlich nicht von allein hält. Theoretisch. Die Stecknadeln. Vielleicht ist es ja auch ein Art von Collage. Aber nein, das ist es nicht. Aber es so etwas wie ein Schnittmuster. Wie ein Kleidungsstück.
Martina: Ja, ich hatte für ein Werk für einen Titel, das nicht passte. Da musste ich es wegwerfen und ein Neues machen, das auf den Titel passt.
Rosanna: Siehst Du ein Kleidungs- oder ein Stoffstück darin? Es könnte beides sein.. Martina:...ein Kleidungsstück ist es nicht. Aber etwas Körperliches. Rosanna: Es bekommt einen Körper. Martina: Vielleicht ist es Trapieren. Rosanna: Stimmt, Du hättest ja auch Tackern können. Martina: Nein, Tackern hat für mich etwas Flaches. Und ich möchte ja das Gegenteil. Etwas nur festzustecken ist spannend. Die nächste Frage, die sich mir stellt, ist dass ich etwas herausschneiden und wieder anstecken könnte. Rosanna: Auf diesen Flächen und Falten sind dieser Farben und Formen. Diese Körper und Papierkörper sind das Geschichten? Sind das Erzählungen, haben sie Bedeutungen, sind das Gesten?
Rosanna: Du hast eine sehr lockere Art mit den Materialien umzugehen. Das wollen wir mal so festhalten. Wie ich das sehe, dürfen Deine Werke auch kaputt gehen. Ich hätte Angst davor, dass meine Werke, dann nicht mehr gleich rüberkämen. Aber anscheinend ist es ein Teil Deiner Werke. Dass die Farben zugleich kräftig und gebrechlich sind. Martina: Ich muss Dir ehrlich sage, dass ich noch nicht weiss, wie ich damit umgehen soll. Rosanna: Bei dem Papier ist es eben wirklich schwierig, da du es nicht als Zeichnung definierst. Dann gibt es verschiedene Varianten. Vielleicht ist was im Atelier passiert und in der Ausstellung, zwei verschiedene Dinge. Wenn du an eine Ausstellung denkst, denkst du an das, was du zeigen willst, oder an das was du im Atelier gemacht hast? Oder passt Du Deine Arbeit an den Raum an? Martina: Ich glaube, es ist eine Kombination von beiden. Ich denke, wenn ich etwas fertiggestellt habe, dann möchte ich es auch genauso ausstellen. Aber dann ist es immer eine Auswahl, die ich an einer Ausstellung anpasse. Damit die verschiedenen Werke zusammenpassen.
Rosanna: Gerade durch Deine Titel haben Deine Werke etwas extrem Erzählerisches. Deine Titel sind sehr definierend, humorvoll und erzeugen eine träumerische Welt. Martina: Ich würde es nicht als Welt bezeichnen. Es ist mehr spontan. Mehr Gedanken und Momentgeschichten. Ich glaube nicht, dass es eine ganze Welt ist, da es ja verschiedene Geschichten durchlebt. Und ich lebe ja nicht nur in dieser Welt. Und dann gibt es ja noch andere Welten; beispielsweise wenn ich im Restaurant arbeite. So gibt es verschiedene Welten, in denen sich eine Person bewegt. Aber ich bin davon überzeugt, dass sich diese Welten verbinden und die Ideen in einer Welt entstehen und in der anderen umgesetzt werden können. Kunst und Leben kann man nicht trennen. Oft durch das Lesen von Büchern bekomme ich Inspirationen oder in einer thailändischen Suppenküche. Rosanna: Bei den Zeichnungen ist der Weg klar. Aber wie ist es denn bei den Skulpturen? Hat es da auch einen Prozess? Martina: Es ist genau gleich, nur komplizierter. Ich denke im Vorfeld alle Materialien durch und kombiniere diese. Das kann schon einmal ein bis zwei Monate gehen. Und dann setze ich erst um. Bei Bildern ist der Prozess vielleicht sichtbarer als bei einer Skulptur. Ich kann bei der Skulptur nicht so spontan reagieren. Deshalb muss ich im Vorfeld den Prozess im Kopf durchgehen und nicht auf dem Papier. Ich brauche diese Gegensätze von Skulptur und Bildarbeit. Die Bilder, an denen ich tagtäglich mit den Händen arbeiten kann, und bei den Skulpturen, bei denen ich Hilfe brauche. Rosanna: Bist du manchmal auch überrascht, wenn du die resultate siehst? Bei den Bildern wird man ja immer überrascht. Wie ist es denn bei den Objekten und Skulpturen? Martina: Ich werde schon auch überrascht, aber mehr muss ich mich mit ihnen zuerst anfreunden. Zuerst kennenlernen. Und das habe ich bei den Zeichnungen nicht. Bei den Skulpturen muss ich erst an ihnen arbeiten, bevor ich sie kennenlerne. Die Präsenz auf
mich wirken lassen. Mann kann sich beispielsweise die Grösse einer Skulptur vorstellen, aber wenn man sie dann sieht, ist sie anders. Immer. Rosanna: Was ist Deine Bezug zu den Grössen der Objekte? Du machst ja selten kleine Skulpturen und Bilder. Martina: Ich würde lieber kleinere Skulpturen und Bilder machen. Aber es geht eben nur manchmal. Aber oft haben die Grössen auch etwas mit der Aussage zu tun, wie das Bild auf den Betrachter wirkt.
MARKUS mit MARTINA
Lämpchen, welches das ganze Beleuchtet; das gefällt mir.
Martina (vor einer Vitrine): Ich finde das schön.
Markus: Ist „gefallen“ ein Hauptkriterium? Oder kann es ein Hauptkriterium sein? Oder soll es ein Hauptkriterium sein? Ich gehe ein bisschen zurück, ich kenne deine Arbeiten ja schon länger, auch vom Entstehungsprozess her. Am Anfang war da nur die Rede von Tonskulpturen, dann kamst du mit den Vogelhäuschen, wusstest aber noch nicht, wie diese Präsentieren. Du hast sie am Anfang als Einzelobjekte angeschaut und schaust diese immer noch als Einzelobjekte an und hast diese ja glaub ich, auch als solche so gemacht. Und dann kam erst die Idee, wie man diese an der Ausstellung präsentieren könnte. Die ersten Ideen waren, auf einen Tisch stellen mit Zimmerpflanzen, das spiessige Bürgerliche aufzeigen. Aber alles in allem war der Gedanke, ob man alles dann noch als Skulptur wahrnehmen würde. Und dann kam die Idee der Vitrine als Präsentationsform. Jetzt will ich Fragen: Ist das jetzt nur die Präsentationsform? Ist das das Essentielle der Idee oder ist es eine Art Nebenschauplatz die für sich selber als einzelne Skulpturen, als einzelnes Objekt für sich selber wirken sollte? Denn es war am Anfang nicht als gesamt Ensemble angedacht. Und das ist das Irritierende für mich. Denn die als einzelne angedachten Objekte gehen verloren, verlieren an Wert, Aufmerksamkeit und an Eigenleben. Und ich finde das Schade, und für mich ist es nicht stimmig, da Die Präsentationsart nicht im Grundprozess entspringt.
Markus: Das ist der beste Anfang. Martina: Ich finde es sehr spannend, da alle Objekte in einem Schrank sind und den Betrachter zwingen, davor zu stehen. Klar ist es eine Anlehnung an die Wohnzimmerwand, in welcher man Dinge aufbewahrt. Die meisten Dinge, sind überflüssig, wie Keramikteller aus der Toscana, die man nie benutzt. Eigentlich ist es ja genau das. Vogelhäuser die man nie benutzt. Verschiedene Dinge, alle komplett aus dem Zusammenhang gerissen. Die Steinkrüge aus dem Tessin und so weiter. Markus: Genau, auch Zeitlich. Porzellan, welches man sammelt aus dem 18. Jahrhundert. Weil es geschützt sein muss vor Rissen etc., aber auch gerade die Teller oft auch an die Wand. Es ist natürlich auch ein Dekorationsobjekt, dass für sich selber, auch ohne irgendwelches Hindernis, ich sage Hindernis im Sinne von Vitrine von Hinterm Glas, geschützt, wo man nicht den direkten Zugang hat. Es ist immer irgendwo eingeschlossen. Das macht es für mich in einem gewissen Sinne auch ein bisschen kostbarer. Denn was hinter Glas ist oder in einer Vitrina hat auch einen gewissen Wert. Ob das nun ein Materieller oder auch nur eine emotionaler Wert hat. Aber man will ja offensichtlich die Objekte vor gewissen Schäden schützen. Ist es das was du willst? Oder ist es das Zusammenspiel, der Kontrast zwischen den Objekten? Der Vitrine und den Objekten, sprich die Objekte als Teil? Und gerade der Gegensatz zu diesen Vogelhäusern einen extremen Gegensatz und einen extremen Kontrast bietet? Ist es das, dieser visuelle Kontrast, welchen du willst? Oder ist es der materielle Kontrast? Martina: Der erste Impuls ist, glaub ich, schon der rein Visuelle. Das Material des Glases und der Vitrine und dann komm sicher noch eine Inhaltliche ebene dazu. Aber mir gefällt vor allem, dass Ganze als eine Skulptur zu sehen. Als eine Form. Und diese Form finde ich schön. Und diesen Spiegel der dahinter steht mit dem goldenen
Martina: Für mich gibt es zwei Dinge dazu zu sagen: Zum ersten, für mich muss es nicht so präsentiert werden und zum zweiten ist es für mich wie es nun hier dasteht, eine neue Arbeit. Markus: Du bist also in diesem Prozess von den einzelnen Objekten weggekommen und jetzt so eigentlich zu einer Gesamtinstallation gekommen bist. Sozusagen nun in diesem Behälter, welches als „object trouve“ jetzt hier auftaucht. Und du findest also, dass dies nun der ideale Träger ist? Sprich deine Arbeit eigentlich auch nur noch in dieser Vitrine präsentiert wird und somit unverrückbar zusammen hängt? Martina: Ich kann mir auch vorstellen, diese einfach auf einen Tisch zu stellen. Natürlich muss dann über die Art des Tisches
sprechen. Ohne Pflanzen jedoch. Vielleicht mit einem Teppich auf dem Boden. Das wäre jedoch dann eine andere Variante dieser Arbeit. Markus: Das wäre dann eine Variante, welche mehr auf das Einzelne Objekt Rücksicht nehmen würde. Dann wäre für mich noch eine dritte Variante, die jetzt nichts mit deinem Prozess zu tun hat, welche ich aber stimmiger finden würde. Das ist diese von diesem Tablar, ganz einfach und schlicht an der Wand, welches sich nur als Träger zeigt, auf welchem die Vogelhäuser stehen. Auch im Sinne der Objekte ist die Wand denke ich gut. Auf dem verschwindenden Tablar würden die Objekte auch eine andere Präsenz entwickeln. Martina: Ja darüber haben wir gesprochen. Aber auch, dass wir die Vogelhäuser nicht an der Wand wollen. Markus: Damals dachte ich auch noch an Vogelhäuser die man aufhängen kann und vielleicht nicht an deine sehr frei interpretierten Vogelhäuser, wie sie hier stehen. Mich würde interessieren warum du diese Objekte so präsentieren möchtest? Martina: Für mich ist das „bünzlige“ sehr spannend. Das spiessige. Wir haben ja über Wohnzimmer gesprochen, über eine Wohnzimmersituation. Einmal kam auch das Thema Buffet auf, aber dann haben wir doch reflektiert und beschlossen diese Idee zu verwerfen, da dies zu bieder wäre. Und für mich ist dieser Schrank eigentlich dieses Zwischending, welches ich grausam grässlich und gleichzeitig grausam schön finde. Mich hat das fasziniert; die Vogelhäusern, welche man ja anfassen will, weil sie diese Glasur haben... Markus: Ja, die Vogelhäuser haben etwas sehr haptisches. Martina:... Und dann sind sie hinter Glas und beleuchtet. Und man überlegt dann; finde ich diese jetzt noch schön? Oder finde ich es nur noch grässlich? Dieses Spiel. Und Das ist für mich, wenn es so präsentiert wird, spannend. Ganz weg vom Gebrauchsgegenstand, ganz weit weg von der Natur. Die Vorstellung, dass es
Vogelhäuser sind wird dan noch schwieriger. Markus: Es wird zu einem sehr abstrakten Objekt. Du sagst also jetzt eigentlich, relativ am Ende dieses Entstehungsprozess, dass die Objekte, diese abstrakten, nicht brauchbaren Skulpturobjekte als Sammlung präsentiert werden und dies in einer Vitrine. Und ganz am Anfang haben wir ja festgelegt, dass gerade Dinge die in einer Vitrine stehen eine gewisse Wertigkeit haben, sei es Wertvoll im Sinne von Teuer oder einen emotionellen Wert. Wenn ich jetzt zu den Papierarbeiten wechsle, erstaunt es mich doch. Gerade die Papierarbeiten, welche so fragil und verletzlich und extrem schwierig sind und du dann aber so ohne Schutz präsentierst. Und die Vogelhäuser, die ein bisschen robuster sind, dann hinter Glas stehen. Aber weiter ,würden dann diese 11 Vogelhäuser mit der Vitrine eine Skulptur ergeben, sich als eine Skulptur präsentieren? Aber ist es denn nicht so, dass du irgendwelche Objekte reinstellen könntest? Die Inseln, welche du gemacht hast oder egal was? Martina: Nein. Da stimme ich nicht zu. Ich finde es ist nicht egal was drin ist. Gerade die Form der Vitrine und die Farben der Objekte sind hier im Gegensatz. Die Formen und Farben müssen stimmen. Ich finde das zum Beispiel Knetskulpturen würden nicht funktionieren. Das Material würde nicht stimmen. Auch die Insel würde nicht passen. Die Vogelhäusern stehen als Skulpturen für sich. Die Insel erzählt schon viel zu viel. Gerade weil diese Vogelhäuschen so unsinnig sind in ihren Formen, passen sie. Markus: Ganz im weiten erinnern sie uns vielleicht doch an Gegenstände aus dem Haushalt. Ganz weit weg vielleicht an Vasen, Schalen, Krüge oder Behälter. So haben diese Objekte hier im Gegensatz zu der Insel, doch vielleicht eher mit dem Bereich Wohnen zu tun. Das Berechtigt natürlich wieder dazu zu sagen, dass diese gewollt in dieser Vitrine was zu suchen haben, wie das Sonntagsgeschirr. Diese Assoziation zu diesen Gebrauchsobjekten, zu diesen Kunstobjekten stimmt dan dementsprechend schon. Da muss ich dir recht geben. Das ergibt eine gewisse Logik. Und sie können ja auch im Einzelnen funktionieren. Und müssen, und sie tun es ja auch.
Und in der Vitrine funktionieren die Objekte dann entsprechend als Ganzes. Gerade weil der Kontrast zwischen diesen zwei Welten riesengross ist. Was mich fasziniert und ich eine starke Qualität finde, ist der Spiegel hinten in der Vitrine. So sieht man die Skulpturen von beiden Seiten. Man muss nicht um die Vitrine gehen, sondern sieht alles von einem Standpunkt aus und kann diese räumlich erfassen. Weiter würde mich aber interessieren: Ist das die einzige Arbeit in diesem Stil? Oder wirst du noch weitere ähnliche solche Arbeiten machen, sprich eine Reihe, eine Linie, ein vielleicht Markenzeichen für dich kreieren? Hat das Zukunft? Martina: Ja ich glaube schon, denn ich interessiere mich ja sehr für alles was mit Interieur zu tun hat. Und vieles was ich mache hat mit Interieur zu tun. Aber auch wenn es - daran glaube ich aber nicht - das einzige bleibt, glaube ich dass es in das Ganze reinpasst. Es passt ins Thema, ins die gedankliche Ganze. Markus: Möchtest du denn eine Linie von Objekten in dem Sinne dieser Skulptur machen? Wenn ich jetzt Kunstgeschichtlich zurückgehe, zum Bespiel bei Beuys, der viele solche Vitrinen benutzt hat und seine Objekte so ausgestellt hat. Bei ihm wurde das ein Markenzeichen. Die Objekte wurden stirilisiert und haben eine Wertigkeit bekommen, weil er sie so ausgestellt hat. Den Objekten sozusagen eine Bühne gegeben. Wenn ich weitergehe vielleicht mit Berlinde De Bruyckere, die ihre Wachsskulpturen in Glasschränke gepackt hat. Der Schrank spielt dann auch bei Damien Hirst eine zentrale Rolle, der ganz banale Gegenstände aus der Medizin in seine Apothekenschränke gestellt hat. Auch diese hatten ja einen gewissen Wert. Medizinisch gesehen. Aber auch sicher einen ästhetischen Wert durch die Aufreihung der Packungen. Ich will eigentlich damit jetzt aufzeigen, wie so eine „Verspackung“ ein Teil der Arbeit sein kann oder ist. Martina: Bei mir geht es aber nicht um die Vitrine. Sondern, auch wenn ich mehrere Sachen machen würde in dieser Reihe, dann kann es bei der nächsten Arbeit ein Tisch oder ein Regalbrett sein.
Für mich muss es nicht explizit eine Vitrine sein. Ich kreiere wieder eine Atmosphäre. Aber nicht unbedingt durch eine Vitrine. Markus: Ja das stimmt. Das Präsentationsobjekt muss nicht als Wiedererkennseffekt dienen. Aber als Weiterführung die Objekte auf einen Tisch oder ein Regal zu präsentieren, die wieder einen Zusammenhang haben mit dem Grundthema Wohnen, Raum. Dann ist es für mich sehr stimmig.
FELIX BÖTTIGER mit MARTINA Felix: Warum hast du hier in den Zeichnungen Teile herausgeschnitten? Martina: Weil ich wollte, dass es mehr dreidimensional wirkt. Felix: Und die Kupferrohre? Was ist dir daran wichtig? Martina: Die Kupferrohre werden unten alle verschieden. Wichtig ist mir aber nicht unbedingt, der Unterschied Kupferrohr industriell angefertigt und das Holz, der Ast als Gegensatz die Natur. Sondern ich glaube viel mehr es sind die Linien, die Farben der beiden Materialien. Felix: Diese Arbeiten mit der Farbe und den Ausschnitten, erinnern mich sehr an deine ersten Arbeiten. Vielleicht vor allem wegen des Papiers. Warum hast du eine Raute herausgeschnitten. Martina: Es ist die einfachste Form des Scherenschnitts. Zwei Schnitte. Einmal falten. Felix: Ich finde die klaren Linien der Rauten sehr gut. Besser als hier die Herzen. Martina: Ja, aber irgendwie sind die Herzen verspielt. Gerade im Gegensatz zu der sehr sich ernst nehmenden Kunst. Dies wird eine bisschen unterbrochen. Das Kindliche mag ich. Ein Muster, vielleicht ein bisschen naive. Vielleicht finde ich das charmant. Die anderen sind ja nicht so. Die sind ja sozusagen erwachsen. Felix: Bei dieser Arbeit wirkt es ja vielleicht ja noch anders. Die mit den Herzen ist ja eher ein Bild für das sonnige Gemüt und diese hier eher dunkel, wirkt schwerer. Vielleicht wirkt dann der Kontrast auch anders. Martina: Dieses habe ich mit dem Gedanken gemalt, dann einen Scherenschnitt zu schneiden. Aus der Mitte heraus, damit ich dort
falten kann. Bei den ersten war dies noch nicht so. Das entstand im Prozess. Diese hier sind dann sehr schwer geworden mit all der Farbe. Sind eigentlich starr und statisch und eher skulptural. Die Herzen wirst du auch noch gern bekommen. Felix: Das ist durchaus möglich. Wäre nicht das erste Mal, dass ich zuerst etwas sehr skeptisch betrachte und dann meine Meinung ändere. Am Anfang habe ich deine Arbeit nicht beurteilt, weil du du bist. Ich sehe deine Kunst durch deine Erklärungen, deine Erläuterungen heute auch in einem anderen Blickwinkel. Gerade durch deine Erklärungen sehe ich deine Kunst nun in einem anderen Licht. Am Anfang war vieles ein grosses Fragezeichen. Martina: Bei den Zeichnungen? Felix: Auch. Aber ein klassisches Beispiel ist der Tisch. Diese Monstrum aus Gibs, sprich, es stellt ja das dar, was man vom Tisch nicht wahrnimmt, den Raum unter dem Tisch darstellt, aus einer fixen Form aus Gips. Da brauchte ich schon ein oder zweimal bis ich das Objekt begriffen habe. Und ich denke erst an der Austellung in Freiburg hatte ich diesen Aha- Effekt. Das finde ich schon ganz spannend. Und seitdem, hänge ich ja schon sehr an diese Tisch. Und so ging es mir mit den Zeichnungen auch. Martina: Wo war denn das Aha- Erlebnis bei den Zeichnungen? Felix: Ich glaube, dieses fand auf der Kunst Zürich statt. Martina: Erst da? Felix: Ich gebe zu, ich brauche manchmal ein bisschen länger. Und da bin ich angekommen. Es gab sicher einen anderen Zeitpunkt. Ich glaube, ich brauche Nachhilfe, sprich dass es nicht im Atelier hängt sondern irgendwo, wo man es ernst nehmen kann. Und heute kann ich es anderes sehen. Weil ich jetzt schon die Situation
erlebt habe, an den Orten, an denen man in Anführungszeichen ernst nehmen muss. Wenn ich jetzt eine Zeichnung im Atelier sehe, die ja auch nur eine Ablenkung ist, durch das Gedöns und das Geraffel der Nachbarn im Atelier, dann ist es ja auch schwierig, visuell sich auf einen Punkt zu fixieren und alles andere auszublenden. Wenn man das nicht gewohnt ist, sich auf einen Punkt zu fokussieren und alles andere wegdenkt, was vielleicht am der Handwerklichen Tätigkeit liegt, da ich ja eigentlich immer versuche, so viel wie möglich aufzunehmen, ist er schwierig. Martina: Das heisst, ich hab gezeichnet und gezeichnet und du hast die Rahmen gebastelt, und dir hat es nicht gefallen? Felix: Nein, das meine ich nicht damit. Ich sage nicht, dass es mir nicht gefallen hat. Es war ein Moment. Eine Zeitlang schwebte ein grosses Fragezeichen im Raum. Aber ich kann mich erinnern, dass ich mir keine Meinung dazu gebildet habe dahingehend ob es mir gefällt oder nicht, sondern erstmal, in abwartender Haltung war, ob es mal ankommt oder nicht ankommt. Was mir auch bewusst ist, in dem Zeitraum meiner Arbeit, habe ich schon das eine oder andere gedacht. Und musste meine Aussage oder Meinung auch mal revidieren. Auch bei anderen Künstlern und ihrer Kunst. Wenn beim Mittagessen mit einem Freund eine Erklärung kommt, dann folgt oft das erste Aha. Und dann am Nachmittag, wenn ich die Kunst hänge, dann sah das Ganze nochmals ganz anders aus.
es vielleicht zu einfach ist. Das will ich eigentlich nicht so sagen. Aber irgendwie sind deine Arbeiten, zum Beispiel die vor der du sitzt, welche du dir Jahre anschauen kannst und immer wieder was neues findest, wieder was neues siehst. Martina: Die ist grausam. Ich finds super. Felix: Ich kann nicht sagen, ob sie hässlich ist. Ich finde sie irgendwie spannend. Nicht irgendwie, sondern die kann man jahrelang betrachten, und man kommt immer wieder auf was anderes. Vielleicht auch, wie ich aufwuchs. Das Thema Kunst war ja faktisch bei uns nicht vorhanden. Arbeiten und Pferde und die kulturellen Ausflüge beschränkten sich auf den Palmengarten in Frankfurt. Wobei man auch sagen kann, den Bereich Garten kann mit Kunst zu tun haben... Darum ist es auch vielleicht mit meinen Verurteilungen vorsichtiger geworden, weil sich doch einige male, meine Meinung mit der Zeit änderte. Martina: Aber das heisst, wenn du es jetzt betrachtest, bist du dem Näher? Felix: Die Arbeit mausert sich, jetz da wir hier davor sitzen, zu einer meiner Favoriten. Obwohl dort jetzt keine Ausschnitte sind, und die Ausschnitt haben ja auch ihre Bedeutung, geben dem ganzen eine Dreidimesionalität. Ich finde diese Arbeit hat das schon ohne Ausschnitt.
Martina: Ich finde es trotzdem spannend, dass du solange neben mir lebst und meine Zeichnungen nicht verstanden hast. Hättest du dir gewünscht, sie wären schöner?
Martina: Jetzt sitzen wir schon fast eine Stunde da. Und ich finde es interessant, dass man sich dann umschaut und sieht die verschiedenen Werke. Der Blick ändert sich ständig, das Sehen verändert sich.
Felix: Nein, schön Malen ist ja eine Sache. Aber schön Malen ist ja nicht alles. Die Arbeit, welche du mir geschenkt hast, die dir nicht gefällt, finde ich ja dann wiederum sehr gut. Das war eine Arbeit, die hat mir von Anfang an gefallen. Aber vielleicht gehts mir da ja manchmal wie deinem Vater. An der Messe stand er vor diesem einen Kunstwerk und meinte, dass sei doch jetzt wahre Kunst. Und wir beide meinten, wenn man das ein Jahr im Wohnzimmer hat, war das aber auch gut. Dann kann mans in den Keller tragen. Weil
Felix: Vielleicht ist man auch abgelenkt, weil andere Bilder vielleicht leichter zugänglich sind. Und am Ende ist es vielleicht auch so, dass man eine Zeitlang hier sein muss, um bereit zu sein für gewisse Bilder. Martina: Ich denke die anderen Arbeiten sind schneller zugänglich, man kann sie schneller erfassen, sie schneller einordnen, darüber reden. Dieses Bild ist vielleicht schwieriger, aber dann bleibt es
Die Sprache der Zeichnung: 14.3 2014 Die Zeichnung: Ich bin ein Grundriss, ich bin eine Linie und fülle Flächen. In deinem Kopf wird es zu einem Bild, ein Raum. Ich habe die Macht , dass du etwas siehst, dass ich gar nicht bin. Wie findest du das?
Die Zeichnung: Ein bisschen verwirrt, aber das kommt auch immer auf das Licht an. Bei Sonnenlicht fühle ich mich berauscht und jetzt bei diesem blauen Neonlicht, kriege ich Kopfschmerzen, lauter Nebel.
Ich: Was meinst du, dass du bist, was du nicht bist?
28.5 2014
Die Zeichnung: Du siehst etwas, und dein Kopf denkt- er stellt sich etwas vor. Ich bin nur die Vorlage. Aber eigentlich ist alles gelogen.
Ich: Was ist ein Guter Tag?
Ich: Willst du eine Vorlage sein? Die Zeichnung: Ja, ich glaube das gefällt mir, wenn ich der Ursprung bin und plötzlich aus einem Kamel ein Kindergarten entsteht. Ich: Was wärst du den gerne?: Die Zeichnung: Ich wäre gerne Erwachsen und würde gerne meine Entscheidungen selber treffen. Zum Beispiel was ich zeige, was ich darstelle, einfach nicht mehr über mich verfügen lassen. Ich: Wenn du dir was wünschen könntest was wärst du dann? Die Zeichnung: Ich wäre gerne etwas Nützliches. Zum Beispiel eine Kaffeemaschine. Da passiert etwas, man drückt auf einen Knopf und eine braune Flüssigkeit kommt raus, die einem dann wach macht und jeder freut sich darüber, so wie an einem Kühlschrank. Ich: Wie Fühlst du dich?
Die Zeichnung: Ich würde gerne nach Paris fahren und ein Buch schreiben. Ja, ich wäre gerne ein französischer Schriftsteller. Ich hätte einen langen Mantel und ein karierten Schal, der leicht im Wind flattert. Der Wind ist warm und es ist früh am Morgen. Ich bin auf dem Weg ins Kaffe, wie jeden morgen. Neben mir versucht eine Frau in eine Parklücke einzuparken, die viel zu klein ist, aber wer weiss, vielleicht ist die Parklücke ja dehnbar, so wie ein Kaugummi. So jetzt bin ich ein bisschen abgeschweift. Ich: Hast du Angst vor dem sterben? Die Zeichnung: Vor dem sterben nicht, denn dann ist es ja egal. Man denkt an nichts mehr. Ich habe eher Angst vor dem vergessen werden, es ist viel schlimmer, wenn man unsichtbar wird, aber noch existiert, findest du nicht? Ich habe mir überlegt, dass man jeden Tag alle Leute grüssen sollte, dann erinnert man sich eher an einem, was denkst du? Ich: Was willst du einmal werden? Die Zeichnung: Vielleicht ein Maler, der grosse Bilder malt, die ein Jahrhundert bestehen. Mein grosser Bruder ist ein Bild. Oder vielleicht will ich ein Spaziergänger werden. Den ganzen Tag
umherstreifen und sich verlaufen, sich treiben lassen, ziellos sein. Und immer zu spät kommen, weil der Weg zu lange ist. Ich: Was denkst du über Touristen? Die Zeichnung: Sie sind meistens schlecht angezogen. Sie sind etwas langweilig. Als Tourist müsste man sich verkleiden, wie ein Eingeborener. Dann fällt man nicht so auf. Ich: Was ist deine Lieblingsfarbe? Die Zeichnung: Das wechselt von Saison zu Saison. Also manchmal bleibt es auch zwei Saisons dieselbe Farbe. Im Moment ist der Favorit TAUBENBLAU. Ist das nicht eine wunderbare Vorstellung und ein toller Name ‚TAUBENBLAU’? Hallo Herr Taubenblau, Guten Tag Frau Taubenblau