SELBSTBESTIMMT CHANCEN ERGREIFEN
Tipps aus der Praxis: Wie Sie geflüchtete Frauen erfolgreich unterstützen
MUT UND VERANTWORTUNG
Eine Syrerin und eine Tschetschenin sprechen über ihr Leben in Österreich
WIE ÖSTERREICHER INTEGRATION SEHEN
Integrationsbarometer zeigt aktuelle Stimmungslage zum Zusammenleben
GLEICHBERECHTIGUNG VERMITTELN – FRAUEN STÄRKEN
Warum Gleichberechtigung ein Schlüsselwert bei der Flüchtlingsintegration ist und wie wir sie vermitteln können
ÖSTERREICHISCHE POST AG/SPONSORING.POST 08Z037821S, ÖSTERREICHISCHER INTEGRATIONSFONDS, SCHLACHTHAUSGASSE 30, 1030 WIEN
S O MMER 2016
Fühlen, wie die Stunden langsamer vergehen. Erleben, wie Papier lebendig wird. Zeit für schöne Details haben. Dem Augenblick mehr Raum geben.
DiePresse.com/sonntagsabo
JETZT NUR
6 EURO PRO MONAT
ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
Sommer 2016
ED I T O R I A L
I NHA LT
Liebe Leserinnen und Leser! Wenn wir über Flüchtlingsintegration sprechen, haben wir häufig das Bild junger Männer vor Augen. Geflüchtete Frauen stehen seltener im Fokus der Öffentlichkeit. Dabei stehen gerade sie vor großen Herausforderungen, wenn es darum geht, neue – meistens ungekannte – Chancen und Möglichkeiten in Gesellschaft und Arbeitsmarkt wahrzunehmen. Warum es für ihre erfolgreiche Integration entscheidend sein wird, ihnen und ihren Männern Werte wie Gleichberechtigung und Eigenverantwortung zu vermitteln, haben uns Experten und Expertinnen aus Theorie und Praxis erklärt. Mehr dazu lesen Sie in unserer Titelgeschichte ab Seite 6.
Warum Gleichberechtigung ein Schlüssel zur Flüchtlingsintegration ist.
Frauenpower prägt auch unsere ZUSAMMEN:ÖSTERREICH-Redaktion: Mona El Khalaf unterstützt uns ab sofort als neue Redakteurin und Kristin Längle folgt unserem lang gedienten Kollegen Valentin Schwarz als Chefin vom Dienst. Wir danken Valentin für sein Engagement und wünschen ihm alles Gute für die Zukunft.
FOTOS: WWW.WEINFRANZ.AT, ÖIF/WIGLINSKI
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und freuen uns über Ihre Meinung, Kritik, Lob und kostenlose Abo-Bestellungen unter magazin@integrationsfonds.at.
Die ZUSAMMEN:ÖSTERREICH-Redaktion v. l. n. r.: Maja Sito, Kristin Längle, Roland Goiser, Jana Herunter, Franziska Troger, Mona El Khalaf, Julian Unger, Lisa Gebhart, Aleksandra Klepić
SCHWERPUNKT: FRAUEN
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TITELGESCHICHTE. „JETZT KANN ICH MEINE ZUKUNFT ANPACKEN.“ Welche Herausforderungen auf geflüchtete Frauen aus patriarchalen Gesellschaften zukommen – und wie wir sie bei der Integration unterstützen können.
06 Selbstbestimmt: Über ihre Chancen in Österreich hat Mona El Khalaf mit Fatemeh Babakhani aus dem Iran gesprochen. Was ihr bei der Integration geholfen hat und welche Pläne sie für die Zukunft schmiedet, lesen Sie ab Seite 6.
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DOPPELINTERVIEW. „FRAUEN HABEN IN ÖSTERREICH EINE STIMME.“ Eine Syrerin und eine Tschetschenin sprechen über Mut und Verantwortung. KURZPORTRÄTS. GLEICHBERECHTIGUNG LEBEN. Drei Flüchtlinge und drei engagierte Österreicher erzählen.
Frau als Chef: Früher selbstständig, musste sich Safwan Alshufi in Österreich erst daran gewöhnen, Vorgesetzte zu haben. Dass die Schule, an der er arbeitet, von einer Frau geleitet wird, stört ihn dabei aber gar nicht, hat er Aleksandra Klepić erzählt.
ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
Sommer 2016
›› I NH A LT MENSCHEN UND PROJEKTE Migration, Integration und Zusammenleben
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EXPERTEN-RATGEBER. FRAUEN AKTIVIEREN. Praxistipps aus Schule, Deutschkurs und Sportverein. INTEGRATION VOR ORT. DAS MITEINANDER WACHSEN LASSEN. Wie der Interkulturelle Sprachgarten im steirischen Admont die Integration fördert. PORTRÄT. VERMITTLER ZWISCHEN DEN WELTEN. Ramazan Demir setzt auf interreligiösen Dialog. FUSSBALL-WORKSHOPS. OHNE VORURTEILE AM RASEN. Als Fußballverein das Teamplay verbessern. PUBLIKATION. WIE ÖSTERREICHER INTEGRATION SEHEN. „Integrationsbarometer“ zeigt aktuelle Stimmungslage. ZUSAMMEN:LEBEN. BIS DER LAUFSCHUH GLÜHT. Zwei Menschen. Zwei Herkunftsländer. Eine Geschichte.
Integration in Bewegung: Der Integrationspreis Sport zeichnet innovative Sportprojekte aus, die das Zusammenleben fördern. Alle Infos für Ihre Bewerbung finden Sie auf Seite 27.
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RUBRIKEN Wissenswertes, Service und Unterhaltung
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I M PRE S S UM
TIPPS FÜR LEHRER. LERN- UND UNTERRICHTSMATERIALIEN.
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WORTWANDERUNG. BEGRIFFE MIT MIGRATIONSHINTERGRUND.
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INTEGRATION AKTUELL. NEUES VOM ÖIF.
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AUSSCHREIBUNG. INTEGRATIONSPREIS SPORT.
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REZEPT. SOMMERLICHES MANGO LASSI.
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RÄTSEL. RATESPASS MIT GEWINNSPIEL.
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Dass man Muslim und Österreicher sein kann, lebt der islamische Religionslehrer Ramazan Demir seinen Schülern vor. Welche Botschaften er den Jugendlichen mitgibt, erzählt er auf Seite 24.
Medieninhaber, Herausgeber und Redaktionsadresse: Österreichischer Integrationsfonds, Schlachthausgasse 30, 1030 Wien, Tel.: +43/(0)1/710 12 03, Fax: +43/(0)1/710 12 03-500, mail@integrationsfonds.at Chefredakteur: Mag. Roland Goiser, roland.goiser@integrationsfonds.at Leitende Redakteurin: MMag. Franziska Troger, franziska.troger@integrationsfonds.at Chefin vom Dienst: Mag. Kristin Längle, MAS; kristin.laengle@integrationsfonds.at Redaktion: MMag. Mona El Khalaf; Mag. Lisa Gebhart; Jana Herunter, BA; Aleksandra Klepić, BSc; Mag. Maja Sito, BA; Mag. Julian Unger, MA Freie Mitarbeit: Kristina Nedeljković Produktion und Anzeigen: Styria Multi Media Corporate GmbH & Co KG, Geiselbergstraße 15, 1110 Wien, www.corporate.styria-multi-media.com Geschäftsführung: Mag. Martin Distl, Eva Maria Kubin, MA Artdirektion: Mag. Nina Ullrich Projektleitung: Mag. Ivana Jelić Grafik: Jennifer Fiala Anzeigenleitung: Harald Kuso Korrektur: Mag. Birgit Forst Produktion: m4! Mediendienstleistungs GmbH & Co KG, www.m-4.at Hersteller: Ferdinand Berger & Söhne GmbH, Wiener Straße 80, 3580 Horn. Die Artikel von Gastautorinnen und -autoren drücken deren persönliche Meinung aus und müssen nicht den Positionen des Österreichischen Integrationsfonds entsprechen. Seiten, die mit „Werbung“ oder „Advertorial“ gekennzeichnet sind, sind entgeltliche Einschaltungen gemäß § 26 Mediengesetz. Alle Rechte vorbehalten, auch die Übernahme, vollständige oder auszugsweise Weiteroder Wiedergabe, gem. § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz.
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I N T E G R AT I O N I N Z A H L E N
LE SE R B R I E FE
Leser antworten …
minderjährige Flüchtlinge besuchten Ende des ersten Quartals eine österreichische Schule. Lernunterlagen und Musterprüfungen werden pro Monat von der Deutschlernplattform www.sprachportal.at heruntergeladen, wo Flüchtlinge und Zuwanderer, Lehrende und Freiwillige kostenlos Lernmaterialien erhalten.
… auf ZUSAMMEN:ÖSTERREICH 1/2016: Regeln vermitteln – Zusammenhalt stärken
PRINZIPIEN DES MITEINANDERS
Welche Werte Fundament unserer Gemeinschaft sind
DER ERSTE SCHRITT
Wie wir Flüchtlinge beim Deutschlernen unterstützen können
ILLUSTRATIONEN: NIEL MAZHAR; FOTOS: ÖIF/MAYER, WWW.WEINFRANZ.AT, NADINE STUDENY
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Prozent der Befragten eines ÖIFForschungsberichts beurteilen es als „auf jeden Fall“ wichtig, dass Zuwanderer österreichische Grundwerte wie etwa die Gleichstellung zwischen Mann und Frau akzeptieren. der Personen, die im ersten Quartal 2016 einen Asylantrag in Österreich gestellt haben, sind Frauen.
I N T E G R AT I O N I S T …
… sich mit guter Arbeit, Weltoffenheit und Verantwortungsgefühl für ein angenehmes Miteinander in Österreich einzusetzen. Alexey Sanko, geboren in Russland, lebt seit 2008 in Österreich. Der ehemalige Profi-Volleyballer arbeitet als Fitnesstrainer und engagiert sich als EU-Gemeinderat sowie Integrationsbotschafter.
S S i e uc h r e i b e n M e i n n s I h re ma ung an i n t e gg a z i n @ r f o n da t i o n s s.at
FRÜHLING 2016
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Euro vergibt der ÖIF im Auftrag des BMEIA mit dem „Startpaket Deutsch & Integration“ für Sprachkursprojekte für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte.
REGELN VERMITTELN – ZUSAMMENHALT STÄRKEN Welche Werte, Normen und Pflichten für die Integration von Flüchtlingen grundlegend sind
18.03.2016 11:25:57
Guter Lesestoff für Deutschlerner Seit vielen Jahren arbeite ich im Bereich Integration und Arbeitsmarktforschung sowie als Trainerin für Deutsch als Fremdsprache. Ihre Zeitschrift liefert viele neue Informationen und ist auch ein guter Lesestoff für meine Kursteilnehmer. Justyna Haas, Graz-Andritz Willkommene Unterstützung Die interessanten Artikel in Ihrem Magazin waren ein Mitgrund für mein Engagement bei der Flüchtlingsbetreuung. Bei der Hauptgeschichte hat mich die Darstellung von Assimilation, Integration und Segregation mit den drei Gläsern beeindruckt. Zusätzlich sind die vielen Hinweise auf Lernunterlagen, Kursangebote und Workshops eine willkommene Unterstützung für unser Bemühen für eine möglichst konfliktfreie Integration unserer Flüchtlinge. Herbert Tögel, Wien Deutschunterricht für Flüchtlinge Ich unterrichte Flüchtlinge in Deutsch, was mir großen Spaß macht. Sie sind sehr motiviert und es ist schön, mit ihnen zu arbeiten. Ihr Magazin finde ich gut aufgebaut und sehr interessant. Etelka Ban Korsos, Bad Hall
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SCHWERPUNKT: FRAUEN
Titelgeschichte
FLÜ C HT LI N G S I N T E G R AT I O N : F R A U E N F Ö R D E R N
„Jetzt kann ich meine Zukunft anpacken“ Deutschlernen, Arbeitsmarkt und Gleichberechtigung: Welche Herausforderungen in Österreich auf geflüchtete Frauen zukommen und was es braucht, um sie bei ihrer Integration zu unterstützen, hat ZUSAMMEN:ÖSTERREICH recherchiert. TEXT
Mona El Khalaf, Franziska Troger und Roland Goiser
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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
SCHWERPUNKT: FRAUEN
Titelgeschichte
Gleichberechtigung und Selbstständigkeit sind für viele geflüchtete Frauen keine Selbstverständlichkeit. Fatemeh Babakhani musste ihre Berufstätigkeit im Iran aufgeben.
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ieser gefällt mir gut“, sagt Fatemeh Babakhani und schultert einen feinen Spitzenstoff. Die junge Frau aus dem Iran schneidert und hat in ihrer Heimat Modedesign studiert. Im Herbst 2015 flüchtete sie gemeinsam mit Ehemann Kazem und dem fünfjährigen Sohn Mohammed Mehdi nach Wien. Im Iran gebe es zwar viele Frauen, die gut gebildet sind, erzählt sie. „Dass sie außerhalb des Hauses arbeiten gehen, ist in der Gesellschaft aber weniger erwünscht.“ Babakhani selbst betrieb im Iran ein Modegeschäft, hatte aber immer wieder Probleme aufgrund ihrer Selbstständigkeit. „Manche Nachbarn haben meine Ehre infrage gestellt, weil ich draußen arbeiten gegangen bin. Schlussendlich musste ich mein Geschäft zusperren“, erzählt die 27-Jährige. Für sie und ihren Ehemann, der damals wie heute hinter seiner Frau steht, wurde die Situation unerträglich.
FOTO: WWW.WEINFRANZ.AT
STARRE ROLLENBILDER AUFBRECHEN Knapp 5.600 Frauen erhielten im vergangenen Jahr Asyl oder subsidiären Schutz in Österreich, die Mehrheit von ihnen kommt aus dem Nahen und Mittleren Osten (mehr dazu auf Seite 13). Auch wenn sich ihre Herkunftsländer, ihr Bildungsgrad und die Familienverhältnisse unterscheiden, haben sie doch alle etwas gemeinsam, weiß Soziologe Kenan Güngör, der als Mitglied des unabhängigen Expertenrats für Integration das Integrationsministerium berät. „Diese Frauen kommen aus wertkonservativen, autoritär geprägten Gesellschaften, in denen Gebote und Verbote des Zusammenlebens häufig religiöskulturell begründet werden. Von Frauen, aber auch Männern, wird erwartet, sich
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SCHWERPUNKT: FRAUEN
Titelgeschichte
dem Wohl der Gemeinschaft unterzuordnen“, erklärt Güngör. Insbesondere der kulturell-religiös geprägte Ehrbegriff habe dort massive Auswirkungen auf das eigene Leben. „Für Frauen bedeutet er eine starke Einengung der persönlichen Freiheiten, von der Keuschheit vor der Ehe bis hin zum allgemeinen Meiden des öffentlichen Raumes und von Männern“, so Güngör. „Aber auch Männer trifft die gesellschaftliche Erwartungshaltung: Sie müssen als Beschützer der Frauen auftreten und dürfen keine Schwäche zeigen.“ Daraus ergebe sich eine starke soziale Kontrolle von allen über alle. Im Alltag würden diese Muster in unterschiedlichsten Arten ausgelebt, von strikt bis liberal, betont Güngör. „Diese erlernten Rollenbilder aufzubrechen, ist ein Prozess, der Zeit und die intensive Auseinandersetzung mit den Werthaltungen braucht, die wir vermitteln wollen.“
Kontakt zu Einheimischen fördert die erfolgreiche Integration: Bei gemeinsamen Projekten entstehen Freundschaften wie jene zwischen Maria Myskiw und Fatemeh Babakhani ganz von allein.
WERTEKURSE FÜR FLÜCHTLINGE
PROBLEME OFFEN ANSPRECHEN Irritationen zwischen Einheimischen und Zugewanderten sind im alltäglichen Zu-
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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
sammenleben ganz natürlich, weiß Kenan Güngör. Sein Rat: „Lassen Sie diese Situationen nicht offen im Raum stehen, sondern sprechen Sie sie offen und freundlich an.“ Am besten gelinge das, wenn man im Gespräch mit Geflüchteten deren persönliche Geschichte berücksichtige und ihnen die eigene Sichtweise erkläre. „Ich kann niemanden zwingen, mir die Hand zu geben. Ich darf aber darauf hinweisen, dass das hier eine Form des Respekts ist und ich die Weigerung als Missachtung empfinde. So können über gegenseitige Empathie Lernprozesse in Gang gesetzt werden.“
WISSEN
EINSTIEG INS BERUFSLEBEN
Rund ein Viertel der 23.500 beim AMS gemeldeten Flüchtlinge sind Frauen. Aus welchen Ländern kommen sie? QUELLE: AMS ÖSTERREICH, STAND: ENDE APRIL 2016
SYRIEN 1.629 RUSSLAND 1.321
BEIDEN GESCHLECHTERN GLEICHBERECHTIGUNG VERMITTELN Die neuen Möglichkeiten bedeuten für viele Flüchtlinge zuerst Überforderung: „Die Freiheit im Denken und Handeln erfordert ein großes Maß an Mündigkeit und das Tragen von Verantwortung“, erklärt die islamische Religionspädagogin Lamya Kaddor, die als Tochter syri-
AFGHANISTAN 997 IRAN 421
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FOTOS: WWW.WEINFRANZ.AT, MAGDALENA POSSERT; ILLUSTRATION: MATTHIAS MOSER
Wie das Leben in Österreich funktioniert und was Gleichberechtigung im Arbeitsund Privatleben bedeutet, sind zentrale Inhalte der Werte- und Orientierungskurse des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF). Wichtig dabei ist, dass Werte nicht mit erhobenem Zeigefinger vermittelt werden, erklärt die Wertetrainerin Mirela Memic. „Viele männliche Kursteilnehmer fühlen sich sonst beim Thema Frauendiskriminierung angegriffen oder pauschal verurteilt.“ Bei einigen Themen, wie zum Beispiel uneheliche Beziehungen, werde in den Kursen oft heftig diskutiert, erzählt Memic, die selbst in den 1990ern als Flüchtling aus Bosnien nach Österreich kam. „Wir vermitteln unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern aber ganz klar, dass Frauen selbst wählen können, mit wem sie verheiratet sind, ob sie arbeiten gehen, ein Kopftuch tragen oder nicht.“
SCHWERPUNKT: FRAUEN
Kommentar
EX P E RT E NM E I NUNG
scher Einwanderer in Deutschland aufwuchs. „Das sind viele Frauen und Männer aus dem Nahen und Mittleren Wenn jemand einem nicht die Osten nicht gewohnt.“ Insbesondere zur Hand gibt, Gleichberechtigung der kann man das Geschlechter brauche offen und es Aufklärung für beide, Frauen und Mänfreundlich ner, betont Kaddor. ansprechen. „Wenn ich Mädchen Kenan Güngör, und Frauen ihre Rechte Expertenrat für vermittle und sie beIntegration stärke, sie auch aktiv zu nutzen, muss ich das auch zeitgleich mit den Buben und Männern erarbeiten.“ Mit Jugendlichen könne dazu viel in der Schule gemacht werden. Auch in der Freizeit mit anderen Kindern und Jugendlichen beim Sport und in Vereinen zusammenzukommen, sei wichtig für ihre Integration. Für Erwachsene funktioniere der Lernprozess am besten über den Job, ist Kaddor überzeugt. Im direkten Kontakt werde unser Wertesystem schnell begreifbar: „Man kann sich bei uns zum Beispiel nicht aussuchen, ob man mit einer Frau oder einem Mann zusammenarbeitet.“ Auch erfolgreiche Personen mit Migrationshintergrund, die als Vorbilder und Vermittler in den migrantischen Communities tätig sein könnten, seien für die intensive Auseinandersetzung mit geforderten Werten besonders wichtig. „Zentral ist, dass wir Werte wie Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung thematisieren und klarstellen, dass diese zu akzeptieren sind. Das dürfen wir uns von den Menschen, die zu uns kommen, erwarten. Ein Gutteil der Flüchtlinge erkennt unsere Werthaltungen sowieso an“, betont Kaddor.
SELBSTSTÄNDIGKEIT FÖRDERN Fatemeh Babakhani begann sich rasch nach ihrer Ankunft in Österreich zu engagieren: Sie lernt Deutsch und ergreift die Chancen, die sich ihr bieten wie etwa die
Das Erreichte nicht infrage stellen Das Familien- und Frauenbild von Flüchtlingen unterscheidet sich oft grundlegend von jenem in Österreich. Ein Bekenntnis zu den Werten des neuen Heimatlandes ist für Integration jedoch unverzichtbar. TEXT
Heinz Faßmann 88.340 Personen suchten 2015 um Asyl in Österreich an, 27,7 % davon waren Frauen. Im ersten Quartal 2016 stieg der Anteil der weiblichen Asylwerber von einem guten Viertel auf fast ein Drittel. Das grundsätzliche Fluchtmuster hat sich also nicht verändert: Es verlassen zuerst die Männer die Herkunfts- und Transitgebiete im Nahen Osten, Nordund Westafrika und Kaukasus und hoffen dann, die Familie nachzuholen. Frauen nehmen in der Migrationsabfolge also nicht die gestaltende Rolle ein. Wie groß ihr Einfluss auf den Entscheidungsprozess ist, lässt sich aufgrund mangelnder Studien nicht bewerten. Überträgt man aber die gesellschaftliche Situation von Frauen in den Herkunftsgesellschaften auf die der geflohenen Frauen, kommt man zu einem eindeutigen Ergebnis: In den Hauptherkunftsstaaten der Geflohenen ist der Mann das Familienoberhaupt mit Erwerbstätigkeit und Qualifikation, die Frau ist für Haushalt und Kinder zuständig. Die Außenwelt ist die des Mannes, die familiäre Binnenperspektive die der Frau. Das ist holzschnittartig, aber leider nicht falsch. Syrien liegt auf Platz 134 des Gender Inequality Index des UNDP1, Afghanistan auf Platz 171 von insgesamt 188 untersuchten Staaten (Österreich belegt Platz 23). Die Flüchtlingszuwanderung bringt ein Frauen- und Famili-
enbild zurück in die Gegenwartsgesellschaft, welches als weitgehend überwunden galt. Vielleicht hängt damit auch die Ablehnung der Österreicher von Verschleierung der Frauen und autoritären Familienstrukturen zusammen. Die Bevölkerung in Österreich ist froh, dies hinter sich gelassen zu haben und will das Erreichte nicht infrage stellen. Geflohenen Frauen kommt über den eigenen Integrationsprozess hinaus eine zentrale Rolle bei der Erziehung der Kinder zu. Es liegt damit auch in ihrer Hand, wie sehr österreichische Werte, wie etwa die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, die Grundlage der Erziehung kommender Generationen sein werden. Das setzt einen kritischen Blick auf die Traditionen der Herkunftskulturen voraus und vor allem die Bereitschaft, die Werte des neuen Heimatlandes zu akzeptieren. Geflohene Frauen, die aktiv ihre Chancen in Österreich ergreifen, einer Erwerbstätigkeit nachgehen und selbstbestimmt eine Rolle in der Aufnahmegesellschaft finden, sind die Voraussetzung dafür, dass diese wichtige integrationspolitische Aufgabe für die nächsten Generationen gelingen kann. 1
http://hdr.undp.org/en/composite/GII
Heinz Faßmann
ist Vizerektor der Universität Wien und Vorsitzender des Expertenrats für Integration.
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SCHWERPUNKT: FRAUEN
Titelgeschichte
R EITANS R E FLE X I O NE N
Von Claus Reitan, Journalist
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Was wir sind, sind wir durch den anderen. Es sind die Beziehungen zu anderen Menschen, die uns Halt geben. So wie Wurzeln einen Baum auf der Erde halten, versorgen und wachsen lassen. Diese Einsichten sind allen Religionen, Kulturen und Weltanschauungen gemeinsam. Flucht und Migration bedeuten, aus dem Boden genommen zu werden. Das heißt, den Halt und die Versorgung mit Nährstoffen zu verlieren. Wegen Kriegen und Katastrophen sind derzeit etwa 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Sie kommen aus teils völlig anderen Kulturen nach Europa, nach Österreich. Frauen sind dabei in einer besonderen Lage, denn sie tragen die Hauptverantwortung für die Kinder. Geschätzt und verehrt werden Frauen und Mütter in allen Religionen und Gesellschaften. Ihr Leben und Alltag sehen aber oft gänzlich anders aus. Sie erhalten wenig an Bildung, viel an Arbeit. Viel an Vorschriften, wenig an Freiheit. Sie wünschen sehnlich, es wäre umgekehrt. Eine neue Heimat ist diesen Frauen Anlass zu neuer Hoffnung. Sie entscheiden, welchen Berufs- und Lebensweg sie wählen. Was tun? Mit der alten Heimat im Herzen die Chancen der neuen ergreifen!
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Frauen und Männer in Mitarbeit in einer Nähwerklangjährigen unehelichen statt im Rahmen eines ProBeziehungen miteinander jekts der Technischen Univerleben, war mir fremd. Auch sität Wien für Flüchtlinge. Wenn ich dass ich Männern zur BeDort lernte sie die Projektmit- Frauen ihre grüßung die Hand gebe“, arbeiterin Maria Myskiw besRechte verschildert sie. „Mit der Zeit ser kennen: „Als ich gesehen und durch den Kontakt zu habe, wie gut Fatemeh schnei- mittle, muss vielen Menschen hier, ist dern kann, habe ich sie gleich ich das auch das für mich aber alles norgefragt, ob sie mir beim Nä- mit Männern mal geworden.“ hen eines Rocks für mich hel- erarbeiten. fen kann“, erzählt Myskiw. Lamya Kaddor, FRAUEN IN DEN Spätestens seit diesem Zeit- islamische ReligionsARBEITSMARKT BRINGEN punkt ist das Eis zwischenden pädagogin Frauen zu ermächtigen, ihr beiden gebrochen und sie arLeben selbst in die Hand beiten immer wieder gemeinsam an der Umsetzung von Ideen. Neben zu nehmen und in den Arbeitsmarkt eindem Austausch mit Einheimischen wird zusteigen, ist auch für das AMS eine zenin Projekten wie der Nähwerkstatt auch trale Herausforderung. In eigenen Komdie Selbstständigkeit der Flüchtlinge ge- petenzchecks erfasst das AMS die Bildung und Berufserfahrung von Flüchtlingen fördert. mit Interviews und Tests. „Das BildungsVERTRAUEN AUFBAUEN niveau geflüchteter Frauen ist genauso Aber: „Geflüchtete Frauen einzubinden, hoch wie bei den Männern, teilweise sogar ist schwierig“, weiß Myskiw aus eigener höher“, erklärt Kai Themel, VerantwortErfahrung. Am besten funktioniere der licher der Kompetenzchecks beim AMS Weg über direkte, mündliche Einladungen Wien. Viele von ihnen haben eine pädagound über eine Bezugsperson. „Der per- gische Ausbildung, waren im Sozialbesönliche Kontakt ist wichtig. reich oder im Verkauf tätig. Das baut Hemmschwellen „Zugleich zeigt sich aber, ab“, betont sie. Ist das Verdass Frauen 85 Prozent trauen einmal da, sprechen von jenen Flüchtlingen die Frauen auch über ihre Beausmachen, die im Herdürfnisse. „In unserem Prokunftsland noch nicht gejekt richten wir Gemeinarbeitet haben.“ Deshalb schaftsräume ein, die von sei es besonders wichtig, Frauen und Männern sowie ihnen zu erklären, wie der engagierten Freiwilligen geösterreichische Arbeitsmeinsam genutzt werden markt funktioniere. Dazu können. Durch das gemein- Wir erklären, gehöre auch, dass hier same Arbeiten entstehen oft welche Rechte Frauen und Männer die Freundschaften: Man hilft eiund Freiheiten gleichen Rechte und nander, lacht miteinander Pflichten haben und es und lernt sich besser ken- Frauen in normal sei, dass Frauen arnen“, erklärt Myskiw. Für Ba- Österreich beiten gehen. „In unseren bakhani war vieles im Um- haben. Kursen machen wir ihnen Mirela Memic, gang mit Österreichern anklar, dass der Arbeitseinfangs ungewohnt. „Dass Wertetrainerin stieg ihre Integration er-
FOTOS: DOMINIK ASBACH, COM_UNIT, ÖIF/SITO, MARTIN DÖRSCH; ILLUSTRATION: MATTHIAS MOSER
Neue Heimat, neue Hoffnung
SCHWERPUNKT: FRAUEN
Service
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Viele Frauen haben in ihrer Heimat nicht gearbeitet, wir fördern sie beim Berufseinstieg. Kai Themel, AMS Wien
leichtert und ihnen darüber hinaus finanzielle Unabhängigkeit ermöglicht.“ Diese Botschaft kommt an, freut sich Themel: „Wir merken, dass die Frauen gestärkt aus diesen Kursen hinausgehen.“
DEUTSCH ALS VORAUSSETZUNG
Um überhaupt in den Arbeitsmarkt einsteigen zu können, sind Deutschkenntnisse eine zentrale Voraussetzung. „Gerade in sozialen Berufen wie dem Pflegebereich, wo Jobs zu vergeben sind, braucht es gutes Deutsch“, nennt Themel ein Beispiel. Um den Spracherwerb und den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu fördern, erhöhte die Bundesregierung im April das Sonderbudget für Integrationsmaßnahmen von Asylberechtigten von 75 Millionen auf 248 Millionen Euro für 2016. Diese Mittel stehen für Sprachkurse, Wertevermittlung, Initiativen zur Arbeitsmarktintegration und Bildungsprogramme zur Verfügung. Auch die Curricula der mit diesen Mitteln durch das Integrationsministerium und den ÖIF geförderten Deutschkurse wurden überarbeitet. Werte und Alltagswissen über Österreich werden nun viel stärker im Unterricht vermittelt und vertieft.
CHANCEN ERGREIFEN Fatemeh Babakhani sieht die nächsten Schritte in Österreich klar vor sich: Deutsch lernen, ihre Ausbildung anerkennen lassen und in die Selbstständigkeit starten. „Ich habe eine Zeit gebraucht, um mich zurechtzufinden, und es gibt noch viel zu tun, damit ich meinen Traum verwirklichen kann“, weiß die junge Frau. „Ich bin dankbar für die vielen Chancen, die Österreich mir bietet und möchte das Beste daraus machen.“
Der OnlineRatgeber „Angekommen!“ des Österreichischen Roten Kreuzes bietet Neuankommenden Infos zu Bildung, Arbeitsmarkt oder Gesundheit sowie auch zu Gleichberechtigung, Rechten und Pflichten in Österreich. Abrufbar in Deutsch, Englisch, Arabisch und Dari auf www.angekommen.online.
Ihren Weg zu einer zeitgemäßen Auslegung des Islams beschreibt Lamya Kaddor in ihrem Buch „Muslimisch. Weiblich. Deutsch!“, erschienen im C.H.Beck-Verlag. Ihre religiöse Auslegung steht für eine liberale, weltoffene Perspektive. Bei ihrem Islamkundeunterricht auf Deutsch für Schüler steht kritisches Denken im Vordergrund.
Mehr zum Thema Berufsanerkennung sowie Informationen zu Qualifikationen und Berufen liefert der Online-Wegweiser www.berufsanerkennung.at.
Mehr über die Werte- und Orientierungskurse, etwa zum Ablauf und den Themen, finden Sie online auf www.integrationsfonds.at/ wertekurse.
P ra Infor xisnahe mati onen f Gem ür eind en 50 Best-Practice-Integrationsprojekte, Tipps und bewährte Ansätze für Integrationsmaßnahmen im regionalen Raum bietet die neue Broschüre des ÖIF „Integration vor Ort: 50 Anregungen aus der Praxis“. Sie unterstützt Gemeinden, Vereine, Multiplikatoren und Freiwillige dabei, ein konstruktives Zusammenleben zu fördern und zielgerichtete Integrationsangebote für Flüchtlinge und Zuwanderer zu schaffen. Anschaulich aufbereitet finden sich auf den mehr als 100 Seiten zudem Qualitätskriterien für die Arbeit mit Freiwilligen und Tipps, um Vorurteilen in der Gemeinde erfolgreich zu begegnen. Sie können die Broschüre kostenlos bestellen oder herunterladen auf: www.integrationsfonds.at/50anregungen.
ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
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SCHWERPUNKT: FRAUEN
Doppelinterview
F L ÜCHT LI N G E I M G E S P R Ä C H
„Frauen haben in
Österreich eine Stimme“
Zwei geflüchtete Frauen sprechen über Geschlechterrollen in ihren Herkunftsländern und wie sie neu gewonnene Freiheiten in Österreich für sich nutzen.
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elche Herausforderungen stellen sich speziell Frauen bei ihrer Integration und welche neuen Möglichkeiten sehen sie für sich in Österreich? Eine Syrerin und eine Tschetschenin erzählen. Frau Hassan, Sie sind 2014 als 17-Jährige gemeinsam mit Ihrer Familie nach Österreich geflüchtet. Was hat sich in Ihrem Familienleben hier verändert? Douaa Hassan: Alles ist anders. In Syrien
haben meine Eltern alles für mich erledigt. Hier bin jetzt ich für meine Eltern und meine jüngeren Geschwister verantwortlich, dolmetsche für sie und erledige Amtsgänge. Das war am Anfang sehr schwer für mich, ich wusste nicht, wie ich das schaffen soll. Ich musste schnell erwachsen werden – jetzt fühle ich mich wie Papa und Mama zugleich. (lacht) Wie beurteilen Ihre Eltern Ihre neue Rolle innerhalb der Familie? Hassan: Meine Eltern sind froh, dass ich
sie unterstützen kann und sie lassen mir meine Freiheiten, auch wenn es nicht immer leicht ist für sie. Ich wohne in Graz allein in einer WG mit einer Mitbewohnerin – das wäre in Syrien undenkbar gewesen. Dass ich ausgezogen bin, war gerade für meine Mutter sehr schwer. Mein Vater hat mich aber unterstützt und vertraut mir. Er sagt, Deutsch zu lernen und eine
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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
Ausbildung zu machen geht vor – das kann ich besser, wenn ich mit Österreichern zusammenlebe. Warum hatte Ihre Mutter Bedenken, als Sie ausgezogen sind? Hassan: Meine Mutter kommt aus einer
sehr strengen Familie. Sie wurde gezwungen, ein Kopftuch zu tragen, durfte nicht in die Schule gehen, hat sehr früh geheira-
tet. Erst mein Vater hat ihr gesagt, dass sie das Kopftuch abnehmen kann, wenn sie will. Sie hat es dann sofort abgelegt. Die Freiheiten, die Frauen hier selbstverständlich haben, sind für sie etwas ganz Neues, wie etwa dass Frauen am Abend allein auf der Straße sind. Langsam traut aber auch sie sich jetzt schon abends raus. Frau Mazaeva, sie kamen vor 13 Jahren aus Tschetschenien nach Österreich. Wie sieht Ihr Leben heute aus? Belita Mazaeva: Der Anfang in Österreich
war für mich schwierig. In Tschetschenien hatte ich eine große Familie, die habe ich sehr vermisst. Dann haben auch mein Mann und ich uns getrennt, jetzt bin ich
In Syrien wäre ich jetzt verheiratet und mein Mann würde über unser Familienleben bestimmen. Douaa Hassan, flüchtete im Sommer 2014 aus Syrien nach Österreich und macht jetzt die Ausbildung zur Pflegehelferin
ILLUSTRATIONEN: NIEL MAZHAR
INTERVIEW
Franziska Troger
SCHWERPUNKT: FRAUEN
Doppelinterview
In Tschetschenien werden Frauen von der Familie geschützt, in Österreich durch das Gesetz. Belita Mazaeva , kam vor 13 Jahren aus Tschetschenien nach Österreich und ist alleinerziehende Mutter
alleinerziehend. Das wäre in Tschetschenien kaum möglich gewesen. Dort gibt es eine strikte Tradition, dass Kinder bei einer Trennung beim Vater bleiben. In Österreich war ich sicher, dass meine Kinder bei mir bleiben können. Jetzt sorge ich allein für sie. Ich habe eigentlich mehr erreicht, als ich mir selbst je zugetraut hätte.
Was ist der größte Unterschied zwischen Frauen in Tschetschenien, Syrien und Österreich? Mazaeva: Frauen in Österreich haben
eine Stimme und können viel stärker dafür eintreten, was sie denken und was sie wollen. Das ist in Tschetschenien nicht so. Ich fühle mich in Österreich auch viel si-
cherer, obwohl ich hier alleine lebe und allein für meinen Lebensunterhalt sorgen muss. In Tschetschenien werden Frauen von der Familie geschützt, in Österreich fühle ich mich durch das Gesetz geschützt. Hassan: Ich denke auch, dass Frauen in Österreich selbstbewusster sind. In Syrien ist der Druck der Gesellschaft auf Frauen sehr groß. Ich bin jetzt 20 Jahre alt. In Syrien wäre ich vermutlich bereits verheiratet, würde in den nächsten Jahren Kinder bekommen, mein Mann würde über unser Familienleben bestimmen dürfen. Hier kann ich eigene Entscheidungen treffen und berufstätig sein – auch wenn das heißt, mehr Verantwortung zu tragen.
ZAHLEN & FAKTEN
WOHER KOMMEN DIE MEISTEN GEFLÜCHTETEN FRAUEN?
Ein Drittel der Flüchtlinge, die im letzten Jahr Asyl oder subsidiären Schutz in Österreich erhalten haben, sind Frauen. An erster Stelle der Herkunftsländer steht Syrien. QUELLE: BM.I 2016
3.000 2.695
Syrien
2.500 Afghanistan
2.000 Russische Föderation
1.500
1.000
500
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Somalia
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378
330
Irak
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185 Iran
Asyl oder subsidiären Schutz haben in Österreich im Jahr 2015 insgesamt 16.891 Personen erhalten. 5.565 oder 32,9 % davon sind Frauen. Sie sind aus unterschiedlichen Ländern nach Österreich geflüchtet – die Gründe, weshalb sie ihre Heimat verlassen haben, sind aber in den meisten Fällen die gleichen: Krieg, Terror und Gewalt. Die mit Abstand größte Gruppe der Frauen, denen 2015 Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde, stammt aus Syrien, wo große Teile des Landes von der Dschihadisten-Miliz „Islamischer Staat“ beherrscht werden. Unter den geflüchteten Frauen aus der Russischen Föderation sind viele Tschetscheninnen. Sie sind meist nicht nur vor kriegerischen Auseinandersetzungen geflüchtet, sondern auch vor der in Tschetschenien weit verbreiteten Gewalt gegen Frauen.
ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
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SCHWERPUNKT: FRAUEN
Kurzporträts
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Simella Abdalahad G EF L Ü C H T E T E U ND E N G A G IE R T E
Gleichberechtigung leben Wie geflüchtete Frauen ihren Weg in unsere Gesellschaft finden können und was sie über Gleichberechtigung denken, haben wir sechs Geflüchtete sowie engagierte Österreicher gefragt. TEXT
Aleksandra Klepi c´ , Mona El Khalaf und Kristin Längle
014
ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
Aus Syrien geflohen, möchte die Chemiestudentin in Österreich beruflich erfolgreich sein
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er Krieg hat Simella Abdalahads Leben verändert. Vor zwei Jahren floh die Studentin mit ihrer Mutter vor dem IS nach Österreich. „Ich musste alles zurücklassen: meine Familie, mein Studium und meine Freunde“, erzählt sie. Heute spricht die 21-Jährige sehr gut Deutsch und absolviert den Vorstudienlehrgang in Wien. „Ich will mein Studium der Technischen Chemie abschließen und eine Arbeit in diesem Bereich finden“, so Abdalahads Pläne. Von ihren Eltern wurde sie dabei schon früh gefördert: „Meine Mutter ist Schneiderin, mein Vater Mechaniker. Dass ich studiere und Karriere mache, war ihr großer Wunsch.“ In Österreich möchte sie diesen wahr werden lassen. „Es gibt hier viele erfolgreiche Frauen in technischen Berufen. Das macht mir Mut und zeigt mir, dass ich es genauso schaffen kann.“
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SCHWERPUNKT: FRAUEN
Kurzporträts
Safwan Alshufi
Der Syrer unterrichtet Zeichnen und schätzt die Zusammenarbeit mit Frauen
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eine Fähigkeiten als bildender Künstler haben Safwan Alshufi den Berufseinstieg erleichtert. 2014 aus Syrien gekommen, fördert er seit einigen Monaten als Kunstpädagoge die schulische Integration von Flüchtlingskindern. Die Wiener Schule, an der er tätig ist, wird von einer Direktorin geleitet – auch mit weiblichen Klassenvorständen arbeitet er Seite an Seite. „Früher war ich Unternehmer. Ich musste mich überhaupt an Vorgesetzte gewöhnen“, antwortet er lachend auf die Frage, ob eine Schuldirektorin neu für ihn sei. „Frauen als Chefs gibt es auch in syrischen Städten, das ist für mich selbstverständlich. Nicht alle Männer aus meiner Heimat sehen das aber so.“ Seine Arbeit bedeutet ihm auch persönlich viel. „Mit dem Zeichnen helfe ich den Kindern, ihre Erfahrungen zu verarbeiten.“
Faiza Sadek-Stolz
Der Lehrerin liegt die Bildung von Mädchen und jungen Frauen besonders am Herzen
FOTOS: WWW.WEINFRANZ.AT
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aiza Sadek-Stolz hat sechs Jahre in Kairo studiert und gearbeitet. „Es gab dort viele junge Frauen mit guter Ausbildung. Außerhalb der Städte ist der Zugang zu Bildung aber schwerer, die Rolle der Frau eher auf Heim und Kinder gerichtet.“ Schon in Kairo engagierte sich die Lehrerin mit österreichisch-ägyptischen Wurzeln für bessere Bildungschancen für Mädchen und gründete ein Lernzentrum in einem Armenviertel. Auch nach ihrer Rückkehr nach Österreich ist ihr als Fellow beim Programm „Teach for Austria“ Bildungsgerechtigkeit wichtig. „Aussagen meiner Schülerinnen wie ,Ich bin zu blöd‘ oder ,Das ist nichts für Mädchen‘ lasse ich nicht gelten. Ich bestärke sie darin, dass sie alles werden können, wenn sie an ihren Zielen arbeiten: ob Ärztin, Buchhalterin oder Mechanikerin. Geht nicht, gibt es nicht.“
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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
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SCHWERPUNKT: FRAUEN
Kurzporträts
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Fatima Al-Osman
Mit zwei Kindern allein nach Österreich geflohen, hat die Syrerin konkrete Zukunftspläne
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n Österreich fühle ich mich sehr sicher“, schwärmt die Syrerin Fatima Al-Osman. Alles änderte sich für sie schlagartig, als sie allein mit zwei Kindern flüchten musste und im Jänner hier ankam. Ein Sohn befand sich bereits in Wien, die anderen drei erwachsenen Kinder verschlug es nach Deutschland. Ihr Mann blieb in Syrien – und die sechsfache Mutter übernahm das familiäre Ruder: „Oberste Priorität hat jetzt, dass wir alle Deutsch lernen!“ Dann gehe es darum, rasch Arbeit zu finden. Ihre älteren Kinder – ein Elektriker, ein Anästhesist und zwei Lehrerinnen – bereiten sich auf den Jobeinstieg vor, ihre jüngeren Kinder gehen zur Schule. Hat sie als Alleinerzieherin Zukunfts ängste? „Überhaupt nicht! Ich schätze den Frieden und die Gleichberechtigung hier – es gibt für mich viele Möglichkeiten!“
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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
Anna Eder
Die Studentin möchte mit ihrem Projekt auch Flüchtlingsfrauen selbstständiger machen
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er Weg der Integration führt für geflüchtete Frauen auch über Alltägliches – dazu zählt selbstständig von A nach B zu kommen. Erfahrungen mit Mobilität hat die Arabistik-Studentin Anna Eder gesammelt, etwa während einer Palästina-Reise. „Dort sind Frauen in den Städten mobil, ob mit Auto oder Fahrrad“, erzählt sie. „Am Land müssen sie sich aber dafür starkmachen, Radfahren zu lernen. Viele trauen sich das nicht.“ Eindrücke wie diese fließen auch in ihr 2015 gegründetes Projekt IntegRADsion ein. Dabei organisiert sie Radtouren mit Flüchtlingen und vermittelt Radpatenschaften mit Einheimischen. „Viele Flüchtlingsfrauen müssen den Umgang mit dem Rad von Grund auf lernen“, so Eder, die für die Zukunft etwa FrauenRadtage andenkt. „Denn mobil zu sein, ist wichtig für ein selbstständiges Leben.“
FOTOS: WWW.WEINFRANZ.AT
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SCHWERPUNKT: FRAUEN
Kurzporträts
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Matthias La nger, Lerngruppe n-Leiter
Matthias Langer
Der IT-Fachmann übt mit Flüchtlingen, darunter vielen Frauen, Deutsch
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ilen Wo l s i c h f r e f Sie Tr e f a u c hl l i g b e i u t s c h i e w kt D p u n g i e r e n? t e r : n a e n g e I n f o s u a b e i . at d d All sin .wir www
elbst aktiv zu sein und etwas für die Integration von Flüchtlingen zu tun, das ist mir wichtig“, betont Matthias Langer. Seit 2015 leitet der IT-Spezialist ehrenamtlich eine Lerngruppe bei Treffpunkt Deutsch. Die ÖIF-Initiative unterstützt Flüchtlinge und Zuwanderer ergänzend zu einem Kurs beim Ausbau ihrer Sprachkenntnisse. „In meiner Gruppe sind viele Frauen, von der Lehrerin aus Aleppo bis zur Hausfrau vom Land“, erzählt er. Beim gemeinsamen Deutschüben ist Fingerspitzengefühl gefragt: „Manche Frauen sind selbstbewusst, andere trauen sich nicht zu sprechen. Hier braucht es Einfühlungsvermögen und auch eine Portion Humor“, schildert Langer. „Ich möchte die Frauen ermutigen, ihre Chancen zu nutzen. Wenn sie Deutsch sprechen, können sie sich weiterbilden und finden eher einen Job.“
ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
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SCHWERPUNKT: FRAUEN
Anregungen aus der Praxis
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Frauen aktivieren
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TEXT
Kristin Längle
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arum tun sich geflüchtete oder zugewanderte Frauen oft schwer, in unserer Gesellschaft aktiv zu werden und wie kann man sie dabei gezielt und wirkungsvoll unterstützen? ZUSAMMEN:ÖSTERREICH hat bei den Expertinnen Birgit Maier, Elisabeth Narnhofer und Birgit Kofler nachgefragt, wie Frauen für Schulangelegenheiten der Kinder, Deutschkurse und sportliches Engagement besser erreicht werden können.
IN DER SCHULE „Zugewanderte Mütter kommen seltener zu Elternsprechtagen“ Mütter sind innerhalb der Familien oft die wichtigsten Bezugspersonen der Kinder und für Lehrer daher besonders wichtige Partner. Oft bringen sich aber Mütter mit Migrationshintergrund weniger in die Schulgemeinschaft ein.
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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
Das können Sie tun Um ein gutes Verhältnis zu den Müttern zu fördern, sollten Sie bereits die Infoveranstaltungen vor dem Schuleintritt der Kinder nutzen. Vermitteln Sie von Beginn an, warum Ihnen als Lehrer der laufende Austausch wichtig ist und dass eine aktive Mitwirkung – wie im Elternverein – gewünscht ist. Wichtig ist das vor allem für Frauen aus Ländern, in denen Einmischungen in Schulisches als unerwünscht gelten. Setzen Sie auf Begegnungen auf Augenhöhe, um Vertrauen zu schaffen, etwa indem Sie Elternabende nicht als Frontalvortrag, sondern als interaktive Runde im Sesselkreis gestalten. Ein Dolmetscher hilft bei Sprachbarrieren. Definieren Sie in einem Elternleitfaden, welche Unterstützung Sie sich von Eltern wünschen und wo gemeinsame Entscheidungen wichtig sind. Legen Sie den Elternleitfaden bei Infoveranstaltungen oder Elternabenden auf. In jeder Schule gibt es Veranstaltungen und Feste. Nutzen Sie diese, um Kontakt zu Müttern mit Migrationshintergrund aufzubauen – etwa bei der Gestaltung eines interkulturellen Buffets. Bei der Planung und gemeinsamen Umsetzung entstehen wertvolle Kontakte. Der Beziehungsaufbau passiert nicht von heute auf morgen. Geben Sie dem Prozess Zeit und versuchen Sie immer wieder neue Plattformen anzubieten wie Müttertreffs oder Elternstammtische.
IM DEUTSCHKURS „Es ist oft schwierig, geflüchtete Frauen für Kurse zu gewinnen“ Geflüchtete Frauen, gerade jene mit geringer Schulbildung, sind oft unsicher im Kontakt mit Bildungseinrichtungen. Das kann sich negativ auf ihre Teilnahme an Deutschkursen auswirken. Das können Sie tun Sprechen Sie die Frauen direkt in ihren Communities an, indem Sie mehrsprachige Folder in Migranten- und Glaubensvereinen auflegen oder vor Ort Infoveranstaltungen anbieten. Ein vertrauensvoller Erstkontakt und umfassende Informationen über Ablauf, Voraussetzungen und Kurskosten erleichtern den Schritt zum Sprachinstitut. Schaffen Sie Rahmenbedingungen, die den Frauen die Kursteilnahme erleichtern: So sollten die Einheiten vor allem
FOTOS: PRIVAT, FRANZ HELMREICH, FOTOGENIA/TRUMMER RENATE, ISTOCKPHOTO.COM/CHRISTOPHER FUTCHER; ILLUSTRATIONEN: NIEL MAZHAR
Chancen für die Integration zu ergreifen fällt Frauen, die neu in Österreich sind, oft schwer. Drei Tipps, wie wir sie dabei unterstützen können, Angebote auch aktiv zu nutzen.
SCHWERPUNKT: FRAUEN
Anregungen aus der Praxis
auf Anfängerniveau nicht zu lange dauern und Kurszeiten auf den Familienalltag abgestimmt werden. Eine begleitende Kinderbetreuung kann für Mütter ein entscheidendes Argument sein. „Das schaffe ich nicht“ oder „Das wird mir zu schnell gehen“ sind häufige Befürchtungen. Vermitteln Sie gleich zu Kursbeginn nützliche Lernstrategien für ein besseres und effektiveres Lernen. Durch Erfolgsmomente steigt die Motivation. Passen Sie die Kursinhalte an Bedarf und Interesse der Teilnehmerinnen an. Indem Sie mit Fachvokabeln den Alltag der Frauen in den Kurs holen – etwa durch gemeinsames Ausfüllen der Schulanmeldung für das Kind –, schaffen Sie einen zusätzlichen Mehrwert.
IM SPORTVEREIN „In unseren Teams sind kaum Flüchtlinge oder Zuwanderinnen“ In Sportvereinen treffen sich Menschen unterschiedlicher Herkunft und wachsen durch das gemeinsame Hobby schnell zusammen. Viele Vereine beobachten aber, dass neu in Österreich lebende Mädchen und Frauen sportlich weniger aktiv sind, insbesondere Musliminnen. Das können Sie tun Die Sportabstinenz kann viele Gründe haben, die nicht zwingend religiös sein
müssen. Oft ist organisierter Sport in den Communities vieler Frauen kaum verankert oder wird eher von Männern betrieben. Wollen Sie Flüchtlinge und Zuwanderinnen gewinnen, sollten Sie zunächst den Sport an sich und das Vereinsleben vorstellen. Informieren Sie im direkten Umfeld, wie in Migrantenvereinen, oder machen Sie Infoveranstaltungen in Schulen und Jugendzentren. Dass Mädchen und Buben in Öster reich gemeinsam im Verein sporteln, ist normal und muss auch Flüchtlingen vermittelt werden. Beim Einstieg ins Vereinsleben können gezielte Mädchen- oder Frauenangebote jedoch helfen. Haben Trainer neben dem Sportgeschehen auch ein geschultes Auge auf das Miteinander im Verein, werden sich Zuwanderinnen eher wohlfühlen und schneller einleben. Für Mädchen spielt die Einstellung der Familie zum Sport eine entscheidende Rolle. Versuchen Sie den Kontakt zu Eltern aufzubauen, etwa bei Vereinsfesten. Vorbilder schaffen positive Effekte. Gewinnen Sie Multiplikatorinnen aus den Communities oder Trainerinnen, die selbst Migrationshintergrund haben. Ist eine besonders engagierte Zuwanderin in Ihrem Verein aktiv, fragen Sie, ob Interesse an einer Trainerlaufbahn besteht.
Birgit Maier
leitet beim Verein deutsch_und_mehr das Projekt- und Qualitätsmanagement
Elisabeth Narnhofer
arbeitet bei der Caritas im Projektteam von SIQ+ (Sport – Integration – Qualifikation)
Birgit Kofler leitet beim ÖIF das Team Spracherwerb und die Qualitätssicherung von Sprachkursen
LESE-TIPPS
MEHR ZUM THEMA ERFAHREN Die Infobroschüre „Interkulturelle Eltern arbeit – Ein Werkzeugkoffer für Volksschul-Lehrer/innen“ mit Anregungen und Tipps aus der Schulpraxis können Sie kostenlos bestellen unter pr@integrationsfonds.at. Die Diplomarbeit von Elisabeth Narnhofer zum Thema „Integration jugendlicher Musliminnen in und durch Sport in Österreich“ können Sie nachlesen auf http://siq. caritas-steiermark.at. Das Sprachportal des ÖIF und Österreich Instituts bietet Deutschlernern kos tenlose Lernmaterialien zu alltagsnahen Themen, etwa wie man einen Meldezettel ausfüllt oder ein Bankkonto eröffnet. www.sprachportal.at
ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
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MENSCHEN UND PROJEKTE
Angebote für Schulen
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L E R N M AT E R I AL
Das 1 x 1 verstehen lernen Eine Lernkiste vermittelt Kindern ab vier Jahren das Verständnis für Zahlen – und fördert damit den späteren Schulerfolg.
UNTERRICHTSMATERIAL
ZEITUNG LESEN, DEUTSCH LERNEN Der Österreich Spiegel ist eine Lernunterlage vom ÖIF und dem Österreich Institut für den Unterricht von Deutsch als Fremd- bzw. Zweitsprache. Er erscheint vierteljährlich und bietet authentische Medienbeiträge inkl. Übungen zu Themen wie Bildung, Sport, Kultur oder Arbeitswelt. Im Schwerpunkt der Sommer-Ausgabe dreht sich alles um das Thema Schule. Ergänzt wird der Schulschwerpunkt durch eine vollständig ausgearbeitete Lerneinheit, die von Lehrern direkt im Unterricht eingesetzt werden kann. Mit spezifischen Jugendartikeln ist der Österreich Spiegel auch für junge Deutschlerner bestens geeignet. Wenn Sie ein Jahresabonnement oder Probeexemplar des Österreich Spiegels bestellen möchten, schreiben Sie an oesterreichspiegel@ integrationsfonds.at.
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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
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Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache tun sich oft auch beim Rechnen schwerer.
chüler mit nichtdeuttrische Formen leichscher Muttersprache ter erkannt und behaben es nicht nur im nannt, räumliche Deutschunterricht schwerer. Distanzen oder zeitPeter Zörer, Auch in Mathematik oder Naliche Abfolgen besser turwissenschaften wirkt sich Rotary Club verstanden werden. ein Sprachdefizit aus“, weiß Peter Zörer, Berufsdienstbeauftragter des VIELFÄLTIGE EINSATZMÖGLICHKEITEN Rotary-Distrikts 1910. Im Rahmen eines „Die Mathe-Kiste ermöglicht spieleBildungsprojekts fördert Rotary den Ein- risches Lernen“, so Zörer. Neben Kindersatz einer von Pädagogen entwickelten gärten, Vor- und Grundschulen kann sie Mathe-Kiste. Gefüllt mit Zahlenwürfeln, auch in Förderklassen oder beim SprachZiffernfahnen und anderen Materialien training mit Flüchtlingen eingesetzt wervermittelt sie Kindern von vier bis sieben den. Nicht nur sie profitieren von dem Jahren ein Gefühl für mathematische Zu- Lernutensil. Denn hergestellt werden die sammenhänge. „Zahlen sind abstrakt. Mathe-Kisten von lernbehinderten MenDurch die Übungen lernen die Kinder, schen in Werkstätten, denen auch die Einwas sie wirklich bedeuten.“ Der frühe nahmen aus dem Verkauf zugutekommen. Umgang mit Zahlen und Rechenaufgaben Sie wollen eine Mathe-Kiste zum Preis fördert eine nachhaltige Entwicklung der von 110 Euro bestellen? Wenden Sie sich Rechenfertigkeiten, dient aber auch der für weitere Infos oder Bestellungen an: Sprachförderung. So können etwa geome- Peter Zörer, peter.zoerer@aon.at
MENSCHEN UND PROJEKTE
Wissenswertes
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Wortwanderung
Fußb Spec allia zu l EM 2 r 016
Am Trikot des Gegners sollte man besser nicht zu stark ziehen – sonst droht schnell die Gelbe Karte. Das Wort Trikot selbst kommt aus dem Französischen, hat sich im österreichischen Sprachgebrauch aber auch als Leiberl eingebürgert. Wer kein Leiberl reißt, hat sprichwörtlich kaum noch Gewinnchancen. Die Gurke meint im Fußball natürlich nicht das grüne Gemüse, sondern eine Aktion, bei der ein Spieler den Ball durch die Beine des Gegners spielt. Aus dem mittelgriechischen αγγούρι(ο)ν angouri(o)n wurde das polnische ogórek – von wo es dann ins Deutsche übernommen wurde.
wandelte und so viel heißt wie einrasten oder knacken. Die Mannschaft hat es als Bezeichnung für eine Gruppe von Sportlern ebenfalls in andere Sprachen verschlagen, seit Deutschland 2016 die Fußballweltmeisterschaft für sich entscheiden konnte. Liest man etwa in französischen Zeitungen Mannschaft, so steht das für die deutsche Nationalelf. Spielt das deutsche
Der Knipser ist ein Stürmer, der aus allen möglichen und unmöglichen Lagen ins Tor trifft. Den Ball am Goalie vorbeizuspielen, scheint für ihn derart einfach zu sein, als ob er eben nur das Licht anknipsen müsste. Das Wort fand Eingang ins Estnische, wo es sich in den Begriff nipsutama ver-
Gratis-Abo ZUSAMMEN:ÖSTERREICH erscheint vierteljährlich und ist für alle Interessierten kostenlos im Abonnement erhältlich. FRÜHLING 2016
27.11.2015
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MUT UND VERANT WOR
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Team, sprechen Sportreporter arabischer Radio- oder Fernsehsendungen energisch von Farik El Mannschaft – zu Deutsch eine Wiederholung, denn das heißt schlicht: Mannschaft die Mannschaft! Der Haxen ist für den Fußballer wie das Rennauto für den Formel-1-Fahrer: entscheidend für den sportlichen Erfolg. Als Bezeichnung für die Beine wird der Begriff als
haksna auch im Tschechischen verwendet. Der Platz legte auf seiner Reise bereits tausende Kilometer zurück. Zunächst aus dem französischen place ins Deutsche übernommen, findet sich der Begriff beinahe unverändert in unzähligen Sprachen wieder. Plats heißt es im Estnischen, plac in Tschechien und Polen sowie плац im Bulgarischen und Russischen.
Vor- und Nachname
Ja, ich möchte ZUSAMMEN: ÖSTERREICH kostenlos abonnieren.
Straße und Hausnummer
PLZ und Ort
SOMM ER 2016
PRINZIPIEN AUGEN DES MITEINANDERS MIT DENHTLINGS Welche Werte Fundament g unserer Gemeinschaft sind S FLÜCDer Anfan EINE reich Gespräch: in Öster DERT ERSTE SCHRITT STAT Wie wir Flüchtlinge beim FAKTEN AGE N Deutschlernen unterstützen n für HÖRENS können
WINTER 2015
ÖSTERREIC
ILLUSTRATION: NIEL MAZHAR; FOTOS: YOUTUBE/© 2012 FUNKE-DESIGN.COM, VS HAEBERGASSE
Begriffe, die in den deutschen Sprachraum einoder aus diesem ausgewandert sind.
Senden Sie Name und Adresse per Mail an magazin@integrationsfonds.at oder füllen Sie diesen Coupon aus und schicken Sie ihn in einem Kuvert an: Österreichischer Integrationsfonds, Redaktion ZUSAMMEN:ÖSTERREICH, Schlachthausgasse 30, 1030 Wien
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MENSCHEN UND PROJEKTE
Gemeindeprojekt
I NTEGR AT I O N V O R O R T
Das Miteinander wachsen lassen Begegnung im Grünen: Im Interkulturellen Sprachgarten der Gemeinde Admont kommen Flüchtlinge und Einheimische zusammen. TEXT
Kristin Längle
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n der steirischen 5.000-Seelen-Gemeinde Admont leben Flüchtlinge aus Tschetschenien, Bosnien, dem Irak oder Afghanistan. „Manche sind schon einige Jahre da, andere erst seit wenigen Monaten. Ein Ort, der für sie alle offensteht und auch bei Einheimischen sehr beliebt ist, ist der Interkulturelle Sprachgarten“, erzählt Projektleiterin Astrid
FOTOS: ROSA HOFER, STIFT ADMONT
Die Leidenschaft fürs Gärtnern verbindet Menschen unterschiedlichster Herkunft. In Admont fördert sie ein gutes Zusammenleben in der Gemeinde.
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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
MENSCHEN UND PROJEKTE
Gemeindeprojekt
Im Garten reden wir bewusst nur auf Deutsch, damit die Flüchtlinge Übung mit der Sprache bekommen.
sorgsam gepflegt. Beim gemeinsamen Pflanzen, Jäten und Ernten fällt es Flüchtlingen wie auch Einheimischen leichter, miteinanAstrid der in Kontakt zu kommen Remschak, – das dient auch der Projektleiterin sprachlichen Integration. PFLANZEN, ERNTEN „Im Garten reden wir bewusst nur auf Deutsch, damit die FlüchtUND DEUTSCHLERNEN Mehr als die Hälfte der Hobbygärtner im linge Übung mit der Sprache bekommen“, Sprachgarten sind Flüchtlinge. „Es ist für betont Remschak. „Das Gärtnern ist die sie etwas Besonderes, dass sie ein eigenes gemeinsame Basis, aus der sich schnell Beet haben und Obst und Gemüse ihrer persönliche Gespräche und oft auch Wahl pflanzen können“, so Remschak. Be- Freundschaften entwickeln.“ sonders beliebt sind Kartoffeln, Zucchini oder Salat, aber auch Erdbeeren und EIN NEUES GEMEINSCHAFTSGEFÜHL Himbeeren werden gerne gesetzt und Jeder kann im Sprachgarten für den EigenRemschak. Er wurde im Sommer 2014 ins Leben gerufen, um Flüchtlinge in das Gemeindeleben zu integrieren. Das Stift Admont stellte dafür eine 450 m² große Gartenfläche kos tenlos zur Verfügung.
bedarf anbauen – allgemeine Arbeiten wie Rasenmähen und Heckenschneiden erledigen alle zusammen. Auch eine große Kräuterspirale wird gemeinsam gepflegt und der Ertrag zu Kräutersalz oder -essig verarbeitet. Bei Gemeindeveranstaltungen werden die Produkte gegen Spenden verkauft und der Erlös in neue Setzlinge oder Gartengeräte investiert. Der Erfolg des Projekts zeigt sich aber nicht nur in der reichlichen Ernte und Begeisterung der Gärtner. „Der Sprachgarten hat dazu beigetragen, dass wir alle offener aufeinander zugehen“, freut sich Remschak. Auch eine Schulklasse bewirtschaftet ein Beet im Sprachgarten – so kommen schon die Jugendlichen mit den Themen Flucht und Integration in Berührung.
AUF EINEN BLICK
PROJEKT: Interkultureller Sprachgarten zur Förderung der sprachlichen und gesellschaftlichen Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern sowie zur Stärkung des interkulturellen Austauschs in der Gemeinde PROJEKTTRÄGER: Volkshilfe Bezirksverein Admont-Gesäuse GEBIET: Gemeinde Admont, Steiermark ZIELGRUPPEN: In der Gemeinde lebende Einheimische, Flüchtlinge und Menschen mit Migrationshintergrund FINANZIERUNG: Die Gartenfläche wird vom Stift Admont kostenlos zur Verfügung gestellt, die Gemeinde Admont hat sich mit der Finanzierung eines Geräteschuppens beteiligt. KONTAKT: Astrid Remschak, Obfrau Volkshilfe Bezirksverein Admont-Gesäuse astrid.remschak@twin.at Tel.: +43 676/8708 31506
DAS SAGT DER ABT:
„Integration endet nicht bei der Unterbringung oder beim Deutschunterricht. Vielmehr ist Integration ein Prozess, an dem alle – auch eine ganze Gemeinde – teilnehmen müssen. Der Sprachgarten, bei dessen Verwirklichung auch das Benediktinerstift Admont einen wichtigen Beitrag geleistet hat, dient der Begegnung zwischen Flüchtlingen und der einheimischen Bevölkerung. Hier werden Geschichten erzählt und Ängste abgebaut. Wir sehen, dass gerade in diesen Begegnungen viel Gemeinsames entwickelt werden kann. Abt Bruno Hubl, Abt des Benediktinerstiftes Admont
TIPPS ZUR PROJEKTFÖRDERUNG: Zahlreiche lokale Integrationsprojekte werden durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der Europäischen Union, das Innenministerium (BMI) und das Integrationsministerium (BMEIA) kofinanziert. Der Österreichische Integrationsfonds, Team Förderungen, Finanzen und Controlling, unterstützt bei der Fondsabwicklung. Er ist als Anlauf- und Servicestelle beauftragt, Projektinteressierte zu informieren und die Verwaltung und Kontrolle der ausgewählten Projekte durchzuführen. Mehr Informationen zum AMIF und der Antragstellung finden Sie auf www.bmi.gv.at Aufgabengebiete Asyl-, Migrationsund Integrationsfonds (AMIF), auf Integration Asyl-, www.bmeia.gv.at Migrations- und Integrationsfonds sowie Themen auf www.integrationsfonds.at EU-Fonds. WEITERE FÖRDERTÖPFE: Je nach Thema und Ort können Sie auch hier Unterstützung erhalten: Europäischer Sozialfonds: www.esf.at EU-Programm für Beschäftigung und soziale Innovation: www.ec.europa.eu/social Initiative Vielfalter: www.viel-falter.org Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds: www.waff.at
ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
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MENSCHEN UND PROJEKTE
Porträt
I NTEGR AT I O NS B O T S C H A F T E R
Vermittler zwischen den Welten Als Deutscher mit türkischen Wurzeln ist Ramazan Demir für viele zuerst „der Piefke“. Die Verständigung über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg ist ihm gerade deshalb wichtig. TEXT
Kristina Nedeljkovic´
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s herrscht Hektik in den Schulgän gen, die große Pause wurde einge läutet. Schüler stürmen aus den Klassenräumen, im Vorbeigehen lächeln sie ihm freundlich zu, manche begrüßen ihn. Einer reicht ihm die Hand: „Salam Aleikum, Herr Lehrer.“ Ramazan Demir freut sich über das gute Verhältnis zu sei nen Schülern. „Ich will nicht nur Lehrer, sondern auch Vertrauensperson sein“, sagt er.
LEHRER AUS BERUFUNG Am Brigittenauer Gymnasium ist er einer von drei Pädagogen für islamische Religi on. Insgesamt 17 Klassen unterrichtet er. „Den Lehrerberuf sehe ich als Berufung. Hätte ich heute zehn andere Möglich keiten, würde ich mich wieder dafür ent scheiden.“ Dass ihn sein Weg nach Wien führen würde, war nicht immer klar. Ge boren und aufgewachsen ist Demir in Ludwigshafen in Deutschland als Sohn türkischer Einwanderer. Die Liebe und das Studium führten ihn schließlich nach Wien, wo er seit neun Jahren lebt. Hier ab solviert er auch einen Studiengang für das Lehramt für Islamische Religion.
WIENER UND MUSLIM „Dass ich für viele zuerst der Piefke bin, nehme ich mit Humor“, erzählt der 30Jährige lachend. Er selbst begreift sich
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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH
FOTOS: WW.WEINFRANZ.AT
MENSCHEN UND PROJEKTE
Porträt
Wenn wir Gemeinsamkeiten fördern, statt Unterschiede zu betonen, ist schon ein großer Schritt getan, ist Ramazan Demir überzeugt.
SERVICE
Ich rate meinen Schülern: Wenn euch etwas stört, engagiert euch!
als Wiener. Angebote für takt mit Jugendlichen. Lehrerposten in Deutsch „Wir wollen alle gut land habe er immer abge zusammenleben. Wenn lehnt. „Ich habe meinen wir Gemeinsamkeiten Ramazan Demir, Lehrer Lebensmittelpunkt hier.“ fördern, statt Unter schiede zu betonen, ist Eine Auffassung, die er und Integrationsbotschafter dafür schon ein großer auch seinen Schülern wei tergeben möchte: „Es ist kein Wider Schritt getan.“ Deshalb setzt er sich auch spruch Österreicher und Muslim zu sein.“ im interreligiösen Dialog ein. Auf Einla Neben seiner Lehrtätigkeit engagiert sich dung des Außenministeriums besuchte Demir ehrenamtlich in der Seelsorge für er in Begleitung des Rabbis Schlomo inhaftierte Muslime. „Für meine Mas Hofmeister Jerusalem. Dafür gab es sehr terarbeit an der Uni habe ich mich mit positive Resonanz von vielen Seiten, auch muslimischen Jugendlichen in Haft und von der muslimischen Glaubensgemein der Bedeutung der Gefängnisseelsorge schaft. Durch Austausch können Vorur auseinandergesetzt. Schließlich begann teile abgebaut werden, ist Demir über ich als Imam in der Justizanstalt Josefstadt zeugt. „Dabei ist es wichtig Politik und zu arbeiten“, erzählt Demir. Seit inzwi Religion zu trennen.“ Diese Botschaft schen fünf Jahren betreut er dort ehren versucht er Jugendlichen auch als Integra amtlich muslimische Gefangene. „Die tionsbotschafter bei Schulbesuchen zu Bedeutung von Religion nimmt in der vermitteln. „Sie sollen sich nicht auf die Haft zu.“ Hier sei es besonders wichtig, Herkunftsländer ihrer Eltern fixieren, geschulte Seelsorger als Ansprechpartner sondern ihr Leben in Österreich im Fokus zu haben, damit die Suche nach Sinn und haben.“ Als Integrationsbotschafter der Spiritualität im Leben die Jugendlichen Initiative ZUSAMMEN:ÖSTERREICH rät nicht in die Hände radikal-islamistischer er Schülern sich als Teil der österreichi Gruppierungen treibt. Als Dozent in der schen Gesellschaft zu begreifen und selbst Strafvollzugsakademie sensibilisiert De einen, Beitrag zu leisten. „Wenn euch et mir auch die Justizwachebeamten für das was stört, engagiert euch, werdet Politiker, Thema Radikalisierung. In der Debatte arbeitet ehrenamtlich.“ Durch Zusam um muslimische Jugendliche ist es ihm menkommen entsteht schließlich ein Wirauch wichtig, dass nicht verallgemeinert Gefühl, dafür braucht es Offenheit, Mut wird. „Über 99 Prozent der Muslime le und Empathie. ben friedlich in Österreich und verurteilen Gewaltakte.“ Ramazan Demir (30) in Deutsch-
LEBEN IN ÖSTERREICH IM FOKUS Motivation für sein vielfältiges Engage ment holt sich Demir im laufenden Kon
land als Sohn türkischer Einwanderer geboren, unterrichtet er in Wien islamische Religion und arbeitet ehrenamtlich als Gefängnisseelsorger.
DIE INTEGRATIONSBOTSCHAFTER
„ZUSAMMEN: ÖSTERREICH“ ist nicht nur der Name dieses Magazins, sondern auch einer Initiative von Integrationsminister Sebastian Kurz und dem ÖIF. Mehr als 360 gut integrierte Migranten besuchen als Integrationsbotschafter Schulen in ganz Österreich, erzählen ihre persönliche Erfolgsgeschichte und diskutieren mit den Schülern. Warum? Um Vorurteile abzubauen und Motivation zu schaffen. Seit Start der Initiative 2011 haben bereits rund 49.000 Schüler davon profitiert. Die Initiative wurde über die Jahre ausgebaut und um Themen wie Ehrenamt, Bildung und Identität erweitert. Im Jahr 2016 feiert ZUSAMMEN: ÖSTERREICH fünfjähriges Bestehen. Erfahren Sie mehr und lernen Sie die Integrationsbotschafter in ihren Videos näher kennen unter. www.zusammenoesterreich.at
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MENSCHEN UND PROJEKTE
Aktuelles
NEUES V O M Ö S T E R R E IC H I S C H E N IN T E G R AT IO N S F O N DS ( Ö I F)
Integration aktuell
WIEN: Am 18. Mai lud Integrationsminister Sebastian Kurz ehrenamtliche Lerngruppenleiter von Treffpunkt Deutsch zum Austausch. Mit dem Angebot Treffpunkt Deutsch in seinen Integrationszentren unterstützt der ÖIF engagierte Menschen, die sich ehrenamtlich betätigen möchten und Flüchtlingen sowie Zuwanderern beim Erwerb von Deutschkenntnissen helfen.
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MAI
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STEIERMARK: Zehn Stipendiaten mit Migrationshintergrund der ZUSAMMEN:ÖSTERREICH Akademie nahmen am 2. und 3. April an der Frühjahrstagung des Ennstaler Kreises in der Ramsau am Dachstein teil und diskutierten mit verschiedenen Experten Themen wie die Flüchtlingskrise.
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MÄRZ
BUNDESLÄNDER: Vom 1. Mai bis 12. Juni konnten Organisationen und Kursinstitute ihre Sprachkursprojekte für das „Startpaket Deutsch & Integration“ einreichen. 12 Millionen Euro Fördermittel werden dabei durch den ÖIF vergeben, um Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte rasch und effizient bei ihrer sprachlichen Integration zu unterstützen.
KLAGENFURT: Am 27. April besuchte der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser einen ÖIFWerte- und Orientierungskurs in Klagenfurt. Kärnten ist das neunte Bundesland, in dem die neuen Werte- und Orientierungskurse umgesetzt werden.
WIEN: Die neue Kooperation von Integrationsministerium, ÖIF und AMS wurde am 9. März von Integrationsminister Sebastian Kurz, AMS-Vorstand Johannes Kopf, AMS-Wien-Chefin Petra Draxl und ÖIF-Geschäftsführer Franz Wolf präsentiert: ÖIF-Werteund Orientierungskurse sind ab sofort Teil der AMS-Schulungsmaßnahmen für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte.
FOTOS: ISTOCKPHOTO.COM/RICHTERFOTO, ÖIF, DRAGAN TATIC/BMEIA, NADINE STUDENY
BRÜSSEL: Auf Einladung der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich besuchen die EU-Integrationsbotschafter vom 21. bis 23. Juni Brüssel, um die Institutionen und Initiativen der EU besser kennen zu lernen. Danach werden sie bei Schulbesuchen ihr neues Europa-Wissen an Jugendliche in Österreich weitergeben und so eine aktive Unionsbürgerschaft fördern.
Alle ÖIFA finde ktivität n Sie en www .inte auf gratio
MENSCHEN UND PROJEKTE
Integrationspreis Sport
INT E G R AT I O N D U R C H S P O R T
Integration in Bewegung bringen
B ew sich erben S Spo mit Ih ie re m rtp 8 . J ro j e k t b uli 2 016! is w
Sportprojekte aus allen Bundesländern können bis 8. Juli 2016 für den Integrationspreis Sport eingereicht werden.
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Sport verbindet Menschen jeder Herkunft, das stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
onsministerium, dem Sportministerium, der Bundessportorganisation sowie dem Sponsor Coca-Cola daher auch 2016 wieder den Integrationspreis Sport. Bereits zum neunten Mal werden damit hrist, Muslim oder Atheist. Öster- Projekte aus ganz Österreich prämiert, die reicher, Afghane oder Türke. Im mit ihren sportlichen Aktivitäten zu einem Sport ist es egal, woher der Mit- besseren Zusammenleben beitragen. spieler kommt und welcher „Fairness, Teamplay und Religion er angehört. Was Fairness, Zusammenhalt – diese zählt, ist das Engagement am Teamplay und Werte sind am Spielfeld Spielfeld und die Motivation, Zusammenhalt selbstverständlich – egal, gemeinsam am Erfolg der sind im Sport woher man kommt“, Mannschaft zu arbeiten. selbstverständ- weiß ÖIF-Projektleiterin Michaela Grubmüller. lich – egal, 15.000 EURO Insgesamt werden im woher man FÜR INNOVATIVE PROJEKTE Rahmen des IntegratiDer Österreichische Integrati- kommt. onspreises Sport 15.000 Michaela Grubmüller, Euro an Sportprojekte onsfonds (ÖIF) vergibt in Kooperation mit dem Integrati- Projektleiterin vergeben, die auf innova-
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tive und nachhaltige Weise zur gesellschaftlichen Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern beitragen.
JETZT SPORTPROJEKTE EINREICHEN Neben Vereinen, Organisationen, Städten und Gemeinden sind auch Schulen und engagierte Privatpersonen aufgerufen, ihre Integrationsprojekte einzureichen. Mitmachen lohnt sich, denn die beiden besten Projekte bekommen je 3.000 und 2.000 Euro, zehn weitere Projekte je 1.000 Euro. Einreichfrist ist der 8. Juli 2016. „Es gibt in Österreich so viele großartige Projekte, die Menschen mit unterschiedlichen Geschichten zusammenbringen und dazu beitragen, Vorurteile abzubauen“, so Grubmüller. „Wir hoffen, es bewerben sich möglichst viele.“
Sie wollen Ihr Projekt für den Integrationspreis Sport einreichen? Alle Infos unter www.sportpreis.at.
KURZ GEMELDET
DEUTSCHLERNEN IM AUSLAND
Kurse für alle Alters- und Niveaustufen sowie Fachsprachkurse bietet das Österreich Institut. Standorte sind in Budapest, Belgrad, Bratislava, Brünn, Rom, Warschau, Krakau und Breslau. Die Sprachprüfungen sind international anerkannt. www.oesterreichinstitut.at
KURSE FÜR GEHÖRLOSE
Das Institut equalizent in Wien bietet spezielle Kurse für gehörlose und schwerhörige Zuwanderer sowie auch für hörbehinderte Flüchtlinge. Es unterstützt sie beim Lernen der deutschen Schrift- und der Österreichischen Gebärdensprache. www.equalizent.com
KULTURAUSTAUSCH MIT BOSNIEN
2016 feiert das Integrationsministerium das „Kulturjahr Österreich – Bosnien Herzegowina“. Der kulturelle Austausch wird mit österreichweiten Lesungen bosnischer Autoren gefördert, etwa am 21. Juni im Linzer Adalbert Stifter Haus mit Tanja Šljivar und Mile Stojić. www.bmeia.gv.at
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MENSCHEN UND PROJEKTE
Projektporträt
F U S S B A LL- WO R K S H O P S
Ohne Vorurteile am Rasen Fast jeder Fußballverein hat Spieler mit Wurzeln im Ausland. In den Workshops von „Teamplay ohne Abseits“ fördern Integrationsbotschafter aus dem Profi-Fußball ein gutes Miteinander im Team. TEXT
Jana Herunter
LERNEN VON FUSSBALLPROFIS Geleitet werden die rund zweistündigen, kostenlosen Workshops von einem Z U SA M M E N : Ö ST E R R E I C H -Projektteam sowie Integrationsbotschaftern aus dem Profi-Fußball mit Migrationshintergrund. „Wir besuchen die Vereine mit national oder regional bekannten Fußballspielern, die sich in Österreich gut integriert haben“, erklärt Mayer. „Sie erzählen, wie sie es geschafft haben und berichten von ihrem sportlichen und persön-
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Alle Informationen zum Ablauf der Workshops von „Teamplay ohne Abseits“ finden Trainer in der gleichnamigen Broschüre. lichen Lebensweg. Bei den Kids kommt das sehr gut an.“ Mit ihren Geschichten führen die Integrationsbotschafter langsam an das Thema Vorurteile heran. Anschließend setzen sich die Kinder und Jugendlichen in verschiedenen Spielen interaktiv damit auseinander. So wird zum Beispiel das beliebte Vorurteil, Brasilianer seien bessere Fußballer, diskutiert. „Es hilft zu erkennen, wie vielfältig Vorurteile sein können und dass wir alle welche haben – sie müssen nicht immer negativ sein“, schildert Mayer. Die spielerische Auseinandersetzung macht es möglich, das Miteinander im Verein näher zu betrachten und offen zu diskutieren, wo es Herausforderungen gibt. „Je nach konkreter Ausgangslage wählen wir eine ande-
re Herangehensweise, die auch dem Alter der Mannschaft entspricht.“
SPIELER UND TRAINER PROFITIEREN Um ein konstruktives Miteinander auf lange Sicht zu fördern, vermitteln die Integrationsbotschafter praktische Tipps für den Vereinsalltag oder erarbeiten mit den Teams Lösungsvorschläge für konkrete Problemstellungen. Von der Vorbildwirkung und den Anregungen der Integrationsbotschafter profitieren auch die Trainer, weiß Mayer: „Viele Trainer kommen auf uns zu, weil sie merken, dass es wichtig ist, die zwischenmenschliche Ebene in ihren Teams zu stärken. Durch die Workshops lernen sie ihre Spieler noch mal von einer anderen Seite kennen.“
FOTOS: ÖIF/MAYER, ÖIF/LÄNGLE
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ußball liebt man weltweit – auch in Österreich ist kein Sport weiter verbreitet. Diese Leidenschaft nutzen wir für Integration“, so Cedric Mayer von ZUSAMMEN:ÖSTERREICH . Er leitet Workshops der Aktion „Teamplay ohne Abseits“, die gemeinsam mit dem Integrationsministerium, dem ÖFB und der Bundesliga ins Leben gerufen wurde und sich an Kinder und Jugendliche im Fußballnachwuchs richtet. Vereine in ganz Österreich können dabei den Zusammenhalt zwischen Spielern unterschiedlicher Herkunft stärken, die Auseinandersetzung mit Integration fördern und möglichen Spannungen im Team aktiv begegnen.
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Termine
Teamplay ist alles: Diesen Ansatz vermitteln die Workshops mit unterschiedlichen Spielen wie etwa dem „Tower of Power“.
K Wo r o s t e n l o s ksho p b ue n chen I n f o bo d e r ro s c h best e l l e nü r e :
www. z oester usammen re teampich.at/ l ay
TERMINE
WIEN: Im Rahmen der ÖIF-Summer School 2016 findet vom 5. bis 8. Juli das Seminar „Interkulturelles Konfliktmanagement compact“ statt. Nähere Informationen und Anmeldung per Mail an konfliktmanagement@ integrationsfonds.at JULI
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ÖSTERREICH: Auch 2016 zeichnet der ÖIF differenzierte und sachlich ausgewogene Berichterstattung rund um Integration mit dem „Journalistenpreis Integration“ aus. Bewerbung bis 15. Juli unter www.integrationsfonds.at/ journalistenpreis JULI
AUF EINEN BLICK
PROJEKT: Teamplay ohne Abseits ZIELGRUPPE: Kinder und Jugendliche in Fußballvereinen und Nachwuchsakademien zwischen 11 und 19 Jahren ANGEBOT: Kostenlose Workshops zur Förderung eines vorurteilsfreien Miteinanders, pro Workshop maximal 40 Teilnehmer GEBIET: Österreichweit WEITERE INFOS: Informieren Sie sich über einen Workshop in Ihrem Fußballverein oder buchen Sie einen Termin unter www.zusammen-oesterreich.at/teamplay.
WEITERE ANGEBOTE: Das Handbuch „Fußball und Mut“ basiert auf Erfahrungen der gleichnamigen Initiative in Grazer Fußballvereinen. Es setzt sich mit Aspekten der Vielfalt im Vereinssport auseinander und liefert bewährte Strategien für den Umgang mit Diskriminierungen. Das Handbuch kann in Deutsch, Englisch Türkisch, Bosnisch/Kroatisch/Serbisch und Russisch heruntergeladen werden. www.caritas-steiermark.at Begriffe von A wie Asyl bis Z wie Zweite Generation erklärt das Integrationsglossar des ÖIF. Damit eignet es sich auch für Vereinsfunktionäre, Trainer und Betreuer, die sich näher mit Integration befassen möchten. Kostenlos bestellen per Mail an pr@integrationsfonds.at.
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GRAZ: Im Basismodul des Workshops „Tipps und Tools für die Begleitung von Deutsch-Lerngruppen“ erfahren Freiwillige mehr über Sprachniveaus und die Planung von Übungsstunden. Beginn um 15 Uhr im ÖIF-Integrationszentrum Graz. Anmeldung unter www.wirsinddabei.at AUGUST
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MENSCHEN UND PROJEKTE
Publikationen
Meinungsforscher Peter Hajek hat die Stimmung der Österreicher zur Flüchtlingsintegration erhoben.
I NTEGR AT I O NS B A R O M E T E R
Wie Österreicher Integration sehen Welche Probleme bei der Integration von Flüchtlingen gesehen werden und wie das Zusammenleben beurteilt wird, beantwortet das neue "Integrationsbarometer". TEXT
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Das Zusammenleben mit Zuwanderern sehen die Österreicher prinzipiell positiv – gegenüber Muslimen steigt aber die Skepsis.
ahlreiche Flüchtlinund Gewaltbereitschaft ge kamen im letzten von muslimischen FlüchtJahr nach Österlingen gegenüber Frauen reich. In den Medien, der als „sehr großes“ oder Schule, im Büro und an „eher großes Problem“ Peter Hajek, Stammtischen ist das Thewahr. „Eine überwiegenma der Flüchtlingsintegra- Studienautor de Mehrheit der Österreition seither allgegenwärtig. cher befürchtet also einen Doch wie hat sich die Stimmung in unse- Angriff auf die Stellung der Frau in der rem Land verändert und welche Heraus- Gesellschaft“, folgert Hajek. „Dass diese forderungen gibt es? Meinungsforscher Sorge so deutlich ausfällt, gehört neben Peter Hajek hat im Auftrag des ÖIF der Skepsis gegenüber Muslimen zu den Österreicher zu ihrer Einschätzung des Überraschungen unserer Studie.“ Zusammenlebens von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sowie von FÜR ALLE INTERESSANT Muslimen und Nicht-Muslimen befragt. Das „Integrationsbarometer“ enthält noch Die Ergebnisse wurden nun in Form des zahlreiche weitere Ergebnisse und soll in neuen ÖIF-„Integrationsbarometers“ zu- Zukunft regelmäßig aktualisierte Zahlen und Fakten zur öffentlichen Meinung und sammengefasst. Stimmungslage zu Integrationsthemen KRITISCHE STIMMUNG liefern. „Meinungen zu verschiedenen Mehr als die Hälfte der Österreicher sieht Themen können sich innerhalb weniger das Zusammenleben mit Zuwanderern im Monate stark verändern“, weiß Hajek. Allgemeinen positiv – handelt es sich dabei „Die laufenden Ergebnisse des Integratiaber um Muslime, sinkt die Zustimmung onsbarometers sind daher für alle releauf nur ein knappes Drittel. Auch im Hin- vant: um sachlich über aktuelle Integratiblick auf die Integration von Flüchtlingen onsherausforderungen zu diskutieren oder sind viele Österreicher kritisch: 77 Prozent gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Befragten nehmen geringen Respekt setzen zu können.“
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WISSEN
NACHLESEN UND INFORMIEREN Das „Integrationsbarometer“ erhebt regelmäßig Stimmungsströmungen zum Thema Integration und liefert damit Zahlen und Fakten für die Integrationsarbeit. Sie können das "Integrationsbarometer" nachlesen oder herunterladen auf www.integrationsfonds.at.
FOTOS: LEHRGANG INTERRELIGIÖSER DIALOG, DANZIG & UNFRIED, THINKSTOCK PHOTOS BY GETTY IMAGES/STOKKETE, ÖIF/UNGER
Franziska Troger
FORSCHUNG AKTUELL
FOKUS INTEGRATION
Der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) empfiehlt: Termine und Aktuelles rund um Integration und Migration BEWERBEN FÜR ÖIFFORSCHUNGSPREIS: Der ÖIF fördert die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern. Fünf Preise zu je 2.000 Euro gehen an abgeschlossene Diplom- und Masterarbeiten, zwei Preise zu je 3.000 Euro an Dissertationen. Absolventen österreichischer Hochschulen können sich bis 30. Juni 2016 bewerben unter www.integrationsfonds.at/forschungspreis.
INTERRELIGIÖSER DIALOG: Die Donau-Universität Krems bildet mit dem 4-semestrigen Universitätslehrgang „Interreligiöser Dialog. Begegnung von Juden, Christen und Muslimen“ zum Master of Arts (MA) aus. Der nächste Durchgang startet am 10. November 2016. Weitere Informationen sowie die Möglichkeit zur Bewerbung finden Sie auf www.donau-uni.ac.at/ religion/interreligioeser-dialog.
STUDIE ZU BERUFSINTEGRATION: „Mentoring für MigrantInnen“ ist eine Initiative des ÖIF, des AMS und der Wirtschaftskammern Österreichs zur Berufsintegration von qualifizierten Zuwanderern. In einer Studie untersucht Erich Neuwirth die Zufriedenheit der Teilnehmer und die Erfolgsfaktoren von Mentoring.
Der Journalistenpreis Integration wird 2016 zum fünften Mal vom unabhängigen Expertenrat für Integration, dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA) und dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) verliehen. Mit dem Journalistenpreis Integration werden Journalist/ innen ausgezeichnet, die eine Versachlichung der Debatte im Integrationsbereich gefördert und zugleich mit Kreativität, neuen Ideen und Engagement dazu beigetragen haben, dass Integration besser gelingen kann.
Erfahren Sie mehr oder bestellen Sie die Studie auf www.danzigunfried.com Publishing Bücher.
JETZT EINREICHEN!
INFOS KOMPAKT AUFBEREITET: Zahlen, Daten und Hintergründe aus dem Bereich Integration und Migration bieten die Fact Sheets des ÖIF und der Medienservicestelle Neue Österreicher/innen. Das aktuelle Thema lautet "Asyl in der EU: Ein Vergleich".
Mehr Informationen zur Ausschreibung sowie das Einreichformular finden Sie unter www.integrationsfonds.at/journalistenpreis
Die Fact Sheets sind auf www.integrationsfonds.at Publikationen ÖIF Fact Sheets kostenlos verfügbar.
Einreichschluss: 18. Juli 2016
MENSCHEN UND PROJEKTE
Zusammen:Genießen
G A S T FR E UNDSCHAFT
Eine Küche so bunt wie Österreich. „Die Vielfalt der Menschen spiegelt sich in unserer Küche wider“, schildert Vrunda Batra. Mit ihrem Mann Pawan, einem Restaurantfachmann, bringt die Köchin aus Leidenschaft im Restaurant „Nirvana“ indische und österreichische Traditionen zusammen. „Wenn es etwa frischen Spargel gibt, lassen wir uns damit neue Kreationen einfallen – auch wenn Spargel in Indien gar nicht bekannt ist.“
Der Geschmack des Sommers Erfrischend und gesund: Mit dem beliebten Mango Lassi holt das Ehepaar Vrunda und Pawan Batra ein Stück Indien nach Wien. TEXT
Julian Unger
Gewürze für einen Hauch Exotik. Ein Klassiker auf der Karte des Restaurants ist das Joghurtgetränk Mango Lassi, das seine Wurzeln in der indischen Provinz Punjab hat. „Der Duft der Mango erinnert mich immer an meine Kindheit und den Sommer. Auch in Indien sind frische Mangos etwas Besonderes“, erzählt Vrunda Batra. Ihr Tipp: Gewürze wie Muskatnuss, Zimt oder grüner Kardamom verleihen dem Mango Lassi ein besonders exotisches Flair. MANGO LASSI (2 Gläser): 1. 250 g Joghurt, 2 frische Alphonso-Mangos, 3 Esslöffel Zucker und 100 ml Wasser mischen. Sind gerade keine frischen Mangos erhältlich, schmeckt auch fertiges Mangopüree aus der Dose gut. 2. Alle Zutaten mit einem Stabmixer pürieren. 3. Gewürze geben dem Mango Lassi den richtigen Pep. Vrunda Batra empfiehlt Muskatnuss, Zimt oder grünen Kardamom. Eine Prise davon über das Mango Lassi streuen und mit Eiswürfeln servieren.
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Das Restaurant „Nirvana“ von Vrunda und Pawan Batra, das 2016 sein zehnjähriges Bestehen feiert, findet sich in der Rotenturmstraße 16-18 im ersten Wiener Gemeindebezirk.
MENSCHEN UND PROJEKTE
Unterhaltung
„Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird.“
CHRISTIAN MORGENSTERN
Welches Wort suchen wir?
n ache Mitm n d
u en! n w e g in
Lösen Sie das Rätsel und gewinnen Sie eines von drei Büchern „Mittendrin – Menschen & Rezepte aus dem VinziRastLokal“: eine kulinarische Weltreise, die Klassiker der österreichischen Küche mit Zutaten aus aller Welt kombiniert. Die Teilnahmeinfos finden Sie auf www.integrationsfonds.at/ gewinnspiel
FOTOS: ISTOCKPHOTO/AMANDA-ROHDE, ÖIF/UNGER
Erschienen im Pichler Verlag, ISBN: 978-3-85431-726-5.
Zugewandert: der Wecker Viele nutzen ihn, wenige mögen ihn: den Wecker, ein notwendiges Übel. Unsanft reißt er uns morgens aus dem Schlaf, im Sommer sogar eine Stunde früher. Mit den sogenannten Räucherstäbchen-Uhren taucht das Prinzip des Weckers erstmals um das 6. Jahrhundert in China auf. Dabei knotete man einen Faden mit einem Gewicht an ein Holzstäbchen, das angezündet wurde. War das Hölzchen abgebrannt, fiel das Gewicht auf ein Metallteil und weckte die Schlafenden.
Durch die Industrialisierung, die feste Arbeitszeiten mit sich brachte, stieg ab dem 18. Jahrhundert der Bedarf an verlässlichen Weckmethoden. Der amerikanische Uhrmacher Levi Hutchins gilt als Erfinder des Weckers. Seine Konstruktion aus dem Jahr 1787 löste mithilfe eines Zahnrades einen Schlag auf eine Glocke aus. Alltagstauglich war Hutchins´ Wecker allerdings noch nicht, denn er war technisch nur in der Lage um 4 Uhr morgens zu läuten – der Zeit, zu der Hutchins täglich aufstand. 1847 patentierte der
geg Alltags m i t Me n s t ä n d e h i n t ei g ra t i o n s rg r u nd
französische Erfinder Antoine Redier schließlich den ersten Wecker mit einstellbarer Weckzeit.
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Doppelporträt
Zwe M i Zwe e n s c h e n i Her . kunf länd t G e s ce r. E i n e s hich te.
ZU S A M M E N : LE B E N
Bis der Laufschuh glüht Sportlich war Wesal aus Syrien schon immer. Dank Bettina hat sie die Begeisterung für das Laufen im Wiener Prater entdeckt. TEXT
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u Beginn der wöchentlichen Lauftreffs geht es betriebsam zu, die Trainerinnen verteilen Schuhe und andere Ausrüstung, was eben benötigt wird. Die 14-jährige Syrerin Wesal hat bereits ihre eigenen Laufschuhe. „Die habe ich von Bettina bekommen“, freut sie sich. „Jede Frau läuft bei uns, wie sie sich wohlfühlt. Aber ein richtiger Schuh muss schon sein“, lacht Bettina, Trainerin beim Österreichischen Frauenlauf. Seit einigen Mo-
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naten gibt sie Wesal Tipps rund ums Laufen und ist stolz auf ihren Schützling: „Der Laufsport ist für Wesal etwas Neues. Aber sie ist sehr motiviert und begabt, das habe ich gleich beim ersten Treff gesehen.“
sie bereits bestritten – ihre Durchschnittszeit von 5:41 Minuten pro Kilometer will sie gleich beim nächsten Lauf unterbieten. „Bettina hilft mir dabei, noch schneller zu werden.“
DER NÄCHSTE WETTKAMPF NAHT
Sie kennen zwei Menschen unterschiedlicher Herkunft, deren Geschichte erzählt werden sollte? Schreiben Sie an magazin@integrationsfonds.at!
„Durch Bettina habe ich gelernt, wie ich mir die Kraft besser einteile und warum Dehnen nach dem Laufen wichtig ist“, erzählt Wesal. Ihren ersten Wettkampf hat
FOTO: ÖIF/UNGER
Maja Sito
Pestizide machen Bienen krank. Sterben die Bienen aus, sind auch wir Menschen in Gefahr.
*SMS-Preis laut Ihrem Tarif, keine Zusatzkosten. Mit dem Absenden der SMS unterschreiben Sie die Petition zum Schutz der Bienen und stimmen zu, dass Greenpeace Sie kontaktieren darf. Greenpeace dankt für die kostenlose Schaltung dieses Inserats.
Jetzt Petition gegen Pestizide unterzeichnen:
SMS MIT „BIENEN“ AN 0664 660 30 30*
Unser Unternehmen ist gesund, weil wir es wieder sind.
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG
Körperliche und psychische Belastungen der MitarbeiterInnen führen zu Krankenständen und Abwesenheitszeiten. fit2work berät Unternehmen bei der Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit ihrer MitarbeiterInnen. Frühzeitiges Ausscheiden des Personals wird dadurch verhindert und entsprechendes Knowhow bleibt im Unternehmen. fit2work führt zu einer nachhaltigen Verbesserung der Arbeitsfähigkeit und somit zur Steigerung der Produktivität. Denn ein Unternehmen ist so gesund wie seine MitarbeiterInnen.
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Diese Maßnahme wir aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. www.esf.at