Dossier: Älter werden - time is ticking
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Juli 2012
Die Liebe zu älteren Büchern In Deutschland werden über Antiquariate und das Internet immer mehr ältere Bücher angeboten. Doch was sind sie wert und wer entscheidet darüber? Wir sprachen mit einem Antiquar über Wert und Wertschätzung alter Bücher. Was genau bezeichnet man als Antiquariat? Das Antiquariat ist ein eigenständiger Zweig des Buchhandels und befaßt sich mit alten und seltenen Büchern oder mit neueren gebrauchten Büchern, für die keine Preisbindung mehr besteht. Hauptsächlich unterscheidet man zwischen bibliophilem Antiquariat, wissenschaftlichem Antiquariat und modernem Antiquariat. Eine häufige Form, wie auch unser Antiquariat, ist das Varia-Antiquariat, das alle Bereiche mit einschließt.
Wie beurteile ich die Qualität antiquarischer Bücher? Maßgeblich beim Kauf antiquarischer Bücher sind ein guter Erhaltungszustand und die Vollständigkeit. Ausnahmefälle sind sehr alte Bücher, beispielsweise Inkunabeln. Eine exakte Beschreibung des Titels ist immer wichtig. Dazu gehören hauptsächlich die genaue Angabe der Seitenzahl, das Format und die Einbandart.
Was ist beim Restaurieren zu beachten?
Foto: gabriel dominguez
Grundsätzlich gilt: das Restaurieren alter Bücher gehört in die Hände von speziell dafür ausgebildeten Restauratoren oder Buchbindern. Der Laie, mag er handwerklich noch so geschickt sein und sich sogar theoretische Kenntnisse angeeignet haben, kann dem betroffenen Buch möglicherweise noch mehr Schaden zufügen. Dies gilt vor allem für alte und wertvolle Bücher.das Format und die Einbandart. Der 64-jährige Roman Heuberger hat seit seiner Kindheit eine Leidenschaft für ältere Bücher
Von Gabriel Domínguez
B
ereits beim Betreten des Gebäudes bekommt man ein Gefühl von Alter und Vergangenheit. Wo auch immer der Blick hinschweift, reihen sich alte Bücher aneinander. In hohen und meist dunklen Regalen aus edlem Holz stehen sie thematisch sortiert und mit höchster Sorgfalt aufbewahrt. Das Antiquariat von Roman Heuberger besteht seit 1982 im Kölner Stadtteil Deutz und hat sich mittlerweile zu einer Anlaufstelle für Freunde antiquarischer Bücher aus aller Welt entwickelt. Für den 64-Jährigen sind Bücher auch Leidenschaft: „Seit meiner Kindheit liebe ich alte Bücher“. Schon immer reizten ihn die Form, das Material, der Inhalt und sogar der Geruch dieser Werke.
bieten, doch hauptsächlich kommen Privatpersonen in mein Geschäft und wollen mir alle möglichen Sachen verkaufen“. Dass der Großteil davon für sein Geschäft aber nicht brauchbar ist, weiß Heuberger von vornherein: „Der Wert eines antiquarischen Buches wird oft an der Affinität des Besitzers zu seinem Buch bemessen“. Dies könne der Inhalt des Exemplars sein, ein Erbstück oder eine besondere Erinnerung daran. Dieser sei aber oft ideell, sehr persönlich und hänge nicht unbedingt mit dem Alter des Buches zusammen, sagt er weiter. Damit Heuberger als Antiquar ein Werk aber als wertvoll einstuft, muss eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein: „Für mich gelten in erster Linie die Einkaufs- und die Verkaufspreise die sich nach Kriterien wie Seltenheit, Zustand, Einband, Vollständigkeit und vor allem Marktchancen des Werkes richten“, sagt er.
Seine Bücher bekommt er aus den verschiedensten Quellen: „Oft sind es Bibliotheken, die mir Werke an-
Mit seinem Angebot ist der gelernte Antiquar aber auch in der Moderne angekommen. Über seine Home-
Foto: gabriel dominguez
Wie es dazu kam, kann der gebür“Ich bin tige Münchner nicht mehr erklämit den Büchern ren. Klar sei nur, verheiratet” dass diese FasSo sei ein Schulbuch aus zination ihn bis der 1930er Jahren trotz heute antreibt. In eines guten Zustandes seinem Landegeschäft befinden sich womöglich nur wenige Euro wert, ausgewählte antiquarische Bücher, wenn dieses damals in einer hohen zahlreiche alte Stiche und moderne Auflage erschienen ist. Das Exemplar Graphiken. Die Palette reicht von aleines Buches aus dem Jahr 2005, wie ten Drucken über bibliophile Raritäten und wissenschaftlichen Werken bis zum modernen Antiquariat und umfasst eine Zeitspanne von insgesamt fünf Jahrhunderten. Zu seinen wertvollsten Büchern gehören derzeit ein seltener Atlas der Stadt Köln aus dem Jahr 1608 oder die Erstausgabe des Werkes „Zum ewigen Frieden“ des deutschen Philosophen Immanuel Kant. Beide Werke werden derzeit zum Preis von jeweils 3000 und 900 Euro angeboten. „Für mich sind antiquarische Bücher wie Kunstwerke“, sagt der Mann mit der dunklen Brille und den mittellangen Haaren. „Und manchmal habe ich das Gefühl, ich bin mit ihnen verheiratet“.
page bietet er 5000 ausgewählte doch die zunehmende Menge an Bücher aus 80 Sachgebieten an. „Will Anbietern und deren oft in die hunder Besitzer eines Buchnachlasses derttausende gehenden Bestände seine Werke zum Verkauf anbieten, an antiquarischen und gebrauchinformiert er sich oft bei verschiedeten hat zumeist zu einem enormen nen Verkaufsplattformen im InterPreisverfall geführt. net“, sagt Heuberger, der inzwischen einen Großteil seiner Verkäufe online Heuberger ist deshalb auch der Meitätigt. Doch das Internet stellt auch nung, dass man heutzutage vorsichRisiken für unerfahrene Buchanbietig mit antiquarischen Büchern als ter dar: „Die auf Online-Plattformen Wertanlage umgehen soll. „Selbstangezeigten Preise können für verständlich ist dies grundsätzlich Zu Heubergers Kunden zählen MenBuchbesitzer zu möglich, es erfordert aber eine schen aus allen gesellFehleinschätzungründliche Kenntnis über antiquarischaftlichen Schichten “Sammeln gen führen, weil die sche Bücher und deren Markt“, sagt und Altersgruppen. mittlerweile große er und empfiehlt seinen Kunden, die Von internationalen aus Liebe Unübersichtlichkeit Anlage einer Bibliothek nicht als poSammlern antiquazu den Büchern” über das Angebot tentielles Renditeobjekt für die Zurischer Bücher, über von vielen Millionen kunft zu nutzen. Dies sollte vielmehr Geschäftsleute, die ein Büchern eine reaeher „der Liebe und Leidenschaft zu teures Buch verschenlistische Einschätzung der eigenen Büchern“ dienen. Denn den wahren ken wollen bis hin zu Studenten, Bestände meist nicht zulässt.“ Wert eines antiquarischen Buches die nach günstiger Studienliteratur sieht Heuberger nicht nur in seisuchen, sie alle kommen zum AnFür den professionellen Antiquar nem Marktpreis, sondern vielmehr tiquar, um sich nach einem alten erweist sich das Internet als Segen in dem „Bemühen, diese Schätze an Buch, dessen Preis oder dessen und Fluch gleichzeitig. Zwar kann die Kinder weiterzugeben. Das wäre Restaurierungskosten zu erkundiman seine Bestände einem breiteeine wahre Wertanlage“. gen. Denn in einer kleinen eigenen ren Publikum zugänglich machen, Werkstatt an das Hauptgeschäft angeschlossen, lässt Heuberger beschädigte Werke wieder in ihrem Die zehn am teuersten verkauften Bücher ursprünglichen Glanz erscheinen. Jürgen Holsteins Buchkatalog „Blickfang“, in kleiner Auflage erschienen und schnell vergriffen, kostet heute, nur wenige Jahre später, bereits ein Vielfaches des ursprünglichen Preises. Zur Wertermittlung, also Preisfindung dienten dazu in der Regel die Recherche auf Fachplattformen im Internet und Auktionsergebnisse, fügt Heuberger hinzu.
Der Atlas der Stadt Köln aus dem Jahr 1608 im Wert von 3.000 Euro
der vergangenen 20 Jahre in Deutschland 1. Adversus calumniatorem Platonis - Erscheinungsjahr:1469 - Preis: 332.340,EUR. 2. Sammelatlas - Erscheinungsjahr 1760 - 306.775,- EUR. 3. Sammelatlas Alte und Neue Welt - Erscheinungsjahr: 1660 - Preis: 230.000,- EUR. 4. Histoire naturelle des oiseaux - Erscheinungsjahr: 1771 - Preis: 230.000,- EUR. 5. Civitates orbis terrarum - Erscheinungsjahr: 1575 - Preis: 230.000,- EUR. 6. Den rechten weg auß zu faren von Lißbona gen
Kallakuth von meyl zu meyl Erscheinungsjahr: 1506 - Preis: 220.000,- EUR. 7. The Birds of Australia - Erscheinungsjahr: 1840 - Preis: 220.000,- EUR. 8. Das Buch der Chroniken und Geschichten - Erscheinungsjahr: 1493 - Preis: 220.000,- EUR. 9. Chronica Hungarorum Erscheinungsjahr: 1473 - Preis: 214.743,- EUR. 10. Le grand atlas - Erscheinungsjahr: 1667 - Preis: 209.630,- EUR. Quelle: Jahrbuch der Auktionspreise