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Die katholische Kirche in Deutschland: Im Zeichen von Mission und Migration

Januar 2011

VON ANA CRISTINA WEGELIN

Der moderne Missionar Pater Oscar Gil García und sein Weg von Mexiko nach Deutschland ein Leben gehört nicht mehr ihm selbst. Der Leiter der Spanischsprachigen Katholischen Mission Köln-Bonn widmete es „seinen Migranten.“ Der 51-Jährige Mexikaner arbeitet erst seit 2007 in Bonn, aber sein Einfluss in der Gemeinde ist spürbar. Bei den Gottesdiensten zeigt der Beamer die Liedertexte an der Wand, die Musik ertönt von einer Gitarre statt von der Orgel, eine Botschaft zur Reflexion wird jede Woche verteilt. Seine Predigten verlangen von der Gemeinde Teilnahme. Im Gegensatz zu den ehemaligen spanischen Priestern der Mission, fällt Pater Oscar auf. Am Anfang war die Gemeinde etwa skeptisch und sogar kritisch. Mittlerweile spielt sie mit. „Er half den spanischsprachigen Gemeindemitgliedern, uns zusammenzuführen,“ erzählt Fabiola Pauker, die bei den Lesungen aushilft. „Es gab viele Diskrepanzen in der Gemeinde doch Pater Oscar einte uns. Er kämpft ständig dafür, dass wir gemeinsam arbeiten.“ Frau Pauker meint dabei die unterschiedliche Herkunft der Gemeindemitglieder: Sie kommen aus vielen der 21 Länder, wo Spanisch die offizielle Sprache ist. Sein Charisma spürt man auch nach der Sonntagsmesse. Im Café, ein großer Saal wo sich die Gläubigen heiter unterhalten, führt der Pfarrer ein kurzes aber persönliches Gespräch mit jedem einzelnen. Er kennt alle, die regelmäßig kommen, mit Namen. Beim Kennen lernen eines neuen Mitglieds werden schnell Handynummern ausgetauscht. Später verschickt er Ermutigungsnachrichten. In seinem Büro in der Pfarrei und unterwegs zwischen der Feier zweier Messen erzählt Pater Oscar seine Geschichte. Der Weg zur Berufung Das Leben als Migrant hat Pater Oscar früh erfahren. Mit acht Jahren zog er mit seiner Familie von Guadalajara in die USA. Zehn Jahre lebte er in einer bilingualen Umwelt voller Geschichten von Migranten. Dort lernte er auch die Missionare kennen. „Ich hörte häufig von an- und abgereisten Priestern, und spürte damals die missionarische Berufung. Außerdem empfand ich ihre tiefe Liebe zu Menschen. Das inspirierte mich zu denken, es ist einfach gut, Priester zu sein.“ Bis Oscar sich im Priesterseminar einfinden konnte, musste er

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Weiß, wovon er spricht: Pater Oscar Gil erlebte selbst, was seine spanischsprachige Gemeinde empfindet

jedoch noch warten. Sein Vater empfand ihn zu idealistisch und wollte, dass er zunächst die Universität besuchte. „Jetzt verstehe ich. So eine Entscheidung zu treffen ist nicht einfach. Priester zu werden verlangt von einem, dass man sein Leben nach anderen richtet. Es ist kein Beruf, sondern eine Berufung.“ Wieder in den USA, studierte er International Business.

In der Muttersprache lernt man zwei Sachen, die man nie vergisst: Zu zählen und zu beten

Als die Zeit endlich kam, das Priesterseminar in Mexiko zu besuchen, lernte der junge Oscar verschiedene Orden verschiedener Berufungen kennen. Verwirrend. „Ich wollte sofort Priester werden und konnte nicht verstehen, warum es nicht nach meinen Wünschen lief. Nachdem ich viele Orden besucht hatte, bekam ich entweder keinen Aufruf oder etwas anderes klappte nicht.“ Eines Tages kam die längst erwartete Antwort: Er hörte von den Scalabrini Missionaren, rief

Ein Orden für Migranten Die Scalabrini Missionare oder die Kongregation der Missionare vom Heiligen Karl Borromäus wurden vom selig gesprochenen Giovanni Battista Scalabrini 1887 in Italien gegründet. Damals war es Ziel, die nach Amerika emigrierten ItalienerInnen zu unterstützen. Die Missionare reisten mit diesen Migranten in unsicheren Schiffen und lernten sowohl ihre Träume als auch ihre Schwierigkeiten kennen. Heute unterstützen die Scalabrini Missionare Migranten und Flüchtlinge aus ver-

schiedenen Ländern. Die Schiffe sind nicht mehr das wichtigste Transportmittel für die Suche nach besseren Lebensbedingungen, aber die Träume und die Schwierigkeiten der Menschen bleiben unverändert. Der erste Versuch, den Orden zu gründen gelang nicht. Als nämlich Scalabrini, damaliger Bischof der italienischen Stadt Piacenza, Papst Leo XIII über die Migranten schrieb, bekam er als Antwort, Migration sei ein vorübergehendes Phänomen. Genau das Gegenteil ist eingetreten.

an, ging zum Interview und wurde sogleich akzeptiert. Der künftige Priester aber musste zuerst seine Arbeit beim Familiengeschäft erledigen. Erst ein Jahr später fing er das Seminar an. Die Verwirklichung des Traumes war nicht leicht. Pater Oscar musste sich dem Seminar anpassen. „Ich war daran gewöhnt, mein Leben für mich zu organisieren. Ich hatte schon studiert und gearbeitet. Plötzlich fand ich mich mitten in der Jugend, die sich Sorgen wegen Pickeln oder Bartwuchs machte. Ich musste für alles um Erlaubnis bitten. Auch das zu erkennen, dass ich nicht besser als die anderen bin… Es war schwer zu akzeptieren. Es waren harte Zeiten, in denen ich zurück zu meinem alten Leben wollte. Diesen Gott, den ich seit Langem suchte, empfand ich außerhalb meines Lebens.“ Gott fand er wieder in den Menschen. „Wenn wir daran gewöhnt sind, die Welt oberflächlich anzuschauen, fällt es uns schwer, die Menschen anzusehen. Ich brauchte zehn Jahre um wahrzunehmen, dass ich mit Menschen, und nicht mit Zahlen oder Berufen arbeiten würde.“ In Brasilien beendete Pater Oscar die Seminarzeit und fing an, als Priester zu arbeiten. Danach flog er nach Italien, um der brasilianischen Gemeinde Roms zu dienen. Sein anschließender Wunsch wäre Asien oder Afrika gewesen, aber sein Vorgesetzter wollte ihn nach Deutschland senden. Plötzlich in Deutschland Quasi von einem Tag auf dem anderen landete Pater Oscar in der spanischsprachigen Mission Köln-Bonn. Ohne ein einziges Wort Deutsch zu können, ohne Bekannte, ohne Betreuer. Wie so viele andere Migranten, die täglich nach Deutschland kommen. Eingewöhnungszeit? Schon ein Tag nach der Anreise war Pater Oscar bei der Arbeit, wo teilweise Spanisch, teilweise Deutsch gere-

det wurde. Anrufe, Befehle, Aufgaben, oft eckte er an, bis er all die Botschaften verstehen konnte. Viele Kilometer musste er zurückfahren, weil er auf dem falschen Weg zu einem Termin war. Er wurde mehrmals ans Telefon gerufen, weil er nicht verstanden hatte, um wie viel Uhr das Treffen stattfand. Einmal rief ihn jemand an und bat ihn, sein Kind zu taufen – auf Spanisch und Deutsch. Pater Oscar erklärte, er sei gerade angekommen und könne überhaupt kein Deutsch. Die Eltern fragten, ob jemand dabei helfen konnte. „Wie, helfen? Ich vergieße das Wasser und die anderen sprechen?“, fragte sich der Priester. Bei solchen Aufgaben war Pater Oscar kreativ. Er leitete vier Personen der Gemeinde bezüglich der Sakramente an, diese übersetzen die Texte ins Deutsche und begingen die Taufe gemeinsam mit dem Priester. „Sie erzählten, was ich bei der Taufe machte. Es war eine Art Theater, Entschuldigung für die Ausdrucksweise, mit einigen Schauspielern, die zum Beispiel sagten: ‚Jetzt kommt der Priester und stellt drei Fragen´. Sie sagten alles, ich hatte das letzte Wort: ‚Ja‘. So konnte ich die Sakramente angemessen feiern. Letztendlich war die Gemeinde mit der Gruppenarbeit zufrieden.“ Den für ausländische Priester verbindlichen Deutschkurs besuchte er erst nach einem Jahr in Deutschland, als die Hilfe eines anderen Priesters kam. „Nach drei Jahren kann ich sagen, ich bin angekommen. Jetzt verstehe ich, welche Werkzeuge zu welchen Aufgaben gehören.“ Mittlerweile plant Pater Oscar, eine zusätzliche deutsche Pfarrei zu leiten. Gefühle eines Migranten Die Adventszeit ist in der Mission besonders anstrengend. Als Leiter, muss Pater Oscar bürokratische Aufgaben erledigen und dem Erzbischof Rechenschaft ablegen. Inzwischen findet er die Zeit, um ein typisches mexikanisches Adventsfest mit der Ge-

meinde zu feiern. Dort erzählt er weiter: „Der Migrant bringt die Wurzeln seiner Kultur mit. Wo er hinkommt, versucht er, diese Wurzeln am Boden wachsen zu lassen. Ohne die Missionen würden die Gläubigen die Religion verlassen. Denn in der Muttersprache lernt man zwei Sachen, die man nie vergisst: Zu zählen und zu beten.“

Immer noch übersetzt der Mexikaner seine Telefonnummer und vergleicht die Euro-Preise mit den mexikanischen Pesos. Und immer noch tauchen die Gefühle auf, wenn er das „Vater Unser“ auf Spanisch spricht. „Ich kann es auf Deutsch, Englisch und Portugiesisch rezitieren, aber es kommt nicht aus dem Herzen. Wenn ich auf Spanisch bete, erinnere ich mich an meine Mutter, meine Großmutter, meine Kindheit. Wenn man an Gott denkt, braucht man die Muttersprache.“ Über Heimweh: „Man kann im schönsten Land leben, im schönsten Schloss, man wird trotzdem die Heimat vermissen. Alles zeigt mir, dass ich Mexikaner bin. Im Spiegel, zeigt mir mein Gesicht: Du bist Mexikaner. Wenn ich rede, höre ich: Du bist Mexikaner. Wenn ich mit Leuten umgehe, tue ich das als Mexikaner. Ich möchte in meiner Heimat sterben. Egal ob dort die Leute getötet werden, ob sie ungebildet sind. Es ist meine Heimat. Da gibt es die Dinge, die mich daran erinnern, wer ich bin.“ ⊳


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Die katholische Kirche in Deutschland: Im Zeichen von Mission und Migration

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Muttersprachige Seelsorge für Migranten Trost und Familienleben in einer ausländischen katholischen Mission in Bonn

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Wenn Integration das Ziel des Emigrierten ist, spielt das Ausmaß des Kontaktes zur deutschen Gesellschaft eine Rolle, erzählt Débora Maehler, Psychologin aus der Universität Köln. Sie betont aber, man kann sich gleichzeitig sowohl mit der Herkunfts- als auch mit der deutschen Kultur wohl fühlen. Maria Badrinas stimmt zu: „Es ist aber auf jeden Fall günstig, wenn die Erstsprache beibehalten wird. Man kann mit beiden Kulturen jonglieren.“

onntagmorgen in der Kirche Sankt Winfried: Der Chor singt lebhaft zur Gitarre eines Peruaners, eine Ecuadorianerin verteilt Liedblätter, der mexikanische Priester beginnt gleich die Messe – auf Spanisch. Auf den Bänken, dutzende lateinamerikanische und spanische Gläubige. Sankt Winfried beherbergt eine der zwei spanischsprachigen katholischen Missionen in Nordrhein Westfalen (Köln-Bonn und Düsseldorf). Obwohl diese Missionen die Räumlichkeiten der deutschen Kirchen teilen sind die Gemeinden unterschiedlich. Im ihrem Buch Katholische Gemeinden anderer Muttersprache in Deutschland teilt die Theologin Cristina Fernández Molina mit: „Aufgrund des Zusammenhangs […] von Sprache und Identität spielt die Muttersprache ebenfalls für eine wirksame und fruchtbare Seelsorge eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund hält die katholische Kirche eine muttersprachliche Seelsorge vor.“ Fabiola Pauker, Mitglied der Spanischsprachigen Katholischen Mission in Bonn, erzählt: „In meiner Muttersprache empfinde ich viel besser, verstehe ich viel bess-

und Zuflucht anbieten. Prof. Hauschildt ergänzt: „Dass jemand Priester ist, reicht heutzutage alleine nicht aus, sondern er muss auch das Vertrauen der Person wecken. In der spanischsprachigen Gemeinde kann der Gläubige den Priester kennen und sich ein eigenes Urteil machen.“

• www.mision-catolica-coloniabonn.de

„Die katholischste Pfarrei Bonns“

Besondere Aufforderungen Sankt Winfried: Treffpunkt der spanischsprachigen katholischen Gemeinde

FOTOS: ANA CRISTINA WEGELIN

er die Gesänge und Predigten.“ Seit neun Jahren in Deutschland, helfen sie und ihre Familie bei den Gottesdiensten. „Ich fühle mich auch glücklich weil ich innerhalb meiner Gemeinde, in meiner Muttersprache teilnehmen kann. Es ist auch wichtig, dass meine Tochter ihre Muttersprache nicht vergisst.“ Prof. Dr. Eberhard Hauschildt, aus dem Zentrum für Religion und Gesellschaft der Universität Bonn, fügt eine andere Dimension hinzu. Er behauptet, die muttersprachige religiöse Gemeinde sei für einen Migrant in Bezug auf die Geselligkeit besonders wichtig. Für den Teil der emigrierten Familie werden die anderen Muttersprachler zur Ersatzfamilie. Durch Familien-Religion, Kindheitserinnerungen und den Klang der spanischen Sprache in der Gruppe, wird Religion für Migranten typischerweise wichtiger als in der Heimat, erzählt Prof. Hauschildt. Darüber hinaus ist die spanischsprachige Gemeinde der Ort, an dem man Muttersprachler trifft und potenziell Freundschaften schließen kann. Solche Gemeinsamkeiten rufen die Empfindungen hervor,

Fabiola Pauker und ihre Familie

einer Gruppe anzugehören. Häufig gibt es bei Migranten Gefühle der Einsamkeit, des Unverständnisses und der Andersartigkeit. „Ich fühle mich als Migrant wohl, wenn es mir gelingt, anderen zu zeigen, dass ich ein gleichwertiges Mitglied der Gesellschaft bin, obwohl Spanier oder Lateinamerikaner“, sagt Prof. Hauschildt. Eine unterschiedliche Erfahrung hatte Maria Badrinas, Studentin der Universität Bonn. Mit 11 Jahren zog sie mit ihrer Familie von Spanien nach Deutschland für einen voraussichtlich fünf-jährigen Aufenthalt. Sie und die Geschwister wurden sofort in einer deutschen Schule angemeldet. Ihre Eltern wollten keine zweite Heimat nur mit Spaniern aufbauen, erzählt sie, und heute, 14 Jahre später und immer noch in Deutschland, hat sie kaum spanische Freunde. In Spanien ging die Familie regelmäßig in die Kirche, in Deutschland nicht mehr. „Meine Eltern sind nicht so religiös. Ich kann mir schon vorstellen, die Kirche ist für den Anfang gut. Aber wenn man sich zu sehr da rein verliert und sich eine zweite Heimat aufbaut mit nur Spaniern… Das wollten meine Eltern vermeiden.“

So wird Sankt Winfried von Paters Jacek Styrczula genannt. Er ist für den Pfarrverband Bonn-Süd zuständig, zu dem Sankt Winfried gehört. Er erklärt: „Das Wort ‚katholisch‘ kommt aus dem Griechischen und bedeutet allumfassend. In der Gegend haben wir die Deutsche Welle, die in die ganze Welt aussendet, die Deutsche Post, die in die ganze Welt Informationen verschickt. Und in der Kirche gibt es auch Leute, die aus der ganzen Welt kommen: Asien, Lateinamerika und Europa. Aus diesem Grund gehört dieses Allumfassende auch absolut zur Katholizität.“ In Sankt Winfried, die genau neben dem Post Tower und der Deutschen Welle liegt, befinden sich sowohl die Philippinische und die Spanischsprachige Mission als auch eine Deutsche Gemeinde. Gottesdienste finden dabei in drei verschiedenen Sprachen statt.

Prof. Hauschildt betont, Seelsorge werde gebraucht, wenn die Lebensgewissheit verloren geht. Beispiel dafür ist der Verlust des

Prof. Dr. Eberhard Hauschildt

gesellschaftlichen Selbstverständnisses, wenn man sich in einem fremden Land niederlässt. Der Hauptgrund für den die Gläubigen in der spanischsprachigen Mission den Priester aufsuchen, bezieht sich genau darauf. Pater Oscar verrät, dass sie von Einsamkeit, Heimweh, Misserfolgen in der Integration und kulturellen Unterschieden erzählen. Höchstwahrscheinlich kann der mexikanische Landsmann sie verstehen

• St. Winfried Sträßchenweg 3 53113 Bonn Tel. (0228) 422 94 78

Wenn die Religion zur Nebensache wird Die Arbeit mit Migranten einer katholischen Organisation außerhalb der Kirche icht-katholische Gruppen werden von einer katholischen Institution betreut. Das Haus Mondial, Fachdienst des Caritasverbands für Migration und Integration, bietet Beratung, Bildungs- und Freizeitangebote für Zuwanderer. Neue und langjährige Zuwanderer, Flüchtlinge und Asylsuchende, freiwillige Rückkehrende sowie Menschen ohne Aufenthaltsstatus finden im Haus Mondial Orientierung für die Lösung ihrer Migrationsprobleme. Ihre Religion, sofern sie überhaupt eine haben, spielt in diesen Notsituationen keine Rolle. Maria Weber ist im Haus Mondial für die Beratung der Menschen ohne Aufenthaltsstatus zuständig. Sie erzählt von Kindern, die in Deutschland geboren wur-

Die Tatsache, dass wir helfen können, ist was zählt

den, aber deren Eltern keine Aufenthaltsstatus haben. Dadurch darf das Kind auch keinen staatlichen Kindergarten besuchen. Im

FOTO: CARITAS

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Haus Mondial: Im Café, Deutschkurs und interkulturelle Begegnung

Haus Mondial wird versucht, einen Platz in einem kirchlichen Kindergarten, zum Beispiel mit der Solidarität dessen Trägers zu schaffen. Doch später, wenn das Kind eine Schule braucht, werde es komplizierter, ergänzt Frau Weber. Flüchtlinge und Asylsuchende berät Hanne Brüggemann. In ihrer Arbeit trifft sie auf Situationen wie die einer neunköpfigen iranischen Familie, die wegen eines ihrer minderjährigen Kinder, das alleine nach Deutschland floh, eine vorübergehende Aufenthaltserlaubnis bekam. Mittlerweile wurde das Kind volljährig und die Familie

durfte nicht mehr bleiben. Hilfe bei Anträgen auf Finanzbeihilfe und Asylanträgen, Übersetzung von Formularen, Beratung wegen Beziehungsproblemen, hervorgerufen durch beengtes Wohnen in einer Notunterkunft sind Bespiele dafür, wie das Haus Mondial und seine freiwilligen Partner arbeiten. Dort werden auch Deutschkurse und Hausaufgabenhilfe angeboten. Die Räumlichkeiten stehen zur Verfügung für Gruppen, die sich begegnen möchten, zum Beispiel eine Frauengruppe aus aller Welt. Dort tauschen sie sich aus und lernen voneinander,

Probleme des Migrantenlebens zu lösen. Dazu werden die Deutschkenntnisse dort vertieft. Gegner der Arbeit des Hauses sind nicht zu finden, erzählen beide Mitarbeiterinnen. Trotzdem bleibt die Finanzierung immer eine Frage und für manche Projekte ist es nötig, ständig um Geld zu kämpfen. Ohne ehrenamtliche Unterstützung sei die Arbeit in diesem Umfang gar nicht möglich, sagt Frau Weber. Es gibt Kooperationen auf vielen Ebenen. Auf die Frage zum Arbeitsalltag erzählt Frau Brüggemann: „Es ist erstaunlich, dennoch spannend, sich mit den vielschichtigen Proble-

men der Menschen auseinanderzusetzen.” Frau Weber fügt hinzu: „Hier gibt es immer viel Bewegung, viele Fragen, verschiedene Menschen und Sprachen.“ Genaue Informationen über die Anzahl der Menschen, denen monatlich geholfen wird, sind schwer zu ermitteln. Frau Brüggemann erklärt: „Manchmal beraten wir hundert Personen in einer Stunde, manchmal brauchen wir hundert Stunden für eine Person. Nicht die Zahl der Personen, sondern die Tatsache, dass wir helfen können, ist was zählt.“

• caritas-bonn.de

Vielfältige Hilfe für vielfältigen Bedarf

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Die verschiedenen Projekte des Haus Mondial werden unterschiedlich finanziert. Die katholische Kirche, der Bund, das Land sowie die Stadt Bonn tragen bei. Die Partner sind ebenfalls vielfältig: von Freiwilligen bis eingetragenen Vereinen, von Rentnern bis Geschäftsmännern. Dazu noch die Stabstelle Integration der Stadt Bonn. Auch Deutschen wird im Haus Mondial geholfen. Oft arbeiten sie mit Migranten und haben Fragen in Bezug auf Integration. Es gibt aber auch Deutsche, die im Ausland aufgewachsen sind und nach Deutschland zurückkehren – ohne das Heimatland zu kennen und die Sprache zu beherrschen.


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