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www.vbw-bayern.de Magazin 6,– Euro

Interview:

Wolfgang A. Herrmann

05 2016


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Interview:

Wolfgang A. Herrmann

05 2016


KOMMUNIKATION

Mehr als tausend Worte Protokolle, Leitbilder, die Idee für ein Produkt, Strategieausrichtung – das Lesevergnügen firmeninterner Verlautbarungen hält sich meist sehr in Grenzen. Bilder, die Metaphern in sich tragen, bringen die Message noch besser an den Mann/die Frau. Mit einem Augenzwinkern gewinnt es den Betrachter. Statt aktenfüllender Schriftstücke oder seitenlanger Word-Dateien setzen auch in Bayern immer mehr Unternehmen auf Graphic Recording. Illustratoren bringen komplizierte Sachverhalte auf Punkt und Strich. Unternehmen nutzen die Methode inzwischen in vielen Bereichen. Denn: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.

Zeichnen statt stenografieren. Isabelle Dinter zeichnet zum Beispiel die Ergebnisse eines Meetings. Die Methode heißt Graphic Recording.

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KOMMUNIKATION

I

sabelle Dinter hat vier Stifte gleichzeitig zwischen den Fingern. Schwarz, orange, gelb hellblau. Sie zeichnet synchron – oft vor Publikum und doch am Rand. Sie ist so etwas wie eine Protokollführerin. Auf einem weißen Plakat entstehen während eines Termins Skizzen, Pfeile, Begriffe. „Ich werde zum Beispiel für jährliche StrategieMeetings, für internationale Konferenzen von Führungskräften gebucht.“ Die Grafikerin hält sich mit konkreten Beispielen sehr zurück. Es geht immer um Interna, die sie dabei ausplaudern könnte. Es gehe dabei unter anderem um die Ausrichtung für die nächsten fünf Jahre, um Change-Prozesse oder auch um den Umbau eines Konzerns. Die Münchnerin hat Vermessungswesen/Kartografie studiert, später zudem Grafik und Illustration. Direkt nach dem Studium illustrierte sie einige Jahre Bücher für Verlage, Editorials und die freie Wirtschaft. Unter anderem gestaltete sie Bücher für Erstleser. In den Unternehmen wiederum hilft sie beispielsweise dabei, Mitarbeiter auf ein neues Leitbild einzustimmen oder Kunden von einem verbesserten Produkt zu überzeugen. „Häufig sind es internationale Veranstaltungen, die ich begleite“, sagt Isabelle Dinter. Davor stimmt sie mit dem Auftraggeber die Ziele ab. Die Termine sind immer vorbereitet. Im besten Fall von beiden Seiten. Denn auch die Teilnehmer sollen wissen, welchen Sinn der Einsatz der Grafikerin hat. Der Erfolg sei laut Dinter mitunter abhängig von der Stimmung. „Ich begreife mich als Teil des Prozesses und finde es immer gut, wenn Anwesende sich einbringen, wenn sie Ergänzungen oder Verbesserungen anregen.“ Und das funktioniert am besten, wenn die Teilnehmer einer Veranstaltung über ihren Einsatz Bescheid wissen. Auf einer großen Makulatur entstehen Grafiken, Zeichnungen, Schlagwörter, Comics. Der Betrachter wird ins Ganze hineingezogen und steigt immer

In ihrem Büro zu Hause in München bereitet die Illustratorin die Termine vor und nach.

Tradition – der Maßkrug ist das Symbol, das jeder versteht.

Alles klar: Aus Bayern sollen die Technologien für die Zukunft kommen.

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KOMMUNIKATION

Bestimmte Begriffe kommen immer wieder. Isabelle Dinter hat dazu eine Handschrift entwickelt.

Das Werkzeug sind Papierbahnen und bunte Profi-Marker.

Fotos: Astrid Schmidhuber

Die analogen Zeichnungen werden digital präzisiert und nachbearbeitet.

weiter in die Materie ein. Das Bild wird vor Ort fotografiert und am Rechner nachbearbeitet. Das Original bleibt beim Kunden. Je nach Auftrag bekommt ihr Kunde dann verschiedene Dateigrößen. Dank der heutigen Technologien lässt sich ein fertiges „Big Map“ auf verschiedenes Material drucken und kann auf Stoff oder Plane zum Beispiel im Foyer des Unternehmens aufgehängt werden. So entstand etwa bei einem Workshop eine Grafik, die das Unternehmen als moderne Stadt darstellt. Ein Fluss verbindet all die verschiedenen Bereiche – ein Schaubild für die Neuausrichtung des Unternehmens. Alle Mitarbeiter können damit etwas anfangen. Eine Variation ihrer Arbeit ist „Business Illustration“: Ein Unternehmen will für Kunden oder Mitarbeiter komplexe Dinge vereinfachen. In Bildern sollen trockene Sachverhalte oder mit Paragrafen gespickte Vorschriften vereinfacht dargestellt werden. Isabelle Dinter lässt sich erklären, worum es geht und geht dann an ihrem Schreibtisch an die Arbeit. „Da geht es darum, das Ganze runterzubrechen auf vielleicht fünf Bilder, die wie ein kleiner Film zeigen, worum es geht.“ Isabelle Dinter tritt aber auch moderierend auf. Dann skizziert sie – vereinfacht ausgedrückt – die verschiedenen Perspektiven, um Entscheidungsprozesse zu erleichtern. Graphic Recording und Facilitation kommen aus den USA, wo dies seit gut 20 Jahren ein anerkanntes Berufsbild ist. „Es verbreitet sich in Deutschland vor allem über Social Media, ohne das es bestimmt noch immer nicht so bekannt wäre“, glaubt Dinter. Gleichzeitig kann sie auch den Trend beobachten, dass die Nachfrage nach Inhouse-Trainings steigt. Mitarbeiter sollen einfaches Zeichnen lernen, um bei Vorträgen Inhalte mit einfachen Skizzen noch besser darzustellen. – „Power-Point“ war gestern. !


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