Die Fassade als Vermittler

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Die Fassade als Vermittler Architektonische Strategien zur adäquaten Verdichtung im städtischen Kontext

Thesisbuch Frühlingssemester 2020 Von Jennifer Bader


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Die Fassade als Vermittler


Abstract

Das vorliegende Thesisbuch befasst sich mit der Thematik des verdichteten Bauens im urbanen Kontext. Ausgehend von subjektiven Erfahrungen in Japan, wird das Potenzial der städtebaulicher Dichte sowie deren Konsequenzen auf architektonischer Ebene genauer betrachtet. Durch die methodische Analyse von Wohnhäusern in Japan werden bauliche Strategien im Bezug auf die adäquate Verdichtung herausgefiltert, wobei der Fokus der Arbeit auf der Vermittlerfähigkeit der Fassade liegt. Im Rahmen eines Wissenstransfers wird im Anschluss das Verhältnis zwischen Innen und Aussen auf den Schweizer Kontext übertragen, um durch die vermittelnde Hülle verträgliche Nähe zu schaffen.

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Architektonische Strategien zur adäquaten Verdichtung im städtischen Kontext



Inhalt

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1 Einleitung 1.1 Anleitung zum Thesisbuch 1.2 Die Wahrnehmung der Dichte 1.3 Ein neues Stück Stadt Die Gurzelenbrache in Biel

7 9 11 15

2 2.1 2.2

Dichte im urbanen Kontext Learning from Japan Das Potenzial kollektiver Dichte

19 21 25

3 3.1 3.2 3.3 3.4

Architektonische Strategien Die Entflechtung des Gegenübers Die graduelle Abstufung der Fassade Die Fassade als Kleid Sublimation durch Leichtigkeit

29 33 47 61 75

4 4.1 4.2

Architektonische Umsetzung Städtebauliche Vernunft Die Fassade im Dialog

91 95 99

5

Rückblick

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Literaturverzeichnis

117

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Abbildungs­verzeichnis

123

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Redlichkeits­e rklärung

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1 Einleitung

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1.1 Anleitung zum Thesisbuch Das vorliegende Thesisbuch dient als Werkzeug zur Entwicklung des Thesisprojektes und widerspiegelt damit den entwurfsmethodischen Prozess im Projekt. Ausgehend von der subjektiven Erfahrung urbaner Dichte in Japan, erfolgt im ersten Teil der Arbeit eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Gesehenen. Die Erkenntnisse formen in der Folge die persönliche Haltung in Bezug auf die Entwicklung des neuen Quartiers Gurzelen in Biel. Basierend auf dieser Grundlage, wird im zweiten Teil die städtebauliche Diskussion eröffnet, mit dem Ziel, das Potenzial des verdichteten Wohnens aufzuzeigen. Der dritte Teil umfasst vier Teilaspekte. Die methodische Analyse von Wohnbauten in Japan sowie deren Strategien im Bezug auf die städtebauliche Dichte ermittelt den architektonischen Umgang der Fassade sowie ihr Verhältnis von Innen und Aussen. Im Rahmen eines Wissenstransfers wird dieser Aspekt in den Schweizer Kontext übertragen. Die schriftliche Analyse der Projekte wird jeweils durch ein Bild sowie schematische Grafiken begleitet, welche die Essenz der Werke herauskristallisieren und den Leser leiten. Sind die Beschreibungen und Schlussfolgerungen nicht weiter mit Quellen belegt, so stammen die Eindrücke und Erkenntnisse aus eigener Feder und basieren auf der eingehenden Sichtung von vorliegendem Plan- und Bildmaterial oder sind auf Besichtigungen und Führungen vor Ort zurückzuführen. Die gewonnenen Erkenntnisse fliessen im Anschluss in das Thesisprojekt ein, ohne dabei Tokioter Verhältnisse mit dem neuen Wohnquartier in Biel gleichzusetzen.

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Abb. 1. Auszug #54 aus der Bilderserie "Tokyo Compression"

1.2 Die Wahrnehmung der Dichte Obgleich Tokyo im weltweiten Vergleich als eine, der am dichtesten besiedelten Städte gilt, bilden Grossüberbauungen nach wie vor die Ausnahme. Im polyzentrischen Gefüge verdichtet sich die Stadt insbesondere um infrastrukturelle Knotenpunkte wie die hochfrequentieren Bahnhöfe. Die grosse Mehrheit der Bausubstanz gleicht jedoch einem, sich endlos ausbreitenden Teppich 1 aus kleinteiligen Wohnbauten und schmalen Quartiergassen. Aus städtebaulicher Sicht gleicht die Grossstadt Tokyo dabei 2 vielmehr einer Ansammlung von zusammengezwängten Dörfern. Durch die kontinuierliche Fragmentierung wird die Millionenmetropole auf einen, für den Menschen greifbaren Massstab heruntergebrochen. Überlagert man ein typisches Wohnviertel in Tokyo mit der historischen Altstadt von Biel (vgl. Abb.2), so wird trotz aller baulichen Unterschiede die vergleichbare Körnigkeit sichtbar. In beiden Fällen besteht das urbane Gefüge aus lauter kleinen, dicht an dicht stehenden Bauten, die sich zu einer Einheit zusammenfügen. Durch die kompakte Bebauung entsteht klar definierter Strassenraum, der zur urbanen Identität beiträgt und durch die Strassenfassaden gefasst wird. Die entscheidende Rolle der baulichen Struktur für die Wahrnehmung von Dichte im städtischen Kontext zeigt das Beispiel der Spiegelgasse im historischen Kern von Zürich. Doppelt so dicht bebaut, wie die von bürgerlichen Stadtvillen und Mehrfamilienhäusern geprägte Scheuchzerstrasse, wird das Quartier in der verwinkelten Altstadt einzig durch die neue Europaallee an Dichte 3 übertrumpft.

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1

Adam, H. (2017). Von Tokio bauen lernen. Verfügbar unter https://www.nzz.ch/nzzas/nzz-am-sonntag/ architektur-von-tokio-bauen-lernen-ld.138617 (31.03.2020).

2

Speidel, M. (Hg.) (1997). Bruno Taut – Das japanische Haus und sein Leben. Berlin: Gebr. Mann Verlag. S.235.

3

Mack, G. (2019). Wir brauchen Nähe – ein Lob auf die Verdichtung. Verfügbar unter https://nzzas.nzz.ch/ kultur/verdichtung-stadt-wieso-schweiz-mehr-naehe-braucht-zuerich-ld.1465409 (31.03.2020).

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Abb. 2. Überlagerung von Tokioter Wohnviertel und Bieler Altstadt

Im Gegensatz zum polyzentralen Tokyo hat die Stadt Biel ihren Ursprung in der mittelalterlichen Altstadt. Stand heute nimmt der historische Teil jedoch nur noch einen Bruchteil der Stadt ein; als Zentrum wird heute in erster Linie die homogene Neustadt um den Hauptbahnhof wahrgenommen. Mit einem Blick auf das Orthofoto (vgl. Abb.3) ist schnell zu erkennen, dass sich die Stadtmorphologie der Stadt Biel zur Peripherie hin stetig verändert und die kompakte Bebauungsstruktur der gewachsenen Stadt zunehmend verliert. Die Zersiedelung des Stadtrandes wirft daher die Frage auf, weshalb Strukturen - wie diejenige der Altstadt - im Hinblick auf die aktuelle Diskussion um die Verdichtung von Wohnraum nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die vorliegende Arbeit greift die Idee der kompakten, flächigen Bebauung auf und beleuchtet das Potenzial der urbane Dichte anhand von zeitgenössischen Beispielen. Vorlage bieten dabei die dicht besiedelten Grossstädte Japans, mit besonderem Fokus auf Tokyo.

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Abb. 3. Orthofoto von Biel

1.3 Ein neues Stück Stadt Die Gurzelenbrache in Biel Am Standort des alten Fussballstadions nimmt das neu geplante Wohnareal einen beträchtlichen Teil der erweiterten Stadt ein. Heute bildet die Gurzelenbrache im Stadtgefüge eine Leere, die durch die Bewohner Biels auf unterschiedliche Art und Weise angeeignet wurde. Die Stadt wird um ein neues Quartier erweitert, das sich in seinem Massstab grundlegend von den vorwiegend kleinteiligen Wohnbauten unterscheidet. Die sich mehrheitlich flächig ausbreitende Bausubstanz geht von Reihenhäusern in Punktbauten über. Aus der Reihe tanzen einzig der Tatzelwurm von Shigeru Ban und der solitäre Hochpunkt La Tour de la Champagne. Die sich grundlegend voneineander unterscheidenden Nachbarschaften stellen In der Folge umgehend die Frage nach Identität. Mittels eines Studienauftrages wurden die städtebaulichen Möglichkeiten zur Integration des neuen Areals überprüft. Das Siegerprojekt Cross (vgl. Abb. 5) setzt dabei auf drei gleichförmige Einzelvolumen in L-Form, die zusammen mit den beiden Riegeln den Richtlinien folgen. Die verbleibende Fläche dient 4 dabei als Bindeglied zwischen den Bezirken. Die Anordnung der Bauten deutet jedoch vielmehr auf eine ausschliessende Quartiersentwicklung hin. Die Riegel schotten gegen die Umgebung ab, die Grünflächen werden durch die Ausprägung in L-Form gegen Aussen verteidigt.

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15

o.A. (2015). Gurzelen. Image directrice pour un quartier mixte. Verfügbar unter https://tribu-architecture.ch/projets/54/gurzelen/ (31.03.2020).

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Abb. 4. Die Brache Gurzelen aus der Vogelperspektive

Das Thesisprojekt entwickelt hingegen ein alternatives Szenario, indem der bauliche Riese zum Vermittler wird. Die identitätsstiftende Leere der alten Brache soll der Stadt in neuer Form erhalten bleiben und durch die Konzentration der Baumasse freigespielt werden. Im Gegensatz zum Siegerprojekt zielt die Komposition auf eine Kontinuität des städtischen Aussenraums ab, der durch die Eliminierung von halböffentlichen Zonen klar abgesteckt wird. Damit erbringt die Neubebauung aus städtebaulicher Sicht einen Mehrwert, anstatt die Lücke mit einer weiteren gesichtslosen Überbauung zu schliessen.

Abb. 5. Masterplan des Siegerprojektes Cross von Tribu Architecture

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2 Dichte im urbanen Kontext

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Abb. 6. Die kleinteilige Bebauungsstruktur von Tokyo

2.1 Learning from Japan Die, von Hiromi Hosoya und Markus Schaefer gegründete Gruppe Learning from Tokyo führte 2012 in Zusammenarbeit mit dem Architekturforum Zürich ein Symposium durch. Mit dem Ziel den Dialog zwischen zwei unterschiedlichen Städten und Kulturen zu 5 eröffnen, kristallisierten sich am Ende trotz aller Unterschiede fünf Lehren heraus: 1. Erträglichkeit von dichtem Stadtgefüge durch Kleinteiligkeit 2. Qualitativer Stadtraum durch enge Verhältnisse 3. Kreative Lösungen durch bescheidene Platzverhältnisse 4. Beruhigung durch graduelle Abstufungen 5. Weniger Regeln, mehr Raumexperimente Dabei gilt es festzuhalten, dass alle in der Ausstellung gezeigten Einzelprojekte keinen Anspruch haben die Stadt weiterzubauen 6 und demnach nicht an ihre Umgebung anknüpfen. Durch die Dichte entsteht jedoch trotz des fehlenden Bezugs eine nachbarschaftliche Einheit. Betrachtet man Tokyo aus der Vogelperspektive, breiten sich die niedrigen Wohnhäuser, zwischen gigantischen Infrastrukturprojekten und gewaltigen Bürobauten, 7 organisch bis in die im Dunst verschwindende Peripherie aus. Städtebauliche Verträglichkeit scheint damit insbesondere eine Frage des Massstabs zu sein. Aufgrund der Kleinteiligkeit von Wohnbauten scheint der Dichtestress in Tokyo erträglich. Die niedrigen Volumen erlauben den Bezug zu Umgebung und bereiten die bauliche Masse für das menschliche Auge begreiflich auf.

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5

o.A. (2012). Learning form Tokyo – Symposium und Ausstellung. Verfügbar unter https://www.archplus. net/home/news/7,1-7555,29,0.html?referer=333%20 (13.05.2020). (31.03.2020).

6

Herzog, A. (2012). Fünf Lehren von Tokio. Verfügbar unter https://www.hochparterre ch/nachrichten/ architektur/blog/post/detail/fuenf-lehren-vontokio/1331551003/ (31.03.2020).

7

Hosoya, H & Schaefer, M. (2012). Learning from Tokyo. Arch+, 208, S.26-29.

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Abb. 7. Koexistierende Vielschichtigkeit

Gleichzeitig verweist das ungezwungene Nebeneinander von Tradition und Moderne in Tokyo auf eine bereichernde Vielschichtigkeit (vgl. Abb.6). Trotz markanter Unterschiede zur Schweiz bietet die Komplexität der Dichte in japanischen Städten folglich die Möglichkeit adaptierbare Strategien zur adäquaten Verdichtung zu entdecken.

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Abb. 8. Der Vorschlag des Siegerteams zur Neubebauung der Gurzelenbrache

2.2 Das Potenzial kollektiver Dichte In den Grossstädten Japans gehören engste Platzverhältnisse seit jeher zum Alltag - insbesondere in der Millionenmetropole Tokyo leben die Japaner auf kleinstem Raum. Pro Quadratkilo8 meter zählt die Stadt ganze 6'158 Einwohner. Im Vergleich dazu lag die Bevölkerungsdichte in Zürich im Jahr 2016 bei 4'600 Bewohner, in der Stadt Biel waren es gerade einmal 2'600 9 Menschen. Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Schweiz in Bezug auf die Verdichtung von städtischen Wohnraum über viel Spielraum verfügt. Die Anzahl von Menschen pro Quadratkilometer könnte folglich deutlich erhöht werden. Mögliche Lösungsansätze lassen sich dabei in der Reduktion von Wohnfläche pro Bewohner und in einer verdichteten Bebauungsstruktur finden. Die vorliegende Arbeit verfolgt dabei die zweitgenannte Strategie und liefert damit die Entscheidungsgrundlage für das Thesisprojekt.

Abb. 9. Das entsprechende Volumen im Hochhaus-Format

Abb. 10. D er verdichtete Vorschlag des Thesisprojektes

Wenngleich die vertikale Verdichtung durch Hochhäuser sowie grossmassstäbliche Wohnüberbauungen im urbanen Kontext zunehmend an gesellschaftlicher Akzeptanz gewinnen, sind auf horizontale Verdichtung setzende Bebauungsstrategien heute noch eine Besonderheit. Stark verdichtete Verhältnisse kennt der Schweizer in erster Linie aus der Altstadt. Geht es nach den Vorstellungen von Hiromi Hosoya und Markus Schaefer, so muss die heutige Stadt radikal anders aussehen, um die neuen Ziele des nachhaltigen Wachstums erreichen zu können. Die Bauten müssten nicht nur massgeblich höher werden, 10 sondern auch um einiges näher zusammenrücken.

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Tokyo Metropolitan Government. Tokyo's History, Geography, and Population. Verfügbar unter https:// www.metro.tokyo.lg.jp/ENGLISH/ABOUT/HISTORY/ history03.htm (31.03.2020).

9 Schweizer Städteverband SSV, Bundesamt für Statistik. Statistik der Schweizer Städte 2018. Verfügbar unter https://staedteverband.ch/cmsfiles/ stst_2018_web.pdf (12.05.2020). 10 Hosoya; Schäfer. (2012). Learning from Tokyo. Arch+, 208, S.26-29.

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Die Frage bleibt, ob die genannten Massnahmen die Anforderungen an eine verdichtete Stadt erfüllen können und ob einschneidende Radikalität das Mittel der Wahl ist. In unseren Breitengraden werden Entwicklungen in die Höhe unter anderem aufgrund des Schattenwurfes durch grössere Abstände zwischen den Bauten kompensiert, weshalb die Strategie der vertikalen Verdichtung sowie die gleichzeitige Approximation keine funktionale Lösung darzustellen scheint. Die Verhältnisse von Gebäudehöhe zu den Abständen zwischen den Bauten sind jedoch nicht Teil dieser Untersuchung. Erinnert sich der Leser an das Satellitenbild von Biel (vgl. S.14, Abb. 3), so ist klar ersichtlich, dass die Schweizer Stadt mit zunehmender Ausdehnung immer stärker ausfranst. Ein Grund, weshalb den Gebäudeabständen im Diskurs zur urbanen Verdichtung wieder vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Anstatt die Bauten nur in die Höhe zu entwickeln und das Gegenüber durch Distanz zu entschärfen, müssen Strategien entwickelt werden, die ein nahes Miteinander ermöglichen und fördern. Die Abbildungen auf der vorhergehenden Seite zeigen den Vergleich von unterschiedlichen Möglichkeiten zur Neubebauung der Brache des alten Stadions und die damit verbundenen Konse11 quenzen. Die Analyse zeigt, dass durch ein verdichtetes, flächiges Volumen sowohl ein Mehrwert für die Stadt als auch die harmonische Einfügung in die Umgebung erzielt werden kann, ohne die Stadt vertikal zu verdichten noch die Wohnfläche zu reduzieren.

11 Abb. 7 zeigt das auf dem Wettbewerbsprogramm basierenden Siegerprojekt mit einer, die gesamte Parzelle ausfüllenden Komposition aus vier- bis sechsgeschossigen Volumen. Abb. 8 stellt die gleiche Geschossfläche in vier - in ihrem Fussabdruck dem Tour de la Champagne entsprechenden - Hochhäusern dar. Das Thesisprojekt erreicht die entsprechende Fläche theoretisch bereits mit 3.5 Geschossen. Aufgrund der städtebaulichen Situation, sowie der untersuchten Strategien zur Annäherung, kann das Projekt jedoch problemlos über fünf Geschosse ausgeführt werden und damit eine verdichtetende Alternative bieten.

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Durch die kompakte Bebauung der Parzelle wird eine grosse Freifläche geschaffen, die zum gesellschaftlichen Leben beiträgt. Bieten in italienischen Städten die grossen Piazzas einen Ausgleich zur dichten Wohnstruktur, so gelten in den Städten Japans die öffentlichen Parks, die Spielarkaden und Ramen-Restaurants als erweiterter Wohnraum des Individuums. Gebündelt wird ein qualitativ hochwertiger, gefasster Stadtraum ermöglicht, anstatt den Freiraum zu undefinierten, halböffentlichen Bereichen verkommen zu lassen. Aufgrund der Distanz zwischen konventionellen Bauten, entzieht sich die Fassade ihrer Pflicht als Vermittler. In einer verdichteten Konstellation kommt der Aussenhülle jedoch eine entscheidende Rolle zu. Die Konfrontation von verdichteten Nachbarschaften impliziert eine gesellschaftliche Pufferzone, welche die Grenze zwischen Innen und Aussen wieder definiert und die Möglichkeit bietet den, bis dato verlorenen Raum hinsichtlich Struktur, Materialität und Nutzung neu zu überdenken.

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3 Architektonische Strategien

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Abb. 11. Transition zwischen Innen und Aussen

Einleitung Das nachfolgende Kapitel untersucht unter vier Teilaspekten zwölf Projekte in Japan. Aufgrund der Tatsache, dass die Mehrheit der Neubauten in Japan heutzutage als Fertighäuser gebaut werden, wurden für die Untersuchungen Bauwerke herangezogen, die aufgrund der schwierigen Verhältnisse im urbanen Kontext die Grenzen neu ausloten. Der Bogen der Vertreter spannt dabei von der traditionellen Holzarchitektur aus der Edo-Zeit über das japanische Stadthaus bis zu den Wohnhäusern der Gegenwart. Die Untersuchung fokussiert dabei insbesondere auf die Rolle der Fassade als Vermittler zwischen Innen und Aussen sowie auf die architektonischen Möglichkeiten, ein Gebäude im städtischen Raum verträglicher zu gestalten.

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Abb. 12. Der umstrittene Nakagin Capsule Tower von Kisho Kurokawa

3.1 Die Entflechtung des Gegenübers Nach Tadao Ando treten introvertierte Bauten ihrer Umgebung durch die Abstraktion der Fassade mit Ablehnung entgegen. Durch die Konzentration auf die Bereicherung des Innenraums, entfalte sich dadurch ein Mikrokosmos. Die zentrovertierten Häuser betonen in der Folge den Gegensatz zwischen dem Indi12 viduum und der Stadt. In The Japanese House – Architecture and Life after 1945 werden Bauwerke dieser Art als sensorial 13 bezeichnet. Waren dies in den Siebzigerjahren in sich gekehrte, die Distanz zur Umgebung wahrende Objekte, so nehmen die Bauwerke seit der Jahrtausendwende den Kontakt zur Stadt 14 durch bauliche Kunstgriffe zunehmend wieder auf. Das Verständnis von privaten und öffentlichen Bereichen wird dabei massgeblich über die Grenzbeziehungen zwischen Innen und Aussen geprägt. Dabei ist das Prinzip von Rückzug und einer Dualität von individuellem Raum und Öffentlichkeit aus historischer Sicht eine neuzeitliche Erscheinung, die in der bürgerlichen 15 Gesellschaft des 19. Jahrhunderts in Europa wurzelt. Transferiert auf das japanische Volk begannen die Veränderungen mit der Modernisierung Japans durch die Meiji-Restauration vor rund 16 150 Jahren. Durch die methodischen Analyse der Projekte unter dem Aspekt der Entflechtung des Gegenüber liegt der Schwerpunkt auf der Fassade als Vermittler zwischen den privaten Rückzugsorten und gesellschaftlicher Begegnungsorten.

12 Ando, T. (1973). Toshi Gerira Jukyo. Toshi Jutaku, 7307, S.18-19. 13 Yoshida, N. (Hg.) (2017). The Japanese House – Architecture and Life after 1945. Tokyo: Shinkenchiku-sha Co., Ltd. and The National Museum of Modern Art. S.107. 14 Ebenda. 15 Wietzorrek, U. (Hg ) (2014). Wohnen+. Von Schwellen, Übergangsräumen und Transparenzen. Basel: Birkhäuser Verlag Gmbh. S.243. 16 Obinger, J. (2018). Der Aufbruch in Japans Moderne: Die Meiji-Restauration. Verfügbar unter https://www. japandigest.de/kulturerbe/geschichte/geschichte/ meiji-restauration/ (06.06.2020).

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Abb. 13. Die restaurierte Fassade eines Machiya in Kanazawa

町家 / Machiya Das hölzerne Stadthaus in Japan (18. Jahrhundert) Das traditionelle Stadthaus machiya entstand in der Mitte der Edo-Zeit (1603-1868) und wurde speziell für die Bebauung von tiefen, schmalen Grundstücken konzipiert. Sie verfügen über sogenannte mise, die als Läden oder Ateliers hinter vergitterten Öffnungen der Strasse zugewandt sind. Der abgeschottete, hintere Teil omoya dagegen ist den Wohnräumen vorbehalten. Durch die Trennung von Nutzungseinheiten ist das Wohnhaus damit durch den Gewerbeteil von der Strasse abgeschottet. In Kyoto sind die Grundstücke besonders schmal, da sie auf dem 17 Raster der geplanten Kaiserstadt basieren. Insbesondere Häuser, die an von Nord nach Süden verlaufenden Strassen sind 18 oft bis fünfmal so lang wie breit. Abgestimmt auf regionale Gegebenheiten, entschärfen Elemente wie die Durchgangshöfe tooriniwa und die kleinen Gärten tsuboniwa die dicht gedrängte Bebauung insbesondere bei feuchtem 19 Klima. Wie alle traditionellen japanischen Wohnhäuser minka bestehen machiya aus einer Tragstruktur aus Holz, Lehmwänden tsuchikabe, Böden aus Reisstrohmatten tatami oder Holzbrettern, lichtdurchlässigen, papierenen Schiebetüren shoji sowie raumteilenden, undurchsichtigen Schiebetüren fusuma. Die Dächer sind 20 meist mit gebrannten Lehmziegeln kawara bedeckt.

17 Die Strassenblocks der ehemaligen Kaiserstadt messen 60m resp. 120m x 120m und sind schachbrettförmig aufgebaut. (Deutsches Institut für Japanstudien der Philipp Franz von Siebold Stiftung. (Hg.) (2001). Japanstudien – Band 13/2001: Wohnen in Japan. München: Iudicium. S.157.) 18 Deutsches Institut für Japanstudien der Philipp Franz von Siebold Stiftung. (Hg.) (2001). Japanstudien – Band 13/2001: Wohnen in Japan. München: Iudicium. S.156-162. 19 Yoshida, N. (Hg.) (2017). The Japanese House – Architecture and Life after 1945. Tokyo: Shinkenchiku-sha Co., Ltd. and The National Museum of Modern Art. S.131. 20 Ebenda.

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Abb. 14. L ängsschnitt durch Vorder- und Hinterhaus, mit zwischengelagerten Gärten

Wenngleich ländliche machiya einen rustikalen Charakter hatten, waren die Stadthäuser insbesondere in Kyoto feingliedrig gebaut. Die kyo-machiya gelten aufgrund des verfeinerten Einflusses der ehemaligen kaiserlichen Hauptstadt als die Krönung der traditio21 nellen städtischen Wohnarchitektur. Nichtsdestotrotz bemerkte Bruno Taut in seinen Schriften, dass selbst die besten japanischen Häuser gegen Aussen eine bescheidene Erscheinung haben. Das Interessante am Haus sei dabei nicht seine stoffliche Erscheinung, sondern das Leben, dass sich wie auf einer Bühne manifestiert, sowie die Propor22 tionen zwischen Mensch und Haus.

Abb. 15. Schematischer Grundriss eines Stadthauses in Kyoto mit gestaffelten Nutzungseinheiten

Das Gitter aus feinen Holzstäben koshi ist ein elementares Element der machiya und bedeckte ursprünglich angesichts der fehlenden Fenster die Strassenfront. Sie ermöglichen den Blick von Innen nach Aussen, verwehren jedoch die Einsicht von neugierigen Passanten. In Kyoto kennzeichnen unterschiedliche Muster von koshi das im Haus angesiedelten Gewerbe. Ebenfalls charakteristisch sind die mushiko mado im Obergeschoss – Fensteröffnungen, die mit senkrechten, erdummantelten Holzstreben vergittern sind. Im heissfeuchten Sommer wurden shoji und fusuma durch winddurchlässige Schiebetüren aus Bambus ersetzt, der Boden wurde mit sich kühler anfühlenden Rattan23 matten, sogenannten tomushiro, bedeckt. Sowohl in zeitgenössischen Bauten als auch in alten, in Stand gesetzten machiya kommt die Flexibilität und Austauschbarkeit von Fassadenelementen immer wieder zum Tragen und erlaubt damit die Reaktion auf sich verändernde Gegebenheiten.

21 Ebenda. 22 Speidel, M. (Hg.) (1997). Bruno Taut – Das japanische Haus und sein Leben. Berlin: Gebr. Mann Verlag. S.186. 23 Deutsches Institut für Japanstudien der Philipp Franz von Siebold Stiftung. (Hg.) (2001). Japanstudien – Band 13/2001: Wohnen in Japan. München: Iudicium. S.156-162.

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Abb. 16. Öffnungen in der Baumkrone

ツリーネスハウス / Tree-ness House Yokohama, Japan (2017) Akihisa Hirata In einer gewöhnlichen Strasse im Nordwesten von Tokyo gelegen, fügt sich das Gebäude durch seinen unscheinbaren unteren Teil derart unauffällig in seine Umgebung ein, dass der vorbeigehende Passant keine Notiz davon nimmt. Durch einen überhohen Einschnitt in der Fassade, gelangt der Besucher in einen winzigen Innenhof, der - von den angrenzenden Raumschichten umschlossen - einem hohlen Stamm gleicht. Im unteren Bereich verschlossen, öffnet sich das Wohnaus mit zunehmender Höhe wie ein Baum gegen alle Seiten. Der Leerraum wird dabei durch die Versetzung der Räume in seiner Vertikalen fragmentiert. Konzipiert als eine Ansammlung lose gestapelter Kisten, falten sich eine oder mehrere Ecken zu plissierten Öffnungen, die zur begrünten Dachterrasse führen. Durch die Geometrie der Falten entsteht eine Vielfalt eigenwilliger Vorsprünge und Überhänge, die in ihrer Ausrichtung variieren und kleinen Sträuchern und der blühenden Vegetation Platz bieten. Das Gebäude wird zur Landschaft, das mithilfe seiner rahmenden Öffnungen gezielte Ausblicke und Beziehungen zwischen den Innenräumen und den kleinen Gärten schafft. Der Entwurf reagiert mit der Faltung der Ecken auf die baulich bedingte Nähe zwischen den benachbarten Einheiten. Die Kisten ermöglichen beispielsweise die Sicht über die doppelte Höhe oder schränken diese zum Schutz der Privatsphäre der Bewohner präzise einschränkt. Der Kunstgriff bietet zudem ein architektonisches Mittel um Grünflächen in erweiterten Wohnraum zu transformieren sowie die Möglichkeit ein Stück 24 Natur in das komplexe urbane Ökosystem einzuweben.

24 The Museum of Modern Art (Hg.) (2016). A Japanese Constellation – Toyo Ito, Kazuyo Sejima, SANAA, Ryue Nishizawa, Sou Fujimoto, Akihisa Hirata, Junya Ishigami. New York: The Museum of Modern Art. S.214-217.

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Abb. 17. Drei Varianten der Öffnungsfaltung

Das Prinzip der Faltung zur Entkoppelung des Gegenübers wird in den Entwürfen von Hirata immer wieder thematisiert. Die Anwendung dieser Methode führt in Abwesenheit von aneinander gereihten und gestapelten Funktionen zu natürlich gewachsenen Raumkompositionen, welche die Interaktion zwischen Bewohner und der Umgebung anregen. Die Idee der generativen Oberflächenmaximierung erzeugt ein Raumkontinuum, das durch den Menschen angeeignet und zum Leben erweckt werden kann. Durch die Überlagerung von unterschiedlichen Bedeutungse25 benen entsteht ein facettenreiches Ganzes. Bei der Utopie der Tree-ness City wird das Konzept auf einer neuen Massstabsebene angewendet: Die übereinander gestapelten Häuser werden zur baumartigen Struktur, in der sich die 26 klaren Grenzen auflösen und ineinander verschwimmen.

Abb. 18. Schematischer Schnitt durch den Innenhof mit den angrenzenden Kisten

Die Methodik der unendlichen Vervielfältigung von sich verändernden, auf ihre Umgebung reagierenden Grundelementen, ist folglich ein umsetzbares Gedankenkonstrukt, das in die unterschiedlichsten Massstäbe übertragen werden kann.

25 Hirata, A. (2012). Tangling - Plädoyer für eine neue Architektur der Verflechtung. Arch+, 208, S.76-81. 26 Ebenda.

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Abb. 19. Vier Wohneinheiten gruppieren sich um den zentralen Gemeinschaftshof

ヨコハマアパートメント / Yokohama Apartment Yokohama, Japan (2009) ON Design Die Assemblage steht in einer, für japanische Städte charakteristisch kleinteilig bebauten Nachbarschaft mit schmalen Strassen. Das Wohnhaus besteht aus vier dreieckigen, doppelgeschossigen Erschliessungskernen sowie einer darauf liegenden Wohnebene. Neben der konstruktiven und erschliessungstechnischen Funktion, beinhalten die Kerne die ausgelagerten Stau- und Multifunktionsräume. Die vier Wohnungen sind über die separaten Aussentreppen, welche die Kerne umschliessen und perforieren, vom zentralen Gemeinschaftsraum her betretbar. Der geschützte Bereich spannt sich zwischen den vier raumhaltigen Stützen und der hochliegenden Wohnebene auf und dient den jungen Künstlern als Studio, Ausstellungs- und Performanceraum 27 sowie als ausgelagertes Wohnzimmer. Mit ihrem Projekt thematisieren die Architekten die Veränderungen in der japanischen Gesellschaft. Die sich zunehmend auflösenden traditionellen Familienstrukturen, die mit der sozialen Isolation und Vereinsamung der Japaner Hand in Hand gehen, sowie der ökonomische Wandel, erfordern als Konse28 quenz ein Umdenken in der Architektur von heute. Die neuen Konstellationen verlangen nach divergenten Lösungen, in der sich Rückzugsräume und Orte, welche die soziale Interaktion ermöglichen, die Waagschale halten. Die vier für Einzelpersonen konzipierten, autarken Wohneinheiten bieten je 25m2 Wohnfläche und verfügen teilweise über private Aussenräume. Aufgrund der minimalen Grösse, finden sich die 29 Bewohner im grosszügigen Erdgeschoss zusammen.

27 Meyer-Grohbrügge, J. & Ngo, A.-L. (2012). Yokohama Apartment. Arch+, 208, S.122-125. 28 Baumgarten, E. (2016). Art of Nexus – Japans Beitrag zur 15. Architekturbiennale in Venedig als Stimulus für den europäischen Architekturdiskurs. Verfügbar unter https://www.archithese.ch/ansicht/art-ofnexus.html (03.06.2020). 29 Hildner, H. (2014). Future Living. Gemeinschaftliches Wohnen in Japan. Basel: Birkhäuser Verlag GmbH. S.45-47.

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Abb. 20. D ie auf Stützen stehende Hochebene mit vier Wohnungen

Durch die experimentelle Konstellation versucht das Yokohama Apartment die abweisende Struktur der Nachbarschaft zu brechen. Trotz der dicht an dicht stehenden Bauten, ist das Gefühl der Distanz omnipräsent, die Abgrenzung zum Nachbar charakterisierend. Die Architekten sehen durch den durchlässigen, überdachten Hof eine Weiterentwicklung des auf Stelzen 30 stehenden Erdgeschosses der Moderne. Der Zwischenraum kann als eine, aus dem Volumen herausgeschnittene, optionale Leere gelesen werden. Der Raum öffnet sich über die ganze Höhe der Strasse und wird damit zur Schnittstelle zwischen Wohnen und städtischem Raum. Je nach Bespielen des Raums erzeugt der halböffentliche Charakter die gewünschte Interaktion über die Wohneinheit hinaus. So werden bei Ausstellungen oder beim Musizieren durch die grosse Öffnung in der Fassade die Nachbarschaft sowie Passanten mit einbezogen und willkommen geheissen.

Abb. 21. D ie vier Erschliessungskörper mit geselligem Zwischenraum

Durch die raumhohen, transparenten Vorhänge besteht jedoch die Möglichkeit, sich bei Bedarf von der Umgebung abzugrenzen und den Zwischenbereich in ein ausgelagertes Wohnzimmer der vier Parteien zu verwandeln. Die Anordnung der Treppen erzwingt dabei das Durchschreiten des Gemeinschaftsraumes und führt zu spontanen Begegnungen. Die aufgeschnittene, sich weit zum Strassenraum öffnende Fassade impliziert demnach das Verlangen nach Kommunikation und unterstützt die Wechselbeziehung zwischen öffentlichem Raum und dem eigenen Wohnraum. Der Zwischenbereich mit halböffentlichem Charakter wird durch die Bewohner angeeignet und auf Wunsch mit dem Umfeld geteilt.

30 Hildner, H. (2014). Future Living. Gemeinschaftliches Wohnen in Japan. Basel: Birkhäuser Verlag GmbH. S.45-47.

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Die Fassade als Vermittler


Abb. 22. R äumliche Sequenzen im Shoiken Teehauses der Villa Katsura

3.2 Graduelle Abstufungen der Fassade Der graduelle Übergang von Innen nach Aussen spielte insbesondere in der traditionellen japanischen Architektur eine bedeutende Rolle. Die einzelnen Schichten wirken dabei als Filterebenen, die eine stufenweise Trennung respektive Öffnung der Fassade sowie der Innenräume untereinander erlauben (vgl. Abb. 18 und Abb. 19). Im radikalen Gegensatz dazu werden im heutigen Japan die überwältigende Mehrheit der Neubauten in Form von Fertighäusern gebaut. Dabei wurden die sukzessive gestaffelten und hierarchisierten Schwellenräume auf eine einfache Wand reduziert, die keinen Spielraum zugesteht. 31

Abb. 23. Graduelle Raumfolgen im Shokin-tei Teehaus der Villa Katsura

"Grenzen sind räumlicher Ausdruck sozialer Verhältnisse". Die Aussage ist bezeichnend für die Veränderung der Lebensweise in Japan, die zu einer zunehmenden Beziehungslosigkeit des Individuums zur Gesellschaft als Ganzes führt (siehe S.43). Anstelle in Schwarz und Weiss zu unterscheiden, in der eine Wand Innen und Aussen klar trennt, soll die Architektur eine Abstufung von Grautönen widerspiegeln. Die Gradation wird damit zum Erzeuger von neuen Räumen und verwischt klare Definitionen. Dadurch wird die Stadt zum Haus, das sich wiederum mit dem Garten vermengt. Dieses Prinzip der Staffelung wendet Sou Fujimoto beim House N an, um den ineinander übergehenden Räumen eine Form zu geben. Durch das Aufbrechen der Wände und Decken werden neue Raumbeziehungen ermöglicht; die Architektur wird als 32 Konsequenz kommunikativer. In den beiden Projekten von Ryue Nishizawa wird die Gradation hingegen durch die Erweiterung der Wohnräume durch vorgelagerte Schichten und Zwischenräume thematisiert, die als Vermittler zum städtischen Raum fungieren.

31 Wietzorrek, U. (Hg.) (2014). Wohnen+. Von Schwellen, Übergangsräumen und Transparenzen. Basel: Birkhäuser Verlag Gmbh. S.12. 32 Fujimoto, S. (2012). Die Architektur der primitiven Zukunft. Arch+, 208, S.56-71.

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Die Fassade als Vermittler


Abb. 24. Ein Garten zwischen Aussenwänden

ハウス N / House N Oita, Japan (2008) Sou Fujimoto Anhand der Pläne ist erkennbar, dass das House N auf dem Box in Box Prinzip basiert. Das Wohnhaus besteht aus drei in einandergestellten Volumen, die jeweils Zwischenräume bilden. Die äusserste Kiste umreisst die Parzelle und bildet damit eine scharfe Grenze zum städtischen Raum. Die gezielt gesetzten, unregelmässigen Öffnungen in der äussersten Hülle erlauben den Bezug zur Umgebung, der Einblick jedoch bleibt den Passanten verwehrt. Im Raum zwischen der ersten und der zweiten Schicht entsteht eine Pufferzone, die zwischen dem öffentlichen Raum und dem privaten Bereich vermittelt und einen privaten Aussenraum schafft. Die Gürtelzone schafft dabei einen graduellen Übergang zwischen dem Stadtraum und dem eigentlichen Wohnräumen, die zum grössten Teil in den beiden inneren Boxen angeordnet sind.

Abb. 25. Die gelochte Wand als Filterebene zum öffentlichen Raum Abb. 26. Das "Box in Box" Prinzip (ff) Abb. 27. Der Vorraum des Vorraums (ff)

Die Boxen verkleinern sich gegen Innen nicht nur in ihrer Grundfläche, sondern auch in ihren Höhe und werden zunehmend intimer. Die Höhen reduzieren sich von 7.5m auf 4.75 und schliesslich 3.1m. Die uniformen Wände und Decken behalten ihre Stärke bei und unterstreichen durch die Elimination von Details den geometrischen Ausdruck. Die rechteckigen Ausschnitte in den Boxen erlauben präzise Raumbeziehungen sowie die gezielte Rahmung von Bäumen und Himmel. Die konzentrischen Schichten führen zu einer Reihe von Räumen, die zum Vorzimmer der 33 nächsten Raumschicht werden. Die Staffelung sowie die Wechselbeziehung der Öffnungen bewirken ein Prinzip der Gradation, deren Transparenz vom innersten Kern bis zur öffentlichen Strasse staffelt.

33 The Museum of Modern Art (Hg.) (2016). A Japanese Constellation – Toyo Ito, Kazuyo Sejima, SANAA, Ryue Nishizawa, Sou Fujimoto, Akihisa Hirata, Junya Ishigami. New York: The Museum of Modern Art. S.166-171.

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"Perhaps the architecture to come will hover between what is natural and what is human-made. Myriads of gradation will exist between intertior and exterior. In this future, entities of various scales, from bodies to buildings to cities to landscapes, will resonate with one another. Architecture will transcend functionalism and diversify, whereupon new uses for it will be discovered. As in a forest, transparency and opaqueness will coexist. Various components will depend on and relate to one another, while at the same time remaining distinct. Architecture will exist where, like a cloud, the boundary between inside and outside grows ambiguous. People will freely find places to make their own; possess private space amid what is private space to the next as public space. Architecture will usher in opportunities, freedom and connections among people. It will rouse peoplem inspire 1 them to act. This future would be something primitive." Sou Fujimoto

1

51

The Museum of Modern Art (Hg.) (2016). A Japanese Constellation – Toyo Ito, Kazuyo Sejima, SANAA, Ryue Nishizawa, Sou Fujimoto, Akihisa Hirata, Junya Ishigami. New York: The Museum of Modern Art. S.165.

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Die Fassade als Vermittler


Abb. 28. Vertikale Gartenschicht als Pufferzone

ガーデン&ハウス / Garden and House Tokyo, Japan (2011) Ryue Nishizawa Das Garden and House steht in einer Tokioter Strassenschlucht auf einer winzigen Parzelle von 8m x 4m, eingeklemmt zwischen hochragenden Wohntürmen und Bürobauten von über 30m Höhe. Aufgrund der Tatsache, dass die umliegenden Bauten sich nicht von der Grundstücksgrenze absetzten, wirkt der Ort wie ein dunkles Tal inmitten von Bergen. Als Konsequenz entschied sich der Architekt für einen Entwurf ohne Aussenwände, um trotz des stark verschatteten Bauplatzes ein Maximum an Sonnenlicht zu generieren. Jeder horizontalen Ebene ist daher ein Raum mit 34 Aussenfläche zugeordnet, die den Bezug zum Umfeld herstellt. Über die gesamte Höhe der Strassenfassade ist ein vertikaler Garten vorgelagert, die Sitzbänke und Pflanzentröge dienen dabei als Brüstungselemente. Die Vegetationsschicht spielt mit dem Schwellenraum zwischen Innen und Aussen und maximiert den Licht- und Luftstrom dank der fehlenden massiven Aussenwände. Die Konstruktion erlaubt die freie Anordnung von Räumen und Gärten. Die Abgrenzung zum städtischen Raum geschieht entweder über die raumhohen Fensterflächen oder die mobilen Vorhänge. Auf einer ovalen Schiene verlaufend, ziehen die Vorhänge bei geschlossenem Zustand weiche Grenzen und 35 bilden elliptische Räume. Damit erweitern die vorgelagerten 36 Aussenflächen den Wohn- und Arbeitsraum beinahe ganzjährig. Trotz des markanten Grössenunterschieds zu den benachbarten Hochhäusern, fügt sich das Wohnhaus harmonisch in das, von Vielfalt geprägte Stadtbild ein. Die betonierten Deckenplatten scheinen aufgrund der Konstruktion zu schweben und vermitteln

34 Nishizawa, R. (2013). Garden & House. a+u, 511, S.16-27. 35 The Museum of Modern Art (Hg.) (2016). A Japanese Constellation – Toyo Ito, Kazuyo Sejima, SANAA, Ryue Nishizawa, Sou Fujimoto, Akihisa Hirata, Junya Ishigami. New York: The Museum of Modern Art. S.158-161. 36 Schittich, Ch. (Hg ) (2018). Wohnkonzepte in Japan Typologien für den kleinen Raum. München: Detail Business Information GmbH. S.66-71.

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Abb. 29. Explosionsperspektive der einzelnen Ebenen

ein luftiges und unbefangenes Gesamtbild. Durch den Einsatz der Vorhänge verändert sich das Äussere des Hauses kontinuierlich und trägt zu einem plastischen Ausdruck bei. Die permeable Vegetationsschicht schützt einerseits die Privatsphäre seiner Bewohner, andererseits wird dabei das Bild einer grünen Oase inmitten einer baulichen Öde erzeugt. Die Aussenräume werden zu erweiterten Wohnflächen und bieten die Möglichkeit des Rückzugs. Die Variabilität durch Neubepflanzung und des Pflanzenwachstums verändert den Bezug zum Stadtraum fortlaufend und zeugt vom ephemeren Zustand der kontinuierlichen Wandlungsfähigkeit. Der Entwurf zeigt somit eine überarbeitete Lebensform in einer Metropole auf, der auf dem Konzept des begrünten Aussenraums als erweiterten Wohnraums basiert.

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Die Fassade als Vermittler


Abb. 30. Zwischenräume als Vermittler

森山邸 / Moriyama House Tokyo, Japan (2005) Ryue Nishizawa Im städtischen Gefüge eines Tokioter Vorortes, nimmt das Mehrgenerationenhaus eine Doppelparzelle ein. Aufgrund der Fragmentierung sind die Einzelvolumen noch kleinteiliger als die benachbarten Baukörper. Die auf sechs Parteien ausgelegten Boxen erzeugen einen eigenen Mikrokosmos, dessen massstäbliche Vielfalt vom freistehenden Badezimmer bis zum dreigeschossigen Wohnraum reicht. Die Streuung der Volumen generiert Zwischenräume, die zweiseitig an den städtischen Kontext anknüpfen und eine Durchwegung sowie kleine Höfe generiert. Die autonome Zusammenstellung der unterschiedlichen Nutzungseinheiten erlaubt dabei eine zukünftige Neukonstella37 tion. Die Volumen sind so platziert, dass sich die einzelnen Wohneinheiten zum Teil erst über den gemeinsamen Aussenraum 38 erschliessen. In einem Gespräch brachte Nishizawa seine Bedenken gegenüber einer, auf Boxen basierenden Architektur zum Ausdruck: "I thought that when you create architecture with a box then both the inside and the outside are defined by the box and there is 39 nothing more you can do." Diese Haltung war möglicherweise der ausschlaggebende Grund dafür, den anfänglich grossen Block in lauter kleine Einzelkörper aufzuspalten. Dadurch sollen die Kuben durch ihre Ausbreitung eine Transparenz erzeugen sowie die Vorstellung einer leichten Brise, die zwischen den 40 Körpern hindurch weht.

37 The Museum of Modern Art (Hg.) (2016). A Japanese Constellation – Toyo Ito, Kazuyo Sejima, SANAA, Ryue Nishizawa, Sou Fujimoto, Akihisa Hirata, Junya Ishigami. New York: The Museum of Modern Art. S.140-143. 38 Wietzorrek, U. (Hg.) (2014). Wohnen+. Von Schwellen, Übergangsräumen und Transparenzen. Basel: Birkhäuser Verlag Gmbh. S.158-159. 39 Nishizawa, R. (2013). Garden & House. a+u, 511, S.66-67. 40 Ebenda.

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Abb. 31. Zwischenraum formende Kleinstvolumen

Die Vorstellung von Transparenz erklärt Ryue Nishizawa anhand von Tempelbauten wie dem Parthenon sowie dem Centre Pompidou, deren Layout zum Erleben der Architektur führt, ohne diese betreten zu müssen. Die Absenz der Betrachtung des Innenraumes hat zur Folge, dass die Menschen die Idee der 41 Architektur vom Strassenraum ausgehend erleben. Die Aufhebung der Grenze zwischen Wohn- und Stadtraum führt damit zur Umsetzung der auf Leon Battista Alberti basierenden 42 Metapher "Das Haus als kleine Stadt". Die Zwischenräume sind folglich fundamental für die Synergie zwischen dem städtischen Kontext und dem privaten Innenraum. Obschon der Aussenraum zwischen den Körpern klar den Bewohnern des Moriyama House zugewiesen ist und damit nicht von halböffentlicher Natur ist, wird der Sichtbezug zum Strassenraum ermöglicht. Die Vervielfachung der Fassadenfläche durch die Zerteilung eines grossen Blocks resultiert in einer Multiplikation der von Aussenraum umflossenen Wohnräumen. Durch die unterschiedlichen Charaktere der Würfel sowie den diversifizierten Aussenräumen entsteht dabei eine grosse Vielfalt an Beziehungen zwischen Innen und Aussen. Anstatt sich abzukapseln, entstehen Verbindungen zwischen dem Innern und den Gärten oder Gassen, welche die Qualität des 43 Lebensraums in Tokyo widerspiegeln. Das Ensemble erscheint wie ein Körper, der zur Reparatur auseinander genommen und dessen Einzelteile auf einer ebenen Fläche ausgebreitet wurden. Anstatt einer undefinierten Brache, die eine singuläre Masse umrundet, führt diese Methode zu zahlreichen nutzbaren Zwischenräumen, die zur Architektur und Stadt verbindenden Landschaft werden.

41 Nishizawa, R. (2013). Garden & House. a+u, 511, S.66-67. 42 Wietzorrek, U. (Hg.) (2014). Wohnen+. Von Schwellen, Übergangsräumen und Transparenzen. Basel: Birkhäuser Verlag Gmbh. S.158-159. 43 Nishizawa, R. (2013). Garden & House. a+u, 511, S.92.

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Abb. 32. Transluszente Bekleidung

3.3 Die Fassade als Kleid In seiner Schrift Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik betrachtete Gottfried Semper Mitte des 19. Jahrhunderts im Kapitel Textile Kunst, für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst die raumerzeugende und schutzbietenden Möglichkeiten von textilen Räumen. Der spielerische Übergang des Materials gilt dabei als Kern von Sempers Beklei44 dungstheorie. In der traditionellen japanischen Architektur spielt die Fügung von unterschiedlichen Materialien und Strukturen seit jeher eine bedeutende Rolle. Die Fassade besteht aus lauter kleinteiliger Bauteile, die eine Vielfalt von Füllungen aufweisen. Durch die heterogenen Kompositionen wird dabei der bekleidende Charakter der Oberfläche unterstrichen. Im Gespräch bemerkte Sou Fujimoto, dass früher das Fenster der einzige Kompromiss zwischen Innen und Aussen gewesen sei. Im Bezug auf das House NA in Tokyo liesse sich der wandlose Wohnraum mit Hilfe von weissen, transluzenten Vorhängen teilen und frei gestalten. Dies ermögliche die tägliche Neuerfindung des 45 Hauses. Der Vorhang wird in zahlreichen japanischen Projekten als zwangloses Substitut für eine gebaute Fassade verwendet, weshalb diese Methode in der Analyse zwingend berücksichtigt wird. Das Kapitel Die Fassade als Kleid untersucht daher das vermittelnde Potenzial der bekleidenden Hülle unter dem Aspekt der Materialität sowie deren Auswirkungen auf den Wohn- und Stadtraum.

44 Wilcken, F. (2017). Textile Verräumlichungen – Material, Technik und Metapher des Textilen in der Architektur. Verfügbar unter https://www.espazium. ch/de/aktuelles/textile-verraeumlichungen (21.04.2020). 45 Kraft, B. (2013). Die Zukunft der Architektur ist primitiv – Sou Fujimoto, Tokio/JP. Verfügbar unter https://www.dbz.de/artikel/dbz_Die_Zukunft_der_ Architektur_ist_primitiv_Sou_Fujimoto_Architects_ Tokio_JP_1839875.html (21.04.2020).

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Abb. 33. Moderne Interpretation traditioneller Elemente

障子スクリーンハウス / Shoji Screen House Osaka, Japan (2016) Yoshiaki Yamashita Das Eckhaus liegt am Ende einer langen Gasse in einem Wohnviertel von Osaka, umgeben von dreigeschossigen Häusern und einer vier Meter hohen Mauer. Die der Strasse zugewandten Fassaden verfügen über keinerlei Öffnungen. Dies führt zum Schluss, dass Ausschnitte im Dach sowie hinter der zweigeschossigen Einfriedung liegende Aussenräume für die Belichtung des Wohnhauses sorgen. Ein Grossteil der Versorgung mit Tageslicht geschieht folglich über die raumhohe Lichtwand, die dem überhohen, zentralen Innenraum zugeordnet ist. Basierend auf dem Namen des Hauses, darf der Rückschluss gezogen werden, dass der architektonische Kunstgriff als moderne Interpretation des japanischen Schiebefensters Shoji (vgl. Abb. 17) gelten kann. Die mit Papier bespannten Holzrahmen zerstreuen seit dem 12. Jahrhundert das einfallende Tageslicht 46 und erzeugen eine ruhige Stimmung im Innenraum. Bei Tageslicht bleibt der Einblick von Aussen verwehrt, in der Nacht verschwimmen die Konturen des Innenraums bei brennendem Licht zu verwischten schwarzen Schatten. Seit Ende des 19. Jahrhunderts werden die papierenen Elemente jedoch zumeist in 47 Glas ausgeführt. Den Fotografien nach urteilend, besteht die transluzente Wand des Shoji Screen House aus mit japanischen Papier überzogenem Glas, das dank seiner Opazität den Raum mit diffusem Licht erfüllt und keinen klaren Bezug zur Umgebung zulässt.

46 Yoshida, T. (1969). Das Japanische Wohnhaus. Berlin: Verlag Ernst Wasmuth Tübingen. S.146. 47 Kuhnert, N., Ngo, A.-L. & Speidel, M. (2012). Tokio – Die Stadt bewohnen. Arch+, 208, S. 20–25.

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Abb. 34. Schnitt durch das raumhohe ShojiFenster

Abb. 35. Gegen Aussen abgeschotteter Grundriss mit innenliegenden Aussenräumen

Das japanische Sprichwort "Das Leiden des Winters ist kurz", verdeutlich die Tatsache, dass das traditionelle japanische Haus für den Sommer konzipiert wurde. Dabei sind Öffnungen und Durchzug ein wesentlicher Bestandteil des Komforts. Die Winter48 zeit wird mithilfe des Zwiebel-Prinzips überbrückt. Das traditionelle Haus wechselt folglich entsprechend der Jahreszeit seine Erscheinung. Im Sommer werden die papierenden Schiebelemente Shoji zwecks besserer Luftzirkulation entfernt und durch luftdurchlässige Schilfrohrtüren ersetzt. Von den weit vorspringenden Dächern hängen die Sonnenstrahlen abwehrenden Bambusmatten. Die wetterexponierten Öffnungen werden dabei 49 nachts durch verschiebbare Holzelement Amado verschlossen. Das Erscheinungsbild des Shoji Screen House hingegen bleibt ganzjährig unverändert. Die äusserste Haut schirmt das Wohnhaus gegen sämtliche Einflüsse der umgebenden Nachbarschaft ab, was die Wahrnehmung im Innenraum verstärkt. Die Stimmung im Haus wird folglich von der Vermittlungsfähigkeit der ShojiWand massgeblich beeinflusst, die je nach Sonneneinstrahlung mehr oder weniger Licht in das Innere des Hauses abgibt. Die gezielten Einschnitte geben fokussierte Ausblicke auf die minimalen Innenhöfe frei. Ohne Frage ermöglicht die vollkommene Abschottung gegen Aussen ein Zusammenleben in absoluter Dichte. In Bezug auf den Strassenraum stellt sich jedoch die Frage, ob ein derartiges Bollwerk nicht jeden Dialog unterbindet.

48 Kuhnert, N., Ngo, A.-L. & Speidel, M. (2012). Tokio – Die Stadt bewohnen. Arch+, 208, S. 20–25. 49 Yoshida, T. (1969). Das Japanische Wohnhaus. Berlin: Verlag Ernst Wasmuth Tübingen. S.156.

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Abb. 36. Die Kurzseiten des Wohnhauses als Lichtquelle

ハウス O / House O Kyoto, Japan (2009) Hideyuki Nakayama Das schmale Wohnhaus mit minimaler Strassenfassade steht in einer ruhigen Seitenstrasse in Kyoto. Der lange Vorhang war stets geschlossen und gab keinen Einblick ins Innere frei. Das Hauptvolumen besteht aus einem doppelgeschossigen, bogenförmigen Raum, an den sich seitlich zwei Nebenbauten anlehnen. Hinter dem Haus verbindet ein Garten die beiden Annexbauten und ermöglicht damit die vollständige Umrundung des 50 Haupthauses, ohne dieses zu betreten. Aussenbereiche und Wohnräume wechseln sich entlang der Grundstücksgrenze ab. Das Durchschreiten dieser Raumfolge erlaubt den Bewohnern, die schwer zu erfassende Form des Hauptkörpers aus verschiedenen Blickwinkeln wahrzunehmen; nach Nakayama wirkt das Volumen je nach Standort wie ein Turm oder eine Burgmauer. Von den seitlichen Stützmauern bis zum Haupthaus spannen Dachsparren und generieren damit die eingeschossigen Anbauten, die Küche, Ess- und Badezimmer beinhalten. Von der Wohnküche ausgehend, gelangt die Familie über die Treppe zum Schlafraum im Obergeschoss. Im täglichen Leben wird damit das Zentrum des Hauses zum entbehrlichen Raum, dessen Giebelseite den Zustand von der angrenzenden 51 Strasse her sichtbar macht. Wenngleich zu Beginn kein Absicht bestand, denn Aussenraum ins Innere zu bringen oder den Alltag der Bewohner mit der Umgebung zu teilen, veranlasste die Lebendigkeit des Stadt-

50 Yoshida, N. (Hg.) (2017). The Japanese House – Architecture and Life after 1945. Tokyo: Shinkenchiku-sha Co., Ltd. and The National Museum of Modern Art. S.124. 51 Nakayama, H. (o. J.). O HOUSE Kyoto, Japan 2009. Verfügbar unter https://www.architonic com/de/ project/hideyuki-nakayama-architecture-o-house/5100799 (02.06.2020).

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Abb. 37. Der Hauptraum mit geöffnetem Vorhang Abb. 38. Der Mittelteil mit geschlossenem Vorhang Abb. 39. Schematischer Grundriss des Erdgeschosses Abb. 40. Schematischer Grundriss des Obergeschosses

raumes, des Grundstückes sowie des Hauses das Bedürfnis nach Bedeutsamkeit. In Nakayamas Vorstellung verwandelt sich das Wohnhaus durch das volle Ausschöpfen der Möglichkeiten in 52 eine Stadtlandschaft. Das Wohnhaus gleicht durch seine überhöhte Mitte einer Kirche mit einem Mittelschiff. Strukturell erinnert die Komposition aus hohem Mittelteil und den niedrigen Anbauten an ein zweige53 schossiges Wohnhaus der Edo-Zeit (1603-1867). Die hohe Glasfront wirkt wie das Schaufenster eines gewaltigen Puppenhauses, das die Partizipation der Nachbarschaft am Leben der Familie durch den langen Vorhang reguliert.

52 Nakayama, H. (o. J.). O House Kyoto, Japan 2009. Verfügbar unter https://www.architonic com/de/ project/hideyuki-nakayama-architecture-o-house/5100799 (02.06.2020). 53 Hildner, C. (2012). Kleine Häuser – Zeitgenössische Japanische Wohnbauten. Basel: Birkhäuser Verlag GmbH. S.36.

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Abb. 41. Kristalline Kurzseiten

House under High-Voltage Lines Tokyo, Japan (1981) Kazuo Shinohara Um den Bauvorschriften für den Sicherheitsabstand zu Hochspannungsleitungen Folge zu leisten, wurde dem Volumen eine Kante als bogenförmiger Teil entnommen. Das Projekt ist ein sichtbares Manifest für die Unzertrennlichkeit von privatem Wohnraum und sozialer Infrastruktur. Die Gesellschaft dringt auf beunruhigende Weise in den persönlichen Lebensraum ein, was das Individuum dazu veranlasst, sich trotzig entgegen zu stemmen. Genau an der Stelle, wo die beiden Kräfte aufeinander 54 treffen, scheint das Haus zu zersplittern. Für das House under High-Voltage Lines wird der scheinbare Widerspruch zwischen Innen und Aussen zum schaffenden Moment des Entwurfes. Für die Beschreibung der japanischen Stadt verwendet Kazuo Shinohara das Wort Wildheit. Ein städtischer Dschungel, in dem jegliche Kontrolle abhanden kommt und der Zufall zum Entwurfsfaktor wird. Die Beziehung zwischen Stadt und Wohnhaus bewertet Shinohara jedoch nicht als widersprüchlich, sondern vielmehr als reziprok. Die damit einhergehende architektonische Haltung akzeptiert die Realität der modernen japanischen Stadt und führt zum Ausloten der Grenzen 55 der Architektur. Seiner Position nach urteilend, wurde die, sich in unmittelbarer Nähe befindende, urbane Infrastruktur als unverrückbare Gegebenheit und damit als entscheidende Komponente des Entwurfs betrachtet, der sich das Haus unterzuordnen hat. Mit einer gewölbten, schweren Betondecke reagiert das Gebäude auf die

54 Yoshida, N. (Hg.) (2017). The Japanese House – Architecture and Life after 1945. Tokyo: Shinkenchiku-sha Co., Ltd. and The National Museum of Modern Art. S.79. 55 Niggli; Müller. (2015). Schönheit des Chaos – Plädoyer für eine Stadt des toleranten Nebeneinanders. Verfügbar unter https://www.wbw.ch/de/heft/ artikel/leseprobe/2015-12-schoenheit-des-chaos. html (01.06.2020).

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Abb. 42. Fassadenansicht mit transluszenter Bekleidung aus Glasbausteinen und horizontalen Fensterbändern

bedrohlichen Hochspannungsleitungen und schirmt seineBewohner durch den Eingriff von der Gefahr ab. Abgeleitet von Bauplänen, scheint sich das gesamte Wohnhaus dem massivem Bollwerk unterzuordnen, weshalb die Längsseiten beinahe vollständig geschlossen sind. Dies führte als Konsequenz zur maximalen Öffnung der auf Tageslicht angewiesenen Kurzseiten. Die Konstruktion erlaubt den von Norden nach Süden verlaufenden Geschossplatten weit auszukragen und befreit die Fassade dadurch von jeglichen Stützen. Gleichzeitig bewirkt die Auskragung die Verschattung der verglasten Fassade im Sommer. Um eine hochgradige Transparenz zu erreichen, wurden grossflächige Verglasungen sowie Glasbausteine eingesetzt, die dank ihrer Beschaffenheit einerseits für die Belichtung der Innenräume, andererseits für die erforderliche Privatsphäre sorgen.

Abb. 43. Grundriss mit seitlichen Schotten und vollständig geöffneten Kurzseiten

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Das Projekt scheint im Hinblick auf die angewendeten Materialien sowie die horizontalen Fensterbänder deutlichen Einfluss der Architektur der frühen Moderne erfahren zu haben. Dabei sind insbesondere Parallelen zum, von Bernard Bijvoet und Pierre Chareau gebauten Maison de Verre (1928-1932) in Paris ersichtlich. Die klar getrennten baulichen Elemente resultieren dabei in einer fragmentierten Erscheinungsform, deren Materialität und Formenvielfalt klar lesbar sind.

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Abb. 44. Feingliedrige Fassade des Ujigami Tempels in Kyoto

3.4 Sublimation durch Leichtigkeit Die bauliche Struktur Tokyos veranschaulicht, wie eine Stadt von gewaltigem Ausmass durch Kleinteiligkeit auf einen für uns nachvollziehbaren Massstab reduziert werden kann. Folglich trägt die Fragmentierung grosser Volumen zur urbanen Verträglichkeit bei. Neue Wohnbauten fügen sich in Bezug auf die Körnigkeit harmonisch in das städtebauliche Geflecht ein, ohne den vorgefundenen Massstab zu überschreiben. In unseren Breitengraden hingegen, stehen neue Grossbauten oft in ambivalenten Verhältnis zum vertrauten Gefüge der gewachsenen Stadt. Stereometrische Formen verstärken die massive Erscheinung zusätzlich und vermitteln den Eindruck von Schwere und Überlegenheit. Die traditionelle japanische Architektur legt hingegen viel Wert auf die Wechselwirkung von Material, Form und Struktur. Der Fokus liegt dabei auf der Summe der Einzelelemente sowie auf deren Bezug untereinander. Durch diese 56 Methode tritt das grosse Ganze in den Hintergrund. Nach Yoshiharu Tsukamoto hat die Genealogie der Leichtigkeit ihren Ursprung in der traditionellen Holzarchitektur. Während sich der Westen dafür entschied den Raum mit übereinander geschichteten Steinen zu fassen, bedienten sich die Japaner der Fülle an Wäldern. Durch Komposition und den Einsatz von neuen Materialien, übersetze die Architektur dabei die messbare Leichtigkeit in Raumerfahrung und -wahrnehmung. Leichtigkeit sollte daher als kritischer Raum verstanden werden, dessen Entwicklung auf der Grundlage wiederholter Untersuchungen aus verschiedenen 57 Blickwinkeln weiter gedeiht.

56 Hosoya; Schäfer. (2012). Learning from Tokyo. Verfügbar unter https://cloudfront6.hosoyaschaefer. com/wp-content/uploads/2012/08/2012_ArchPlus_ Print11.pdf?x10499 (31.03.2020). 57 Yoshida, N. (Hg.) (2017). The Japanese House – Architecture and Life after 1945. Tokyo: Shinkenchiku-sha Co., Ltd. and The National Museum of Modern Art. S.151.

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"If we were to extend the frontiers of our spatial perceptions infinitely, even the largest object would just be a tiny dot when seen in the distance. Every scale can shrink and stretch freely. By assimilating all sorts of scales in to architecture, buildings may be transformed from coverings enclosing limited space, to environments extending indefinitely. That extension would probably be vague and ambi1 guous, its origins as a whole unclear." Junya Ishigami

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Ishigami, J. (2019). Another Scale of Architecture. Tokio: LIXIL Publishing. S.221.

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In den Werken von Sou Fujimoto manifestiert sich die Leichtigkeit dagegen eher in seiner Tendenz zur Abstraktion. Diese gewinnt insbesondere durch die optische Schwerelosigkeit sowie der Verwendung der Farbe Weiss an Ausdruck. Sich bewusst oder unbewusst an die Bauwerke der frühen Moderne anlehnend, werden durch die Methodik der Abstraktion formale und räum58 liche Konzepte erforscht. Die Kombination aus Leichtigkeit und Abstraktion gelten als Besonderheit des japanischen Minimalismus. Die betonte Reduktion und Schlichtheit, sowie die konzentrierte Aufmerksamkeit sind dabei seit jeher fester Bestandteil der Tradition der japanischen Teezeremonie und der damit verbundenen ästhetischen Philosophie des wabi sabi, die ihre Schönheit und ihren Wert in der subtilen Unvollkommenheit und Strenge findet. Eine Reihe von Merkmalen von primären Qualitäten, die mit dem japanischen 59 Minimalismus assoziiert werden. In der Absicht grosse Volumen verträglich in den städtischen Raum einzugliedern, betrachtet der Teilaspekt Sublimation durch Leichtigkeit den tektonischen Ausdruck sowie die volumetrische Segmentierung im Hinblick auf eine neue Leichtigkeit.

58 The Museum of Modern Art (Hg.) (2016). A Japanese Constellation – Toyo Ito, Kazuyo Sejima, SANAA, Ryue Nishizawa, Sou Fujimoto, Akihisa Hirata, Junya Ishigami. New York: The Museum of Modern Art. S.248. 59 Ebenda. S.248.

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Abb. 45. Ein feingliedriges Gebilde aus Stahl und Glas

ハウス NA / House NA Tokyo, Japan (2010) Sou Fujimoto Von gewöhnlichen Fertighäusern umgeben, steht das Wohnhaus in einem typischen, niedrig bebauten Wohnviertel von Tokyo. Im Stadtgefüge tritt das Werk durch seine äusserst feingliedrige Gestalt sowie der beinahe vollständig verglasten Fassade kaum in Erscheinung. Analog seiner Nachbarn steht der Bau dicht an der Strasse, wobei er sich jedoch dank seiner zarten, durchlässigen Erscheinung dem Strassenraum öffnet. Das House NA zieht keine Grenzen durch massive Wände, sondern ordnet sich fliessend in das Gefüge der umliegenden Nachbarschaft ein. Sou Fujimoto konzipierte das House NA als Baumstruktur, die durch die räumliche Staffelung von kleinteiligen Volumen eine 60 heuristische Nutzung ermöglicht. Ungleich der umliegenden zwei- oder dreigeschossigen Häuser, setzt sich das Bauwerk aus einer kontinuierlichen Sequenz von 21 kleinen Plattformen zusammen, deren räumliche Staffelung herkömmliche Wände 61 und Decken ersetzt und die kurze Strassenfassade maximiert. Im Rückschluss auf Tsukamotos Vorstellung von der Leichtigkeit der Architektur, ermöglichen die unterschiedlichen Ebenen des gebauten Baumes die Wahrnehmung der Räume aus unterschiedlichen Perspektiven, mit sich stetig transformierenden Funktionen. Im Gegensatz zu den umliegenden, introvertierten Wohnhäusern, scheut der beinahe zerbrechlich wirkendene Baukörper keine Kontaktaufnahme mit seiner Umgebung und richtet sich gegen alle Himmelsrichtungen aus. Dank seiner Durchlässigkeit wird die Wand des benachbarten Hauses durch Aneignung zu eigenen Wand.

60 Maniscalco, G. & Ngo, A.-L. (2012). House NA – Ein Haus wie ein Baum. Arch+, 208, S. 72–75. 61 The Museum of Modern Art (Hg.) (2016). A Japanese Constellation – Toyo Ito, Kazuyo Sejima, SANAA, Ryue Nishizawa, Sou Fujimoto, Akihisa Hirata, Junya Ishigami. New York: The Museum of Modern Art. S.176-179.

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Abb. 46. Gestaffelte Dachaufsicht

Die Grafiken kristallisieren die bauliche Struktur des Wohnhauses heraus. Von wenigen lateralen Elementen abgesehen, besteht das Bauwerk aus einer Ansammlung von schmalen Stützen und kaskadenförmig angeordneten Deckenelementen. Die Räume strecken sich teilweise über mehrere Ebenen aus, die durch die Stützen unterschiedlich hoch in die Höhe gestemmt werden. Die Anordnung scheint in der Tat den Astgabelungen eines geometrischen Baumes zu gleichen. Die Nutzungsneutralität entbindet die Plattformen von formalen Beziehungen und erlaubt die spielerische Staffelung. Die räumliche Näherung der einzelnen Ebenen gestattet dabei die ausgeprägte Kommunikation zwischen den Bewohnern. Entbunden von der konventionellen Wohnweise, ermöglichte der Grundsatz dem Architekten die Fragmentierung der Räume und damit der Fassade, deren feingliedrige Konstruktion zu architektonischer Leichtigkeit führte. Es scheint durchaus vorstellbar, dass ein Baukörper von solch schwerelosem Charakter deutlich mehr Platz im Stadtraum einnehmen könnte, ohne ein Gefühl von hoher Dichte zu vermitteln.

Abb. 47. Durchlässige Seitenansicht

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Abb. 48. Die rückspringede Ostfassade des Middle Shoin (1641-47) als prägendes Element

桂離宮 / Kaiserlicher Nebenpalast der Villa Katsura Kyoto, Japan (17. Jahrhundert) Der Kaiserliche Palast gilt aufgrund seiner besonders sorgfältigen Ausarbeitung als Paradebeispiel japanischer Holzbaukunst. Seine feingliedrige Erscheinung verdankt der kaiserliche Nebenpalast den kunstvoll gefügten Holzelementen und vermittelt durch Kunstgriffe wie den Versprung in der Fassadenschicht (vgl. Abb.37.) den Eindruck von Schwerelosigkeit. Diese Bauweise dient jedoch nicht nur der Ästhetik, sondern in erster Linie dem Holzschutz. Das eigenartige Klima Japans stellt dabei eine Vielzahl von baulichen Anforderungen, unter anderen folgende: 1. Eine Vielzahl von Öffnungen gewährleisten den Durchzug 2. Der erhöhte Boden des Erdgeschosses verhindert aufgrund der Luftzirkulation das Eindringen von Feuchtigkeit 3. Der grosse Dachvorsprung schützt die Fassade vor Regen und 62 Sonne Folglich erfordern die klimatischen Rahmenbedingungen konstruktive Grundsätze, die sich in einer multifunktionalen Fassadenschichten äussern. Die Veranda Engawa ist dabei ein elementarer Bestandteil des japanischen Hauses und wird sowohl als Korridor als auch als Wohnraum genutzt. Sie vermittelt zwischen Innen und Aussen und nimmt im Sommer eine, die Innenräume verschattende Funk63 tion ein (vgl. Abb.39).

62 Yoshida, T. (1969). Das Japanische Wohnhaus. Berlin: Verlag Ernst Wasmuth Tübingen. S.15-16. 63 Ebenda. S.105-106.

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Abb. 49. Die Wildgänse-Formation im Grundriss des Nebenpalastes

Das für japanische Verhältnisse grosse Volumen wird durch die sukzessive Versetzung der Erweiterungsbauten fragmentiert. Die Innenräume sind jedoch trotz der starken Staffelung über die 64 übergreifende Struktur der additierenden Einheit Ken vereint. Die Fassade verfolgt hingegen unabhängig davon einem anderen Prinzip. Die Überlagerung von unterschiedlichen Strukturen führt zu einer raumhaltigen Schicht, die den Baukörper zusätzlich segmentiert. Die gestufte Anordnung wird im Japanischen als ganko bezeichnet, da die Formation an einen Schwarm fliegender Gänse erinnert (vgl. Abb.38). Im Normalfall ist dabei eine Seite länger und die Form ist unregelmässig und asymmetrisch. Diese Methode verschiebt eine Gruppe von Gebäuden weg von der Mittelachse und gibt damit die Symmetrie und Zentralität auf. Die ausgedehnten Formationen zeigen damit die einzigartige Art und Weise, wie in der traditionelle japanischen Architektur Tiefe 65 dargestellt wurde.

Abb. 50. Konstruktiver Schnitt durch die Veranda des Middle Shoin (vgl. Abb.37)

64 Der Grundriss des japanischen Hauses geht von der Grösse einer Matte als Einheit aus. Für den Holzbau wird noch der traditionelle Shaku oder Ken als Längeneinheit verwendet, da alle Bauhölzer entsprechend genormt sind. Die Einheit Ken basiert auf dem Pfostenabstand. 1 Ken sind 6 Shaku, was 1.82m entspricht. Eine Matte misst 6 mal 3 Shaku resp. 1 mal 0.5 Ken, folglich 1.82m mal 0.91m. (Yoshida, T. (1969). Das Japanische Wohnhaus. Berlin: Verlag Ernst Wasmuth Tübingen. S.68.) 65 Isozaki, A. (Hg ) (2011). Katsura – Imperial Villa. Hong Kong: Phaidon Press Ltd. S. 19.

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Abb. 51. Schwebende Leichtigkeit durch vollkommene Transparenz

六甲の住居 / House in Rokko Kobe, Japan (2012) Tato Architects / Yo Shimada Im Gegensatz zu den dicht aneinandergereihten Wohnhäusern in Tokyo, liegt das Haus in Rokko in einer locker bebauten Nachbarschaft in Hanglage. Um die Privatsphäre seiner Bewohner bestmöglich zu schützen, geht das Gebäude durch seine Bauweise stark auf die umliegende Umgebung ein. Anhand des Planmaterials ist ersichtlich, dass die Nutzungseinheiten vertikal getrennt wurden. Das vollkommen transparente Erdgeschoss ist dank des steilen Einsichtswinkels des terrassierten Geländes geschützt und damit den gemeinschaftlichen Räumen vorbehalten. Das exponierte, die Privaträume beinhaltende Obergeschoss hingegen ist von einer opaken, abschirmenden Hülle umgeben. Die rundumlaufende Veranda unterstreicht den zweigeteilten Baukörper und ermöglicht den Bezug zum Aussenraum, sowie die Verschattung der Glaskiste in den heissen Sommermonaten. Die Architekten stellten sich in der Entwurfsphase die Frage nach dem Ausdruck, den Architektur an einem malerischen Ort haben sollte. Sie untersuchten dabei die Art und Weise, wie der Ausblick genossen werden kann, ohne gegenüber der Umwelt dominant aufzutreten - sowie die Beziehung zwischen Architektur und Umgebung. Der weite Blick wird durch das vollständig verglaste Erdgeschoss in vollem Umfang ermöglicht. Das Obergeschoss gleicht einer Metallscheune mit konventionellen Dach, die hochgezogen wurde und sich in den umliegenden Bestand einfügt.

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Abb. 52. Opazität versus Transparenz

Die in den Längsseiten eingefügten Öffnungen dienen dazu, die vom Berg herabströmende Brise einzufangen und die Belüftung 66 zu erleichtern. Da aufgrund der steilen Topografie keine schweren Maschinen eingesetzt werden konnten, ist die filigrane Erscheinung durchaus eine Konsequenz des Standortes. Alle Baumaterialien mussten von den Arbeitern eigenhändig auf die Baustelle getragen werden, was die Wahl der Konstruktion sowie Ausführung stark beeinflusste. Aufgrund der körperlichen Arbeit wurde das Gewicht pro Element auf maximal 100 Kilogramm beschränkt; die Tragstruktur 67 verwendet H-Profilstahl von 100 mm x 100 mm.

Abb. 53. Durchlässigkeit im Erdgeschoss Abb. 54. Abschirmende Hülle im Obergeschoss

66 Frearson, A. (2012). House in Rokko by Tato Architects. Verfügbar unter https://www.dezeen. com/2012/06/27/house-in-rokko-by-tato-architects/ (01.06.2020). 67 Ebenda.

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4 Architektonische Umsetzung

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Abb. 55. Die umgenutzten Tribünen als erweitertes Wohnzimmer; im Hintergrund das sanierte Hochhaus und das Schulhaus

Im letzten Kapitel der vorliegenden Arbeit kommen die Erkenntnisse aus der vorangehenden Untersuchung zum Tragen. Dabei liegt der Fokus einerseits auf einer verträglichen Einbindung in den städtischen Kontext sowie der Reaktion der Fassade auf das unmittelbare Gegenüber. Bereits bei der Begehung des Standortes zu Beginn des Semesters zeigte sich die Komplexität des Ortes und die damit einhergehende Vielschichtigkeit. Seit der Zeit, als die Bieler Stadtbevölkerung ins Fussballstadion strömte, um die Spieler anzufeuern bis zur Transformation der Brache in eine Vielfalt an Utopien im Kleinformat, hat der Ort einen festen Bestandteil im städtischen Gefüge. Heute bildet die alte Brache Gurzelen im Stadtbild eine abstrakte Leere, geprägt durch die jahrelange intuitive Aneignung divergenter Nutzergruppen. Ohne jedoch vergangenheitsverliebt Rücksicht auf den maroden Zustand des Vorgefundenen zu nehmen, bildet vielmehr das Spannungsfeld des urbanen Nichts die Ausgangslage der Projektentwicklung. Der Ansatz eine neue, der Gesamtbevölkerung dienende Leere in der Stadt Biel zu schaffen, zieht als Konsequenz die Verdichtung und Konzentration des Volumens auf einen Teilbereich des Standortes mit sich. Die aus der Untersuchung der vier architektonischen Strategien gezogenen Rückschlüsse, bieten dabei ein Kompendium für den adäquaten Umgang mit baulich bedingtem Dichtestress.

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Abb. 56. Städtebauliches Konzept des transformierten Blockrandes

4.1 Städtebauliche Vernunft Durch die Aufnahme von bestehenden Strassenfluchten sowie die geringe Höhenentwicklung unter Berücksichtigung der niedrigen Struktur der Umgebung, gliedert sich das grosse Volumen in das urbane Geflecht ein. Erinnert man sich an die Wildgänse-Formation des Kaiserlichen Nebenpalastes der Villa Katsura in Kyoto, schafft die Staffelung ein segmentiertes Volumen, das im städtischen Raum reduziert in Erscheinung tritt. Die volumetrische Aufgliederung wird damit zur vermittelnden Brücke zwischen der, von kleinteiligen Wohnbauten geprägten Umgebung und dem Tatzelwurm der Swatch, dessen gewaltiger Massstabsprung eine enorme Präsenz im Stadtgefüge implementiert. Der Entschluss die angesprochene Leere im urbanen Raum neu zu definieren, resultierte in der konzeptuellen Umkehrung der konventionellen Blockrandbebauung. Durch das seitliche Eindrücken des umschliessenden Volumens (vgl. Abb.52) wird der Innenhof auf ein Minimum komprimiert und schafft weiträumige Freiflächen, die sich als Schnittstelle zwischen den unterschiedlichen Nachbarschaften mit der Umgebung verweben. Der Baukörper sucht dabei die Interaktion und spannt als Gegenüber im Zusammenspiel mit dem schlangenförmigen Swatch-Gebäude einen immensen Platz auf. Ganzjährig bespielbar, bietet der öffentliche Raum ohne Weiteres genügend Fläche für einen ganzen Zirkus oder den Weihnachtsmarkt.

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Abb. 57. Städtebauliche Einbettung

"Architecture creates a landscape and an atmosphere for people, for life. (...) Yet even if it is made for an individual, architecture is 1 also part of a collective experience.“ Analog der Aussage von Ryue Nishizawa, bezieht das Volumen den Stadtraum mit ein. Durch das Aufschneiden der Kurzseiten (vgl. Abb.52) wird der enge Innenhof zu einer weiten Gasse, die den urbanen Raum kontinuierlich fortsetzt und damit zum gemeinschaftlichen Erlebnis wird. Die Durchdringung der Architektur durch den öffentlichen Raum impliziert dabei das Verweben von Innen und Aussen, die Überlagerung von städtischem Raum und Wohnen.

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The Museum of Modern Art (Hg.) (2016). A Japanese Constellation – Toyo Ito, Kazuyo Sejima, SANAA, Ryue Nishizawa, Sou Fujimoto, Akihisa Hirata, Junya Ishigami. New York: The Museum of Modern Art. S.139.

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Abb. 58. Der Dialog der Fassade Abb. 59. Grundriss Hochparterre (ff)

4.2 Die Fassade im Dialog Im Diskurs der Verdichtung nimmt die Vermittlungsfähigkeit der Fassade eine zentrale Rolle ein. Durch die unmittelbare Nachbarschaft leistet die Schnittstelle mehr als die reine Trennung zwischen Innen und Aussen und reagiert als diffuse Grenze auf ihre Umgebung. Nachfolgend werden die, das Projekt betreffenden Entscheidungen hinsichtlich der Ausbildung des Fassadenraums auf die vier Untersuchungsfelder aus dem Analyseteil dieser Arbeit zurückgeführt. Die Entflechtung des Gegenüber Das Abdrehen der gewinkelten Riegel führt zu einer Milderung der Verdichtung, da zu keiner Zeit ein direktes Gegenüber entsteht. Die drei langen Teile des geöffneten Blockrandes sind an ihren Knotenpunkten aufgebrochen um diese an ihrer dichtesten Stelle zu entlasten und Querbeziehungen zwischen den unterschiedlichen Nachbarschaften zu schaffen. Die Wohnungen der Bewohner in Riegel A richten sich in Richtung Schule aus. Die Veranda im Hochparterre wird als privater Aussenraum genutzt, der eine direkte Verbindung zum Strassenraum aufweist. In den oberen Geschossen dient der Laubengang einerseits als Erschliessungsfläche, andererseits wird er dank seiner Breite als zusätzlicher Wohnraum bespielbar. Den Wohnungen auf der Ebene des Innenhofs liegen Cafés, Restaurants und kleine Läden wie Blumengeschäfte gegenüber, getrennt von einer intensiv begrünten Fläche, die als Pufferzone wirkt.

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Abb. 60. Fassade Laubengang Abb. 61. Fassade gegen Süden (ff) Abb. 62. Grundriss Geschosswohnung (ff)

In den oberen Geschossen bildet das Gegenüber ein Laubengang, der aufgrund seiner Ausrichtung hauptsächlich als Erschliessung der Riegel B und C dient, während sich das Innenleben gegen den grossen Platz oder das Quartier ausrichtet. Die entgegengesetzten Laubengänge dienen folglich zur Entschärfung des Gegenübers; die Entflechtung von Nutzungsbereichen führt zur Entspannung. Die graduelle Abstufung der Fassade Der Wohnraum knüpft in keiner Weise direkt an den Aussenraum an, sondern ist stets durch eine vermittelnde Schicht ergänzt.Der graduelle Übergang dient als Filterschicht, zwischen Innen und Aussen. Der Laubengang zieht sich als vertikale Schicht über die gesamte Höhe der Baukörper und staffelt den Übergang zwischen Öffentlichkeit und privatem Wohnraum hierarchisch. Als raumhaltige Fassade schafft er Distanz zum Gegenüber. Gleichzeitig wirken die, den Wohnungen vorgelagerten bespielbaren Flächen und Lufträume als zusätzliche Filterebene zwischen Erschliessungsraum und privatem Innenraum. Den Räumen der gegenüberliegenden Seite sind ebenfalls eine Zwischenschicht vorgelagert, über die sich die Nähe und Distanz der Wohnräume zur Umgebung regulieren lässt. Erinnert man sich die Aussage „Grenzen sind räumlicher Ausdruck 2 sozialer Verhältnisse“ , so gewinnen raumhaltige Schichten an Bedeutung. Die Gradation schafft nicht nur Distanz, sondern auch Räume für soziale Interaktion. Im Falle des Laubengangs bedeutet dies die Vereinbarkeit von Erschliessung und Begegnung im Fassadenraum. Klare Grenzen werden verwischt und schaffen neue Raumbeziehungen und durch den Bewohner steuerbare Wechselspiele.

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Wietzorrek, U. (Hg.) (2014). Wohnen+. Von Schwellen, Übergangsräumen und Transparenzen. Basel: Birkhäuser Verlag Gmbh. S.12.

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Abb. 63. Fassade "Fenster zum Hof" mit Glasbausteinen Abb. 64. Grundriss Ebene 3 (ff)

Die Fassade als Kleid Die Analyse der zeitgenössischen Bauten zeigte, dass die Fassade in der japanischen Architektur als flexibles Element verstanden wird und die Kunst der Fügung auch heute noch einen hohen Stellenwert hat. Analog der traditionellen Baukunst, wird in diesem Unterkapitel die Materialität der Aussenhülle genauer beleuchtet und die Beschaffenheit der Oberfläche zelebriert. Um das einfallende Tageslicht trotz der vorgelagerten Schichten maximal zu nutzen, verfügen die Wohnungen über keine massiven, geschlossenen Wände an den Kurzseiten der Schottenstruktur. Die Freiformen an den Knotenpunkten der Winkel sind einzig durch gewölbte Glasfronten von der Umgebung getrennt und verfügen über rundumlaufende Vorhänge zum Schutz der Privatsphäre. Das Projekt thematisiert die Hierarchie von Tragwerk und Hülle und unterstreicht damit die heterogene Erscheinung sowie den bekleidenden Charakter der Oberfläche. Grundsätzlich kann die Aussenhülle bedarfsgerecht und unabhängig von der tragenden Struktur bespielt und ausgetauscht werden. Die Hoffassaden werden durch die Durchwegung zu Strassenfassaden, die den Stadtraum als urbanes Gefäss fortsetzten. Das Aufbrechen des Blockrandes gleicht einer sogenannten Geode, einem Stein, in dessen Inneren sich lauter kleiner Kristalle befinden. Der grossflächige Einsatz von Glasbausteinen erzeugt das Gefühl von Transparenz und Durchlässigkeit. Das Material erlaubt die uneingeschränkte Belichtung der Räume, ohne dabei sein Inneres preiszugeben.

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Abb. 65. Kontinuität des städtischen Raums

Sublimation durch Leichtigkeit Die Wahrnehmung des gewaltigen Volumen im städtischen Raum wurde bereits im vorhergehenden Unterkapitel auf städtebaulicher Ebene reflektiert und durch die Anwendung einer staffelnden Strategie auf verträgliche Fragmente verkleinert. In einer flächigen, massiven Ausführung sind die Segmente im Vergleich zu Umgebung jedoch nach wie vor eine wuchtige Erscheinung. Als Konsequenz wurde die Aussenhülle als Ganzes durch vorgelagerte Schichten stark verfeinert. Der gesamte Entwurf kommt ohne massiven Elemente in der äussersten Schicht aus. Die raumhaltige Fassade schafft ein Schattenspiel, welches die Tiefe zusätzliche untermalt. Die Vermittlung zwischen Aussen-, Innen- und Zwischenräumen wird durch die feingliedrigen Elemente verstärkt, während die Transparenz zwischen den unterschiedlichen Bereichen visuelle Leichtigkeit verschafft. Die regelmässige Segmentierung der Wohneinheiten sowie die Reihen von Stützen erzeugen dabei ein kleinteiliges Gesamtbild. Die Verfeinerung betont in der Folge die Wechselwirkung von Material und Struktur und lässt das grosse Ganze in den Hintergrund treten.

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5 Rückblick

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Abb. 66. Die Vielschichtigkeit der urbanen Dichte

Der Entscheid, die Brache des alten Fussballstadions neu zu überschreiben, wurzelte im Kennenlernen einer anderen Denkweise in Japan. Sich aufgrund einer nostalgischen Vorstellung an den maroden Bestand zu klammern, ist dort schlicht nicht Grund genug; Bauten in desolatem Zustand werden abgerissen. Die kontinuierliche Überschreibung sowie die Tradition der steten Erneuerung führt in den Städten Japans zu einer bemerkenswerten Dichte und Vielschichtigkeit (vgl. Abb.65). Den Bestand ersetzend, steht das Neue jedoch in der Pflicht einen Mehrwert für die Stadt zu erbringen. Im Fall der alten Brache lag der Mehrwert jedoch nicht in den Ruinen des Stadions, sondern in der Leere, die als städtebauliches Vakuum die Gesellschaft florieren liess. Zur Schaffung einer neuen Urban Void musste der Wohnraum in der Konsequenz stark verdichtet werden. Das wiederkehrende Thema der Verdichtung wurde somit zur Grundlage der Untersuchung. Die Betrachtung von Schweizer Städten zeigt die Vergleichbarkeit der Dichte der Altstadt und der zeitgenössischen japanischen Grossstadt. Die analytische Untersuchung der Projekte förderte Möglichkeiten zu Tage, wie auf der Gurzelenbrache wieder dichtes städtisches Gewebe entstehen kann, ohne dabei die Altstadt als Vorbild zu nehmen. In einer Zeit, in der in der Schweiz die Distanz zum Nachbar als kostbarstes Gut gilt, dienten die daraus gezogenen Erkenntnisse als Entscheidungsgrundlage im Entwurfsprozess sowie der Neuverankerung des Gesehenen. Die genauere Betrachtung der Fassade als Vermittler im städtischen Kontext führte somit zur Überzeugung, dass die erfolgreiche Verdichtung in Schweizer Städten über dicht an dicht stehende Bauten führt, die über ihre Aussenhülle eine verträgliche Nähe schaffen.

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6 Literaturverzeichnis

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7 Abbildungsverzeichnis

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Abb. 1 Auszug #54 aus der Bilderserie "Tokyo Compression". Von Michael Wolf. Verfügbar unter https://www.artsy.net/artwork/michael-wolf-tokyo-compression-number-54 (25.04.2020). Abb. 2 Überlagerung von Tokioter Wohnviertel und Bieler Altstadt. Von Jennifer Bader. Unter der Verwendung von Satellitenbildern von Google Earth Pro. Abb. 3 Orthofoto von Biel. Unter der Verwendung von Google Earth Pro. Abb. 4 Die Gurzelenbrache aus der Vogelperspektive. Von Ben Zurbriggen. Verfügbar unter https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/biel/konzeptwettbewerb-fuer-die-gurzelen (31.03.2020) Abb. 5 Masterplan des Siegerprojektes Cross. Von Tribu Architecture. Verfügbar unter https://tribu-architecture.ch/projets/54/gurzelen/ (25.04.2020). Abb. 6 Die kleinteilige Bebauungsstruktur Tokyos. Von Trey Ratcliff. Verfügbar unter https://stuckincustoms.smugmug.com/Portfolio/ (24.04.2020). Abb. 7 Koexistierende Vielschichtigkeit. Von Jennifer Bader. Abb. 8 Der Vorschlag des Siegerteams zur Neubebauung der Gurzelenbrache. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 9: Das entsprechende Volumen im Hochhaus-Format. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 10 Der verdichtete Vorschlag des Thesisprojektes. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 11 Transition zwischen Innen und Aussen. Von Jennifer Bader. Abb. 12 Der umstrittende Nakagin Capsule Tower von Kisho Kurokawa. Von Jennifer Bader. Abb. 13 Die restaurierte Fassade eines Machiya in Kanazawa. Von Jennifer Bader. Abb. 14 Längsschnitt durch Vorder- und Hinterhaus mit zwischengelagerten Gärten. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 15 Schematischer Grundriss eines Stadthauses in Kyoto mit gestaffelten Nutzungseinheiten. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 16 Öffnungen in der Baumkrone. Von Jennifer Bader. Abb. 17 Drei Varianten der Öffnungsfaltung. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 18 Schematischer Schnitt durch den Innenhof mit angrenzenden Kisten. Von Jennifer Bader. (Grafik).

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Abb. 19 Vier Wohneinheiten gruppieren sich um den zentralen Gemeinschaftshof. Von Koichi Torimura. Verfügbar unter http://erikanakagawa.com/enweb.workpage3en.html (25.04.2020). Abb. 20 Die auf Stützen stehende Hochebene mit vier Wohnungen. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 21 Die vier Erschliessungskörper mit geselligem Zwischenraum. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 22 Räumliche Sequenzen im Shoiken Teehaus der Villa Katsura. Von Jennifer Bader. Abb. 23 Graduelle Raumfolgen im Shokin-tei Teehaus der Villa Katsura. Von Jennifer Bader. Abb. 24 Ein Garten zwischen Aussenwänden. Von Iwan Baan, Verfügbar unter https://iwan.com/portfolio/house-n-sou-fujimoto/ (25.04.2020). Abb. 25 Die gelochte Wand als Filterebene zum öffentlichen Raum. Von Iwan Baan. Verfügbar unter https://iwan.com/portfolio/house-n-sou-fujimoto/ (25.04.2020). Abb. 26 Das "Box in Box" Prinzip. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 27 Der Vorraum des Vorraums. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 28 Vertikale Gartenschicht als Pufferzone. Von Iwan Baan. Verfügbar unter https://iwan.com/portfolio/garden-house-ryue-nishizawa-sanaa/ (25.04.2020). Abb. 29 Explosionsperspektive der einzelnen Ebenen. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 30 Zwischenräume als Vermittler. Von August Fischer. Verfügbar unter https://divisare.com/projects/386147-sanaa-kazuyo-sejima-ryue-nishizawa-august-fischer-moriyama-house (25.04.2020). Abb. 31 Zwischenraum formende Kleinstvolumen. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 32 Transluszente Bekleidung. Von Jennifer Bader. Abb. 33 Moderne Interpretation traditioneller Elemente. Von Eiji Tomita. Verfügbar unter https://www.archdaily.com/800478/shoji-screen-house-yoshiaki-yamashita (25.04.2020). Abb. 34 Schnitt durch das raumhohe Shoji-Fenster. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 35 Gegen Aussen abgeschotteter Grundriss mit innenliegenden Aussenräumen. Von Jennifer Bader. (Grafik).

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Abb. 36 Die Kurzseiten des Wohnhauses als Lichtquelle. Von Jennifer Bader. Abb. 37 Der Hauptraum mit geöffnetem Vorhang. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 38 Der Mittelteil mit geschlossenem Vorhang. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 39 Schematischer Grundriss des Erdgeschosses. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 40 Schematischer Grundriss des Obergeschosses. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 41 Kristalline Kurzseiten. o.A. Abb. 42 Fassadenansicht mit transluszenter Bekleidung aus Glasbausteinen und horizontalen Fensterbändern. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 43 Grundriss mit seitlichen Schotten und vollständig geöffneten Kurzseiten. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 44 Feingliedrige Fassade des Ujigami Tempels in Kyoto. Von Jennifer Bader. Abb. 45 Ein feingliedriges Gebilde aus Stahl und Glas. Von Iwan Baan. Verfügbar unter https://iwan.com/portfolio/house-na-sou-fujimoto/ (24.04.2020). Abb. 46 Gestaffelte Dachaufsichten. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 47 Durchlässige Seitenansicht. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 48 Die rückspringende Ostfassade des Middle Shoin (1641-47) als prägendes Element. Von Jennifer Bader. Abb. 49 Die Wildgänse-Formation im Grundriss des Nebenpalastes. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 50 Konstruktiver Schnitt durch die Veranda des Middle Shoin. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 51 Schwebende Leichtigkeit durch vollkommene Transparenz. Von Ken'ichi Suzuki. Verfügbar unter: https://tat-o.com/projects/106/# (25.04.2020). Abb. 52 Opazität versus Transparenz. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 53 Durchlässigkeit im Erdgeschoss. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 54 Abschirmende Hülle im Obergeschoss. Von Jennifer Bader. (Grafik). Abb. 55 Die umgenutzten Tribünen als erweitertes Wohnzimmer; im Hintergrund das sanierte Hochhaus und das Schulhaus. Von Jennifer Bader. Abb. 56 Städtebauliches Konzept des transformierten Blockrandes. Von Jennifer Bader. (Grafik).

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Abb. 57 Städtebauliche Einbettung. Von Jennifer Bader. (Collage). Abb. 58 Der Dialog der Fassade. Von Jennifer Bader. (Collage). Abb. 59 Grundriss Hochparterre. Von Jennifer Bader. (Plan). Abb. 60 Fassade Laubengang. Von Jennifer Bader. (Plan). Abb. 61 Fassade gegen Süden. Von Jennifer Bader. (Plan). Abb. 62 Grundriss Geschosswohnung. Von Jennifer Bader. (Plan). Abb. 63 Fassade "Fenster zum Hof" mit Glasbausteinen. Von Jennifer Bader. (Plan). Abb. 64 Grundriss Ebene 3. Von Jennifer Bader. (Plan). Abb. 65 Kontinuität des städtischen Raums. Von Jennifer Bader. (Collage). Abb. 66 Die Vielschichtigkeit urbaner Dichte. Von Jennifer Bader.

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8 Redlichkeitserklärung

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