Digitale Infrastrukturen

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Zielbilder für die Digitale Agenda Deutschlands Die Wirtschafts- und Innovationskraft Deutschlands, unsere Position im internationalen Wett­ bewerb und der gesellschaftliche Fortschritt sind maßgeblich damit verbunden, dass unser Land den Wandel von einer klassischen Industrienation zum digitalen Zeitalter vollzieht. Mit der Energiewende hat Deutschland einen Weg eingeschlagen, der die Chance bietet, weltweit eine Vorreiterrolle einzunehmen. Dazu gehört aber zwingend der rasche Aufbau Intelligenter Netze. Denn ohne diese kann die Energiewende nicht gelingen. Gleiches gilt für die mit dem demografischen Wandel verbundenen Herausforderungen im Gesundheits- und Bildungswesen sowie die Anforderungen im Bereich Verkehr im Zentrum Europas und einer modernisierten öffentlichen Verwaltung. In all diesen Feldern sind Intelligente Netze von immenser Bedeutung. Neben dem flächendeckenden Breitbandausbau sind sie der nächste, unverzichtbare Schritt in eine chancenreiche Zukunft für Gesellschaft und Wirtschaft im Rahmen der Digitalen Agenda für Deutschland.

Dieses Jahrbuch dokumentiert die Arbeiten und Ergebnisse der AG2 des Nationalen IT-Gipfels in 2013. Es benennt die grundlegenden Ziele und wesentliche Maßnahmen für die Digitale Agenda Deutschlands.

Digitale Infrastrukturen

1. Intelligente Netze – Infrastrukturen der digitalen Gesellschaft Die Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze erarbeitete im Rahmen ihres

Arbeitsgruppe 2

Fahrplans 2020 mit Experten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Zielbilder und Maßnahmenempfehlungen zur Umsetzung Intelligenter Netze.

2. Plattformen und Querschnittstechnologien – Die Enabler Intelligenter Netze Die Unterarbeitsgruppe Plattformen hat sich zum Ziel gesetzt, den branchen­übergreifenden Austausch über technische Herausforderungen Intelligenter Netze und ihrer Enablertechnologien zu fördern und zu forcieren.

3. Flächendeckendes Breitband – Die Grundlage für Intelligente Netze Die Unterarbeitsgruppe Breitband arbeitet seit vielen Jahren sehr erfolg­ reich an der Zielsetzung, den Ausbau und die Nutzung der Breit­band­ infrastruktur in Deutschland zu beschleunigen.

Schwerpunkte und Zielbilder für die Digitale Agenda Deutschlands www.it-gipfel.de

Jahrbuch 2013/2014


Digitale Infrastrukturen

Arbeitsgruppe 2

Arbeitsgruppe 2 des Nationalen IT-Gipfels Jahrbuch 2013/2014

Jahrbuch 2013/2014

2., korrigierte Auflage

Digitale Infastrukturen Herausgeber: Arbeitsgruppe 2 des Nationalen IT-Gipfels (AG2) „Digitale Infrastrukturen als Enabler für innovative Anwendungen“ Ansprechpartner:   Dr. Sven Hischke   Deutsche Telekom   E-Mail:  sven.hischke @ telekom.de

Dr. Peter Knauth   Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)   E-Mail:  peter.knauth @ bmwi.bund.de

Redaktion: Jens Mühlner (Projekt- und Redaktionsleitung)

T-Systems International E-Mail:  jens.muehlner@ t-systems.com

Die Projektgruppen der AG2 und ihre Leiter (siehe ab S. 435) Tanja Bosse · Kerstin Hain · Klaus-Peter Liepach · Hinnerk Fretwurst-Schiffel T-Systems International ja|wirtschaftskommunikation · Berlin Gestaltung: Kerstin Hain

T-Systems International

mc-quadrat Markenagentur und Kommunikationsberatung · Berlin | München (Ausgewählte Infografiken und Datenvisualisierung)

Druck: BerlinDruck · Achim

Schwerpunkte und Zielbilder für die Digitale Agenda Deutschlands


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Inhalt Vorworte der AG2-Leitung.........................................................................................

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Einleitung.................................................................................................................. 11

Schwerpunkte und Zielbilder f端r die Digitale Agenda Deutschlands

1

Intelligente Netze Infrastrukturen f端r die digitale Gesellschaft

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1.1 Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze.................................................... 23 1.2 Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland.............................. 35 1.3 Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze........................................ 41 1.4 Intelligente Energienetze.................................................................................. 69 1.5 Intelligente Gesundheitsnetze.......................................................................... 131 1.6 Intelligente Verkehrsnetze................................................................................ 159 1.7 Intelligente Bildungsnetze................................................................................. 185 1.8 Intelligente Verwaltungsnetze........................................................................... 205 1.9 Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze........................................................... 231 1.10 Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze......................................... 237


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Inhalt

Inhalt

2

Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

AG2-Übersicht.......................................................................................................... 427 247

Impressionen der unterjährigen Arbeit....................................................................... 499

2.1 Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze.................................................. 251

Verzeichnis der mitwirkenden Unter­nehmen, Behörden und Organisationen.............. 516

2.2 M2M Initiative Deutschland.............................................................................. 275

Abkürzungsverzeichnis.............................................................................................. 518

2.3 Gastbeitrag: Empfehlungen des IPv6 Rates zur Förderung der Einführung von IPv6............................................................. 315

Glossar..................................................................................................................... 520 Abbildungsverzeichnis............................................................................................... 521

3

Tabellenverzeichnis................................................................................................... 523

Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

319

3.1 Breitbandentwicklung in 2013.......................................................................... 327 3.2 Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau...................... 333 3.3 Alternative Verlege-Technologien am Beispiel von Mikro-Trenching und Verlegungen in Wasserleitungen....................................... 343 3.4 Haus- und Heimvernetzung.............................................................................. 349 3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze............................................... 363 3.6 Breitband für Intelligente Netze........................................................................ 393 3.7 Breitbandaktivitäten der Bundesländer............................................................. 413 3.8 Gastbeitrag: NGA-Forum.................................................................................. 421

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Vorworte der AG2-Leitung

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Vorworte der AG2-Leitung Die Informations- und Kommunikationstechnologie erreicht immer neue Bereiche des täglichen Lebens. 2020 werden rund 50 Milliarden Dinge miteinander vernetzt sein – nicht nur Computer und Maschinen, sondern auch Güter des täglichen Lebens. Mit modernsten Breitbandinfrastrukturen ermöglichen wir, dass Menschen Gigabyte-Volumen in Gigabit-Geschwindigkeit transportieren können. Der Breitbandausbau der nächsten Generation ist die größte Chance, der Aufbau Intelligenter Netze das größte Infra­ strukturprojekt, um den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel positiv gestalten zu können. Die AG2 des Nationalen IT-Gipfels hat hierfür wegweisende Akzente gesetzt: mit unseren Arbeiten zum flächendeckenden Breitbandausbau und für eine Strategie Intelligente Netze. Die Cloud ist kein wolkiges Versprechen geblieben, mobiles Breitband ist Realität. Und wir haben einen Dialog der Branchen angestoßen. Denn Infrastrukturen für eine vernetzte Welt zu bauen, braucht gemeinsames Handeln. Der IT-Gipfel bietet hierfür einen einmaligen Rahmen. Dieses Jahrbuch zeigt auf, wie sich die genannten Themen bis zum Jahr 2020 weiter verändern werden. Es konkretisiert die Ziele, die sich Deutschland auf dem Weg in die digitale Gesellschaft setzen sollte. Und es nennt Maßnahmen, die heute angestoßen werden müssen, damit die Ziele realistisch erreichbar sind. Meine Bitte zu meinem Ausscheiden aus der AG2 ab 2014 lautet daher: Zeigen wir noch mehr Entschlossenheit in der Umsetzung! Fördern wir moderne Netzinfrastruktur. Ermutigen wir Investoren, damit der Wirtschaftsstandort Deutschland seine Stärken voll ausspielen kann. Ihr René Obermann

Vorstandsvorsitzender Deutsche Telekom AG

Nichts ist so stetig wie der Wandel. Es gibt kaum einen Wirtschaftszweig, den diese Aussage so treffend charakterisiert wie der IKT-Sektor. Dieses Jahrbuch der AG2 ist das Ergebnis der Arbeit von mehr als 300 Vertretern aus Unternehmen und Verbänden der IKT-Branche und wichtigen Anwendersektoren. Es ist ein gehaltvoller Beleg für die Bedeutung, die der IT-Gipfel-Prozess für die IKT-Branche selbst, aber auch für die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft hat. Nach aktuellen Studien haben die IKT-Unternehmen im Jahr 2013 wieder mehr in die Netze investiert – trotz weiterhin rückläufiger Umsätze und lebhaft geführter Diskussionen über Netzneutralität und Vectoring. Dies zeigt: Die Rahmenbedingungen sind investitionsfreundlich. Nun brauchen wir weitere Stimuli für Innovation und Wachstum. Die AG2 hat hierfür wichtige Impulse gesetzt. Sie unterstützt den Breitbandausbau, treibt die Entwicklung Intelligenter Netze voran und leistet bemerkenswerte Grundlagenarbeit bei Querschnittstechnologien wie der M2M-Kommunikation. Leistungsfähige und flächendeckende digitale Infrastrukturen sind nicht nur der Schlüssel für eine moderne, wachstums­ orientierte Wirtschaft (Stichwort: Industrie 4.0). Die zunehmende Digitalisierung der Lebens- und Arbeitswelt ist auch eine große Gestaltungsaufgabe und zugleich Lösung für gesellschaftliche und ökonomische Herausforderungen unserer Zeit wie Energiewende und demografischer Wandel. Der IT-Gipfel ist ein hervorragendes Forum für den notwendigen Schulterschluss von Wirtschaft und Politik. Gerade die AG2 ist dabei eine treibende Kraft.

Anne Ruth Herkes

Staatssekretärin Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

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Einleitung Die intelligente Vernetzung Deutschlands in den Bereichen Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung ist ein Infrastruktur­ projekt von historisch nahezu einzigartiger Dimension – mit entsprechenden Herausforderungen, vor allem aber auch Chancen für die Zukunft. Um diese Vision Realität werden zu lassen bedarf es der Meisterung vielfältiger Herausforderungen wie z. B. der Definition von Modellen für eine branchenübergreifende Zusammenarbeit, der Festlegung und internationalen Abstimmung neuer rechtlicher Rahmenbedingungen und Standards, der Umsetzung einer umfassenden Datenschutzstrategie sowie der Sicherstellung nötiger Inves­titionsunterstützung. Für all diese Bereiche ist ein konzertiertes Handeln über Branchen- und Ressortgrenzen hinweg erforderlich. Es braucht Entschlossenheit und Umsetzungswillen, um Deutschland bis zum Jahr 2020 zum Land der Intelligenten Netze werden zu lassen. Die Mitglieder der AG2 sind überzeugt, dass die großen Herausforderungen und Chancen auf diesem Weg nur gemeinsam bewältigt werden können – im Schulterschluss von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Unter dieser Leitlinie wurde auch im Jahr 2013 in der AG2 die Mitwirkung von erneut über 300 Experten und Branchenvertretern aus mehr als 100 Unternehmen, Organisationen und Institutionen koordiniert. Die Struktur der AG2 basiert auf drei Unterarbeitsgruppen (UAG), deren Arbeit die relevanten infrastrukturellen Grundlagen (UAG Breitband), Querschnittstechnologien (UAG Plattformen) und Anwendungsfelder (UAG Intelligente Netze) Intelligenter Netze umfasst. Im hier vorliegenden Jahrbuch sind die in 2013 erzielten Ergebnisse der AG2 und ihrer Untergruppen dokumentiert. Die jeweiligen Einzelaspekte sind dabei eng miteinander verbunden. Sie zahlen auf den gemeinsamen Fokus der AG2 im Jahr 2013 ein: „Mit Intelligenten Netzen zu Innovation, Wachstum und Fortschritt in Deutschland“. Zusammengenommen ergeben die vielfältigen Einzel­aspekte das umfassende Zielbild für ein digitales Deutschland sowie ein breites Spektrum an Maßnahmenempfehlungen für eine neue digitale Infrastrukturpolitik.


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Einleitung

Einleitung

Zielbilder für die Digitale Agenda Deutschlands Unsere Infrastrukturen befinden sich in einem umfassenden Prozess des Wandels. Im digitalen Zeitalter wird die intelligente Vernetzung der Infrastrukturen insbesondere in den Bereichen Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung von zentraler volkswirtschaftlicher und gleichzeitig gesellschaftlicher Bedeutung sein. Die mit Intelligenten Netzen einhergehenden Produktivitäts- und Effizienzgewinne im Einsatz natürlicher Ressourcen sind wichtige Grundlagen für Wachstum und Wohlstand in den nächsten Jahrzehnten. Deutschland hat hier das Potenzial für eine Vorreiterstellung. Dem Aufbau Intelligenter Netze muss im Rahmen der Digitalen Agenda für Deutschland ein zentraler Stellenwert beigemessen werden: • Die neue Bundesregierung sollte ihre Ziele und ihre Strategie in einem Regierungsprogramm zur digitalen Strukturpolitik vorlegen, das den zügigen Aufbau Intelligenter Netze in Deutschland vorantreibt. Hierbei sollten geeignete rechtliche und regulatorische Rahmensetzungen ebenso berücksichtigt werden, wie die entsprechend zielführende Ausrichtung der Technologieund Forschungspolitik. • Eine flächendeckende hochleistungsfähige breitbandige Infra­struktur ist die Schlüsseltechnologie des digitalen Zeit­ alters und entscheidender Faktor für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Trotz der sehr positiven Entwicklung in der Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsanschlüssen bleibt noch viel zu tun, um die Ziele der Breitbandstrategie der Bundesregierung zu erreichen. • Neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik sind zu etablieren. Für den erforderlichen kooperativen Auf- und Ausbau digitalisierter und vernetzter Infrastrukturen sollten Plattformen zur Kooperation und gemeinsamen Projektierung geschaffen werden, branchenübergreifend und in Public-Private-Partnerships zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand.

• Anzustoßen sind ein Zukunftsdialog und eine Ausbildungs­ initiative. Deutschland braucht nicht nur Wissen und Wollen, sondern auch Können als Basis für den Erfolg in der digitalen Welt. Daher sollte zum einen der breite Austausch über die Chancen und den Nutzen vernetzter Technologien zwischen Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft gefördert werden. Zum anderen sollte, um einem Fachkräftemangel vorzubeugen, frühzeitig eine kombinierte IKT-/Anwendungsbranchen-Ausbildungsinitiative initiiert werden, die durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales begleitet wird. Denn Intelligente Netze erfordern in erheblichem Umfang und in vielerlei Hinsicht neue Quali­fikationen. • Datenpolitik und rechtliche Rahmenbedingungen sind innovativ zu gestalten. Die branchenübergreifende Verknüpfung und Nutzung von Daten mit unterschiedlichen Schutzniveaus zwischen verschiedenen branchenspezifischen Intelligenten Netzen kann für die Gesellschaft von hohem Mehrwert sein. Um die Möglichkeiten dieser Verknüpfungen zu nutzen, muss ein entsprechender rechtlicher Rahmen geschaffen werden. Gerade aktuelle Entwicklungen zeigen, dass hierbei eine der Hauptherausforderung die Sicherstellung eines umfassenden Datenschutzes sein wird. Es bleibt zu klären, wie ein europäischer Datenrechtsraum so umgesetzt werden kann, dass er tatsächlich die Persönlichkeitsrechte und Daten des Einzelnen schützen kann. Rein technische Lösungen wie die Schaffung einer europäischen Dateninfrastruktur können einen bedeutenden Beitrag leisten. Daneben kommt aber z. B. auch der Aufklärung breiter Bevölkerungsschichten zentrale Bedeutung zu, um das nötige Datenschutzbewusstsein zu schaffen, über die technologischen Möglichkeiten des Schutzes zu informieren und die Anwendung verfügbarer sowie die Entwicklung neuer Technologien zu fördern. • Internationale Standardisierungsbemühungen sollten intensiver begleitet werden. Bei der Gestaltung einer branchenübergreifenden Rahmensetzung ist die unmittelbare Einbettung in den internationalen Kontext essenziell. Deutschland sollte sich deshalb noch stärker in Standardisierungsbemühungen auf europäischer Ebene sowie international einbringen und hierfür den entsprechenden Dialog im eigenen Land vorantreiben.

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Einleitung

Einleitung

• Der Einsatz offener Standards muss unterstützt werden. Aufgrund der schnellen technologischen Entwicklung ergibt sich beim Aufbau von langlebigen, sich auch aus technischen und wirtschaftlichen Gründen evolutionär entwickelnden Infrastrukturen die Anforderung, eine proprietäre Gestaltung von Technologien zu vermeiden. Der Einsatz offener Standards sollte unterstützt werden, da damit eine größtmögliche Interoperabilität zwischen verschiedenen Komponenten ermöglicht wird. • Erprobungsräume sollten eingerichtet und gefördert werden. Anzustreben ist die Förderung von Erprobungsräumen als Orten der Innovation und Transformation, z. B. für Entwicklung und Etablierung neuer Arbeits- und Organisationsformen in verschiedenen Infrastrukturbereichen bzw. im Bereich der Entwicklung und Erprobung neuer Formen digitaler Service- und Prozess­ infrastrukturen. Bei der Umsetzung der Vision einer übergreifenden intelligenten Vernetzung unseres Landes steht die Bundesrepublik damit vor großen Herausforderungen. Zum einen gilt es, die Marktakteure künftig branchenübergreifend in einen organisierten und effizienten Dialog zu führen, wobei die organisatorische Ausgestaltung und Zusammenarbeitsmodelle erst noch im Detail zu konzeptionieren sind. Eine weitere übergreifende Herausforderung stellt die künftige rechtliche und ordnungspolitische Rahmensetzung dar, die die richtige Balance zwischen Regulierung und Planungssicherheit auf der einen und Freiheitsgraden für die Marktakteure auf der anderen Seite sicherstellen muss. Darüber hinaus muss eine Abstimmung zwischen nationaler und staatengemeinschaftlicher Rahmensetzung stattfinden, die sich auch auf die Definition einheitlicher Standards zur Herstellung von Systeminteroperabilität erstreckt. Weitere oftmals übersehene Herausforderungen sind: • Die Haus- und Heimvernetzung stellt immer noch ein unterschätztes zentrales Element dar, um die Marktdurchdringung Intelligenter Netze und zukünftiger Anwendungen überhaupt zu ermöglichen. Eine ganzflächige und hoch qualitative Netzabdeckung auch innerhalb des Hauses und der Wohnung ist hierfür

Voraussetzung. Der Breitbandausbau in der Bundesrepublik wird von allen Netzbetreibern mit Hochdruck vorangetrieben. Damit auch in jeder Wohnung und in jedem Raum breitbandige Dienste genutzt werden können, bedarf es aber auch einer adäquaten Infra­struktur im Gebäude. Immer noch werden viele Gebäude gebaut oder kernsaniert, ohne eine Kommunikationsinfrastruktur für die einzelnen Räume zu schaffen. • Unabdinglich ist auch eine Förderung von M2M-Lösungen für den Mittelstand. Durch die verbesserten technischen Möglichkeiten und die zunehmend flächendeckende Bereitstellung von Kommunikationsnetzen hat sich in den letzten Jahren der Bereich der Maschine-zu-Maschine (M2M)-Kommunikation zu einem wichtigen Zukunftsfeld entwickelt. Die Einführung von M2M-Anwendungen wird oft erschwert durch hohe anfängliche Integrationsaufwendungen, Datensicherheitsbedenken und fehlende Übersicht über M2M-Dienstleistungsangebote. Dies trifft den Mittelstand härter als beispielsweise Automobilhersteller, Energieversorger oder große Maschinenbauer, da diese die Mittel und das Know-how haben, ihre M2M-Anwendungen und -Plattformen aus eigenen Ressourcen heraus zu finanzieren, zu entwickeln und zu betreiben. Welche Maßnahmen und Rahmenbedingungen die Mitglieder der AG2 hier für erforderlich erachten, ist in den drei großen Themenkomplexen digitaler Infrastrukturen, die dieses Jahrbuch umfasst, dargestellt. Jedes Kapitel wurde von einer Unterarbeitsgruppe verantwortet und erstellt, die sich wiederum in verschiedene Projektgruppen (PG) gliedert. Daneben finden sich Fachinitiativen und Fokusgruppen (FG), die sich jeweils mit sehr spezifischen Themen im Detail auseinandersetzten. Ein Überblick über die Gruppen und ihre Mitwirkenden findet sich in der AG2-Übersicht (ab S. 427). • Intelligente Netze – Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft Die Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze erarbeitete im Rahmen ihres unterjährigen Arbeitsprozesses mit Experten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Zielbilder und Maßnahmenempfehlungen zur Umsetzung Intelligenter Netze. Kapitel 1

Kapitel 1

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Einleitung

Einleitung

zeigt die Ausgangssituation, die Auswirkungen und Handlungsempfehlungen in den Bereichen Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung auf. Es werden Antworten gegeben auf Fragen wie: Welche Relevanz haben Intelligente Netze? Wo steht Deutschland beim Aufbau Intelligenter Netze? Warum sind Intelligente Netze ein politisch wichtiges Thema? Welche Rolle spielen Intelligente Netze für die Digitale Agenda Deutschlands? Welche Anforderungen stellen sich für die Wirtschaft beim Aufbau Intelligenter Netze?

Kapitel 2

• Plattformen und Querschnittstechnologien – Die Enabler Intelligenter Netze Die Unterarbeitsgruppe Plattformen hat sich zum Ziel gesetzt, den branchenübergreifenden Austausch über technische Herausforderungen Intelligenter Netze und ihrer Enablertechnologien zu zu forcieren. In einem Praxisdialog zwischen Managementverantwortlichen, politischen Entscheidungsträgern und Vertretern aus der Wissenschaft wurden erste Schritte hin zu einem gemeinsamen Verständnis von strategischen Handlungs­ optionen bezüglich der technologischen Dimensionen Intelligenter Netze geschaffen. Hierbei spielen Fragen der Standardisierung, der Governance und Architekturprinzipien kritischer Infrastrukturen ebenso eine wichtige Rolle wie Referenzen für Architektur-, Daten- und Betriebsmodelle sowie die Berücksichtigung höchster Anforderungen an Sicherheit und Datenschutz. Kapitel 2 gibt einen vertiefenden Einblick in diese Themen. • Flächendeckendes Breitband – Die Grundlage für Intelligente Netze Nach wie vor gilt das Credo der Breitbandstrategie der Bundesregierung: Die digitale Gesellschaft benötigt eine hochleistungsfähige Breitbandversorgung – und das flächendeckend. Ist diese nicht gegeben, droht eine Abkopplung unterversorgter Gebiete von der übrigen Entwicklung. Für Haushalte wie auch die Wirtschaft ist eine breitbandige Anbindung an digitale Dienste unverzichtbar. Die UAG Breitband der AG2 arbeitet seit vielen Jahren sehr erfolgreich an der Zielsetzung, den Ausbau und die Nutzung der Breitbandinfrastruktur in Deutschland zu beschleunigen.

Politische Empfehlungen flossen in die Breitbandstrategie der Bundesregierung ein. Konkrete Handlungsempfehlungen wurden entwickelt und in vielen einzelnen Maßnahmen umgesetzt. Schwerpunkte der Projektgruppen waren Fragen wie: Wie können beim Breitbandausbau Synergien gehoben werden? Wie können Maßnahmen der Energiewende zum Breitbandausbau beitragen? Wie können zukunftsorientierte Frequenzpolitik und verbesserte Rahmenbedingungen helfen? Kapitel 3 gibt einen Überblick über den Status und die Treiber dieser Themen.

Mit diesen drei großen Themenfeldern gibt das vorliegende Jahrbuch gibt einen umfassenden Überblick über die Diskussionen, Einschätzungen, und Empfehlungen der AG2 des Nationalen ITGipfels. Es soll Entscheidungsträgern Argumente und Handlungsempfehlungen an die Hand geben und allen anderen Interessenten Stoff für eine vertiefende Diskussion dieser zentralen Zukunftsthemen liefern. Gleichzeitig soll das Jahrbuch Grundlage, Anregung und Ansporn zukünftiger Initiativen für den weiteren Fortschritt in Deutschland sein. Dabei eignet sich das Dokument auch zum gezielten Querlesen. Es steht zum freien Download zur Verfügung auf www.it-gipfel.de.

Kapitel 3

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19

1

Intelligente Netze – Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft Die Wirtschafts- und Innovationskraft Deutschlands, unsere Position im internationalen Wettbewerb und der gesellschaftliche Fortschritt sind maßgeblich damit verbunden, dass unser Land den Wandel von einer klassischen Industrie­nation zum digitalen Zeitalter vollzieht. Für eine solche Entwicklung sind digitale Infrastrukturen und insbesondere Intelligente Netze die wesentliche Grundlage. Sie sind Ausdruck der nächsten Phase der Digitalisierung. Welche Relevanz haben Intelligente Netze heute? Das Zusammenspiel zwischen netzbasierten Innovationen und gesellschaftlichen Trends wird maßgeblich die weitere Digitalisierung unterschiedlicher Lebensbereiche bestimmen. Die zunehmende Verfügbarkeit digitaler Informationen und die immer umfassendere digitale Vernetzung sind Kennzeichen einer neuen Gesellschaft, die mehr ist als eine beschleunigte Informationsgesellschaft. Neue gesellschaftliche Herausforderungen bedürfen einer höheren Effizienz der Infrastrukturen. Verstärkter IKT-Einsatz und Intelligente Netze sind der Schlüssel zur Bewältigung der vor uns liegenden Aufgaben: Die Energiewende ist nur mit Intelligenten Netzen zu realisieren. Intelligente Gesundheits-, Bildungs- und Verwaltungsnetze helfen, die Folgen des demografischen Wandels und die Notwendigkeit zur Kosteneinsparung bei gleichzeitig steigenden Quali­ tätsanforderungen in den Griff zu bekommen. Intelligente Verkehrsnetze bewahren uns vor dem Verkehrsinfarkt und sind Voraussetzung für einen verbesserten Schutz von Klima und Menschenleben. Die systematische Einführung von IKT in unsere Infrastrukturen ist damit ein wesentlicher Hebel für die aktuelle und zukünftige Politikgestaltung.


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21

Wo stehen wir beim Aufbau Intelligenter Netze in Deutschland?

Welche Rolle spielen Intelligente Netze für die Digitale Agenda Deutschlands?

Die Technik zur Realisierung Intelligenter Netze ist verfügbar. Aber die für Deutschland wichtige zügige Umsetzung wird nicht allein durch den Antrieb der Marktkräfte zu rea­ lisieren sein. Der Aufbau Intelligenter Netze ist eines der größten Infrastrukturprojekte in der Geschichte unseres Landes. Es bedarf einer gemeinsamen nationalen Kraftanstrengung, um fünf Infrastrukturen – Energie, Gesundheitswesen, Verkehr, Bildung und Verwaltung – gleichzeitig in das digitale Zeitalter zu transformieren. Hier steht Deutschland erst am Anfang des Weges. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein. Zügiges Handeln ist die Voraussetzung für die Nutzung der Chancen.

Intelligente Netze sind Ausdruck der nächsten Phase der Digitalisierung nach dem flächendeckenden Breitbandausbau. Durch intelligente Vernetzung entstehen branchenübergreifend neue verteilte und vielfach selbstregelnde Anwendungen. Ähnlich dem Internet und seiner rasanten Entwicklung schafft die intelligente Vernetzung der Infrastrukturen neue Synergie-Effekte und Hebel, die vielfältige Inno­vationssprünge ermöglichen. Basis hierfür sind neben der flächendeckenden Breitbandversorgung die forcierte Einführung von Technologien wie dem Internetprotokoll Version 6 (IPv6), Cloud Computing, Machine-to-MachineKommunikation (M2M) und die Fähigkeit zur Echtzeitverarbeitung großer Datenmengen (Big Data).

Warum sind Intelligente Netze ein politisch wichtiges Thema? Deutschland muss heute die infrastrukturellen Grundlagen für Wachstum und Fortschritt in der zukünftigen digitalen Gesellschaft schaffen. Für einen solchen Strukturwandel braucht es eine neue digitale Standortpolitik. Die Digitalisierung der Infrastrukturen wird eine Rolle des Staates erfordern, die über die reine Setzung von Rahmen­ bedingungen hinausgeht. Ihm kommt die Rolle eines Treibers der Veränderung zu, der zielführende politische Impulse setzt und entsprechende Aktivitäten zwischen Gesellschaft, Staat und Wirtschaft koordiniert. Die Instrumente, eine solche Rolle wahrzunehmen, umfassen dabei mehr als die Forschungsförderung und die Bereitstellung von Wagnis- bzw. Gründungskapital. Erforderlich sind beispielsweise eine wachstums- und innovationsfördernde Regulierung, die Unterstützung innovativer Geschäftsmodelle in neuen Märkten sowie die Forcierung und Koordination von Standardisierungsaktivitäten und deren Etablierung auf internationaler Ebene. Die notwendige gesellschaft­ liche Akzeptanz Intelligenter Netze erfordert darüber hinaus einen breiten und kritischen Zukunftsdialog über alle gesellschaftlichen Ebenen hinweg.

Welche Anforderungen stellen sich für die Wirtschaft beim Aufbau Intelligenter Netze? Der Aufbau Intelligenter Netze ist komplex und erfordert ein branchenübergreifendes Handeln. Es ist eine Vielzahl relevanter Beteiligter zu koordinieren. Hohe Anfangsinves­ titionen müssen aufgebracht und zukünftige Markt­modelle gestaltet werden. Intelligente Netze bringen moderne ITund Kommunikationstechnik mit bisher separierten branchenspezifischen Technologien zusammen. Dies tun sie über verschiedene Anwendungsfelder hinweg. Das Branchendenken muss daher einer vernetzten und branchenübergreifenden Kooperation weichen. Auf Basis geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen und wirksamer Anreizsysteme müssen Unternehmen in innovative Technologien und F&E investieren. Darüber hinaus ist dem Fachkräftemangel vorzubeugen. Denn Intelligente Netze erfordern neue Kompetenzen. Diesbezüglich sind vor allem die Ausbildungsberufe gefordert. Eine kombinierte IKT-/Anwendungsbranchen-Ausbildungsinitiative auf nationaler Ebene ist hier unabdinglich.


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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

23

1.1 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3

Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze............................... Nutzen und Anwendungsfelder Intelligenter Netze..................................... Volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Effekte Intelligenter Netze......... Parallele Entwicklungen im Kontext Intelligenter Netze...............................

1.2

Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland....................... 35

23 25 29 31

Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze Ausgangssituation

1.3

Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze.................................. 41

1.4

Intelligente Energienetze........................................................................... 69

1.5

Intelligente Gesundheitsnetze.................................................................... 131

1.6

Intelligente Verkehrsnetze......................................................................... 159

1.7

Intelligente Bildungsnetze.......................................................................... 185

1.8

Intelligente Verwaltungsnetze.................................................................... 205

1.9

Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze.................................................... 231

1.10

Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze.................................. 237

Deutschland verfügt im internationalen Vergleich über qualitativ ausgezeichnete Infrastrukturen – sei es in den Bereichen Verkehr, Telekommunikation, Gesundheit oder auch bei staatlichen Dienstleistungen im Bereich der Verwaltung. Unsere Infrastrukturen sind jedoch zum Teil schon Jahrzehnte alt. Angesichts neuer gesellschaftlicher Herausforderungen sowie neuer technischer Möglichkeiten ist die Anpassung grundlegender Infrastrukturen erforderlich. Die Digitalisierung hat bereits heute grundlegende Veränderungen bewirkt. Ein zielgerichteter IKT-Einsatz und der Aufbau Intelligenter Netze sind der Schlüssel zur Erhöhung der Effizienz und damit ein wichtiger Beitrag zur Bewältigung der vor Deutschland liegenden Herausforderungen (siehe folgende Abbildung 1.1-1). Intelligente Netze im modernen Verständnis haben zwar ihren Ursprung in der Nachrichtentechnik/Telekommunikation, gehen aber weit darüber hinaus. Sie verfügen über Attribute, die einen Innovationssprung dar­stellen und die Evolution der Infrastrukturen sprungartig vorantreiben. Heutige und zukünftige Intelligente Netze haben den Charakter von

Intelligente Netze als Enabler und Quer­ schnittstechnologien


1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Energie

Gesundheit

Vom statischen Stromnetz zum selbstorganisierten System Photovoltaik

2010

1991

Haushalte 28%

13%

15%

600

300 Tausend

0

Bahn

44.903

17

100 LOC

17

2020

Definition Intelligente Netze:

Behörden

300

600 Tausend

Aufgaben für Verwaltungen

Anfang der 1970er

2008 Quelle: In Anlehnung an ForTISS GmbH

Partizipation

18,1 % 2000

15,9 % 2006

Pipeline

Entwicklung der Güterverkehrsleistung

Anteil der Krankenhäuser, die offene Stellen nicht besetzen konnten

Gesamte Güterverkehrsleistung

1.400

11.555

9.165

8.724 2006

2000

2020

10 Warmwasser Elektrogeräte und Beleuchtung

Verwaltungsvorgänge

Binnenschiff

Absolventen im Fach Humanmedizin

31,0 %

Verkehr 28%

Quelle: In Anlehnung an die Deutsche Energie-Agentur (dena)/Energiedaten BMWi (Stand: 12/2011, Bezugsjahr 2010), Datenbasis: AG Energiebilanzen e.V.

53.145 2006

26,6 %

Quelle: In Anlehnung an ProgTrans, BGL 2008

40

1993

Zeit

Behörden

1 Million LOC Volumenfahrzeuge

64 87

53.222 2002

Ärzte unter 35 Jahren 1993

25,6 % 2008

1 Woche

Verwaltung Intelligente Verwaltungsnetze Infrastruktur zur Verschlankung der übergreifenden Prozesse

Standardwissen effizienter vermitteln Ressourcen können entlastet und an anderen Stellen eingesetzt werden.

2005 2050

95 170

30

20 Erneuerbare Energien

Hausärzte in Deutschland Anzahl ohne Kinderärzte

60

50

Raumwärme

72%

404 707

Entwicklung Güterverkehr in Deutschland in Milliarden Tonnenkilometer

28 %

2006

? ? ? ?

80 % 2009

Häuser mit entsprechendem Problem, konnten im Schnitt 3,9 Stellen nicht besetzen

Leistung in Mrd. Tonnenkilometer

2004

2010

2010

2010

2004

2004

2004

2004 2010

20,4 % 70

Sonstige

Landwirte

Fonds/Banken

Projektierer

Anteil der über 60-jährigen

90

Gewerbe 16%

Industrie 28%

Intelligente Bildungsnetze Höhere Effizienz in der Hochschulbildung

10 Millionen LOC Premiumfahrzeuge

Straße

2030

80

Privatpersonen

2010

2004 2010

2004

Installierte Leistung in MW

Quelle: In Anlehnung an die Studie der KBV/BÄK „Studie zur Altersstruktur- und Arztzahlentwicklung: Daten, Fakten,Trends“, 5. aktualisierte und komplett überarbeitete Auflage, 2010

Residuallast

Quelle: In Anlehnung an den Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE)

Die Bedeutung der Straße im Güterverkehr

Entwicklung der Arztzahlen in Deutschland

100

Der Energieverbrauch der Heizung wird häufig unterschätzt.

Bildung

Schon heute viel Software im Auto Software-Code im Kfz, in Lines of Code (LOC)

Quelle: In Anlehnung an https://www.destatis.de/bevoelkerungspyramide/

2009

5.000

Wer verbraucht am meisten Energie?

Nachfrage

Verkehr Mehr Personen und mehr Güter teilen sich zu Stoßzeiten die gleichen Verkehrswege

Demographische Entwicklung in Deutschland

Residuallast bei einem Kraftwerkspark mit hohem Anteil an Erneuerbaren Energien Last

1.1 Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze

Der Mobilitätsbedarf steigt

Intelligente Gesundheitsnetze für die Herausforderungen der demographischen Entwicklung

15.000

10.000

2004 2010

20%

2050

2004 2010

35%

2040

2004 2010

80%

65%

2030

2004 2010

2020

Quelle: In Anlehnung an trend:research, Anteile der Eigentümergruppen an Erneuerbaren Energien (Gesamtdarstellung) Seite 44

Gewerbe

65% 50% 50%

0 2009

Angebot von erneuerbarer Energie selten synchron zur Nachfrage

Biogener Hausmüll

Windkraft

Regenerative Energie wird zunehmend dezentral in kleinen Einheiten erzeugt

„Große 4“

35%

20.000

sonstige EVU

Konventionielle

Wasserkraft

Biomasse

Contractingunternehmen

82% 16%

25.000

Erneuerbare

Quelle: In Anlehnung an db_Smartgrids_1105.pdf

Regionsalerzeuger

Energiekonzept der Bundesregierung Der Anteil der Erneuerbaren Energien soll steigen

Internationale EVU

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Entwicklung des Verkehrsaufkommens: Der öffentliche Verkehr hält nicht Schritt

Open Government

Vernetzung

Fahrten in Millionen pro Jahr

Vernetzung

39 % Nutzung

60.000

1.000

50.000

800

40.000

400

Breitbandversorgung

Reichweite von Lehre verbessern

20.000

Prognostiziertes Wachstum von 581 Mrd. Tonnenkilometer

1995

2000

2005

2010

2020

2030

2040

2050

0 1950

Die Reichweite und die Anzahl der Studierenden in einer Vorlesung kann gesteigert werden.

ÖPNV

10.000

200 0

21%

MIV

30.000

600

Quelle: In Anlehnung an http://www.forschungsinformationssystem.de/servlet/is/94511/?clsId0=276654&clsId1=276663&clsId2=276945&clsId3=0

1960

1970

1980

1990

2000

Unternehmen

Bürger 2012

2010

Quelle: In Anlehnung an Destatis Datenreport 2006, bis 1990 nur Westdeutschland, 2010 eigene Berechnung

Unternehmen

Bürger 2020

Quelle: eGovernment MONITOR 2012

Treiber: Energiewende

Treiber: Demographischer Wandel

Treiber: Verkehrsmenge

Der Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung steigt bis 2050 auf 80 Prozent.

Der Anteil der über 60-Jährigen in der deutschen Bevölkerung wächst bis 2020 auf 31 Prozent.

Der Mobilitätsbedarf steigt. Mehr Personen und mehr Güter teilen sich zu Stoßzeiten die gleichen Verkehrswege.

Weiter steigender Kostendruck

Regenerative Energie wird zunehmend dezentral in kleinen Einheiten erzeugt.

Die Anzahl der Hausärzte geht von 2002 bis 2020 um 20 Prozent zurück.

Die Güterverkehrsleistung in Deutschland wird sich bis 2050 nahezu verdoppeln.

Verstärkter internationaler Qualitätswettbewerb

Das Angebot von erneuerbarer Energie ist selten synchron zur Nachfrage.

Pflichten für Bürger und Unternehmen

Bekanntheit

70.000

1.200

Treiber: Bildungsqualität

Wachsender Bildungsbedarf

Treiber: Kostenentwicklung Über 20.000 staatliche Einrichtungen und 40.000 Standorte Steigende Personalkosten Wachsender Bedarf der Bürger an Prozessgeschwindigkeit, Transparenz und Beteiligung

Vernetzung und innovative IKT-Plattformen Intelligente Energienetze

Intelligente Gesundheitsnetze

Intelligente Verkehrsnetze

Intelligente Bildungsnetze

Intelligente Verwaltungsnetze

Vom statischen Stromnetz zum selbstorganisierten System

Neue Versorgungsformen mit Telemedizin

Vernetztes Verkehrsmanagement

Erhöhung von Effektivität und Qualität der Bildung

Übergreifender Datenund Prozessverbund

Abbildung 1.1-1: Gesellschaftliche Herausforderungen als Treiber für fünf Intelligente Netze

Als Intelligente Netze werden Lösungen bezeichnet, die netz­ basiert eine Regelung oder Koordination unterschiedlichster technischer Geräte ermöglichen. Dies geschieht zumeist kon­ textbezogen und über einen automatisierten Austausch von Daten. Ziel ist es, komplexe Prozesse besser zu managen, die Effizienz zu steigern, Verbrauch und Erzeugung miteinander zu koppeln und damit Ressourcen zu schonen sowie weitere, neue vernetzte Anwendungen zu ermöglichen. Intelligente Net­ ze beginnen/enden bei Sensoren/Aktoren, denen sie Daten entnehmen bzw. zuführen, werden über Kommunikationskanä­ le verschiedener, meist breitbandiger Accesstechnologien ag­ gregiert und münden in zentralen Plattformen zur Speicherung bzw. Weiterverarbeitung über anwendungsbezogene Dienste.2

Intelligente Netze sind eine neue Epoche der Infrastrukturen. Deutschland hat hier das Potenzial für eine internationale Vorreiterstellung.

Quelle: AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Enablern und Querschnittstechnologien. Sie schaffen neue Paradigmen der Rolle und Bedeutung von Infrastrukturen. Dies tun sie in ihren jeweiligen dedizierten, branchenbezogenen Anwendungsfeldern wie auch und insbesondere in ihrer Wirkung über verschiedene Anwendungsfelder hinweg. Intelligente Netze bringen moderne IT- und Kommunikationstechnik mit bisher silo­artig separierten branchenspezifischen Technologien zusammen. Es entstehen neue, verteilte und selbstregelnde Anwendungen. Diese Entwicklung ist Teil des Übergangs in eine neue Infrastrukturphase, in der nach dem Aufbau der klassischen Infrastrukturen (1950er bis 1970er Jahre) und der Liberalisierung (1970er Jahre bis heute) die effizientere Ausgestaltung durch den Einsatz von IKT im Fokus steht.1 1 BITKOM, Der Staat als Gestalter der digitalen Welt – Industriepolitisches Grundsatzpapier, 2012

1.1.1

Nutzen und Anwendungsfelder Intelligenter Netze

Der Nutzen und die Anwendungsfelder Intelligenter Netze sind sehr vielfältig. Abbildung 1.1-2 gibt hierzu einen Überblick. Technische Grundlage aller Intelligenten Netze stellen die Enablerschichten der möglichst breitbandigen physischen Vernetzung sowie sicherer IKT-Plattformen unter Anwendung von Querschnittstechnologien wie M2M, IPv6, Cloud-Computing oder Big Data dar (vgl. Kapitel 2: UAG Plattformen).

2 IT-Gipfel AG2: „Digitale Infrastrukturen. AG2-Jahrbuch 2011/2012“, S. 295,

URL: http://www.it-gipfel.de/IT-Gipfel/Navigation/archiv,did=460266.html (20.11.2013)

Definition Intelligente Netze

25


1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Optimale und wirtschaftliche Besser fließenNutzung von der Verkehr mit Verkehrsweniger Zeitinfrastruktur Effizientere verlusten Steuerung logistischer Prozesse Erhöhung der Verkehrssicherheit Optimierte Reiseorganisation

r Ve

Erhöhung von Effektivität und Besserer Abgleich von Qualität des BildungsinterLehrbetriebs essen und -angeboten

hr

Bi

ld

Warum braucht Deutschland für die Energiewende Intelligente Netze? Erhöhte Verfügbarkeit und besserer Zugang zu VerLehrinhalten besserung von Feedback und Betreuung

Verbesserung des Informations- und Wissenstransfers Unterstützung von Administrationsund Organisationsprozessen

un

g

Umweltorientiertes, verlässliches Verkehrsmanagement

ke

1.1 Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze

Beschleunigung von Arbeitsabläufen und Verfahren

Bessere Wissenszugriff und effizientere Arbeitsteilung

Bessere Planungs- und Entscheidungsgrundlagen

ung

Erhöhte Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung

ndh

Flächendeckender Zugang zu medizinischer Versorgung

eit

Förderung von Prävention Stärkere Einbindung von Patienten

Effizientere Prozessgestaltung

walt

Gesu

Schnellere Notfallversorgung

Ve r

26

Verringerung des Beratungsaufwands bei Steigerung der Servicequalität

Ausbau der Möglichkeiten zur Partizipation

Verbesserung des Arzt-PatientenVerhältnisses

E n ergie

Einbindung von privaten Grundlage Verbrauchern für eine als Energiepro- auf erneuerDezentraler duzenten baren Energien Ausgleich beruhende von EnergieEnergiewende produktion und -verbrauch

Verbesserung der Daten-Souveränität

Verbesserte Energieeffizienz

GewährOptimierleistung ter Netzvon Verausbau Neue sorgungsAngebote sicherheit und Märkte

Abbildung 1.1-2: Enabler und Nutzenfelder Intelligenter Netze Quelle: Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Durch den massiven Zubau erneuerbarer Energien ändern sich die Anforderungen an die Stromnetze grundlegend. Die zunehmende Volatilität und Dezentralität der Energieerzeugung erhöht die Komplexität und erfordert eine höhere Flexibilität der Netze sowie eine angepasste Steuerungslogik. Das Energieversorgungssystem wird zu einem komplexen und mehrstufigen System, an dem nicht nur deutlich mehr Erzeugungseinheiten angeschlossen sind, sondern in dem die Verbraucher darüber hinaus multifunktional agieren. Der Aufbau von Intelligenten Energienetzen (Smart Grids) dient unter anderem dazu, Daten einer großen Zahl von Akteuren flexibel, bidirektional und nahezu in Echtzeit miteinander zu verknüpfen und zu verarbeiten, um den Strombedarf aller Verbraucher intelligent abzuschätzen und auf dieser Basis die Erzeugung und Bereitstellung des Stroms dynamisch anzupassen. Gleichfalls werden neue dynamische Angebote ermöglicht, die zu Änderungen im Verhalten der Verbraucher führen werden.

Wo und wie können Intelligente Netze im Gesundheitswesen die Folgen des demografischen Wandels meistern helfen? Die guten Lebensbedingungen und das leistungsfähige Gesundheitssystem tragen zu einer stetig steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung bei. Dies führt zu einer wachsenden Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen. Um diese Leistungen erbringen zu können, bedarf es auch einer steigenden Zahl medizinischer und pflegerischer Fachkräfte. Unter diesen Gegebenheiten stellen sich an das deutsche Gesundheitswesen Herausforderungen, zu deren Lösung Intelligente Gesundheitsnetze einen wesentlichen Beitrag leisten können. So ermöglichen beispielsweise Anwendungen des Telemonitorings, den Arzt mit zeitnahen Informationen über den Gesundheitszustand des Patienten zu unterstützen und mittels Telekonsultation Abstimmungen zwischen Ärztinnen und Ärzten – unter noch intensiverer Einbindung ihrer Patientinnen und Patienten in die Behandlungs- und Betreuungsprozesse – zu verbessern.

Bewältigung des demografischen Wandels

27


28

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Was bedeuten Intelligente Netze für Deutschlands Verkehrsinfrastrukturen? Deckung des Mobilitätsbedarfs

Der Mobilitätsbedarf steigt. Mehr Personen und mehr Güter teilen sich die gleichen Verkehrswege. Zu Stoßzeiten werden die Kapazitäten überschritten, es kommt zu Staus. Heutige Verkehrssysteme sind funktionierende Insellösungen. Verfügbare Informationen erlauben nur eine verzögerte Anpassung des Mobilitätsverhaltens. Intelligente Verkehrsnetze ermöglichen demgegenüber eine Optimierung der wirtschaftlichen Nutzung von Verkehrsinfrastruktur. Die Bereitstellung von Informationen zum Verkehrsgeschehen erlaubt dem Verkehrsteilnehmer eine vereinfachte und bessere Planung der Reisen. Intelligente Verkehrsnetze können Alternativen aufzeigen, die es zu Stoßzeiten erlauben, auf andere Strecken oder Verkehrsmittel auszuweichen. Komplexe Mobilitätsdienste, die zum Beispiel mehrere Verkehrsmittel oder Anbieter kombinieren, können nur durch eine Vernetzung und Digitalisierung der Angebote einfach und schnell für den Nutzer verfügbar gemacht werden. Als Beispiel seien die verschiedenen Car-Sharing-Angebote genannt, die in den letzten Jahren in vielen Großstädten verfügbar wurden und zusammen mit dem öffentlichen Nahverkehr oftmals den eigenen PKW im Stadtzentrum ersetzen. Mit der Einführung und Verbreitung von Intelligenten Verkehrsnetzen könnten zudem Folgekosten durch Umweltschäden deutlich verringert und die Zahl der Unfalltoten und Verletzten im Straßenverkehr deutlich gesenkt werden.

Ist mit Intelligenten Netzen bessere Bildung zu geringeren Kosten möglich? bessere Bildung zu geringeren Kosten

Der demografische Wandel und steigender Kostendruck auf die Bildungslandschaft verändern die Rahmenbedingungen für Bildung und ihre Qualität grundlegend. Ein wesentlicher Treiber des Wandels sind die Erwartungen und das Nutzungsverhalten der Lernenden von heute. Insbesondere das deutsche Hochschulsystem muss sich einer angespannten Finanzlage, der Erwartungshaltung der Studierenden und neuer Konkurrenz durch renommierte internationale Anbieter stellen. Die Vermittlung von Wissen beruht auf der Vermittlung sowohl standardisierten Wissens als auch von

1.1 Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze

Spezialwissen sowie auf hoch individueller Betreuung. Intelligente Bildungsnetze ermöglichen eine stärkere Differenzierung zwischen diesen Leistungen mit dem Ziel, die vorhandenen Ressourcen bei gleichzeitig höherer Bildungsqualität effizienter zu nutzen.

Warum braucht die öffentliche Verwaltung intelligente Vernetzung? Mit Blick auf eine Vielzahl bedeutender gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Herausforderungen stehen Staat und Verwaltung heute vor der Aufgabe, neue und innovative Lösungswege zur Sicherstellung der öffentlichen Aufgaben zu erschließen. Dabei wird der Staat zugleich zum Leitanwender, der die sich bietenden Chancen frühestmöglich nutzen muss. Bund und Länder haben die strategische Bedeutung der neuen technologischen Möglichkeiten erkannt: Mit dem Artikel 91c GG wurde ein umfassender Gestaltungsauftrag zur Schaffung einer alle staatlichen Ebenen verbindenden, föderalen IT-Infrastruktur verfassungsrechtlich verankert. Dies gilt es jetzt auf allen Ebenen in der Verwaltungsrealität zeitnah umzusetzen.

1.1.2

Verwaltung modernisieren

Volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Effekte Intelligenter Netze

Die volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Effekte Intelligenter Netze lassen sich grob in drei Kategorien aufteilen3: 1. Wachstumspotenziale: Intelligente Netze sind Infrastruktur und Nährboden für neuartige IKT-gestützte Produkte und Dienstleistungen. 2. Effizienzsteigerung: Intelligente Netze bringen Informationsquellen und Informationsbedarfe zusammen. Angebots- und Nachfragesituationen können sehr viel leichter ausgeglichen werden als bisher. Infolgedessen können Ressourcen sehr viel sparsamer und schonender eingesetzt werden. 3 Fraunhofer ISI, Gesamtwirtschaftliche Potenziale intelligenter Netze in Deutschland – Ergebnisse

einer Metastudie, Karlsruhe, 2012

Volkswirtschaftliche und gesellschaft­ liche Effekte: Wachs­ tumspotenziale, Effizienzsteigerung und Steigerung der Lebensqualität

29


1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.1 Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze

1.1.3

3. Steigerung der Lebensqualität und des Convenience-Faktors: In allen Bereichen ergeben sich Verbesserungen der Lebensqualität. So kann zum Beispiel die Gesundheitsversorgung verbessert und das Leben im Alter erleichtert werden. Die Haus- und Heimvernetzung bringt viele Produkte mit sich, die den Alltag noch angenehmer gestalten werden. Die Entwicklung des Internets hat gezeigt, dass die langfristigen Wirkungen von Querschnittstechnologien – insbesondere solcher mit Netzeffekten – nicht unterschätzt werden sollten. Die geschätzten Effekte (Effizienzgewinne und Wachstumsimpulse) Intelligenter Netze können sich gemäß Fraunhofer ISI bei konsequenter Umsetzung des Konzepts und bei einem schnellen Rollout zu einem gegesellschaftlicher Gesundheit Verkehr Bildung Verwaltung Gesamtnutzen Energie sellschaftlichen Gesamtnutzen von jährlich bis zu 55,7 Milliarden von jährlich bis zu Euro summieren. Dieser volkswirtschaftliche Gesamt­nutzen von 55,7 Mrd. Euro Intelligenten Netzen baut sich laut Fraunhofer ISI in den nächsten Jahren sukzessive, jedoch nicht linear, auf. Der DiffusionsverTreiber: Treiber: Treiber: Treiber: Treiber: lauf erfolgtDemographischer in verschiedenen Phasen. Im Zehnjahreszeitraum von Energiewende Verkehrsmenge Bildungsqualität Kostenentwicklung Wandel 2012 bis 2022 erreichen die gesamtwirtschaftlichen Effekte entsprechend der Diffusionskurve einenNetze kumulierten Gesamtwert von Intelligente 4 Volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Effekte rund 336 Milliarden Euro. Photovoltaik

Biogener Hausmüll

2010

Demographische Entwicklung in Deutschland

Last

2004

2010

2010

2010

2004

2004

2004

2004 2010

20,4 %

Sonstige

Projektierer

Landwirte

2010

2004 2010

2004

80

70

Nachfrage

1991

2008

Haushalte 28%

15%

18,1 %

15,9 %

Tausend

300

0

Verwaltungsvorgänge

Behörden

300

Tausend

600

Anteil der Krankenhäuser, die offene Stellen nicht besetzen konnten

Aufgaben für Verwaltungen

2008

Quelle: In Anlehnung an ForTISS GmbH

Pipeline

2000

2006

Entwicklung der Güterverkehrsleistung

Absolventen im Fach Humanmedizin

11.555

9.165

8.724

2006

2000

31,0 %

600

Behörden

100 LOC

17

Partizipation

26,6 %

2020

10

13%

Elektrogeräte und Beleuchtung

Quelle: In Anlehnung an die Deutsche Energie -Agentur (dena)/Energiedaten BMWi (Stand: 12/2011, Bezugsjahr 2010), Datenbasis: AG Energiebilanzen e. V.

17

Anfang der 1970er

30

20

Verkehr 28%

Zeit

Bahn

44.903

2020

Binnenschiff

Ärzte unter 35 Jahren

1993

Raumwärme

72%

Industrie 28%

Warmwasser

1 Woche

53.145

2006

1993

25,6 %

50

Der Energieverbrauch der Heizung wird häufig unterschätzt.

Erneuerbare Energien

Intelligente Verwaltungsnetze Infrastruktur zur Verschlankung der übergreifenden Prozesse

Standardwissen effizienter vermitteln Ressourcen können entlastet und an anderen Stellen eingesetzt werden.

1 Million LOC Volumenfahrzeuge

64 87

53.222

2002

Quelle: In Anlehnung an ProgTrans, BGL 2008

40

Residuallast

Quelle: In Anlehnung an den Bundesverband Er neuerbare Energie (BEE )

10 Millionen LOC Premiumfahrzeuge

Software-Code im Kfz, in Lines of Code (LOC)

2005 2050

95 170

Straße

Hausärzte in Deutschland Anzahl ohne Kinderärzte

60

Gewerbe 16%

Schon heute viel Software im Auto

404 707

Entwicklung Güterverkehr in Deutschland in Milliarden Tonnenkilometer

Quelle: In Anlehnung an die Studie der KBV/BÄK „Studie zur Altersstruktur- und Arztzahlentwicklung: Daten, Fakten,Trends“, 5. aktualisierte und komplett überarbeitete Auflage, 2010

Anteil der über 60-jährigen

90

Residuallast bei einem Kraftwerkspark mit hohem Anteil an Erneuerbaren Energien

Wer verbraucht am meisten Energie?

Mehr Personen und mehr Güter teilen sich zu Stoßzeiten die gleichen Verkehrswege

Die Bedeutung der Straße im Güterverkehr

Entwicklung der Arztzahlen in Deutschland

100

2030

Intelligente Bildungsnetze Höhere Effizienz in der Hochschulbildung

Der Mobilitätsbedarf steigt

Intelligente Gesundheitsnetze für die Herausforderungen der demographischen Entwicklung Quelle: In Anlehnung an https://www.destatis.de/bevoelkerungspyramide/

Fonds/Banken

Angebot von erneuerbarer Energie selten synchron zur Nachfrage

2004 2010

Installierte Leistung in MW

2050

Windkraft

Privatpersonen

2040

2004 2010

2030

2004 2010

2020

Wasserkraft

Quelle: In Anlehnung an trend:research, Anteile der Eigentümergruppen an Erneuerbaren Energien (Gesamtdarstellung) Seite 44

2009

5.000

0

2009

Biomasse

Regenerative Energie wird zunehmend dezentral in kleinen Einheiten erzeugt

15.000

10.000

2004 2010

20%

20.000

Gewerbe

35%

„Große 4“

Konventionielle

80%

65%

sonstige EVU

65% 50% 50%

Contractingunternehmen

35%

Regionsalerzeuger

82%

25.000

Erneuerbare

Quelle: In Anlehnung an db_Smar tgrids_1105.pdf

28 %

80 %

2009

2006

? ? ? ?

Häuser mit entsprechendem Problem, konnten im Schnitt 3,9 Stellen nicht besetzen

Leistung in Mrd. Tonnenkilometer

Vom statischen Stromnetz zum selbstorganisierten System

Energiekonzept der Bundesregierung Der Anteil der Erneuerbaren Energien soll steigen

16%

Internationale EVU

30

Gesamte Güterverkehrsleistung

70.000 60.000

1.000

Pflichten für Bürger und Unternehmen

Bekanntheit

Vernetzung

39 %

Nutzung

21%

MIV

50.000

40.000

800

Breitbandversorgung

Reichweite von Lehre verbessern

30.000

600 400

20.000

Prognostiziertes Wachstum von 581 Mrd. Tonnenkilometer

1995

2000

2005

2010

2020

2030

2040

2050

0 1950

Die Reichweite und die Anzahl der Studierenden in einer Vorlesung kann gesteigert werden.

ÖPNV

10.000

200 0

Open Government

Vernetzung

Fahrten in Millionen pro Jahr

1.400

1.200

Quelle: In Anlehnung an http://www.forschungsinformationssystem.de/servlet/is/94511/?clsId0=276654&clsId1=276663&clsId2=276945&clsId3=0

Wachstumspotenziale durch Möglichkeiten für neue innovative IT-Lösungen und IT-gestützte Produkte

Entwicklung des Verkehrsaufkommens: Der öffentliche Verkehr hält nicht Schritt

1960

1970

1980

1990

2000

2010

Intelligente Netze

Unternehmen

Bürger

2012

Quelle: In Anlehnung an Destatis Datenreport 2006, bis 1990 nur Westdeutschland, 2010 eigene Berechnung

Quelle: eGovernment MONITOR 2012

Effizienzsteigerung Steigerung der Produktivität durch verringerten Ressourceneinsatz und Schonung natürlicher Ressourcen

Steigerung der Lebensqualität Verbesserte Gesundheitsversorgung, Hilfen für das Leben im Alter, Zeitersparnis und höhere Flexibilität im Verkehr, schnellere und transparentere Verwaltungsabläufe, bessere Lernmittel und -möglichkeiten in Aus- und Weiterbildung, innovative vernetzte Produkte in Haus und Heim

Abbildung 1.1-3: Intelligente Netze – volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Effekte

Unternehmen

Bürger

2020

Parallele Entwicklungen im Kontext Intelligenter Netze

Intelligente Netze stehen technisch und in ihrer Anwendung vielfältig in Beziehung zu weiteren, aktuellen Innovations- und IKTAnwendungsfeldern. Besonders im Fokus der fachöffentlichen Betrachtung stand dabei 2013 das Thema „Industrie 4.0“. Hierbei wurde mitunter die Diskussion geführt, ob das Konzept der Industrie 4.0 Teil der Intelligenten Netze sei, oder gar anders herum. Die UAG Intelligente Netze hat diesbezüglich eine Einordnung der Begrifflichkeit, der Zielrichtungen und der Wirkungen der Konzepte erarbeitet. Demnach basieren beide Ansätze zwar weitgehend auf den gleichen Enablern (Breitbandvernetzung und Querschnittstechnologien), differenzieren sich jedoch hinsichtlich der weiteren Dimensionen deutlich (siehe folgende Abbildung 1.1.-4). Eine weitaus engere Verwandtschaft zeigen Intelligente Netze mit „Smart-City“- und „Smart-Region“-Konzepten, mitunter zusammenfassend auch als „Urban Solutions“ bezeichnet. Handelt es sich dabei doch um Infrastrukturlösungen für Städte und Gemeinden, die die Herausforderungen der zunehmenden Urbanisierung, des Wettbewerbs um die besten Standortfaktoren und den demografischen Wandel adressieren. Die Vernetzung von Daten und Infrastrukturen wird als Schlüssel für zukunftssichere, lebenswerte und nachhaltig strukturierte Ballungszentren und (Groß-) Städte verstanden.5 Adressiert werden vor allem hochverfüg­bare und effiziente technische Infrastrukturen mit ökologischen und energieeffizienten Auswirkungen auf Gebäude, auf die Optimierung von Transport und Verkehr, auf Ver- und Endsorgung, Gesundheitsversorgung und E-Government. Mittlerweile gibt es international langjährige und umfassende Forschungs- und Erprobungsprojekte, die zeigen, dass digitale Infrastrukturen für Städte und Gemeinden nachhaltige wirtschaftliche, ökologische und auf die Lebensqualität der Bürger wirkende Effekte haben. Gleichfalls ist es offensichtlich, dass in Deutschland keine Smart-Cities am Reißbrett für die grüne Wiese konzipiert und umgesetzt werden können, sondern für Politiker, Planer, Wissenschaftler und Unternehmen die Herausforderung einer Transformation und Integration in bestehende

Quelle: AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013 4 Fraunhofer ISI, Gesamtwirtschaftliche Potenziale intelligenter Netze in Deutschland – Ergebnisse

einer Metastudie, Karlsruhe, 2012

5 Scheer Innovation Review – Urban Solutions, IM Fachzeitschrift für Information, Management und

Consulting, Heft 2, 2013, S. 6

Industrie 4.0

Smart-City, Smart-Region und Urban Solutions

31


1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

r ke h

en te Net

ze

s Au

n

feru

ng

Ind

ustrie 4.0

Fer tigung

Big

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Breitbandvernetzung

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Big

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Re cycling

M2M

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C o m p ut

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Breitbandvernetzung

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L

I Pv6

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I Pv6 Sic

Cl

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Int

Bil

Data

r Ve

1.1 Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze

Cl

Ve

32

oud

C o m p ut

ing

Intelligente Netze Begriff

Ziele

Wirkung

g

it Au Energie

ftr

ag

Ent

wic

klu

n

Industrie 4.0

Digitalisierung von fünf volkswirtschaftlich zentralen Infrastrukturen (Energie, Verkehr, Gesundheit, Bildung, Verwaltung) Integration von IKT-Lösungen und -Netzen in die branchenspezifischen Prozesse

Vierte industrielle Revolution durch die Konvergenz von Produktion und IKT Integration von IKT-Lösungen und -Netzen in moderne Produkte und Produktionsprozesse in Fabrikation, Landwirtschaft und angrenzenden Bereichen (z.B. Logistik)

Lösung volkswirtschaftlicher Herausforderungen (Demografischer Wandel, Klimawandel/Energiewende, Verkehrskollaps, Bildungsmisere, Verwaltungskosten)

Produktionsoptimierung Betriebswirtschaftliche Effizienz Internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie steigern.

Direkt auf die Volkswirtschaft Indirekt auf die Unternehmen (Entstehung neuer Geschäftsfelder und Exportchancen) Staat in der Rolle als Change Agent

Direkt auf das Unternehmen und dessen Leistungserstellung Indirekt auf die Volkwirtschaft Staat in der Rolle als Gestalter allgemeiner Rahmenbedingungen

Strukturen erforderlich ist.6 Die Zukunftsvision einer „CO2-neu­ tralen, energieeffizienten und klima-angepassten Stadt“ findet sich so auch in der Hightech-Strategie der Bundesregierung. Hier finden sich zudem direkte Bezüge zu den Anforderungen einer nachhaltigen Mobilität sowie dem Ausbau Intelligenter Energie­netze.7 BITKOM hat den Smart-City-Ansatz bereits 2011 im Kontext eines „Smart-Life“ diskutiert. Dies macht deutlich, dass derzeit keine harten Abgrenzungen der Konzepte existieren. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Intelligente Netze als wesentliche Enabler für Smart-City-, Smart-Region-, bzw. Smart-Life-Projekte mit ganz unterschiedlichen Ausprägungen der Anwendungsschwerpunkte dienen werden. In 2014 wird sich die UAG Intelligente Netze der AG2 verstärkt damit auseinandersetzen, diese Zusammenhänge anhand praktischer Beispiele zu verdeutlichen und konkrete HandlungsempfehBereiche von SMART Life lungen zu erarbeiten.

Smart-Life

mit Anwendungsbeispielen IT-gestützte Düngung Früherkennung von Pflanzenschädlingen

Smart Water Supply (IT-gestützte Wasserversorgung und -nutzung) Smart Agriculture

Klimamanagementsysteme Planungstools Gerätesteuerung

E-Invoice Telearbeit E-Paper E-Media Virtual Conferencing Hardware-Virtualisierung

Smart Communications, Smart Work, Connected Living (Dematerialisierung)

Smart Buildings

Smart Life Enabler

Beide Initiativen basieren auf ähnlichen IKT-Lösungen: Netze, Cloud Computing, Big Data, M2M, …

Abbildung 1.1-4: Einordnung der Konzepte von Intelligenten Netzen und Industrie 4.0 Quelle: Unterarbeitsgruppe Intelligente der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

33

Einkaufsnavigator Gerätesteuerung Online Coaching

Smart Consumption

Smart Meter Demand-Side-Management Kraftwerke-Flottenoptimierung

Städtemaut Verkehrsflusssteuerung Car Electronics / Navigation

Smart Grid

Smart Mobility und Smart Logistics

Smart Closed Loops Economy

Recycling Kreislaufwirtschaft

Smart Services (innovative Dienstleistungen

Smart Production und Smart Motors

Cloud Computing Effizienzkonzepte für Internethandel

Einsatz von Frequenzumrichtern Systemautomatisierung optimierter Kraftwerksbetrieb

Abbildung 1.1-5: Ausprägung von Smart-Life als Perspektive der digitalen Entwicklung Quelle: „Smart Cities“ – Grüne ITK zur Zukunftssicherung moderner Städte, Diskussionspapier zur 5. Jahreskonferenz BMU/UBA/BITKOM, Mai 2011

6 Scheer Innovation Review – Urban Solutions, IM Fachzeitschrift für Information, Management und

Consulting, Heft 2, 2013, S. 8 7 URL: http://www.hightech-strategie.de/de/50.php (18.12.2013)


34

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

35

1.2 1.1

Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze.............................................. 23

1.2

Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland.... 35

1.3

Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze.................................. 41

1.4

Intelligente Energienetze........................................................................... 69

1.5

Intelligente Gesundheitsnetze.................................................................... 131

1.6

Intelligente Verkehrsnetze......................................................................... 159

1.7

Intelligente Bildungsnetze.......................................................................... 185

1.8

Intelligente Verwaltungsnetze.................................................................... 205

1.9

Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze.................................................... 231

1.10

Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze.................................. 237

Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland

Die Digitalisierung und Vernetzung von fünf zentralen Infrastrukturen – Energie, Verkehr, Gesundheit, Bildung und öffentliche Verwaltung – unter dem Stichwort „Intelligente Netze“ ist eine Aufgabe, vor der nicht nur Deutschland steht, sondern alle Industrieländer. Intelligente Netze werden von zentraler volkswirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedeutung sein. Sie bieten Lösungen für Herausforderungen wie die Energiewende oder den demografischen Wandel. Was tut Deutschland, um dieses wohl größte und wichtigste Infrastrukturprojekt der kommenden Dekade umzusetzen? Seit 2011 hat die Arbeitsgruppe 2 des Nationalen IT-Gipfels (AG2) das Thema in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten gestellt. Die Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft haben zum 7. IT-Gipfel Empfehlungen für eine Nationale Strategie Intelligente Netze erarbeitet. Die darin hervorgehobene Notwendigkeit einer verstärkten branchenübergreifenden Zusammenarbeit ist Grundlage des Handelns der AG2. Ihre Mitglieder sind überzeugt, dass die großen Herausforderungen und Chancen digitaler Infrastrukturen nur gemeinsam bewältigt werden können – im Schulterschluss von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.

Intelligente Netze sind das wichtigste Infrastrukturprojekt der kommenden Dekade.

Empfehlungen für eine Nationale Strategie Intelligente Netze


36

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.2 Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland

Nationaler Fahrplan Intelligente Netze

Deutschland muss den Wandel von einer klassischen Industrie­ nation zum digitalen Zeitalter vollziehen. Was ist zu tun? Unabhängig davon, ob Intelligente Netze im Zusammenhang mit Energieversorgung, gesundheitlicher Versorgung, Verkehr, Bildung oder Verwaltung betrachtet werden, gleichen sich die Ausgangssituationen. Technische Lösungsansätze zur Umsetzung Intelligenter Netze sind vorhanden. Einzig fehlte bisher eine übergreifende Nationale Strategie, die Hemmnisse im Aufbau geeint anzugehen und auszuräumen. Ein tiefgreifender Infrastrukturumbau, wie ihn die Zukunft Deutschlands erfordert, kann nicht allein aus Marktkräften heraus erfolgen. Wer einen solchen Umbau bewältigen will, braucht eine konzertierte Vorgehensweise aller gesellschaftlichen Kräfte. Unter dieser Maxime hat die AG2 im Jahr 2012 ihre Empfehlungen für eine Strategie Intelligente Netze 2020 erarbeitet. Hierbei sind drei Phasen unterschieden, in denen unterschiedliche Ziele und Herausforderungen angegangen werden sollten (siehe Nationaler Fahrplan Intelligente Netze Abbildung 1.2-1). 2013

2013 bis 2017

2017 bis 2020

Strategiephase

Aktionsphase

Rollout-Phase

Politischer Wille Aufmerksamkeit Branchenübergreifende Zusammenarbeit

Operative Erprobung bei reduzierter Komplexität Vorwettbewerbliche Zusammenarbeit

Gemeinsames Zielbild

Entwicklung übergreifende System-Architektur und Prozess-Frameworks

Rollenmodell

Marktmodell

Gestaltungsauftrag

StrategieEmpfehlung  Strategischer Ansatz  MaßnahmenEmpfehlung

Herausforderungen:

Ansatz:

Akzeptanz schaffen

Reformfähigkeit stärken Branchengrenzen Ressortzuständigkeiten Rechts-/ Regulierungsrahmen

Politische Führung

Komplexität Standardisierung Sicherheit Nutzen Marktmodelle Konzertiertes Handeln

2013 bis 2017

2017 bis 2020

Strategiephase

Aktionsphase

Rollout-Phase

Digitalisierung der Infrastrukturen priorisieren  Richtige und frühzeitige politische Weichenstellung  Kabinettsbeschluss zur digitalen Infrastrukturpolitik Erstellung eines gesamtheitlichen Zielbildes  Gemeinsamen Handeln die Richtung geben  Regierungsprogramm zur digitalen Infrastrukturpolitik Mandatierung der Gesamtkoordination  Ressortübergreifende Handlungsfähigkeit gewährleisten  Übergeordnetes Mandat zur Koordination der digitalen Infrastrukturpolitik erteilen Balancierung von Investitionsförderung und Preiswettbewerb  Investitionsfördernde Regulierungspolitik  Erarbeitung geeigneter rechtlicher und regulatorischer Grundlagen

Beschleunigung der Umsetzungsgeschwindigkeit  Operative Erprobung bei reduzierter Komplexität  Demonstration von Machbarkeit und Nutzen durch schlanke und schnelle Pilotprojekte Referenz für eine Architektur-, Daten- und Betriebsmodell  Beschleunigung harmonisierter technischer Grundlagen  Koordinierung eines Referenzgremiums

Beschleunigte Verbreitung  Eigendynamik der Märkte  Realisirung innovativer Finanzierungs- und Risikoverteilungsmodelle Rechtliche Rahmenbedingungen  Anreizsysteme  Förderung neu entstehender Marktrollen

Sicherstellung von Interoperabilität und Standards  Operative Technologiepolitik  Ausrichtung der Technologiepolitik auf beschleunigte Standardisierung Intelligenter Netze Technologische Vorreiterrolle einnehmen – gesellschaftlichen Nutzen maximieren  Interdisziplinäres Forschungsprogramm  Forschungs- und Förderprogramm Intelligente Netze Fachkräftemangel vorbeugen – Förderung neuer Kompetenzen  Bildungspolitik  Ausrichten der Bildungspolitik auf erforderliche neue Qualifikationen für Intelligente Netze

Flächendeckende Umsetzung

Gesellschaftliche Akzeptanz stärken  Bürgerbeteiligung  Aufsetzen eines Zukunftsdialogs Intelligente Netze

Nachfragesteigerung Wettbewerb der Geschäftsmodelle Internationale Standartisierung

Ziele: Ziele:

2013

Investitionen ermöglichen Investitionssicherheit Kommunikation

Ansatz:

Reformfähigkeit stärken

Akzeptanz schaffen

Investitionen ermöglichen

Stärkung der Reformfähigkeit durch nachdrückliche Artikulation des politischen Auftrags zur Umsetzung Intelligenter Netze bis zum Jahr 2020

Schaffung von Akzeptanz und Unterstützung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bezüglich der Umsetzung Intelligenter Netze bis zum Jahr 2017

Realisierung von ausreichend Investitionsfähigkeit der Privatwirtschaft zur flächendeckenden Umsetzung Intelligenter Netze bis zum Jahr 2020

Politische Führung

Konzertiertes Handeln

Marktentfaltung

Marktentfaltung

Abbildung 1.2-1: Empfehlungen der AG2 für einen Fahrplan Intelligente Netze bis zum Jahr 2020

Abbildung 1.2-2: Übersicht der AG2-Empfehlungen für eine Strategie Intelligente Netze, überreicht auf dem IT-Gipfel 2012

Quelle: AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2012

Quelle: AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2012

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38

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft Die Strategiephase ist entscheidend.

Die Bundesregie­ rung hat die auf dem 7. IT-Gipfel in Essen vorgelegten Empfeh­ lungen aufgegriffen.

1.2 Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland

Die Strategiephase ist entscheidend, um allen nachfolgenden Aktivitäten das solide Fundament eines belastbaren Regierungsbeschlusses und damit den politischen Rahmen für die Umsetzung Intelligenter Netze zu geben. Gleichzeitig müssen die rechtlichen/ regulatorischen Grundlagen auf den Weg gebracht werden. Dabei geht es nicht mehr um die Frage „Digitalisierung ja oder nein“, sondern um die Frage der Geschwindigkeit. Wenn der Erfolg Intelligenter Netze davon abhängt, bislang getrennte Infrastrukturen miteinander zu verbinden, müssen auch die Grenzen zwischen den Branchen und in der politischen Verwaltung geöffnet werden. Die Bundesregierung hat die auf dem 7. IT-Gipfel in Essen vorgelegten Empfehlungen aufgegriffen und ihrerseits eine ressort­übergreifende Arbeitsgruppe unter Koordination des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie mit der weiteren Ausarbeitung der Strategie sowie begleitender Maßnahmen beauftragt (siehe Kapitel 1.9 Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze). Ziel ist es, die in allen Ressorts existierenden dedizierten Fachkompe­tenzen und Aktivitäten einzubeziehen.

Nationaler Fahrplan Intelligente Netze 2013

2013 bis 2017

2017 bis 2020

Richtung geben

Umsetzen

Ausbauen

Nationale Strategie

Nationaler Aktionsplan

Nationaler Rollout

BMWi

AG2 Politik Wirtschaft Gesellschaft

Abbildung 1.2-3: Parallele Handlungsstränge zum Ausbauziel im Jahr 2020 Quelle: AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Die AG2 hat parallel im IT-Gipfelprozess bereits am Folgeschritt zu arbeiten begonnen, den Empfehlungen für die Umsetzungs­phase anhand eines Aktionsplans bis zum Jahr 2020 (siehe Abbildung 1.2-3). In einem Aktionsplan sollen für alle fünf Intelligenten Netze die Leitfragen auf dem Weg zur Realisierung von zuvor ausgearbeiteten konkreten Zielbildern bis zum Jahr 2020 beantwortet werden. Die AG2 steuert diesen Prozess über ihre Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze und fünf Projektgruppen, die jeweils relevante Stakeholder mit tiefem Branchen- und Technologie-Know-how zusammenbringen. Die Ergebnisse des Arbeitsprozesses 2013 sind in den nachfolgenden Kapiteln dokumentiert und werden in den Folgejahren kontinuierlich bis zur Rollout-Phase 2017 bis 2020 erweitert.

Die AG2 hat bereits am Folgeschritt zu arbeiten begonnen. Aktionsplan

39


40

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

41

1.3 1.1

Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze.............................................. 23

1.2

Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland....................... 35

1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5

Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze................. Gesellschaftliche Ebene............................................................................ Rechtliche/regulatorische Ebene............................................................... Business-Ebene......................................................................................... Prozess-Ebene.......................................................................................... Technische Ebene.....................................................................................

1.4

Intelligente Energienetze........................................................................... 69

1.5

Intelligente Gesundheitsnetze.................................................................... 131

1.6

Intelligente Verkehrsnetze......................................................................... 159

1.7

Intelligente Bildungsnetze.......................................................................... 185

1.8

Intelligente Verwaltungsnetze.................................................................... 205

1.9

Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze.................................................... 231

1.10

Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze.................................. 237

41 45 47 52 59 64

Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze Im Rahmen der strategischen Empfehlungen der AG2 zum IT-Gipfel 2012 wurde auf die hohe Bedeutung der Ausarbeitung eines gesamtheitlichen, detaillierten Zielbildes als Schritt zu einer gemeinsam verstandenen Perspektive hingewiesen, an der sich alle weiteren Aktivitäten ausrichten müssten. Unter dieser Maßgabe haben die Mitwirkenden der UAG Intelligente Netze im Jahr 2013 Zielbilder für die fünf Sektoren Intelligenter Netze ausgearbeitet. Abbildung 1.3-1 zeigt eine Gesamtübersicht. Die detaillierten Beschreibung der Einzelaspekte erfolgt in den nachfolgenden Kapiteln. Bereits in der Übersicht der Zielbilder wird deutlich, dass vielfach Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten in den Aussagen der bislang getrennt arbeitenden Gruppen festzustellen sind. Gemeinsame Zielcluster zum Jahr 2020 sind beispielsweise: • Die Rolle Intelligenter Netze als ein gesellschaftlich gewolltes nationales Projekt. • Die Notwendigkeit umfassender Rechts- und Investitions­ sicherheit. • Die Offenheit neuer Marktarchitekturen für den Eintritt neuer Akteure und innovativer Geschäftsmodelle. • Das Erfordernis effizienter Prozesse für Sicherheit und diskriminierungsfreie Interaktion. • Die zentrale Rolle der IKT als Enabler des Zusammenspiels bei zunehmender Komplexität.


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Zielbilder Intelligente Netze 2020 Energie Teilhabe und Dialog für einen gesellschaftlichen Konsens

GESELLSCHAFTLICHEx EBENE

RECHTLICHE/x REGULATORISCHE EBENE

BUSINESS-EBENE

PROZESS-EBENE

TECHNISCHExEBENE

Gesundheit

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Verkehr

Bildung

Verwaltung

Telemedizin sichert die Versorgung

Beteiligung aller Akteure

2020 steht dem Mehrbedarf an medizinischer Behandlungskapazität ein sich verringerndes Angebot an Medizinern gegenüber. Telemedizin sichert die medizinische Versorgung auch in strukturschwachen Regionen. Individualisierung der Medizin ermöglicht maßgeschneiderte Therapien mit bestmöglichen Behandlungsergebnissen. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxIndividualisierungxderxMedizin xxEmpowermentxderxPatientinnenxundxPatienten xxBesserexGesundheitxdurchxEigenverantwortung xxEffizienzxdurchxinnovativexAusblildung

2020 ermöglicht intelligente Mobilität eine effiziente und umweltschonende Nutzung von Mobilitätsressourcen. Mobilität ist immer und überall verfügbar und nicht an den Besitz von Fahrzeugen gebunden. Ein umfassender Mobilitätsansatz, der alle Akteure (Verkehrsteilnehmer, Industriezweige, Dienst- und Netzanbieter sowie öffentliche Hand) mit einbezieht, ist die Grundlage. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxSteigerungxderxIndividualisierungxbeixVermeidungxx vonxüberflüssigemxVerkehr xxFörderungxderxIntermodalität xxSteigerungxderxLebensqualität xxErhöhungxderxVerkehrssicherheit xxÖkologischexVerbesserungen

Angepasste Rahmenbedingungen schaffen Sicherheit und Perspektive

Gesetzliche Regelungen ermöglichen neue Wachstumsimpulse

Privatsphäre und Sicherheit sind im Rechtsrahmen Verkehr geregelt

2020 sind die Rahmenbedingungen für Marktrollen und Kommunikationsplattformen angepasst worden und funktionieren als Basis für das umgebaute Energiesystem. Der Umgang mit den in vielen Bereichen neu anfallenden Daten sowie Verantwortlichkeiten und Kompetenzen ist in Form von Gesetzen, Verordnungen und Regulierung geregelt. Investitionssicherheit für die Marktrollen ist durch den Rechtsrahmen geschaffen. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxOrdnungsrahmenxfürxMarktrollenxschaffen xxDatenschutzxundx-sicherheitxgewährleisten xxRahmenbedingungenxfürxPlattformenxfestlegen xxOptimalesxAnreizsystemxfürxInvestitionenxinxIKTxsetzen

2020 ist die im Versorgungsstrukturgesetz von 2011 festgelegte Roadmap für den flächendeckenden Wirkbetrieb von Telemedizin umgesetzt. Mehr Rechtssicherheit beim IT-Outsourcing schafft die Grundlage, dass spezialisierte Dienstleister eingesetzt werden können. Die Möglichkeiten der elek tronischen Gesundheitskarte werden umfassend genutzt. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxTelematikinfrastrukturx(§ 291 a SGB V) xxPortabilitätxelektronischerxPatientenaktenx(§ 630 a ff. BGB) xxRechtssicherheitxbeimxOutsourcingx(§ 80 Abs. 5 SGB X) xxAusgleichxzwischenxärztlicherxSchweigepflichtxundxx BeauftragungxexternerxIT-Dienstleisterx(§ 203 StGB) xxAuftragsdatenverarbeitungx(§11 BDSG)

2020 sind die rechtlichen Rahmenbedingungen an den Stand der Technik angepasst. Es ist ein Rechtsrahmen geschaffen, der europaweit den Umgang mit Verkehrsdaten regelt. Dies ermöglicht Anbietern und Kunden, sich mit der Übermittlung, Speicherung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten in einem sicheren Umfeld zu bewegen. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxSchutzxvorxunerlaubtenxBewegungsprofilen xxRahmenbedingungenxfürxPlattformen xxÖffnungxderxMautinfrastruktur xxOpenxData

Neue Marktteilnehmer fördern die Marktdynamik

Wissensmanagement und personalisierte Medizin

Durchgängiges Mobilitätsmanagement

2020 hat eine neue Marktarchitektur zum Eintritt neuer Akteure, intensiveren Austauschbeziehungen und innovativen Geschäftsmodellen für netz- und endkundenorientierte Dienste geführt. Wesentliche Herausforderungen des umgebauten Energiesystems, z. B. Netzstabilität, werden effizient und zuverlässig über Marktmechanismen gelöst. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxNeuexGeschäftsmodellexermöglichen xxNeuexAkteurexundxRollenxetablieren xxInternationalxintegriertexGeschäftsmodellexstattxInsellösungenxanstreben xxErhöhtexMarktdynamikxschaffen

2020 werden intelligente Wissensdatenbanken helfen, das stetig wachsende Informationsangebot intelligent zu nutzen, und Behandler und Patienten unterstützen. Insbesondere in der Pharmakologie kann gezielt und individuell behandelt werden. Der klassische erste Gesundheitsmarkt wird zunehmend mit dem zweiten Gesundheitsmarkt durch intelligente IT-Anwendungen vernetzt und bietet weitere qualitätsgesicherte medizinische Zielgruppeninformationen. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxSemi-medizinischexAngebote xxMedizinischexZielgruppeninformationen xxZusammenarbeitxundxArbeitsteiligkeit xxSteigenderxBedarfxanxBetreuung xxPersonalisiertexMedizin

Effizienz durch Harmonisierung marktrollen-übergreifender Abläufe

Patientensicherheit und personalisierte Medizin

Multimodalität durch Kompatibilität und Transparenz

Education Governance als Grundlage aller Prozesse

Steuerungsstrukturen und gemeinsame Gremien

Neue Geschäftsmodelle und Rollen benötigen entsprechende Prozesse und Lösungen. Ein Großteil von neuen Marktaktivitäten spielt sich dabei auf lokaler und regionaler Ebene im Verteilnetz ab. Die dazu erforderlichen Informationen werden 2020 für die einzelnen Marktrollen diskriminierungsfrei zugänglich gemacht sein. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxEffizientexProzessexgewährleistenxNetzstabilitätxundx Interaktion xxAkteursübergreifendexSystemexfürxDaten-Managementx undx-Verarbeitung xxProzessframeworkxfürxSmartxGridxundxSmartxMarketx etablieren xxKoordiniertexnationalexundxinternationalexAktivitätenx durchführen

2020 ist eine lückenlose medizinische Versorgung auch in dezentralen Regionen durch ein enges Zusammenspiel der Leistungserbringen mit IT-Unterstützung sichergestellt. Der Patient wird in seinem häuslichen Umfeld mit IT sowie Sensorik und Aktorik unterstützt, um Gefahrensituationen abzuwenden. Alle für den Versorgungsprozess relevanten Daten stehen allen entsprechenden Leistungserbringern zur Verfügung. Die Semantiken und Ontologien der unterschiedlichen Systeme sind interoperabel. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxDezentralisiertexmedizinischexLeistungserbringung xxVersorgungseinheitenxüberschreitendexDatenbereitstellung xxIT-Assistenzsysteme xxFörderlichexRahmenbedingungenxfürxZusammenarbeitx undxDelegation

2020 ermöglicht ein vernetzter, sicherer und uneingeschränkter Datenaustausch verkehrsträgerspezifische und intermodale Mobilitätsplanung und -durchführung sowie die intelligente Verkehrssteuerung. Dies führt zu einer Entlastung aller Nutzer und zu einer erleichterten Teilnahme am Verkehr durch dahinter stehende komplexe Systeme. Alle Marktbeteiligten kennen ihre Lieferverpflichtung für Basisdaten im Rahmen einer abgestimmten Architektur. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxVerbesserungxvonxMobilitätsflüssen xxReibungslosexAbwicklungxvonxHandelsströmen xxIntermodalesxVerkehrsinformationssystem xxVerfügbarkeit,xVerlässlichkeitxundxQualitätxvonxMobilitätsdaten xxVerkehrsdatenmarktplatz

2020 ist Education Governance in allen Bildungsinstitutionen eine Selbstverständlichkeit und Basis für alle Prozesse rund um Intelligente Bildungsnetze. Es existieren klare Aufbau- und Ablaufprozesse, klare Entscheidungskriterien und Schnittstellen zur EU-Ebene bzw. zu internationalen Standardisierungsorganisationen. Spezialisierte Service-Center helfen bei der Digitalisierung vor Ort und sind lokaler Innovationstreiber in den Bildungsinstitutionen. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxEtablierungxvonxEducationxGovernance xxKlarexEntscheidungskriterien,x-gremienxundxinterxnationalex Schnittstellen xxNationalexForschungszentren xxSpezialisiertexService-Center xxFinanzierungsmodelle

2020 haben sich leistungsfähige und transparente Arbeitsund Steuerungsstrukturen für das Zusammenwirken von Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft etabliert. Gemeinsam werden innovative Lösungsarchitekturen und neue institutionelle Arrangements in Erprobungsräumen getestet. Das Paradigma „Government as a Service“ hat sich als bedeutende Triebkraft entwickelt. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxIT-Steuerung/IT-Governance xxInvestitions-xundxTransformationsanreize xxFachkräfte xxErprobungsräume xxExportorientierung

Sichere IKT ermöglicht das Zusammenspiel im neuen komplexen Energiesystem

Sensorik, Miniaturisierung, Robotik, Expertensysteme, IoE

Vernetzter Datenaustausch für eine intelligente Mobilität

Einheitliche, flexible IKT-Infrastrukturen

Digitale Prozesse

2020 profitieren Patienten, Heilberufler und Gesundheitssystem von den Fortschritten der Genom-Analyse und personalisierten Medizin, der Miniaturisierung der Sensoren mit den verstärkten Möglichkeiten der dezentralen Diagnostik und Therapie, der Videokommunikation sowie den unterstützenden und entlastenden Funktionen, die Avatare, medizinische Expertensysteme, Roboter und elektronische Gesundheitskarten zur Verfügung stellen. Das Internet of Everything vernetzt diese Komponenten und bildet so die Grundlage der Intelligenten Gesundheitsnetze. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxMiniaturisiertexSensorik xxGenom-Analyse xxExpertensysteme/BigxData/Robotik/IoE xxStandard-basierte,xinternationalexInteroperabilität

2020 nutzen intelligente Mobilitätsdienste einen vernetzten Datenaustausch. Sie erhalten freien und uneingeschränkten Zugang zu allen Mobilitätsdaten der öffentlichen Hand und von privatwirtschaftlichen Betreibern von Verkehrsträgern. IKT-Technologien haben in allen Verkehrsträgern Einzug gehalten und entfalten eine starke Hebelwirkung für einen flüssigeren und sichereren Verkehrs. Eine entspanntere, informiertere und umweltschonendere Mobilität ist Realität. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxBreitbandverfügbarkeit xxForciertexStandardisierung xxDeutschlandweitexGesamtarchitektur xxFlächendeckendexTelematik-Infrastruktur

2020 hat sich aus Bildungsinseln auf lokaler und regionaler Ebene über die Jahre hinweg eine effiziente IKT-Infrastruktur für Lehren, Lernen, Prüfen und Verwalten entwickelt, die flexible Technologien wie Cloud Computing mit einer einheitlichen Benutzeroberfläche und Standards verbindet. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxNutzungxvonxCloud-Technologie xxStandards xxSemantischexTechnologienxundxKI-Methoden xxSozialesxundxubiquitäresxLernen xxMultimodale,xbewegtexBildungsinhaltexmitxx VerknüpfungenxzuxVRxundxAR xxLearning-Analytic-Verfahren

2020 verfügt die vernetzte Verwaltung über integrierte, multikanalfähige und intelligente Service-Infrastrukturen, inklusive offener Schnittstellen für die Integration bzw. dynamische Bündelung von E-Services. Durch umfassende Mobilisierung und Personalisierung öffentlicher IT-Angebote, konsequente Prozessorientierung und Standardisierung, sowie serviceorientierte Kopplung zentraler und verteilter IT-Systeme arbeitet die Verwaltung zunehmend ortsungebunden in verwaltungsübergreifenden Wertschöpfungsverbünden. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxNetzinfrastrukturxundxsicherexZustellwege xxMultikanalfähigexServiceinfrastrukturen xxDienstexstattxSoftware xxStandardisierungxundxInteroperabilität xxSicherexundxvernetztexDatenspeicher xxRechenzentrumsinfrastrukturen

2020 sind die gesellschaftlichen Herausforderungen durch den Umbau der Energieversorgung bewältigt. Die Bürgerinnen und Bürger verstehen sich als eigenständig agierender Teil des Energienetzes und sind an relevanten Entscheidungen beteiligt. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxPartizipationxfördern xxEnergieautarkiexgesellschaftsverträglichxmachen xxOptimierterxEnergienetzausbauxunterxeffizienterx EinbindungxvonxIKTxerhöhtxdiexgesellschaftlichexAkzeptanz xxFachkräftebedarfxdecken

Die Zunahme von dezentraler Energieerzeugung und von Markt-aktivitäten führen 2020 zu einer erheblich höheren Komplexität der Energieversorgung. IKT ermöglicht den Problemlosen Datenaustausch und das Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure unter Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind: xxBranchenübergreifendexIKT-Standardsxeinführen xxEffizientenxDatenaustauschxgewährleisten xxRollenmodellxzurxIKT-Nutzungxabbilden xxDezentralisierungxderxEnergienetzführungxmittelsxIKTx unterstützen xxVersorgungszuverlässigkeitxwahren

Abbildung 1.3-1: Intelligente Netze – Zielbilder 2020 (Übersicht) Quelle: UAG Intelligente Netze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

2020 sind alle Verkehrsbetreiber eingebettet in eine Deutschland-Architektur, die Schnittstellen für Echtzeitinformationen zu Verspätung, Stau, Kapazität u.a. zur Verwendung durch Mobilitätsintegratoren bereitstellen. Der Bau der Infrastruktur wurde über ein neu bestimmtes Geschäftsmodell finanziert. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxZusammenspielxvonxBasisdienstenxundxMobilitätsxintegratoren xxEffizienzgewinnexundxWachstumspotenziale xxVernetzungxvonxVerkehrsmanagementzentralen xxSteigenderxStellenwertxvonxVerkehrsdaten xxSensor-,xOrtungs-xundxKommunikationstechnologienxinx VerkehrsmittelnxundxLadungsträgern

Digitale Bildungsangebote als Selbstverständlichkeit

Transformation als gesellschaftliche Herausforderung

2020 gehören digitale Bildungsangebote selbstverständlich zum Alltag in Schulen, Universitäten und Weiterbildungseinrichtungen. Das Verständnis an Lehr-, Lern- und Prüfungsprozesse hat sich verändert. Bildungsnetze fördern Individualisierung, Methodenvielfalt, Betreuung und Internationalität. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxSharedxServicesxundxSharedxContent xxE-Coaching,xE-CounselingxundxTransferkurse xxKompatibilitätxinternationalerxStudienangebote xxTechnischexForcierungxderxInternationalisierung

2020 besteht ein breiter Konsens bezüglich der Einschätzung, dass grundlegende gesellschaftliche Transformationsprozesse nur im partnerschaftlichen Verbund von Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu bewältigen sind. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxPersonalisierungxundxdigitalexFreizügigkeit xxNeuexKompetenzen xxVerändertexInfrastrukturverantwortungxdesxStaates xxInnovationxdurchxKooperation xxEuropa

Kooperationshindernisse sind ausgeräumt

Rechtlicher Rahmen für neue Formen der Zusammenarbeit

2020 sind alle rechtlichen Hindernisse, welche die breite Konsolidierung hochschul- und länder-übergreifender Bildungsnetze auch im europäischen Wirtschafts- und Bildungsraum behindert haben, aus dem Weg geräumt. Die Bundesregierung hat die Förderung der digitalen Bildungsnetze zu einem strategischen Schwerpunkt ihrer Politik erklärt. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxFörderungxderxZusammenarbeit xxAbbauxderxKooperationshindernisse xxLänderübergreifendexAnerkennungxvonxAbschlüssenx undxCredits xxVerrechnungssystemexfürxKursteilnahmen xxAnerkennungssystemxinnerhalbxEuropas

Universitäten und Unternehmen kooperieren und erschließen weltweit neue Bildungsmärkte 2020 ist die Digitalisierung von Wertschöpfungsketten sowie die Emergenz von Produkten und Dienstleistungen in Geschäftsmodellen auf Basis hybrider Wertschöpfung gelungen und strukturell integriert. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxAnreizexfürxneuexGeschäftsmodelle xxStandardisiertexPlattformen xxSharedxServicesxundxSharedxContent xxPersonalentwicklung xxExportxtechnologiebasierterxAus-xundxWeiterbildung

2020 bestehen die rechtlichen Grundlagen, um in allen gesellschaftlichen Teilbereichen die Potenziale der neuen Technologien zu erschließen und gleichzeitig fundamentale Werte unserer Gesellschaft auch in einer zunehmend digitalen Welt umfassend zu schützen. Im Rahmen einer nächsten Stufe der Föderalismusreform wurden Prinzipien und Grundsätze der Verwaltungsarbeit neu definiert. Wesentliche Zielbildbausteine sind: xxInformationsfreiheitxundxDatenschutz xxDigitalexIdentitäten,xSignaturenxundxSiegel xxVerwaltungskooperationsrecht/VwVfg xxÖffentlich-privatexZusammenarbeit

Neue Kooperations- und Geschäftsmodelle 2020 haben sich auf der Grundlage einer umfassenden informationstechnischen Vernetzung vielfältige neue Formen der Zusammenarbeit innerhalb der öffentlichen Verwaltung sowie im Zusammenwirken mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft etabliert. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind: xxVernetztexVerwaltung xxIntermediärexundxöffenlich-privatexPartnerschaften xxSelbstorganisation/Koproduktion xxNeuexinstitutioniellexArrangements


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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.3 Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze GESELLSCHAF TLICHE EBENE

Übergreifende Herausforderungen beim Aufbau Intelligenter Netze

1.3.1

• Frühzeitige Partizipation Um Akzeptanz zu erreichen, muss die Bevölkerung an der Einführung Intelligenter Netze unmittelbar teilhaben und ihre Bedürfnisse berücksichtigt finden. Insbesondere kritische Aspekte des Datenschutzes und der Prinzipien eines umfangreichen Datenaustausches sind verständlich und rechtzeitig zu thematisieren. • Rechtliche/regulatorische Rahmenbedingungen Die bestehenden rechtlichen und regulatorischen Vorgaben behindern zu oft eine ausreichend schnelle und freie Entwicklung der Märkte. Handlungsfelder sind u.a. Ordnungsrahmen für neue Marktrollen, Datenschutz und -sicherheit, Anreizsysteme für Investitionen, Verantwortlichkeiten und Berechtigungen zur Datenbereitstellung. • Neue Investitions- und Business-Modelle Es kommt zu Verschiebungen der Wertschöpfungskettenanteile zwischen etablierten und neuen Marktakteuren. Gleichzeitig stehen dem Bedarf an volkswirtschaftlich notwendigen Investitionen für Multi-Purpose-Infrastrukturen derzeit zu wenig Anreize für eine rein privatwirtschaftliche Umsetzung gegenüber. Es droht die Gefahr einer Dynamik-Bremse. • Integration neuer Marktrollen Die effiziente Umsetzung Intelligenter Netze braucht eine Harmonisierung von unternehmens- und rollenübergreifenden Abläufen. Es fehlt an gemeinsamen Gremien zur Erarbeitung von Prozess-Blueprints. • Forcierte Standardisierung Um einen Leitmarkt zu schaffen, müssen auf nationaler und europäischer Ebene frühzeitige Standards und Normen den Fußabdruck für die globale Positionierung setzen. Deutschland droht den Vorsprung zu verlieren, wenn hier nicht schneller und mit mehr Nachdruck agiert wird.

Transformation als gesellschaftliche Herausforderung, Chance und Gestaltungsaufgabe

Der Aufbau Intelligenter Netze ist mit hohen Investitionen verbunden. Dieses Hemmnis möglichst weit zu reduzieren, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor zur Umsetzung Intelligenter Netze bis zum Jahr 2020. Die UAG Intelligente Netze der AG2 ist der Frage nachgegangen, welche Synergiepotenziale und Gemeinsamkeiten über die fünf strategischen Ebenen (Gesellschaft, Recht/Regulierung, Business, Prozesse und Technik) branchenübergreifend vorhanden sind. Durch die Nutzung solcher Potenziale und durch einheitliche Lösungen für gleichartige Herausforderungen erscheint die Reduzierung der Investitionsbedarfe zum Aufbau Intelligenter Netze denkbar. Im Folgenden wird ein Überblick über die ersten Ergebnisse der horizon­talen branchenübergreifenden Betrachtung in 2013 gegeben.

G ESELLSCHAF TLICHE EBENE

Digitalisierung und Vernetzung schreiten voran und verändern die Arbeits- und Lebenswelten einer immer größeren Zahl von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen. Digitale Daten und Dienste haben die Geschäftsmodelle einer Vielzahl von Branchen bereits nachhaltig verändert und neue Arbeits- und Organisationsformen etabliert. Nach der Medien- und Dienstleistungswirtschaft hat die digitale Revolution inzwischen die Schlüsselindustrien der deutschen Wirtschaft (Industrie 4.0) sowie den Bereich öffentlicher Infrastrukturen erfasst. Intelligente Netze sind von hochgradig disruptivem Charakter. Die fünf Sektoren Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung stellen dabei nicht nur wirtschaftliche Großbereiche Deutschlands dar, sondern bilden gleichfalls die infrastrukturelle Basis unserer Gesellschaft. Diese Basis durch Digitalisierung und Vernetzung zu erneuern, ist eine tiefgreifende gesellschaftliche Aufgabe. Für Deutschland eröffnet diese Entwicklung bedeutende Chancen stellt jedoch gleichzeitig eine große gesellschaftliche Herausforderung dar. Sektoren- und branchenübergreifende Aspekte der gesellschaftlichen Ebene sind insbesondere: • Personalisierung und Automatisierung Die fortschreitende Digitalisierung eröffnet umfassende Möglichkeiten der Personalisierung. Personalisierung eröffnet neue Möglichkeiten, setzt jedoch Akzeptanz und Vertrauen voraus. Vertrauen und Akzeptanz setzen wiederum Kompetenz im Umgang voraus. Dies muss erlernt werden. Den Gegenpol dazu stellt eine zunehmende Automatisierung dar. Mit zunehmender Vernetzung steigt die Komplexität und Fehleranfälligkeit. Neben der Notwendigkeit, subjektiver Ängsten im Umgang mit IKT zu begegnen, gilt es, dem Schutzbedarf kritischer Infrastrukturen erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

• Akzeptanz und Partizipation Der Umgang mit umfassend vernetzten digitalen Systemen stellt eine neue Kulturtechnik dar, die erlernt werden muss. Ängste zu beseitigen und Akzeptanz zur gewährleisten erscheint nur über eine frühestmöglich aktive Einbindung der Menschen in den Gesamt­prozess möglich. Wesentlicher Bestandteil muss die Aufklärungsarbeit in Schule, Ausbildung und Studium sein, um die junge Generation verstärkt zu involvieren. • Konnektivität und Verlässlichkeit Grundlage eines nationalen Rollouts Intelligenter Netze ist zum einen die vollständig flächendeckende Netzanbindung zu gewährleisten, die einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Diensten Intelligenter Netze bietet und Basisvoraussetzung zur Vermeidung einer digitalen Spaltung der Gesellschaft ist. Zum anderen ist sicherzustellen, dass auch digitalisierte, vernetzte Infra­ s trukturen verlässlich und ausfallsicher funktionieren. • Sicherheit und Datenschutz Mehr denn je ist das Bedürfnis nach Sicherheit und Schutz persönlicher Daten in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Auch wenn die Digitalisierung und Vernetzung der Gesellschaft in allen Lebensbereichen im Grundsatz eine unumkehrbare Entwicklung darstellt, so sind Sicherheit und Datenschutz derart grundlegende Voraussetzungen für die Akzeptanz jeglichen digitalen Fortschritts, dass diesem Thema höchste Prio­rität in der öffentlichen Diskussion eingeräumt werden muss. Sollte es nicht gelingen, nachhaltig wirksames Vertrauen in die Sicher­heit und den Datenschutz Intelligenter Netze zu erreichen, so wird ein Rollout bis zum Jahr 2020 keine Unterstützung der Anwender und der Bevölkerung erfahren. • Aus- und Weiterbildung . Digitalisierung und Vernetzung verändern Berufsbilder und Ausbildungsanforderungen. Der Aufbau eines adäquaten Ausbildungs- und Studienprogramms, das die zukünftigen Bedarfe von Anwenderbranchen- und IKT-Wirtschaft kombiniert, muss Bestandteil der gemeinsamen Anstrengungen von Politik und Wirtschaft sein.

1.3 Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze RECHTLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

• Kooperation und Governance Innovative Konzepte und Vorgehensweisen benötigen Erprobungsräume, in denen sie entwickelt und evaluiert werden können. Das Zusammenwirken über sektorale Grenzen hinweg kann hier frühzeitig erfahrbar und der Nutzen Intelligenter Netze erlebbar gemacht werden. Im Gegensatz zu isolierten Pilot- und Leuchtturmprojekten eröffnet diese Kooperationsform eine umfassende Betrachtung und Berücksichtigung komplexer Herausforderungen bei der Entwicklung innovativer IT-Infrastrukturen sowie darauf aufsetzenden neuen Produkten und Dienstleistungen. Durch die Vielzahl beteiligter Akteure mit häufig hetero­ genen Interessen sind abgestimmte Steuerungsinstrumente erfolgskritisch.

1.3.2  RECHTLICHE/REGULATORISCHE EBENE Netzübergreifende Rahmenbedingungen und modulare Ansätze Die fünf Sektoren Energie, Verwaltung, Gesundheit, Bildung und Verkehr haben jeweils ihren eigenen historisch gewachsenen Rechtsrahmen. Auf dem Weg zu Intelligenten Netzen können Synergien gehoben werden, indem für netzspezifische Herausforderungen übergreifende Lösungen gefunden werden. Gemeinsamkeiten bestehen vor allem bei der Frage des Umgangs mit den anfallenden Daten, dem Infrastrukturaufbau und den jeweiligen GovernanceStrukturen. Bei den fünf Intelligenten Netzen sollte ein Auseinanderdriften des regulatorischen Rahmens von Anfang an vermieden werden. Durch einen übergreifenden, modularen und abgestuften recht­lichen Rahmen sollten ungewollte Inkompatibilitäten zwischen den Netzen ausgeschlossen werden. Wesentliche sektoren- und branchenübergreifende Aspekte auf der rechtlichen/regulatorischen Ebene sind:

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

• Datenzugangs- und Datenbereitstellungskonzepte Grundlage für die Effizienz, Kompatibilität und Akzeptanz aller Intelligenten Netze sind sichere und schlüssige Zugangsberechtigungskonzepte für die zwischen den Akteuren auszutauschenden Daten. In den fünf Netzen sollen im Interesse der Nutzer zwischen den Akteuren umfangreich Daten ausgetauscht oder temporär bereitgestellt werden. Hierbei ergeben sich für den Bürger zwei entgegengesetzte Interessensrichtungen. Zum einen soll die Datenbereitstellung möglichst einfach gestaltet sein. Zugleich besteht aber die Befürchtung, dass durch übermäßige Konzentration von Daten an einem Ort zugriffsberechtigte Personen ein umfassendes Bild von der Persönlichkeit des Einzelnen erhalten. Dies führt bislang etwa bei Gesundheits­daten dazu, dass Patientendaten auf einer Vielzahl von IT-Systemen verschiedener Ärzte gespeichert werden, statt an einem Ort. Die Angst vor einem umfassenden Bild des Gesundheitszustands einer Person überwiegt bislang die Angst vor einer fehlerhaften Diagnose aufgrund lückenhafter Dokumentation. Breit akzeptierte Lösungen können hier in allen Netzen nur durch maßgeschneiderte Zugangsberechtigungskonzepte erreicht wer­den. Hierbei könnten Nutzer auf einer Datendrehscheibe einen Kernbestand an Daten bereitstellen, zu denen sie autorisierten Akteuren Zugriff gewähren. Die Akzeptanz solcher Datendrehscheiben steht und fällt dabei mit der rechtlichen und technischen Absicherung der Datenhoheit des Einzelnen. Ein Zugriff unberechtigter oder unerwünschter Dritter, wie etwa Behörden oder Arbeitgeber, muss technisch und rechtlich ausgeschlossen sein. Hierbei genügt es nicht, allein auf bisherige Datenschutzkonzepte zurückzugreifen. Denn zum einen müssen zwar aufgrund der Sensibilität solcher Datenbestände höchste Anforderungen an die Einwilligung in einen Zugriff gestellt werden, zum anderen können aber die jeweiligen Synergien nur gehoben werden, wenn ein einmal gewährter Zugriff hochgradig automatisiert ablaufen kann. Insgesamt gilt: Es müssen sowohl positive Zugriffsrechte als auch negative Beschränkungen (z. B. bei der Weitergabe innerhalb einzelner Behörden) definiert werden können. Der Austausch von Daten zwischen den Akteuren der Intelligenten Netze sollte einfach, vertrauenswürdig und

1.3 Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze RECHTLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

sicher sein. Ein Nutzer muss einfach und sicher definieren können, wie er bestimmte Daten interessierten Akteuren bereitstellt und andere geheim hält. Datendrehscheiben, über die er Daten zur Verfügung stellt, sollten offen für eine Verwendung in allen fünf Netzen sein. Es muss stets eine Datenhoheit des Bürgers geben, ohne ihn bei Verwendung seiner Daten einzuschränken. • Datensicherheitsstandards Den fünf Intelligenten Netzen ist gemeinsam, dass in ihnen höchst sensible Daten anfallen können wie Bewegungsdaten, Gesundheitsdaten, Steuerdaten etc. Daher wird regelmäßig für jedes Netz ein gesetzlich abgesicherter Mindeststandard für die Datensicherheit gefordert. Es sollte aber auf jeden Fall der Gefahr begegnet werden, dass durch jeweils einzelne Daten­ sicherheitsregeln faktisch für alle fünf Netze der gleiche Sicherheitsstandard etabliert wird, diese Sicherheitsregeln aber aufgrund unterschiedlicher gesetzlicher Vorgaben untereinander inkompatibel sind. Gesetze sind dann deutlich schwerer anzupassen, als etwa technische Sicherheitsnormen. Für die Netze sollte daher ein gemeinsames, auf das jeweilige Netz anpass­ bares Regime von Sicherheitsstandards etabliert werden. • Allgemeiner und sektorspezifischer Datenschutz Ein effektiver Datenschutz ist für Intelligente Netze unverzichtbar. Vergleichbar den Ausführungen zur Datensicherheit gelten teilweise schon heute in den jeweiligen Bereichen spezifische Datenschutzregeln. Hierbei besteht ebenso die Gefahr, dass hierdurch ein Austausch von Netz zu Netz zukünftig deutlich erschwert wird, obwohl theoretisch dasselbe Schutzniveau etabliert ist. Es sollte daher überprüft werden, ob nicht ein gemeinsames Datenschutzregime für die Intelligenten Netze etabliert werden kann, das eine Kompatibilität sicherstellt. Wo es notwendig wird, neben den allgemeinen Regeln auch sektorspezifische Regeln aufzustellen, sollten diese – vergleichbar den Datensicherheitsvorschriften – auf einer einheitlichen Systematik aufbauen, die sich an der Sensibilität der Daten und nicht am jeweiligen Sektor orientiert.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

• Staatlicher oder marktlicher Infrastrukturaufbau Beim Aufbau von Netzen ergibt sich stets ein Henne-Ei-Pro­blem. Fast jeder Netzaufbau ist mit hohen Kosten verbunden. Dem stehen für Nutzer anfänglich vergleichsweise wenige Dienstleistungen gegenüber. Die frühen Nutzer werden daher häufig mit hohen Entgelten bei geringem Nutzen belastet. Skaleneffekte und Innovation entstehen erst durch fortschreitende Vernetzung und große Nutzerzahlen. Die Teilnahme an einem jungen Netz ist daher für viele zunächst unattraktiv. Auf der anderen Seite scheuen die Betreiber von Netzen häufig die Investition in den Netzaufbau. Vor allem, weil sich nicht abschätzen lässt, ob sich genug First Mover finden, die die notwendigen Netzwerkeffekte erzeugen und das Netz für breite Schichten bezahlbar und attraktiv machen. Bei den klassischen öffentlichen Netzinfrastrukturen wird daher der einmalige Netzaufbau zunächst öffentlich finanziert und dann auf die Allgemeinheit umgelegt. Eine Nutzung der Netzinfrastrukturen ist entweder verpflichtend (Straßennetz) oder faktisch alternativlos (Stromnetz, Telekommunikationsnetz). Für die Intelligenten Netze kommt aufgrund der anfallenden personenbezogenen Daten eine verpflichtende Teilnahme und damit ein staatlicher Netzaufbau wie bei öffentlichen Infrastrukturen nicht infrage. Zugleich sollte nicht allein auf einen marktgetriebenen Aufbau vertraut werden. Schließlich sind die den Netzen zugrunde liegenden Leistungen wie Energie, Gesundheitsversorgung, Bildung etc. so staatsnah und reguliert, dass ohne entsprechende öffentliche Weichenstellung ein Netzaufbau nicht zu erwarten ist. Es sollte daher weder ein rein staatlicher noch ein rein marktlicher Aufbau forciert werden. Es kommen nur jeweils netzspezifische maßgeschneiderte Lösungen in Frage. • Föderalismus und Netze Ein sektoral übergreifendes Hemmnis für den Aufbau Intelligenter Netze sind föderale Strukturen. Föderalismus im Sinne einer echten Konkurrenz der Rechtssysteme und funktionierende Netze schließen sich teilweise aus. Der für ein erfolgreiches Informationsnetz hohe Grad an Standardisierung kann nur erreicht werden, wenn er auf einer Plattform mit Letztentscheidungsbefugnis

1.3 Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze RECHTLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

verhandelt wird. Die im Föderalismus angelegte Idee des Wettbewerbs unterschiedlicher Architekturen ist dagegen für Vernetzungsprozesse regelmäßig nicht förderlich. Erfolgreiche Informationsnetze – wie etwa das Internet – zeichnen sich gerade dadurch aus, dass ihnen ein für alle verbindlicher Kernbestand an Designprinzipien und technischen Regeln zugrunde liegt. Erst hierauf aufbauend bilden sich dann „regionale“ Unterschiede in einem Netz heraus. Die grundlegenden rechtlichen Regeln für Intelligente Netze sollten daher bundeseinheitlich festgelegt werden. Hierauf aufbauend können und sollen sich dann regionale Unterschiede ausprägen, ohne dass diese zu Inkompatibilitäten führen. • Effektive Governance-Strukturen Allen fünf Sektoren Intelligenter Netze ist gemeinsam, dass der Konsens verschiedenster, historisch gewachsener StakeholderGruppen erforderlich ist. Diese sind häufig in mächtigen Interessensvertretungen organisiert, die für ihren Bereich einen Alleinvertretungsanspruch erheben. Zwar wird der Aufbau von Intelligenten Netzen auch von ihnen als grundsätzlich notwendig erachtet. Die neuen Möglichkeiten können dabei jedoch zugleich angestammte Einnahmequellen bedrohen. Aus diesem Grund sind effektive Governance-Strukturen für den Aufbau Intelligenter Netze unabdingbar. Nur wenn alle relevanten Stakeholder eines Intelligenten Netzes in einem gemeinsamen Forum Lösungen erarbeiten, kann eine effektive Netzarchitektur entstehen. Die Governance-Struktur der Netze sollte vielen Gruppen offenstehen. Hierzu sollte der Aufbau des jeweiligen Netzes auf einer nationalen Plattform koordiniert werden. Solche Plattformen sollten allen interessierten Gruppen offenstehen und können perspektivisch nach Aufbau der Netze die laufende Governance der Netze organisieren.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.3.3  BUSINESS-EBENE Intelligente Netze als Geschäftsmodell der Zukunft Die intelligente Vernetzung Deutschlands gilt als Infrastrukturprojekt von historisch einzigartiger Dimension mit entsprechenden Herausforderungen, vor allem aber auch Chancen für die Zukunft. Die geschätzten Effizienzgewinne und Wachstumsimpulse von Intelligenten Netzen werden bei einem schnellen Rollout auf einen gesellschaftlichen Gesamtnutzen von jährlich 50 Milliarden Euro geschätzt.1 Allein im Bereich Intelligenter Verkehrsnetze geht man von Einspareffekten von circa 8 Milliarden Euro jährlich aus, die durch Smart-Logistik und Kraftstoff- sowie Zeiteinsparungen erreicht werden können. Darüber hinaus schaffen neue Smart-Mobility-Konzepte und Applikationen ein Potenzial an zusätzlichen Wachstumsimpulsen von circa 2 Milliarden Euro pro Jahr.2 Bei Intelligenten Bildungsnetzen wird erwartet, dass sich Marktvolumen und Beschäftigtenzahl binnen drei Jahren nahezu verdoppeln werden von heute circa 600 Millionen Euro auf circa 1 Milliarde Euro bzw. von circa 5.600 auf circa 10.000 Beschäftigte.3 Bislang jedoch wurde der Auf- und Ausbau von Intelligenten Netzen in der öffentlichen Diskussion hauptsächlich anhand abgegrenzter Anwendungsbereiche wie z. B. Smart Grids im Energiebereich diskutiert. Es fehlte die strategische Sicht auf branchen- und anwendungsübergreifende Voraussetzungen, die aus einer „Business-Perspektive“ zu schaffen sind, damit Intelligente Netze flächendeckend, integriert und effizient umgesetzt werden können. Wesentliche sektoren- und branchenübergreifende Aspekte auf der Business-Ebene sind:

1 Vgl. Fraunhofer ISI (2012): Gesamtwirtschaftliche Potenziale intelligenter Netze in Deutschland –

Ergebnisse einer Metastudie, Fraunhofer ISI, Karlsruhe. 2 ebd. 3 Quellen: Goertz, L.: Trendmonitor e-Learning Delphi, MMB Institut, 2012; www.mmb-institut.de

Motsch, T.: „Status quo und Zukunftspotenzial der deutschen E-Learning Wirtschaft“, BITKOM Vortrag Learntec Karlsruhe, 2013.

1.3 Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze BUSINESS - EBENE

• Geschäftsmodelle Eine Zukunft der Intelligenten Netze in Deutschland und in weiterer Folge auch international erfordert und schafft neue Geschäftsmodelle, verändert Wertschöpfungskettenanteile, bedingt neue Arten der branchenübergreifenden Koordination und fußt auf einer stabilen Basis der Standardisierung und Interoperabilität von Systemen. Vieles wird dabei von den Marktakteuren getrieben werden, jedoch ist für die Entstehung und Förderungen dieser neuen Geschäftsmodelle in gewissen Bereichen auch das Eingreifen des Staates notwendig. Ein effizientes Zusammenspiel zwischen Politik und Wirtschaft eröffnet dabei die Chance, Deutschland und die deutsche Exportindustrie international als Vorreiter mit Vorzeigeprojekten im Bereich der Intelligenten Netze zu positionieren. • Finanzierung Damit neue Geschäftsmodelle für Investoren entsprechend attraktiv werden, muss der Staat gerade zu Beginn als „Change Agent“ auftreten, um Planungssicherheit und dezidierte Investitionsanreize zu schaffen, Gründungen und Wachstum in Innovationsbereichen zu fördern und die Attraktivität des Investitionsstandorts Deutschland weiter zu erhöhen. Als Kernbereich der gezielten Investitionsförderung und Schaffung eines Regulierungsrahmens gilt dabei der flächendeckende Breitbandausbau, der das gemeinsame Rückgrat künftiger Intelligenter Netze darstellt. • Kaufbereitschaft/Bedürfnis Nachhaltige Geschäftsmodelle erfordern auch ein breit vorhandenes Nutzenbewusstsein und die damit verbundene Kaufbereitschaft in der Bevölkerung. In diesem Zusammenhang kommt dem Datenschutz eine herausragende Bedeutung zu. Nur wenn die Verbraucher Vertrauen in die Sicherheit und Vertraulichkeit von übermittelten Daten haben, sind langfristig ökonomisch selbsttragende und für Anbieter attraktive Geschäftsmodelle zu gewährleisten. Dazu bedarf es der Schaffung eines nationalen und staatengemeinschaftlichen Datenrechtsraumes und der Sensibilisierung der Bevölkerung hinsichtlich der Anwendung von Datenschutztechnologien.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.3 Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze BUSINESS - EBENE

• Fachkräfte/Ausbildung Der Aufbau umfassender Intelligenter Netze in Deutschland erfordert entsprechend qualifizierte Fachkräfte. Um die steigende Nachfrage mit dem knappen Angebot an ausgebildeten Spezia­ listen in Einklang zu bringen, bedarf es der Entwicklung einer langfristen Fachkräftepolitik und der Bereitstellung von entsprechenden Ausbildungsprogrammen. Die folgenden Tabellen zeigen im Detail die unterschiedlichen Anforderungen und Synergie-Cluster, gekoppelt mit entsprechenden Maßnahmenempfehlungen für die Business-Ebene. Tabelle 1.3-1: Synergie-Cluster Intelligente Netze auf der Business-Ebene – Geschäftsmodelle

Geschäftsmodelle Synergie-Cluster: Kooperation und Koordination Beschreibung Synergie-Cluster

Maßnahmenempfehlungen

Durch sinkende Markteintrittsbarrieren auf Basis neuer Technologien entstehen neue Marktakteure und Marktrollen und es kommt zu Verschiebungen der traditionellen Wertschöpfungskettenanteile zwischen etablierten und neuen Akteuren aus den Kernanwendungsbereichen der Intelligenten Netze und aus der IKT-Branche. Führende Unternehmen der Kernanwendungsbereiche agieren gemeinsam mit der IKT-Branche in Clustern, bilden neue Wertschöpfungsnetzwerke, etablieren Plattformen zu Integration und Kooperation und entwickeln gemeinsam neue branchenübergreifende Geschäfts­ modelle. Der Staat fungiert als gesetzlicher und regulatorischer Rahmensetzer zur Förderung neuer Kooperationen und Geschäftsmodelle über alle Unternehmensgrößen hinweg. Dabei werden Anreizsysteme geschaffen, um den Wandel zu katalysieren und notwendige Investitionsanstrengungen zur Schaffung der IN zu fördern. Die Regulierung ist an das Zielbild für die Intelligenten Netze und die sich neu ergebenden Marktdefinitionen und -rollen angepasst. Die Regulierung lässt dem Markt Freiheitsgrade, sich zu entwickeln, und schafft Planungssicherheit. Vorwettbewerbliche Koordination zur Abstimmung der Grundlagen wird nicht nur geduldet, sondern gefördert. Branchenübergreifende, unabhängige Plattformen (wie z.B. dem Telemanagement-Forum der IKT-Branche, der Nationalen Plattform eMobility der acatech) oder Private-Public-Partnerships koordinieren die Etablierung u.a. durch das branchenübergreifende Zusammenbringen der Wertschöpfungsteilnehmer.

• Etablierung von branchenübergreifenden Gremien und Plattformen zur Definition von intersektoralen Anforderungen, Kooperations- und Geschäftsmodellen zum Auf- und Ausbau Intelligenter Netze. • Aufbau und staatliche Förderung von Erprobungsräumen zur Pilotierung neuer Strukturen und Modelle mit dem Ziel der Kosten- und Risikoreduzierung und Erkenntnisgewinnung im Vorlauf zu deutschlandweiten Rollouts. • Schaffung eines dedizierten ministerialen Verantwortungsbereichs und einer koordinativen Anlaufstelle zur Initiierung, Entwicklung und – wo notwendig und sinnvoll – staatengemeinschaftlichen Abstimmung von Gesetzesentwürfen und Anreizsteuerungsinstrumenten. • Anpassung des Regulierungsrahmens an die neuen Marktbedürfnisse und zur Förderung der vorwettbewerblichen Kooperation.

Synergie-Cluster: Standardisierung und Interoperabilität Beschreibung Synergie-Cluster

Maßnahmenempfehlungen

Föderalismus in den Kernanwendungsbereichen für IN weicht einem nationalen und zunehmend auch staatengemeinschaftlichen Bestreben nach Standardisierung in dem Maße, dass Interoperabilität und die Nutzung von Skaleneffekten sichergestellt werden, bei kleinstmöglicher Einschränkung der unternehmerischen (und inhaltlichen) Freiheitsgrade und Kreativität der Teilnehmer Intelligenter Netze. Standards und Normen zur Sicherstellung übergreifender Systeminteroperabilität standardisierter Datenformate, Verfahren und Prozesse sind auf nationaler und europäischer Ebene geschaffen und werden inhaltlich und global weiterentwickelt.

• Schaffung von klar definierten politischen Verantwortungsbereichen auf deutscher und staaten­ gemeinschaftlicher Ebene zur Konzeption und Umsetzung von einheitlichen Prozess- und Datenstandards unter Einbeziehung von branchenübergreifenden Wirtschaftsverbänden. • Implementierung eines belastbaren Prozesses, mit dem semantische und technische Interoperabilitätsprobleme unter Berücksichtigung internationaler Bestrebungen und Standards behoben werden.

Synergie-Cluster: Vorzeigeprojekte Beschreibung Synergie-Cluster Die geschaffenen Intelligenten Netze sind nicht nur Grundlage für die wirtschaftliche Stärke Deutschlands, sondern auch internationale Vorzeigeprojekte, die die gesamte deutsche Exportwirtschaft, insbesondere aber die an der Erstellung der IN beteiligten Unternehmen, fördern. Deutschland übernimmt in Sachen Intelligenter Netze global eine Vorreiterrolle und schafft die Voraussetzungen für deren Nachhaltigkeit.

Maßnahmenempfehlungen • Entwicklung einer internationalen Kommunikationsstrategie zur Vermittlung von Vision und Nutzen Intelligenter Vernetzung und entsprechender Positionierung Deutschlands und seiner führenden Unternehmen als Technologie­führer. • Nationale Definition von Pilotprojekten für Intelligente Netze und internationale Positionierung als Vorzeigeprojekte.

Quelle: Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.3 Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze BUSINESS - EBENE

Tabelle 1.3-2: Synergie-Cluster Intelligente Netze auf der Business-Ebene – Finanzierung

Tabelle 1.3-3: Synergie-Cluster Intelligente Netze auf der Business-Ebene – Kaufbereitschaft/Bedürfnis

Finanzierung

Kaufbereitschaft/Bedürfnis

Synergie-Cluster: Staat als Anreizsteuerer und Impulsgeber

Synergie-Cluster: Nutzenbewusstsein in der Bevölkerung

Beschreibung Synergie-Cluster

Maßnahmenempfehlungen

Beschreibung Synergie-Cluster

Zur Reduzierung von Investitionsrisiken und Sicherstellung langfristig notwendiger Infrastrukturinvestitionen, die rein privatwirtschaftlich nicht finanziert würden, agiert der Staat als „Change Agent“. Er stellt nationale Herausforderungen, formuliert Ziele, setzt Meilensteine und schafft branchenübergreifend nötige Investitionsanreize und Planungssicherheit durch eine klare und transparente Industriepolitik. Diese verfolgt als Ziele beispielsweise die Investitionsförderung bei Unternehmen und Verbrauchern, die Verbesserung von Rahmenbedingungen für das Entstehen branchenübergreifender, räumlich konzentrierter Innovations-Cluster, die Pilotförderung sowie die Anpassung institutioneller Rahmenbedingungen. Der Staat fördert die Gründung, Expansion und Finanzierung neuer Unternehmen und deren Vernetzung mit für Intelligenten Netzen zentralen etablierten Marktteilnehmern und Institutionen.

• Entwicklung und Kommunikation von Vision, Strategie und Umsetzungsplan für Intelligente Netze in Deutschland zur Schaffung von Investitionsanreizen und Planungssicherheit. • Allokation von Verantwortung und dedizierten Budgets für den Bereich Intelligente Netze in den für die Kernanwendungsbereiche relevanten Ministerien sowie zusätzlich in einer koordinativ übergreifenden Funktion. • Etablierung eines Investitionsfonds „Intelligente Netze Deutschland 2020“ zur Anschubfinanzierung und Etablierung von Intelligenten Netzen. • Entwicklung von Instrumenten zur Messung, Steuerung und Förderung der Transformation (z. B. Effizienzrenditen). • Entwicklung eines übergreifenden Maßnahmenplans zur Aufwertung des Investitionsstandorts Deutschland für innovative, wachstumsstarke kleine und mittlere Unternehmen in Zusammenarbeit mit international führenden (institutionellen) Investoren und Kapitalmarktvertretern. • Abbau von Gründungsbarrieren und Aufbau einer leistungsfähigen Venture-Capital-Industrie und -Kultur. • Schaffen eines nachhaltig liquiden Sekundärmarktes für privates und institutionelles Risikokapital, beispielsweise durch Etablierung eines Börsensegmentes für Wachstumsfirmen oder durch die Förderung von enger Zusammenarbeit zwischen Klein- und Großunternehmen bis hin zu strategischen Allianzen und Übernahmen.

Die Vorteile aus Intelligenten Netzen – wirtschaftlich aus den sich neu entwickelnden Geschäftsmodellen, persönlich aus Zeitersparnis oder sich neu ergebenden Möglichkeiten etc. – bieten einen unmittelbaren und in der Bevölkerung breit wahrgenommenen Mehrwert. Erhöhter Kundennutzen fördert die Kaufbereitschaft und generiert Bedürfnisse auf Verbraucherseite, wodurch sich das Konzept der Intelligenten Netze über die demografischen Segmente hinweg vom Abstrakten zum Konkreten wandelt und das Prinzip sowie der Gesamt­nutzen der Öffentlichkeit umfassend bewusst ist.

Synergie-Cluster: Flächendeckende digitale Vernetzung Beschreibung Synergie-Cluster

Maßnahmenempfehlung

Als Kernbereich der gezielten Investitionsförderung gilt der festnetzgebundene und mobile Breitbandausbau in der Fläche, der durchgängige, hochleistungs­ fähige, sichere und zuverlässige Internetverbindungen gewährleistet und damit Zugang zu und Partizipation an sämtlichen INs sicherstellt. Der Ausbau der digitalen Vernetzung muss darüber hinaus jedoch auch die Anbindung von nicht direkt personenbezogenen Elementen wie z. B. Sensoren, Endgeräten (z. B. Machine-to-Machine) etc. umfassen. Dies erfordert neben erheblichen staatlichen Investitionsanreizen langfristige Planungssicherheit durch Kartell-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden.

• Gezielte staatliche Förderung einer flächen­deckenden digitalen Vernetzung und Schaffung eines Regulierungsrahmens für Planungssicherheit im Netzwerkausbau.

Quelle: Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Maßnahmenempfehlungen • Zentrale Entwicklung einer Kommunikations- und Marketing-Strategie zur Bewusstseinsbildung und langfristigen Verankerung eines Nutzenbewusstseins hinsichtlich Intelligenter Netze in der Bevölkerung.

Synergie-Cluster: Datenstrategie und Datensicherheit Beschreibung Synergie-Cluster

Maßnahmenempfehlungen

Eine nachhaltige Nachfrage und Kaufbereitschaft auf Verbraucherseite fußt fundamental auf einer Gewährleistung des nötigen übergreifenden Datenschutzes (Stichwort: „Cybersecurity“) und sehr hohen Sicherheitsstandards. Da ein Großteil der neuen Dienste im Rahmen von Intelligenten Netzen auf Nutzerdaten angewiesen ist (Verbrauchsdaten im Energiebereich, Orts- und Bewegungsdaten im Verkehrsbereich, Vitaldaten im Gesundheitsbereich usw.), existiert ein klarer rechtlicher Rahmen für den Austausch dieser Daten zwischen den verschiedenen Domänen. Es bestehen verbindliche Vereinbarungen zwischen Anbietern und Verbrauchern über die Verwendung dieser Daten mit daraus hervorgehenden neuen Geschäftsmodellen für deren Handhabung und Weitergabe. Aufgrund kontinuierlich wachsender Datenmengen entwickelt sich eine dezentrale, miteinander vernetzte Datenverarbeitungsinfrastruktur. Der Staat schafft im Rahmen einer Datenstrategie den neuen rechtlichen Rahmen für Sicherheit in Nutzung, Zugang und Verknüpfung von Daten. Dies beinhaltet die Schaffung eines Datenrechtsraumes auf europäischer Ebene, der durch eine eigenständige europäische Datenspeicherungs- und Datenübertragungsinfrastruktur hinterlegt ist (z. B. durch Kapazitätsanpassungen und Umkonfiguration von lokalen Routern), um größtmögliche Sicherheit im internationalen Datenverkehr und in der Datennutzung zu gewährleisten. In diesem Rahmen fördert der Staat bzw. die europäische Staatengemeinschaft auch gezielt nationale bzw. europäische Unternehmen, ohne dabei protek­tionistische Hürden zu außereuropäischen Wirtschaftsräumen aufzubauen. Darüber hinaus wird die Bevölkerung gezielt hinsichtlich Datensicherheit und bestehender Datenschutzmöglichkeiten (z. B. Verschlüsselungstechnologien) sensibilisiert und in deren Anwendung unterstützt.

• Dedizierte Entwicklung und Kommunikation einer nationalen und in weiterer Folge staatengemeinschaftlichen Datenstrategie bzw. Datenschutzverordnung. • Lancierung einer Aufklärungskampagne zur Sensibilisierung der Bevölkerung zum Thema Datenschutz sowie Vermittlung und Förderung des Einsatzes von entsprechenden (Verschlüsselungs-)Technologien. • Entwicklung eines nationalen und staatengemeinschaftlichen Rechtsrahmens hinsichtlich Datenspeicherung, -übertragung und -nutzung. • Strategische Förderung von nationalen und euro­ päischen Infrastrukturanbietern.

Quelle: Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.3 Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze PROZESS - EBENE

Tabelle 1.3-4: Synergie-Cluster Intelligente Netze auf der Business-Ebene – Fachkräfte/Ausbildung

Fachkräfte/Ausbildung Synergie-Cluster: Integrierte Fachkräftepolitik und -fortbildung Beschreibung Synergie-Cluster Eine Infrastruktur der Intelligenten Netze erfordert das Vorhandensein entsprechender Fachkompetenzen in einer Volkswirtschaft. Unternehmen und Staat fördern den Auf- und Ausbau entsprechender horizontaler und vertikaler Kompetenzen beispielsweise im Bereich F&E oder in der Zusammenführung von Hardware-, Software- und TK-Lösungen durch branchenübergreifende Weiterbildungskooperationen bzw. durch eine langfristige Fachkräftepolitik, die zum Ziel hat, der erwarteten langfristigen und durch den demografischen Wandel verstärkten Nachfrage nach Fachkräften ein entsprechend qualifiziertes Angebot gegenüberzustellen. Diese Zielsetzungen unterstützend, ermöglichen Intelligente Bildungsnetze die Kooperation von Ausbildung und Weiterbildung und die Vernetzung von Schulen mit Hochschulen und Wirtschaft.

Maßnahmenempfehlungen • Entwicklung einer langfristigen Fachkräftepolitik und Maßnahmenplanung, die sicherstellt, dass ausreichend qualifizierte Fachkräfte für den Aufbau von Intelligenten Netzen zur Verfügung stehen. • Koordinierte Entwicklung und Bereitstellung von einschlägigen Ausbildungsprogrammen. • Schaffung einer einheitlichen hard- und softwaretechnischen Plattform für Intelligente Bildungsnetze.

Quelle: Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

klären, wie ein europäischer Datenrechtsraum so umgesetzt werden kann, dass er tatsächlich die Persönlichkeitsrechte und Daten des Einzelnen schützen kann. Auch sinnvolle technische Lösungen wie die Schaffung einer europäischen Dateninfrastruktur können niemals vollständige Sicherheit bieten. Daher kommt gerade der Aufklärung breiter Bevölkerungsschichten zentrale Bedeutung zu, um das nötige Datenschutzbewusstsein zu schaffen, über die technologischen Möglichkeiten des Schutzes zu informieren und die Anwendung verfügbarer sowie die Entwicklung neuer Technologien zu fördern. Letztlich wird es eines hohen Maßes an politischem Willen und an Durchsetzungskraft bedürfen, um ausreichend und umfangreich Mittel für die nötigen Anschubfinanzierungen zu allokieren und eine weitere Entwicklung bzw. Öffnung des Arbeitsmarktes für benötigte Fachkräfte voranzutreiben.

1.3.4  P ROZESS - EBENE Steuerungsstrukturen als Schlüssel zum Erfolg

Herausforderungen Bei der Umsetzung der Vision eines übergreifend intelligent vernetzten Landes steht die Bundesrepublik Deutschland auch auf der Business-Ebene vor großen Herausforderungen. Zum einen gilt es, die Marktakteure künftig branchenübergreifend in einen organisierten und effizienten Dialog zu führen, wobei die organisatorische Ausgestaltung und die Zusammenarbeitsmodelle erst noch im Detail zu konzipieren und umzusetzen sind. Eine weitere übergreifende Herausforderung stellt die künftige rechtliche und ökonomische Rahmensetzung dar, die die richtige Balance zwischen Regulierung und Planungssicherheit auf der einen und Freiheitsgraden für die Marktakteure auf der anderen Seite sicherstellen muss. Darüber hinaus muss eine Abstimmung zwischen nationaler und staatengemeinschaftlicher Rahmensetzung stattfinden, die sich ebenfalls auf die Definition einheitlicher Standards zur Herstellung von Systeminteroperabilität erstreckt. Gerade aktuelle Entwicklungen zeigen, dass eine der Hauptherausforderungen die Sicherstellung eines umfassenden Datenschutzes für Anbieter und Verbraucher sein wird. Hier bleibt zu

Bislang existierende Anwendungsbeispiele im Bereich Intelligenter Netze bewegen sich in der Regel innerhalb der Silos einzelner Industrien. Dabei liegt ein wesentlicher Mehrwert in der Nutzung von Infrastrukturen und Diensten über Branchengrenzen hinweg. Erst mit einer gemeinsamen Umsetzung entsprechender Anwendungen kann künftig das volle Potenzial Intelligenter Netze ausgeschöpft werden. Bei dieser branchenübergreifenden Verknüpfung von Infrastrukturen und Diensten kommt der Prozess-Ebene eine wesentliche Rolle zu. Diese umfasst die gezielte Gestaltung flankierender Planungs- und Steuerungsprozesse, die gemeinsam einen geeigneten Rahmen zum Aufbau und Betrieb Intelligenter Netze festlegen. Die Prozess-Ebene muss eine industrie- und zielgruppenübergreifende, organisatorische Klammer schaffen, Zusammenarbeit unter den einzelnen Branchen und konkurrierenden Wettbewerbern ermöglichen, den Aufbau gemeinsamer Infrastrukturen fördern und entsprechende Rollout-Maßnahmen beschleunigen und optimieren. Um einen funktionierenden Aktionsrahmen zur Gestaltung leistungsfähiger Prozess-Strukturen zu definieren, ist eine Betrachtung der unterschiedlichen Zielbilder und Zielbildbausteine innerhalb

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.3 Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze PROZESS - EBENE

Industrieübergreifend

Anforderungen an Prozess-Ebene

Gremien

Infrastrukturaufbaufördernd

Steuerungsstrukturen

Zusammenarbeitermöglichend

• Der internationalen Rahmensetzung wird durch adäquate Maßnahmen zur unmittelbaren Berücksichtigung internationaler Normen und EU-Richtlinien Rechnung getragen. Dadurch wird die Interoperabilität und Anschlussfähigkeit Intelligenter Netze auf europäischer Ebene gestärkt.

Internationale Rahmensetzung

Rolloutbeschleunigend und qualitätsoptimierend

Schnittstellen. Sie begleiten sowohl den Aufbau als auch den anschließenden Betrieb gemeinsamer Anwendungsszenarien. Durch die Vielzahl beteiligter Akteure mit häufig heterogenen Interessen sind abgestimmte Steuerungsinstrumente für den Ausbau und Betrieb Intelligenter Netze absolut erfolgskritisch. Auch um der zunehmenden Marktdynamik Rechnung zu tragen, müssen Planungs- und Steuerungsprozesse eindeutig definiert werden.

Synergie-Cluster

Abbildung 1.3-2: Prozess-Ebene: Anforderungen und Synergie-Cluster Quelle: Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

der einzelnen Anwendungsfelder sinnvoll. Legt man diese übereinander, so zeigen sich neben einer Vielzahl nicht-syner­getischer Aspekte unterschiedliche Überschneidungen. Diese bilden auf der Prozess-Ebene drei Synergie-Cluster, welche für den Aufbau leistungsfähiger Prozess-Strukturen im Zusammenhang mit Intelligenten Netzen unverzichtbar sind: • Gemeinsame Gremien formen einen leistungsfähigen, offenen Kommunikations- und Steuerungsrahmen. Sie definieren übergreifende Plattformen, beispielsweise zur Erarbeitung von Blaupausen für den Aufbau Intelligenter Netze. Gemeinsame Gremien berücksichtigen die unterschiedlichen Industrien und Anwendungsfelder und beziehen alle relevanten Stakeholder mit ein. • Steuerungsstrukturen sichern die Harmonisierung von unternehmens- und rollenübergreifenden Abläufen. Transparente Prozesse ermöglichen die Orchestrierung gemeinsamer Leitlinien, Normen und Mindeststandards und definieren gemeinsame

Die Formulierung entsprechender Synergie-Cluster und geeigneter Maßnahmenempfehlungen bildet ein hilfreiches Gerüst bei der Entwicklung und Implementierung tragfähiger Strukturen für den branchenübergreifenden Aufbau und Rollout Intelligenter Netze. Die folgende Tabelle 1.2-5 illustriert die Anforderungen und Synergie-Cluster der Prozess-Ebene.

Herausforderungen Bei den Synergie-Clustern und Maßnahmenempfehlungen auf der Prozess-Ebene steht das Bestreben im Mittelpunkt, durch geeignete Steuerungsschritte alle beteiligten Akteure branchenübergreifend in einen organisierten Dialog zu bringen. Wesentlich ist dabei die Forderung nach Schaffung eines übergreifenden Gremiums, das Diskussionen stimuliert und gemeinsame Entscheidungen ermöglicht. Denn auch für die Umsetzung der beiden anderen SynergieCluster ist das unmittelbare Etablieren eines koordinierenden Gremiums eine wichtige Voraussetzung. Steuerungsstrukturen sowie eine internationale Rahmensetzung erfordern zunächst ein Forum, auf dem Akteure sich auf die grundlegenden Maßnahmen verständigen können. Ein übergreifendes Gremium ist also gleichzeitig ein Enabler für die beiden anderen Synergie-Cluster auf der Prozess-Ebene.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.3 Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze PROZESS - EBENE

Tabelle 1.3-5: Übersicht Synergie-Cluster der Prozess-Ebene und geeignete Maßnahmenempfehlungen Synergie-Cluster: Übergreifende Gremien Beschreibung Synergie-Cluster

Maßnahmenempfehlungen

Ein orchestrierter Austausch innerhalb anerkannter, übergreifender Foren ist die wesentliche Grundlage für die Nutzung zusätzlicher Synergien und Skaleneffekte im Bereich Intelligenter Netze. Daher ist die Etablierung einer zentralen Plattform als Instrument der Steuerung industrieübergreifender Aktivitäten unerlässlich. Diese bildet den Prozess- und Organisationsrahmen für gemeinsame Initiativen und übernimmt eine moderierende Funktion zum Ausgleich der Interessen unterschiedlicher Stakeholder und Zielgruppen. Über klar definierte Prozesse werden die Einbeziehung aller relevanten Marktteilnehmer sichergestellt und gesellschaftliche und wissenschaftliche Diskurse zu übergreifenden Themenfeldern gesteuert, die einen Wissenstransfer sowie Best-Practice-Sharing über Branchen­grenzen hinweg ermöglichen.

• Etablierung eines federführenden Gremiums zur kontinuierlichen, interdisziplinären und intersektoralen Zusammenarbeit sowie zur Definition branchenübergreifender Anforderungen. Stärkung der branchen-/ domänenorientierten Kooperation beim an-stehenden Auf- und Ausbau digitaler Infrastrukturen. • Orientierung an internationalen Einrichtungen wie dem TeleManagement Forum. Dieses definiert Prozessframeworks und Anwendungsschnittstellen und unterstützt so das Managen und den Betrieb übergreifender Geschäfts­prozesse. • Stärkung der Rolle des IT-Planungsrates bei der Koordinierung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Informationstechnologie.

Synergie-Cluster: Steuerungsstrukturen Beschreibung Synergie-Cluster

Maßnahmenempfehlungen

Der Aufbau und der Betrieb übergreifender Anwendungen und Infrastrukturen erfordern geeignete Arbeits-, Entscheidungs- und Steuerungsstrukturen. Mittels koordinierter Prozesse kann die Schaffung gemeinsamer Grundlagen gezielt gesteuert werden, beispielsweise bei der Sicherstellung von Interoperabilität, der Definition geeigneter Schnittstellen und Qualitätsvorgaben, der Schaffung gemeinsamer Leitlinien bei Datenschutz und Datensicherheit oder der Festlegung eines gesetzlichen Rahmens für einen gezielten Datenzugang. Erst klar definierte Prozessschritte gewährleisten die Einbeziehung aller relevanten Akteure, steuern die Festlegung geeigneter Leitplanken bei der Planung und Umsetzung übergreifender Maßnahmen und unterstützen die Etablierung verbindlicher rechtlicher Regelungen.

• Definition verbindlicher Entscheidungs­prozesse zugunsten des Gemeinwohls bei heterogenen Interessen einzelner Akteure. • Festlegung von Leitlinien zur Förderung föderaler IT-Kooperationen. • Einbeziehung neutraler Fachexperten und Berater bei der Gestaltung geeigneter Prozessmaßnahmen. • Einrichtung von Erprobungsräumen, in denen Strukturen und Prozesse zunächst in einem etwas kleineren Maßstab entwickelt und erprobt werden könnten, bevor diese in ganz Deutschland etabliert und ausgerollt werden.

Synergie-Cluster: Internationale Rahmensetzung Beschreibung Synergie-Cluster

Maßnahmenempfehlungen

Bei der Gestaltung einer branchenübergreifenden Rahmensetzung ist die unmittelbare Einbettung in den globalen Kontext essenziell. Klar definierte Richtlinien und Gremien können die Harmonisierung mit interna­ tionalen Normen regeln und koordinieren. Insbesondere relevante EU-Bestimmungen müssen bei der Festlegung übergreifender Maßnahmen sofort als Teil des Defini­ tionsprozesses berücksichtigt werden. Damit ist sichergestellt, dass im Bereich Intelligenter Netze keine nationalen Insellösungen entstehen und eine maximale Interoperabilität mit entsprechenden ausländischen Diensten und Infrastrukturen durch eine abgestimmte Gesamtarchitektur gewährleistet ist.

• Einbeziehung von Vertretern relevanter internationaler Gremien, beispielsweise bei der Gestaltung geeigneter Maßnahmen im Bereich von Datenschutz und Datensicherheit. • Einrichtung dedizierter Stellen zur Koordination notwendiger Rahmensetzungen im europäischen Kontext:

Quelle: Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Fazit: Vier wesentliche Anforderungen an die Prozess-Ebene Die Analyse der identifizierten Synergie-Cluster und der zugehörigen Maßnahmenempfehlungen verdeutlicht vier derzeit wesentliche Anforderungen an die Prozess-Ebene: 1. Nationale Interaktionsplattform Wesentlich für das optimale Zusammenwirken der verschiedenen Akteure aus unterschiedlichen Branchen ist die unmittelbare Schaffung eines verantwortlichen, übergreifenden Gremiums. Die Etablierung dieser Interaktionsplattform kann erfolgen durch die Neuausrichtung eines bestehenden Forums (z. B. IT-Gipfel, Münchner Kreis, Acatech), die Schaffung eines neuen Gremiums oder die Kooperation mit einer internationalen Einrichtung (z. B. TeleManagement Forum). 2. Klare Entscheidungskriterien Die heterogenen Anforderungen der unterschiedlichen Akteure erfordern ein eindeutiges Regelwerk. Eine Kommission aus Vertretern aller Stakeholder und ausgewählter Zielgruppen muss vorab verbindliche Steuerungsstrukturen definieren, die notwendige Leitplanken setzen und klare Entscheidungskriterien bei branchenübergreifenden Maßnahmen sicherstellen. 3. Breiter Konsens Über Art und Funktionsweise des Regelwerks muss ein breiter Konsens unter den Akteuren geschaffen werden. Insbesondere bei der Definition der Planungs- und Steuerungsprozesse ist die umfassende Einbeziehung aller Stakeholder für eine funktionale Gesamtarchitektur unverzichtbar. Relevante Vertreter aus Verbänden, Forschung und Industrie müssen insbesondere bei grundlegenden Weichenstellungen beteiligt werden. 4. Internationale Schnittstellen Die Schaffung von Schnittstellen zur EU-Ebene bzw. internatio­ nalen Standardisierungsorganisationen sichert die Zukunftsfestigkeit Intelligenter Netze. Ausländische Organisationen müssen mittels definierter Prozessschritte einbezogen werden, um natio­nale Silos zu verhindern.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.3.5  T ECHNISCHE EBENE Synergetische Nutzung vorhandener Basistechnologien – Grundlage für innovative Anwendungen Intelligente Netze sind durch ihre Anwendungsnähe mehr als bloße Technik. Aber im Kern ist es immer die innovative Technik, die den maßgeblichen Enabler Intelligenter Netze ausmacht. Die technische Ebene umfasst die erforderlichen Technologien zur Realisierung Intelligenter Netze. Dies sind vertikale branchenspezifische Plattformen, Datenhaltungs- und Rechenleistung, Endgeräte, Konnektivität sowie Kommunikations- und Netzwerktechnologien. Wie bereits im AG2-Jahrbuch 2012/2013 dargestellt, ist die Intelligenz eines Intelligenten Netzes nicht in Einzelkomponenten verortet, sondern ergibt sich aus deren Vernetzung. Jede einzelne Komponente trägt zur Intelligenz bei, indem sie bestimmte Teil­ aspekte einer Gesamtaufgabe erfasst, abstrahiert, beurteilt und darüber hinaus – im Falle vernetzter Sensoren bzw. Aktuatoren – auch direkt mit der Umgebung in Interaktion treten kann. IT-Systeme bestehen zumeist aus mehreren Komponenten, wobei in Intelligenten Netzen diese oft an verschiedenen Orten vorzufinden sind. Die Vernetzung führt dazu, dass die einzelnen Leistungserbringer zusammenwirken können und die jeweiligen Teilaspekte von dem am besten dafür geeigneten Akteur geleistet werden. Dies kann hierarchisch zentral gesteuert oder dezentral in gewissen Grenzen autonom und autark, sozusagen eigenintelligent, erfolgen. Als grundlegende sektoren- und branchenübergreifende Gemeinsamkeit Intelligenter Netze ist zunächst das Vorhandensein einer flächendeckenden physischen Vernetzung zu sehen. Dies möglichst, jedoch nicht in jedem Anwendungsfall zwingend, über modernste, hochleistungsfähige Breitbandnetze. In den einzelnen Domänen gibt es darüber hinaus spezifische Anforderungen und Lösungen, die übergreifenden Synergieeffekten entgegenstehen. Beispielhaft seien hier genannt: • Im Gesundheitsbereich kommen zur technischen Unterstützung von Prozessen überwiegend technisch Systeme zum Einsatz, die eine hochspezialisierte Lösung für ein sehr begrenztes

1.3 Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze TECHNISCHE EBENE

Anwendungsgebiet zur Verfügung stellen. Gegenwärtige Systeme, die in der Domäne Gesundheit zum Einsatz kommen, werden speziell auf die technische, wissenschaftliche Lösung eines Problems und auf die Vereinfachung bzw. Verbesserung eines bestehenden Verfahrens hin entwickelt. Hierdurch werden einerseits technologisch hochwertige Systeme geschaffen, die jedoch andererseits als technologische Insellösung nur sehr schwer oder gar nicht mit weiteren Systemen integriert werden können. Die technische Interoperabilität der Systeme ist derzeit nur stark eingeschränkt möglich und es gilt für die Zukunft, das Potenzial aus den Synergien der Interoperabilität zu heben. • Im Bildungsbereich existiert ein Patchwork nicht kompatibler, institutionenspezifischer, thematischer bzw. fachwissenschaft­ licher Einzellösungen. Übergreifende Infrastrukturen für Lehren, Lernen, Prüfen und die Verwaltung sind bislang nicht verfügbar. Die Digitalisierung von Lehr-Lern-Angeboten ist abhängig von Fachdisziplinen, Fachgesellschaften und Bundesländern und findet nicht flächendeckend statt. Die standortspezifische Vernetzung und die Nutzung von Standardtechnologien zur Unterstützung administrativer und organisatorische Prozesse hingegen ist weit fortgeschritten. Unabhängig davon lassen sich zwei grundsätzliche Aussagen in der technischen Ebene postulieren: 1. Die Basistechnologien zur Unterstützung von Prozessen und Anwendungen für Intelligente Netze sind im Wesentli­ chen vorhanden. Eine abgestimmt, spezifizierte und synergetische Nutzung über konvergente Infrastrukturen beinhaltet hier das Potenzial für signifikante Kosteneinsparungen. 2. Die flächendeckende Verfügbarkeit von hochbreitbandigen Datenübertragungsdiensten ist eine Grundvoraussetzung für die Entstehung und Entwicklung von Intelligenten Net­ zen (vor allem für Anwendungen im Gesundheitsbereich und im Verkehr).

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Wesentliche sektoren- und branchenübergreifende Aspekte auf der Technischen Ebene sind damit: • Verfügbarkeit der physischen Vernetzung Die Verfügbarkeit von Breitbandverbindungen im Mobil- und Festnetz ist einer der wichtigen Enabler-Faktoren für Intelligente Netze. Neben der generellen Verfügbarkeit erfordert die Einhaltung von definierten Qualitätsparametern (Echtzeitfähigkeit, Zuverlässigkeit) neue Konzepte für den Breitbandnetzbetrieb: Aufgrund der zunehmenden Heterogenität der Netze ist einerseits ein hohes Maß an dezentraler Selbstorganisation sinnvoll wie andererseits eine zentralisierte Überwachung der Ende-zu-Ende-Qualität zu gewährleisten ist. • Dezentrale Datenverarbeitung Aufgrund der stetig wachsenden und zu bearbeitenden Datenmengen ist eine Entwicklung hin zu einer dezentralen und mitein­ander vernetzten Datenverarbeitung unumgänglich. Dies auch, um damit die Skalierungsproblematik bei großen Datenmengen zu bewältigen. • Standardisierung und Normung Damit technische Systeme miteinander interagieren können, ist die Standardisierung und Normung von einheitlichen Datenstrukturen und Datenmodellen, die als gemeinsame technische Sprache zwischen den Systemen dient, zwingend erforderlich. • Sicherheit der IKT-Infrastrukturen Hierzu ist festzustellen, dass die entsprechenden algorithmischen Verfahren an sich nach heutigem Kenntnisstand als weitgehend sicher anzusehen sind. Sicherheitslücken haben ihre Ursache vielmals in einer unzureichenden Implementierung der Algorithmen, der unzureichenden Organisation sicherheitsrelevanter Prozessabläufe oder es wird, da der Aufbau und Betrieb von Sicherheitsarchitekturen und -systemen in der Regel mit einer erhöhten Komplexität einhergeht, aus Gründen des Komforts auf diese verzichtet. Hier müssen zukünftig sowohl sichere, als auch einfach und für den Anwender komfortabel zu nutzende Lösungen gefunden werden.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

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1.4 1.1

Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze . ........................................... 23

1.2

Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland....................... 35

1.3

Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze.................................. 41

1.4 Intelligente Energienetze................................................................... 69 1.4.1 Zielbild Intelligente Energienetze 2020....................................................... 69 1.4.1.1 Gesellschaftliche Ebene............................................................................ 76 1.4.1.2  Rechtliche/regulatorische Ebene............................................................... 82 1.4.1.3 Business-Ebene......................................................................................... 90 1.4.1.4 Prozess-Ebene.......................................................................................... 98 1.4.1.5 Technische Ebene..................................................................................... 102 1.4.2 Übersicht Aktionsplan Intelligente Energienetze 2020................................ 115 1.4.3 Analyse Best-Practice-Projekte im Kontext Intelligenter Energienetze........ 119 1.4.3.1 Fazit . ....................................................................................................... 129 1.5

Intelligente Gesundheitsnetze.................................................................... 131

1.6

Intelligente Verkehrsnetze......................................................................... 159

1.7

Intelligente Bildungsnetze.......................................................................... 185

1.8

Intelligente Verwaltungsnetze.................................................................... 205

1.9

Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze.................................................... 231

1.10

Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze ................................. 237

Intelligente Energienetze

1.4.1

Zielbild Intelligente Energienetze 2020

Kaum ein infrastrukturelles Thema wird aktuell in der öffentlichen Wahrnehmung derart intensiv diskutiert wie der erforderliche Umbau der Energienetze hin zu Intelligenten Netzen (Smart Grids). Die Energiewende ist eine der großen Herausforderungen Deutschlands. Der dazu notwendige Umbau der Energieversorgungsinfrastruktur erfordert den Einsatz innovativer IKT-Lösungen. Durch den massiven Zubau erneuerbarer Energien ändern sich die Anforderungen an die Stromnetze grundlegend. Die zunehmende Volatilität und Dezentralität der Energieerzeugung erhöht die Komplexität und erfordert eine höhere Flexibilität der Netze sowie eine angepasste Steuerungslogik. Der verstärkte Einsatz von IKT wird sowohl beim Aufbau als auch für den Erfolg von Smart Grids, in denen der Strombedarf aller Verbraucher intelligent abgeschätzt und auf dieser Basis die Erzeugung und Bereitstellung des Stroms dynamisch angepasst wird, eine entscheidende Rolle spielen. Denn IKT ermöglicht nicht zuletzt flexible Geschäftsmodelle und dynamische Angebote, die zu Änderungen im Verhalten der Verbraucher führen werden.

Durch den massiven Zu­ bau erneuerbarer Energien ändern sich die Anfor­ derungen an die Strom­ netze grundlegend.


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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Orientierung für die Ausrichtung der weiteren erforder­ lichen Aktivitäten

Aufbauend auf ihren Empfehlungen zur Umsetzung Intelligenter Energienetze in Deutschland zum 7. IT-Gipfel in Essen hat die Projektgruppe Intelligente Energienetze der AG2 im Jahr 2013 an der Formulierung eines gesamtheitlichen, detaillierten Zielbildes 2020 und eines entsprechenden Meilensteinplanes gearbeitet. Dies ist ein entscheidender Schritt hin zu einer gemeinsam verstandenen Perspektive und gibt eine klare Orientierung für die Ausrichtung der weiteren erforderlichen Aktivitäten auf politischer und marktlicher Ebene. Wichtig sind insbesondere mit Blick auf eine Öffnung, Weiterentwicklung und Erweiterung des bestehenden Marktes klare Rahmenbedingungen, Rollendefinitionen und deren zügige Umsetzung unter volkswirtschaftlich optimalen Gesichtspunkten. Die Bewältigung einer Einführung Intelligenter Energienetze erfordert ein kohärentes Vorgehen bei technischen Spezifikationen, der Beschreibung von Marktmodellen, -rollen und -prozessen, den Anreizen für Investitionen in Intelligente Netze, der Aus- und Weiterbildung und den Maßnahmen zur Schaffung gesellschaftlicher Akzeptanz. Zur besseren Strukturierung der Einzelaspekte werden im weiteren Verlauf im Sinne des Strategie-Referenzmodells der AG2 für Intelligente Netze fünf strategisch relevante Ebenen unterschieden. Dies sind: 1. Gesellschaftliche Ebene, 2. Rechtliche/regulatorische Ebene, 3. Business-Ebene, 4. Prozess-Ebene, 5. Technische Ebene.

Der Erfolg ist davon abhängig, dass ein abgestimmtes Vorge­ hen über verschiede­ ne Ebenen gelingt.

Jede dieser Ebenen ist eng mit den übrigen verzahnt. Der Erfolg der Anstrengungen der kommenden Jahre ist davon abhängig, wie die Abstimmung der Entwicklung auf den verschiedenen Ebenen gelingt. Die Zielvorgaben müssen deshalb harmonisiert, Widersprüche beseitigt werden. Die Zielbilder sind dabei ehrgeizig formuliert, haben aber hohe Realisierungschancen, wenn sie konzentriert und kontrolliert angegangen werden.

1.4 Intelligente Energienetze

Das unterjährige Vorgehen der Projektgruppe zur Erarbeitung des Zielbildes 2020 und der einzelnen Zielbildbausteine gliederte sich in sechs Schritte. Diese wurden in sechs gemeinsamen Workshops sowie mit regelmäßigen telefonischen Abstimmungen absolviert. 1. Schritt: Trendauswahl Im ersten Schritt erfolgte eine Auswahl der zur weiteren Bearbeitung sinnvollen Trends mit Wirkung auf das Thema Intelligente Energienetze. Auswahlkriterien waren: Relevanz, Eignung als Input für ein Zielbild und Eignung für die Best-Practice-Projektanalyse. Trends beschreiben aktuelle Entwicklungspfade in die Zukunft. Sie berühren eine oder mehrere Ebenen der definierten Strategie-Ebenen und können daher hilfreiche Impulse zur Gestaltung des Zielbildes liefern. Trends sind selbst jedoch noch keine Zielbilder, da sie nicht von einem erstrebenswerten Zustand der Zukunft ausgehen. Sie sind vielmehr Ausgangspunkt der weiteren inhaltlichen Arbeit. Die Menge der diskutierten Trends wurde auf diejenigen Themen begrenzt, die für die weitere Zielbilderarbeitung weiter­ verfolgt werden sollten. Die Zuordnung zu den Strategie-Ebenen ging einher mit einer eindeutigen Untergruppenverantwortlichkeit und damit der Verantwortlichkeit einzelner Personen der Projekt­gruppe. 2. Schritt: Fokussieren Im zweiten Schritt bestand die Aufgabe darin, aus Trends Zielbildbausteine zu formulieren, ein gemeinsames Verständnis für die Themen herzustellen und die Arbeitsergebnisse zu dokumentieren. Zugeordnete Themen sollten, fokussiert auf die Zielbildverwendung, erklärt werden. Die Themen wurden überprüft und ggf. aus der weiteren Bearbeitung herausgenommen oder zuvor nicht berücksichtigte, aber relevante Themen wurden hinzufügt. Die Bezeichnungen der Trends wurden in diesem Schritt so umformuliert und mit einer Kurzbeschreibung versehen, dass diese als Bausteine eines späteren Zielbilds Intelligenter Energienetze genutzt werden können. Zudem wurde eine Begründung hinzugefügt, warum ein Thema Zielbildrelevanz besitzt. Im Ergebnis dieses Schrittes lag ein erstes Set an Zielbildbausteinen vor. Jeder Baustein war verständlich erklärt, ein gemein­sames Verständnis der Inhalte war vorhanden.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

3. Schritt: Detaillieren und Reflektieren Im dritten Schritt wurde zu jedem Thema ein Dossier erstellt. Das Dossier enthält Material (Referenzen, Stichworte, Textbausteine, Links, weitere Dokumente, Anlagen, …) für die im vierten Schritt folgende Zielbildformulierung. Das Dossier soll Zusammenhänge und Bedeutungen des Themas nachvollziehbar erklären und wird als ein fachlich detailliertes Ergebnis der Gruppe veröffentlicht. Auch in diesem Schritt wurden Themen aussortiert und konsolidiert. Es erfolgte zudem ein Abgleich mit den Aus­sagen des Strategiepapiers des Vorjahres und es wurden Ideen für Handlungsempfehlungen hinzugefügt. Ergebnis ist eine Sammlung von Material als Basis für die Zielbildformulierung im vierten Schritt. 4. Schritt: Zielbildformulierung Im vierten Schritt wurden die Vorschläge der Dossiers für einzelne Zielbildbausteine der fünf strategischen Ebenen herausgelöst und kommunikativ so überarbeitet, dass sie sich in ein kohärentes Zielbildmodell einfügen. 5. Schritt: Maßnahmenempfehlungen Im fünften Schritt wurden zu jeder Ebene und jedem Zielbild Maßnahmen- und Handlungsempfehlungen erarbeitet, die auf einem Zeitstrahl bis zum Jahr 2020 verortet wurden. Da­rüber hinaus wurde damit begonnen, für jede Maßnahme einen Steckbrief zu erarbeiten, der die einzelne Maßnahme verständlich beschreibt sowie Rahmenbedingungen, Abhängigkeiten und Verantwortlichkeiten auflistet. Diese Maßnahmensteckbriefe werden 2014 abgeschlossen und ebenfalls veröffentlicht. 6. Schritt: Zielbild und Aktionsplan 2020 Im abschließenden sechsten Schritt wurden die Ergebnisse der zuvor nach einzelnen Ebenen erarbeiten Zielbilder und Maßnahmenempfehlungen zu zwei Gesamtübersichten konsolidiert. Ergebnis: das Zielbild und der Aktionsplan 2020.

1.4 Intelligente Energienetze

Es sei darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um einen stark itera­tiven Prozess handelt, in dem jederzeit Inhalte angepasst und verändert wurden, wenn sich aus aktuellen Gründen die Notwendigkeit ergab. Dies führte dazu, dass Zielbildbausteine auch im fünften und sechsten Schritt noch überarbeitet und zum Teil neu formuliert wurden. Aufgrund des fortgeschrittenen Prozesses und knapper Personalressourcen existieren daher zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Jahrbuchs nicht für alle Zielbder ein Dos­ sier. Angestrebt wird jedoch, diese nachfolgend zu erstellen und zu veröffentlichen.

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1.4 Intelligente Energienetze

Zielbild Intelligente Energienetze 2020 R E CH T L I CH E / R E G U L A T O R I S CH E E bene

G ese l l s c h aft l i c h e E bene

Angepasste Rahmenbedingungen schaffen Sicherheit und Perspektive

Teilhabe und Dialog für einen gesellschaftlichen Konsens

2020 sind die Rahmenbedingungen für Marktrollen und Kommunikationsplattformen angepasst worden und funktionieren als Basis für das umgebaute Energiesystem. Der Umgang mit den in vielen Bereichen neu anfallenden Daten sowie Verantwortlichkeiten und Kompetenzen ist in Form von Gesetzen, Verordnungen und Regulierung geregelt. Investitionssicherheit für die Marktrollen ist durch den Rechtsrahmen geschaffen. Wesentliche Zielbildbausteine sind:

2020 sind die gesellschaftlichen Herausforderungen durch den Umbau der Energieversorgung bewältigt. Die Bürgerinnen und Bürger verstehen sich als eigenständig agierender Teil des Energienetzes und sind an relevanten Entscheidungen beteiligt. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Partizipation fördern

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Energieautarkie gesellschaftsverträglich machen

Optimierter Energienetzausbau unter effizienter Einbindung von IKT erhöht die gesellschaftliche Akzeptanz

Fachkräftebedarf decken

Energie

Ordnungsrahmen für Marktrollen schaffen

Rahmenbedingungen für Plattformen festlegen

Datenschutz und -sicherheit gewährleisten

Intelligenz im Energienetz ist Grundlage   der Energiewende.

Optimales Anreizsystem für Investitionen in IKT setzen

B U S I N E S S - E bene

Neue Marktteilnehmer fördern die Marktdynamik 2020 hat eine neue Marktarchitektur zum Eintritt neuer Akteure, intensiveren Austauschbeziehungen und innova­ tiven Geschäftsmodellen für netz- und endkundenorientierte Dienste geführt. Wesentliche Herausforderungen des umgebauten Energiesystems, z. B. Netzstabilität, werden effizient und zuverlässig über Marktmechanismen gelöst. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Neue Geschäftsmodelle ermöglichen Erhöhte Marktdynamik schaffen

T e c h nis c h e E bene

Sichere IKT ermöglicht das Zusammenspiel im neuen komplexen Energiesystem Die Zunahme von dezentraler Energieerzeugung und von Marktaktivitäten führt zu einer erheblich höheren Komplexität der Energieversorgung. IKT ermöglicht 2020 den problemlosen Datenaustausch und das Zusammenspiel unterschiedlichster Akteure unter Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Branchenübergreifende IKT-Standards einführen Rollenmodell zur IKT-Nutzung abbilden

Effizienten Datenaustausch gewährleisten

Dezentralisierung der Energienetzführung mittels IKT unterstützen Versorgungszuverlässigkeit wahren

Neue Akteure und Rollen etablieren International integrierte Geschäftsmodelle statt Insellösungen anstreben

P R O Z E S S - E bene

Effizienz durch Harmonisierung marktrollen-übergreifender Abläufe Neue Geschäftsmodelle und Rollen benötigen entsprechende Prozesse und Lösungen. Ein Großteil von neuen Marktaktivitäten spielt sich dabei auf lokaler und regionaler Ebene im Verteilnetz ab. Die dazu erforderlichen Informationen werden 2020 für die einzelnen Marktrollen diskriminierungsfrei zugänglich gemacht sein. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Prozess-Framework für Smart Grid und Smart Market etablieren

Koordinierte nationale und internationale Aktivitäten durchführen

Effiziente Prozesse gewährleisten Netzstabilität und Interaktion Akteursübergreifende Systeme für Daten-Management und -Verarbeitung

Abbildung 1.4-1: Zielbild Intelligente Energienetze 2020 – Übersicht Quelle: Projektgruppe Intelligente Energienetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013


1.4 Intelligente Energienetze

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Zielbildbausteine

GESELLSCHAF TLICHE EBENE

Intelligente Energienetze 2020

1.4.1.1

Energie

G ESELL SC HAF TLIC HE EB ENE Teilhabe und Dialog für einen gesellschaftlichen Konsens 2020 sind die gesellschaftlichen Herausforderungen durch den Umbau der Energie­ versorgung bewältigt. Die Bürgerinnen und Bürger verstehen sich als eigenständig agierenden Teil des Energienetzes und sind an relevanten Entscheidungen beteiligt. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind:

Optimierter Energienetzausbau unter effizienter Einbindung von IKT erhöht die gesellschaftliche Akzeptanz

Partizipation fördern

Im Jahr 2020 beteiligen sich Bürgerinnen und Bürger an unterschiedlichen Aspekten des sich weiterhin im Wandel befindlichen Energiesystems. Darüber hinaus trägt auch eine einfache Marktteilnahme von Kleinerzeugern und -verbrauchern zu einer Teilhabe bei.

Partizipation ist ein wesentlicher Baustein zu einer allgemeinen Akzeptanz Intelligenter Energie­ netze. Ohne breiten Konsens ist ein Umbau des Energiesystems nicht oder nur eingeschränkt möglich.

Energieautarkie gesellschaftsverträglich machen

2020 ist ein völliges Abkoppeln einzelner Akteure vom zellularen System möglich, aber gesellschaftlich problematisch. Ein intelligenter Austausch und die dynamische Verschaltung der weitgehend autonomen Zellen führen eher zu einer gesteigerten Stabilität des Gesamtsystems.

Energie wird zunehmend dezentral erzeugt und vor Ort verbraucht. Das geht bis zu einer möglichen Autarkie von Regionen, was Einfluss auf die Stabilität des Gesamtsystems hat.

Abbildung 1.4-2: Zielbildbausteine Intelligente Energienetze – Gesellschaftliche Ebene Quelle: Projektgruppe Intelligente Energienetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist 2020 durch einen optimalen Mix aus Netzaus- und –umbau und dem Einsatz neuer Technologien sowie IKT erfolgt. Eine Steigerung der regionalen Wertschöpfung und Sicherung der Preisstabilität schafft die Akzeptanz für den Energienetzausbau in der Bevölkerung. Die Versorgungsaufgabe im Jahr 2020 ist definiert.

Erneuerbare Energien sollen zur Deckung des Hauptanteils der Energieversorgung ausgebaut werden. Hierzu ist ein Netzaus- und -umbau erforderlich, der oftmals auf lokale Widerstände stößt.

Fachkräftebedarf decken Im Jahr 2020 stehen Fachkräfte zur Realisierung Intelligenter Energienetze in ausreichendem Maße und mit entsprechender Qualifikation zur Verfügung. An Universitäten sind neue Studiengänge entstanden, die Unternehmen haben neue Ausbildungsberufe geschaffen und gemeinsame Ausbildungsoffensiven von Unternehmen und öffentlicher Hand haben das Interesse junger Menschen daran geweckt.

Die Realisierung Intelligenter Ener­ gienetze erfordert Fachkräfte mit neuen und übergreifenden Qualifika­ tionen. Zusatzqualifikationen für den IT-Bereich zum Thema „Energie“ und umgekehrt bilden die Grundlage, um Intelligente Energienetze zu planen, zu realisieren und zu betreiben.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Bisherige Endkunden speisen künftig ver­ mehrt selbst produ­ zierte Energie ein.

Der Umbau des Ener­ gieversorgungssystems hat auch gesellschaft­ liche Konsequenzen.

Die Menschen am Umbau des Energie­ versorgungssystems teilhaben lassen

1.4 Intelligente Energienetze GESELLSCHAF TLICHE EBENE

Partizipation fördern

Vertiefende Informationen und Referenzen

Der dezentrale Ausbau der regenerativen Energieerzeugung und die Einführung Intelligenter Netze haben sowohl objektiv mess­bare als auch subjektiv empfundene Auswirkungen auf das Lebensumfeld jedes Bürgers (Energiepreise, Smart Meter, Datenschutz, Wind­räder, Trassen, Speicher, usw.). Bisherige Endkunden speisen künftig vermehrt selbst produzierte Energie ein. Aus einstigen Konsumenten werden so genannte „Prosumer“. Aber auch die Stromabnahme wird durch eine intelligente Gerätesteuerung (z. B. Kühlgeräte, Waschmaschinen, Aufladen von Elektroautos, elektrische Wärme- und Kälteanwendungen) aktiver ausgestaltet sein und sowohl vom Endkunden als auch durch IKT automatisch aktiv gesteuert werden können. Gleichzeitig werden aufgrund des weiteren Zubaus erneuerbarer Energien neue Trassen benötigt. Der Umbau des Energieversorgungssystems bedeutet nicht allein eine technische Herausforderung, sondern hat auch gesellschaftliche Konsequenzen. Insbesondere das Empfinden, in wichtige Entscheidungsprozesse nicht eingebunden zu sein, kann in der Bevölkerung Widerstände hervorrufen. Schon heute werden bestehende Beteiligungsformen wie Planfeststellungs- und Planungsverfahren von vielen Bürgern (wie auch von Experten) als unzureichend angesehen. Generell genießt Bürgerteilhabe einen wachsenden gesellschaftspolitischen Stellenwert in Deutschland. Um Verzögerungen beim Ausbau des Energienetzes vorzubeugen und Effizienzverluste zu vermeiden, ist es daher erforderlich, die Bevölkerung frühzeitig über die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Energiewende zu informieren und die Menschen am Umbau des Energieversorgungssystems teilhaben zu lassen. Neben einer verstärkten Partizipation an politischen Entscheidungsprozessen scheint auch die finanzielle Beteiligung von Individuen geeignet, die Akzeptanz lokaler und nationaler Energievorhaben zu stärken. 40 % der Leistung aus erneuerbaren Energien befinden sich in privatem Besitz bzw. wurden von Bürgern direkt finanziert. Rechnet man die landwirtschaftlichen Betriebe hinzu, sind es sogar über 50 %.

Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspek­ tiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „G-1 Partizipation fördern“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

Energieautorarkie gesellschaftsverträglich machen Die Energie der Zukunft wird aufgrund des Ausbaus erneuerbarer Quellen mehr und mehr dezentral und in kleineren Produktionsstätten entstehen. Während bislang wenige große Kraftwerke die gesamte Energie zentral produzierten, wird diese künftig zunehmend re­gional erzeugt. Vermehrt steigen auch Privatverbraucher, sogenannte „Prosumer“, in die Energiegewinnung vor Ort ein. Diese Entwicklung hat erhebliche Auswirkungen auf die Versorgungsstrukturen und die Energienetze. Das Energienetz ist so intelligent aufgebaut und die dezentralen Bereiche sind derart miteinander verknüpft, dass bei Versorgungsengpässen oder netztechnischen Problemen die gesamte Netz­ stabilität gewährleistet ist. Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspektiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „G-2 Energieautarkie gesellschaftsverträglich machen“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

Die Energie der Zukunft wird mehr und mehr dezentral und in kleineren Produk­tionsstätten entstehen.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Optimierter Energienetzausbau unter effizienter Einbindung von IKT erhöht die gesellschaftliche Akzeptanz Ziel ist eine klima­ freundliche, nach­ haltige und sichere Energieversorgung für Deutschland.

Die Netz­betreiber sind verpflichtet, erneuerbare Energie anzuschließen, vorrangig abzunehmen und zu vergüten.

Um die Qualität der Energieversorgung sicherstellen zu kön­ nen, ist eine Inter­ aktion notwendig.

Ziel der Bundesregierung ist eine klimafreundliche, nachhaltige und sichere Energieversorgung für Deutschland. Dazu sollen die erneuerbaren Energien zur Deckung des Hauptanteils der Energieversorgung ausgebaut und die Energieeffizienz erhöht werden. Hierbei spielen auch Fragen der Versorgungssicherheit und der Finan­zierbarkeit eine entscheidende Rolle. Folgende Ziele sind rechtlich verankert: Bis zum Jahr 2020 soll in Deutschland der Anteil der erneuerbaren Quellen am gesamten Stromverbrauch auf mindestens 35 % gesteigert werden. Spätestens im Jahr 2050 soll dieser Anteil mindestens 80 % betragen. Die Netz­betreiber sind bislang verpflichtet, die erneuerbare Energie an ihre Netze anzuschließen, vorrangig abzunehmen und zu vergüten. Die Versorgungsaufgabe der Verteil- und Übertragungsnetze wird sich damit grund­legend ändern. Ein Netz zur Versorgung von Kunden mit elektrischer Energie wird vor allem die Aufgabe haben, in Zeiten hoher dezentraler Einspeisung die Leistung aufzusammeln und zu den Lastkunden zu bringen. Eine eindeutige Flussrichtung von den höheren zu den niedrigeren Netzebenen wird nicht mehr erkennbar sein. Um die Qualität der Energieversorgung mit Blick auf eine hohe Verfügbarkeit, Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz sicherstellen zu können, ist sowohl eine Interaktion mit Last- und Einspeisekunden als auch zwischen den verschiedenen Spannungsebenen notwendig. Handlungsempfehlungen Die BNetzA ist aufgefordert, leistungssteigernde IKT-Innovationen bei der Erstellung der Netzentwicklungspläne zu berücksichtigen und den rechtlichen Rahmen für ihren Einsatz zu gewährleisten. Die Bundesregierung ist ferner aufgefordert, den Einsatz von IKTInnovationen zur effizienteren Stromübertragung mittels Forschungsförderung und regulatorischen Anreizen voranzutreiben.

1.4 Intelligente Energienetze GESELLSCHAF TLICHE EBENE

Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspekti­ ven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „G-3 Optimierter Energienetzausbau unter effizienter Einbindung von IKT erhöht die gesellschaftliche Akzeptanz“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

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1.4 Intelligente Energienetze

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Zielbildbausteine

RECHT TLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

Intelligente Energienetze 2020

1.4.1.2

R EC HTLIC HE/REG UL ATO RISC HE EB ENE

Energie

Angepasste Rahmenbedingungen schaffen Sicherheit und Perspektive 2020 sind die Rahmenbedingungen für Marktrollen und Kommunikationsplattformen angepasst worden und funktionieren als Basis für das umgebaute Energiesystem. Der Umgang mit den in vielen Bereichen neu anfallenden Daten sowie Verantwortlichkeiten und Kompetenzen ist in Form von Gesetzen, Verordnungen und Regulierung geregelt. Investitionssicherheit für die Marktrollen ist durch den Rechtsrahmen geschaffen. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind:

Ordnungsrahmen für Marktrollen schaffen Das Intelligente Energienetz im Jahr 2020 unterstützt die traditionellen Marktrollen in den ihnen politisch übertragenen Pflichten, insbesondere die Stromnetzbetreiber bei der Wahrung der Netzstabilität. Daneben ist das Stromnetz im Zusammenspiel mit dem Informationsnetz zu einem Marktplatz geworden, auf dem wettbewerbliche neue und alte Akteure verschiedenster Art ihre Energiedienstleistungen anbieten.

Vom Smart Grid profitieren heutige und künftige Akteure. Der rechtliche und regulatorische Ordnungsrahmen ist Grundlage jeglichen unternehme­ rischen Handelns im Markt.

Rahmenbedingungen für Plattformen festlegen

Die Akteure des Intelligenten Energienetzes kommunizieren 2020 auf einer Vielzahl von Kommunikationsplattformen miteinander. Ein diskriminierungsfreier Zugang zu notwendigen Informationen, um die vorgesehene Rolle zu erfüllen, ist gewährleistet. Verantwortlichkeiten zur Datenbereitstellung sowie Berechtigungen sind definiert.

Aufbau, Betrieb und Nutzung von Kommunikationsplattformen für Intelligente Energienetze erfordern einen verlässlichen rechtlichen und regulatorischen Rahmen. Über das zugrundeliegende Modell ist politisch zu entscheiden.

Abbildung 1.4-3: Zielbildbausteine Intelligente Energienetze – Rechtliche/regulatorische Ebene Quelle: Projektgruppe Intelligente Energienetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Datenschutz und -sicherheit gewährleisten Im Intelligenten Energienetz herrscht 2020 ein hohes technisches und rechtliches Datenschutzniveau. Die Bereitsteller der Daten (insbesondere Bürger) haben die Hoheit über ihre Daten und entscheiden informiert und qualifiziert über deren Verwendung. Im Jahr 2020 stehen Verteilnetzbetreibern die zur Wahrung der Netzstabilität notwendigen Daten zur Verfügung.

Durch die Einführung eines Intelligenten Energienetzes fallen zusätzliche bzw. neuartige Daten an. Der Schutz und die Sicherheit dieser Daten müssen stets gewährleistet sein.

Optimales Anreizsystem für Investitionen in IKT setzen Im Jahr 2020 hat die Regulierung deutscher Verteilnetze den effizienten Aufbau Intelligenter Energienetze gefördert. Dabei sind für den Einsatz von IKT-Schlüsseltechnologien durch die Verteilnetzbetreiber zielgerichtet Anreize gesetzt worden. Die besonderen Risiken und Kostenstrukturen dieser Technologien sind angemessen kompensiert.

Die Anreizregulierung der Stromund Gasverteilnetze in Deutschland belohnt heute überwiegend den Einsatz von Kapital. Sie ist ungeeignet, IKT-Investitionen ausreichend zu fördern.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Viele Veränderungen sind Resultat poli­ tischer Grundsatz­ entscheidungen.

In einem Intelligenten Energienetz sollen neue Akteure hinzukommen.

1.4 Intelligente Energienetze RECHTLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

Ordnungsrahmen für Marktrollen schaffen

Rahmenbedingungen für Plattformen festlegen

Das Elektrizitätssystem unterliegt einem rasanten Wandel, der sich bis zum Jahr 2020 noch beschleunigen wird. Viele dieser Wandlungen erfolgen nicht marktgetrieben, sondern sind Resultat politischer Grundsatzentscheidungen (Entflechtung, wettbewerbliche Öffnung, Integration Erneuerbare Energien, Verschiebung der Erzeugung von Süden nach Norden, Prosumer, etc.). Die technischen und betriebswirtschaftlichen Innovationen, die notwendig sind, um diese Phänomene wieder zu einem kohärenten Gesamtmarkt zusammenzufügen, sind noch nicht gefunden. Das Intelligente Energienetz sollte Grundlage für Innovationen sein und als lokales Nervensystem des zukünftigen Energiesystems die politisch gewollten Veränderungen des Strommarktes in Ausgleich bringen. Bedingung hierfür ist die Gleichberechtigung aller Akteure im Intelligenten Energienetz. Zugleich müssen diejenigen Marktrollen, denen politisch eine besondere Verantwortung zugewiesen ist, diese auch weiterhin wahrnehmen können. Auch im Jahr 2020 werden aus Gründen der Entflechtung und zur Wahrnehmung politisch übertragener Aufgaben die meisten der heute bekannten Marktrollen des Elektrizitätssektors bestehen. In einem Intelligenten Energienetz sollen neue Akteure, wie Aggregatoren, Prosumer und die Anbieter heute noch unbekannter Energiedienstleitungen hinzukommen. Das aus ihrem Markteintritt resultierende Innovationspotenzial muss realisiert werden können, während zugleich die traditionellen Marktteilnehmer weiterhin ihre besondere Verantwortung erfüllen sollen.

Der Erfolg von Kommunikationsplattformen und Datendrehscheiben im Intelligenten Energienetz steht und fällt mit dem entsprechenden Ordnungsrahmen. So müssen zwingend geeignete Regeln für die Gewinnung von Daten entwickelt werden. Es erscheint sinnvoll, diese nur einmal zu erheben und allen berechtigten Akteuren in adäquater Form zur weiteren Nutzung zugänglich zu machen. Da solche Daten potenziell werthaltige Informationen darstellen, ist ihre Verwendung sorgfältig zu regeln. Der Ordnungsrahmen muss so beschaffen sein, dass die Verteilnetzbetreiber die Vorteile der informationellen Vernetzung unter Ausbalancierung ökonomischer, technischer und datenschutzrechtlicher Interessen ausschöpfen können. So müssen die Rechtsgrundlagen insbesondere den Zugriff auf die für die Netzstabilität notwendigen Daten sicherstellen und neue Geschäftsmodelle (etwa für Aggregatoren) ermöglichen. Die lebhaften Diskussionen auf europäischer Ebene zur Ausgestaltung eines künftigen Ordnungsrahmens für das Intelligente Energienetz dauern an. Auch die Projektgruppe Intelligente Energienetze hat sich bisher nicht auf eines von drei diskutierten Modellen verständigen können.

Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspekti­ ven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „R-1/2 Ordnungsrahmen für Plattformen und Marktrollen schaffen“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspekti­ ven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 ebenfalls im Dossier „R-1/2 Ordnungsrahmen für Plattformen und Marktrollen schaffen“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

Der Erfolg von Kommu­ nikationsplattformen und Daten­drehscheiben steht und fällt mit dem entsprechenden Ordnungsrahmen.

Auch die Projektgrup­ pe Intelligente Energie­ netze hat sich bisher nicht auf eines von drei diskutierten Modellen verständigen können.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Datenschutz und -sicherheit gewährleisten

Bislang überwie­ gen die Befürch­ tungen hinsichtlich Datenschutzverlet­ zungen den Innova­ tionsoptimismus.

Um die informatio­ nelle Selbstbestim­ mung durchzusetzen, müssen Grundsätze beachtet werden.

Verbrauchs­daten von Elektrizität sind nach den all­ gemeinen Regeln des Daten­schutzes zu behandeln.

Verfolgt man die öffentliche Diskussion, steht und fällt der zukünftige Erfolg von Intelligenten Energienetzen und vor allem von Smart Metering mit dem sicheren Schutz der anfallenden Daten. Bislang überwiegen die Befürchtungen hinsichtlich Datenschutzverletzungen den Innovationsoptimismus. Obwohl das Intelligente Energienetz noch nicht existiert, werden bereits Bücher zu poten­ziellen Datenschutzproblemen publiziert. Die Datenschutzgesetzgebung soll das Recht auf informatio­ nelle Selbstbestimmung des Bürgers schützen. Kernziel ist, dass der Einzelne in der Ausübung seiner Grundrechte möglichst frei bleibt. Diese Freiheit wird laut Bundesverfassungsgericht eingeschränkt, sobald der Einzelne nicht mehr einschätzen kann, welche Informationen sein Gegenüber bereits über ihn zusammengetragen hat. Auch soll ein diffuses Gefühl der Beobachtung vermieden werden. Bürger sollen nicht von bestimmten Handlungen absehen, nur weil sie nicht einschätzen können, ob andere diese mit informa­ tionstechnischen Mitteln erfassen, aufzeichnen oder weitergeben. Um die informationelle Selbstbestimmung durchzusetzen, müssen bei der Speicherung, Verarbeitung und Übermittlung beliebiger personenbezogener Daten stets folgende wichtigste Grundsätze beachtet werden: • Zweckbindung, • Datensparsamkeit und Datenvermeidung, • Erforderlichkeit. Speicherung, Verarbeitung oder Übermittlung von personenbezogenen Daten bedürfen stets der expliziten informierten Einwilligung des Einzelnen. Personenbezogene Daten sind solche Daten, deren Bezug zu einer Person bestimmbar ist. Verbrauchsdaten von Elektrizität gehören hierzu und sind daher nach den allgemeinen Regeln des Datenschutzes zu behandeln. Für das Intelligente Energienetz bedeutet dies bei der Definition des richtigen Datenschutzniveaus erhebliche Herausforderungen. Denn hierbei sind komplexe Wechselwirkungen zwischen Akzeptanz und Innovationsfähigkeit zu beachten. Zum einen muss ein Schutzniveau etabliert werden, das die notwendige Akzeptanz bei den Bürgern hervorruft. Zum anderen darf die Rolle des Intelligentes Energienetzes als Enabler für

1.4 Intelligente Energienetze RECHTLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

Innovationen aber nicht durch eine überbordende Ex-ante-Regu­ lierung von Datenströmen konterkariert werden. Letztlich ist das Intelligente Energienetz darauf angewiesen, dass ihm hochwertige Daten zu seinem Zustand und den Bedürfnissen seiner Nutzer zur Verfügung stehen. Dies kann geschehen, indem diese verpflichtet werden, bestimmte Daten bereit­zustellen. Die Akzeptanz eines solchen Modells setzt umfangreiche Maßnahmen zur Wahrung der Nutzer-Interessen voraus (Anonymisierung, Aggregation, etc.). Denkbar ist auch die freiwillige Bereitstellung von Daten bei entsprechenden Gegenleistungen. Datenschutzerwägungen müssen aber stets beachtet werden. Bei der Entwicklung des Intelligenten Energienetzes gilt es „Privacy by Design“ zu nutzen. Eine Verordnung zur verpflichtenden Datenerhebung steht noch aus. Datenschutz beruht stets auf einer Güterabwägung. Das gewählte Datenschutzniveau erzeugt erhebliche Wechselwirkungen zwischen Akzeptanz und Innovationskraft des Intelligenten Energienetzes.

Die Rolle des Intelligenten Energienetzes darf nicht durch eine über­bordende Ex-ante-Regulierung von Datenströmen konter­ kariert werden.

Das gewählte Datenschutzniveau erzeugt erhebliche Wechselwirkungen zwischen Akzeptanz und Innovationskraft.

Handlungsempfehlungen Um die oben aufgeworfene Frage einer geeigneten Datenschutzumgebung für Intelligente Energienetze beantworten zu können, bedarf es eines intensiven Dialogs mit allen relevanten Stakeholdern sowie insbesondere der Datenschutz-Community. Nur so kann das Bewusstsein für bestehende Probleme und Lösungsansätze gestärkt werden. Mitwirkende dieses Dialogs sollten nach Überzeugung der PG insbesondere die folgenden Akteure sein: • Düsseldorfer Kreis, d. h. Bundesdatenschutzbeauftragte sowie die Datenschutzbeauftragten der Länder, • Vertreter der Fraktionen und Parteien, • BNetzA, • BSI, • PTB, • VZBV, • BITKOM, • BDEW etc.

Intensiver Dialog mit allen relevanten Stake­ holdern erforderlich.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Um diesen Dialog zeitnah anzustoßen und ihn nicht auf das Austauschen bekannter Positionen zu beschränken, bedarf es einer entsprechenden Plattform. Diese sollte den Akteuren die Möglichkeit zu einem kontinuierlichen Austausch bieten; der IT-Gipfel kann hier einen wesentlichen Anstoß geben. Startpunkt der regelmäßigen Diskussion kann die anstehende Datenschutz-Verordnung (nach §21 i EnWG) sein. Ein vertiefender Austausch über nächste Schritte und Maßnahmen wird notwendig, sobald weitere Erkenntnisse zum Nutzen des Intelligenten Energienetzes und dadurch entstehender Produkte vorliegen. Parallel zum Erlass der Verordnung sollte eine solche Plattform bereits 2014 ihren Dialog aufnehmen. Die weitere Entwicklung der Datenschutzregeln ist dann in die Entwicklung der Use Cases für Intelligente Energienetze zu integrieren.

Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspektiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „R-3 Datenschutz und -sicherheit gewährleisten“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

Optimales Anreizsystem für Investitionen in IKT setzen

Die Verteilnetz­betreiber werden durch nationale Behörden reguliert.

Die Verteilnetzbetreiber sind zentrale Akteure bei der Implementierung Intelligenter Energienetze bis 2020. Als natürliche Monopole unterliegen sie entsprechenden EU-Richtlinien und werden durch nationale Behörden reguliert. In Deutschland ist diese Regulierung seit dem Jahr 2009 als sogenannte Anreizregulierung ausgestaltet, also als ein System, das vor allem auf den kosteneffizienten Betrieb durch das Unternehmen fokussiert ist. Vorteilhaft an diesem Prinzip ist, dass es den Netzbetreibern weitgehende Freiheiten bezüglich der Frage lässt, wie die Effizienzziele erreicht werden sollen. Die starke Orientierung der deutschen Anreizregulierung an Effi­zienz- und Kostenfaktoren birgt jedoch auch Nachteile: So erscheint das System ungeeignet, zusätzliche Investitionen in

1.4 Intelligente Energienetze RECHTLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

die Netze, wie sie aufgrund des Umbaus der Energieversorgung erforderlich sind, anzureizen. Soll regulatorisches Mikromanagement vermieden und die Anreizregulierung im Grundsatz erhalten bleiben, ist es notwendig, das bestehende Regime weiterzuentwickeln. Nur so werden sich Intelligente Energienetze bis zum Jahr 2020 realisieren lassen.

regulatorisches Mikro­ management vermeiden

Handlungsempfehlungen Die Anreizregulierung muss so weiterentwickelt werden, dass Investitionen in die Intelligenz der Energienetze ermöglicht werden. Hierzu sind u.a. gesonderte Investitionsanreize geeignet. Dabei sind die erhöhten technologischen und regulatorischen Risiken neuer Technologien insbesondere im Zusammenhang mit der Festlegung der Eigen- und Fremdkapitalzinssätze ausdrücklich zu berücksichtigen. Neue Aufgaben müssen über speziell entworfene Anreize berücksichtigt werden. Die Energiewende ist insbesondere in ländlichen Verteilnetzen bereits heute Realität, was erhebliche Investitionen erfordert. Um Unsicherheit und Investitionsattentismus zu vermeiden, sollten diese Anpassungen zeitnah erfolgen: Für die 3. Regulierungsperiode Strom (2019-2023) müssen die Regelungen spätestens bis 2016 (relevantes Basisjahr für die 3. Regulierungsperiode) in Kraft getreten sein. Unabhängig hiervon ist es ebenfalls notwendig, die mit dem bevorstehenden Smart-Meter-Rollout einhergehenden Investi­ tionen im Rahmen der Anreizregulierung angemessen und kurzfristig zu berücksichtigen, um so eine zeitnahe Kostenerstattung zu ermöglichen.

Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspek­ tiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „R-4 Optimales Anreizsystem für Investitionen in IKT setzen“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

Die Anreizregulie­ rung muss so weiter­ entwickelt werden, dass Investitionen in die Intelligenz der Energie­netze er­ möglicht werden.

Für die 3. Regulie­ rungsperiode Strom (2019-2023) müssen die Regelungen spä­ testens bis 2016 in Kraft getreten sein.

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1.4 Intelligente Energienetze

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Zielbildbausteine

BUSINESS - EBENE

Intelligente Energienetze 2020

1.4.1.3

Energie

B USINES S - EB ENE Neue Marktteilnehmer fördern die Marktdynamik 2020 hat eine neue Marktarchitektur zum Eintritt neuer Akteure, intensiveren Austauschbeziehungen und innovativen Geschäftsmodellen für netz- und endkundenorientierte Dienste geführt. Wesentliche Herausforderungen des umgebauten Energiesystems, z. B. Netzsstabilität, werden effizient und zuverlässig über Marktmechanismen gelöst. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind:

Neue Geschäftsmodelle ermöglichen

2020 ermöglicht IKT eine Interaktion der Markt­teil­ nehmer zu minimalen Transaktionskosten. Neue Rollen tragen wesentlich zu einem effizienten Funktionieren des umgebauten Energiesystems und zu dessen Stabilität bei. Dadurch sind viele neue Geschäftsmodelle mit netzund endkundenorientierten Diensten entstanden.

Technische Innovationen und ein effizienter Umbau des Energie­ systems eröffnen Raum für neue Geschäftsmodelle.

Neue Akteure und Rollen etablieren

2020 gibt es neue Marktakteure und Marktrollen, wie beispielsweise die des Aggregators, Speicherbetreibers oder Rechtemanagers.

Das Energiesystem der Zukunft wird aus einer Vielzahl in den Markt integrierter Teilnehmer mit dezentraler Eigenerzeugung und Speicherung bestehen.

Abbildung 1.4-4: Zielbildbausteine Intelligente Energienetze – Business-Ebene Quelle: Projektgruppe Intelligente Energienetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Erhöhte Marktdynamik schaffen

Durch IKT sind die technischen Möglichkeiten und Funktionalitäten gegeben, dass die Akteure deutlich schneller und einfacher in geschäftlichen Austausch treten. Kundenwechsel-Prozesse, Energie- DienstleistungsAngebote, Strompreis-Angebote, Nutzung von Flexibilität etc. sind über IKT in Echtzeit möglich.

Das Kommunikationssystem der Zukunft erlaubt allen Akteuren die stetige und ubiquitäre Teilnahme am Energiemarkt. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, mit ver­ schiedenen Energie- und Dienstleis­ tungs-Produkten zu handeln.

International integrierte Geschäftsmodelle statt Insellösungen anstreben

2020 sind lokale Insellösungen durch skalierbare, international akzeptierte Lösungen und Geschäftsmodelle ersetzt. Eine konsistente und ausreichende Datenbasis erlaubt eine für das Gesamtsystem effiziente Steuerung der dezentralen Teilsysteme.

Die Vielzahl neuer Geschäftsmodelle und Rollen bringt eine neue Stufe der Komplexität in Stromnetzbetrieb und Betriebsdatenverwaltung.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Neue Geschäftsmodelle ermöglichen

Grundlage für die zukünftige Einspei­ sung und den Handel von Energiemengen sind netz- und end­ kundenorientier­ te Informationen.

Impulse im zukünftigen Energiesystem werden auch durch neue Markt­ teilnehmer erfolgen.

Das künftige Energiesystem ist durch eine bidirektionale, kommunikative Vernetzung von Erzeugung, Verteilung, Speicherung und Verbrauch gekennzeichnet, die zugleich wesentlichen Sicherheitsaspekten Genüge tut. Ermöglicht wird dies durch den gezielten Einsatz von IKT. Auf diese Weise kann die fluktuierende Erzeugung von Energie mit der Nachfrage besser synchronisiert werden, wodurch die Systemstabilität gewährleistet bleibt. Zugleich wird die Energie verstärkt auf lokaler Ebene genutzt, sodass bestimmte Netzausbaumaßnahmen vermieden werden können. Grundlage für die zukünftige Einspeisung und den Handel von Energiemengen sind netz- und endkundenorientierte Informationen, die den Marktteilnehmern, soweit sie zur Nutzung dieser Informationen berechtigt sind, für ihre Geschäftszwecke zur Verfügung stehen. Bestehende Geschäftsmodelle decken diese neuen Marktprozesse nicht ab. Das veränderte Energiesystem mit seinen Kommunikationsinfrastrukturen und IT-Diensten dürfte folglich neue Geschäftsmodelle und infolgedessen den Zutritt neuer Unternehmen anreizen. Zu fördern sind Innovationskraft, der Wettbewerb auf dem Markt für Energiemengen sowie effiziente netzorientierte Dienstleistungen. Im Zielbild ist daher verankert, dass Impulse im zukünftigen Energiesystem auch durch neue Marktteilnehmer erfolgen werden, die dabei die Potenziale von IKT operationalisieren. Mit veränderten Geschäftsmodellen werden die etablierten Marktteilnehmer ebenfalls Treiber dieser Transformation. Hierzu bedarf es geeigneter Formen der Zusammenarbeit von Energie-, IKT- und beispielsweise Bauwirtschaft.

Handlungsempfehlungen Ein alleiniger kon­ ventioneller Aus­ bau der Verteilnetze ist volkswirtschaft­ lich problematisch.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es problematisch, auf die stetig steigende Einspeisung aus erneuerbaren Energien und das sich verändernde Verbrauchsverhalten ausschließlich mit einem konventionellen Ausbau der Verteilnetze zu reagieren. Durch entsprechende regulatorische Anreize sollte daher ein Einsatz von IKT ermöglicht werden, um so einen Netzausbau zu vermeiden bzw. zu

1.4 Intelligente Energienetze BUSINESS - EBENE

verzögern. Der Ordnungsrahmen für das neue Energiesystem muss so ausgestaltet sein, dass die zur effizienten Nutzung des Systems erforderlichen Informationen (Daten) diskriminierungsfrei erhoben, transportiert und berechtigten Parteien zugänglich gemacht werden. Erstrebenswert ist eine ganzheitliche Erfassung, die auch die Letztverbraucher als Bestandteil des zu steuerenden Systems einschließt. Der Zutritt neuer Unternehmen sollte ermöglicht werden. Durch die rechtliche Definition von Marktrollen, die Zuweisung von (neuen) Verantwortlichkeiten sowie neue Formen der Kooperation sollte eine gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung eröffnet werden. Die Bundesnetzagentur sowie die Landesregulierungsbehörden sollten innovative Ideen bei der Realisierung von Intelligenten Energienetzen unterstützen und fördern.

Durch die rechtliche Definition von Markt­ rollen, die Zuweisung von (neuen) Verantwort­ lichkeiten sowie neue Formen der Kooperation sollte eine gesamtwirt­ schaftliche Wertschöp­ fung eröffnet werden.

Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspektiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „B-1 Neue Geschäftsmodelle ermöglichen“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

Neue Akteure und Rollen etablieren Im Energiesystem der Zukunft wird die Vernetzung der (dezentralen) Teilnehmer eine entscheidende Rolle spielen. Bei steigender Anzahl an Akteuren mit eigener Erzeugung und entsprechender Verbrauchssteuerung erfordert die Systemstabilität eine integrierte, intelligente und in Abhängigkeit von der Zielsetzung auch kaskadische Steuerung sämtlicher Teilnehmer. Das bisherige Energieversorgungssystem wurde für die Auf­gabe entwickelt, mit wenigen großen, zentralen Erzeugungsanlagen eine Vielzahl räumlich weit verteilter Verbraucher zuverlässig und kostengünstig mit Energie zu versorgen. Diese Aufgabe wurde bis Ende der 90er Jahre von integrierten Energieversorgungsunternehmen wahrgenommen, die in nahezu monopolistisch organisierten Märkten für die gesamte Versorgungskette verantwortlich waren.

Das bisherige Energie­ versorgungssystem wurde für eine andere Aufgabe entwickelt.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft geänderte politische Rahmenbedingungen auf europäischer und nationaler Ebene

Umstrukturierung von einem bisher zentral ausgerichte­ ten Erzeugungs- und Versorgungssystem hin zu einem System mit kleineren, de­ zentralen Einheiten

Geänderte politische Rahmenbedingungen auf europäischer (1996) und nationaler (1998) Ebene haben die unternehmerische Trennung entsprechend der Wertschöpfungsstufen Erzeugung, Übertragung und Verteilung und damit eine Restrukturierung des Energieversorgungssystems eingeleitet. Zusätzlich erfuhr der Ausbau erneuerbarer Energien durch das Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG) einen starken Auftrieb. Infolge der Naturkatastrophe in Fukushima im Jahr 2011 wurde schließlich der endgültige Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland bis 2022 beschlossen. Konsequenz dieser unterschiedlichen Einflüsse ist die Umstrukturierung von einem bisher zentral ausgerichteten Erzeugungs- und Versorgungssystem hin zu einem System mit kleineren, dezentralen Einheiten. Gekennzeichnet ist dieses System durch eine dezentrale Erzeugung (Wind, Solar, Miko-/Mini-BHKWs, Netz­ersatzanlagen (NEAs), Biogas/Biomassekraftwerke) und regenerative „Großerzeuger“ Off-shore sowie durch dezentrale Speichersysteme (einschließlich Elektromobilität). Der notwendige Ausgleich von Energie­angebot und -nachfrage wird sich in diesen Strukturen künftig schwieriger gestalten, was eine Einbindung verbrauchsseitiger Flexibilitäten (Lasten) erforderlich macht. Der veränderte Systemaufbau bedarf einer kaskadierenden Steuerung, deren Komplexität durch dezentrale Leistungs- und Energiemanagementsysteme reduziert wird und in der ein gezieltes Energiebedarfsmanagement (Demand Response) entlastend wirkt. Dies wiederum bedingt zwingend den Einsatz moderner IKT.

Handlungsempfehlungen Handlungsempfehlungen an die Politik, BNetzA: • Definition von Marktrollen für neue Marktakteure (z. B. Aggregatoren, Prosumer, Speicherbetreiber, Data Accesspoint Manager, etc.) nebst Anpassung des regulatorischen Zielrahmens, • Definition und Implementierung eines geeigneten Bilanzierungsregimes, um neuartige Produkte (vgl. folgende Punkte) abbilden zu können, • Schaffung kommerzieller Märkte für verbrauchsseitige Flexibilität für Lasten, Speichersysteme sowie dezentrale Erzeuger (Wind, PV, BHKWs, Biomasseanlagen, etc.),

1.4 Intelligente Energienetze BUSINESS - EBENE

• Verpflichtung für Stromlieferanten/Netzbetreiber und/oder Aggre­gatoren (neue Marktrolle), Demand-Response-Programme für Industrie- und Gewerbekunden (zeitlich nachfolgend auch Haushalte) anzubieten, • Standardisierung von Prozessen zur Teilnahme an DemandResponse-Programmen (analog z. B. zum Lieferantenwechsel­ prozess), • Erstellung und Umsetzung eines Aktionsplanes.

Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspektiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „B-2 Neue Akteure und Rollen etablieren“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

International integrierte Geschäftsmodelle statt Insellösungen anstreben Verteilnetzbetreiber (VNB) durchlaufen einen schnellen Wandel ihrer Aufgaben und Rahmenbedingungen. In der Vergangenheit lag der Fokus auf Planung, Bau und Betrieb der physischen Infrastruktur. Zukünftig wird dieser um eine intelligente Steuerung der Einund Ausspeisungen im operativen Geschäft der VNB erweitert. Diese Steuerung erfordert die Verfügbarkeit bisher nicht vorhandener Daten und Informationen über den elektrischen Zustand des Energienetzes und vieler angeschlossener Teilnehmer. Es entsteht ein hochgradig komplexes Informationssystem, das die traditionelle Infrastruktur überlagern wird. Besondere IKT-Systeme werden als verbindendes Element in der dezentral organisierten Energieversorgung eine wesentliche Voraussetzung zur Gesamtsystemsteuerung bilden. Es wird sich hierbei nicht um ein einzelnes integriertes System (Top-down), sondern um ein System aus Systemen (Bottom-up) handeln, das für die Steuerung des Energiesystems aufgebaut werden muss.

Verteilnetzbetreiber (VNB) durchlaufen einen schnellen Wandel ihrer Aufgaben und Rahmenbedingungen.

IKT-Systeme werden als verbindendes Ele­ ment in der dezentral organisierten Ener­ gieversorgung eine wesentliche Vorausset­ zung zur Gesamtsystem­ steuerung bilden.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Die Energiewirtschaft muss sich auf die neuen Anforderun­ gen einer zusätzlich IKT-basierten Steu­ erung des Gesamt­ systems einstellen.

in Aus- und Weiter­ bildung der Mitar­ beiter investieren

inter­nationale Stan­ dards und zukunfts­ sichere Technologien

auf eine konsisten­ te und ausreichende Datenbasis zugreifen

1.4 Intelligente Energienetze BUSINESS - EBENE

Handlungsempfehlungen

Vertiefende Informationen und Referenzen

Die Energiewirtschaft muss sich einerseits auf die neuen Anforderungen einer zusätzlich IKT-basierten Steuerung des Gesamtsystems einstellen. (Anmerkung: die Grundzüge der bisherigen Netzsteuerung bleiben bestehen; sie sind für die Verfügbarkeit der Netze elementar.) Andererseits müssen Ansätze gefunden werden, wie mit der zukünftigen Fülle an systemrelevanten Daten umzugehen ist. Ersteres erfordert die Bereitschaft, in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter zu investieren, um in den Unternehmen die für die zukünftigen Systeme erforderlichen Kompetenzen sicherzustellen. Die Einführung der Systeme muss strategisch vorbereitet und geplant werden. Schon aufgrund der hohen Interdependenzen im Energiesystem auf nationaler und internationaler Ebene müssen Energieversorger bei IKT-Lösungen auf inter­nationale Standards und zukunftssichere Technologien setzen. Für eine hohe Anzahl insbesondere der kleinen VNB (Stadtwerke) wird das bedeuten, lokale Insellösungen durch skalierbare und international akzeptierte Lösungen zu ersetzen. Zweiteres erfordert ein Umdenken aller Beteiligten, sowohl aus den Energieunternehmen als auch den Regulierungsbehörden. Unbundlingvorgaben haben zu einer Fragmentierung der Wertschöpfungskette mit undurchlässigen (Daten-)Grenzen geführt. Eine zusätzliche dezentrale Steuerung des Systems führt zu einer hohen Anzahl zwar dezentral durchgeführter, aber dennoch für das Gesamtsystem relevanter Entscheidungen. Um gegenläufige Effekte im Gesamtsystem zu verhindern, müssen alle, deren Entscheidungen auf der physikalischen Ebene unternehmens- bzw. wertschöpfungsstufenübergreifende Auswirkungen haben, auf eine konsistente und ausreichende Datenbasis zugreifen können. Es gilt herauszufinden, inwieweit die heutige vertikal fragmentierte Struktur der Energiewirtschaft diesem Ansatz entgegenwirkt und welche Marktmodelle mit korrespondierenden Datenmodellen auch in Zukunft die Systemstabilität gewährleisten.

Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspektiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „B-4 International integrierte Geschäftsmodelle statt Insellösungen anstreben“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

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1.4 Intelligente Energienetze

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Zielbildbausteine

PROZESS - EBENE

Intelligente Energienetze 2020

1.4.1.4

Energie

P ROZES S - EB ENE Effizienz durch Harmonisierung marktrollenübergreifender Abläufe 2020 benötigen neue Geschäftsmodelle und Rollen entsprechende Prozesse und Lösungen. Ein Großteil von neuen Marktaktivitäten spielt sich dabei auf lokaler und regionaler Ebene im Verteilnetz ab. Die dazu erforderlichen Informationen werden diskriminierungsfrei zugänglich gemacht. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind:

Prozess-Framework für Smart Grid und Smart Market etablieren

2020 sind geeignete Prozesse auf Basis eines abgestimmten gemeinsamen Prozess-Framework für Smart Grid und Smart Market eingeführt.

Mit steigender Anzahl an Teilneh­ mern mit eigener Erzeugung und Verbrauchssteuerung erfordert die Systemstabilität eine integrierte und intelligente Prozessteuerung der Teilnehmer.

Koordinierte nationale und internationale Aktivitäten durchführen

In 2020 ist der rechtlich-regulatorische Rahmen für Smart Grids europaweit abgestimmt und die nationalen Aktivitäten koordiniert. Standardisierungen zu technischen Aspekten sind erfolgt und ermöglichen internationale Interoperabilität. Auf diese Weise wird es deutschen und europäischen Firmen ermöglicht, im internationalen Bereich erfolgreich zu konkurrieren.

Mit der Energiewende geht Deutsch­ land weltweit voraus und stellt sich großen Herausforderungen gerade auch in Bezug auf den notwendigen Infrastrukturausbau. Intelligente Energie­ netze unterstützen den Netzausbau und leisten so einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende. Sie bieten darüber hinaus auf globalen Märkten bedeutende Chancen. Eingebettet in die europäische Energie- und TK-Politik kann Deutschland die internationale Entwicklung forcieren und maßgeblich prägen.

Abbildung 1.4-5: Zielbildbausteine Intelligente Energienetze – Prozess-Ebene Quelle: Projektgruppe Intelligente Energienetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Effiziente Prozesse gewährleisten Netzstabilität und Interaktion Durch den gezielten Einsatz von IKT ist die Beobachtbarkeit und die Prognostizierbarkeit von VerteilnetzInfrastrukturen gegeben, Systemdienstleistungen können gesichert an den verantwortlichen Transportnetzbetreiber geliefert werden. 2020 sind auf Verteilnetzebene Strukturen und Prozesse etabliert, die nicht nur die jeweiligen Netzzustände – ähnlich wie heute auf Transportnetzebene – beschreiben, sondern darüber hinaus auch Interaktionen zwischen einer Vielzahl von Akteuren koordinieren.

Bei weiter ansteigender Integration von Akteuren und erneuerbaren Energien in Verteilnetzstrukturen gewinnt die Sicherung der überregionalen Systemstabilität an Bedeutung.

Akteursübergreifende Systeme für Daten-Management und -Verarbeitung errichten

Im Jahr 2020 bedienen die Systeme für Daten-Management und -Verarbeitung einheitliche Schnittstellen zu allen Marktakteuren, die ihrerseits von Datenerhebungskoordinatoren bedient werden. Diese übertragen und verteilen diskriminierungsfrei alle netz- und verbrauchsrelevanten Daten an alle berechtigten Marktakteure und liefern ihnen diese Daten über einheitliche Schnittstellen zu.

Der erweiterte Einsatz erneuerbarer Energien sowie die Integration von Erzeugern und gesteuerten Verbrau­ chern erfordert bei allen Akteuren eine übergreifende Lösung für Daten-Management und -Verarbei­ tung, vor allem eine koordinierte und akteursübergreifende Systemlösung für alle aufkommenden Stamm- und Bewegungsdaten.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Prozess-Framework für Smart Grid und Smart Market etablieren

Verteilnetze müssen den Wandel von statischer Kapazität zu einer dynamischen Ressource erfahren.

Die Rolle der Verteilnetze war in der Vergangenheit auf die Herstellung der Verbindung zwischen den vorgelagerten Übertragungsnetzen und den Stromverbrauchern fokussiert. Die Steuerung des Gesamtsystems hat auf Ebene der Übertragungsnetze stattgefunden. Mit Abkehr vom System einer zentralen Stromerzeugung hin zu dezentraler und hochgradig volatiler Erzeugung werden Verteilnetze einen Beitrag zur Systemsteuerung und darüber hinaus zur Systemstabilität leisten. Das erfordert, dass Verteilnetze den Wandel von statischer Kapazität zu einer dynamischen Ressource erfahren.

Handlungsempfehlungen

Verteilnetze müs­ sen regulatorisch, technisch und öko­ nomisch als Einheit begriffen werden.

Entscheidungshoheit über optimale Versorgung

Regulatorisch wird das Verteilnetz auch mit dem Zielbild eines Smart Grids als physikalisches Element behandelt. Für die darüber hinausgehenden Fähigkeiten und Aufgaben werden neue Rollen und Verantwortlichkeiten definiert, die das System weiter aufgliedern und seine Steuerung komplexer machen. Verteilnetze können ihrer zukünftigen Rolle nur dann gerecht werden, wenn sie mit all diesen Systemdienstleistungen regulatorisch, technisch und ökonomisch als Einheit begriffen werden. Die Regulierung muss den Rahmen durch eine Konsolidierung der Rollen schaffen. Das kann bis hin zur vollständigen Überführung der Verteilnetze in den marktwirtschaftlichen Bereich reichen. Technisch müssen die Verteilnetzbetreiber einen Ausbauplan entwickeln, der die intelligente Steuerung ebenso wie die dynamische Kapazität der Netze abbildet. Ökonomisch sind die Betreiber gefordert, Modelle zu entwickeln, in denen die reine Anschlussleistung nicht mehr den Hauptbestandteil der Einnahmen bildet. Darüber hinaus müssen sie die Entscheidungshoheit haben, über die optimale Versorgung der Kunden unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu befinden: Zum Beispiel muss für einen abgelegenen Kunden, wie etwa einen Bauernhof oder für ländliche Gemeinden, der Netzbetreiber entschieden werden können, die Versorgung über einen Anschluss mit Stromkabel oder alternativ mittels dezentraler Erzeugung/Speicherung zu gewährleisten.

1.4 Intelligente Energienetze PROZESS - EBENE

Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspek­ tiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „P-1 Prozess-Framework für Smart Grid und Smart Market etablieren“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

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1.4 Intelligente Energienetze

102

Zielbildbausteine

TECHNISCHE EBENE

Intelligente Energienetze 2020

1.4.1.5

Energie

T EC HNISC HE EB ENE Sichere IKT ermöglicht das Zusammenspiel im neuen komplexen Energiesystem Die Zunahme von dezentraler Energieerzeugung und von Marktaktivitäten führt 2020 zu einer erheblich höheren Komplexität der Energieversorgung. IKT ermöglicht den problemlosen Datenaustausch und das Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure unter Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind:

Branchenübergreifende IKT-Standards einführen

2020 helfen branchenübergreifende IKT-Architekturen, Normen, Standards und Datenmodelle die Komplexität innerhalb und zwischen den Systemen zu beherrschen und die Interoperabilität zu gewährleisten. Sämtliche IKT-Funktionalitäten sowie Schutzbedarfe sind darauf abgestimmt.

Massive Zunahme von dezentraler Energieerzeugung und Markt­ aktivitäten führen 2020 zu einer erheblich höheren Komplexität der Energieversorgung.

Rollenmodell zur IKT-Nutzung abbilden 2020 sind die Zugangs- und Nutzungsrechte der IKTInfrastruktur sowie die Nutzungsrechte der Daten für verschiedene Marktrollen eindeutig definiert und technisch implementiert. Auch die Frage der Kostenverteilung ist geklärt und in der IKT abgebildet.

Umfassender Datenaustausch bedeutet anforderungsgerechter Datenaustausch zwischen den Akteuren.

Dezentralisierung der Energienetzführung mittels IKT unterstützen Effizienten Datenaustausch gewährleisten 2020 ist der umfassende Austausch z. B. von Kontext-, Zustands-, Steuer- und Vorhersage-Daten zwischen allen Akteuren technisch problemlos möglich und rechtlich ein­deutig geregelt. Die Interoperabilität ist auch auf europäischer Ebene gewährleistet. Fragen der Governance, allgemeine Nutzungsrechte, Betriebssicherheit und Prioritäten des IKT-Systems sind geklärt und entsprechend technisch abgebildet.

Das komplexe Energiesystem ist untrennbar mit einem Datenaustausch zwischen den Akteuren verbunden.

Abbildung 1.4-6: Zielbildbausteine Intelligente Energienetze – Technische Ebene Quelle: Projektgruppe Intelligente Energienetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

2020 ist IKT in der Lage, die kontinuierliche und wirtschaftliche Anpassung des Energienetzes für den Einsatz umweltfreundlicher Energieerzeugung optimal zu unterstützen. Die richtige Stufe der informatorischen Vernetzung ist gefunden.

Die massive Zunahme der dezentralen Erzeugung erfordert eine kontinuierliche Optimierung der Teilbereiche des Energienetzes.

Versorgungszuverlässigkeit wahren 2020 sind alle für ein Intelligentes Energienetz erforderlichen Notfall- und Schutzmechanismen implementiert.

Die höhere Komplexität des Energiesys­ tems stellt auch neue Herausforderungen an die Versorgungszuverlässigkeit.

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104

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Branchenübergreifende IKT-Standards einführen Megatrends

Zusätzliche Kom­ plexität durch die massiv zunehmende Interaktion ist nur durch einen deutlich höheren Einsatz von IKT zu beherrschen.

Verschiedene Megatrends werden zukünftig zu einer deutlich höheren Komplexität in der Energieversorgung führen. Dazu gehören insbesondere: • massive Zunahme von erneuerbaren Energieträgern, • Dezentralisierung der Erzeugungskapazitäten, • Ausweitung der Elektromobilität, • Zunahme von steuerbaren Lasten (wie z. B. Wärmepumpen), • höhere und komplexere Interaktion der Marktteilnehmer, • gesetzliche Vorschriften (wie z. B. Rollout-Messsysteme). Zusätzliche Komplexität wird darüber hinaus durch die massiv zunehmende Interaktion vorhandener und neuer Marktakteure erzeugt. Diese Situation ist nur durch einen deutlich höheren Einsatz von IKT zu beherrschen. Dies betrifft insbesondere den Bereich der Netzführung in den Mittel- und Niederspannungsnetzen sowie der Datenaustausch­systeme zwischen den Marktakteuren untereinander und mit den Kundenanlagen. Dabei sollten folgende Schwerpunkte gesetzt werden: • Definition und Einführung geeigneter Datenmodelle, • Einsatz standardisierter und erprobter Systeme, Protokolle und Verfahren, • deutliche Erweiterung von Sensorik und Aktorik (Betriebsmittel) auf der Nieder- und Mittelspannungsebene, • Daten- und Betriebssicherheit (bedingt teilweise neue Regulierung, was den Zugriff auf Kundenanlagen zur Sicherung der Versorgungsqualität angeht: Beziehung TSO/DSO und DSO/Kundenanlage), • Datenschutz, • diskriminierungsfreier Informationszugang (bedingt teilweise Regulierung, z. B. durch erweiterte Marktkommunikation), • „barrierefreier“ Zugang für Anwender und Verbraucher, • Wirtschaftlichkeit

1.4 Intelligente Energienetze TECHNISCHE EBENE

IKT ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor zur Umsetzung der für Deutschland beschlossenen Energiewende. In einem sich verändernden Energiemarkt stellt IKT ein wesentliches logisches Verbindungsglied zwischen den beteiligten Akteuren und den zunehmend dezentralisierten technischen Anlagen dar.

IKT ist ein wesent­ licher Erfolgsfak­ tor zur Umsetzung der Energiewende.

Handlungsempfehlungen Stringente Ausrichtung der bereits bestehenden Arbeitsgruppen unter Leitung der Minis­terien und Branchenverbände auf die Erarbeitung des vorgeschlagenen Zielbildes. Erster Schritt wäre dabei Erarbeitung und Beschluss eines umfassenden, realistischen und verbindlichen Gesamtprojektplans zum zukünftigen IKT-Einsatz in den Energieversorgungssystemen und Energiemärkten. • Im Jahr 2014 ist der optimale Einsatz von IKT in den Energieversorgungssystemen und den Energiemarktplätzen hinsichtlich Architektur, Funktionalität, Schutzbedarf und Durchdringung zu definieren. • Begleitend und darauf aufbauend müssen branchenübergreifende Standardisierungs- und Harmonisierungsbemühungen (Protokolle) zu übergreifend akzeptierten technischen Lösungen geschaffen werden. In den Jahren bis 2020 müssen Betriebsmittel und Systemsteuerungen an die neuen Anforderungen angepasst werden. Eventuelle technologische Lücken sollen durch eine begleitende F&E-Arbeit kurzfristig geschlossen werden

Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspektiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „T-1 Branchenübergreifende IKT-Standards einführen“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

Gesamtprojektplan zum zukünftigen IKTEinsatz in den Energie­ versorgungssystemen und Energiemärkten

Technologische Lücken sollen durch eine begleitende F&E-Arbeit kurzfristig geschlossen werden.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Effizienten Datenaustausch gewährleisten Erst Datenaustausch ermöglicht die effizi­ ente Nutzung von IKT.

Der Einsatz von IKT geht automatisch mit der Speicherung, der Verarbeitung und dem Austausch von Daten einher.

Ein entsprechender Ordnungs­rahmen ist zu definieren.

Erst der „marktrollenübergreifende und umfassende Datenaustausch“ ermöglicht die effiziente Nutzung von IKT im „Energie-Informationsnetz“ und die Transition in das Intelligente Energienetz der Zukunft. Hierdurch können Kontext-, Zustands-, Steuer- und Vorhersage-Daten ausgetauscht und genutzt werden. Dies ermöglicht neue und inno­vative Dienstleistungen sowie die Einbindung und aktive Partizipation aller an der Energiewertschöpfungskette beteiligten Akteure. Ohne Zugang zu und ohne Austausch von Daten und Informationen können die verschiedenen Teilnehmer der Energiewertschöpfungskette keine Entscheidungen zu Steuer- und Geschäftsprozessen treffen. Der Einsatz von IKT geht automatisch mit der Speicherung, der Verarbeitung und dem Austausch von Daten einher. Der effiziente und barierrefreie „marktrollenübergreifende und umfassende Datenaustausch“ ist das Bindeglied zwischen den geschlossenen unternehmensinternen IKT-Systemen und den verteilten Systemen der Akteure in der Energiewertschöpfungskette. Daher erfordert das Intelligente Energienetz der Zukunft den „marktrollenübergreifenden und umfassenden Datenaustausch“. Ein funktionierender umfassender Datenaustausch ermöglicht: • die aktive Partizipation von Industrie- und Haushaltskunden, • die weitere Aufnahme von erneuerbaren Energiequellen in die Versorgungsnetze, • die weitere Verbesserung der Energieeffizienz, • die Erschließung neuer Energieanwendungen sowie neuer Marktund Geschäftsmodelle, • die Aufrechterhaltung des heutigen hohen Niveaus der Versorgungssicherheit auch im Energienetz von morgen, • die Generierung von Mehrwerten in den zunehmenden Interaktionen zwischen den Kunden und den weiteren Akteuren der Energiewirtschaft. Damit diese Ziele effektiv erreicht werden können, ist ein entsprechender Ordnungs­rahmen zu definieren. Denn die Sicherstellung von Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit sowie Daten- und Versorgungssicherheit ist die Grundvoraussetzung für alle nachfolgenden Schritte. Im Detail ist Folgendes zu leisten: • Klassifikation von Daten in technische, persönliche und abrechnungsrelevante Belange,

1.4 Intelligente Energienetze TECHNISCHE EBENE

• Definition von Prozessen und Berechtigungsmodellen für einen sicheren Datenaustausch, • Definition von Datenmodellen zur Beschreibung sowohl von statischen als auch von dyna­mischen Prozessen, • Gewährleistung von Daten- und Betriebssicherheit sowie Datenschutz und Trans­ak­tionssicherheit, • Definition von diskriminierungsfreiem Informations-, Markt- und Netzzugang, • Wiederverwendung vorhandener Protokolle, Informations­ modelle und Prozesse, • Architekturen müssen offen, interoperabel und skalierbar sein, ohne heute bereits ein bestimmtes Architekturmodell präjudizieren zu wollen, • Architekturen müssen agil, evolutiv und zukunftsfähig sein, um heutige wie auch zukünftige Anforderungen erfüllen zu können. Handlungsempfehlungen Stringente Ausrichtung der bereits bestehenden Arbeitsgruppen unter Leitung der Ministerien und Branchenverbände auf die Erarbeitung des vorgeschlagenen Zielbildes. Auch ein realistischer und verbindlicher Gesamtprojektplan zum zukünftigen „marktrollenübergreifenden und umfassenden Datenaustausch“ in der Energieversorgungswirtschaft ist erforderlich unter Einbeziehung der Akteure in der Energiewertschöpfungskette sowie der leitenden Akteure aus dem Bereich des IKT- und E-Business. In einem zweiten Schritt wäre ein verbindlicher Anforderungskatalog zu erarbeiten, der im Rahmen der ersten drei Pilotprojekte zum „marktrollenübergreifenden und umfassenden Datenaustausch“ zu implementieren wäre. Ein dritter Schritt würde in der Validierung der Ergebnisse und Ableitung der Empfehlung für einen verbindlichen nationalen „marktrollenübergreifenden und umfassenden Datenaustausch“ bestehen. Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspektiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „T-2 Effizienten Datenaustausch gewährleisten“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

Projektplan

Anforderungskatalog

Validierung und Ableitung von Empfehlung

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Rollenmodell zur IKT-Nutzung abbilden

Um die Ziele der Energiewende zu erreichen, müssen Grundprinzipien sicher­gestellt werden.

Der Einsatz von IKTAnwendungen erfordert die Definition der „rollen­ basierten Nutzung“.

Die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende verlangt nach einem umfassenden, automatisierten und sicheren Datenaustausch zwischen den einzelnen Teilnehmern der Wertschöpfungskette, den verschiedenen Dienstleistern sowie einer Vielzahl miteinander verbundener Gerätschaften. Um die Ziele der Energiewende, wie zum Beispiel „aktive Partizipation“, „Ausbau erneuer­barer Energiequellen“, „Erhöhung der Energieeffizienz“, „Ermöglichung neuer Energie­anwendungen“, zu erreichen, müssen bestimmte Grundprinzipien sichergestellt werden: • die Konvergenz von physischer Infrastruktur mit der IKT-Infrastruktur, • die sichere Verbindung von Personen, Prozessen, Daten und Maschinen, • die semantische Beschreibung und Modellierung der realen Infrastruktur sowie der darauf ablaufenden Interaktionen und Prozesse, • die Gewährleistung von deterministischen Service-Leveln, • die Sicherstellung von akzeptierter Sicherheit: Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit. Erst die Definition der „rollenbasierten Nutzung der IKT-Infrastruktur der Energienetze“ ermöglicht einen kosteneffizienten Einsatz von IKT-Anwendungen, ein effizientes und sicheres Zusammenspiel aller Akteure sowie die Einbindung verschiedener Technologien einer innovativen und transaktiven Energiewirtschaft. Darüber hinaus muss das Zielbild folgende Fragen beantworten: • Wie erfolgt die Gouvernanz in der Definition und Weiterentwicklung der Rollen? • Rollenbasierte Nutzung: Wer darf was mit welchen Daten zu welchem Zeitpunkt tun? • Wie erfolgt die Vergabe von Prioritäten sowie deren Konfliktresolution? • Wer trägt die Kosten für den initialen Aufbau sowie den laufenden Betrieb der IKT-Infra­struktur? • Wie werden die Nutzer sowie andere Akteure an den Kosten beteiligt?

1.4 Intelligente Energienetze TECHNISCHE EBENE

• Wer sind die Eigentümer der IKT-Infrastrukturen und wer entscheidet über Ausbau und Weiterentwicklung? • Wie wird der sichere Betrieb von IKT-Infrastruktur und EnergieInfrastruktur gesichert? Die rollenbasierte Nutzung von IKT ist eine der Grundvoraussetzungen zur Ausgestaltung einer IKT-Plattform als Basis für das Intelligente Energienetz und ist daher notwendiger Bestandteil des Zielbildes. Ein wesentliches Design-Paradigma der „rollenbasierten Nutzung der IKT-Infrastruktur der Energienetze“ besteht in der Skalierung und Anpassbarkeit an zukünftige Anforderungen. Auf diese Weise werden von Anfang an Innovationen angeregt und gefördert, ohne dabei die etablierten Grundsätze und Standards aufzugeben. Zu diesem Zweck sind die Grundsätze service-orientierter, offener Architekturen, offener und rollenbasierter Schnittstellen sowie die Konzepte offener Daten zu berücksichtigen. Relevant sind ins­ besondere folgende Aspekte: • Sicherstellung zukünftiger Geschäftsmodelle, wie z. B. Peer-toPeer, Hub-Plattformen, Marktplätze und Auktionen, sowie die Einbindung von Social-Local-Mobile-Anwendungen (SoLoMoAnwendungen) durch die Nutzung von Daten und Webdiensten, • Integration, Auswertung und Nutzung von Webdiensten, von sozialen Netzwerken, von Meteo-, Media- und anderen Datendiensten zur Sicherstellung der Versorgungsqualität und zur Ermöglichung neuer Energiedienstleistungen, • Nutzung von Informationsquellen außerhalb der Energie-Prozessdaten-Welt und deren Einbindung zur intelligenten Steuerung von Stromnetzen, • Umsetzung neuester energietechnischer Steuerungsprozesse zwecks –– Aggregation, Speicherung, Transport und Verteilung von Energie, –– Einbindung und Koordination massiv verteilter MikroEnergieressourcen, • Nutzung kollaborativer Zusammenarbeit sowie transaktiver Energiedienstleistungen inklusive deren Auditierbarkeit, • Einbindung von Bezahl- und Mikrotransaktionssystemen des E-Business.

Die rollenbasierte Nutzung ist eine der Grund­voraussetzungen zur Ausgestaltung einer IKT-Plattform.

Grundsätze serviceorientierter, offener Architekturen, offe­ ner und rollenbasierter Schnittstellen sowie die Konzepte offener Daten sind zu berücksichtigen.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Für die Zukunft ist ein offenes Rollenkonzept erforderlich.

Auf Basis dieser Anforderungen muss für die Zukunft ein offenes Rollenkonzept ermöglicht werden, damit Innovationen auf technischer Ebene wie auch neue Geschäftsmodelle gefördert und Daten samt Systemschnittstellen entsprechend den vereinbarten Prinzipien und Rollen zur Verfügung gestellt werden. Selbstverständlich müssen dabei sowohl die traditionellen Marktrollen wie z. B. Übertragungsnetzbetreiber, Verteilnetzbetreiber, Messdienstleister, Bilanzkreisverantwort­liche oder Letztverbraucher, als auch die zukünftigen neuen Marktrollen höchst automatisiert und effizient abgedeckt werden.

Handlungsempfehlungen • Stringente Ausrichtung der bereits bestehenden Arbeitsgruppen unter Leitung der Ministerien und Branchenverbände auf die Erarbeitung des vorgeschlagenen Zielbildes. • Erster Schritt wäre dabei Erarbeitung und Beschluss eines umfassenden, branchenübergreifenden realistischen und verbindlichen Gesamtprojektplans zum zukünftigen IKT-Einsatz in den Energieversorgungssystemen und Energiemärkten. • Im Jahr 2014 sind zu definieren: das Rollenkonzept sowie die „Rollenbasierte Nutzung der IKT-Infrastruktur der Energie­netze“ in Bezug auf die Energieversorgungsssysteme, in Bezug auf die Kollaboration der verschiedenen Akteure entlang der Wertschöpfungskette sowie in Bezug auf die Integration der unterschiedlichen Betriebsmittel der Netzbetreiber, ggf. Vertriebe und Kundenanlagen.

Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspektiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „T-3 Rollenmodell zur IKT-Nutzung abbilden“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

1.4 Intelligente Energienetze TECHNISCHE EBENE

Dezentralisierung der Energienetzführung mittels IKT unterstützen Die IKT-technische Konfiguration multidimensionaler Regelkreise stellt hohe Anforderungen an die Systeme – sowohl was die konzeptionelle Ausgestaltung in der Planungsphase betrifft als auch die Netzführung in der Betriebsphase. Vorteilhaft wäre es, wenn Erfahrungen mit vergleichbaren Systemen, die bereits in anderen Branchen gesammelt wurden, berücksichtigt würden. Diese zu identifizieren und für die Anwendung im Bereich der dezentralisierten Energienetzführung zu adaptieren, sollte Gegenstand weiterer Projekte im Rahmen des IT-Gipfels sein. Die zusätzliche Komplexität durch massiv zunehmende Interaktion vorhandener und neuer Marktakteure führt zu deutlich erhöhten Datenvolumen und vielschichtigen Abhängigkeiten zwischen den Marktteilnehmern, aber auch den eingebundenen Komponenten und Betriebsmitteln. Im Bereich der Energienetze entstehen dadurch multidimensionale Regelkreise und Regelzonen. Deren Dimensionier und die Modellierung des IKT-Einsatzes sind dabei zentrale Herausforderungen, sowohl in Bezug auf die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Netzes und der Versorgung als auch hinsichtlich der Unterstützung des Marktes. Bislang sind die Systeme zur Energienetzführung im Wesent­ lichen autark – die Eingangsparameter stammen überwiegend von energienetznahen Sensoren, während als Aktoren Schaltmittel und Spannungsregler im Energienetz sowie Anlagen mit besonderem Netzzugang zum Einsatz kommen. Zukünftig müssen jedoch deutlich mehr exogene Informationen in die Energienetzführung mit einbezogen werden. Dazu zählen z. B. wetter­abhängige lokale Erzeugungsprognosen sowie kurzfristig auftretende Energiebedarfe, wie sie etwa beim spontanen Schnellladen von Elektrofahrzeugen entstehen. Aufgrund der unterschiedlichen Ausprägungen des bereits bestehenden Einsatzes von IKT sind die Ebenen der Verteilnetze und der Transportnetze dabei differenziert zu betrachten.

hohe Anforderungen an die Systeme

Erfahrungen mit vergleichbaren Systemen berücksichtigen

deutlich erhöhtes Daten­ volumen und vielschich­ tige Abhängigkeiten

Zukünftig müssen deutlich mehr exogene Informationen in die Energienetzführung miteinbezogen werden.

Die Ebenen der Verteil­ netze und der Transport­ netze sind differenziert zu betrachten.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Erstellung von Use Cases

Klärung von Verantwortlichkeiten

1.4 Intelligente Energienetze TECHNISCHE EBENE

Handlungsempfehlungen

Versorgungszuverlässigkeit wahren

Die Anforderungen an eine zunehmend dezentrale Energienetzführung sollten über die Erstellung von Use Cases definiert werden. Dies könnte idealerweise in den Arbeitsgruppen erfolgen, die unter Führung des BMWi zum Themenbereich Energienetze und Messsysteme eingerichtet wurden. Parallel dazu sollte bereits eine systematische Analyse vergleich­barer Problemstellungen und deren IKT-Lösungen durchgeführt werden. Das Maß der Zentralisierung bzw. Dezentralisierung muss dabei auf Regelkreisebene betrachtet werden und ist aus den Anforderungen abzuleiten, die sich aus den Use Cases ergeben. Zu klären sind die Verantwortlichkeiten hinsichtlich der Ausgestaltung des Optimums zwischen dezentralem und zentralem Ansatz. Bis 2014 sind IKT-Systeme und Verfahren zu identifizieren und zu verifizieren, die vergleichbare Anforderungen erfüllen, wie sie die zunehmende Dezentralisierung der Energienetz­führung erwarten läßt. Im Jahr 2015 sollte dann der optimale Einsatz von IKT für die Energienetzführung hinsichtlich Architektur, Funktionalität, Schutzbedarf und Durchdringung definiert sein.

Die zunehmende Komplexität im Zusammenspiel von Komponenten und Akteuren der Energieversorgung macht einen weiteren Ausbau der entsprechenden IKT-Systemunterstützung erforderlich. Das gilt z. B. für die Handhabung von Versorgungsengpässen, Störungen und Notfallszenarien. Die sich zukünftig ergebenden komplexen Regelkreise mit etlichen neuen Eingangsparametern (wie. z. B. Wetter, flexible Lasten, Energiespeicher, Prio­ri­täten für kritische Infrastrukturen) sind ohne umfangreiche IKT-Unterstützung nicht beherrschbar. Folgende Anforderungen müssen dabei erfüllt werden: • frühzeitiges Erkennen von sich abzeichnenden Anomalien, • wirksame Regelkreise, • gesicherter Zugriff auf die relevanten Betriebsmittel, • gesicherte Informationskanäle in die Marktplätze, • IKT-unterstütztes „Schwarzfall“-Szenario, • Systemredundanzen in den Energienetzen zur Reduzierung der Auswirkung von IKT-­Störungen, • Priorisierungsmöglichkeiten zur Versorgung kritischer Infrastrukturen.

Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspektiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „T-4 Dezentralisierung der Energienetzführung mittels IKT unterstützen“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

Bei der Betrachtung ist zu berücksichtigen, dass heute die Durchdringung des IKT-Einsatzes in den Energienetzen auf der Transportebene deutlich höher ist als auf der Verteilebene. Der zunehmende Einsatz von IKT als Garant von Versorgungszuverlässigkeit verdient in Zukunft besondere Beachtung. Dabei könnte sich eine funktionale Trennung zwischen den Systemen als durchaus plausibel erweisen: Getrennt zu betrachten wären jene Systeme, die die Reduktion von Emissionen und die Optimierung des wirtschaftlichen Energie­einsatzes unterstützen, und solche, die vornehmlich für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit ausgelegt sind.

weiterer Ausbau der IKT-Systemunterstützung erforderlich

Heute ist der IKT-Einsatz in den Energienetzen auf der Transport­ebene deutlich höher als auf der Verteilebene.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Handlungsempfehlungen IKT-Anforderungen definieren sowie Notfall- und Schutz­ bedarfe analysieren

systematische Modellierung von Notfallszenarien und Problem­stellungen in der Versorgungsicherheit

Die IKT-Anforderungen im Hinblick auf die Versorgungszuverlässigkeit sollten definiert werden, indem Use Cases und anschließend Notfall- und Schutzbedarfsanalysen erstellt werden. Dies könnte idealerweise in den Arbeitsgruppen geschehen, die unter Führung des BMWi zum Themenbereich Energienetze und Messsystem eingerichtet wurden. Daneben sollte eine systematische Modellierung von Notfallszenarien und Problemstellungen in der Versorgungsicherheit erfolgen. Dabei sind insbesondere Sensitivitäten zu ermitteln, um bei den größten Störeinflussgrößen gezielt mit entsprechendem IKT-Einsatz vorsorgen zu können. Die Use Cases, aus denen sich die Anforderungen an die betreffenden IKT-Systeme ableiten lassen, sollten bis Ende 2014 beschrieben sein. Im Jahr 2015 sollte schließlich der optimale Einsatz zusätzlicher IKT hinsichtlich Architektur, Funktionalität, Schutzbedarf und Durchdringung definiert sein.

Vertiefende Informationen und Referenzen Ausführliche Hintergrundinformationen und Diskussionsperspektiven hat die PG Intelligente Energienetze der AG2 im Dossier „T-5 Versorgungszuverlässigkeit wahren“ zusammengefasst. Das Dossier ist zum freien Download unter www.it-gipfel.de erhältlich.

1.4 Intelligente Energienetze TECHNISCHE EBENE

1.4.2 Übersicht Aktionsplan Intelligente Energienetze 2020 Abgeleitet aus den Bausteinen des Zielbilds Intelligente Energienetze hat die Projektgruppe Empfehlungen für erforderliche Maßnahmen zur Zielerreichung bis zum Jahr 2020 diskutiert. Diese Maßnahmen wurden im Rahmen von zwei Workshops zusammengetragen und anschließend aggregiert. In einem ersten Schritt wurden 120 Handlungsempfehlungen erfasst und zu 83 Maßnahmen gebündelt. Im zweiten Schritt wurden diese nochmals weiter zu 41 Maßnahmen priorisiert und in eine Übersichtsgrafik mit Zeitstrahl verortet (siehe Abbildung 1.4-7). Der Maßnahmenplan betrachtet den Zeitraum der Jahre 2014 bis 2020 und bildet die grobe zeitliche Zuordnung der Empfehlung der Projektgruppe ab. Hierbei wird unterschieden zwischen kontinuierlichen Maßnahmen, die über den gesamten Betrachtungszeitraum durchgeführt werden müssen und Maßnahmen, die etappenweise aufeinander aufbauen und sich dementsprechend zeitlich an­ einander anschließen. Inhaltlich verwandte Maßnahmen sind dabei in übergeordneten Rahmen unter einer gemeinsamen Überschrift zusammengefasst. Analog zum Zielbild Intelligente Energienetze 2020 sind die Maßnahmen in der vertikalen Sicht den fünf Strategieebenen zugeordnet. Die übergreifenden Herausforderungen auf dem Weg der Umsetzung sind ober- und unterhalb des Zeitstrahls in separaten Rahmen mit dunklem Hintergrund herausgehoben. 2014 sind Pilot- und Schaufensterprojekte zu starten. Diese gehen fließend in den Rollout über. Bis 2020 sollten alle Maßnahmen zum Erreichen der Zielbilder vollständig implementiert sein. Dieser Prozess ist im Maßnahmenplan als optisch abgesetztes Dreieck dargestellt, das sich über die Jahre 2014 bis 2020 erstreckt. Die wichtigste kontinuierliche Maßnahme der gesellschaftlichen Ebene ist ein Festlegen der Versorgungsaufgabe, die vor dem Hintergrund sich ändernder Rahmenbedingungen immer wieder neu überdacht werden muss. Die Gestaltung eines Zukunftsdialogs ist eine weitere wichtige Maßnahme. Dazu soll im Zeitraum 2014­ bis 2020 kontinuierlich ein nationaler gesellschaftlicher Dialog aller an der Energiewende Beteiligten und davon Betroffenen stattfinden.

Empfehlungen für erforderliche Maßnahmen zur Zielerreichung bis zum Jahr 2020

grobe zeitliche Zuordnung der Empfehlung der Projektgruppe

2014 sind Pilot- und Schaufensterprojekte zu starten. Diese gehen fließend in den Rollout über.

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116

Aktionsplan Intelligente Energienetze 2020

1.4 Intelligente Energienetze

117

Empfehlungen für Maßnahmen zur Zielbilderreichung − Überarbeitung ENWG insbes. § 14a − Smart Meter Verordnungen − Überarbeitung EEG

rechtlichen Rahmenbedin1 Die gungen behindern den Start

3

Definition Rahmenbedingungen 3. Regulierungsperiode

Europäische Integration des Rechtsrahmens

2014

Installierte Leistung der erneuerbaren Energie (EE) überschreitet heutige Netzkapazität (ca. 100 GW)

Gestaltung des Zukunftsdialogs

5 2015

7

Investitions- und Business-Modelle

2016

9 2017

2018

EE-Anteil Strom 46 % mit 227 TWh/a

- 2020: Abschaltung des letzten KKW - 2030: EE-Anteil Strom 70 %  mit 361TWh/a

Drohender Fachkräftemangel

2019

Legende: Wichtige Rahmendaten x

2020

Herausforderung Maßnahme

Festlegen der Versorgungsaufgaben (kontinuierlich) Institutionalisierung nationaler Dialog „Energiewende gemeinsam gestalten“, Roadmap + Umsetzung  –> über alle Ebenen Analyse und Evaluation neuer Beteiligungsformen

Rahmenbedingungen und Gesetze für neue Beteiligungsformen

Kontinuierliche Begleitforschung Akzeptanz IKT bei Netzentwicklungs­ plänen berücksichtigen und gesellschaftlichen Konsens herstellen Informationskampagne Intelligente Energienetze

Neue Berufsbilder

Aufklärungsarbeit / Informationsaustausch mit Schulen, Ausbildung, Universitäten

EU-Programm „BUILD UP Skills“ nutzen

GESELLSCHAFTLICHE EBENE

Aufsetzen Aus- und Weiterbildungsinitiative

Ausbildungs- und Kombi-Ausbildungskonzept ICT & Energietechnik Ausbildungs- und Studiengänge zu Intelligenten Energienetzen

Rechtliche Rahmensetzung für Marktrollen, deren regulatorische Umsetzung und Fertigstellung Ampelkonzept

Marktrollen und Schnittstellen ausgestalten und iterativ anpassen

Institutionalisieren eines Datenschutzdialogs

RECHTLICHE/ REGULATORISCHE EBENE

Kommunikationsplattformen und -betreiber beschreiben und mit den Marktakteuren umsetzen (Marktkommunikation) Anreizregulierung fortentwickeln, um (IKT-)Investitionen passgenau zu ermöglichen und zusätzliche OPEX abzubilden Rahmenbedingungen und Ausgestaltung für Marktplatz EnergiedienstDefinition und Implementierung eines leistungen definieren geeigneten Bilanzierungsregimes für neuartige Produkte Geschäftsmodell für Flexibilitätsnutzung durch Energienetzbetreiber (u. a. Verrechenbarkeit/Preisstellung)

Schaffung kommerzieller Märkte für verbrauchsseitige Flexibilität Einführung von Demand-ResponseProgrammen

BUSINESS-EBENE

Geschäftsmodell für branchenüber­ greifende Nutzung der Infrastruktur

Fortlaufendes Gremium für übergreifendes Prozess-Framework etablieren (Prozessmodell für das neue System Energiewirtschaft beschreiben, branchenübergreifend)

PROZESS-EBENE Koordination akteursübergreifende Daten- und Management-Prozesse national (ggf. international) Branchenübergreifende standardisierte Technologiekonzepte definieren und Verantwortlichkeiten klären Branchenspezifisches InformationsDefinition der Sicherung des Anforderungsprofil definieren Sicherheitsanforderungen IKT-Betriebs der Energie- und definieren IKT-Infrastrukturen

Rollout

Existierende Standards / Use Cases (auch branchenübergreifend) auf Tauglichkeit prüfen Technisches Datenmodell für Use Cases entwickeln / definieren Notfall- und Schutzbedarfanalysen Klärung Entschei­ dungsstrukturen für Ausbau und Weiterentwicklung der IKT-Infra­ struktur

Modellierung Notfallszenarien

TECHNISCHE EBENE

In Abhängigkeit vom branchenspezifischen Anforderungsprofil Definition IKT unterstütztes „Schwarzfall“-Szenario

Festlegung Kostenträgerschaft (Aufbau IKT-Infrastruktur, laufender Betrieb)

Pilot- und Schaufensterprojekte

Priorisierung kritischer Infrastrukturen Entwicklung wirksamer Regelkreise Sicherung des Zugriffs auf relevante Betriebsmittel

2014 Vorgehen zur Abstimmung 2 Dasder Marktrollen ist unklar.

2015 4

Die Standardisierung ist zu langsam.

2016 6

Fehlende Regeln zum Datenaustausch

Abbildung 1.4-7: Übersicht Aktionsplan Intelligente Energienetze 2020 Quelle: Projektgruppe Intelligente Energienetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

2017 Die Menschen verstehen die 8 Bedeutung des Themas nicht.

2018

2019

über die 10 Unstimmigkeiten Sicherheitsmechanismen

2020


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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

umgehend geeignete rechtliche Rahmen­ bedingungen schaffen

Rahmenbedingungen für einen Marktplatz für Energiedienstleistungen definieren und diesen ausgestalten

branchenübergreifendes Prozessmodell

Notfall- und Schutz­ bedarfsanalysen

Um die Bevölkerung bei der Einführung Intelligenter Energienetze einzubinden, sollten aufeinander aufbauend zunächst eine Analyse und Evaluation neuer Beteiligungsformen stattfinden sowie daraus resultierend die Formulierung von Rahmenbedingungen für neue Beteiligungsformen erfolgen. Dringlichste Aufgabe auf der rechtlichen/regulatorischen Ebene ist es, umgehend geeignete rechtliche Rahmenbedingungen für die Einführung Intelligenter Energienetze zu schaffen. Dazu zählt zunächst die Fortentwicklung einer Anreizregulierung mit dem Ziel, (IKT-)Investitionen stärker zu fördern. Zudem sind Marktrollen und Schnittstellen auszugestalten und iterativ anzupassen sowie Regeln zum Datenaustausch zu erstellen. Zum Thema Datenschutz muss ein kontinuierlicher Dialog aller Beteiligten und Betroffenen erfolgen. Bei allen Maßnahmen ist auf eine europäische Integration des Rechtsrahmens zu achten. Wichtigste kurzfristige Maßnahme der Business-Ebene ist es, die Rahmenbedingungen für einen Marktplatz für Energiedienstleistungen zu definieren und diesen auszugestalten. Darauf aufbauend ist die Schaffung kommerzieller Märkte für verbrauchsseitige Flexibilität ein weiterer wichtiger Schritt bei der Einführung wirtschaftlich funktionierender Intelligenter Energienetze. Auf der Prozess-Ebene gilt es, ein branchenübergreifendes Prozessmodell für das neue System der Energiewirtschaft zu beschreiben. Zu diesem Zweck sollte ein fortlaufend arbeitendes Gremium eingerichtet werden. Daneben sollten akteursübergreifende Daten- und Managementprozesse national und ggf. auch interna­ tional koordiniert werden. Die große Herausforderung dabei ist, dass das Vorgehen zur Abstimmung der Marktrollen unklar und die Standardisierung zu langsam ist. Auf der technischen Ebene gilt es zunächst, branchenübergreifende Technologiekonzepte zu definieren und Verantwortlichkeiten zu klären. Dringend erforderlich sind auch Notfall- und Schutz­bedarfsanalysen im Zusammenhang mit der verstärkten Einführung von IKT bei der Steuerung Intelligenter Energienetze. Darauf aufbauend sind Notfallszenarien zu modellieren und daraus abgeleitete Erkenntnisse umzusetzen. Ziel ist es, bestehende

1.4 Intelligente Energienetze

Unstimmigkeiten über die Sicherheitsmechanismen zu beseitigen. Weitere wichtige Maßnahmen betreffen die Klärung der Entscheidungsstrukturen für den Ausbau und die Weiterentwicklung der IKT-Infrastruktur sowie die Festlegung der Kostenträgerschaft für Aufbau und Betrieb der IKT-Infrastruktur.

Festlegung der Kostenträgerschaft für Aufbau und Betrieb der IKT-Infrastruktur

1.4.3 Analyse Best-Practice-Projekte im Kontext Intelligenter Energienetze Zielsetzung Ziel der Projektgruppe Intelligente Energienetze war die Ausarbeitung eines Maßnahmenplans „Intelligente Energienetze 2020“. Zu diesem Zweck wurden ausgehend von den durch den IT-Gipfel betrachteten fünf strategischen Ebenen und den ermittelten aktuellen Trends im Bereich „Intelligente Energienetze“ Zielbilder ermittelt. In Ergänzung dazu sollten die Zielbilder an den Ergebnissen der Projekte in Forschung, Entwicklung und Demonstrationsinitiativen, die durch den Bund gefördert worden sind, gespiegelt werden. Ziel der Analyse der öffentlich geförderten Projekte im Kontext Intelligenter Energienetze war: • die Identifizierung von Projekten und Maßnahmen, welche im Themenbereich „Intelligente Energienetze“ gefördert wurden und die Bewertung, inwiefern diese die strategischen Ebenen abdecken („Best-Practice-Projekte“), • die Gewinnung eines strukturierten Überblicks über Themen, die auf den strategischen Ebenen von den Fördergebern voran­ getrieben worden sind und • die Identifizierung von Handlungsfeldern.

Gewinnung eines strukturierten Überblicks

119


1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.4 Intelligente Energienetze

Als Ergebnis wurde ein „Projektradar“ angestrebt, das zeigen soll, welche strategische Ebene gut bzw. weniger gut abgedeckt wird (siehe Abbildung 1.4-8).

gu re h/ c li

sch ori lat

Projekt 5

Pr oz e

Projekt 1

kein Projekt

scha

ss

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Re ch t

Business

Gesell

120

kein Projekt

t

Projekt 2

t

Abbildung 1.4-8: Angestrebtes Projektradar Quelle: Projektgruppe Intelligente Energienetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Der durchgeführten Analyse liegen 2.183 Teilprojekte mit einem Gesamtfördervolumen in Höhe von über 1,6 Milliarden Euro zugrunde. Enthalten sind Projekte der Privatwirtschaft, der Wissenschaft und sonstiger Zuwendungsempfänger. Die identifizierten Teilprojekte wurden untersucht u. a. in Hinblick auf • die Abdeckung der strategischen Ebenen, • Themenschwerpunkte und • beteiligte Ministerien. In Summe wurden auf der Grundlage der identifizierten Teilprojekte 89 Förderprogramme und -bekanntmachungen in Hinblick auf den Fördergegenstand 3 bzw. thematische Schwerpunktsetzungen analysiert. Von den 2.183 identifizierten Teilprojekten wurden 2.057 anhand des thematischen Bezuges zu den korrespondierenden Förderprogrammen und Bekanntmachungen 14 Themenfeldern 4 zugeordnet. Schließlich wurden drei „High Priority“-Projekte 5 ausgewählt und in Hinblick auf die Güte des Endberichts, die Konsistenz und den Informationsgehalt sowie die Abdeckung der Strategieebene im Detail untersucht und ausgewertet.

Methodik und Vorgehen

Schlagworte zur Datenbankrecherche identifiziert

Zunächst wurden durch die Projektgruppe mehr als 100 Schlagworte zu den Strategieebenen „Gesellschaftliche Ebene“, „Rechtliche/regulatorische Ebene“, „Business-Ebene“, „Prozess-Ebene“ und „Technische Ebene“ ermittelt. Dabei wurde besonderer Wert auf die Abdeckung von IKT-Themen gelegt. Mittels der Schlagworte1 wurden seit dem 1. Januar 2007 geförderte Projekte (Stand Juni 2013) auf der Basis der zur Verfügung stehenden Datenbank2 identifiziert. 3 Der Fördergegenstand umfasst den Förderzweck (z. B. Förderung industrielle Forschung)

1 Eine Schlagwortsuche ist aufgrund der zur Verfügung stehenden Unterlagen in den Förderpro-

jektdatenbanken nicht einfach zu gestalten. Das liegt unter anderem an der Zuordnungsfähigkeit der Schlagworte zu den Förderprogrammen und an dem deutlich variierenden Detaillierungsgrad der Abschlussberichte. Darüber hinaus können Projektberichte frühestens sechs Monate nach Abschluss der Verbundprojekte bei der Technischen Universität Hannover eingesehen werden. 2 URL: http://foerderportal.bund.de/foekat/jsp/StartAction.do (26.11.2013)

sowie den thematischen Schwerpunkt (z. B. Elektromobilität oder spezifisches Forschungsfeld: Thermische Energiespeicher der zweiten Generation basierend auf bestimmten Materialien). Der Fördergegenstand kann unterschiedlich eng oder breit gefasst sein (sehr spezifischer Fördergegenstand vs. themenoffene Förderung von Forschung und Entwicklung). 4 Die 14 Themenfelder sind Elektromobilität, Energieforschung allgemein, Energieeffizienz, Erneuerbare Energien, Energiespeicher, Energienetze, Energie Integration Netz und Markt, IKT Datengenerierung und -verarbeitung sowie -übertragung, Umwelt und Klimaschutz, Material-, Ressourcen- und Werkstoffforschung, themenoffene KMU-, Gründungs- und Regionalförderung, transnationale Forschung, Bildungsforschung und Verkehr. 5 Auswahl erfolgte anhand der Kriterien Signifikanz (Mindestgröße) und Inhalt (Fokus IKT).

über 2.000 Projekte mit mehr als 1,6 Mrd. Euro Fördervolumen bilden Grundlage der Analyse

89 Förderprogramme analysiert

121


122

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.4 Intelligente Energienetze

Wesentliche Ergebnisse a) Abdeckung der Strategieebenen Nur zu 42 von 109 Schlagworten konnten Treffer 6 gefunden werden, wobei 88 % der Treffer auf nur 10 Schlagworte entfallen (siehe Abbildung 1.4-9). Anzahl Treffer der Top 10 Schlagworte*

0

200

400

600

800

477

Netz und Netztechnologien Netzintegration

220

Ladeinfrastruktur

177

Smart Grid

151

IKT

146

Lastmanagement

1400

536

Speicher

Netzmanagement

1200

1.202

Elektromobilität

Versorgungskonzepte

1000

112 87 57

Mit Blick auf die vom Bund zur Verfügung gestellten Fördermittel ergibt sich folgendes Bild: • 1.286,91 Millionen Euro (= 97,01 % der eindeutig zuordenbaren Förderung i.H.v. 1.326,53 Millionen Euro) für die Strategieebene „Technik“ stehen • 39,61 Millionen Euro (= 2,99 % der eindeutig zuordenbaren Förderung) für die vier weiteren Strategieebenen gegenüber. Im Ergebnis fokussieren die Forschungsprojekte vornehmlich auf die Ebene „Technik“ und hierbei vor allem auf die Entwicklung vorwett­bewerblicher Technologien. Diese eindeutige Zuordnung resultiert aus den Vorgaben der Förderprojektausschreibungen der letzten Jahre. Die Experten der Projektgruppe Intelligente Energienetze sind einheitlich der Meinung, dass für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende neben der Technik auch die Strategieebenen Gesellschaft, Recht und Regulierung wie auch Business im Fokus und Kontext einer Forschungs- und Entwicklungs-Roadmap zu berücksichtigen sind. Hier zeigt die Analyse einen eindeutigen Handlungsbedarf zur Anpassung zukünftiger F&E-Rahmenrichtlinien des Bundes. Prozess-Ebene Förderung: EUR 3,38 Mio. Anzahl Teilprojekte: 5

Technik-Ebene als Schwerpunkt der Förderung

Handlungsbedarf zur Anpassung der Förderpolitik

Gesellschaftliche Ebene Förderung: EUR 17,23 Mio. Anzahl Teilprojekte: 33

Business-Ebene Förderung: EUR 13,31 Mio. Anzahl Teilprojekte: 29

Mehrfachtreffer möglich * Mehrfachtreffer möglich

Abbildung 1.4-9: Anzahl Treffer der Top-10-Schlagworte Quelle: Projektgruppe Intelligente Energienetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Rechtliche/ regulatorische Ebene Förderung: EUR 5,69 Mio. Anzahl Teilprojekte: 10

Technische Ebene Förderung: EUR 1.286,91 Mio. Anzahl Teilprojekte: 1.678

Abbildung 1.4-10: Anzahl Teilprojekte/bewilligte Fördermittel 6 In Projekttiteln (vollständiger Teilprojektname)

Für die verbleibenden 428 Teilprojekte ist eine eindeutige Zuordnung zu Strategieebenen nicht möglich, da Schlagworttreffer auf mehreren Strategieebenen pro Teilprojekt generiert wurden. Quelle: Projektgruppe Intelligente Energienetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

123


124

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Elektromobilität ist stark repräsentiert.

Das Schlagwort „Elektromobilität“ ist gegenüber allen anderen Schlagworten sehr stark repräsentiert. Ein Grund hierfür lag u.a. in der Vielzahl an Projekten, die im Rahmen der Konjunkturpakete durchgeführt wurden. Hinzu kommt, dass das Themenfeld Elektromobilität sehr weit gefasst ist. Die thematische Beschäftigung geht vom Fahrzeug über Batterietechnologien bis hin zu Ladesäulen und Infrastrukturdemonstrationen. Daher kann nicht geschlussfolgert werden, dass dieses Themenfeld „überfördert“ ist. Gerade im Zusammenhang mit der IKT steht das Elektromobil stellvertretend für eine flexible Last und dezentrale Einspeisung (V2G) und damit als Synonym für zukünftig notwendig einzubindende Flexibilitäten in Versorgungsnetzen. Es eröffnete die Chance – im Kontext eines wesentlichen Anwendungsfeldes – Technologien, Prozesse und Demonstrationsvorhaben im Bereich „Intelligente Energienetze“ zu fördern.

1.4 Intelligente Energienetze Anzahl Teilprojekte / bewilligte Fördermittel in Mio. EUR

501,40

476,78

500 400

310,11

323,85

BMU

BMVBS

300 200 100

1,40

0

BMBF

BMELV

BMWi

Abbildung 1.4-11: Auswertung der Fördervolumina nach Ressort Quelle: Projektgruppe Intelligente Energienetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Handlungsempfehlung • Es sollte ein Vorschlag erarbeitet werden, wie der Fokus (ggf: unter welchen Bedingungen) von Forschungsprojekten erweitert werden kann bzw. muss, um ganzheitliche Fragestellungen zu be­antworten, die von hohem gesellschaftlichen Interesse (z. B. Ener­giewende) und großer volkswirtschaftlicher Tragweite (z. B. Intelligente Energienetze) gekennzeichnet sind.

Energienetze“ besteht. Es zeigt sich aber auch, dass „Intelligente Energienetze“ als ein Querschnittsthema betrachtet werden muss, dessen Aspekte sich in verschiedenen Anwendungsszenarien und technologischen Fragestellungen wieder finden. Aus der Involvierung mehrerer Ressorts resultiert Abstimmungsbedarf, um bestimmte Themen nicht zu „überfördern“ und anderen Themen zu wenig Aufmerksamkeit zu widmen.7

b) Ministerienübergreifende Abdeckung des Themas Intelligente Energienetze

Handlungsempfehlung

Im Zuge der Analyse der identifizierten Teilprojekte konnte festgestellt werden, dass sich mehrere Ministerien (teilweise mit signifikanten Fördergeldern) parallel den Themenfeldern im Bereich Intelligente Energienetze widmen. Nachstehende Abbildung 1.4-11 fasst die durch die fünf maßgeblichen Ressorts bewilligten Mittel sowie die Anzahl der Teil­ projekte zusammen. Aus der Höhe der Fördergelder und der Involvierung mehrerer Ressorts kann geschlussfolgert werden, dass eine große Übereinstimmung bezüglich der Bedeutung des Themenfeldes „Intelligente

• Zusammenfassend ist eine ministerienübergreifende Abstimmung zum Thema „Intelligente Energienetze“ unabdingbar. Es sind Abstimmungsbestrebungen deutlich erkennbar. Zu diskutieren ist, wie diese unterstützt und ggf. verstetigt werden können. Ein korrespondierendes Förderprogramm wäre zu entwickeln und – in Abhängigkeit von der Ausgestaltung – bei der Europä­ ischen Kommission zu notifizieren. 7 Diesem Gedanken folgend haben BMWi, BMBF und BMU im Januar 2013 die mit EUR 150 Mio.

Förderung ausgestattete Förderinitiative „Zukunftsfähige Stromnetze“ gestartet, um FuEProjekte in den Bereichen Übertragungs- und Verteilungstechniken sowie Netzplanung und Netzbetriebsführung zu fördern.

Intelligente Energienetze als Querschnittsthema

Abstimmungsbedarf unter den Ressorts

Eine ministerien­ übergreifende Abstim­ mung ist unabdingbar.

125


126

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

c) Die Rolle von IKT-Themen im Bereich Intelligente Energienetze IKT-bezogene Teilprojekte zumeist sehr kleinteilig

Eine Detailanalyse der IKT-bezogenen Teilprojekte zeigte, dass es sich bei den IKT-spezifischen Teilprojekten zumeist um sehr kleinteilige Projekte handelt. Hingegen sind Projekte, bei denen IKT-Technologien spezifisch auf die Themen Netztechnologien, Netzintegration und Elektromobilität angewandt werden, umfassender und damit auch größer. Wird diese Beobachtung gespiegelt an dem allgemein anerkannten Bedarf der Energiewirtschaft an einem „Werkzeugkasten“ an innovativen Betriebsmitteln, Betriebskonzepten sowie Planungsund Simulationstools, um auf die jeweilige Netzsituation und –entwicklung flexibel reagieren zu können, geht die Verknüpfung von IKT-Technologie mit spezifischen Anwendungsfeldern in die richtige Richtung. Handlungsempfehlung • Ein erfolgversprechendes Vorgehen bedarf neben einer zwischen den Ministerien stattfindenden Abstimmung auch einer inner­halb eines Ministeriums ressortübergreifenden Betrachtung des Themas Intelligente Energienetze. Die Verantwortung für dieses Thema sollte daher eindeutig und unangezweifelt bestimmt werden.

d) Projektidentifikation

abschließende Recherche nur bedingt möglich

Da die überwiegende Mehrheit der relevanten Teilprojekte als „Querschnittsthema“ innerhalb relevanter Anwendungsfelder (von verschiedenen Ressorts) gefördert wurde, ist eine abschließende Recherche auf der Grundlage von Förderprogrammen und -bekanntmachungen nur begrenzt möglich. Auch liefert die Filterung der Projekttitel anhand der durch die Projektgruppe erarbeiteten Schlagworte kein abschließendes Bild. Im Ergebnis der Analyse zeigte sich, dass die Recherche der Förderprojekte im Bereich „Intelligente Energienetze“ deutlich aufwendiger als erwartet war.

1.4 Intelligente Energienetze

Handlungsempfehlungen • In einer vertiefenden Analyse – auch unter Einbezug der europäischen Förderinitiativen – muss geprüft werden, welche Frage­ stellungen im Themenkreis „Intelligente Energienetze“ unbeantwortet sind und ob deren Beantwortung durch staatliche Unterstützung maßgeblich beschleunigt werden kann. Auch sollte geprüft werden, wo es Überschneidungen bei der Incentivierung von Maßnahmen gibt. • In einem Top-Down-Ansatz sollten ein Anforderungskatalog sowie eine Roadmap erarbeitet werden, die geeignet sind, eine ressortübergreifende Ressourcenallokation sicherzustellen und „weiße Flecken“ zu vermeiden. Zu diesem Zweck wäre die Institutionalisierung eines nationalen Dialogs „Energiewende gemeinsam gestalten“ zu prüfen.

Prüfungsauftrag Erarbeitung eines Anforderungskataloges und einer Roadmap

e) Gehalt und Dichte der zur Verfügung stehenden Informationen und Dokumentation Im Rahmen eines „Deep Dive“ wurden die Projektabschlussberichte für drei ausgewählte Projekte im Detail analysiert. Des Weiteren wurden die Projektabschlussberichte für circa 20 Teilprojekte im Hinblick auf ihren Detailgrad grob untersucht. Im Ergebnis der Analysearbeiten zeigte sich, dass es keinen einheitlichen Standard in Hinblick auf Qualität, Detailgrad und Struktur der Projektabschlussberichte gibt. Der vorgefundene variierende Informationsgehalt ist umso verwunderlicher, da es einheitlich vorgegebene Strukturen für Projektabschlussberichte gibt. Auch wurde festgestellt, dass bei einzelnen Teilprojekten ein teilweise sehr großer Zeitverzug im Hinblick auf die Hinterlegung an der Technischen Universität Hannover besteht.8 Es ist auffällig, dass der Detailgrad von Projektberichten aus der Industrie von denen aus der Wissenschaft deutlich abweicht. Dies ist jedoch insofern nicht weiter erstaunlich, als dass Industrie­ unternehmen häufig und umfassend Gebrauch von der Möglichkeit

8 Reguläre Frist: sechs Monate nach Projektabschluss

Analyse von Abschlussberichten

abweichender Detailgrad von Projektberichten

127


128

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

machen, Teile des Projektabschlussberichts als Betriebsgeheimnisse zu kennzeichnen. Dieses Vorgehen ist im Interesse der Verwertung der Projektergebnisse (durch den jeweiligen Zuwendungsempfänger) und insofern im Grundsatz nicht zu beanstanden. Wohl aber ergibt sich im Ergebnis der Untersuchung, dass die vorgefundenen Informationen nicht dazu geeignet sind, Auskunft darüber zu geben, inwiefern die Projektergebnisse für die Ziele und Projekte des IT-Gipfels sowie für für weitere Interessensgruppen genutzt werden können. Besteht ein konkreter Bedarf, weitergehende Informationen zu einem geförderten Projekt zu erhalten, bleibt zumeist nur die Möglichkeit, die involvierten Projektpartner direkt zu kontaktieren. Handlungsempfehlungen Qualitätscheck für Projektberichte notwendig

Ziel: Verwendbarkeit für Dritte

Plan-Ist-Abgleich wird empfohlen.

Ableitung neuer F&E-Bedarfe

• Es wird daher vorgeschlagen, zukünftig nach Abschluss eines Projektes die Projektberichte einem Qualitätscheck zu unterziehen. Neben der Forderung, grundsätzlich ein Glossar an Schlagworten zum Inhalt zu machen, muss eine eingehende Redaktion der Berichte mit Blick auf Qualität der Ergebnisse, der Verständlichkeit der Texte und der Verwendbarkeit für Dritte gelegt werden. Beispielsweise können neben dem schlagkräftigen Teil­ projekttitel selbst bis zu zehn das jeweilige Teilprojekt und seine Inhalte umreißende Schlagworte definiert werden. Diese sollten dann mit dem Förderkatalog des Bundes verbunden werden, wodurch die Projektsuche erleichtert würde. Ein analoges Vorgehen findet sich in der Cordis-Datenbank der Europäischen Kommission.9 • Es wird empfohlen, in den Projektberichten verpflichtend einen Plan-Ist-Abgleich der gesteckten (quantifizierten und qualifizierten) Ziele des Förderantrages mit dem tatsächlich erreichten Projektergebnis zu verankern. Überdies sollte der Beitrag zur Forschungsagenda des Bundes herausgearbeitet werden. Aus dem Plan-Ist-Abgleich und dem Beitrag zur Forschungsagenda könnten dann Folgeprojekte bzw. neue Forschungs- und Entwicklungsbedarfe abgeleitet werden. 9 URL: http://cordis.europa.eu/fp7/projects_en.html (26.11.2013); technische Umsetzbarkeit ist

zu prüfen.

1.4 Intelligente Energienetze

1.4.3.1

Fazit

Die Analyse zu „Best Practices“ offenbart, dass im Bereich Intelligente Energienetze eine Vielzahl von (Förder-) Aktivitäten bereits initiiert und unterstützt wurden; die Erstellung eines abschließenden Überblicks ist jedoch nicht möglich bzw. nur mit erheblichem Aufwand erreichbar. Eine konsistente und nachhaltige Abstimmung ist zwingend erforderlich, um die im Maßnahmenplan „Intelligente Energienetze 2020“ identifizierten Bedarfe und „weiße Flecken“ abzudecken bzw. zu schließen. In diesem Zusammenhang ist es unabdingbar, den Diskurs und die Abstimmung zu verstetigen. Die Projektgruppe Intelligente Energienetze begrüßt ausdrücklich einen nationalen Dialog „Energiewende gemeinsam gestalten“.

Nationaler Dialog ist notwendig.

129


130

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

131

1.5 1.1

Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze.............................................. 23

1.2

Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland....................... 35

1.3

Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze.................................. 41

1.4

Intelligente Energienetze........................................................................... 69

1.5 1.5.1 1.5.1.1 1.5.1.2 1.5.1.3 1.5.1.4 1.5.1.5

Intelligente Gesundheitsnetze.......................................................... 131 Zielbild Intelligente Gesundheitsnetze 2020............................................... 131 Gesellschaftliche Ebene............................................................................ 134 Rechtliche/regulatorische Ebene............................................................... 136 Business-Ebene......................................................................................... 142 Prozess-Ebene.......................................................................................... 146 Technische Ebene..................................................................................... 151

1.6

Intelligente Verkehrsnetze......................................................................... 159

1.7

Intelligente Bildungsnetze.......................................................................... 185

1.8

Intelligente Verwaltungsnetze.................................................................... 205

1.9

Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze.................................................... 231

1.10

Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze.................................. 237

Intelligente Gesundheitsnetze 1.5.1

Zielbild Intelligente Gesundheitsnetze 2020

In den letzten zehn Jahren hat sich das Gesundheitswesen dynamisch entwickelt. So sind die Ausgaben im deutschen Gesundheitswesen um rund 33 % auf 263 Milliarden Euro pro Jahr und die Zahl der im Gesundheitswesen Beschäftigten erheblich gestiegen. Im Zuge der demografischen Entwicklung wird es im Gesundheitswesen infolge des weiter steigenden medizinischen Wissens und der wachsenden Arbeitsteiligkeit der Prozesse in der Versorgung und der Veränderung des Umgangs mit Gesundheit in verschiedenen Lebensbereichen und -phasen zu weiteren nachhaltigen Änderungsprozessen kommen. Die intelligente Vernetzung im Gesundheitswesen kann Antworten auf eine Vielzahl unserer zukünftigen Herausforderungen geben. Intelligente Gesundheitsnetze haben das Potenzial, einen wichtigen Beitrag zu Innovation, Wachstum und Fortschritt im Gesundheitswesen und zu weiteren gesellschaftlichen Bereichen zu leisten. Damit Deutschland dieses Potenzial erschließen kann, hat die Projektgruppe Zielvorstellungen für Intelligente Gesundheitsnetze im Jahr 2020 erarbeitet. Davon abgeleitet wurden Handlungsfelder identifiziert und in einem Aktionsplan Vorschläge für Maßnahmen zusammengestellt, was bis wann erreicht werden soll, was dafür zu tun ist, welche

Zielvorstellungen und Aktionsplan wurden erarbeitet.


132

Zielbild Intelligente Gesundheitsnetze 2020

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze

R E CH T L I CH E / R E G U L A T O R I S CH E E bene G ese l l s c h aft l i c h e E bene

Gesetzliche Regelungen ermöglichen neue Wachstumsimpulse

Telemedizin sichert die Versorgung

2020 ist die im Versorgungsstrukturgesetz von 2011 festgelegte Roadmap für den flächendeckenden Wirkbetrieb von Telemedizin umgesetzt. Mehr Rechtssicherheit beim IT-Outsourcing schafft die Grundlage, dass spezialisierte Dienstleister eingesetzt werden können. Die Möglichkeiten der elek­ tronischen Gesundheitskarte werden umfassend genutzt. Wesentliche Zielbildbausteine sind:

2020 steht dem Mehrbedarf an medizinischer Behandlungskapazität ein sich verringerndes Angebot an Medizinern gegenüber. Telemedizin sichert die medizinische Versorgung auch in strukturschwachen Regionen. Individua­ lisierung der Medizin ermöglicht maßgeschneiderte Therapien mit bestmög­ lichen Behandlungsergebnissen. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Individualisierung der Medizin

§ 291 a SGB V Telematikinfrastruktur

§ 80 Abs. 5 SGB X Rechtssicherheit beim Outsourcing

Empowerment der Patientinnen und Patienten

Bessere Gesundheit durch Eigenverantwortung

Effizienz durch innovative Ausblildung

§ 630 a ff. BGB Portabilität elektronischer Patientenakten

Gesundheit

§ 203 StGB Ausgleich zwischen ärztlicher Schweigepflicht und Beauftragung externer IT-Dienstleister §11 BDSG Auftragsdatenverarbeitung

Intelligente Gesundheitsnetze sind das Herzstück der modernen Medizin.

B U S I N E S S - E bene

Wissensmanagement und personalisierte Medizin 2020 werden intelligente Wissensdatenbanken helfen, das stetig wachsende Informationsangebot intelligent zu nutzen, und Behandler und Patienten unterstützen. Insbesondere in der Pharmakologie kann gezielt und individuell behandelt werden. Der klassische erste Gesundheitsmarkt wird zunehmend mit dem zweiten Gesundheitsmarkt durch intelligente IT-Anwendungen vernetzt und bietet weitere qualitätsgesicherte medizinische Zielgruppeninformationen. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Semi-medizinische Angebote Zusammenarbeit und Arbeitsteiligkeit

T e c h nis c h e E bene

Sensorik, Miniaturisierung, Robotik, Expertensysteme, IoE 2020 profitieren Patienten, Heilberufler und Gesundheitssystem von den Fortschritten der Genom-Analyse und personalisierten Medizin, der Miniaturisierung der Sensoren mit den verstärkten Möglichkeiten der dezentralen Diagnostik und Therapie, der Videokommunikation sowie den unterstützenden und entlastenden Funktionen, die Avatare, medizinische Expertensysteme, Roboter und elektronische Gesundheitsakten zur Verfügung stellen. Das Internet of Everything vernetzt diese Komponenten und bildet so die Grundlage der Intelligenten Gesundheitsnetze. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Genom-Analyse

Miniaturisierte Sensorik

Expertensysteme/Big Data/Robotik/IoE

Standard-basierte, internationale Interoperabilität

Medizinische Zielgruppeninformationen Steigender Bedarf an Betreuung Personalisierte Medizin

P R O Z E S S - E bene

Patientensicherheit und personalisierte Medizin 2020 ist eine lückenlose medizinische Versorgung auch in dezentralen Regionen durch ein enges Zusammenspiel der Leistungserbringer mit IT-Unterstützung sichergestellt. Der Patient wird in seinem häuslichen Umfeld mit IT sowie Sensorik und Aktorik unterstützt, um Gefahrensituationen abzuwenden. Alle für den Versorgungsprozess relevanten Daten stehen allen entsprechenden Leistungserbringern zur Verfügung. Die Semantiken und Ontologien der unterschiedlichen Systeme sind interoperabel. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Dezentralisierte medizinische Leistungserbringung

Versorgungseinheiten überschreitende Datenbereitstellung

IT-Assistenzsysteme

Förderliche Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit und Delegation

Abbildung 1.5-1: Zielbild Intelligente Gesundheitsnetze 2020 – Übersicht Quelle: Projektgruppe Intelligente Gesundheitsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

133


134

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Prozesse aufgesetzt werden sollten und welche Ressourcen zur Zielerreichung notwendig sind. Dabei wurden aktuelle Trends im Gesundheitswesen, in der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Erfahrungen aus geeigneten Best-Practice-Projekten berücksichtigt.

1.5.1.1

G ESELL SC HAF TLI C HE EB ENE

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze GESELLSCHAF TLICHE EBENE

Bessere Gesundheit durch Eigenverantwortung

Bürgerinnen und Bürger wollen eine immer individuellere und selbstbestimmte medizinische Behandlung. Diese Entwicklung ist als „Quantified-Self-Bewegung“ bekannt. Hier werden von chronisch Kranken verschiedenste gesundheitsbezogene Daten durch elektronische Medien dokumentiert und können beispielsweise in sozialen Netzwerken oder Communities veröffentlicht werden. Selbstdokumentation und Selbstmotivation werden hier angestrebt, um so einen verbesserten Gesundheitszustand zu erreichen.

Telemedizin sichert die Versorgung 2020 steht dem Mehrbedarf an medizinischer Behandlungskapazität ein sich verringerndes Angebot an Medizinern gegenüber. Telemedizin sichert die medizinische Versorgung auch in strukturschwachen Regionen. Individualisierung der Medizin ermöglicht maßgeschneiderte Therapien mit bestmöglichen Behandlungsergebnissen.

Individualisierung der Medizin

2020 hat sich die Denkweise der Medizin geändert und ermöglicht eine Entwicklung hin zu individualisierten Therapieansätzen, die für den einzelnen Patienten die bestmöglichen Behandlungsergebnisse erzielen. Das höchste Maß an Wirkung für die Patientinnen und Patienten ist das erklärte Ziel dieses Trends bei gleichzeitiger maxi­ maler Reduktion der Nebenwirkungen. Dabei wird nicht mehr der frühere Ansatz verfolgt, wirksame Medikamente für eine möglichst breite Patientengruppe zu entwickeln.

„Empowerment“ der Patientinnen und Patienten

Bürgerinnen und Bürger werden 2020 als Patientinnen und Patienten umfangreich in die medizinische Behandlung und Entscheidungsfindung integriert sein. Unter Empowerment versteht man eine Übertragung der Verantwortung auf denjenigen, der Leistungen erbittet, wodurch eine aktivere Haltung der Patientin und des Patienten bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung mit dem Arzt realisiert wird.

Best-Practice-Projekte Teleintensivmedizin (TIM 1) Das Ziel von TIM ist es, durch die Entwicklung einer innovativen telemedizinischen Plattform hochspezialisierte, qualitativ exzellente universitäre Intensivmedizin in die Fläche zu bringen. Auf diese Weise soll die Qualität in den ländlichen Einrichtungen verbessert werden, um zusätzliche Leben zu retten und den Wunsch der Pa­ tientinnen und Patienten nach einer optimalen Behandlung und Versorgung erfüllen zu können. Dies bedeutet: • Verbesserte Diagnostik von lebensbedrohlichen Erkrankungen, • Verbesserte leitliniengerechte Therapie von lebensbedrohlichen Erkrankungen, • mehr Überlebende, • gendergerechtes Arbeitsumfeld, • Sicherstellung der Versorgung in der Fläche. Alltag mit Telemedizin erfolgreich meistern (A.T.e.m.2) Ziel ist es, COPD-Patienten (Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung) den Umgang mit ihrer Erkrankung zu erleichtern und sie ganzheitlich und kontinuierlich dabei zu unterstützen, ihren Alltag zu Hause erfolgreich zu meistern. 1 Vgl. URL: http://www.uk-aachen.de/go/show?ID=23839664&DV=0&COMP=page&ALTNAVID=2

3909326&ALTNAVDV=0 (14.12.2013) 2 Vgl. URL: http://www.rbk.de/atem (14.12.2013)

Quantified-SelfBewegung

Selbstdokumentation und Selbstmotivation für verbesserten Gesundheitszustand

135


136

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft Effizienz durch innovative Ausbildung

Aufnahme von telemedizinischen Konzepten in die Ausbildungs- und Prüfungsordnung

Die Integration von E-Health und Telemedizin als fester Bestandteil der medizinischen und pflegerischen Aus-, Fort- und Weiterbildung ist ein wichtiger Eckpfeiler, um eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe Versorgung zu gewährleisten, obwohl regional die Zahl von Ärzten und Pflegekräften aufgrund der demografischen Entwicklung abnimmt. Dafür ist die Aufnahme von telemedizinischen Konzepten und E-Health in die Curricula sowie Ausbildungs- und Prüfungsordnungen erforderlich. Notwendige Aktivitäten: • Informationsaustausch und Aufklärung, um die Akzeptanz telemedizinischer Behandlungen zu erhöhen. • Gewährleistung der Förderung innovativer Telemedizinprojekte, um die nötige Entwicklung voranzutreiben. • Enge Vernetzung zentraler und dezentraler Gesundheitseinrichtungen, um eine bestmögliche Zielerreichung zu garantieren.

1.5.1.2

R EC HTLI C HE/REG UL ATO RISC HE EB ENE

Gesetzliche Regelungen ermöglichen neue Wachstumsimpulse 2020 ist die im Versorgungsstrukturgesetz von 2011 festgelegte Roadmap für den flächendeckenden Wirkbetrieb von Telemedizin umgesetzt. Mehr Rechtssicherheit beim IT-Outsourcing schafft die Grundlage, dass spezialisierte Dienstleister eingesetzt werden können. Die Möglichkeiten der elek­ tronischen Gesundheitskarte werden umfassend genutzt.

§ 291 a SGB V Telematikinfrastruktur § 630 a ff. BGB Portabilität elektronischer Patientenakten § 80 Abs. 5 SGB X Rechtssicherheit beim Outsourcing

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze RECHTLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

§ 203 StGB Ausgleich zwischen ärztlicher Schweigepflicht und Beauftragung externer IT-Dienstleister

§11 BDSG Auftragsdatenverarbeitung

Mit § 291a SGB V ist eine belastbare rechtliche Grundlage zur Einführung eines Gesundheitsnetzes geschaffen worden. Allerdings bestehen auch weiterhin Hindernisse für einen Ausbau hin zu einem Netz für Gesundheitsdienstleistungen. Im deutschen Gesundheitssystem steht die Vernetzung der diversen elektronischen Systeme des ambulanten und stationären Sektors zur besseren Patientenversorgung erst am Anfang. Der erste Schritt war die Ausstattung der Arztpraxen mit Kartenlesern und die Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte mit Chip und Lichtbild an die Versicherten. Bisher fehlen aber Online-Anwendungen für die neue elektronische Gesundheitskarte. Damit ist der Mehrwert gegenüber der alten Krankenversichertenkarte sehr begrenzt. Zudem besteht Unklarheit bei den Rechten zum Schreiben und Lesen von Daten bei den sogenannten nicht-verkammerten Berufen (Gesundheits- und Krankenpfleger, Altenpfleger, Physiotherapeuten und Gesundheitshandwerker). Daher sollte für diese Berufsgruppen eine Ergänzung in § 291a SGB V erfolgen. Bis heute ist das Informationsmanagement in der Pflege in hohem Maße papierbasiert. Hierdurch sind die Pflegeprozesse fehleranfällig und kostenintensiv. Gerade in der häuslichen Pflege fehlt eine elektronische Unterstützung.

Zielbild Intelligente Gesundheitsnetze bewirken Effizienzgewinne und schaffen neue Wachstumsimpulse für ein flächendeckendes Gesundheits- und Pflegesystem auf höchstem Niveau. Eine intelligente Vernetzung bestehender elektronischer Informationssysteme im Gesundheitsbereich erhöht die Qualität und Effizienz der Gesundheitsversorgung (z. B. Arzneimitteltherapiesicherheit durch Wechselwirkungschecks durch den verschreibenden Arzt wie den Apotheker, Notfalldatenmanagement durch

Mehrwert der elek­ tronischen Gesund­ heitskarte derzeit noch sehr begrenzt

Informations­ management in der Pflege papierbasiert

137


138

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Ausbau medizinischer Mehrwertanwendungen

Gesundheitskarte kann dem Anspruch an Datensparsamkeit und Selbstbestim­ mung des Patienten gerecht werden.

hinterlegte Notfalldaten auf der Gesundheitskarte, sichere Kommunikation zwischen Klinik und niedergelassenem Arzt, Migration von Gesundheitsdaten durch klinische Fallakte etc.). Die Anwendungen sind überwiegend bereits in § 291a SGB V festgelegt, aber auch zehn Jahre nach Verabschiedung der gesetzlichen Grund­ lagen ist mit dem Wirkbetrieb einiger Basisanwendungen wie dem Online-Stammdatendienst und der elektronischen Signatur nicht vor Anfang 2015 zu rechnen. Der zügige Ausbau medizinischer Mehrwertanwendungen hat weiterhin eine hohe Priorität. Immer wieder wurde über die Möglichkeiten der elektronischen Gesundheitskarte als Speicherort für Dokumente wie Notfalldaten, Impfpass, Organspendeausweis, Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht nachgedacht. Die technischen Möglichkeiten, die die elektronische Gesundheitskarte bietet, sollten genutzt werden: Die elektronische Gesundheitskarte ist als Speicher in Patientenhand bestens geeignet, dem Anspruch an Datensparsamkeit und Selbstbestimmung des Patienten gerecht zu werden.

Handlungsempfehlungen

Berufsgruppierun­ gen und GKV-Spitzen­ verband sollten sich über Telematik-Infra­ struktur verständigen

Erforderlich: elektronische Pflegedokumentation

1. Zügige Umsetzung der Online-Vernetzung Stufe 1 Notwendig ist die zügige Umsetzung der Online-Vernetzung Stufe 1 mit dem Online-Versichertenstammdatensatz: Wirk­betrieb in allen deutschen Arztpraxen spätestens 2015, d. h. Rollout der elektronischen Signatur für Ärzte und Aufbau eines Gesundheitsfachberufe-Registers für die nicht-verkammerten Heilberufe. Um die bisher offene Frage, welche konkreten Prozess- und Kostenvor­teile z. B. für Hebammen oder Krankengymnasten entstehen, sollten sich die betroffenen Berufs­gruppierungen und der GKV-Spitzenverband über die Vorteile einer Nutzung der Telematik-Infrastruktur verständigen. 2. Strategie zur Einführung einer elektronischen Pflegedokumentation für die ambulante, teilstationäre und stationäre Pflege Erforderlich ist eine Strategie zur Einführung einer elektronischen Pflegedokumentation für die ambulante, teilstatio­ näre und stationäre Pflege. In einem ersten Schritt sollten sich

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze RECHTLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

zunächst die betroffenen Organisationen auf Maßnahmen zur Einführung einer elektronischen Pflegedokumentation verständigen und diese dann als Grundlage für einen konsentierten Einführungsprozesses nutzen. 3. Strategie inklusive Zeitplan zur Einführung von elektro­ nischen Fallakten in Kliniken und von Arznei­mittelTherapiesicherheit Empfohlen wird eine verbindliche Strategie inklusive Zeitplan zur Einführung von elektronischen Fallakten in Kliniken und von Arznei­mittel-Therapiesicherheit (elektronisches Rezept oder sonstige elektronische Dokumentation der verschriebenen Medikamente).

elektronische Fall­ akten und ArzneimittelTherapiesicherheit

4. Einführung des elektronischen Rezepts Durch das politische Moratorium der Patientenakten und des elektronischen Rezepts sind diese medizinischen Mehrwertanwendungen, die für Patienten wie auch Ärzte einen hohen Nutzen bringen würden, gestoppt worden. Hierbei kann es nicht bleiben, denn eine elektronische Dokumentation ist der wichtigste Baustein, um sicherzustellen, dass der Patient tatsächlich Herr seiner Daten sein kann. Mit § 291a SGB V ist der Rahmen für die Einführung des elektronischen Rezepts als Basis einer Arzneimitteltherapiesicherheit geschaffen worden. Diese gesetzlichen Bestimmungen müssen nun auch umgesetzt werden. 5. Elektronische Kopie von Patientendaten Mit dem Patientenrechtegesetz ist der Anspruch des Patienten auf Einsicht in seine Patientendaten statuiert worden. § 630g BGB räumt dem Patienten das Recht ein, Einblick in seine Patienten­akte zu nehmen und gegebenenfalls Abschriften zu erhalten. Klargestellt wurde hierbei insbesondere auch, dass der Patient verlangen kann, dass er elektronische Kopien erhält. Denn das Recht auf Einsicht in die Patientenakten bleibt dann wirkungslos, wenn durch die Höhe der Aufwandsvergütung für den Patienten empfindliche Kosten entstehen. Gerade bei langjährigen Behandlungsverhältnissen können Papierkopien aus einer Patientenakte schnell teuer werden. Das Informationsrecht des Patienten darf eben nicht über hohe Kosten ausgehebelt

Anspruch des Patienten auf Einsicht in seine Daten

139


140

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

werden, insbesondere dann nicht, wenn eine kostenneutrale oder jedenfalls sehr kostengünstige Alterna­tive in Form der elektronischen Kopie besteht. Dabei ist es dem Arzt besonders wichtig, dass er den Teil der Akten von der Patienteneinsicht ausnehmen kann, der seine subjektiven Eindrücke oder Wahrnehmungen enthält. Bei Papierakten ist dies nur manuell möglich und somit gerade bei umfangreichen Akten, die über viele Jahre entstanden sind, mit erheblichen Kosten verbunden. Demgegenüber erlauben elektronische Systeme eine einfache Trennung von Fakten und ärztlicher Bewertung. Um sicherzustellen, dass das Patientenrecht nicht nur auf dem Papier besteht, sollte daher gerade die elek­ tronische Kopie von Patientendaten gefördert werden.

telemedizinische Betreuung von Herzrisikopatienten fast 200 tele­ medizinische Pilot­ projekte bundesweit

6. Ausbau der Telemedizin Eine Herausforderung ist der weitere Ausbau der Telemedizin. Beispiele dafür sind Schlaganfallnetzwerke, die die neurologische Betreuung von Patienten in Bayern sicherstellen, oder die telemedizinische Betreuung von Herzrisikopatienten in abgelegenen Regionen Brandenburgs. Bundesweit gibt es fast 200 Pilot­projekte, die ausgeweitet und schrittweise in den Regelbetrieb überführt werden müssen. Im Versorgungsstrukturgesetz von 2011 ist eine Roadmap für den flächendeckenden Wirkbetrieb von Telemedizin im Grundsatz festgelegt worden. Diese gesetzlichen Regelungen müssen nun auch von der Selbstverwaltung umgesetzt werden. 7. Mehr Rechts­sicherheit beim IT-Outsourcing Hohe Sicherheitsstandards in der Gesundheits-IT sind ohne spezialisierte Dienstleister nicht zu gewährleisten. Mehr Rechts­ sicherheit beim IT-Outsourcing erfordert eine Anpassung gesetz­ licher Regelungen an den aktuellen Stand der Technik. Durch § 80 Abs. 5 SGB X werden die Möglichkeiten des Outsourcings für Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft eingeschränkt. Die Vorschrift besagt, dass der „überwiegende Teil der Speicherung des gesamten Datenbestandes“ beim Auftraggeber bzw. einem öffentlich-rechtlichen Auftragnehmer verbleiben muss (§ 80 Abs. 5 Nr. 2 SGB X). Der Wortlaut kann einengend so verstanden werden, dass der überwiegende Teil der

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze RECHTLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

Daten „physisch“ innerhalb der Mauern des auftraggebenden Hauses bleiben muss. Dies erschwert eine Beauftragung externer privater Dienstleister. Eine weite Auslegung würde demgegenüber bedeuten, dass es nur auf die Verfügungsbefugnis über die Daten ankommt – unabhängig davon, wo sie sich befinden. Auslagerungen in größerem Umfang wären somit erlaubt. Moderne Verschlüsselungskonzepte ermög­lichen eine verstärkte Nutzung der Synergiepotenziale durch private Dienstleister.§ 80 Abs. 5 SGB X entspricht nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik, da mit der hochsicheren Datenauslagerung auf einen mandantenfähigen oder dedizierten Server die Kontrollmöglichkeiten des Auftraggebers sichergestellt werden können. 8. Gehilfengemeinschaft für IT-Dienstleister anerkennen: Eine weitere Hürde, die den Wettbewerb im Gesundheitsnetz behindert, ist die weitreichende Regelung zur ärztlichen Verschwiegenheitspflicht nach § 203 Strafgesetzbuch (§ 203 StGB). Wenn ein privater Dienstleister als Auftragnehmer im Rahmen von Wartungsarbeiten oder zwecks Störungsbeseitigung in die Systeme einer Arztpraxis oder einer Klinik eingreifen muss und dabei Kenntnis von einem oder mehreren Datensätzen erhält, kann es zu einem Konflikt mit der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht kommen. Nach der herrschenden Meinung zählen externe technische Dienstleister nicht zu den in § 203 Abs. 3 Satz 2 StGB definierten „berufsmäßig tätigen Gehilfen“ der Angehörigen von Heilberufen. Damit bewegt sich der Arzt, der einen Dienstleister mit der Wartung seines Systems beauftragt und diesem dabei auch (jedenfalls theoretisch) Zugang zu Patientendaten ermöglicht, zumindest in einer rechtlichen Grauzone. § 203 StGB kann der gewandelten Aufgabenverteilung zwischen Arzt und IT-Dienstleistern nicht mehr gerecht werden. Ebenso wie Sprechstundenhilfen, MTA und andere Gehilfen des Arztes, die arbeitsvertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, werden auch externe Dienstleister durch die Verträge zur Verschwiegenheit verpflichtet. Es ist daher naheliegend, künftig auch IKT-Spezialisten als „Gehilfen“ im Sinne des Gesetzes anzusehen. Gerade mit Blick auf die besonders enge Anbindung in Auftragsdatenverarbeitungsverhältnissen, wie sie § 11 BDSG vorsieht, der den Dienstleister de facto einer internen Abteilung

§ 80 Abs. 5 SGB X entspricht nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik.

Verschwiegen­ heitspflicht als weitere Hürde

§ 203 StGB wird der heutigen Situation nicht mehr gerecht.

141


142

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

des Auftraggebers gleichstellt und ihn zum „weisungsgebundenen Mitarbeiter“ macht, ist nicht nachzuvollziehen, warum externe IT-Dienstleister insoweit nicht als Gehilfen im Sinne von § 203 StGB behandelt werden. Damit entfiele beim Zugriff auf Patientendaten das Merkmal des Offenbarens von Daten und somit auch die Rechtsunsicherheit zu Lasten des beauftragenden Arztes. Alternativ zur Ausdehnung der Gehilfen­eigenschaft wäre eine Anerkennung von § 11 BDSG als Rechtfertigungstatbestand gemäß § 203 StGB denkbar. Dies hätte zur Folge, dass die Verarbeitung durch einen zuverlässigen externen Dienstleister nicht mehr den Tatbestand des „unbefugten Offenbarens“ im Sinne des § 203 StGB verwirklicht.

1.5.1.3

B USINES S - EB ENE

Wissensmanagement und personalisierte Medizin 2020 werden intelligente Wissensdatenbanken helfen, das stetig wachsende Informationsangebot intelligent zu nutzen, und Behandler und Patienten unterstützen. Insbesondere in der Pharmakologie kann gezielt und individuell behandelt werden. Der klassische erste Gesundheitsmarkt wird zunehmend mit dem zweiten Gesundheitsmarkt durch intelligente IT-Anwendungen vernetzt und bietet weitere qualitätsgesicherte medizinische Zielgruppeninformationen.

Folgende Zielbildbausteine werden die Entwicklung Intelligenter Gesundheitsnetze auf der Business-Ebene beeinflussen: Dynamische Entwicklung semi-medizinischer Angebote (Webseiten, Apps) auf dem zweiten Gesundheitsmarkt

zweiter Gesundheitsmarkt

Neben dem ersten Gesundheitsmarkt, der solche Anwendungen und Dienste umfasst, die aus Beitragsmitteln der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden, entwickelt sich zunehmend ein sekundärer, zweiter IT-Gesundheitsmarkt, der zielgruppengenaue Angebote für eine stets wachsende Nachfrage nach Dienstleistungen der zunehmend souveräner werdenden Kunden entwickelt. Intelligente Informationsdienste und Wissensdatenbanken unterstützen den Trend, bisher ausschließlich den Professionals vorbehaltene Informationen nicht nur zugänglich, sondern

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze BUSINESS - EBENE

auch verständlich zu machen. Durch intelligente Vernetzung mit wissensbasierten Unterstützungssystemen wird der heutige „Patient“ zum „aufgeklärten kritischen Patienten“, der sich noch aktiver an Präventions- und Behandlungsprozessen beteiligen kann und diese Beteiligung zunehmend einfordert. Die Just-in-time-Verfügbarkeit medizinischer Informationen intelligenter Wissensdatenbanken und deren Vernetzung mit den kontinuierlich gemessenen und gespeicherten medizinischen Daten der Anwender fordern einen veränderten Umgang mit diesen Anwendern und stellen die medizinischen Fachberufe vor neue Herausforderungen. Weiterentwicklung des ersten Gesundheitsmarktes um Angebote, die qualitätsgesichert medizinische Zielgruppeninformationen bereitstellen

Der erste Gesundheitsmarkt wird sich zunehmend mit Angeboten des zweiten Gesundheitsmarktes auseinandersetzen müssen. Es ist zu erwarten, dass der Bedarf steigen wird, erhobene Informationen im Interesse der Patientinnen und Patienten um qualitätsgesicherte, medizinische Individualdaten zu ergänzen, zu interpretieren und individuell auf den jeweiligen Fall zugeschnittene Unterstützungsansätze zu formulieren, kurz: in Angebote für den ersten Gesundheitsmarkt zu integrieren. Nach wie vor werden die Gesundheitsberufe die Therapieentscheidung treffen. Diese kann mittels IKT-Anwendungen jedoch auf eine breitere Wissensund Datenbasis gestützt werden. Die am Behandlungsprozess beteiligten Professionen werden infolge zunehmend arbeitsteiliger Prozesse zunehmend auch vernetzt arbeiten, um die Vielfalt der vorhandenen Informationen richtig interpretieren zu können. Die Gesundheits-IT wird entsprechende Angebote entwickeln, die den Behandlern den Raum geben, sich optimal um den Patienten und dessen Wohl zu kümmern.

Herausforderungen für den ersten Gesundheitsmarkt

IKT-Anwendungen haben nachhaltige Auswirkungen auf Zusammenarbeit und Arbeitsteiligkeit der Versorgung

Die Vernetzung der Welt wird nachhaltige Auswirkungen auf die Zusammenarbeit und Arbeitsteilung in der medizinischen Versorgung und Pflege haben. Die telemedizinische Behandlungsunterstützung wird in Zukunft ein übliches Verfahren werden. Bestehende Versorgungsangebote werden erweitert: In weniger erschlossenen

telemedizinische Behandlungs­ unterstützung

143


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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Regionen werden mobile Angebote ebenso selbstverständlich angenommen werden wie hochspezialisierte Leistungsangebote bei einzelnen Krankheiten und in Notsituationen. Dafür bedarf es einer steten Verfügbarkeit der für den Behandlungsprozess relevanten Daten – über alle Ländergrenzen hinweg.

Steigender Bedarf an Betreuung im häuslichen Umfeld und in Pflegeeinrichtungen Trend zur Verlagerung ins häusliche Umfeld

IT-Assistenzsysteme

Der Trend zur Verlagerung der Leistungserbringung und Betreuung in das häusliche Umfeld der Betroffenen wird zunehmen. Der Wunsch nach einer wohnortnahen Betreuung wird sowohl die ambulanten als auch die stationären Versorgungsangebote ändern. Um eine Behandlung und Betreuung im häuslichen Umfeld so früh wie möglich zu integrieren, bedarf es IKT-basierter Unterstützungssysteme. Die Auswirkungen auf die arbeitsteilig organisierten Versorgungs- und Betreuungsprozesse von ärztlichen und nichtärztlichen Berufen stellen für die betroffenen Organisationen weitere Herausforderungen dar. IT-Assistenzsysteme werden zunehmend weiterentwickelt, um zusätzliche Funktionen erweitert und intelligent vernetzt, sodass beispielsweise intelligente Eskalationsstufen notwendige Prozesse automatisch anstoßen können.

Wachsende Bedeutung der personalisierten Medizin

Intelligente Wissensdatenbanken haben das Potenzial, das stetig wachsende Informationsangebot zum Nutzen der Behandler und der souveränen kritischen Patienten zielgruppengenau zu organisieren. Das Wissen und die aufgrund der Informationen gewonnenen Erkenntnisse über individuelle Wirkzusammenhänge können z. B. die Entwicklung und Anwendung pharmazeutischer Behandlungen nachhaltig verändern und bedürfen geeigneter Informa­ tionsmanagementsysteme, die zugleich den weiter wachsenden Schutzbedarfen individualisierter Behandlungsprofile Rechnung tragen.

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze BUSINESS - EBENE

Handlungsempfehlungen Vor dem Hintergrund dieser Trends sind aus Sicht der Projektgruppe folgende kurzfristigen Maßnahmen notwendig: 1. Die Vernetzung der am Behandlungsprozess Beteiligten muss sowohl intrasektoral als auch intersektoral ermöglicht werden. Dies bedingt den offenen Zugang zu interoperablen Systemen und die Verfügbarkeit der für den Behandlungsprozess erforderlichen Daten, und zwar für alle am Versorgungsprozess Beteiligten, sofern sie diese Daten für die Behandlung benötigen. Voraussetzung hierfür ist, einen für die Beteiligten belastbaren Prozess zu implementieren, mit dem semantische und technische Interoperabilitätsprobleme unter Berücksichtigung internationaler Bestrebungen und Standards ermöglicht werden. 2. Es sind geeignete Maßnahmen erforderlich, mit denen die Ergebnisse der nationalen und internationalen Standardisie­ rungs- und Profilierungsaktivitäten aufgenommen und nationale Anforderungen in die Gremienarbeiten auf internationaler Ebene eingebracht werden können. 3. Um telemedizinische Anwendungen zu ermöglichen, sollten aus berufsrechtlicher, datenschutzrechtlicher und rechtlicher Perspektive bestehende Unsicherheiten durch geeignete Klarstellungen beseitigt werden, ohne dabei die Patientensicherheit zu gefährden oder die informationelle Selbstbestimmtheit des Einzelnen in Frage zu stellen. Telemedizinische Anwendungen müssen eine nachhaltige und anreizorientierte Unterstützung erfahren. Für geeignete Krankheitsbilder ist eine flächendeckende Erbringung und Abrechnung geeigneter telemedizinischer Behandlungen schnellstmöglich zu realisieren. 4. Auf Basis der schnellstmöglich vorzulegenden Umsetzungsergebnisse der gesetzlichen Vorgabe zur Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes ist zu prüfen, ob und welche weitergehenden, gegebenenfalls auch rahmensetzenden Ansätze erforderlich sind, um die Verbreitung und Nutzung von E-Health-Anwendungen zu forcieren.

intra- und inter­ sektorale Vernetzung

nationale Anforderun­ gen in die internationale Gremien­arbeit einbringen

nachhaltige und anreiz­ orientierte Unterstützung

einheitlicher Bewertungsmaßstab

145


146

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.5.1.4

P ROZES S - EB ENE

Patientensicherheit und personalisierte Medizin Eine lückenlose medizinische Versorgung ist auch in dezentralen Regionen durch ein enges Zusammenspiel der unterschiedlichen Leistungserbringer mit IT-Unterstützung sichergestellt. Der Patient wird in seinem häuslichen Umfeld mit IT sowie Sensorik und Aktorik unterstützt, um Gefahrensituationen zielgerichtet abzuwenden. Alle für den Versorgungsprozess relevanten Daten stehen allen entsprechenden Leistungserbringern zur Verfügung. Die Semantiken und Ontologien der unterschiedlichen Systeme sind interoperabel.

Die Zielbildbausteine im Bereich Prozesse der Gesundheitsnetze entwickeln sich vor dem Hintergrund einer relativen Abnahme qualifizierten Personals im Gesundheitsbereich sowie der Bemühungen, Kostensteigerungen im Gesundheitswesen möglichst zu vermeiden bzw. gering zu halten. Gefördert werden diese Trends durch eine rasch voranschreitende technische Entwicklung im Bereich der Sensorik, der Datenanalyse (Big Data) und einfach bedienbarer, kostengünstiger multifunktionaler Ein-/Ausgabegeräte (Tablets, Smartphones …).

Dezentralisierte medizinische Leistungserbringung

dezentralisierte medizinische Leistungserbringung

Die dargestellten Veränderungen des Umfelds eröffnen große Möglichkeiten für die dezentralisierte medizinische Leistungs­ erbringung. Der Patient muss nicht mehr wie bislang zum Leistungserbringer kommen bzw. gebracht werden, sondern kann medizinische Leistungen in seinem häuslichen Umfeld oder in der Pflegeeinrichtung nutzen. Dadurch werden ihm nicht nur oft sehr mühsame Wege erspart. Vielmehr wird auch eine sehr viel engmaschigere Betreuung ermöglicht, die zu einer zielgerichteten Inanspruchnahme medizinischer Leistungen zum jeweils richtigen Zeitpunkt führt. So können einerseits unnütze Arztbesuche, die die knappe Ressource ohne Nutzen auslasten, und andererseits ein zu später Beginn oder eine verspätete Änderung der Behandlung vermieden werden. Erhöhen doch frühzeitig eingeleitete bzw. angepasste therapeutische Maßnahmen die Chancen, ein besseres Behandlungsergebnis zu erzielen und eine lang dauernde, aufwendige Behandlung zu verhindern.

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze PROZESS - EBENE

Versorgungseinheiten-überschreitende Datenbereitstellung

Die Verfügbarkeit umfangreicher Patientendaten wie zum Beispiel Vitalparameter, Symptome, Umgebungseinflüsse, Ernährung, Bewegung und Schlafverhalten von chronisch erkrankten Patienten sowie die Zusammenführung in aggregierten Datenbanken ermöglicht deren Analyse für ein personalisiertes therapeutisches Vorgehen. Das individuelle Ansprechen auf Medikamente, Ernährung, Bewegung und sonstige Umgebungsfaktoren werden dabei zunächst erfasst und mit anderen Patienten unter Einbeziehung möglichst vieler Paramater verglichen. Mit dieser Analyse kann dem Patienten und dem Betreuer sehr genau dargestellt werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit Veränderungen der Therapie und des Verhaltens das individuelle Risiko verändern können. Entsprechend können Patient und Betreuer gemeinsam auf hohem Informationstand das Vorgehen gemeinsam festlegen.

Verfügbarkeit umfang­ reicher Patientendaten ermöglicht persona­ lisiertes therapeu­ tisches Vorgehen.

IT-Assistenzsysteme

Wenn so umfangreiche Daten interoperabel zusammengeführt werden, kann damit auch das medizinische Personal durch IT-Assistenzsysteme bei seiner täglichen Arbeit unterstützt werden. Die Aufgaben werden dann verstärkt unter Berücksichtigung der Tätigkeiten und Ergebnisse der anderen am Versorgungsprozess beteiligten Akteure definiert und geplant. Die Zusammenarbeit wird im Interesse der Verbesserung von Qualität und zur Reduktion der Kosten massiv zunehmen müssen. Zukünftig werden IT-Assistenzsysteme auch die Delegation von Leistungen, die bislang nur von Experten erbracht werden konnten, an einen größeren Kreis von Leistungserbringern erlauben (Beispiel Hausbesuche durch die Versorgungsassistentin mit Änderung der Medikation). In einzelnen Fällen wird dies sogar das Erbringen von Leistungen, die bislang alleine dem Experten vorbehalten waren, durch andere Personen ermöglichen (beispielsweise Indikationsstellung durch den Hausarzt statt den Facharzt mit Hilfe eines IT-basierten Expertensystems).

IT-Assistenzsysteme erlauben Delegation von Leistungen.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft Förderliche Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit und Delegation

Expertensysteme erfassen individuellen Diagnostik- und Therapieverlauf

Qualitätssteigerung durch Vernetzung

Die Zusammenführung der unterschiedlichen Daten erlaubt auch deren Einsatz zur Steigerung der Behandlungsqualität und der Patientensicherheit. Expertensysteme werden den individuellen Diagnostik- und Therapieverlauf eines Patienten kontinuierlich erfassen und mit den Leitlinien und Empfehlungen der Fachgesellschaften abgleichen. Leistungserbringer und Patient können auf diese Daten zugreifen und Abweichungen gemeinsam festlegen. Daneben werden kritische Situationen wie zum Beispiel Wechselwirkungen von unterschiedlichen therapeutischen Verfahren automatisch vermieden. Für die Kostenträger wird das Leistungsgeschehen transparent und nachvollziehbar. Ziel muss es sein, die vielfach in der produzierenden und Dienstleistungs-Industrie durch Vernetzung von Prozessen erreichte Qualitätssteigerung auch für das Gesundheitswesen verfügbar zu machen.   Beispielhaft können hier die Prozesse im Bereich der Kreditvergabe bei Banken genannt werden. Während früher der Kreditberater in Abstimmung mit seinen Vorgesetzten Entscheidungen zur Kreditvergabe treffen konnte beschränkt sich heute seine Tätigkeit auf die Erhebung und Eingabe von Kundendaten in ITSysteme. Die Kreditgewährung und der Zinssatz wird aus diesen Daten durch Algorithmen, die u. a. allgemeine statische Daten sowie die Erfahrungen der Bank abbilden, errechnet. So gelingt es in Summe die Risiken zu limitieren und die umfangreichen Erfahrungen aus der Vergangenheit für alle Entscheidungen neutral zugänglich zu machen. Ähnliche Entwicklungen sind für Diagnostik und Therapie durchaus vorstellbar.

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze PROZESS - EBENE

Best-Practice-Projekte Im Bereich Dezentralisierung medizinischer Leistungserbringung sind insbesondere die große Anzahl in Deutschland gestarteter Projekte mit medizinischen Fachangestellten für die ambulante medizinische Versorgung (AGnES, EVA, MoNi, VerAH …) im häuslichen Umfeld zu nennen. Durch deren Einsatz wird die Dezentralisierung der medizinischen Leistungserbringung, insbesondere in den ländlichen Regionen, deutlich verbessert. Mit IT-Unterstützung können sie ihre Einsatzplanung unter Berücksichtigung des aktuellen Zustands der Patienten optimieren, durch Assistenz und Expertensystem Unterstützung bei der Betreuung der Patienten erhalten und eine Datenverbindung mit dem für sie verantwortlichen Hausarzt aufbauen, um mit ihm das Vorgehen festzulegen. Ein weiteres Best-Practice-Projekt aus dem Bereich Teletherapie stellt das Projekt DiaTrain TeleAphasie dar. Dabei wird Menschen mit Aphasie eine innovative Möglichkeit geboten, selbstständig und hochfrequent und dennoch unter Supervision eines Therapeuten ihre kommunikativen Fähigkeiten zu verbessern. DiaTrain, ein webbasiertes Therapieprogramm, ermöglicht es, mit alltäglichen Dialogen anhand von strukturierten Videosequenzen zu üben. Die Kombination aus selbstständigem Üben und zeitlich entkoppelter Kontrolle erlaubt eine sehr viel höhere Behandlungsintensität als bei konventionellen Praxisbesuchen. Zudem entfällt die Fahrzeit, sodass mehr Zeit für das Üben bleibt. Eine interessante Veränderung zeichnet sich auch im Bereich des Hausnotrufes ab. Hier sind seit vielen Jahren Geräte mit einem am Körper getragenen Alarmknopf (Funkfinger) üblich. Diese wurden in den letzten Jahren durch Fallsensoren ergänzt. Die aktuell vorgestellten Weiterentwicklungen beinhalten eine umfangreiche Ausstattung des Heimes mit diversen Sensoren, die Bewegungsmuster und Aktionen erkennen und mit hinterlegten Nutzerprofilen vergleichen. Bei Abweichung, z. B. sich nicht bewegender Körper am Treppenabsatz, wird ein Alarm ausgelöst. Zukünftig werden die unterschiedlichen Sensormeldungen zur Verifizierung der Situation auch noch intelligent zusammengeführt, z. B. bewirkt die Anwesenheit eines Hundes im Haus und Bewegung des einzigen Bewohners in einem anderen Raum keine Alarmauslösung bei einem sich nicht bewegenden Körper am Treppenabsatz.

Große Anzahl an Pro­ jekten zur Dezentrali­ sierung medizinischer Leistungserbringung

Projekt DiaTrain TeleAphasie

Hausnotruf

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150

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

innovationsfreundliches Klima erforderlich

Ausdehnung von Delegation und Substitution medizi­ nischer Leistungen

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze TECHNISCHE EBENE

Handlungsempfehlungen

1.5.1.5

• Förderung der Entwicklung entsprechender medizin­ technischer Geräte und Lösungen Dringend erforderlich ist die Förderung der Entwicklung entsprechender medizintechnischer Geräte und Lösungen. Wir benötigen ein innovationsfreundliches Klima – insbesondere im Gesundheits-IT-Bereich. Um die elektronische Kommunikation zu fördern, telemedizinische Anwendungen in der Fläche qualitativ hochwertig und wirtschaftlich für alle Versicherten anbieten zu können und die Compliance der Patientinnen und Patienten zu verbessern, müssen neben den Unternehmen und staatlichen Einrichtungen auch die Kostenträger des Gesundheitswesens einen Finanzbeitrag leisten.

Sensorik, Miniaturisierung, Robotik, Expertensysteme, IoE

• Berufsordnungen und Gesetze anpassen Ein weiterer Punkt betrifft die Ausdehnung von Delegation und Substitution medizinischer Leistungen. Traditionell sind im Gesundheitsbereich die Möglichkeiten zur Delegation und Substitution medizinischer Leistungen sehr rigide beschränkt, um ein hohes Sicherheitsniveau für den Patienten zu erzielen. Mit der Einführung neuer Technologien wie Assistenz- und Kommunikationssystemen können medizinische Leistungen auf dem selben hohen Sicherheitsniveau nun auch durch andere Personen wie z. B. Assistenzpersonal erbracht werden. Die entsprechenden Berufsordnungen und ggf. auch Gesetze müssen an diese Möglichkeiten angepasst werden und gleichzeitig den Rahmen für Delegation und Verantwortungsübernahme unter Nutzung neuer IT-Systeme definieren.

T EC HNISC HE EB ENE

Deutsche Patienten, Heilberufler und das Gesundheitssystem als Ganzes profitieren von den Fortschritten der Genomanalyse und personalisierten Medizin, der Miniaturisierung der Sensoren mit den verstärkten Möglichkeiten der dezentralen Diagnostik und Therapie, der Videokommunikation sowie den unterstützenden und entlastenden Funktionen, die Avatare, medizinische Expertensysteme, Roboter und elektronische Gesundheitsakten zur Verfügung stellen. Das Internet of Everything vernetzt diese Komponenten und bildet so die Grundlage der Intelligenten Gesundheitsnetze.

Vier technische Entwicklungstrends werden einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesundheitsversorgung in den nächsten Jahren nehmen:

Genom-Analyse

Die Technik der Genom-Aanalyse wird weiter voranschreiten und es jedem Bürger erlauben, bei Bedarf sein genetisches Profil analysieren zu lassen. Dies wird einen Schub in Richtung personalisierter Medizin auslösen. Auf das einzelne Individuum angepasste Behandlung und Medikation werden möglich.

Schub in Richtung personalisierte Medizin

Miniaturisierte Sensorik

Sensoren, die medizinische Informationen erfassen und auswerten können, werden zunehmend miniaturisiert und preiswerter. Sie ermöglichen, medizinische Untersuchungen sicher und zuverlässig auch von geschultem nicht-ärztlichem Personal und teilweise auch von den Patienten selbst dezentral vorzunehmen. Dadurch werden Ärzte von Routineaufgaben entlastet und können sich auf kritische Untersuchungen und Problemstellungen konzentrieren. Sensoren nahe am Patienten verbessern die Möglichkeiten der Prävention und erlauben dem Arzt eine frühzeitige Intervention, falls Köperfunktionen zu entgleisen drohen. Grundlage ist die intelligente Vernetzung dieser Sensoren durch das Internet of Everything (IoE).

Sensoren nahe am Patienten

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152

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft Expertensysteme/Big Data/Robotik/ Internet of Everything Durch künstliche Intelligenz und Big Data zu Experten­ systemen und Avataren

Systeme sammeln mehr Facharzt­ jahre an Wissen, als ein Mensch in seiner Lebenszeit.

Fortschritte auf den Gebieten der künstlichen Intelligenz und der zeitnahen Analyse großer Datenmengen (Big Data, Data Mining) lassen die Entwicklung von medizinischen Expertensystemen und Avataren rasch voranschreiten. Avatare, also computeranimierte Personen, die mit einer künstlichen Intelligenz versehen sind, können menschliche Arbeitskräfte bei einfachen Routineaufgaben entlasten und finden auch die Akzeptanz der Patienten. Diese Systeme werden in einigen Jahren mehr Facharztjahre an Wissen angesammelt haben, als es ein Mensch in seiner Lebenszeit könnte. Damit werden sie helfen, Diagnose- und Behandlungsentscheidungen zu vereinfachen und zu beschleunigen, und einen Beitrag leisten, ärztliches Personal zu entlasten und die Prozesse im Gesundheitswesen effektiver und effizienter zu gestalten. Roboter für den Haushalt werden heute hauptsächlich für die Boden- und Fensterreinigung eingesetzt und im Garten zum Rasenschneiden. Es sind aber bereits Prototypen verfügbar, die auch anspruchsvollere Aufgaben, wie Tragen von Geschirrtabletts, Einräumen von Waschmaschinen und sogar das Tragen von Menschen übernehmen können. Diese Maschinen werden einen Beitrag leisten, dass Menschen im Alter länger in ihrem häuslichen Umfeld bleiben können, und das Problem des drohenden Pflegekräfte­ mangels entschärfen.

Standard-basierte, internationale Interoperabilität

an internationale Standards halten

Initiativen und Projekte, die sich in Deutschland mit der Entwicklung von Gesundheitstelematik, einrichtungsübergreifenden medi­zinischen Aktensystemen, vernetzbaren Medizingeräten, Kommunikation medizinischer Dokumente u.ä. befassen, sollten sich an internationale Standards halten. Beispiele für Initiativen und Projekte sind: • Elektronische Gesundheitskarte mit der dazugehörigen Telematikinfrastruktur der Gematik3, • KV-Safenet4, • Elektronische Fallakte (EFA)5.

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze TECHNISCHE EBENE

Standardisierungsbemühungen, die hierbei berücksichtigt werden sollten sind u. a.: • Integrating the Healthcare Enterprise (IHE), • Digital Imaging and Communications in Medicine (DICOM), • Health Level 7 (HL7), • im Bereich der medizinischen Geräte die Arbeiten der Continua Health Alliance (www.continuaalliance.com).

Best-Practice-Projekte Ein Best-Practice-Beispiel für die Fortschritte der Genomanalyse ist die Firma 23andMe6 in Mountain View, Kalifornien. Für 99 USDollar kann jeder sein Genom durch eine Speichelprobe analysieren lassen. Als Ergebnis bekommt er in einer elektronischen Patientenakte Informationen darüber, ob er Träger einer Erbkrankheit ist, für welche Krankheiten er ein erhöhtes Risiko hat und wie er auf Medikamente reagiert, d. h. auf welche Arzneien er gut anspricht, welche er gut verträgt und welche bei ihm verminderte Wirkungen oder erhöhte Nebenwirkungen auslösen. Die fortschreitende Miniaturisierung von medizinischen Geräten wird an neuen Einsatzgebieten für Smartphones deutlich. Im Bereich der Augendiagnostik werden diese Geräte genutzt, um Augen­hintergrundbilder aufzunehmen, Gesichtsfeldmessungen und Farbsehtests durchzuführen und die Ergebnisse zum Augenarzt zu senden.7 Spezielle Aufsätze für iPhones sollen die Augenlinsen vermessen und die Werte per Internet zu einem Brillenhersteller schicken, der dann die Brillen mit den individuellen Gläsern nach Hause liefert.8  Die X-Prize Foundation in den USA hat ein Preisgeld von 10 Millionen US-Dollar ausgesetzt für ein portables, drahtloses, handtellergroßes Gerät, das Vitalparameter misst und analysiert und in der Lage ist, 15 verschiedene Krankheiten zu diagnostizieren.9 6 Vgl. URL: http://www.23andme.com (29.11.2013) 7 Vgl. URL: http://www.peekvision.org (29.11.2013) 8 Vgl. URL: http://www.eyenetra.com (29.11.2013) 9 Vgl. URL: http://www.qualcommtricorderxprize.org (29.11.2013)

3 Vgl. URL: http://www.gematik.de (14.12.2013) 4 Vgl. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/KV-SafeNet (14.12.2013) 5 Vgl. URL: http://www.fallakte.de (14.12.2013)

auf technischer Ebene zahlreiche BestPractice-Projekte

Augendiagnostik

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Avatare und künstliche Intelligenz

Diagnose und Behandlungspläne

elektronische Akten

Bessere und schnel­ lere Therapie beim Patienten zu Hause Schlaganfall

Menschen im Haushalt entlasten

Projekte wie Digital Emily 10 der University of Southern California und RED 11 (Re-Engineered Discharge) des Boston University Medical Centers zeigen, wie Avatare und künstliche Intelligenz die Mensch-Maschine-Interaktion einfacher und natürlicher machen und im Falle von RED das Krankenhauspersonal von Routineaufgaben wie dem Entlassprozess entlasten können. Das Expertensystem Watson 12 das von IBM und dem Memorial Sloan Kettering Cancer Center entwickelt wird, zielt darauf ab, die Ärzte bei der Wahl der besten Diagnose und Behandlungspläne für individuelle Tumorpatienten zu unterstützen. Die von den verschiedenen Quellen erhobenen medizinischen Daten müssen den Ärzten und Patienten in sicheren elektronischen Akten zur Verfügung gestellt werden. Ein deutsches BestPractice-Projekt aus diesem Bereich ist die Fallakte 13, die bereits 2006 als Projektinitiative gestartet ist, um mit einem einheitlichen IT-Kommunikationsstandard für Ärzte und andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen einen hersteller- und systemunabhängigen Zugang zu benötigten Informationen zu ermöglichen. Bessere und schnellere Therapie beim Patienten zu Hause ist auch das Ziel des Projektes DiaTrain 14 der Hochschule für Gesundheit in Bochum. Patienten mit Sprachstörungen nach Schlaganfall trainieren am Rechner oder Tablet-PC anhand von strukturierten Videosequenzen, die der Sprachtherapeut individuell zusammengestellt hat und die über ein Webportal abgerufen werden können. Der Logopäde bespricht die Fortschritte mit den Patienten in regelmäßigen Videokonferenzen. So ist es möglich, mehr Patienten rascher mit der notwendigen Therapie zu versorgen. Der Home Assistant Robot 15 des IRT Lab der Universität Tokio ist durch seine künstliche Intelligenz in der Lage, Menschen im Haushalt zu entlasten. Das RIKEN-TRI Collaboration Center for Human-Interactive Robot Research (RTC), hat einen Pflegeassistenzroboter names RIBA16 (Robot for Interactive Body Assistance) entwickelt. RIBA kann einen Menschen aus einem Stuhl oder einem Bett hochheben oder dort absetzen. 10 Vgl. URL: http://gl.ict.usc.edu/Research/DigitalEmily/ (29.11.2013) 11 Vgl. URL: http://www.bu.edu/fammed/projectred/meetlouise.html (29.11.2013) 12 Vgl. URL: http://www.mskcc.org/blog/msk-s-collaboration-ibm-watson-featured-cbs-morning

(29.11.2013) 13 Vgl. URL: http://www.fallakte.de (29.11.2013) 14 Vgl. URL: http://diatrain.eu/de/ (14.12.2013) 15 Vgl. URL: http://www.youtube.com/watch?v=LGJZJm7Kn-E&feature=player_embedded#t=244

(29.11.2013) 16 Vgl. URL: http://rtc.nagoya.riken.jp/RIBA/index-e.html (29.11.2013)

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze TECHNISCHE EBENE

Diese Projekte zeigen exemplarisch aktuelle zukunftsweisende Entwicklungen im Gesundheitswesen. Ob diese später in die Regelversorgung eingehen oder im Rahmen des zweiten Gesundheitsmarktes von den Patienten selbst finanziert werden, ist derzeit noch nicht abzusehen. Unabhängig davon ist es für Deutschland wichtig, solche Trends und Entwicklungen zu erkennen und auf diesen Gebieten eine führende Rolle einzunehmen. Das sichert Arbeitsplätze in der Gesundheitswirtschaft und kommt der medizinischen Versorgung der Bevölkerung zugute.

Handlungsempfehlungen Deutschland engagiert sich mit Förder- und Forschungsprojekten bei der Entwicklung dieser zukunftsweisenden Techniken. Dabei sollte auch besonderes Augenmerk auf die Erstellung bzw. Einhaltung von technischen Standards und die herstellerübergreifende und internationale Interoperabilität gelegt werden. Intra- und interorganisatorische Schnittstellen sollten minimiert werden.

155


156

Aktionsplan Intelligente Gesundheitsnetze 2020

1.5 Intelligente Gesundheitsnetze

Empfehlungen für Maßnahmen zur Zielbilderreichung

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020 Gesellschaftliche Ebene

Informationsaustausch und Aufklärung Förderung innovativer Projekte Vernetzung von Gesundheitseinrichtungen Effizienz durch innovative Ausbildung Telemedizin und E-Health in der Aus- und Weiterbildung Rechtliche /regulatorische Ebene Versichertenstammdatendienst Online in der Arztpraxis Aktualisierung § 291a SGB V, § 630 a ff. BGB, § 80 Abs. 5 SGB X, § 203 StGB, §11 BDSG Zeitplan für Einführung von Fallakten, AMTS, eRezept Business-/ Prozess-Ebene Anreizorientierte Unterstützung Offener Zugang zu interoperablen Systemen / Versorgungseinheiten überschreitende Datenbereitstellung Förderliche Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit und Delegation Innovationsfreundliches Klima Vergütung der Leistungen Akteure müssen den Wandel zulassen Technische Ebene Elektronische Akten Miniaturisierung medizinischer Sensoren Medizinische Expertensysteme/Big Data/Robotik/IoE Interoperabilität

2014

2015

Abbildung 1.5-2: Übersicht Aktionsplan Intelligente Gesundheitsnetze 2020 Quelle: Projektgruppe Intelligente Gesundheitsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

2016

2017

2018

2019

2020

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158

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

159

1.6 1.1

Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze.............................................. 23

1.2

Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland....................... 35

1.3

Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze.................................. 41

1.4

Intelligente Energienetze........................................................................... 69

1.5

Intelligente Gesundheitsnetze.................................................................... 131

1.6 1.6.1 1.6.2 1.6.2.1 1.6.2.2 1.6.2.3 1.6.2.4 1.6.2.5 1.6.3

Intelligente Verkehrsnetze................................................................. 159 Einleitung.................................................................................................. 159 Zielbilder und Maßnahmen Intelligente Verkehrsnetze 2020....................... 165 Gesellschaftliche Ebene............................................................................ 169 Rechtliche/regulatorische Ebene............................................................... 171 Business-Ebene......................................................................................... 173 Prozess-Ebene.......................................................................................... 176 Technische Ebene..................................................................................... 178 Zusammenfassung.................................................................................... 182

1.7

Intelligente Bildungsnetze.......................................................................... 185

1.8

Intelligente Verwaltungsnetze.................................................................... 205

1.9

Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze.................................................... 231

1.10

Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze.................................. 237

Intelligente Verkehrsnetze

1.6.1

Einleitung

Wo stehen wir? Ausgangspunkt der Arbeit der Projektgruppe Intelligente Verkehrsnetze im Jahr 2012 war zunächst eine Bestandsaufnahme der Ist-Situation. Zusammengefasst bilden zwei Kernaussagen die Grundlage der Zielbilderarbeitung für den Aufbau Intelligenter Verkehrsnetze 2020: • Die Individualverkehre, Transportverkehre und der (ÖPV) sind innerhalb ihrer Domänen gut vernetzt. Die Vernetzung der Domänen untereinander muss jedoch weiter ausgebaut werden. Deutschland könnte Vorreiter bei einem intermodalen Verkehrsdaten-Verbundsystem werden, in dem nicht nur Informationen, sondern auch Transaktionen (z. B. Buchbarkeit mehrerer Verkehrsmittel über ein Ticket) möglich sind. Die konsequente Vernetzung von Güter- und Transportverkehr mit Individualverkehr würde die Infrastruktur optimal ausnutzen.

Die Vernetzung muss weiter ausgebaut werden. Deutschland könnte Vorreiter werden


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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft Deutschland verfügt über eines der fortschrittlichsten LKW-Mautsysteme weltweit.

• Deutschland verfügt über eines der fortschrittlichsten LKWMautsysteme weltweit. Die im internationalen Vergleich gut ausgebaute Infrastruktur und Menge an vorhandenen Verkehrsdaten bieten erhebliche Potenziale, die durch eine Veränderung von rechtlichen Rahmenbedingungen vollständig ausgeschöpft werden können.

Intelligente Mobilität und Intelligente Netze bedingen sich gegenseitig Defitinition

Ziele der intelligenten Mobilität

Die intelligente Mobilität ist eine um die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) erweiterte Mobilität1. Intelligente Mobilität bezeichnet die intelligente Verknüpfung von Informa­tionen und Transaktionen von Verkehrsträgern, so dass der Bedarf an Mobilität individuell, ökonomisch und umweltfreundlich gedeckt wird. Sie macht neue und offene Verkehrsangebote kompatibel, sodass diese wechselweise individuell, kollektiv und geteilt ausgestaltet werden können und sich über Plattformstrukturen gestalten lassen. Die generellen Ziele der intelligenten Mobilität sind die Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Begleit­umstände des Verkehrswesens. Die Informations- und Kommunikationstechnologie erfasst und vernetzt dabei die Daten aller Mobilitätsteilnehmer, erstellt Lösungen entsprechend den individuellen Mobilitätsanforderungen der Nutzer und stellt diese zeitnah zur Verfügung. Durch die Intelligente Mobilität wird eine sicherere und effizientere Nutzung der bestehenden und zukünftigen Verkehrsinfrastruktur und Verkehrsträger (Straße, Schiene, Wasser, Luft) ermöglicht. Unter Betrachtung der Intelligenten Mobilität aus Sicht der Gesellschaft, der Anwender, der Anwendungen und der technischen Sicht lassen sich die folgenden Kernaussagen definieren

1.6 Intelligente Verkehrsnetze

Wo wollen wir hin? Die im nachfolgenden skizzierten Zielbilder Intelligenter Verkehrsnetze basieren auf folgenden Grundsatzaussagen: • Die Potenziale unseres Verkehrssystems sollten voll ausgeschöpft werden. • Die Öffnung der Maut-Infrastruktur für andere Dienste kann Handels- und Transportprozesse vereinfachen und optimieren. • „Traffic statt Beton“: Der Straßenbau alleine ist keine Lösung. Eine flächendeckende, IKT-basierte Telematik-Infrastruktur (Funknetze zur Unterstützung von Verfahren und Prozessen der Priorisierung, Verkehrsmanagement usw.) gewährleistet die reibungslose Abwicklung von Handelsströmen auf nationaler und internationaler Ebene. Verbraucher profitieren dadurch von kürzeren Lieferzeiten und kostengünstigeren Transportbedingungen. • Ein intermodales Verkehrsinformationssystem zu etablieren und Open Data im Verkehrsdatenbereich zu realisieren bedingt sich gegenseitig. • Verkehrstelematik ist Teil des „Internet der Dinge und Dienstleistungen“. • Die Bedürfnisse der Mobilitätsnutzer2 von morgen müssen erfüllt werden.

Welche Effizienzgewinne und Wachstumspotenziale sind zu erwarten? Die Staukosten wachsen mit steigendem Verkehrsaufkommen an. Im EU-Durchschnitt betragen sie rund 0,9 bis 1,5 % des BIP. Für Deutschland bedeutet dies Staukosten in Höhe von 17 Milliarden Euro. Pro Jahr könnten 5 Millionen Tonnen CO2 3 vermieden werden,

2 Innovationsfelder der digitalen Welt. Bedürfnisse von Übermorgen. Zukunftsstudie MÜNCHNER

1 Im Folgenden wird nicht zwischen den Netzen für die Mobilität und denen der Logistik

unterschieden.

KREIS, Band V S 128 ff, URL: http://www.zukunft-ikt.de/wp-content/uploads/2013_ Innovationsfelder_der_digitalen_Welt.pdf (15.10.2013) 3 BITKOM/Fraunhofer ISI (Hrsg.) (2012): Gesamtwirtschaftliche Potenziale intelligenter Netze in Deutschland. Berlin/Karlsruhe, S. 32, URL: http://www.bitkom.org/files/documents/Studie_ Intelligente_Netze(2).pdf (15.10.2013)

Öffnung der Maut-Infrastruktur für andere Dienste

Verkehrstelematik ist Teil des „Internet der Dinge und Dienstleistungen“.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.6 Intelligente Verkehrsnetze

Tabelle 1.6-1: Effizienzgewinne und Wachstumsimpulse im Verkehrsbereich Effizienzgewinne

Mrd. Euro

Wachstumsimpulse

Mrd. Euro

Kraftstoff- und Zeitersparnisse und weniger Verkehrsstaus durch intelligente Verkehrssteuerung (M2M, Verkehrs­leitsysteme, Kopplung mit Navigationsgeräten usw.)

4,4

Neue Dienste, die auf Smart Mobility Konzepten basieren (Multimodalität per App)

1,1

Einsparungen von Wegen und Kosten durch smarte Logistik (automatisierte Verkehrsflüsse, die auf Sensordaten und zentralen IT-Funktionen basieren)

3,6

Neue Dienste für die Logistik und Services, die auf der Smart-Logistik-Infrastruktur basieren

0,9

Jährliche Einspareffekte gesamt

8,0

Jährliche Wachstumsbeträge gesamt

2,0

Quelle: in Anlehnung an BITKOM/Fraunhofer ISI (2012): Gesamtwirtschaftliche Potentiale intelligenter Netze in Deutschland

verkehrsträger­ übergreifende Elektro­ mobilitätskonzepte

durch Anwendungen Intelligenter Verkehrsnetze, wie dynamische Verkehrslenkung, verkehrsträgerübergreifendes Ticketing im ÖPV, Parkplatzservice in Ballungsräumen und grüne Mobilität, d. h. verkehrsträgerübergreifende Elektromobilitäts­konzepte, Emission Modelling etc. An zusätzlichen Wachstumsimpulsen können circa 2 Milliarden Euro pro Jahr erwartet werden. Tabelle 1.6-1 zeigt die dargestellten Beiträge der Teilbereiche auf und weist die Gesamt-Effizienzgewinne und die GesamtWachstumsimpulse im Verkehrsbereich auf. Die Steigerung der Lebensqualität durch Intelligente Verkehrsnetze besteht zum einen in einem besser fließenden Verkehr mit weniger Zeitverlusten und unnötigen Kosten und zum anderen in einer vielfältigeren und komfortableren Mobilität durch vernetzte und echtzeitfähige Mobilitätsapps. Durch die Car-to-X-Kommunikation kommt eine Erhöhung der Verkehrssicherheit hinzu.

Gesellschaftliche Herausforderungen

umfassender Mobilitätsansatz erforderlich

Intelligente Mobilität ermöglicht eine individuelle, effiziente und umweltschonende Nutzung von Mobilitätsressourcen unter Einsatz moderner, vernetzter Technologien in Echtzeit. Ein umfassender Mobilitätsansatz, der alle Akteure (Verkehrsteilnehmer,

Industriezweige, Dienst- und Netzanbieter sowie öffentliche Hand) mit einbezieht, ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung. An intelligente Mobilitätssysteme der Zukunft werden hohe Ansprüche gestellt: Sie sollen klimaschonend, offen, durchgängig, interoperabel, barrierefrei und bezahlbar sein. Zudem sollen sie alle Formen der Mobilität bedienen, ob privat oder beruflich/geschäftlich, für Menschen oder Güter, und dabei alle Verkehrsmittel vom Fahrrad bis zum Flugzeug integrieren. Zu den ökonomischen Verbesserungen gehören insbesondere die Einsparung von Energie und Transportzeit sowie die verbesserte zeitliche Präzision bei Personenbeförderung und Warenlogistik. Intelligente Mobilität lässt die Einsparung von privaten und externen Kosten in erheblichem Ausmaß erwarten. Zu den ökologischen Verbesserungen zählt die geringere Belastung der Umwelt infolge eines geringeren Energieverbrauchs bei gegebenem Verkehrsaufkommen. Ferner wird durch eine verbesserte Nutzung von Verkehrsflächen der Flächenverbrauch vermindert. Mobilitätsnutzer und -anbieter sowie Bund, Länder und Kommunen profitieren gleichermaßen.

Hohe Ansprüche an intelligente Mobilitätssysteme

Integration aller Verkehrsmittel Einsparung von Energie und Transportzeit

ökologische Verbesserungen

Neue Anwendungen Intelligente Mobilität aus Sicht des Anbieters (Serviceanbieter) ermöglicht Mobilität durch vernetzten, sicheren und uneingeschränkten Datenaustausch und Durchführung von Transaktionen. Die so gewonnene Information entspricht den Anforderungen nach verkehrsträgerspezifischer und intermodaler Mobilitätsplanung und -durchführung sowie nach intelligenter Verkehrssteuerung. Intelligente Mobilität ermöglicht darüber hinaus neue Geschäfts­modelle: Durch die Verknüpfung von Dienstleister und Teilnehmer einer Reise- bzw. Transportkette wie Fahrzeuge, Bahn, Schiff, Flugzeug kann unter Berücksichtigung individueller Bedürfnisse eine neue Generation von Mobilitätsdiensten entstehen.

intermodale Mobilitätsplanung

neue Generation von Mobilitätsdiensten integrieren

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Nutzen für den Anwender

Entlastung aller Nutzer

Intelligente Mobilität stellt aus Sicht des Teilnehmers eine effek­ tive Unterstützung dar, indem Mobilitätsdaten über Verkehrsmittel uneingeschränkt für einen vernetzten Datenaustausch zur Verfügung stehen. Er/Sie kann individuell, einfach und effizient Mobilitätsalternativen maßgeschneidert auf den persönlichen Bedarf auswählen. So wird Mobilität für alle Nutzer sicherer, effizienter, bezahlbarer, nachhaltiger, berechenbarer, barrierefrei, nahtlos und damit auch beherrschbarer. Der Einsatz intelligenter Technologien führt zu einer Entlastung aller Nutzer und damit zu einer erleichterten Teilnahme am Verkehr mit den dahinterstehenden komplexen Systemen.

Technologien, Daten und Systeme

IKT-Technologien halten in allen Verkehrsträgern Einzug.

Dienste für eine intelligente Mobilität nutzen einen vernetzten Datenaustausch durch Einsatz von IT (Cloud, Open Data etc.) und moderner Kommunikationstechnologie. Dafür brauchen sie Plattformen zum Austausch von Informationen und Transaktionen auf der Basis von Mobilitätsdaten der öffentlichen Hand und von privat­wirtschaftlichen Betreibern von Verkehrsträgern. Diese IKTTechnologien halten in allen Verkehrsträgern Einzug und entfalten eine starke Hebelwirkung im Sinne der Verbesserung eines flüssigen und sicheren Verkehrs und ermöglichen so eine entspannte, informierte und umweltschonende Mobilität. Um eine effiziente Entwicklung von Funktionen und Mobilitätsdienstleistungen sicherzustellen, muss die Infrastruktur für die Kommunikation mit den Verkehrsteilnehmern weiterentwickelt werden. Die Verfügbarkeit, Verlässlichkeit und Qualität von Mobilitätsdaten ist dafür notwendige Grundlage. Diese Voraussetzungen sind heute noch nicht flächendeckend erfüllt.

1.6 Intelligente Verkehrsnetze

1.6.2 Zielbilder und Maßnahmen Intelligente Verkehrsnetze 2020 Sicht der Experten: Motivation, Vision und Maßnahmen Im Rahmen der Expertendiskussionen der Projektgruppe Intelligente Verkehrsnetze wurden Zielbilder und Maßnahmen 2020 im Kontext eines sicheren, effizienteren und verlässlicheren Verkehrs diskutiert und definiert. Die Projektgruppe hat dabei in intensiven Diskussionen zu Beginn zehn Themen erarbeitet: 1. Intermodalität 2. Vermeidung von überflüssigem Verkehr 3. Open Data 4. Verbesserung von Mobilitätsflüssen 5. Daten-Interface (Standardisierung) 6. Verbesserung der Umweltsituation 7. Vorhersagbarkeit von Verkehr 8. Mobilfunk (LTE), Bandbreite, Frequenzspektrum 9. Intelligente Steuerung Ladungsträger 10. Europäische Union, Internationalisierung. Um eine Fokussierung zu erzielen und gleichzeitig die Einordnung in die Strategieebenen der AG2 zu ermöglichen, wurden zu Beginn diese zehn Themen in Bezug auf die Gewichtung der einzelnen Strategieebenen nach ihrer Ausprägung (0=keine; 1=gering; 2=mäßig; 3=hohe) bewertet. Als Hilfsmittel wurde hierzu eine anonymisierte Onlinebefragung unter Experten der mitwirkenden Unternehmen durchgeführt. Die Befragung ermöglichte es, Gesamtausprägungen sowie eine anschließende Eingrenzung je Strategieebene zu erzielen. Wie Abbildung 1.6-2 aufzeigt, konnten dadurch vier Schwerpunkte abgeleitet werden, welche im Folgenden über jeweils einen Use Case weiter konkretisiert werden. Die Technik-Ebene mit den sich daraus ergebenden Anforderungen und Zielbildern wurde im Nachgang zur Befragung durch die Experten als allüberspannendes und resultierendes Element der anderen Strategieebenen abgeleitet und fasst alle technischen Maßnahmen der aufgeführten Use Cases zusammen.

Vorgehen zur Erarbeitung der Zielbilder

vier Schwerpunkte abgeleitet

Use Cases

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166

Zielbild Intelligente Verkehrsnetze 2020

1.6 Intelligente Verkehrsnetze

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R E CH T L I CH E / R E G U L A T O R I S CH E E bene G ese l l s c h aft l i c h e E bene

Privatsphäre und Sicherheit sind im Rechtsrahmen Verkehr geregelt

Beteiligung aller Akteure

2020 sind die rechtlichen Rahmenbedingungen an den Stand der Technik angepasst. Es ist ein Rechtsrahmen geschaffen, der europaweit den Umgang mit Verkehrsdaten regelt. Dies ermöglicht Anbietern und Kunden, sich mit der Übermittlung, Speicherung und Verarbeitung von personen­ bezogenen Daten in einem sicheren Umfeld zu bewegen. Wesentliche Zielbildbausteine sind:

2020 ermöglicht intelligente Mobilität eine effiziente und umweltschonende Nutzung von Mobilitätsressourcen. Mobilität ist immer und überall verfügbar und nicht an den Besitz von Fahrzeugen gebunden. Ein umfassender Mobilitätsansatz, der alle Akteure (Verkehrsteilnehmer, Industriezweige, Dienst- und Netzanbieter sowie öffentliche Hand) mit einbezieht, ist die Grundlage. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Steigerung der Individualisierung bei Vermeidung von überflüssigem Verkehr

Rahmenbedingungen für Plattformen Schutz vor unerlaubten Bewegungsprofilen

Verkehr

Ökologische Verbesserungen

Förderung der Intermodalität

Open Data

B U S I N E S S - E bene

Durchgängiges Mobilitätsmanagement

Erhöhung der Verkehrssicherheit Steigerung der Lebensqualität

Öffnung der Mautinfrastruktur

Grüne Innenstädte durch intelligente Mobilität.

2020 sind alle Verkehrsbetreiber eingebettet in eine Deutschland-Architektur, die Schnittstellen für Echtzeitinformationen zu Verspätung, Stau, Kapazität u.a. zur Verwendung durch Mobilitätsintegratoren bereitstellen. Der Bau der Infrastruktur wurde über ein neu bestimmtes Geschäftsmodell finanziert. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Effizienzgewinne und Wachstumspotenziale Zusammenspiel von Basisdiensten und Mobilitätsintegratoren Steigender Stellenwert von Verkehrsdaten

T e c h nis c h e E bene

Vernetzter Datenaustausch für eine intelligente Mobilität 2020 nutzen intelligente Mobilitätsdienste einen vernetzten Datenaustausch. Sie erhalten freien und uneingeschränkten Zugang zu allen Mobilitätsdaten der öffentlichen Hand und von privatwirtschaftlichen Betreibern von Verkehrsträgern. IKT-Technologien haben in allen Verkehrsträgern Einzug gehalten und entfalten eine starke Hebelwirkung für einen flüssigeren und sichereren Verkehrs. Eine entspanntere, informiertere und umweltschonendere Mobilität ist Realität. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Flächendeckende Tele- matik-Infrastruktur

Forcierte Standardisierung Breitbandverfügbarkeit

Deutschlandweite Gesamtarchitektur

Sensor-, Ortungs- und Kommunikationstechnologien in Verkehrsmitteln und Ladungsträgern

P R O Z E S S - E bene

Multimodalität durch Kompatibilität und Transparenz 2020 ermöglicht ein vernetzter, sicherer und uneingeschränkter Datenaustausch verkehrs­ trägerspezifische und intermodale Mobilitätsplanung und -durchführung sowie die intelligente Verkehrssteuerung. Dies führt zu einer Entlastung aller Nutzer und zu einer erleichterten Teilnahme am Verkehr durch dahinter stehende komplexe Systeme. Alle Marktbeteiligten kennen ihre Lieferverpflichtung für Basisdaten im Rahmen einer abgestimmten Architektur. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Reibungslose Abwicklung von Handelsströmen Verfügbarkeit, Verlässlichkeit und Qualität von Mobilitätsdaten

Verkehrsdatenmarktplatz Verbesserung von Mobilitätsflüssen

Abbildung 1.6-1: Zielbild Intelligente Verkehrsnetze 2020 – Übersicht Quelle: Projektgruppe Intelligente Verkehrsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Vernetzung von Verkehrs- managementzentralen

Intermodales Verkehrs- informationssystem


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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.6 Intelligente Verkehrsnetze GESELLSCHAF TLICHE EBENE 1

1.6.2.1

2,5

10

2

2

Schwerpunkt : Ausbau der Initiative Elektromobilität

1,5 1

9

3

0,5

Use Case: E-Mobility-Kapazitäten intelligent und gemeinschaftlich nutzen Gesellschaft Recht

Prozess

8

4

Technik

5 6

Abbildung 1.6-2: Netzdiagramm Themenausprägung je Strategieebene Quelle: Projektgruppe Intelligente Verkehrsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Verdichtung

Online-Befragung

Motivation

Business

0

7

G ESELL SC HAF TLI C HE EB ENE

Zur Konsolidierung wurde in einem Verdichtungsschritt die ursprüngliche Themenliste auf acht Themen verdichtet: 1. Intermodalität 2. Vermeidung von überflüssigem Verkehr 3. Open Data 4. Verbesserung von Mobilitätsflüssen 5. Ausbau der Initiative Elektromobilität 6. Mobilfunk (LTE), Bandbreite, Frequenzspektrum 7. Intelligente Steuerung Ladungsträger 8. Schnittstellen, Standards und Internationalisierung . Für die auf Basis der Online-Befragung identifizierten Schwerpunkte werden im Folgenden konkrete Use Cases hinsichtlich ihrer Motivation, der damit verbunden Vision (Zielbildbaustein) und der notwendigen Maßnahmen beschrieben.

• Die Gesellschaft achtet verstärkt auf Lärm- und Schadstoff­ emissionen, insbesondere im wachsenden Personen- und Wirtschaftsverkehr. • Die Zunahme von Zufahrtsbeschränkungen in urbanen Bereichen und die Erhöhung von Abgaben, Steuern und ggf. Einführung einer City-Maut. • Die Ressourcenverknappung führt zu weiterem Anstieg der Kraftstoffpreise. • Die beschränkten Platz-, Wende- und Rangiermöglichkeiten in den Innenstädten und bei den Kunden sowie das immer weiter steigende Verkehrsaufkommen behindern den Verkehrsfluss. • Mobilität ist für das Individuum kapitalintensiv. Tagsüber in Ballungsgebieten ist sie für jedermann verfügbar. Nachts und auf dem Land braucht man ein eigenes Auto.

Vision: Grüne Innenstädte durch die intelligente Steuerung von Personen- und Warenströmen. Beteiligung aller Akteure 2020 ermöglicht intelligente Mobilität eine effiziente und umweltschonende Nutzung von Mobilitätsressourcen. Mobilität ist immer und überall verfügbar und nicht an den Besitz von Fahrzeugen gebunden. Ein umfassender Mobilitätsansatz, der alle Akteure (Verkehrsteilnehmer, Industriezweige, Dienstund Netzanbieter sowie öffentliche Hand) mit einbezieht, ist die Grundlage.

Die Innenstädte und Ballungsgebiete entwickeln sich zunehmend zu „grünen Oasen“ in denen der Wirtschaftsverkehr stark reglementiert bzw. für mittlere und schwere, dieselgetriebene Nutzfahrzeuge (NFZ) komplett verboten wird. Die Kommunen forcieren den

ökologische Belastung

Mobilität für Individuum kapitalintensiv

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

City-Hubs

dynamische Zustellund Abholtouren

Bedarfsangebote: Car-Sharing, Taxi, Rufbus

1.6 Intelligente Verkehrsnetze RECHTLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

Betrieb von Spediteur- bzw. Logistikdienstleister-unabhängigen City-Hubs, durch welche die Belieferung des Enzeilhandels und der Industrieunternehmen in den Stadtgebieten erfolgt. Vom CityHub ausgehend, werden in Richtung Stadtgebiet ausschließlich EFahrzeuge eingesetzt. Der bis dato bestehende unwirtschaftliche Betrieb der Fahrzeuge wird durch die Bündelung aller Sendungen des Stadtgebietes weitestgehend aufgehoben. Moderne und vernetzte IKT erlaubt dynamische Zustell- und Abholtouren, mit denen die tatsächlichen Belieferungszeitfenster bis auf 30 Minuten genau bestimmt werden können. Bei jeder Belieferung und Abholung von Waren kann beim Kunden auf Strom für kurze Zwischenladungen zurückgegriffen werden. Mobilität ist immer und überall durchgängig und nicht an den Besitz von Autos gebunden. Lücken im öffentlichen Personenverkehr werden durch einfachen Zugriff auf Bedarfsangebote (Car-Sharing, Taxi, Rufbus) gefüllt.

Information zu Verspätung, Stau, Kapazität etc. zur Verwendung durch Mobilitätsintegratoren bereitstellen. Der Bau der Infrastruktur muss über ein neu zu bestimmendes Geschäftsmodell finanziert werden, das öffentliche Förderung ebenso wie laufende Nutzungsgebühren enthalten kann. • Deutschlandweite Architektur Mobilitäts-Durchgängigkeit ohne eigenes Auto benötigt Multiprovider-Mobilitätsmanagement. Mobilitätsintegratoren stellen Mobilitätsangebote regional oder zielgruppenspezifisch bereit. Verkehrsbetreiber stellen die Basisdaten ihrer Angebote/Kapazitäten/Betriebslagen allen Mobilitätsintegratoren bereit. Hierfür ist die deutschlandweite Architektur zu definieren, das Geschäftsmodell für die resultierende Infrastruktur zu entwickeln und die Infrastruktur aufzubauen.

Handlungsempfehlungen

1.6.2.2  R EC HTLI C HE/REG UL ATO RISC HE EB ENE

• Entwicklung von E-Fahrzeugen und passenden Logistikkonzepten Die Entwicklung von leistungsfähigen, praktikablen E-Fahrzeugen und dazu passenden Logistikkonzepten, welche eine zuverlässige Versorgung der Innenstädte auch mit palettierter bzw. manuell schwer handhabbarer Ware zulassen. • Lösungen für City-Hubs Die Suche nach wettbewerbs-, haftungs- und versicherungsrechtlichen Lösungen sowie Lösungen für Datenschutz und kommerzielle Aspekte, sodass speditionelle Wettbewerber gemeinsam in City-Hubs operieren können. • Forcierung der Elektromobilität Die Etablierung von umfassenden Infrastrukturen und Anreizen für die Wirtschaft, wie auch für den Personenverkehr, um einen Umstieg auf elektrobetriebene Fahrzeuge zu forcieren. • IKT-Infrastruktur für durchgängiges (Multiprovider-) Mobilitätsmanagement Definition und Errichtung einer IKT-Infrastruktur für das durchgängige (Multiprovider-) Mobilitätsmanagement. Alle Verkehrsbetreiber müssen – eingebettet in eine Deutschland-Architektur – über standardisierte Schnittstellen die notwendige (Echtzeit-)

Schwerpunkt: Open Data Use Case: Einen Rechtsrahmen für intelligente Mobilitätsströme schaffen Motivation • Ermöglichen von effizienter und sicherer Mobilität. • Die rechtliche/regulatorischen Rahmenbedingungen sind derzeit nicht an die Realitäten und den Stand der Technik angepasst. • Im deregulierten Markt für öffentlichen Personenverkehr werden die Verkehrsleistungen mit uneinheitlichen Datendiensten bestellt, die so kein durchgängiges Mobilitätsmanagement erlauben. • Beim Datenschutz ist primär das Ziel der informationellen Selbstbestimmung des Bürgers zu berücksichtigen. • Im Umfeld der Datensicherheit ist es notwendig, ein System zu schaffen, das eine zeitlich kontrollierbare Kommunikation zwischen den Verkehrsteilnehmern im Umfeld der aktiv ins Verkehrsgeschehen eingreifenden Datenströme ermöglicht.

effiziente und sichere Mobilität ermöglichen

Datenschutz Datensicherheit

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

diskriminierungsfreier Zugang staatsrechtliche Prüfung

Erhöhung der Verkehrssicherheit durch Car-to-XKommunikation

• Die Teilnehmer am Intelligenten Verkehrsnetz tauschen Informationen über verschiedenste Kommunikationsplattformen aus. Es muss rechtlich/regulatorisch gegeben sein, dass entsprechend dem Stellenwert der Information deren Verarbeitung und Verteilung determiniert möglich ist. • Der Zugang zu den notwendigen Informationen muss diskriminierungsfrei für alle Teilnehmer möglich sein, damit die vorgesehenen Marktrollen erfüllt werden können. • Es ist angebracht, eine staatsrechtliche Prüfung von bestehenden rechtlichen Regelungen (z. B. Netzneutralität, Datenschutz o.ä.) vorzunehmen, um auszuschließen, dass die Potenziale der technischen Möglichkeiten behindert werden. • Erhöhung der Verkehrssicherheit durch die Car-to-X-Kommunikation: Die zentrale Herausforderung für die Realisierung der Effekte besteht in der Koordination des Aufbaus eines solchen Systems. Es fehlt derzeit eine zentrale Koordination bzw. ein Rollenmodell, das festlegt, wie der Aufbau vonstattengehen kann.

1.6 Intelligente Verkehrsnetze BUSINESS - EBENE

Handlungsempfehlungen • Festlegung von Mindeststandards Festlegung von Mindeststandards für die Datenlieferung über Angebote/Kapazitäten/Betriebslage auf Basis einer deutschlandweiten Architektur. • Sichere technische Systeme Die technischen Systeme müssen so aus- und aufgerüstet sein, dass sie in der Lage sind, die Informationen sowohl in der Priorisierung als auch von der Bandbreite und der Datenmenge her gesehen „geschützt“ zu verarbeiten und zu transportieren . • Planung mit öffentlicher Teilfinanzierung Aufgrund der hohen Komplexität eines übergreifenden Verkehrssystems (Straße, Wasser, Schiene, Luft) und der starken hoheitlichen Regulierung des Betriebs, muss bis zum Jahr 2020 eine Planung ausgearbeitet werden, die es den privaten Marktteilnehmern ermöglicht, mit öffentlicher Teilfinanzierung (PPP) die neuen Geschäftsmodelle erfolgreich umzusetzen, ohne ein überhöhtes Finanzierungsrisiko einzugehen.

Privatsphäre und Sicherheit sind im Rechtsrahmen Verkehr geregelt Im Jahr 2020 sind die rechtlichen Rahmenbedingungen an den Stand der Technik angepasst. Es ist ein Rechtsrahmen geschaffen, der europaweit den Umgang mit Verkehrsdaten regelt. Dies ermöglicht Anbietern und Kunden, sich mit der Übermittlung, Speicherung und Verarbeitung von personen­ bezogenen Daten in einem sicheren Umfeld zu bewegen.

Bis 2020 ist ein Rechtsrahmen geschaffen.

Der Individualnutzer ist vor unerlaubter Erstellung von Bewegungsprofilen geschützt. Alle relevanten Daten für das Verkehrsmanagement sind anonymisiert. Alle Marktbeteiligten (ÖPV-Besteller, ÖPV-Verkehrsbetreiber, Mietauto-, Car-Sharing und andere Anbieter) kennen ihre Lieferverpflichtung für Basisdaten über Angebote, Kapazitäten und Betriebslage im Rahmen einer deutschlandweiten Architektur. Sich neu bildende Marktplätze generieren neue Angebote und Nachfragen, die digital die rechtlichen/regulato­rischen Vorgaben abbilden. Bis zum Jahr 2020 ist ein Rechtsrahmen geschaffen, der europaweit abgestimmt den Umgang mit Verkehrsdaten regelt.

1.6.2.3  B USINES S - EB ENE Schwerpunkt : Intelligente Steuerung Ladungsträger Use Case: Mit intelligenten Ladungsträgern begrenzte Infrastrukturen besser nutzen Motivation • Das weltweit zunehmende Transportaufkommen und die begrenzten Transportkapazitäten erfordern eine effizientere Nutzung von Ladekapazitäten. • Um vorhandene Kapazitäten besser zu planen und ausnutzen zu können, muss zunächst Transparenz über Verfügbarkeit und Zustand aller Ladungsträger geschaffen werden. Die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien sind der Schlüssel für diese Transparenz.

effiziente Nutzung von Lade- und Transport­kapazitäten Transparenz erforderlich

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Bestands- und Einsatzmanagement

Notwendige Basisdaten erfordern Datendrehscheiben.

• Technische und organisatorische Herausforderungen bei der Disposition, Verfügbarkeits- und Standortermittlung leerer Ladungsträger. Diese müssen bewältigt werden. • Eine weitere Motivation ist das teilweise schwierige Bestandsund Einsatzmanagement, vor allem bei der Betrachtung von vergangenen Einsätzen (zuerst Transport von „dreckiger“ Ware und anschließender Transport von „sauberer“ Ware) oder die vorhandenen Zusammenladungsverbote von Gefahrgütern. • Die für ein durchgängiges Mobilitätsmanagement notwendigen Basisdaten der Verkehrsbetreiber über Angebote, Kapazitäten und Betriebslage erfordern ein Netz von Lieferschnittstellen und Datendrehscheiben. Die Datendrehscheiben werden heute von unterschiedlichen Trägern (oft Bundesländern) unabgestimmt mit unterschiedlichen Finanzierungsmodellen erstellt und betrieben. Dies führt zu uneinheitlichen Leistungen, die als Grundlage für ein durchgängiges Mobilitätsmanagement ungeeignet sind.

Durchgängiges Mobilitätsmanagement 2020 sind alle Verkehrsträger eingebettet in eine Deutschland-Architektur, die Schnittstellen für Echtzeitinformationen durch Mobilitätsintegratoren bereitstellen. Der Bau der Infrastruktur wurde über ein neu bestimmtes Geschäftsmodell finanziert.

Logistik­management

konsequente Datenverfügbarkeit für alle Ladungsträger

Die Transparenz durch intelligente Vernetzung von Transport-, Lade- und Verkehrsmitteln ermöglicht ein durchgängiges Logistik­ management. Alle Ladungsträger (Container, Wechselbrücken, Gitterboxen, Paletten, Spezialladungsträger und Mehrwegebehälter) werden mit Sensor-, Ortungs- und Kommunikationstechnologien ausgestattet. Damit ist es möglich, dass die Ladungsträger zu jeder Zeit den eigenen Beladezustand sowie qualitative Werte (z. B. klimatische Bedingungen, Reinheitszustände, Beschädigungen) überprüfen können. Durch intelligente und vor allem hierarchieübergreifende Vernetzung (z. B.: Seecontainer können mit Spezialbehältern im Innern kommunizieren und Informationen austauschen) der Ladungsträger untereinander wird eine konsequente Datenverfügbarkeit für alle Ladungsträger (auch die ohne direkten Kontakt zur Leitstelle) innerhalb und außerhalb von z. B.

1.6 Intelligente Verkehrsnetze BUSINESS - EBENE

Containerterminals oder Behälterlagern sichergestellt. Durch die intelligente Vernetzung ist es einfacher und transparenter, frei verfügbare Kapazitäten bzw. Teilkapazitäten in der Umgebung der Quellen zu lokalisieren. Sämtliche Behälter verfügen über eine Repräsentanz im Internet, über welche die Kommunikation mit Informationssystemen von Unternehmen erfolgt. Über diese Repräsentanz können von den Ladungsträgern Informationsdienste angefordert oder auch angeboten werden. Eine intelligente Zusammenführung aller Informationen in „Leitständen“ ermöglicht ein optimiertes Handling der Ladeeinheiten, die relevanten Informationsdienste müssen vorher abonniert werden. Für das durchgängige Logistik- und Mobilitätsmanagement ist eine deutschlandweite Architektur definiert und durch ein Geschäftsmodell unterlegt, das die Finanzierung einheitlicher Leistung hoher Qualität erlaubt.

Handlungsempfehlungen • Schaffung eines Branchenstandards Die Schaffung eines Branchenstandards und einer einheitlichen hardware- und softwaretechnischen Plattform ist notwendig. • Entwicklung von kostengünstigen M2M-Modulen Die Entwicklung von kostengünstigen M2M-Modulen, um die Ladungsträger möglichst direkt bei der Produktion wirtschaftlich sinnvoll auszustatten, ist voranzutreiben. • Technische Lücken schließen Die technischen Lücken im Bereich der Energieversorgung und im Bereich der Vernetzungsprotokolle sind zu schließen. • Aufbau und Integration von Tracking-Systemen Aufbau und Integration von Tracking-Systemen, welche die Varian­tenvielfalt der Ladungsträger, die oft sehr langen Durchlaufzeiten und die komplexen Behältermanagementprozesse berücksichtigen, sind zu realisieren. • Geschäftsmodell Das Geschäftsmodell für die Finanzierung einer Infrastruktur von Basisdiensten für das durchgängige Logistik- und Mobilitätsmanagement ist auf Basis der deutschlandweiten Architektur zu entwickeln.Dabei können Bundesfördermittel den Ausbau und/oder den Ausgleich von Leistungsunterschieden bisheriger

Leitstände

deutschlandweite Architektur und Geschäftsmodell

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Datendrehscheiben unterstützen. Für die Finanzierung des lastabhängigen Teils des Betriebs können Nutzungsgebühren unterlegt werden. • Entwicklung von leistungsfähigen Logistikenkonzepten Entwicklung von leistungsfähigen Logistikkonzepten, die u. a. die Nutzung von City-Hubs ermöglichen, sowie den Aufbau von City-Hubs als logistische Drehscheiben. Aus-/Aufbau von Infrastrukturen für einen Umstieg auf elektrobetriebene Fahrzeuge.

1.6.2.4  P ROZES S - EB ENE Schwerpunkt : Intermodalität

1.6 Intelligente Verkehrsnetze PROZESS - EBENE

• Beim durchgängigen Mobilitätsmanagement sind (für alle Zielgruppen) abgestimmte Prozesse der Fahrplanerstellung und des Störungsmanagements zwischen den Verkehrsbetreibern Voraussetzung. • Die Prozesse teilen sich auf in vollautomatische Prozesse zwischen den Betreibern (z. B. regelbasierte Anschlusssicherung) und manuelle Prozesse, z. B. kritische Anschlusssicherung in Tagesrandlagen. Beide Prozesse sind heute zwischen konkurrierenden Verkehrsbetreibern praktisch nicht vorhanden. Sie können nur auf Basis einer regional übergreifenden fachlichen Gesamtarchitektur der Zusammenarbeit und mit festen Vorgaben an Qualität und Durchsatz entstehen (siehe auch regulatorische Anforderungen). Bisher gibt es hierzu keine universelle Applikation, welche alle Daten und Dienste vernetzt und integriert.

bisher keine universelle Applikation vorhanden

Use Case: Nutzbarkeit komplexer Mobilitätsketten nahtlos und barrierefrei ermöglichen Multimodalität durch Kompatibilität und Transparenz Motivation Die voranschreitende Urbanisierung erfordert neue Mobilitätskonzepte für Stadt und Land.4 • Die zunehmende Alterung unserer Gesellschaft (ein Drittel der Bevölkerung wird im Jahr 2020 über 60 Jahre sein) ist dabei eines der zentralen Kennzeichen der demografischen Entwicklung und benötigt abgestimmte Mobilitätskonzepte (z. B. Berücksichtigung des individuellen Mobilitätsgrades und das passende Routing auf barrierefreien Wegen)5 • Bei der Suche nach mehr Mobilität müssen die Menschen und ihre Bedürfnisse und Vorlieben berücksichtigt werden. Konzepte, Systeme und Fahrzeuge können noch so effizient sein – letztlich entscheidet der Einzelne, welche er zur Fortbewegung nutzt. • Die Nutzung komplexer Mobilitätsketten wird nur erfolgen, wenn sie einfach ist, denn bereits kleine Irrtümer oder fehlende Informationen können zu deutlichen Verspätungen am Zielort führen.

4 Zwar steigt der Anteil von Stadtbewohnern bis 2020 auf 75,6 % (2005: 73,4 %) der Gesamtbevöl-

kerung, aber in absoluten Zahlen schrumpfen auch die Einwohnerzahlen der Städte wie München, Frankfurt, Bremen, Hamburg, Nürnberg. Jüngere Bevölkerungen befinden sich u.a. im Umland von Städten, die als Zielgebiete im Suburbanisierungsprozess fungieren und daher in Mobilitätskonzepte für 2020 besonders zu betrachten sind. URL: http://www.cireview.de/stadtfakten/ urbanisierung-lander-undregionen-im-vergleich/ (11.10.2013) 5 Bevölkerungsentwicklung und Altersstruktur, URL: http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlenund-fakten/soziale-situation-indeutschland/61541/altersstruktur (15.10.2013)

2020 ermöglicht ein vernetzter, sicherer und uneingeschränkter Datenaustausch verkehrsträgerspezifische und intermodale Mobilitätsplanung und –durchführung sowie die intelligente Verkehrssteuerung. Dies führt zu einer Entlastung aller Nutzer und zu einer erleichterten Teilnahme am Verkehr durch dahinter stehende komplexe Systeme. Alle Marktbeteiligten kennen ihre Lieferverpflichtungen für Basisdaten im Rahmen einer abgestimmten Architektur.

Eine durchgängiges Mobilitätskonzept soll die Nutzung aller verfügbaren Verkehrsmittel erleichtern, denn nur wenn die ganze Palette an Verkehrsmitteln komfortabel und flexibel nutzbar ist, kann die Reise effizienter, sicherer, flexibler und umweltverträglicher stattfinden. Die Schließung der informatorischen Lücke stellt eine umweltgerechte und nachhaltige Mobilität sicher. Verkehrsangebote sind aufeinander abgestimmt. Mobilitätsintegratoren berechnen optimale Routen und Zeiten für ihre jeweiligen Kunden/Zielgruppen. Massenentscheidungen in Störungssituationen (Anschlusssicherung, Zugumleitung etc.) fallen über die gesamte Reisekette hinweg auf Basis genau bekannter Ist-Reisenden-Ströme. Vollständige Informationen über Angebote/Kapazitäten/Betriebslagen aller Verkehrsbetreiber erlauben dem Mobilitätsintegrator im Störungsfall die Übermittlung der besten Alternative an seine Kunden/Zielgruppen. Lösungen kommen im Sinne eines Universal-Designs der gesamten Bevölkerung zugute.

Mobilitätsintegratoren

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Handlungsempfehlungen Aufbau leistungsfähiger Prozess-Strukturen

Drei Handlungsfelder sind für den Aufbau leistungsfähiger ProzessStrukturen im Zusammenhang mit Intelligenten Verkehrsnetzen unverzichtbar: • Gemeinsame Gremien als Kommunikations- und Steuerungs­ rahmen. • Steuerungsstrukturen für die Harmonisierung von unternehmens- und rollenübergreifenden Abläufen. • Adäquate Prozessmaßnahmen zur unmittelbaren Berücksichtigung internationaler Normen und EU-Richtlinien und zur Verhinderung von nationalen Silos. Eine fachliche Gesamtarchitektur definiert das Zusammenspiel der Verkehrsbetreiber sowohl im Plan- als auch im Ist-Betrieb. Die fachliche Gesamtarchitektur kann z. B. durch den Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), als Standard festgesetzt oder sogar gesetzlich verankert werden. Die fachliche Gesamtarchitektur ist Grundlage der Definition einer deutschlandweiten IT-Architektur für durchgängiges Mobilitätsmanagement.

1.6.2.5  T EC HNISC HE EB ENE Schwerpunkt : Schnittstellen, Standards und Internationalisierung Motivation

nationale Architektur für die Verkehrstelematik fehlt

• Aus technologischer Sicht gilt, dass neue Technologien als En­ abler für intelligente Mobilität dienen. • Verkehrsleistungen werden meist zusammen mit Datendiensten bestellt. Diese sind aber uneinheitlich und oft sind Lieferwege und die Rechtslage unklar. Es fehlt eine Gesamtarchitektur des Zusammenspiels aller Beteiligten. • Die Standardisierung ist eine große Herausforderung. Dies gilt insbesondere für intelligente Ladungsträger. Eine nationale Architektur für die Verkehrstelematik fehlt derzeit.

1.6 Intelligente Verkehrsnetze TECHNISCHE EBENE

Vernetzter Datenaustausch für eine intelligente Mobilität 2020 nutzen intelligente Mobilitätsdienste einen vernetzten Datenaustausch. Sie erhalten freien und uneingeschränkten Zugang zu allen Mobilitätsdaten der öffentlichen Hand und von privatwirtschaftlichen Betreibern von Verkehrsträgern. Ein barrierefreier Zugang ist sichergestellt. IKT-Technologien haben in allen Verkehrsträgern Einzug gehalten und entfalten eine starke Hebelwirkung für einen flüssigen und sicheren Verkehrs. Eine entspanntere, informiertere und umweltschonende Mobilität ist Realität.

Eine deutschlandweite Gesamtarchitektur für durchgängiges Mobilitätsmanagement ist fachlich und technisch definiert. Die Beteiligten kennen ihre Rolle/ihre Liefer- oder Leistungsverpflichtung und stellen Basisdatendienste für die Belieferung von Mobilitätsintegratoren bereit. Mobilitätsintegratoren verwenden die Basisdienste zur Versorgung ihrer Zielgruppe mit optimalen Mobilitätsangeboten in Echtzeit. Die Gesamtarchitektur kann als Blaupause für Europa und zum Export in Schwellenländer dienen. Eine entspanntere, informiertere und umweltschonendere Mobilität ist Realität. Bezüglich der erwarteten Entwicklung bis zum Jahr 2020 ist aus technischer Sicht zu konstatieren, dass die im Wesentlichen vorhandene Technik sich in den Verkehrsträgern und im Verkehrsmanagement durch Vernetzung etablieren wird. Der Weg zur individuellen Intermodalität wird mit steigendem Stellenwert des Austauschs und der Bedeutung von Verkehrsdaten einhergehen. Vor diesem Hintergrund und, um Prozesse und Anwendungen im Verkehrsbereich mit technischen Mitteln besser zu unterstützen, sind die nachfolgenden Punkte besonders hervorzuheben: • Breitbandausbau und Verfügbarkeit der Breitbandverbindungen (beispielsweise für Car-to-X-Anwendungen), • Einführung von SLA und Qualitätskriterien für Verkehrsdaten, • Anbindung aller verfügbaren Verkehrsdatenquellen der öffentlichen Hand und der privaten Wirtschaft an einen Verkehrsdatenmarktplatz u. a. durch Förderung der MDM-Initiative, • Auf- und Ausbau der notwendigen Infrastrukturen, Vernetzung und erweiterte Nutzung vorhandener verkehrsträgerspezifischer technischer Lösungen, • Forcierung der Standardisierungsaktivitäten in den Bereichen kooperativer Systeme, intelligenter Ladungsträger, Verkehrs­ trägerschnittstellen etc.,

deutschlandweite Gesamtarchitektur

Blaupause für Europa und den Export Eine entspanntere, informiertere und umweltschonendere Mobilität ist Realität.

Forcierung der Standar­ disierungsaktivitäten

179


180

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

• Entwicklung und regulatorische Verankerung einer deutschlandweiten Gesamtarchitektur für ein durchgängiges Mobilitäts­ management.

Handlungsempfehlungen 1. Deutschlandweite Gesamtarchitektur Entwicklung und regulatorische Verankerung einer deutschlandweiten Gesamtarchitektur für ein durchgängiges Mobilitätsmanagement. Bereitstellung von nationalen Fördermitteln für die Entwicklung der Architektur sowie für deren Aufbau und Basisbetrieb. 2. E-Fahrzeuge und zugehörige Technologien Die Entwicklung von leistungsfähigen, praktikablen E-Fahrzeugen und zugehörigen Technologien (z. B. Batterietechnologie). 3. Schaffung eines Branchenstandards Schaffung eines Branchenstandards und einer einheitlichen hardware- und softwaretechnischen Plattform sowie die Entwicklung von kostengünstigen Modulen, um Ladungsträger möglichst direkt bei der Produktion wirtschaftlich sinnvoll auszustatten. Hier sind vor allem technische Lücken im Bereich der Energieversorgung und im Bereich der Vernetzungsprotokolle zu schließen und die Variantenvielfalt der Ladungsträger, die oft sehr langen Durchlaufzeiten und die komplexen Behälter­ managementprozesse zu berücksichtigen. 4. Einheitliche Auto-ID-Standards und -Techniken Um Ladungsträger automatisiert identifizieren und möglichst effizient einsetzen zu können, sind einheitliche Auto-ID-Standards und -Techniken notwendig, anhand derer die Ladungsträger weltweit eindeutig identifiziert und zugeordnet werden können. 5. Mobiliätsapps Die Intelligenten Verkehrsnetze und die damit verbundene vielfältigere und komfortablere Mobilität brauchen vernetzte und echtzeitfähige „Mobilitätsapps“.

1.6 Intelligente Verkehrsnetze TECHNISCHE EBENE

6. Datenschutz Auch im Verkehrsbereich ist der Datenschutz ein wichtiges Thema. Die Intelligenz des Systems basiert u. a. auch auf Bewegungsdaten und Profilen von Nutzern, die entsprechend anonymisiert werden müssen. Bestehende Ansätze müssen weiterentwickelt und auf dem Stand der Technik gehalten werden. Die technischen Systeme müssen so aus- und aufgerüstet sein, dass sie in der Lage sind, die Informationen sowohl in der Priorisierung als auch von der Bandbreite und der Datenmenge aus gesehen geschützt zu verarbeiten und zu transportieren. 7. Schließung der informatorischen Lücken Schließung der informatorischen Lücken – z. B. beim Wechsel zwischen der Bahn und einem Fahrzeug durch fußgängeradäquate Informations-, Ortungs- und Navigationsdienste (Mobilitätsapplikationen). Der Reisende wird damit lückenlos und auf barrierefreien Wegen durch alle Verkehrsmittel und Umsteigepunkte bis zum Ziel geführt. 8. Integration und Vernetzung der Verkehrsmittel Tiefe Integration und Vernetzung der Verkehrsmittel in Mobilitätsapplikationen für eine Individualisierung und Personalisierung. Schaffung von Mobilitätsapplikationen, die im Sinne eines Universal Design der gesamten Bevölkerung nutzen. 9. Offene, modulare Dienste-Architektur Eine offene, modulare Dienste-Architektur ermöglicht eine vollständig transparente Nutzung von digitalen Diensten durch Drittanwendungen. 10. Festlegung von Mindeststandards Festlegung von Mindeststandards für die Datenlieferung über Angebote/Kapazitäten/Betriebslage auf Basis einer deutschlandweiten Architektur.

Datenschutz wichtiges Thema auch im Verkehrsbereich

181


182

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.6.3 Zusammenfassung Effizienz und Wachstumsimpulse

Blaupause für Europa

Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Begleitumstände des Verkehrswesens

Intelligente Mobili­ tätssysteme der Zu­ kunft werden den an sie gestellten An­ sprüchen gerecht. klimaschonend, offen, durchgängig, interoperabel, barrierefrei und bezahlbar

Vision: „Intelligente Mobilität für Menschen und Güter“

Unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Effekte hinsichtlich Effizienz und Wachstumsimpulsen im Verkehrsbereich (jährliche Einspareffekte 8 Milliarden Euro und jährliche Wachstumsbeiträge 2 Milliarden Euro) – vgl. Tabelle 1.6-1 – und bei näherer Betrachtung der heutigen Mobilität sowie der Wünsche und Vorstellungen für eine intelligente Mobilität der Zukunft, kann Deutschland eine Blaupause für Europa erschaffen, indem es eine Deutschland-Architektur einer Basisdienste-Infrastruktur entwickelt, die den Mobilitätsintegratoren den Zugriff auf die Basisdaten erlaubt, um z. B. eine intermodale Routenplanung zu ermöglichen. Diese Architektur berücksichtigt die Anforderungen der Intelligenten Verkehrsnetze an den Breitbandausbau und steigert die Lebensqualität der Bevölkerung durch die Intelligenten Verkehrsnetze. Die Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Begleitumstände des Verkehrswesens schafft eine intelligente Mobilität und eine sicherere und effizientere Nutzung. Die ökonomischen Verbesserungen ermöglichen dabei die Einsparung von Energie und Transportzeit sowie von privaten und externen Kosten in erheblichem Ausmaß. Die ökologischen Verbesserungen vermindern die weitere Belastung der Umwelt infolge eines geringeren Energieverbrauchs bei gegebenem Verkehrsaufkommen und die verbesserte Nutzung von Verkehrsflächen. Die intelligenten Mobilitätssysteme der Zukunft werden also den Ansprüchen gerecht, die an sie gestellt werden: klimaschonend, offen, durchgängig, interoperabel, barrierefrei und bezahlbar – zudem werden sie alle Formen der Mobilität bedienen, ob privat oder beruflich/geschäftlich, für Menschen oder Güter, und dabei alle Verkehrsmittel vom Fahrrad bis zum Flugzeug integrieren. Aus der Sicht eines Mobilitätsteilnehmers werden intelligente Mobilitätssysteme eine effektive Unterstützung für das Mobilitätsbedürfnis sein, indem u. a. Mobilitätsdaten über Verkehrsmittel uneingeschränkt für einen vernetzten Datenaustausch zur Verfügung stehen. Die Dienste für eine Intelligente Mobilität nutzen dabei einen vernetzten Datenaustausch durch Einsatz von IT (Plattformen, Cloud, Open Data etc.) und moderner Kommunikationstechnologie. Die Vision ist eine „Intelligente Mobilität für Menschen und Güter“ mit den Themen der Zukunft: Innenstädte und Ballungsgebiete entwickeln sich zunehmend zu „grünen Oasen“, der Betrieb von City-Hubs und die Belieferung mit E-Fahrzeugen lassen sich durch eine moderne und

1.6 Intelligente Verkehrsnetze

vernetzte IKT umsetzen, die die Lücken im Mobilitätsnetz bzw. Logistiknetz schließt und z. B. einen einfachen Zugriff auf Bedarfsangebote (z. B. Car-Sharing, Taxi, Rufbus oder Ladungsträger) erfüllt. Der zukünftige Rechtsrahmen für intelligente Mobilität schützt den Individualnutzer vor unerlaubter Erstellung von Bewegungsprofilen. Alle relevanten Daten für das Verkehrsmanagement sind anonymisiert. Verkehrsmittel und Ladungsträger werden mit Sensor-, Ortungs- und Kommunikationstechnologien ausgestattet, um ein durchgängiges Mobilitätsmanagement zu ermöglichen. Durch eine komfortable und flexible Nutzung aller verfügbaren Verkehrsmittel können Reisen und Transporte effizienter, sicherer und umweltverträglicher stattfinden. Um alles dieses zu ermöglichen, ist insbesondere die informatorische Lücke (Zugang zu allen Mobilitätsdaten der öffentlichen Hand und von privatwirtschaftlichen Betreibern) zu schließen und es sind Maßnahmen umzusetzen, die einen vernetzten Datenaustausch durch Einsatz von IKT und moderner Kommunikationstechnologie ermöglichen. Bezüglich der erwarteten Entwicklung bis zum Jahr 2020 ist aus technischer Sicht zu konstatieren, dass die im Wesentlichen vorhandene Technik sich in den Verkehrsträgern und im Verkehrsmanagement durch Vernetzung etablieren wird. Der Weg zur individuellen Intermodalität wird mit steigendem Stellenwert des Austauschs und der Bedeutung von Verkehrsdaten einhergehen. Kernforderungen zum erfolgreichen Aufbau Intelligenter Verkehrsnetze bis zum Jahr 2020 sind: • Pilotprojekte zu „Intelligenten Verkehrsnetzen“ sind zu initiieren, z. B. eine Vernetzung von Verkehrsmanagementzentralen. • Die Fortsetzung und Ausweitung von Open-Data-Projekten ist vorzunehmen. • Die Deutschland-Architektur einer Basisdienste-Infrastruktur ist zu entwickeln, die den Mobilitätsintegratoren den Zugriff auf die Basisdaten erlaubt, um z. B. eine intermodale Routenplanung zu ermöglichen. Die Architektur kann Blaupause für Europa werden. Ein Geschäftsmodell für das Zusammenspiel von Basisdiensten und Mobilitätsintegratoren, das öffentliche Förderung und Nutzungsgebühren umfasst, ist zu entwickeln. • Ein Rechtsrahmen für Intelligente Verkehrsnetze ist zu schaffen, der europaweit abgestimmt ist, wie es bei der Datenschutzini­ tiative oder dem Cloud Computing geplant ist. • Die Anforderungen der Intelligenten Verkehrsnetze sind beim Breitbandausbau zu berücksichtigen.

Rechtsrahmen für intelligente Mobilität

durchgängiges Mobilitätsmanagement

vorhandene Technik

Deutschland-Architektur

Blaupause für Europa

Rechtsrahmen

183


184

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

185

1.7

1.1

Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze.............................................. 23

1.2

Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland....................... 35

1.3

Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze.................................. 41

1.4

Intelligente Energienetze........................................................................... 69

1.5

Intelligente Gesundheitsnetze.................................................................... 131

1.6

Intelligente Verkehrsnetze......................................................................... 159

1.7 1.7.1 1.7.2 1.7.2.1 1.7.2.2 1.7.2.3 1.7.2.4 1.7.2.5 1.7.3 1.7.3.1 1.7.3.2 1.7.3.3

Intelligente Bildungsnetze................................................................. 185 Einleitung.................................................................................................. 185 Zielbild Intelligente Bildungsnetze 2020..................................................... 190 Gesellschaftliche Ebene............................................................................ 190 Rechtliche/regulatorische Ebene............................................................... 190 Business-Ebene......................................................................................... 191 Prozess-Ebene.......................................................................................... 192 Technische Ebene..................................................................................... 193 Zielszenario............................................................................................... 194 Ausprägungen: Pragmatische und umfassende Lösung.............................. 194 Zielszenario: „Pragmatische Lösung Plus“.................................................. 197 Umsetzung: Sieben-Punkte-Plan Intelligentes Hochschulnetz.................... 199

1.8

Intelligente Verwaltungsnetze.................................................................... 205

1.9

Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze.................................................... 231

• Die vom Bologna-Prozess verfolgten Ziele der Beseitigung von Mobilitätshemmnissen, der grenzüberschreitenden Beschäftigungsfähigkeit und arbeitsmarktrelevanten Qualifikationen sowie der Förderung lebensbegleitenden Lernens konnten angesichts wachsender Studierendenzahlen, stagnierender, mitunter gar abnehmender Ressourcen und zeitlich eng gestalteter Studienpläne bisher nicht in ausreichendem Maß umgesetzt werden.

1.10

Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze.................................. 237

1 Für eine ausführlichere Darstellung der grundsätzlichen Fragestellungen eines intelligenten Bil-

Intelligente Bildungsnetze 1.7.1

Einleitung 1

Im Rahmen des Nationalen IT-Gipfels hat sich die Projektgruppe Intelligente Bildungsnetze mit der Frage beschäftigt, wie digitale Technologien Studium und Lehre sowie die Weiterbildung an deutschen Hochschulen verändern werden und wie sich diese Hochschulen auf diesen Wandel einstellen können. Diese Fragestellung ist relevanter denn je. Hochschulen stehen heute vor zahlreichen Herausforderungen – ein intelligentes Bildungsnetz ist kein „Allheilmittel“, trägt aber zur Stärkung des Hochschulstandortes Deutschland bei:

dungsnetzes vgl. Projektgruppe Intelligente Bildungsnetze (2012): Digitalisierung von Bildungs­ infrastrukturen: Vom Status Quo zur Deutschen Hochschul-Cloud. URL: http://h30507.www3. hp.com/hpblogs/attachments/hpblogs/point_of_view/16/1/AG2-Strategiepapier_IntelligenteBildungsnetze_FINAL_2012-11-09a.pdf (20.12.2013)

Stärkung des Hochschulstandortes Deutschland


186

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft Gewinn an Agilität

Wiederverwendung und Rekombination

Individualisierung der Lehre mit mehr Zeitsouveränität und Schwerpunktsetzung

neue Geschäftsmodelle

Durch Intelligente Bildungsnetze gewinnen Hochschulen an Agili­ tät hinsichtlich der Gestaltung der Studienangebote. Studieren­ de können virtuell mobil werden, neben fachlichen Kompetenzen weitere Schlüsselqualifikationen wie Sozialkompetenz, Selbst­ kompetenz und Methodenkompetenz ausbauen. Die Vermittlung standardisierten Wissens kann durch die Wiederverwendung und Rekombination pädagogisch wertvoll und medientechnisch pro­ fessionell gestalteter multimedialer Lehr-/Lerninhalte in Studi­ um, Lehre und Weiterbildung ökonomischer als bisher erreicht werden. • Studierende erwarten zunehmend eine Individualisierung der Lehre mit mehr Zeitsouveränität und Möglichkeiten zur eigenen Schwerpunktsetzung. Hinzu kommt die zunehmende Diversität wie auch Internationalität der Studierenden, auf die Hochschulen noch keine Antwort haben. Bildungsnetze, ausgestattet mit vielfältigen digitalen Inhalten, gebrauchstauglichen Lernumgebungen sowie Möglichkeiten zur sozialen Vernetzung und Kooperation über Institutionsgrenzen hinweg, ermöglichen eine stärkere Differenzierung zwischen der Vermittlung von Standardwissen und individueller Betreuung bei gleichzeitig besserer Nutzung von Ressourcen. • Viele deutsche Hochschulen tun sich schwer, der wachsenden Konkurrenz internationaler Bildungsangebote durch eigene Geschäftsmodelle auf Basis digitaler hybrider Wertschöpfung und neuartige Betreiberkonzepte zu begegnen. Getarnt als vermeintlich freie Angebote werben diese Anbieter um Studierende, die spätestens bei der Suche nach Betreuung oder nach anerkannten Abschlüssen doch zur Kasse gebeten werden. Auf der Basis Intelligenter Bildungsnetze können Hochschulen, ggf. gemeinsam mit kommerziellen Bildungsträgern und Förder­ einrichtungen, neue Geschäftsmodelle im Bereich des berufsbe­ gleitenden Lernens entwickeln und umsetzen.

1.7 Intelligente Bildungsnetze

• Auch die für die Entwicklung des Standortes Deutschland so wichtige und im Bologna-Prozess festgeschriebene Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft kommt über Einzelaktivitäten nicht hinaus. Intelligente Bildungsnetze unterstützen die Kooperation zwi­ schen Hochschulen und Partnern aus Wirtschaft und Industrie in mehrfacher Weise: marktgerechte und nachfrageinduzierte Stu­ dien- und Weiterbildungsangebote werden geschaffen, da Kern­ kompetenzen der Partner gestärkt und in gemeinsam getrage­ nen E-Learning-Angeboten flexibel miteinander kombiniert und angeboten werden können. In Kooperation mit außeruniversi­ tären Forschungseinrichtungen, Verbänden und kommerziellen Bildungsträgern können passgenaue Angebote für das lebens­ begleitende Lernen mit Unterstützung von „Bodenstationen“ weltweit angeboten werden. Das Thesenpapier2 der Projektgruppe anlässlich des IT-Gipfels 2012 hat aufgezeigt, warum ein Intelligentes Bildungsnetz für Hochschulen trotz dieser Vorteile kein Selbstläufer ist. Vielfältigen Treibern der Veränderung stehen zahlreiche Gründe der Beharrung gegenüber. Das Positionspapier konzentriert sich daher auf die Frage, welche Impulse seitens der Politik gesetzt werden müssen, um den aktuellen Zustand der Beharrung zu überwinden. Entscheidend für die politische Betrachtung des Themas ist, dass es nicht nur um die Effizient eines Intelligenten Bildungsnetzes gehen kann – sondern auch um die politischen Kosten einer bestimmten Lösung. Insofern wäre es unrealistisch, Handlungsoptionen hinsichtlich der Erreichung eines Maximalziels zu definieren. Als Denkmodell erscheint es sinnvoll, eine nahezu ideale Lösung und eine machbare Lösung gegenüberzustellen, um das Spektrum politischer Optionen aufzuzeigen.

2 IT-Gipfel AG2 / PG Intelligente Verkehrs-, Bildungs- und Verwaltungsnetze: Digitalisierung von

Bildungsinfrastrukturen: Vom Status Quo zur Deutschen Hochschul-Cloud, 2012

Angebote für lebensbegleitendes Lernen

187


188

Zielbild Intelligente Bildungsnetze 2020

1.7 Intelligente Bildungsnetze

189

R E CH T L I CH E / R E G U L A T O R I S CH E E bene G ese l l s c h aft l i c h e E bene

Kooperationshindernisse sind ausgeräumt

Digitale Bildungsangebote als Selbstverständlichkeit

2020 sind alle rechtlichen Hindernisse, welche die breite Konsolidierung hochschul- und länderübergreifender Bildungsnetze auch im europäischen Wirtschafts- und Bildungsraum behindert haben, aus dem Weg geräumt. Die Bundesregierung hat die Förderung der digitalen Bildungsnetze zu einem strategischen Schwerpunkt ihrer Politik erklärt. Wesentliche Zielbildbausteine sind:

2020 gehören digitale Bildungsangebote selbstverständlich zum Alltag in Schulen, Universitäten und Weiterbildungseinrichtungen. Das Verständnis an Lehr-, Lern- und Prüfungsprozesse hat sich verändert. Bildungsnetze fördern Individualisierung, Methodenvielfalt, Betreuung und Internationalität. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Shared Services und Shared Content

Förderung der Zusammenarbeit Abbau der Kooperationshindernisse

E-Coaching, E-Counseling und Transferkurse

Verrechnungssysteme für Kursteilnahmen

Anerkennungssystem innerhalb Europas

Bildung

Kompatibilität internationaler Studienangebote Technische Forcierung der Internationalisierung

Länderübergreifende Anerkennung von Abschlüssen und Credits

B U S I N E S S - E bene

Intelligente Bildungsnetze machen den wichtigsten Rohstoff für alle verfügbar.

Universitäten und Unternehmen kooperieren und erschließen weltweit neue Bildungsmärkte 2020 ist die Digitalisierung von Wertschöpfungsketten sowie die Emergenz von Produkten und Dienstleistungen in Geschäftsmodellen auf Basis hybrider Wertschöpfung gelungen und strukturell integriert. Wesentliche Zielbild­ bausteine sind: Standardisierte Plattformen

Export technologiebasierter Aus- und Weiterbildung

Shared Services und Shared Content

Personalentwicklung

Anreize für neue Geschäftsmodelle

T e c h nis c h e E bene

Einheitliche, flexible IKT-Infrastrukturen 2020 hat sich aus Bildungsinseln auf lokaler und regionaler Ebene über die Jahre hinweg eine effiziente IKT-Infrastruktur für Lehren, Lernen, Prüfen und Verwalten entwickelt, die flexible Technologien wie Cloud Computing mit einer einheitlichen Benutzeroberfläche und Standards verbindet. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Nutzung von Cloud-Technologie Semantische Technologien und KI-Methoden

Multimodale, bewegte Bildungsinhalte mit Verknüpfungen zu VR und AR

Learning Analytic Verfahren

Standards

Soziales und ubiquitäres Lernen

P R O Z E S S - E bene

Education Governance ist etabliert 2020 ist Education Governance in allen Bildungsinstitutionen eine Selbstverständlichkeit und Basis für alle Prozesse rund um Intelligente Bildungsnetze. Es existieren klare Aufbauund Ablaufprozesse, klare Entscheidungskriterien und Schnittstellen zur EU-Ebene bzw. zu internationalen Standardisierungsorganisationen.. Spezialisierte Service-Center helfen bei der Digitalisierung vor Ort und sind lokaler Innovationstreiber in den Bildungsinstitutionen. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Nationale Forschungszentren Etablierung von Education Governance

Klare Entscheidungskriterien, -gremien und internationale Schnittstellen Spezialisierte Service-Center

Finanzierungsmodelle

Abbildung 1.7-1: Zielbild Intelligente Bildungsnetze 2020 – Übersicht Quelle: Projektgruppe Intelligente Bildungsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013


190

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.7.2

Zielbild Intelligente Bildungsnetze 2020

1.7.2.1

G ESELL SC HAF TLI C HE EB ENE

Bildungsnetze fördern Individualisierung, Methodenvielfalt, Betreuung und Internationalität 2020 gehören digitale Bildungsangebote selbstverständlich zum Alltag in Schulen, Universitäten und Weiterbildungseinrichtungen. Das Verständnis an Lehr-, Lern- und Prüfungsprozesse hat sich verändert: Die Vermittlung von Standardwissen basiert auf dem breiten Einsatz digitaler Kurse, die Begegnung „on campus“ wird für persönlichen Diskurs und Reflektion zwischen Studierenden und Dozierenden sowie in der Peer-Group genutzt. Individuelle Betreuung, Coaching und Counseling sind ebenso eine Selbstverständlichkeit wie die technologiebasierte Kurse zum Wissens- und Technologietransfer zwischen der akademischen Welt, Industrie, Wirtschaft und öffentlicher Hand stattfinden. Internationale Studierende sind ebenso eine Selbstverständlichkeit wie die Einbindung internationaler Bildungsangebote in das Fächerspektrum. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind: • Prozesse für Shared Services und Shared Content sind etabliert. • E-Coaching, E-Counseling sowie Transferkurse sind eingeführt. • Kompatibilität internationaler Studienangebote ist techno­logisch gelöst. • Internationalisierung wird durch Technologien in der Bildung forciert.

1.7 Intelligente Bildungsnetze BUSINESS - EBENE

Politik in allen Bereichen erklärt und ist nach Aufhebung des Kooperationsverbotes und aufgrund der Fortschreibung der Zusammenarbeit in Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung in Europa nun in der Lage, aktiv zu fördern und zu fordern. Der Bologna-Prozess ist umfänglich umgesetzt, so dass Studienabschlüsse der akademischen Aus- und Weiterbildung weltweit harmonisiert sind. Die Teilnahme an Kursen in anderen Bundesländern und europäischen Staaten ist ebenso problemlos möglich wie die wechselseitige Anerkennung von technologiebasierten Bildungsinhalten, Bildungsmethoden und Bildungszertifikaten. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind: • Förderung der Zusammenarbeit bei Intelligenten Bildungsnetzen ist gelungen. • Abbau der Kooperationshindernisse zwischen Bund und Ländern ist erfolgt. • Aktive Förderung durch die Bundesregierung auf allen Ebenen wird realisiert. • Länderübergreifende Anerkennung von Abschlüssen und Credits ist eingeführt. • Verrechnungssysteme für Kursteilnahmen aus anderen Bundesländern und europäischen Staaten ist nachhaltig implementiert. • Anerkennungssystem für technologiebasierte Bildungsinhalte, -methoden und -zertifikate zwischen den Bundesländern und in Europa existiert.

1.7.2.3

Aufhebung des Kooperationsverbotes

B USINES S - EB ENE

Universitäten und Unternehmen kooperieren und erschließen weltweit neue Bildungsmärkte 1.7.2.2

R EC HTLI C H/REG UL ATO RISC HE EB ENE

Kooperationshindernisse sind ausgeräumt, Fortschreibung der Zusammenarbeit fördern 2020 sind alle rechtlichen Hindernisse, welche die breite Konsolidierung hochschul- und länderübergreifender Bildungsnetze auch im europäischen Wirtschafts- und Bildungsraum behindert haben, aus dem Weg geräumt. Die Bundesregierung hat die Förderung der digitalen Bildungsnetze zu einem strategischen Schwerpunkt ihrer

Universitäten, Unternehmen und Institutionen des öffentlichen Sektors nutzen Intelligente Bildungsnetze verstärkt für gemein­ same Kooperationen, um entweder auf veränderte Berufsbilder zu reagieren oder den Wissens- und Technologietransfer zu vertiefen. Dies führt u.a. zu einer verstärkten Nachfrage nach forschungsbasierten digitalen Lehrinhalten von Hochschulen und Forschungs-An-Instituten für unternehmensinterne Fortbildungen, zugleich aber auch zu digitalen Lehrinhalten aus der Praxis von Industrie und Wirtschaft zum Einsatz in wissenschaftlicher

Kooperationen

191


192

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Erschließung neuer Märkte

TECHNISCHE EBENE

Aus- und Weiterbildung. Die gleichen Inhalte geben Studenten einen frühen Einblick in die Anforderungen potenzieller Arbeitgeber und stärken Prozesse des gemeinsamen Talent Recruitment bis hin zur strategischen Allianz in der Entwicklung zukünftiger Fachund Führungskräfte. Darüber hinaus nutzen Universitäten Intelligente Bildungsnetze verstärkt zur Profilbildung ein und erschließen neue Märkte. Viele deutsche Universitäten sind den zahlreichen deutschen Exportweltmeistern gefolgt und bieten Weiterbildungen in Wachstumsmärkten erfolgreich an. Wesentliche Zielbausteine sind: • Anreize für neue Geschäftsmodelle für Bildungsinstitutionen sind eingeführt. • Standardisierte Plattformen für Wissens- und Technologietransfer werden genutzt. • Shared Services und Shared Content sind etabliert. • Personalidentifikation, -entwicklung von Fach- und Führungskräften werden als gemeinsame Aufgabe verstanden. • Deutsche Bildungsanbieter sind Exportweltmeister auch bei technologiebasierter Aus- und Weiterbildung.

Breiter Konsens trägt die Education Governance einer Institu­tion. Es ist auch gelungen, nationale Forschungszentren mit länder­ übergreifenden Aufgaben und internationaler Reputation zu technologischen, bildungswissenschaftlichen und organisationalen Aspekten Intelligenter Bildungsnetze zu etablieren. Spezialisierte Service-Center helfen bei der Digitalisierung vor Ort und sind lokaler Innovationstreiber in den Bildungsinstitutionen. Wesentliche Zielbausteine sind: • Etablierung von Education Governance in Bildungseinrichtungen. • Klare Entscheidungskriterien, -gremien und internationale Schnittstellen sind etabliert und basieren auf breitem Konsens • Etablierung nationaler Forschungszentren zu technologischen, bildungswissenschaftlichen und organisationalen Aspekten Intelligenter Bildungsnetze. • Die gemeinsame Finanzierung der spezialisierter Service-Center durch Bund und Länder ist realisiert. • Finanzierungsmodelle zwischen Bildungsinstitutionen, Fachgesellschaften, Bundesländern und der Bundesregierung sind geschaffen und eingeführt.

1.7.2.4

1.7.2.5

P ROZES S - EB ENE

Bildungsanbieter haben eine Education Governance etabliert, Forschungszentren und Service-Einrichtungen bestehen spezifische Kompetenzen erforderlich

1.7 Intelligente Bildungsnetze

Digitale Bildungsinhalte, -methoden und -services erfordern spezifische Kompetenzen hinsichtlich Nutzung, Einsatz und Integration. Zugleich besteht die Notwendigkeit für thematische Forschung und Entwicklung und Transfer der Erkenntnisse in die Bildungspraxis. Auch müssen Aufbau- und Ablaufstrukturen sowie Steuerungs- und Regelverfahren innerhalb und zwischen Institutionen hinsichtlich Intelligenter Bildungsnetze angepasst und optimiert werden. Education Governance ist bis 2020 in allen Bildungsinstitutionen eine Selbstverständlichkeit und Basis für alle Prozesse rund um Intelligente Bildungsnetze. Es existieren klare Aufbau- und Ablaufprozesse, klare Entscheidungskriterien und Schnittstellen zur EUEbene bzw. zu internationalen Standardisierungsorganisationen.

nationale Forschungszentren

T EC HNISC HE EB ENE

Einheitliche, flexible IT-Infrastrukturen sind etabliert, KI-basierte Anwendungen und Dienste werden eingesetzt, Learning Analytics dient der Steuerung Aus Bildungsinseln auf lokaler und regionaler Ebene hat sich über die Jahre hinweg eine effiziente IT-Infrastruktur für Lehren, Lernen, Prüfen und Verwalten entwickelt, die flexible Technologien wie Cloud Computing mit einer einheitlichen Benutzeroberfläche und Standards verbindet. Bildungsinstitutionen, Fachgesellschaften, Bundesländer und die Bundesregierung koordinieren und finanzieren gemeinsam die Entwicklung und den Produkt- und Wirkbetrieb. Digitale Content-Formate sind standardisiert, wiederverwendbar und für die Nutzung in Intelligenten Bildungsnetzen optimiert. Erstellung, Verwaltung, Archivierung und Wiederfindung findet auf Basis semantischer Technologien statt. Intelligente Dienste und Services

intelligente Dienste und Services

193


194

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

sind entstanden, die Kollaboration in virtuellen Räumen ermöglichen, Bildung in sozialen Netzwerken und mit mobilen Endgeräten ist im Fokus der Bildungsinstitutionen. Moderne KI-basierte Lernsysteme sind zwischenzeitlich der Standard geworden, multimodale Bildungsinhalte in virtuellen und augmentierte Lernumgebungen sowie Verfahren zu Learning Analytics haben zwischenzeitlich die Nutzung und den Einsatz Intelligenter Bildungsnetze fundamental geändert. Wesentliche Zielbausteine sind: • Nutzung von Cloud-Technologie zum effizienten Hosting großer Datenmengen ist etabliert. • Standards für digitale Inhalte für Erstellung, Wiederverwendung, Findbarkeit, Archivierung und Verwaltung bestehen und werden in der Breite genutzt. • Semantische Technologien und Technologien auf Basis von KIMethoden sind der neue Standard. • Soziales Lernen und ubiquitäres Lernen ergänzt in der Breite personales Lernen. • Multimodale, bewegte Bildungsinhalte mit Verknüpfungen zu VR und AR sind etabliert. • Learning Analytic Verfahren können umfänglich genutzt werden, Voraussetzungen zum Datenschutz und zur Datensicherheit sind geklärt.

1.7 Intelligente Bildungsnetze Tabelle 1.7-1: Dimensionen und unterschiedliche Ausprägungen eines intelligenten Hochschulnetzes Dimension

Pragmatische Lösung

umfassende Lösung

I. Budget und Rechtsrahmen Steht für die Digitalisierung von Lehr-/Lehrinhalten und deren Infrastrukturen ein dediziertes Budget zu Verfügung? Wenn ja: Auf welcher Ebene (Hochschulen, Länder- oder Bundeshaushalt).

Für beide Lösungsansätze: Ja. Nachhaltige Finanzierung wird über Kultus- bzw. Wissenschaftshaushalte von Bund und Ländern sichergestellt. Eigenmittel der Hochschulen reichen hierfür nicht aus

Existiert ein Rechtsrahmen, der Kooperationen zwischen Hochschulen in Deutschland beim Betrieb eines intelligenten Hochschulnetzes mit geringem Aufwand ermöglicht?

Minimalziel ist die wechselseitige Anerkennung von Prüfungsleistungen in gemeinsam genutzten Modulen, darüber hinaus Anerkennung sämtlicher Prüfungsleistungen im Kreis kooperierender Hochschulen. Bei der Erbringung von Dienstleistungen über Hochschulgrenzen hinweg ist das Problem der Mehrwertsteuerpflicht zu entschärfen.

Ja. Bundesweite gegenseitige Anerkennung von Kursabschlüssen im Rahmen des ECTS-Systems

Bestehen gemeinsame technische Infrastrukturen (Server, Speicher, Applikationsintegration) für den Betrieb des Bildungsnetzes?

Teilweise. Die bestehende institutionelle IT-Infrastruktur wird nicht angetastet, soweit sie von der jeweiligen Einheit (in der Regel einer Hochschule) zweckmäßig betrieben werden kann. Für kleiner Einheiten wird ein zentrales Hosting angeboten.

Ja. Vereinheitlichung der IT-Landschaft durch zentrales Hosting in einer flexiblen und übergreifenden Infrastrukturebene. Wesentlich kostengünstigerer Betrieb bei fluktuierenden Leistungsanforderungen als bei traditionellen „On Premise“-Systemen. Deutlich geringere Schnittstellenaufwände.

Besteht eine einheitliche Lösung auf der Applikationsebene, die in gleiches „Look and Feel“ für die Nutzer zu Verfügung stellt?

Nein. Die existierende Applikations­ landschaft wird nicht verändert. Heterogenität der Lernumgebungen bleibt erhalten. Über Empfehlungen und Best-Practice kann aber eine Homogenisierung angestrebt werden.

Ja. Bereitstellung von regelmäßig in allen Hochschulen genutzten Applikationen. Empfehlungen zur Umsetzung. Einbindung im Sinne einer integrierten IT-Infrastruktur z. B. auch in Campusund Learning-Content-ManagementSysteme.

Wird die Digitalisierung von Lehr­ angeboten durch dezentrale Kooperationsanreize gewährleistet oder durch zentrale Service-Einrichtungen unterstützt?

Dezentrale Ansätze. Digitalisierung obliegt einzelnen Professuren oder wird in den Fakultäten bzw. Hochschulen unterstützt.

Einrichtung einer kleinen Zahl von Kompetenzzentren, die in Ergänzung/ Erweiterung von hochschulbezogenen Angeboten zentrale Dienstleistungen anbieten. Bildung von Kompetenzclustern, deren Zentralisierungsgrad von bestehenden Strukturen und potenziellen Synergieeffekten abhängig ist.

Bietet das Bildungsnetz eine Schnittstelle zur Wirtschaft, zum Beispiel durch gemeinsame Nutzung digitaler Inhalte?

Nein.

Austauschplattform als Schnittstelle zum lebenslangen, wissenschaftlich orientierten Lernen.

Existieren verbindliche Normen und Standards für die technische Infrastruktur und die Prozesse eines intelligenten Hochschulnetzes?

Nein. Es liegen nur Empfehlungen und Best-Practice-Beispiele vor, jedoch keine verbindlich einzuhaltenden Vorgaben bzw. Normen.

Ja. Gemeinsame Normen und Standards für Betrieb und Infrastrukturen zur Vermeidung abgekoppelter Spezial­systeme. Review-Verfahren aus dem jeweiligen Fach und fachübergreifender Hochschuldidaktik.

Gibt es einen Qualitätssicherungs­ prozess bezüglich der fachlichen Güte und Aktualität, der didaktischmethodischen und technologischen Qualität der Inhalte?

Nein. Die Qualitätssicherung obliegt in der Regel einzelnen Professuren, bisweilen unterstützt durch interne Lehrevaluation der Fakultäten und Hochschulen.

Ja. Die Qualitätssicherung erfolgt transparent, systematisch und strukturiert durch Peer-Review-Prozess mit Double-Blind-Verfahren. Ergänzend erfolgt eine Bewertung und Evaluation durch Studierende.

II. Infrastruktur und Applikationen

III. Governance und Prozesse

vorhandene Strukturen berücksichtigen

1.7.3

Zielszenario

1.7.3.1

Ausprägungen: Pragmatische und umfassende Lösung

Bildungsreformen müssen stets die vorhandenen Strukturen berücksichtigen. Deutschland blickt auf mehr als zwei Jahrzehnte zurück, in denen oft wenig nachhaltige Pilotprojekte, viele sogenannte Leuchtturmprojekte ohne Strahlkraft und vor allem zahlreiche Insellösungen für digital gestütztes Lernen die Landschaft geprägt haben. Dementsprechend lokal fokussiert sind Infrastrukturen und Organisationsmodelle. „Intelligent“ sind die vorhandenen Strukturen häufig deshalb nicht, weil Skalierungseffekte nicht

Quelle: Projektgruppe Intelligente Bildungsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

195


196

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

genutzt, Kompetenzaufbau nicht vernetzt und nachhaltig betrieben wird sowie getätigte Investitionen aus Sicht zentraler Stakeholder in den Hochschulen selbst nicht die erhoffte Diffusionswirkung erkennen lassen. Hinzu kommen vielfältige nicht-intendierte Effekte aufgrund politischer, technologischer und Hochschul-bezogener Entwicklungen auf allen Ebenen, die statt einer strategischen, zielführenden Vorgehensweise sich auf „Hands-On“ Aktivitäten, Gelegenheitsstrukturen und ad-hoc Entscheidungen beschränken. Tabelle 1.7-1 stellt drei Dimensionen dar, anhand derer die unterschiedlichen Ausprägungsformen eines intelligenten Hochschulnetzes deutlich werden. Im Spektrum der möglichen Antworten auf die aufgeworfenen Fragen lassen sich zwei idealtypische Lösungsansätze definieren: • Eine „pragmatische Lösung“, die versucht, in realistischer Einschätzung der politischen und institutionellen Strukturen in Deutschland zu erwartende Friktionen auf ein Minimum zu reduzieren. Dafür werden geringere Umsetzungs-, Reife- und Synergiegrade in Kauf genommen, die nur in einer evolutionären Vorgehensweise sukzessive zu erreichen sind. • Eine „umfassende Lösung“, die eine weitergehende Anpassung des Rechtsrahmens, der technischen Integration und Vereinheitlichung von Prozessen und Strukturen vorsieht. Ihre Erreichung wäre allerdings mit hohen politischen Kosten verbunden.

regional fokussierte Ansätze mit begrenz­ tem Wirkungskreis

In Deutschland existieren einige Projekte und Initiativen, die dem „pragmatischen“ Ansatz sehr nahe kommen, im Einzelfall auch darüber hinausgehen. Entscheidend ist jedoch: Bei allen bislang existierenden „pragmatischen Lösungen“ handelt es sich um regional fokussierte Ansätze mit begrenztem Wirkungskreis und klar umrissenen Aufgabenstellungen für die Hochschulen der Region bzw. des jeweiligen Bundeslandes. Die Projektgruppe sieht eine hohe politische Notwendigkeit, die Aktivitäten auf Länderebene auszubauen und durch ein Bundesprogramm zur Stärkung der länderübergreifenden Zusammenarbeit zu ergänzen.

1.7 Intelligente Bildungsnetze

hoch

umfassende Lösung Effizienz

Ziel

gering

hoch

pragmatische Lösung gering

Politische Kosten Abbildung 1.7-2: Von der pragmatischen Lösung zum Zielszenario Quelle: Projektgruppe Intelligente Bildungsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

1.7.3.2

Zielszenario: „Pragmatische Lösung Plus“

Zentrales Erfolgskriterium für das Intelligente Bildungsnetz ist die Stimulation von Investitionen in Strukturen und Angebote, die effizient sind, Synergien generieren und Potenziale ausschöpfen. Vor diesem Hintergrund soll zunächst die zuvor beschriebene pragmatische Lösung umgesetzt werden. Abhängig von den praktischen Erfahrungen kann dann ein sukzessiver Ausbau hin zu einer umfassenderen Lösung erfolgen. Daher soll die Ausgestaltung der pragmatischen Lösung die aktuellen Begebenheiten in der Hochschullandschaft berücksichtigen, aber im Sinne des „Plus“ (siehe Abbildung 1.7-2) darüber hinausgehen Konkret bedeutet dies: • Wir schlagen eine gemeinsame Finanzierung des intelligen­ ten Hochschulnetzes durch Bund und Länder vor. • Die bereitgestellten Gelder sollten in der ersten Phase vor allem in die Schaffung von Anreizen für die Digitalisierung von wie­ derverwendbaren und rekombinierbaren, pädagogisch wert­ vollen und medientechnisch professionell gestalteten Inhal­ ten für Studium und Weiterbildung sowie für den Aufbau

Stimulation von Investitionen

Schaffung von Anreizen

197


198

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Standards

Kompetenzzentren

nationales E-LearningKompetenz-Cluster

von Hochschulkooperationen fließen. Für die Umsetzung dieser Förderprojekte für Lehr-/Lerninhalte würden die Hochschullehrer mit finanziellen Mitteln ausgestattet, die sie wiederum in bestehende Supportstrukturen zur digitalen Entwicklung von Lehr-/Lerninhalten auf Fakultäts-, Hochschul- oder Landesebene einfließen lassen können. Damit würden die Fördermittel nicht nur eine Anreizfunktion für die beantragenden Hochschullehrer bzw. deren Hochschule im Sinne der Drittmitteleinwerbung ausüben, sondern im Hochschulsystem verbleiben. Um einen Austausch erstellter Inhalte zu fördern, müssten sich an einer Antragsstellung mindestens zwei Hochschulen beteiligen, die sich auf eine gemeinsame Nutzung der Inhalte verständigen. • Um diesen Prozess perspektivisch auch auf eine länderübergreifende Ebene entwickeln zu können, bedarf es aber auch der Verständigung auf gemeinsame Standards, damit eine Vernetzung und der Austausch von Inhalten und Services auch länderübergreifend realisiert werden kann. • Innovation in Intelligenten Bildungsnetzen entsteht nur auf Basis einer engen Verzahnung zwischen anbietenden Institutionen akademischer bzw. wissenschaftlicher Aus- und Weiterbildung auf der einen und einschlägiger Forschung, Entwicklung und Inno­vation auf der anderen Seite. Zur Forcierung interdisziplinärer, anwendungsorientierter Forschung und Entwicklung schlägt die Projektgruppe auf Basis eines Bund-Länder-Abkommens die Einrichtung nationaler thematischer Kompetenzzentren vor. Deren Fokus muss auf den Handlungsfeldern Technologie, Bildungs- und Lernpsychologie sowie nachhaltige Implementierung liegen. Diese Kompetenzzentren sollen ein nationales E-Learning-Kompetenz-Cluster ausbilden, die Hochschul-Service-Einrichtungen vor Ort unterstützen und auch Strategieberatung anbieten.

1.7 Intelligente Bildungsnetze

1.7.3.3

Umsetzung: Sieben-Punkte-Plan Intelligentes Hochschulnetz

Budget und Rechtsrahmen 1. Maßnahme: Anpassung des hochschulrechtlichen Rahmens auf Bund- und Länder­ebene • Änderung des Artikels 91b GG („Kooperationsverbot“): Die Anpassung des Kooperationsverbotes wurde implizit von der neuen Bundesregierung angekündigt und sollte nun zügig umgesetzt werden, im Interesse einer nachhaltigen finanziellen Ausstattung deutscher Hochschulen. • Änderung der Kapazitätsverordnungen: Die Kapazitätsverordnungen (KapVOs) der Bundesländer, mit Hilfe derer insbesondere die Aufnahmekapazitäten der einzelnen Studiengänge an den Hochschulen ermittelt werden, müssen in Bezug auf die digitale Lehre konkretisiert werden. Hochschulen erhalten dadurch Rechts- und Planungssicherheit, wenn sie ihr digitales Lehrangebot ausweiten und müssen nicht fürchten, dass mit der Einführung von digitalen Lehrinnovationen intendierte Qualitätsverbesserungen aufgrund erhöhter Aufnahmekapazität nicht wirksam werden können. • Änderung der Lehrverpflichtungsverordnungen: Die Lehrverpflichtungsverordnungen der Bundesländer regeln insbesondere, welche Lehrverpflichtung die Lehrenden an den Hochschulen haben und wie einzelne Lehrveranstaltungsarten auf die Lehrverpflichtung angerechnet werden. Um die Verbreitung digitaler Lehre zu fördern, muss diese auf empirischer Grundlage in den Lehrverpflichtungsverordnungen adäquat berücksichtigt werden. Der tatsächliche Aufwand für Erstellung und Betreuung digitaler Lehrangebote muss dabei Berücksichtigung finden. • Änderung an den Landeshochschulgesetzen: Die Landeshochschulgesetze sollten neben den bundesweit etablierten Forschungsfreisemestern auch die Möglichkeit von Lehrfreisemestern einräumen. Dadurch könnte die Entwicklung von anspruchsvollen digi­talen Lehrangeboten vorangetrieben werden. 2. Maßnahme: Bereitstellung eines strukturell verankerten, zweckgebundenen Gesamtbudgets durch Bund und Länder in Höhe von 150 Millionen Euro pro Jahr Langfristig wird ein digitales Hochschulnetz nur dann leben, wenn Hochschulen das Intelligente Netz als Kernbestandteil ihrer Strategie aufnehmen. Die Strukturierung der finan­ ziellen Mittel für ein digitales Hochschulnetz ist hierfür wichtig. Der im Koalitionsvertrag angekündigte Beitrag des Bundes zur Grundfinanzierung der Hochschulen sollte zu einem bestimmten Prozentsatz zweckgebunden an den Aufbau des intelligenten Hochschulnetzes gekoppelt werden. Ein Drittel der im Rahmen des Hochschulpaktes 2020 vorgesehenen Mittel sollten in die Bereitstellung virtueller Studienangebote fließen, sofern sie Teil einer bundesweit nutzbaren Struktur werden.

199


200

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Für einen zeitnahen Einstieg in eine gemeinsame Finanzierung können bestehende Förderprogramme des BMBF genutzt werden, die in einer gemeinsamen Bund-Länder-Finanzierung ausgestaltet sind. Dazu gehören der Hochschulpakt zum Aufbau von Studienplätzen (diese können in einem gewissen Förderanteil auch als virtuelle Studienkapazitäten aufgebaut werden) sowie der Qualitätspakt Lehre, in dessen zweiter Förderphase digitale Kursangebote stärker in den Förderfokus gerückt werden könnten. Hinsichtlich des Gesamtvolumens gehen wir von einem Finanzierungsbedarf von 150 Mio. Euro pro Jahr aus. Diese Schätzung orientiert sich unter anderem an den Volumina des Qualitätspakts Lehre (2 Mrd. Euro über 10 Jahre) sowie der Bund-Länder-Vereinbarung über den Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschule“ (250 Mio. Euro von 2010 bis 2018).

1.7 Intelligente Bildungsnetze

4. Maßnahme: Datenschutz-Regeln anpassen und vereinheitlichen • Ein intelligentes Hochschulnetz basiert auf Datenschutz-Regeln, die sowohl ein hohes Schutzniveau garantieren als auch praktikabel sind. Die Nutzung anonymisierter Daten zu Forschungszwecken ist für die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung von E-Learning-Angeboten von großer Bedeutung. Die am intelligenten Hochschulnetz teilnehmenden Institutionen harmonisieren ihre Datenschutz-Satzung entsprechend. Hierzu existieren bereits erste Vorschläge.4

Infrastruktur und Applikationen 3. Maßnahme: Urheberrechtliche Bedingungen festlegen 5. Maßnahme: Förderung eines offenen E-Learning-Ökosystems • Open-Access-Regelung für digitales Hochschulnetz festlegen: Zur Belebung der Vielfalt und der unterschiedlichen Verwendbarkeit wissenschaftlicher Lehr-/Lerninhalte sollten neben dem Ausbau der bestehenden Strukturen bei einer öffentlichen Finanzierung vornehmlich die Entwicklung von frei verfüg- und verwendbaren Lehr- und Lernmaterialien im Sinne von „Open Educational Resources“ (OER) gefördert werden (wie auch bereits von der Europäischen Kommission gefordert).3 Ähnliche Wege im Bereich Open Access gehen bereits EU-Förderprogramme sowie die DFG. Um diese freie Verfüg- und Verwendbarkeit dieser geförderten Lehr-/Lerninhalte gewährleisten zu können, müssen dafür in der Governance bzw. den Förderbedingungen klare Vorgaben hinsichtlich des Urheberrechtes verankert werden. So müssen die urheberrechtlichen Rahmenbedingungen mit den Produzenten von Lehr-/Lerninhalten (sowohl Hochschullehrer als auch an der Produktion beteiligte Dienstleister) so ausgestaltet sein, dass einer freien und nicht-kommerziellen Nutzung bzw. Wiederverwendung der entwickelten Inhalte durch Dritte nichts entgegen steht. Damit obliegt es den Produzenten der Lehr-/Lerninhalte eine Konformität mit dem Urhebergesetz herzustellen, da ansonsten keine Förderung oder eine spätere Rückführung von Fördermitteln die Folge wären. • Rückwirkende Rechteklärung bezüglich Inhalten, die in der Vergangenheit im Rahmen großer Förderprogramme (zum Beispiel „Neue Medien in der Bildung“ des BMBF sowie Landesförderprogramme) mit öffentlichen Mitteln gefördert und entwickelt worden sind. Diese entwickelten und zum Teil noch bestehenden Inhalte könnten eine sinnvolle Basis für die initiale Bereitstellung des intelligenten Bildungsnetzes darstellen. Da die Rechtslage aus den vergangenen Förderprogrammen sehr heterogen und intransparent ist, regen wir an, hierfür einen Prüfauftrag zu erteilen, inwiefern sich die Mittelgeber auf Bundes- und Landesebene mit ihren jeweiligen Vertragspartnern auf Hochschulebene im Sinne einer einvernehmlichen Lösung und einer OER-bezogenen Nutzung/Verwendung bereits bestehender Inhalte verständigen können.

In der zurückliegenden Dekade hat sich in Deutschland ein Netzwerk aus Anbietern, Inno­ vatoren, Promotoren und nachfragenden Bildungsinstitutionen entwickelt. Einige wenige Knotenpunkte mit überregionaler Strahlkraft haben sich herausgebildet und verbinden KMUs, Hochschuleinrichtungen, Forschungsinstitute, Landesinitiativen und einzelne Evangelisten zum E-Learning in Aus- und Weiterbildung, Forschung, Entwicklung und Innovation. Es hat sich über nunmehr 15 Jahre gezeigt, dass dieses Netzwerk je nach Hochschule und Bundesland zeitweise fragil, aus Bundesperspektive jedoch über die Zeitspanne insgesamt bemerkenswert stabil ist und sich trotz widriger Umstände positiv entwickelt hat. Ergebnis dieser fragilen Stabilität ist die Erkenntnis, dass nahezu alle Innovationen im E-Learning nicht aus Deutschland kommen und die deutschen Universitäten und Hochschulen international von wenigen Ausnahmen abgesehen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Zur Gewährleistung einer umfassenden, systematischen und strukturierten, nachhaltigen Entwicklung eines intelligenten Bildungsnetzes in Deutschland auf Augenhöhe mit den internationalen Entwicklungen und Promotoren ist es daher unerlässlich, die Frage zu beantworten, wie ein E-Learning-Ökosystem aufgebaut werden kann, das die Bildungsinstitutionen, insbesondere Universitäten, bei der Fortschreibung bestehender ELearning-Strukturen und dem Ausbau von Innovationen im E-Learning in Deutschland unterstützt. Ziel muss es sein, wahrgenommene und faktisch vorhandene Labilität in nachhaltige Stabilität zu überführen, indem das Zusammenwirken von Wirtschaft, Wis­ senschaft und Public Sector in einem offenen Ökosystem gefördert und dieses offen für Innovationen weltweit gestaltet wird. Wettbewerb, Offenheit und Skalierbarkeit sind somit grundlegende Elemente in einem solchen Ökosystem. Internationale Innovation aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie die dauerhafte, zielgerichtete Fortschreibung und strategische Weiterentwicklung des Ökosystems zum Wohle von Universitäten und Hochschulen in Deutschland sind Kern­aspekte eines digitalen Hochschulnetzes

3 Vgl. Mitteilung KOM (2013) 654 final vom 25. September 2013

4 Vgl. http://cms.uni-kassel.de/unicms/fileadmin/groups/w_430000/Download/Abschlussbericht_Datenschutz_im_E-Learning.pdf

201


202

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

und müssen von diesem E-Learning-Ökosystem immer wieder interprofessionell stimuliert und nachhaltig unterstützt werden. Bereits geschaffene Strukturen auf Landes- und Bundesebene, Hochschulen und Hochschulverbünde sind in Abhängigkeit von Agilität und Maturität hierin einzubinden. In einem ersten Schritt ist es daher grundlegend, eine Marktanalyse zu dem bestehenden Netzwerk und möglichem E-Learning-Ökosystem in Deutschland „and beyond“ vorzunehmen, hinsichtlich Innovationskraft, Betreiberkonzepte, Geschäftsmodelle, Qualitätsmanagement, Wertschöpfung sowie Beiträgen in Forschung und Innovation, Aus- und Weiterbildung sowie Beratung und Services. Weiterhin ist die Einrichtung des E-LearningÖkosystems durch entsprechende Begleitforschung zu unterstützen. Unerlässlich für den nachhaltigen Erfolg des Ökosystems ist die Kopplung von Forschung, Entwicklung und Innovation zu mittel- und langfristigen Trends („E-Learning Radar“) an Forschungsinstituten und Universitäten in Deutschland und weltweit mit der Entwicklung des Ökosystems.

Governance und Prozesse 6. Maßnahme: Kooperationsregeln • Verrechnungsmodell für „landes- und hochschulfremde“ Nutzung von Lehr-/Lern­ inhalten: Analyse von Potenzialen und möglicher Effekte einer transparenten Import-/ Export-Rechnungen digitaler Lehr-/Lerninhalte auf Länderebene sowie zwischen Hochschulen in den einzelnen Bundesländern unter Berücksichtigung internationaler Erfahrungen (z. B. Finnland). Untersuchung von Potenzialen und Prüfung von Effekten bei länderübergreifender Nutzung digitaler Lehr-/Lerninhalte und Betreuung hochschulfremder Studierender über die Bundesländergrenzen hinaus auf Basis der Finanzierung durch den Bund oder auf Basis einer Bund-Länder-Vereinbarung. • Kooperative Steuerung und Qualitätssicherung von Lehr-/Lerninhalten: Um bereits bei der Einstellung von Inhalten ins Bildungsnetz einheitliche Randbedingungen zu setzen, sollten Regelungen vereinbart werden, die Autorinnen und Autoren bei der Veröffentlichung ihrer Werke bestätigen müssen. Die Regeln betreffen z.B. die Zusicherung passende Nutzungsrechte, den Ausschluss anstößiger Inhalte oder die Einhaltung vorgegebener Evaluationsverfahren. Die Netzbetreiber sollten sich auf softwaretechnische Verfahren einigen, mit deren Hilfe ausgewählte technische Qualitätskriterien und Kompatibilitätsanforderungen automatisch überprüft werden können. Peer-Reviews und Fachgemeinschaften, die Inhalte im Netz rezipiert, wiederverwendet und adaptiert, bewertet mittels geeigneter Dienstfunktionen die (medien) technische, inhaltliche und didaktische Qualität von Bildungsinhalten. Expertenkommissionen, Hochschulen und Fachgesellschaften empfehlen ausgewählte Kurse und Lehr-/Lerninhalte durch die Vergabe von Zertifikaten.

1.7 Intelligente Bildungsnetze

• Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft: Klärung der Anerkennung akademischer Abschlüsse sowie beruflicher Ausbildung und Erfahrung für weiterführende Studienprogramme auf Basis des Bologna-Prozesses. Regelung zur Erleichterung des formalen Zugangs zu berufsbegleitenden Studienprogrammen in Bildungsnetzen hinsichtlich der Anerkennung erworbener Kenntnisse und Kompetenzen u.a. mittels ELearning. Stimulierung aus Forschung und Innovation induzierter Kurs- und Studienangebote kooperativ von Hochschulen, Forschungseinrichtungen, An-Instituten und Forschungsbereichen in Unternehmen im digitalen Bildungsnetzwerk mit dem Ziel des unmittelbaren Wissens- und Technologietransfers.

7. Maßnahme: Innovationspolitische Beratung des Bundes in der digitalen Aus- und Weiterbildung • Einrichtung eines Gremiums: Es wird die Einrichtung eines zentralen Gremiums zur innovationspolitischen Beratung des Bundes bei der begleitenden Umsetzung und Weiterentwicklung im E-Learning in Hochschulen in Deutschland empfohlen. Es ist u.a. die Aufgabe dieses Gremiums, eine politikfeld-, institutionen- und themenübergreifende Strategie für digitale Aus- und Weiterbildung in Deutschland und im internationalen Kontext zu erarbeiten, die einschlägigen Forschungs-, Innovations- und Bildungsaktivitäten des Bundes zu bündeln sowie Standards und Normen zu erarbeiten. Auf der Grundlage von Bedarfsfeldern sind Empfehlungen für den Aufbau und die Weiterentwicklung des intelligenten Bildungsnetzes sowie des E-Learning-Ökosystems für Hochschulen in Deutschland auszusprechen, Zukunftsprojekte zu initiieren und der gesellschaftliche Dialog sowie die Partizipation zu steigern. Mitglieder des Gremiums kommen aus der Wirtschaft und Wissenschaft. Sie identifizieren Treiber und Hemmnisse, Rahmenbedingungen, Handlungsbedarf und Aufgaben für Forschung, Entwicklung, Services sowie Aus- und Weiterbildung. • Verbindlichkeit: Eine Teilnahme von Universitäten und Hochschulen sowie Weiterbildungsanbietern am intelligenten Hochschulnetz ist an die Verwendung von Standards und Normen gekoppelt. Dies muss zukünftig elementarer Bestandteil der Förderbedingungen des Bundes sein. Darüber hinaus müssen Ansätze (zum Beispiel die Einrichtung einer Clearing-Stelle) gefunden werden, die einen regelhaften und übergreifenden Austausch auf Basis einer verlässlichen Rechtslage unterstützen.

203


204

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

205

1.8 1.1

Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze.............................................. 23

1.2

Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland....................... 35

1.3

Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze.................................. 41

1.4

Intelligente Energienetze........................................................................... 69

1.5

Intelligente Gesundheitsnetze.................................................................... 131

1.6

Intelligente Verkehrsnetze......................................................................... 159

Digitalisierung und Vernetzung als neue Kulturtechnik

1.7

Intelligente Bildungsnetze.......................................................................... 185

Digitalisierung und Vernetzung schreiten voran und verändern etablierte Formen der Kommunikation und Organisation in allen Arbeits- und Lebensbereichen. Digitale Daten sowie eine stetig zunehmende Anzahl prozessorientiert verknüpfbarer IT-Systeme, Sensoren und Endgeräte bilden eine bedeutende Herausforderung für bestehende sowie die Grundlage für vielfältige neue Geschäftsmodelle (Big Data, Industrie 4.0 etc.). Der Umgang mit digitaler Technologie ist eine neue globale Kulturtechnik, welche zur nachhaltigen Sicherung von Wohlstand und Beschäftigung gesamtgesellschaftlich erlernt und antizipiert werden muss. Dieser durch Digitalisierung ausgelöste Transformationsprozess bedeutet für Deutschland Herausforderung und Chance zugleich. Aufbauend auf globalen technologischen Trends umfassender informationstechnischer Vernetzung bildet das Konzept der Intelligenten Netze einen methodischen Handlungsrahmen, um sich branchenübergreifend mit Fragen der Veränderung grundlegender

1.8 Intelligente Verwaltungsnetze.......................................................... 205 1.8.1 Intelligente Netze als Basisinfrastruktur der digital vernetzten Gesellschaft (E-Society)........................................... 205 1.8.2 Zielbild 2020 – Intelligente Verwaltungs­netze als Grundlage staatlicher Modernisierung und Transformation.................... 207 1.8.2.1 Gesellschaftliche Ebene............................................................................ 210 1.8.2.2  Rechtliche/regulatorische Ebene............................................................... 214 1.8.2.3 Business-Ebene......................................................................................... 218 1.8.2.4 Prozess-Ebene.......................................................................................... 222 1.8.2.5 Technische Ebene..................................................................................... 226 1.9

Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze.................................................... 231

1.10

Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze.................................. 237

Intelligente Verwaltungsnetze 1.8.1

Intelligente Netze als Basisinfrastruktur der digital vernetzten Gesellschaft (E-Society)

durch Digitalisierung ausgelöster Trans­ formationsprozess


206

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

infrastruktureller Rahmenbedingungen in Wirtschaft und Gesellschaft zu beschäftigen. Der vorliegende Beitrag thematisiert die diesbezüglichen Handlungsanforderungen sowie Potenziale mit einem Fokus auf die öffentliche Verwaltung in Deutschland.

Veränderte Infrastrukturverantwortung des Staates

Daseinsvorsorge und Gestaltungs­ verantwortung

Eine Vielzahl von Fach­ verwaltungen unter­ schiedlicher föderaler Ebenen ist in operative Prozesse eingebunden.

Mit leichter zeitlicher Verzögerung hat die Digitalisierung inzwischen den für die gesellschaftliche Entwicklung besonders bedeutsamen Bereich der öffentlichen Infrastrukturen erreicht. Die neuen technischen Möglichkeiten bewirken in Kombination mit veränderten politischen Rahmenbedingungen teilweise grundlegende Veränderungen in infrastrukturellen Großbereichen wie Energie, Gesundheit, Bildung oder Verkehr. Dem Staat bzw. der öffentlichen Verwaltung kommt im Bereich öffentlicher Infrastrukturen eine grundlegende Daseinsvorsorge und Gestaltungsverantwortung zu. So obliegt der Politik die Verantwortung für die rechtlich-regulatorischen Rahmenbedingungen, während der öffentlichen Verwaltung die generelle Umsetzungsverantwortung bezüglich des politisch aufgespannten Ordnungsrahmens zukommt. In allen genannten Infrastrukturbereichen ist eine Vielzahl von Fachverwaltungen unterschiedlicher föderaler Ebenen in operative Prozesse eingebunden. Dabei reicht das Spektrum von der Planung über Genehmigungs- und Kontrollauf­gaben bis zum Vollzug ordnungsrechtlicher Maßnahmen im Bereich der Eingriffsverwaltung. Dadurch ergibt sich für die öffentliche Verwaltung eine mehrfache Betroffenheit hinsichtlich ihrer aktiven Mitwirkung in Bezug auf sich abzeichnende Anpassungs- und Transformationsprozesse im Bereich öffentlicher Infrastrukturen.

Staat neu denken – systematische Erschließung organisatorischer Gestaltungspotenziale

öffentliche Ver­ waltung mit über 20.000 Behörden

Neben der bedeutenden Mitwirkungs- und Gestaltungsverantwortung hinsichtlich der Digitalisierung und Transformation zentraler Infrastrukturbereiche wie Energie, Gesundheit, Bildung oder Verkehr bildet die öffentliche Verwaltung mit ihren über 20.000

1.8 Intelligente Verwaltungsnetze

Behörden selbst eine Infrastrukturdomäne von herausragender gesellschaftlicher Bedeutung. Mit Blick auf die fachliche Breite und die regulative Tiefe staat­ lichen Handelns bildet die öffentliche Verwaltung das grund­ legende „Betriebssystem der Gesellschaft“. Digitalisierung und informationstechnische Vernetzung eröffnen auch hier vielfältige neue Perspektiven – zumal das bestehende Arbeits- und Organisationsmodell der öffentlichen Verwaltung in seinen grundlegenden Strukturen inzwischen über 200 Jahre alt ist1. Bund und Länder haben die bedeutenden Potenzale einer umfassenden informationstechnischen Vernetzung erkannt und mit Artikel 91 c GG im Jahr 2010 einen entsprechenden Gestaltungsauftrag verfassungsrechtlich verankert.

Verwaltung als „Betriebssystem der Gesellschaft“

1.8.2 Zielbild 2020 – Intelligente Verwaltungs­ netze als Grundlage staatlicher Modernisierung und Transformation Staat und Verwaltung werden auch 2020 das „Betriebssystem der Gesellschaft“ sein. Eine effizient arbeitende Verwaltung wird auch in Zukunft eine herausragende Bedeutung für den Standort Deutschland haben. Umso mehr wird es in den kommenden Jahren darauf ankommen, die richtigen Akzente zu setzen. Dies betrifft nicht nur Maßnahmen im Bereich der IKT-Förderung bzw. hinsichtlich des Aus- und Umbau öffentlicher Infrastrukturen, sondern auch die digitale Modernisierung bzw. Transformation weiter Teile des öffentlichen Sektors. Mit Blick auf die besonderen zeitlichen Dimensionen hinsichtlich der Veränderung grundlegender struktureller Rahmenbedingungen im Bereich der öffentlichen Verwaltung sind die im Folgenden skizzierten Zielbilder weniger als konkrete Forderungen oder Maßnahmen, sondern eher als Arbeitshypothesen und Bausteine für die Erarbeitung entsprechender strategischer Ziele in den Jahren 2015–2020 zu verstehen. 1 Vgl. Beitrag Intelligente Verwaltungsnetze in: Arbeitsgruppe 2 des Nationalen IT-Gipfels:

„Digitale Infrastruk­turen“, Jahrbuch 2012/2013, S. 150

herausragende Bedeutung für den Standort Deutschland

Bausteine für die Erarbei­ tung strategischer Ziele

207


208

Zielbild Intelligente Verwaltungsnetze 2020

1.8 Intelligente Verwaltungsnetze

209

R E CH T L I CH E / R E G U L A T O R I S CH E E bene G ese l l s c h aft l i c h e E bene

Rechtlicher Rahmen für neue Formen der Zusammenarbeit

Transformation als gesellschaftliche Herausforderung

2020 bestehen die rechtlichen Grundlagen, um in allen gesellschaftlichen Teilbereichen die Potenziale der neuen Technologien zu erschließen und gleichzeitig fundamentale Werte unserer Gesellschaft auch in einer zunehmend digitalen Welt umfassend zu schützen. Im Rahmen einer nächsten Stufe der Föderalismusreform wurden Prinzipien und Grundsätze der Verwaltungsarbeit neu definiert. Wesentliche Zielbildbausteine sind:

2020 besteht ein breiter Konsens bezüglich der Einschätzung, dass grundlegende gesellschaftliche Transformationsprozesse nur im partnerschaft­ lichen Verbund von Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu bewältigen sind. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Personalisierung und digitale Freizügigkeit Veränderte Infrastruktur- verantwortung des Staates

Informationsfreiheit und Datenschutz

Neue Kompetenzen

Digitale Identitäten, Signaturen und Siegel

Verwaltungskooperationsrecht/VwVfg

Innovation durch Kooperation

Öffentlich-private Zusammenarbeit

Verwaltung

Europa

Intelligente Verwaltungen sind das Betriebssystem der digitalen Gesellschaft.

B U S I N E S S - E bene

Neue Kooperations- und Geschäftsmodelle 2020 haben sich auf der Grundlage einer umfassenden informationstechnischen Vernetzung vielfältige neue Formen der Zusammenarbeit innerhalb der öffentlichen Verwaltung sowie im Zusammenwirken mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft etabliert. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind: Vernetzte Verwaltung Selbstorganisation/Koproduktion

T e c h nis c h e E bene

Digitale Prozesse 2020 verfügt die vernetzte Verwaltung über integrierte, multikanalfähige und intelligente ServiceInfrastrukturen, inklusive offener Schnittstellen für die Integration bzw. dynamische Bündelung von E-Services. Durch umfassende Mobilisierung und Personalisierung öffentlicher IT-Angebote, konsequente Prozessorientierung und Standardisierung, sowie serviceorientierte Kopplung zentraler und verteilter IT-Systeme arbeitet die Verwaltung zunehmend ortsungebunden in verwaltungs­ übergreifenden Wertschöpfungsverbünden. Wesentliche Zielbildbausteine sind: Netzinfrastruktur und sichere Zustellwege

Multikanalfähige Service-Infrastrukturen

Standardisierung und Interoperabilität

Dienste statt Software

Sichere und vernetzte Datenspeicher Rechenzentrums-Infrastrukturen

Abbildung 1.8-1: Zielbild Intelligente Verwaltungsnetze 2020 – Übersicht Quelle: Projektgruppe Intelligente Verwaltungsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Intermediäre und öffentlich- private Partnerschaften Neue institutionielle Arrangements

P R O Z E S S - E bene

Steuerungsstrukturen und gemeinsame Gremien 2020 haben sich leistungsfähige und transparente Arbeits- und Steuerungsstrukturen für das Zusammenwirken von Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft etabliert. Gemeinsam werden innovative Lösungsarchitekturen und neue institutionelle Arrangements in Erprobungsräumen getestet. Das Paradigma „Government as a Service“ hat sich als bedeutende Triebkraft entwickelt. Wesentliche Zielbildbausteine sind: IT-Steuerung/IT-Governance Erprobungsräume

Investitions- und Transformationsanreize Exportorientierung

Fachkräfte


1.8 Intelligente Verwaltungsnetze

210

Zielbildbausteine

GESELLSCHAF TLICHE EBENE

Intelligente Verwaltungs 2020

1.8.2.1

Verwaltung

G ESELL SC HAF TLIC HE EB ENE Transformation als gesellschaftliche Herausforderung 2020 besteht ein breiter Konsens bezüglich der Einschätzung, dass grundlegende gesellschaftliche Transformationsprozesse nur im partnerschaftlichen Verbund von Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu bewältigen sind. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind:

Veränderte Infrastrukturverantwortung des Staates

Personalisierung und digitale Freizügigkeit Bis 2020 können Bürger und Unternehmen nahezu alle Verwaltungsprozesse ortsunabhängig über das Internet abwickeln. Auf der Basis einer konsequenten Prozess­orientierung sowie der Verfügbarkeit digitaler Identitäten und Signaturen lassen sich die Angebote der öffent­lichen Verwaltung personalisierbar, daten­ sparsam und sicher gestalten und flexibel mit Service-Angeboten der Wirtschaft kombinieren (lebenslagenbezogene ServiceBündelung/Service-Komposition).

Personalisierung eröffnet Chancen, Service-Angebote kundenfreund­ licher und datensparsamer aufzubauen.

Akzeptanz setzt Kompetenz im Umgang mit neuen Technologien voraus. Diese muss erlernt bzw. vermittelt werden.

Abbildung 1.8-2: Zielbildbausteine Intelligente Verwaltungsnetze – Gesellschaftliche Ebene Quelle: Projektgruppe Intelligente Verwaltungsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Ein verändertes Selbstverständnis von Staat und öffentlicher Verwaltung erfordert auch eine Neudefinition auch der Gewährleistungsverantwortung.

Innovation durch Kooperation Hinsichtlich der Förderung von Innovationen agiert die öffentliche Hand 2020 weniger technikgetrieben sondern fördert auf vielfältige Weise die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft. Dabei kommt den vom IT-Planungsrat eingerichteten Erprobungsräumen (insbesondere für den Bereich infrastrukturübergreifender Innovationen wie z. B. Intelligente Netze) eine besondere Bedeutung zu.

Neue Kompetenzen Mit Blick auf die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen (z. B. Demographischer Wandel) hat die öffentliche Verwaltung bis 2020 umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um auf allen föderalen Ebenen die richtigen Kompetenzen vorzuhalten. Die öffentliche Verwaltung ist ein attraktiver Arbeitgeber und agiert in der Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Wissenschaft auf Augenhöhe.

Auf der Grundlage fortschreitender Digitalisierung und Vernetzung haben sich bis 2020 das Aufgabenprofil sowie das Selbstverständnis der öffentlichen Verwaltung gewandelt. Staat und Verwaltung denken in Kategorien einer digitalen Standortpolitik bzw. digitalen Infrastrukturverantwortung. Gesellschaftlich erforderliche Genehmigungs- und Meldeprozesse sind weitgehend in alltägliche bzw. betriebliche Prozesse integriert. Der digitale Schutz kritischer Infrastrukturen gewinnt weiter an Bedeutung.

Für die nachhaltige Förderung von Innovation müssen bewährte Strukturen der Zusammenarbeit gestärkt werden.

Europa Die Harmonisierung rechtlicher Regelungen sowie deren Umsetzung auf der Basis interoperabler Standards befördert die Freizügigkeit von Bürgern und Unternehmen. Zur Förderung staatlicher Modernisierung und Transformation auf der Basis vernetzter IT, hat Deutschland bis 2020 sein Engagement auf europäischer Ebene deutlich ausgebaut.

Hinsichtlich der Umsetzung von Good Governance kommt der europäischen Ebene eine Schlüsselrolle zu.

211


212

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Transformation als gesellschaftliche Herausforderung, Chance und Gestaltungsaufgabe – die gesellschaftliche Ebene

neue Kulturtechnik

öffentliche Verwal­ tung sowie die öffent­ lichen Infrastrukturen an veränderte Rahmen­ bedingungen anpassen

Digitale Technologien und deren umfassende Verbreitung und informationstechnische Vernetzung bilden in der Summe eine neue Kulturtechnik, welche weitreichende Implikationen für die persön­liche und geschäftliche Kommunikation und damit für grundlegende Organisationsmuster in diversen gesellschaftlichenr Teilbereichen hat. Die digital vernetze Gesellschaft (E-Society) erfordert neue Kompetenzen und ermöglicht vielfältige neue Arbeits- und Organi­ sationsformen sowie Geschäftsmodelle. Staat und Verwaltung stehen vor der Herausforderung, im gesamtgesellschaftlichen Maßstab optimale Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, die Vorteile von Digi­talisierung und Vernetzung für die gesellschaftliche Entwicklung optimal zu nutzen und damit verbundene Bedrohungen bzw. Gefahren zu vermeiden oder zumindest zu minimieren. Dazu gehört auch die Aufgabe, die öffentliche Verwaltung sowie die öffentlichen Infrastrukturen an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen.

Situation

erheblicher digitaler Entwicklungsrückstand

Erwartungshaltungen der Bürgerinnen und Bürger sowie Unter­ nehmen haben sich erheblich gewandelt.

Im Gegensatz zu anderen (bereits stärker digitalisierten) Dienstleistungsbereichen besteht im öffentlichen Sektor ein erheblicher digitaler Entwicklungsrückstand und eine damit einhergehende zunehmende Ineffizienz des etablierten, föderal ausdifferenzierten aufgaben- und ressortorientierten Organisations- und Produktionsmodells der öffentlichen Verwaltung. Die Gründe für diesen Entwicklungsrückstand liegen (überwiegend systembedingt) im Bereich einer unzureichend ausgeprägten Prozessorientierung und Interoperabilität, fehlenden finanziellen und personellen Ressourcen sowie verschiedenen Steuerungsdefiziten im Bereich der ressort- und verwaltungsübergreifenden IT-Zusammenarbeit. Demgegenüber haben sich die Erwartungshaltungen auf Seiten der Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in den letzten Jahren erheblich gewandelt. Dies betrifft beispielweise die neuen

1.8 Intelligente Verwaltungsnetze GESELLSCHAF TLICHE EBENE

elektronischen Möglichkeiten der Partizipation, die Verfügbarkeit und Nutzungsmöglichkeit öffentlicher Daten sowie die digitale Abwicklung von Genehmigungsprozessen bzw. Meldeplfichten. Gleichzeitig manifestiert sich vor dem Hintergrund einer nach wie vor angespannten Kostensituation im Bereich öffentlicher Leistungserbringung sowie vor dem Hintergrund einer sich durch den demografischen Wandels noch verschärfenden Personalsituation (Fachkräfte, Altersdurchschnitt) ein zunehmender Handlungsdruck bezüglich der Erschließung signifikanter Effizienzeffekte, z. B. auf der Basis einer höheren Automatisierung von Geschäftsprozessen bzw. neuer institutioneller Arrangements (z. B. Bündelung, Ausgliederung, etc.). Mit zunehmender Vernetzung steigt auch die Komplexität und Fehleranfälligkeit technischer Systeme. Mit Blick auf die – mit dem Konzept der Intelligenten Netze inhärent verbundene – Perspektive einer sehr großen Anzahl miteinander vernetzter IT-Systeme (inkl. Sensoren, integrierter Systeme, etc.) manifestieren sich nicht nur Chancen, sondern auch Risiken. Neben den subjektiven Ängsten von Menschen vor den Gefahren zunehmender Digitalisierung, gilt es daher, auch dem Schutzbedarf kritischer Infrastrukturen eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen.

digitale Abwicklung von Genehmigungsprozessen bzw. Meldeplfichten

Automatisierung von Geschäftsprozessen

Schutzbedarf kritischer Infrastrukturen erhöhte Aufmerksamkeit widmen

213


1.8 Intelligente Verwaltungsnetze

214

Zielbildbausteine

RECHT TLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

Intelligente Verwaltungsnetze 2020

1.8.2.2   R EC HTLIC HE/REG UL ATO RISC HE EB ENE

Verwaltung

Rechlicher Rahmen für neue Formen der Zusammenarbeit 2020 bestehen die rechtlichen Grundlagen, um in allen gesellschaftlichen Teilbereichen die Potenziale der neuen Technologien zu erschließen und gleichzeitig fundamentale Werte unserer Gesellschaft auch in einer zunehmend digitalen Welt umfassend zu schützen. Im Rahmen einer nächsten Stufe der Föderalismusreform wurden Prinzipien und Grundsätze der Verwaltungsarbeit neu definiert. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind:

Informationsfreiheit und Datenschutz 2020 sind auf der Basis entsprechender Transparenzgesetze der überwiegende Teil öffentlicher Daten und Dokumente über zentrale Zugangsknoten für jedermann zugänglich. Gleichzeitig hat die öffentliche Verwaltung den Schutz personenbezogener Daten deutlich verbessert sowie Maßnahmen zur Verhinderung digitaler Spionage umgesetzt.

Die Förderung von Open Govern­ ment und der Schutz personen­ bezogener Daten und kritischer Infrastrukturen sind zwei Akzente einer Digitalen Standortpolitik.

Digitale Identitäten, Signaturen und Siegel Bis 2020 sind die technischen Infrastrukturen zur rechtssicheren Kommunikation in eine Vielzahl von Prozessen integriert. Der Zugriff auf revisionssicher gespeicherte Daten sowie digitale Originale ersetzt weitgehend die Papierform. Zur Verbesserung der Bedienbarkeit lassen sich in zahlreichen Verwaltungsprozessen auch vereinfachte Formen der Authentifizierung nutzen (z. B. Handysignatur, Bürgerkonto).

Elektronische Verwaltungsprozesse lassen sich einfach und rechtssicher abwickeln.

Abbildung 1.8-3: Zielbildbausteine Intelligente Verwaltungsnetze – Rechtliche/regulatorische Ebene Quelle: Projektgruppe Intelligente Verwaltungsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Verwaltungskooperationsrecht / VwVfg Die Etablierung des föderalen Organisationsmodells der öffentlichen Verwaltung vor circa 200 Jahren gilt als die „Erfindung des modernen Staates“ und dient noch heute weltweit als Blaupause für die Organisation öffentlicher Leistungserbringung. Aufbauend auf dem Artikel 91 c GG befindet sich Deutschland 2020 in einen umfassenden Transformationsprozess der öffentlichen Verwaltung. Die Basis dafür bildet eine grundlegende Überarbeitung des Verwaltungsrechts auf der Basis neuer technologischer Möglichkeiten.

Die Etablierung neuer Arbeits- und Organisationsformen erfolgt auf der Grundlage neuer technischer und rechtlicher Rahmenbedingungen.

Öffentlich-private Zusammenarbeit Nicht alle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung sind hoheitlicher Natur. Auf der Grundlage einer modularen Prozessgestaltung bestehen 2020 neue rechtliche Möglich­ keiten der Einbindung wirtschaftlicher Akteure in die Auf­ gabenerfüllung der öffentlichen Verwaltung. Dabei reicht das Spektrum von der Auftragsdatenverarbeitung (Cloud Computing) über die Stärkung der Rolle von Intermediären (als „Power-User“ der öffentlichen Verwaltung) bis zu öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP).

Durch die Einbindung privater Akteure kann die öffentliche Verwaltung deutlich entlastet werden.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Transparenz, Partizipation und Kooperation ermöglichen, Wettbewerb erhalten – die rechtliche/regulatorische Ebene Verantwortung für die gesellschaft­ liche Entwicklung

Aufgrund ihrer generellen Verantwortung für die gesellschaftliche Entwicklung verfügen Staat und Verwaltung über exklusive Instru­ mente in Bezug auf die Schaffung geeigneter gesetzlicher und regulatorischer Rahmenbedingungen zur Etablierung neuer Kooperationsformen sowie neuer Geschäftsmodelle auf der Grundlage umfassender informationstechnischer Vernetzung. Dies betrifft auch den Bereich der öffentlichen Verwaltung im engeren Sinne (Verwaltungskooperationsrecht) sowie das Zusammenwirken mit Akteuren aus der Wirtschaft bzw. der Zivilgesellschaft. Insbesondere in diesem Bereich – also an den Schnittstellen zwischen öffentlicher Verwaltung und Bürgern bzw. Unternehmen – gilt es, durch entsprechende Standards auf beiden Seiten sowohl Innovationen zu fördern als auch ganz konkrete Nutzenpotenziale zu erschließen.

Situation

Vielzahl rechtlicher Aspekte

Der Aufbau und die Erschließung der Nutzenpotenziale Intelligenter Netze im Bereich der öffentlichen Verwaltung sind mit einer Vielzahl rechtlicher Aspekte verbunden. Neben bekannten Anforderungen bezüglich deutschlandweit möglichst gleichwertigen Infrastrukturbedingungen, z. B. hinsichtlich der Verfügbarkeit und Verlässlichkeit leistungsfähiger (breitbandiger) Netzzugänge, kommt dem Thema Steuerung/Governance der Netznutzung eine steigende Bedeutung zu (z. B. Aspekt der Netzneutralität). Weitere sowohl netzpolitisch als auch infrastrukturell relevante Aspekte betreffen die Regelung des Umgangs mit Informationen, Daten und Diensten (z. B. Urheber-, Eigentums- und Nutzungsrechte). Neue rechtliche Rahmenbedingungen sind zudem erforderlich im Bereich des IT-Kooperationsrechts – wiederum sowohl innerhalb der öffentlichen Verwaltung als auch hinsichtlich der Zusammenarbeit mit privatwirtschaftlichen Akteuren (Auftragsdatenverarbeitung, öffentlich-private Partnerschaften, etc.).

1.8 Intelligente Verwaltungsnetze RECHTLICHE/REGUL ATORISCHE EBENE

Aufbauend auf bereits zuvor geschaffenen technischen Infrastrukturen (z. B. digitale Signatur, elektronische Identität/nPA, DeMail) hat die Bundesregierung 2013 mit dem Inkrafttreten eines E-Government-Gesetzes damit begonnen, wesentliche rechtliche und verwaltungsorganisatorische Grundlagen für eine durchgängig digitale Prozessgestaltung im Bereich der öffentlichen Verwaltung zu schaffen.

E-Government-Gesetz

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1.8 Intelligente Verwaltungsnetze

218

Zielbildbausteine

BUSINESS - EBENE

Intelligente Verwaltungsnetze 2020

Verwaltung

1.8.2.3  B USINES S - EB ENE Neue Kooperations- und Geschäftsmodelle 2020 haben sich auf der Grundlage einer umfassenden informationstechnischen Vernetzung vielfältige neue Formen der Zusammenarbeit innerhalb der öffentlichen Verwaltung sowie im Zusammenwirken mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft etabliert Die wesentlichen Zielbildbausteine sind:

Selbstorganisation/Koproduktion Vernetzte Verwaltung 2020 sind alle Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung auf der Grundlage standardisierter Schnittstellen prozessorientiert und sicher miteinander vernetzt. Auf der Grundlage modularer/atomarer Leistungsangebote (E-Services) haben sich neue Arbeits- und Kooperationsformen innerhalb der öffentlichen Verwaltung sowie an den Schnittstellen zu Wirtschaft und Zivilgesellschaft etabliert.

Standardisierte Prozess-Schnittstellen bilden die Grundlage für die Entstehung neuer Arbeits- und Organisationsformen im öffentlichen Sektor.

Auf Grundlage offener Daten und digitaler Prozessschnittstellen existieren im Jahr 2020 neue Möglichkeiten des Zusammenwirkens gesellschaftlicher Akteure. Dies fördert das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen, Bürgern und zivilgesellschaftlichen Akteuren und entlastet bzw. unterstützt die öffentliche Verwaltung. Beispielsweise durch eine bessere Berücksichtigung regionaler Kompetenzen (z. B. Crowd-Sourcing).

Digitalisierung eröffnet neue Formen des gesellschaftlichen Engagements (E-Society).

Neue institutionelle Arrangements Intermediäre und öffentlich-private Partnerschaften Auf der Grundlage einer umfassenden Verfügbarkeit und Nutzbarkeit öffentlicher Daten und Dienste sowie der Bereitstellung rechtlicher Regelungen in maschinenlesbarer Form können Unternehmen 2020 eine Vielzahl von Genehmigungsprozessen sowie Berichtspflichten in branchenbezogene Businessprozesse integrieren. Intermediären Berufsgruppen (z. B. Architekten, Steuerberater) sowie öffentlich-privaten Partnerschaften kommt dabei eine bedeutende Mittler- und Multiplikator­funktion zu.

Eine höhere Prozessautomatisierung senkt die Bürokratiekosten der Wirtschaft sowie gleichzeitig die Kosten des Verwaltungsvollzugs auf Seiten der öffentlichen Verwaltung.

Abbildung 1.8-4: Zielbildbausteine Intelligente Verwaltungsnetze – Business-Ebene Quelle: Projektgruppe Intelligente Verwaltungsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

2020 existiert eine einheitliche, auf die öffentliche Verwaltung zugeschnittene Methodik zur kontinuierlichen kritischen Analyse bestehender Organisationsmuster im Bereich des Verwaltungsvollzugs. Entsprechende Kompe­ tenzen werden ressort- bzw. verwaltungsübergreifend vorgehalten und eingesetzt (Kompetenzzentren, Projektbüros etc.). Um Skaleneffekte zu erzielen, wird zukünftig der Verwaltungsvollzug i.d.R. auf der föderalen Ebene verantwortet, auf der auch die gesetzliche Verantwortung liegt (Rückbau des übertragenen Aufgabenbereiches).

Auf der Grundlage digitaler Prozesse kann die Übertragung von Aufgaben deutlich reduziert werden.*

* siehe „Einfacher-ZU“-Projekte des Normenkontrollrates: http://www.normenkontrollrat.bund.de

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220

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Volkswirtschaftliche Effekte durch neue Kooperationsund Geschäftsmodelle – die Business-Ebene

Erwartungen von Bürge­ rinnen und Bürgern so­ wie Unternehmen an die Dienstleistungsangebote der öffentlichen Verwal­ tung haben sich verändert.

neue Kooperationsund Geschäftsmodelle

Fortschreitende Digitalisierung und informationstechnische Vernetzung haben die Arbeits- und Lebenswelten vieler Bürger in den letzten Jahren teilweise grundlegend verändert. Insbesondere im Bereich der Dienstleistungswirtschaft haben sich auf der Grundlage der Mobilisierung, Miniaturisierung und Personalisierung von IT-Systemen und Endgeräten, höherer Automatisierung von Prozessen sowie steigender Rechenkapazitäten neue Vertriebs- und Geschäftsmodelle etabliert. Auf dieser Basis haben sich auch die Erwartungen von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen an die Dienstleistungsangebote der öffentlichen Verwaltung verändert. Um auf veränderte Erwartungshaltungen zu reagieren, aber insbesondere auch, um die enormen Effizienzpotenziale vernetzter IT auch vor dem Hintergrund der vielfältigen gesellschaftlichen Herausforderungen (z. B. demografischer Wandel, Situation der öffentlichen Haushalte) systematisch für die staatliche Modernisierung zu nutzen, engagieren sich Politik und Verwaltung auf allen föde­ralen Ebenen im Sinne des seit 2010 auch im Artikel 91 c GG grundgesetzlich verankerten Gestaltungsauftrages für den Aufbau leistungsfähiger IT-Infrastrukturen als Grundlage einer umfassenden informationstechnischen Vernetzung. Auf Grundlage digitaler Daten sowie einer umfassenden informationstechnischen Vernetzung können auch im öffentlichen Sektor nicht nur bestehende Prozesse signifikant optimiert, sondern – aufbauend auf dem normativen Leistungszweck – sogar gänzlich neue Kooperations- und Geschäftsmodelle konzipiert und umgesetzt werden.2 Dies betrifft sowohl Leistungsprozesse innerhalb der öffentlichen Verwaltung (Prozessketten, Shared Services) als auch die Schnittstellen zu Wirtschaft und Gesellschaft (öffentlich-private Zusammenarbeit, bürgerschaftliche Koproduktion, Crowd Sourcing, etc).3

2 Brüggemeier, M./Röber, M.: Auf dem Weg zu einem neuen Produktionsregime? Eine Analyse des

Zusammenhangs von Steuerung und Arbeitsorganisation im öffentlichen Sektor. In: Koch, R./ Conrad, P./Lorig, W.H. (Hrsg.): New Public Service. Öffentlicher Dienst als Motor der Staats- und Verwaltungsmodernisierung, 2. Aufl., Wiesbaden: Gabler 2011, S. 213-245. 3 Abel, Johannes; Winter, Jean-Pierre: „Digitale Koproduktion - Impulse für eine neue interaktive Beziehung zwischen Bürger und Staat“ in Behörden Spiegel, September 2013.

1.8 Intelligente Verwaltungsnetze BUSINESS - EBENE

Situation Im bestehenden aufgabenorientierten und föderal ausdifferenzierten Organisationsmodell der öffentlichen Verwaltung sind es nach wie vor die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen, die das arbeitsteilige Zusammenspiel unzähliger Zuständigkeiten koordinieren. Trotz insgesamt hoher jährlicher Ausgaben für IT, bilden durchgängige verwaltungsübergreifende Prozesse nach wie vor die Ausnahme. Entsprechend fehlen noch immer wesentliche Voraussetzungen für den Aufbau zeitgemäßer Online-Angebote für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen. Wenngleich sich verschiedene Initiativen und Projekte zur systematischen Analyse von Prozessen auch als Instrument zur Sensibilisierung für ressort- und verwaltungsübergreifende Betrachtungs- und Entwicklungsperspektiven bewährt haben, fehlt es bis heute an einer konsistenten Methodenbasis sowie an konkreten Erprobungsräumen für die zielgerichtete Identifizierung und Qualifizierung organisatorischer Gestaltungspotenziale auf der Grundlage vernetzter Informations- und Kommunikationstechno­ logien im Bereich der öffentlichen Verwaltung.

unzureichende Methodenbasis für kooperatives E-Governnment

221


1.8 Intelligente Verwaltungsnetze

222

Zielbildbausteine

PROZESS - EBENE

Intelligente Verwaltungsnetze 2020

Verwaltung

1.8.2.4  P ROZES S - EB ENE Steuerungsstrukturen und gemeinsame Gremien 2020 haben sich leistungsfähige und transparente Arbeits- und Steuerungsstrukturen für das Zusammenwirken von Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft etabliert. Gemeinsam werden innovative Lösungsarchitekturen und neue institutionelle Arrangements in Erprobungsräumen getestet. Das Paradigma „Government as a Service“ hat sich als bedeutende Triebkraft entwickelt. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind:

IT-Steuerung / IT-Governance Zur zielgerichteten Erschließung und umfassenden Nutzung der mit der informationstechnischen Vernetzung verbundenen Effizienz- und Gestaltungspotenziale sind bis 2020 auf allen föderalen Ebenen neue Formen der IT-Steuerung entstanden. Grundlegendes Prinzip der vernetzten Verwaltung ist das medienbruchfeie prozessorientierte Zusammenwirken über föderale, fachliche und organisatorische Grenzen hinweg.

Der IT-Planungsrat agiert als Motor für die Etablierung neuer Formen der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Informationstechnologie.

Investitions- und Transformationsanreize Bis 2020 haben sich in der öffentlichen Verwaltung verschiedene Anreizsysteme als Instrumente zur zielgerichteten Erschließung von Effizienzpotenzialen etabliert. Insbesondere das Konzept der Effizienzrenditen, wonach Verwaltungen über 5 Jahre jeweils 50 % der Effizienz­ gewinne zur freien Verfügung erhalten, hat sich bewährt. Zudem existieren spezielle Investitionsfonds zur Förderung verwaltungsübergreifender IT-Infrastrukturen in Schlüsselbereichen gesellschaftlich bedeutsamer Infrastrukturen (z. B. Bildung, Verkehr, Gesundheit).

Fachkräfte Digitalisierung und Vernetzung verändert alle Infrastrukturbereiche. Bis 2020 hat die öffentliche Verwaltung neue Grundlagen geschaffen, um geeignete Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Dazu wurde das System der Aus- und Weiterbildung im Bereich des öffentlichen Sektors auf der Basis einer digitalen Lern- und Bildungsinfrastruktur nachhaltig an die neuen Herausforderungen angepasst.

Die Initiative des Nationalen E-Goverment-Kompetenzzentrum (NEGZ) zum Aufbau einer digitalen Lern- und Bildungsplattform sollte gefördert werden.

Erprobungsräume Innovative Konzepte und Vorgehensweisen benötigen Räume, in denen sie entwickelt, erprobt und evaluiert werden können. Diese zu schaffen ist eine politische Gestaltungsaufgabe, welche bis 2020 ressortübergreifend implementiert ist und erste Erfolge vorzuweisen hat.

Erprobungsräume bieten besondere Möglichkeiten einer fach- und ressortübergreifenden Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung.

Exportorientierung Die „Zuständigkeitslücke“ für organisationsübergreifende Infrastrukturen muss geschlossen werden, um bedeutende Effizienzeffekte zu erschließen.

Abbildung 1.4-5: Zielbildbausteine Intelligente Verwaltungsnetze – Prozess-Ebene Quelle: Projektgruppe Intelligente Verwaltungsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Vergleichbar mit der guten internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft genießt auch die deutsche Verwaltung weltweit nach wie vor ein hohes Ansehen. Auf der Basis internationaler Entwicklungsallianzen ist es bis 2020 gelungen, für verschiedene Verwaltungsbereiche innovative, modulare und skalierbare IT-Lösungen zu entwickeln, in die auch anspruchsvolle Governancebzw. Compliance-Aspekte integriert sind. Auf dieser Grundlage sind cloudbasierte und damit export­fähige „Government as a Service“-Lösungen entstanden, welche in kurzer Zeit implementiert werden können.

Technologische Entwicklungen wie Cloud bzw. Mobile Computing eröffnen neue Perspektiven für die Entwicklung international wettbewerbsfähiger IT-Lösungen für die öffentliche Verwaltung.

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224

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Erprobungsräume, gute Governance und Exportorientierung als Erfolgsfaktoren – die Prozess-Ebene

besondere Rahmenbedingungen

Orte der Innovation und Transformation

Mit Blick auf das ausdifferenzierte (und im Kern über 200 Jahre alte) Organisationsmodell der öffentlichen Verwaltung sowie die damit verbundenen strukturellen Besonderheiten, gelten für den öffentlichen Sektor hinsichtlich der Innovations- und Implementierungszyklen neuer Technologien besondere Rahmenbedingungen. Digitalisierung und Vernetzung verändert alle Infrastruktur­bereiche. Vielfach sind neue Kompetenzen erforderlich, was eine Anpassung der Aus- und Weiterbildung in allen Infrastruktur­bereichen erforderlich macht. Notwendig ist hier eine stärkere Gestaltungsorientierung und Interdisziplinarität sowie eine bessere Nutzung bestehender Kompetenzen und Ressourcen in Wirtschaft und Wissenschaft. Dazu gilt es auch, sämtliche Berufsbilder im Bereich der öffentlichen Verwaltung, deren Ausbildungsinhalte sowie didaktischen Lehr- und Lernformen kritisch zu hinterfragen und ggf. an neue Herausforderungen bzw. Rahmenbedingungen anzupassen.4 Zudem ist es erforderlich, die in Wirtschaft und Wissenschaft bestehenden Kompetenzen, Ressourcen und Lösungsideen zielgerichteter für die staatliche Modernisierung zu erschließen. Dazu können Erprobungsräume als Orte der Innovation und Transformation einen bedeutenden Beitrag leisten. Gerade in einem föderalen Mehrebenensystem wie der Bundesrepublik Deutschland befördern Erprobungsräume die Überwindung von Ressort- und Verwaltungsgrenzen und ermöglichen eine enge und partnerschaftliche Kooperation zwischen Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Dies gilt in besonderer Weise auch für die Ermittlung domänenübergreifender Potenziale im Bereich Intelligenter Netze.

4 Siehe u.a. Nationales E-Government Kompetenzzentrum, http://www.negz.org/

1.8 Intelligente Verwaltungsnetze PROZESS - EBENE

Handlungsbedarf Das interdisziplinäre und domänenübergreifende Zusammenwirken verschiedener Akteure bildet die beste Voraussetzung für die Entstehung von Innovationen sowie die Grundlage für den Aufbau stabiler Wertegemeinschaften und fachlicher Allianzen im Kontext gesellschaftlicher und staatlicher Modernisierung. Staat und Verwaltung sind gefordert, dafür optimale Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Erschließung der mit dem Konzept der Intelligenten Netze (als neuer technologischer Basisinfrastruktur) verbundenen Potenziale erfordert eine verschiedene infrastruktur­bereichsübergreifende Strategie. Nur auf dieser Basis lassen sich Infrastrukturen und Dienste mehrfach nutzen und branchen­ übergreifende bzw. gesamtgesellschaftliche Synergien befördern. Dazu gilt es, die entsprechenden Arbeitsformen sowie Planungsund Steuerungsinstrumente zu etablieren. Im Bereich der öffentlichen Verwaltung erfordert dies u. a. eine ressortübergreifende (BMWi, BMVBS, BMBF, BMI) sowie verwaltungsebenenübergreifende Zusammenarbeit (Bund, Länder, Kommunen).

Staat und Verwaltung sind gefordert, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen.

branchen­ übergreifende bzw. gesamtgesellschaftliche Synergien

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1.8 Intelligente Verwaltungsnetze

226

Zielbildbausteine

TECHNISCHE EBENE

Intelligente Verwaltungsnetze 2020 Dienste statt Software

1.8.2.5  T EC HNISC HE EB ENE Digitale Prozesse 2020 verfügt die vernetzte Verwaltung über integrierte, multikanalfähige und intelligente Service-Infrastrukturen, inklusive offener Schnittstellen für die Integra­tion bzw. dynamische Bündelung von E-Services. Durch umfassende Mobilisierung und Personalisierung öffentlicher IT-Angebote, konsequente Prozessorientierung und Standardisierung, sowie serviceorientierte Kopplung zentraler und verteilter IT-Systeme arbeitet die Verwaltung zunehmend ortsungebunden in verwaltungsübergreifenden Wertschöpfungsverbünden. Die wesentlichen Zielbildbausteine sind:

Bis 2020 hat sich das Paradigma einer prozessorientiert vernetzten Verwaltung durchgesetzt. IT wird nicht mehr als dezentrales Instrument (Werkzeug) der Prozessunterstützung, sondern als Baukasten modularer Funktionsbausteine verstanden, welche unterschiedlich kombiniert und damit in einer Vielzahl von Prozessen zum Einsatz kommen können. Die verwaltungsübergreifende Bereitstellung bzw. Nutzung funktionaler Module fördert innovative betriebliche Konzepte wie Cloud Computing (SaaS/PaaS).

Signifikante Effizienzeffekte lassen sich nur auf der Basis durchgängig elektronisch unterstützter Prozesse erzielen.

Standardisierung und Interoperabilität Konsequente Standardisierung schafft bis 2020 die Grundlagen für eine universelle Kombination und Kopplung elektronischer Prozesse der öffentlichen Verwaltung. Standardisierung ermöglicht ab 2020 zudem eine höhere Automatisierung von Prozessen, auf der Basis einer steigenden Zahl integrierter Systeme (Embedded Systems, M2M) sowie Sensoren. Deutschland kommt 2020 eine Führungsrolle im Bereich der Erarbeitung internationaler Normen und EU-Richtlinien zu. Dadurch wird auch die Interoperabilität und Anschlussfähigkeit Intelligenter Netze auf europäischer Ebene gewährleistet.

Der Standardisierung von Schnittstellen zu Daten, Diensten und Regeln kommt bereits heute eine herausragende Bedeutung zu (vgl. Standardisierungsagenda des IT-Planungsrates, XÖV, P23R).

Netzinfrastruktur und sichere Zustellwege Auf der Basis einer 2020 flächendeckend verfügbaren, leistungsfähigen und sicheren Netzinfrastruktur, bestehen optimale Voraussetzungen für den Aufbau und Betrieb öffentlicher bzw. privater digitaler Leistungsverbünde. Die informationstechnische Vernetzung sämtlicher Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung (aller föderalen Ebenen) bildet die Grundlage für die schrittweise Etablierung neuer Arbeits- und Organisationsformen.

Sichere und vernetzte Datenspeicher Durch Projekte wie das Deutsche Verwaltungsdiensteverzeichnis (DVDV) entstehen derzeit die Grundlagen für eine umfassende informationstechnische Vernetzung sämtlicher Verwaltungen.

Multikanalfähige Service-Infrastrukturen Bis 2020 lassen sich fast alle der im Leistungskatalog der öffentlichen Verwaltung (Leika) aufgeführten circa 3000 Leistungen über multikanalfähige Service-Infrastrukturen digital erreichen und ab­wickeln. Integrierte Assistenzsysteme sowie offene ServiceSchnittstellen (Open-API) ermöglichen vielfältige Möglichkeiten der Personalisierung und Automatisierung. Die meisten Zugriffe erfolgen auf der Basis mobiler Applikationen (Bürger) sowie informationstechnisch gekoppelter Branchenlösungen der Wirtschaft (Unternehmen).

In Verwaltungsprozessen geht es stets um Daten. Dabei reicht das Spektrum von der Erfassung (Meldepflichten), Speicherung (Register), Verdichtung (Statistik), Visualisierung (Karten), Zertifizierung (Beurkundung) bis öffentlichen Bereitstellung (Open Data). Bis 2020 erfolgen nahezu alle diese Prozesse digital. Daten werden bestenfalls automatisiert erhoben bzw. einmalig digital bereitgestellt und können auf der Basis entsprechender Zugriffsrechte verwaltungsübergreifend genutzt werden (z. B. Baustelleninfos).

Die verwaltungsübergreifende Nutzung von Daten (auf der Basis dedizierter Zugriffe statt redundanter Speicherung) führt zu höherer Datensparsamkeit und besseren Datenschutz

Rechenzentrumsinfrastrukturen Eine neue Generation von Service-Infrastrukturen fördert die ortsunabhängige Abwicklung von Verwaltungsleistungen (inkl. integrierter Hilfen) und entlastet dadurch dezentrale Verwaltungen nachhaltig

Abbildung 1.4-6: Zielbildbausteine Intelligente Verwaltungsnetze – Technische Ebene Quelle: Projektgruppe Intelligente Verwaltungsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Eine deutliche Intensivierung der verwaltungsübergreifenden Entwicklung und Nutzung von Fachanwendungen auf der Basis modularer IT-Bausteine sowie der Verfügbarkeit leistungsfähiger Cloud-Lösungen (SaaS/PaaS) hat bis 2020 die Konsolidierung betrieblicher Infrastrukturen auf allen föderalen Ebenen stark befördert. Zudem hat sich auch aus Gründen höherer Effizienz, besserer Sicherheitsmerkmale sowie geringerer Umweltbelastung die Anzahl der IT-Betriebsstätten im Bereich der öffentlichen Verwaltung bereits signifikant verringert.

Die Konsolidierung betrieblicher Infrastrukturen im Bereich der IT korreliert mit einer beträchtlichen Zahl von Zielen der Nationalen E-Government-Strategie.

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228

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Digitale Prozesse – einfach, sicher, verbindlich und automatisierbar – die technische Ebene

bedeutende Effizienz- und Gestaltungspotenziale

neue Möglichkeiten für den Aufbau verwal­ tungsübergreifender Service-Infrastrukturen und Integration von Ver­ waltungsprozessen

Wenngleich von der öffentlichen Verwaltung jährlich IT-Budgets in einer Größenordnung von circa 19 Milliarden Euro bereitgestellt werden, verteilen sich diese auf der Grundlage des bestehenden föderalen Organisationsmodells der öffentlichen Verwaltung jedoch auf über 20.000 Verwaltungen mit einer Vielzahl dezentraler Verantwortlichkeiten. Es ist evident, dass hier allein aus technischer Sicht bedeutende Effizienz- und Gestaltungspotenziale bestehen. Der Leistungskatalog der öffentlichen Verwaltung (LEIKA) zählt über 3000 Leistungen, welche nahezu alle Arbeits- und Lebensbereiche betreffen. Hinzukommen circa 10.000 verschiedene Berichtspflichten im Bereich Wirtschaft. Jede einzelne Verwaltung betreibt durchschnittlich zwischen 100 und 1.000 überwiegend isolierte Fachverfahren. Daten werden dezentral und daher mehrfach gespeichert und noch nicht durchgängig als übergreifende Ressource angesehen. Das Internet unterscheidet sich durch seine vielfältigen Möglichkeiten der Personalisierung und Individualisierung und Konfigurierbarkeit von den bisherigen Formen elektronischer Medien bzw. Informations- und Kommunikationstechnologien. Daher eröffnet die Digitalisierung und Vernetzung im Bereich der öffent­ lichen Verwaltung weitreichende neue Möglichkeiten für den Aufbau verwaltungsübergreifender Service-Infrastrukturen sowie für die Integration von Verwaltungsprozessen in privatwirtschaftlich betriebene Service-Infrastrukturen bzw. Geschäftsprozesse auf der Grund­lage standardisierter Schnittstellen.5

5 Brunzel, Marco: Intermediäre Geschäftsmodelle an den Schnittstellen zur öffentlichen

Verwaltung - Idee und konzeptionelle Grundlagen einer elektronischen Verwaltungsagentur, in: Brüggemeier, Marctin; Lenk, Klaus (Hg.): Bürokratieabbau im Verwaltungsvollzug. Better Regulation zwischen Go-Government und No-Government Berlin: edition sigma 2011, S.125

1.8 Intelligente Verwaltungsnetze TECHNISCHE EBENE

Situation/Trends Tabelle 1.8-1: Technische Handlungsschwerpunkte des E-Government InfrastrukturBaustein

Situation

Ausgewählte Veränderungstrends

• Vielzahl dezentraler - häufig nicht mehr zeitgemäßer – ServiceAngebote bzw. IT-Lösungen; nur wenige kundenfreundliche One-Stop-Angebote • kaum Multikanalarchitekturen • geringe Interaktion mit sozialen Netzen

• Verwaltungsübergreifende ServiceInfrastrukturen (Behördenummer D115) • Steigende Bedeutung mobiler und interaktiver Systeme (Mängelmelder) • zunehmende Orientierung auf mobile Endgeräte („Mobile first“-Strategie)

Plattformen/ verteilte Systeme/ SOA

• bisher nicht vorherrschendes Paradigma • fehlende bzw. unzureichende methodische Grundlagen für verwaltungs- und ebenenübergreifende IT-Verbünde • (fehlende Referenzmodelle etc.) • Entwicklungsrückstand in der Standardisierung

• zunehmende Prozessorientierung und verwaltungsübergreifende Vernetzung (DOI, DVDV) • erste regelbasierte Systeme (P23R, AnA)

Fachanwendungen

• Aufgrund struktureller/organisatorischer Rahmenbedingungen sehr kleinteilig, dezentral, proprietär > hoher Wartungs- und Pflegeaufwand > unnötige Redundanzen und Inkonsistenzen > • unzureichende Interoperabilität

• Steigende Bedeutung von Querschnittstechnologien (E-Akte) • Nutzung von Internettechnologien für Realisierung/Ablösung von Fachanwendungen • Förderung von SaaS/PaaS, auch aus wirtschaftlichen Gründen

Standard-Software

• Signifikante Verbreitung lediglich in den Bereichen Office, Dokumentenmanagement und ERP

• Standardisierung der Schnittstellen und Protokolle auch für sichere Kommunikation

Betrieblliche Infrastruk­turen/ RZ/ Netze

• Geringe Konsolidierung (teilweise Vielzahl von Betriebsstätten je Körperschaft bei 20.000 Verwaltungen!) • Ca. 200 öffentliche Rechenzentren (zahlreiche in kritischer Größe) • Vielzahl dezentraler Netze mit unterschiedlichen Sicherheits­niveaus

• Steigende Bedeutung von IT-Verbünden und Kooperationen (FITKO) • Entwicklung in Richtung Cloud Computing • laufende Projekte zur Konsolidierung der Netzinfrastruktur der Öffentlichen Verwaltung

Daten, Datenschutz und Datensicherheit

• Strukturell bedingte Problemlagen • Aufbau zentraler Infrastrukturen durch Vielzahl dezentraler/ sowie systematische Förderung des proprietärer Systeme Einsatzes digitaler Identitäten und • Geringe Nutzung digitaler Signaturen Signaturen (nPA) und Identitäten

Portale und Ser­ viceInfrastrukturen

Quelle: Projektgruppe Intelligente Verwaltungsnetze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

229


230

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

231

1.9

Gastbeitrag Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

1.1

Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze.............................................. 23

1.2

Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland....................... 35

1.3

Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze.................................. 41

1.4

Intelligente Energienetze........................................................................... 69

1.5

Intelligente Gesundheitsnetze.................................................................... 131

1.6

Intelligente Verkehrsnetze......................................................................... 159

1.7

Intelligente Bildungsnetze.......................................................................... 185

1.8

Intelligente Verwaltungsnetze.................................................................... 205

1.9

Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze....................................... 231

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) hat auf dem 7. Nationalen IT-Gipfel 2012 das „Aktionsprogramm Digi­ tale Wirtschaft“ aufgelegt und damit einen weiteren Beitrag zur Umsetzung der IKT-Strategie „Deutschland Digital 2015“ der Bundesregierung geleistet. Mit einem Bündel gezielter Maßnahmen in den Wachstumsfeldern Digitalisierung der Industrie, junge Unternehmen und Intelligente Netze sollen wichtige Impulse gesetzt werden, um die weitere Digitalisierung der deutschen Wirtschaft zu beschleunigen. Eine Maßnahme ist die Erarbeitung und Umsetzung der Strategie Intelligente Netze. Unter Federführung des BMWi wurde 2013 mit dem Prozess der Strategieentwicklung begonnen.

1.10

Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze.................................. 237

Motivation

Strategie Intelligente Netze

Die Potenziale der IKT ermöglichen Basissystemen unserer Volkswirtschaft Leistungssteigerungen, Effizienzgewinne und unternehmerisches Wachstum. Eine auf dem IT-Gipfel 2012 vorgestellte Studie beziffert die potenziellen positiven gesamtgesellschaft­lichen Effekte bei einem schnellen Rollout auf mehr als 330 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren.* * Gesamtwirtschaftliche Potenziale intelligenter Netze in Deutschland, Studie des Fraunhofer ISI

im Auftrag des BITKOM; Kurzfassung abzurufen unter URL: http://www.isi.fraunhofer.de/isi-de/ service/presseinfos/2012/pri12-19_intelligente-Netze.php (26.11.2013)


232

1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

Durch eine systematischere digitale Erschließung und Vernetzung vorhandener Infrastrukturen, die Nutzung innovativer Technologien und Anwendungen sowie eine stärkere Nutzerorientierung können in den Bereichen Bildung, Energie, Gesundheit, Verkehr und Verwaltung Prozessoptimierungen, Produktivitätsfortschritte und Kosteneinsparungen erzielt und erhebliche Wachstumsimpulse gesetzt werden. Diese Sektoren bilden Kernbereiche öffentlicher Infrastrukturen und Systeme ab. Durch eine nahtlose Vernetzung und Digitalisierung von Geräten, Abläufen und Diensten werden die dort eingesetzten Infrastruktursysteme zu „Intelligenten Netzen“. Mit der Stimulierung einer stärkeren sektorübergreifenden Kooperation, der Schaffung investitions- und nutzungsfreundlicher Rahmenbedingungen und Maßnahmen zur Erhöhung der Akzeptanz innova­ tiver Anwendungen kann die Politik diese Entwicklung vorantreiben. Intelligente Netze basieren auf flächendeckend verfügbaren mobilen und festen Telekommunikationsnetzen und der effizienten Verknüpfung von Datenbanken, Endgeräten und Anwendungen der sektorspezifischen Akteure. Sie zeichnen sich vor allem durch den Einsatz von Querschnittstechnologien wie Cloud Computing und automatisiertem Informationsaustausch (sogenannte Machine­ to-­Machine, M2M­- Kommunikation) aus. Dies ermöglicht sektorübergreifende Lösungen mit entsprechenden Effizienzgewinnen und Einsparungen durch Mengeneffekte. Mit der Einführung Intelligenter Netze stellen sich eine Reihe sektorübergreifender Fragen. Dazu zählen zum Beispiel Datenschutz und Datensicherheit, Nutzerauthentifizierung, Zentralität oder Dezentralität der Datenplattform-­Architektur, Standardisierungs­, Normungs- und auch Akzeptanzfragen.

1.9 Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze

e­Health­- Initiative (BMG), den Nationalen Aktionsplan IVS­-Straße (BMVBS), die Nationale E­- Government­-Strategie (BMI) sowie die Plattform zukunftsfähiger Energienetze und die Breitbandstrategie des Bundes (BMWi). Die Strategie Intelligente Netze soll vor allem bei übergreifenden Gesichtspunkten den Hebel ansetzen. Dort, wo für die übergreifende Einführung von Intelligenten Netze Lücken sind, sollen diese geschlossen werden. Unter dem Dach der Strategie Intelligente Netze sollen neue Maßnahmen ergriffen und bereits laufende eigenständige Initiativen in ihrer Wirkung verstärkt werden. Um Investitionen auszulösen, müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen vorliegen. Die mit Intelligenten Netzen verbundenden Chancen sind zu kommunizieren und Einführungshindernisse zu reduzieren. So sind z. B. der Datenschutz und die Datensicherheit jederzeit zu gewährleisten. Damit sich neue Geschäftsmodelle entwickeln und am Markt etablieren können, müssen gemeinsame Standards entwickelt werden (um z. B. Größenvorteile nutzen zu können). Auch der Fachkräftemangel spielt eine wichtige Rolle. Ferner sind der rechtliche und regulatorische Rahmen unter Berücksichtigung veränderter Marktprozesse weiterzuentwickeln. Da sich die Hemmnisse (z. B. Datenschutz, Authentifizierung, Standards etc.) in den verschiedenen Infrastrukturbereichen ähneln, verspricht ein sektorübergreifender Ansatz die Hebung von Synergieeffekten. Integraler Bestandteil der Strategie soll ein fortlaufendes, perio­ disches Monitoring sein, mit dem der Stand der Umsetzung, das weitere Vorgehen und der Weiterentwicklungsbedarf dokumentiert werden. Das Monitoring soll Transparenz gewährleisten, konstruktive Kritik ermöglichen und auf diese Weise Qualitätskontrolle sicherstellen.

Strategischer Ansatz Arbeitsgruppe Strategie Intelligente Netze Mit der Strategie Intelligente Netze soll die Grundlage für einen optimierten Einsatz der IKT in fünf gesellschaftlichen Kernbereichen (Bildung, Energie, Gesundheit, Verkehr und Verwaltung) ausgebaut werden. Sie soll auf bereits in Umsetzung befindliche Strategien aufsetzen, etwa den Qualitätspakt Lehre (BMBF), die Nationale

Zur Erarbeitung einer ressortübergreifenden Strategie „Intelligente Netze“ hat das BMWi eine Arbeitsgruppe initiiert. Im Lauf des Jahres 2013 wurden unter Beteiligung einschlägiger Ressorts (u. a. BMWi, BMI, BMG, BMBF, BMVBS und BMF) sowie von Vertretern

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.9 Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze

Die bei Roland Berger Strategy Consultants in Auftrag gegebene Best-Practice-Studie soll noch im Dezember 2013 veröffentlicht werden und wird auf der Internetseite des BMWi zum Abruf bereitgestellt.

Arbeitsgruppe BMWi, BMG, BMVBS, BMBF, BMI, BMF Länder, Gemeindeverbände, Unternehmen, Wirtschaftsverbände, Wissenschaft etc.

Fachdialog Intelligente Netze Fachdialog Netzneutralität

Best-PracticeStudie

Fachdialog Intelligente Netze

Studie wachstumsorientierte TK-Politik

Kooperation mit AG2

Abbildung 1.9-1: Struktur des Strategieprozesses Quelle: BMWi, 2013

von Ländern, Kommunen, Branchenverbänden, Unternehmen und Wissenschaft Grundlagen erarbeitet. Inhaltlich arbeitet die Arbeitsgruppe eng mit der AG2 des IT-­Gipfels zusammen; der gegenseitige Austausch wird insbesondere durch eine personelle Verzahnung gesichert. Durch den ressortübergreifenden, kooperativen Ansatz und die Einbindung externer Fachexpertise wird gewährleistet, dass die Strategie alle relevanten Aspekte umfasst.

Best-Practice-Studie Die Strategieentwicklung wird durch eine umfassende und fundierte Analyse von Best-Practice-Anwendungsfällen flankiert (siehe Kapitel 1.10). Im Rahmen der Best-Practice-Analyse werden beispielhaft Projekte und Entwicklungen aus möglichst allen Regionen Deutschlands für die Anwendungssektoren beschrieben (Problem, Lösungsansatz, Umsetzung, Ansprechpartner). Von besonderem Interesse sind mustergültige Projekte, die sektorenübergreifend als Modell herangezogen werden können.

Als weitere unterstützende Maßnahme hat das BMWi einen Fachdialog Intelligente Netze ins Leben gerufen. Der Fachdialog Intelligente Netze besteht aus einer kombinierten Workshop- und Studienreihe. In Fachworkshops mit breiter Fach- und Öffentlichkeitsbeteiligung sowie in Expertenworkshops mit etwa 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern werden ausgewählte Themen mit besonderer Bedeutung für die zu erarbeitende Strategie diskutiert. Parallel werden Handlungsoptionen aufgezeigt und umsetzungsorientierte Maßnahmenempfehlungen für die Strategie Intelligente Netze vorgeschlagen. Am 18. September 2013 wurde der Fachdialog Intelligente Netze mit einer Fachkonferenz durch Frau Staatssekretärin Herkes eröffnet, dabei wurden Erfolgsfaktoren und Barrieren beim Ausbau von Intelligenten Netzen anhand von Best-Practice-Beispielen debattiert. Eine weitere Fachveranstaltung wird 2014 durchgeführt. Im Rahmen des Fachdialogs wurden im Jahr 2013 vier Experten­ workshops in den Bereichen Bildung, Energie, Gesundheit und Verkehr durchgeführt. Zwei weitere Expertenworkshops in dem Bereich Verwaltung sowie für Querschnittsthemen sollen im Januar 2014 folgen. Nach Abschluss der Expertenworkshops werden jeweils Studien (sogenannte Factbooks) erstellt. Die Studien werden gemeinsam mit einem Schlussbericht der Auftragnehmer Roland Berger Strategy Consultants zum geplanten Abschluss des Fachdialogs spätestens Mitte 2014 veröffentlicht und werden auf der Internetseite des BMWi zum Abruf bereitgestellt.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

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1.10

Gastbeitrag Roland Berger Strategy Consultants

1.1

Einordnung des Konzepts Intelligenter Netze.............................................. 23

1.2

Fahrplan zur Umsetzung Intelligenter Netze in Deutschland....................... 35

1.3

Zielbilder und Synergiepotenziale Intelligenter Netze.................................. 41

1.4

Intelligente Energienetze........................................................................... 69

1.5

Intelligente Gesundheitsnetze.................................................................... 131

1.6

Intelligente Verkehrsnetze......................................................................... 159

1.10.1 Kontext und Zielsetzung der Studie

1.7

Intelligente Bildungsnetze.......................................................................... 185

1.8

Intelligente Verwaltungsnetze.................................................................... 205

1.9

Gastbeitrag: Strategie Intelligente Netze.................................................... 231

1.10 1.10.1 1.10.2 1.10.3 1.10.4 1.10.4.1 1.10.4.2

Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze.................. 237 Kontext und Zielsetzung der Studie............................................................ 237 Untersuchungsrahmen und Auswahl der Best-Practice-Projekte................ 238 Die Best-Practice-Projekte: Ergebnisüberblick........................................... 239 Handlungsempfehlungen........................................................................... 241 Handlungsempfehlungen für die Politik...................................................... 241 Handlungsempfehlungen für Projekte........................................................ 243

Als Ergebnis des 7. Nationalen IT-Gipfels 2012 hat das Bundes­ ministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die Entwicklung einer nationalen Strategie zum Ausbau und zur Förderung Intelligenter Netze angekündigt. Im Laufe der letzten Monate hat eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe unter Koordinierung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie die Erarbeitung von Grundlagen und Leitlinien für diese Strategie vorangetrieben. Als ein Baustein dieses Strategieprozesses hat das BMWi Roland Berger Strategy Consultants mit der Erstellung einer „BestPractice-Studie Intelligente Netze“ beauftragt. Die Studie dient zum einen dem Zweck, Best Practices in relevanten Anwendungssektoren aufzuzeigen, und zum anderen der Entwicklung von Impulsen und Empfehlungen für die Strategieentwicklung. In der Studie werden beispielhafte Anwendungsfälle Intelligenter Netze (Best Practices) analysiert und bestehende Herausforderungen und Handlungsbedarfe identifiziert. Daraus leiten sich Handlungsempfehlungen für die politische Strategieentwicklung sowie praktisch orientierte Empfehlungen an Projekte und Projektentwickler ab.

Best-Practice-Studie Intelligente Netze Beispielhafte IKT-Projekte in den Bereichen Bildung, Energie, Gesundheit, Verkehr und Verwaltung


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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.10 Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze

1.10.2 Untersuchungsrahmen und Auswahl der Best-Practice-Projekte

1.10.3 Die Best-Practice-Projekte: Ergebnisüberblick

Die Arbeitsgruppe 2 des Nationalen IT-Gipfels definiert Intelligente Netze wie folgt: „Als intelligente Netze werden Lösungen bezeichnet, die netz­ basiert eine Regelung oder Koordination unterschiedlichster technischer Geräte ermöglichen. Dies geschieht zumeist kon­ textbezogen und über einen automatisierten Austausch von Daten. Ziel ist es, komplexe Prozesse besser zu managen, die Effizienz zu steigern, Verbrauch und Erzeugung miteinander zu koppeln und damit Ressourcen zu schonen sowie weitere, neue vernetzte Anwendungen zu ermöglichen. […]“ *

Eine Gesamtauswertung der Projekte im Hinblick auf ausgewählte Kernparameter liefert aufschlussreiche Erkenntnisse zur gegenwärtigen Landschaft Intelligenter Netze in Deutschland und zu bestehenden Herausforderungen: • Der Großteil der Projekte ist gekennzeichnet durch eine Kombination aus öffentlicher und privater Finanzierung. Rund 76 % der Projekte erhielten öffentliche Mittel, viele davon in Form einer Projektförderung. Der hohe Anteil öffentlich geförderter Projekte spiegelt die Tatsache wider, dass tragfähige Geschäftsmodelle bei vielen Projekten noch nicht ausreichend entwickelt werden konnten. • Im Hinblick auf die Technologie der intelligenten Vernetzung zeigt sich bei den untersuchten Projekten ein recht weit fortgeschrittener Entwicklungsstand. Bei 79 % der Projekte kann die Technologie als umsetzungsreif eingestuft werden. • Rund 59 % der Projekte verfolgen das Ziel, ein profitables, eigenständig am Markt bestehendes Geschäftsmodell zu entwickeln und umzusetzen. Die konkreten Ansätze hierzu sind je nach Projekt unterschiedlich weit entwickelt und ausgereift. Während bei einigen der betrachteten Beispiele bereits eine vollständige wirtschaftliche Tragfähigkeit gegeben ist, befinden sich andere noch in der Phase der Entwicklung und Erprobung potenzieller Geschäftsmodelle. • Konkrete Ansätze zur Verstetigung über einen zeitlich begrenzten Projekthorizont hinaus können rund 83 % der Projekte vorweisen. Hierbei reicht das Spektrum von der Fortsetzung einzelner Projektelemente in Anschlussprojekten bis hin zum geglückten Übergang in ein profitabel und eigenständig wirtschaftendes Unternehmen. • Bei rund 52 % der Projekte bestehen Ansätze zur Replika­tion, also zur Übertragung der entwickelten Lösungen auf andere Kontexte (regional, Kundengruppen, Teilmärkte etc.). Hierbei zeigen sich unterschiedlichste Replikationsansätze: von der schritt­weisen Expansion eines lokal erprobten Modells in andere Regionen bis hin zum kommerziellen Angebot von Beratungsdienstleistungen auf Basis von Projekterfahrungen.

Der Strategieansatz geht hierüber hinaus, indem letztlich eine umfassende und systematische Nutzung von IKT-Potenzialen in wichtigen Anwendersektoren angestrebt wird. Im Fokus der Studie stehen die fünf im IT-Gipfel-Prozess betrachteten Anwendungsfelder für Intelligente Netze: Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung. Die Auswahl der Best-Practice-Projekte erfolgte in einem zweistufigen Verfahren. In der ersten Stufe wurde eine umfangreiche Longlist möglicher Best-Practice-Projekte erstellt. Sie entstand im Rahmen eines Grob-Screenings, in dem unter anderem eine Experten­befragung erfolgte. Hierbei wurden die Mitglieder der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „AG Strategie Intelligente Netze“ eingebunden. Das Ergebnis war eine Longlist mit rund 60 Projekten. Diese wurden in der zweiten Stufe anhand eines Krite­rienkatalogs systematisch bewertet, was zur Auswahl von insgesamt 29 Best-Practice-Projekten führte. Für die Ausarbeitung der Studie in Form detaillierter Projektsteckbriefe wurden mit den Projektverantwortlichen aller 29 Best-Practice-Beispiele leitfadengestützte Interviews geführt. Im Fokus standen dabei Fragen zum Projekthintergrund, zur eingesetzten Technologie, zur Finanzierung und zum Geschäftsmodell für einen dauerhaften Betrieb. Darüber hinaus wurden Hemmnisse aus Sicht der Projekte sowie mögliche Impulse für eine Strategieentwicklung erhoben. Tabelle 1.9-1 gibt einen Überblick über die 29 Best-Practice-Projekte. * IT-Gipfel AG2: „Digitale Infrastrukturen. AG2-Jahrbuch 2012/2013“, S. 471, URL: http://www.

it-gipfel.de/IT-Gipfel/Navigation/archiv,did=460266.html (20.11.2013)

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

1.10 Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze

Tabelle 1.10-1: Überblick Best-Practice-Projekte  Anwendungsfeld Energie

Kurzbeschreibung

Anwendung Verwaltung

Kurzbeschreibung

CUT!Energy

Intelligentes Energielastmanagement für mittelgroße Industriebetriebe

goBerlin

Cloud-basierter Online-Marktplatz für behördliche und gewerbliche Dienstleistungen

DESI

Energiemanagement für das Telekom-Netz

Liquid Friesland

IRENE

Erforschung und Pilotierung eines Smart Grids auf Verteilnetzebene

Digitale Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der Kommunalpolitik

Open Cities App

Mobile Vernetzung von Bürgern und Verwaltung

Modellstadt Mannheim

Verbindung von intelligenten Gebäuden und intelligentem Energienetz

P23R-Prinzip – Nachweis der Anwendbarkeit

Erprobung des Prozessdatenbeschleunigers zur Online-Abwicklung von Berichtspflichten von Unternehmen und Behörden

Next Pool

Virtuelles Kraftwerk als Beitrag zur Marktintegration erneuerbarer Energien

x-trans.eu

Online-Plattform für grenzüberschreitenden Großraum- und Schwerverkehr

Regenerative Modellregion Harz

Smart Grid zur regionalen Versorgung auf Basis erneuerbarer Energien

Legende:

Anwendungsfeld Gesundheit Kurzbeschreibung CGM LIFE eSERVICES

Online-Kommunikation zwischen Arzt und Patient

Cicely

Pilotprojekt zur ITK-gestützten Palliativ-Versorgung

Fontane

Telemedizinische Mitbetreuung von chronisch herzkranken Patienten

samedi

Intelligente Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen

Stroke Angel

Telemedizinische Versorgung bei Schlaganfall bereits im Rettungswagen

TEMPiS

Netzwerk zur Schlaganfallversorgung in ländlichen Regionen

TIRA

Vernetzte Akut- und Rehabilitationsversorgung

Anwendungsfeld Verkehr

Kurzbeschreibung

BeMobility 2.0

Multimodale Vernetzung von Elektromobiltät und ÖPNV

C-ITS

Grenzüberschreitendes intelligentes Verkehrssystem auf Autobahnen

simTD

Intelligente Vernetzung von Fahrzeugen und Verkehrsinfrastruktur

Telematisches LKW-Parken

Parkleitsystem für LKW entlang der Autobahn auf Basis mobiler Anwendungen

Waymate

Intermodale Reiseplanung via Internet

Anwendungsfeld Bildung

Kurzbeschreibung

BLok

Online-Berichtsheft für duale Ausbildungsberufe

Digitales Bildungsnetz Bayern

Digitale Bildungsinfrastruktur für staatliche allgemeinbildende Schulen in Bayern

erp4students

Intelligent gesteuerte SAP-Online-Kurse

iversity

Online-Plattform für kostenlose offene Hochschulekurse (MOOCs)

openHPI

Kostenlose offene Online-Kurse (MOOCs) mit IT-Fokus

Virtuelle Hochschule Bayern

Online-Plattform für Hochschulkurse als Verbundinstitut der bayerischen Universitäten und Fachhochschulen

„Hoffnungsträgerprojekt“ in frühem Entwicklungsstadium

Quelle: in Anlehnung an Roland Berger Strategy Consultants, Best-Practice-Studie Intelligente Netze Beispielhafte IKT-Projekte in den Bereichen Bildung, Energie, Gesundheit, Verkehr und Verwaltung, Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, 2013

1.10.4 Handlungsempfehlungen Aus der Analyse der Best-Practice-Beispiele und der Interviews, die mit den Projektverantwortlichen geführt wurden, lassen sich eine Reihe von Handlungsempfehlungen ableiten. Hierbei handelt es sich zum einen um Empfehlungen an politische Entscheidungsträger, die als Impuls für die Entwicklung einer „Nationalen Strategie Intelligente Netze“ dienen können. Zum anderen werden Empfehlungen an Projekte im Bereich Intelligente Netze formuliert, die einen Orientierungsrahmen für die Praxis bieten.

1.10.4.1 Handlungsempfehlungen für die Politik 1. Stärkere Vernetzung der Akteure vorantreiben Um wechselseitiges Lernen und Kooperation zwischen Projekten zu ermöglichen, empfehlen wir, den systematischen Informations- und Wissensaustausch zwischen Projekten zu stärken und in Form einer „Plattform Intelligente Netze“ zu institutio­ nalisieren. Diese Plattform könnte beispielsweise die Organisation von Arbeitsgruppen zu übergreifenden Schwerpunktthemen, wie Datenschutz oder Akzeptanz, übernehmen oder Checklisten und Leitfäden für Projekte als Orientierungsrahmen für die Praxis bereitstellen.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

2. Zukunftsfähigkeit Intelligenter Netze durch Vorantreiben des Netzausbaus und Priorisierung der Kommunikation durch Intelligente Netze sichern Beim Auf- und Ausbau Intelligenter Netze sind künftig höhere Anforderungen zur sicheren und schnellen Übertragung großer Datenmengen zu erwarten. Daraus folgt, dass auch aus der Perspektive der Intelligenten Netze der Breitbandausbau in Deutschland – vor allem in bisher schlecht versorgten Regionen – weiter vorangetrieben werden sollte. ­  Für bestimmte Anwendungen – etwa in den Bereichen Verkehrstelematik oder Gesundheit – wäre zu prüfen, ob der Datenverkehr in diesen Bereichen durch den Netzbetreiber prioritär zu behandeln und eine Übertragung sicherzustellen ist. Alternativ bzw. ergänzend kann zumindest für den Mobilfunkbereich die Bereitstellung spezieller Frequenzen für solche Anwendungen geprüft werden. 3. Den flächendeckenden Ausbau Intelligenter Netze unterstützen Häufig haben erfolgreiche Projekte einen rein lokalen oder regionalen Anspruch und nicht aus eigenem Verständnis oder Impuls heraus das Interesse oder die Möglichkeit, sich in anderen Regionen schrittweise zu replizieren. Die stärkere Verbreitung von erfolgreichen und hoch nutzenstiftenden Modellen sollte daher in der Breite unterstützt werden, etwa durch die Förderung der Replikation erfolgreicher Modelle in anderen Regionen. 4. Die Entwicklung tragfähiger Geschäftsmodelle bei Intelligenten Netzen unterstützen Viele Projekte stehen vor der Herausforderung, dauerhaft finanziell tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln, sei es für einen Endkundenmarkt mit direkter Zahlung durch den Nutzer oder für systembezogene Märkte, wie etwa den Ersten Gesundheitsmarkt, auf dem Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen vom jeweiligen System getragen werden. Für die Arbeit an diesen Geschäftsmodellen oder notwendigen Bausteinen fehlt es häufig an Aufmerksamkeit, aber auch an Ressourcen. Hier sollte geprüft werden, wie eine entsprechende Unterstützung und Förderung die Entwicklung voranbringen kann.

1.10 Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze

5. Die Kommunikation mit und über Intelligente Netze verbessern Intelligente Netze sind heute als Konzept (und Begriff) in der breiten Öffentlichkeit noch nicht fest etabliert. Sie treffen außerdem dort, wo sie bekannt sind, teilweise auf Vorbehalte. Dies gilt insbesondere für professionelle Anwender, wie beispielsweise Dozenten im Hochschul- oder Ärzte im Medizinbereich, die sich in ihrer Kompetenz oder Aufgabenwahrnehmung bedroht fühlen können. Hier können gezielte Kommunikationsmaßnahmen zur Information und Akzeptanzsteigerung ansetzen. Diese sollten zum einen die allgemeine Öffentlichkeit, zum anderen professionelle Anwender durch jeweils spezifische Anspracheformen adressieren. Kommunikationsmaßnahmen für die Zielgruppe der professionellen Anwender sind dabei anwendungsfeldspezifisch auszugestalten.

1.10.4.2 Handlungsempfehlungen für Projekte 1. Lernerfahrungen von Best Practices für die Projekt­entwicklung nutzen Projekte sollten intensiv den Austausch mit Entwicklern ähn­ licher Modelle in anderen Regionen suchen, um die verfügbaren Ressourcen unter Ausnutzung von Synergien effektiver einzusetzen und Entwicklungen schneller voranzutreiben. 2. Mehrnutzen für den Endanwender detailliert untersuchen und klare Anwendungsfälle („use cases“) etablieren Um eine hohe Akzeptanz der Anwendung zu sichern, sollte in den frühen Phasen der Projektentwicklung ein starker Fokus auf die Analyse des Mehrnutzens aus Anwenderperspektive und die Definition klarer „Use Cases“ gelegt werden. 3. Mögliche Hürden insbesondere bei professionellen Anwendern bedenken und aktiv adressieren Zur Akzeptanzsicherung bei professionellen Anwendern sollten diese frühzeitig in Entwicklungsprozesse eingebunden und ihre Anliegen und Bedenken angemessen berücksichtigt werden.

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1 Intelligente Netze Infrastrukturen für die digitale Gesellschaft

4. Die Herausforderung der Schaffung eines stabilen Geschäfts­modells von Beginn an angemessen analysieren – über Förderperioden hinaus denken Projekte sollten die Frage der wirtschaftlichen Perspektive und der Entwicklung eines langfristig tragfähigen Geschäftsmodells („Wer bezahlt den Dienst und warum?“) von Beginn an mit ins Zentrum ihrer Aktivitäten stellen. 5. Wenn möglich, Technologie-Anbieter als Partner mit eigenem Investment integrieren Um eine optimale Abstimmung der verwendeten technolo­ gischen Komponenten auf die Bedarfe konkreter Anwendungssituationen sicherzustellen, sollten Technologie-Anbieter möglichst eng in das Projekt eingebunden werden. Ein Einbeziehen als Projektpartner mit eigenem Investitionsanteil ist hierbei empfehlenswert. 6. Partnerstruktur im Projekt steuerbar halten Das Konfliktpotenzial zwischen Projektpartnern (z. B. durch Konkurrenzsituation am Markt) sollte vor Projektstart durch konkrete Vereinbarungen reduziert werden, in denen die Verpflichtungen und Aufgaben der einzelnen Akteure klar definiert werden. 7. Datenschutz ernst nehmen und beim Projektdesign von Anfang an bedenken Projekte sollten die frühzeitige Abstimmung mit den jeweils zuständigen Datenschutzbeauftragten suchen, um die Kompatibilität der im Projekt erarbeiteten Anwendungen und Lösungen mit den relevanten datenschutzrechtlichen Vorschriften von Beginn an sicherzustellen und nachträgliche Anpassungskosten zu vermeiden. 8. Kompatibilität/Interoperabilität mit anderen Projekten sicherstellen Um der Entstehung von Fragmentierung und Insellösungen durch heterogene IT-Systeme entgegenzuwirken, sollten Projekte bei der Entwicklung ihrer Lösungen auf vorhandenen und möglichst weit verbreiteten, standardisierten Lösungen und Daten­formaten aufbauen und geeignete Schnittstellen zu anderen Systemen in ihre Entwicklungen integrieren.

1.10 Gastbeitrag: Best-Practice-Studie Intelligente Netze

9. Bestehende Basisinfrastrukturen und Lösungsbausteine aktiv nutzen Schon heute stellt der Staat digitale Basisinfrastrukturen bereit, die sinnvolle Anknüpfungspunkte für die Entwicklung Intelligenter Netze bieten. Zu nennen sind hier beispielhaft der neue Personalausweis (nPA) mit der Online-Ausweisfunktion (eID), der „Mobilitäts Daten Marktplatz“ (MDM) für Verkehrsdaten oder auch der Bereich von Open Government Data auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Projekte sollten diese Lösungsbausteine aktiv nutzen und in die eigene Projektlogik einbinden.

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2

Plattformen und Querschnittstechnologien – Die Enabler Intelligenter Netze Für die Realisierung Intelligenter Netze in den Domänen Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung spielen Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)-Plattformen eine zentrale Rolle. Sie sind zur technischen Realisierung Intelligenter Netze zwingend erforderlich. Auf der Basis grundlegender Querschnittstechnologien, wie Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M), Cloud Computing, Big-Data oder dem Internetprotokoll IPv6 stellen sie technische Funktionalitäten für die Entwicklung und den Betrieb von Lösungen und Produkten zur Verfügung. IKT-Plattformen müssen einerseits sicher und zuverlässig und andererseits vollständig offen für Innovationen sein. Die Grundlage für eine größtmögliche Interoperabiltiät von IKT-Plattformen bilden offene Standards der Informations- und Kommunikationstechnologien. Auf Basis offener Standards können IKT-Plattformen mit unterschiedlichen Techno­logien kommunizieren und fördern dabei gleichzeitig Vielfalt und Wettbewerb. Was wird zur Realisierung Intelligenter Netze aus technischer Sicht benötigt? Wesentlicher Bestandteil der Intelligenten Netze sind die IKT-Plattformen. Sie bestehen in der Regel aus Hardware, Software und Kommunikationsnetzen, mit deren Hilfe Daten übertragen, gespeichert oder verarbeitet werden können. Eine IKT-Plattform unterstützt eine Anwendung, indem sie Dienste, Daten und virtuelle wie physikalische Ressourcen über Schnittstellen zur Verfügung stellt. Über die technische Sicht hinausgehend sind Service Level Agreements und abgestimmte Nutzungsbedingungen erforderlich.


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Welche Rolle spielt Sicherheit und wie kann sie gewährleistet werden?

Warum bekommt M2M-Kommunikation eine zunehmend wichtige Bedeutung?

Beim Aufbau Intelligenter Netze kommt den IKT-Plattformen eine entscheidende Rolle zu. Durch sie wird ein Abgleich von Datenmodellen zwischen unterschiedlichen Domänen (Verwaltung, Energie, Verkehr, Bildung und Gesundheit) überhaupt erst möglich. Sicherheit ist dabei nicht nur für die Akzeptanz ein entscheidender Faktor, sondern auch für die Funktionsfähigkeit, Verfügbarkeit und vor allem auch für die Integrität von Daten in Intelligenten Netzen. Dabei reicht es für die umfassende Sicherheit eines Intelligenten Netzes nicht aus, auf rein technischer Ebene Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren. Hierzu sind neben einem Sicherheitskonzept der IKT-Plattformen des Intelligenten Netzes auch Sicherheitskonzepte für die betrieblichen Prozesse und Abläufe der kritischen Infrastrukturen notwendig.

Durch die immens gestiegenen technischen Möglichkeiten und die zunehmend flächendeckende Bereitstellung von Kommunikationsnetzen hat sich in den letzten Jahren der Bereich der Machine-to-Machine-Kommunikation zu einem wichtigen Zukunftsfeld und Grundbaustein Intelligenter Netze entwickelt. Marktstudien erwarten bis zum Jahr 2020 den Anschluss von bis zu 15 Milliarden zusätzlicher Geräte an das Internet (ohne Mobilfunktelefone und Smartphones) und Wachstumsraten bis zu 50 %. Die enorme Anzahl der zukünftigen vernetzten Geräte und vielfältige Anwendungen verlangt nach integrierten Lösungen, die generische Funktionalitäten effizient übernehmen, Standardschnittstellen nutzen und Anwendungen verwalten.

Sind Intelligente Netze und deren IKT-Plattformen kritische Infrastrukturen?

Bisher wurde zumeist der Ansatz verfolgt, eine Maschine durch ein einzelnes Gerät (Bordrechner, Telemetrie­modul) in ein M2M-System einzubinden und von diesem Gerät aus die Maschine zu steuern. Inzwischen ist der Trend zu beobachten, dass eine einzelne Maschine mehrere Geräte aufweist, die jeweils separaten Zwecken dienen und die eventuell mehrere IP-Adressen benutzten. Dies hat Konsequenzen für die Datenverarbeitung innerhalb der Maschine aber auch für die M2M-Infrastruktur als Ganzes. Aus der Do-It-Yourself-Gemeinde hat sich die Bewegung der Maker Faires entwickelt, die ein großes Kreativitätspotenzial freigesetzt hat. Durch die einfache Verfügbarkeit von einbettbaren, gut programmierbaren, günstigen Systemen wie Arduino oder Raspberry Pi wird die Vielfalt und der Einsatz von M2M-Systemen vorangebracht. Es bleibt zu beobachten, ob und wie sich aus diesen Initiativen De-facto-Standards entwickeln, oder ob sich anerkannte Standards, beispielsweise durch die IETF, durchsetzen werden.

Kritische Infrastrukturen sind nach der Definition der Bundesregierung Organisationen und Einrichtungen mit herausragender oder gar existenzieller Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.* Viele Intelligente Netze in den Domänen Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung gehören demnach zu kritischen Infrastrukturen. Der Schutz der Intelligenten Netze und seiner unternehmenskritischen Bestandteile ist ein wichtiger Baustein zur Umsetzung der Ziele des Nationalen Plans zum Schutz der Informationsinfrastrukturen. * Internetplattform zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS),

URL: http://www.kritis.bund.de (03.12.2013)

Wohin entwickeln sich M2M-Plattformen?


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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

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2.1 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.3.1 2.1.3.2 2.1.3.3 2.1.3.4 2.1.3.5 2.1.3.6 2.1.4 2.1.5 2.1.6 2.1.6.1 2.1.6.2

Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze............................. 251 Einleitung.................................................................................................. 251 Definitionen und Begrifflichkeiten.............................................................. 252 Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze............................................ 255 Physische Sicherheit................................................................................. 257 Netzwerk-Sicherheit.................................................................................. 258 Plattform- und Dienste-Sicherheit............................................................. 259 Datenschutz.............................................................................................. 260 Offene Standards und Interoperabilität...................................................... 260 Weitere Aspekte........................................................................................ 261 Technisches Referenzmodell von IKT-Plattformen für Intelligente Netze..... 262 Zusammenfassung und Fazit..................................................................... 268 Politische Handlungsempfehlungen zur Förderung von sicheren IKT-Plattformen für Intelligente Netze.................................... 269 Ausgangssituation und Zielsetzung............................................................ 269 Handlungsempfehlungen........................................................................... 271

2.2

M2M Initiative Deutschland....................................................................... 275

2.3

Gastbeitrag: Empfehlungen des IPv6 Rates zur Förderung der Einführung von IPv6...................................................... 315

Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

2.1.1

Einleitung

Mit den Empfehlungen für eine Nationale Strategie Intelligente Netze anlässlich des 7. Nationalen IT-Gipfels in Essen stellt sich die Frage, wie Intelligente Netze technologisch und sicher realisiert und betrieben werden können. Was verstehen wir konkret unter Intelligenten Netzen, und welche Rolle kommt den IKT-Plattformen bei der Realisierung von Intelligenten Netzen zu? Inwieweit sind Intelligente Netze als kritische Infrastrukturen anzusehen? Welche Möglichkeiten bestehen, dass Intelligente Netze verschiedener Domänen auf Basis bereits existierender IKT-Plattformen auch miteinander kommunizieren können? Mit diesen Fragen hat sich die Projektgruppe in den vergangenen Monaten intensiv beschäftigt und ihre Überlegungen im folgenden Dokument zusammengefasst. Die Intelligenten Netze der Domänen Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung sind Anwendungsbereiche von Intelligenten Netzen. Hier ist ein deutlicher Trend dahingehend zu

Wie können Intelligente Netze technologisch und sicher realisiert werden?


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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze Trend zur Verschmelzung der Netze IKT-Plattformen spielen eine zentrale Rolle dabei.

Impulse aus technischer Sicht

beobachten, dass diese Netze immer stärker miteinander verschmelzen. Eine Intelligenz, die sich aus der Vernetzung von Sensoren, Aktoren, automatisierten Steuerungselementen sowie Verarbeitungslogiken ergibt, ist dazu zwingend erforderlich. Bei der Realisierung von Lösungen für Intelligente Netze der jeweiligen Domänen spielen IKT-Plattformen eine zentrale Rolle. Das vorliegende Kapitel soll als erste Orientierungshilfe für alle Entscheidungsträger dienen, die sich mit der Umsetzung der Strategie Intelligenter Netze befassen. Es soll Gedankenansätze und Impulse aus technischer Sicht liefern. Dabei wird die Umsetzung neben dem zwingend erforderlichen Telekommunikationsnetz im Wesentlichen über bereits bestehende und neue IKT-Plattformen erfolgen.

2.1.2

Definitionen und Begrifflichkeiten

Intelligente Netze Die AG2 hat sich für den IT-Gipfel 2012 auf folgende Definition Intelligenter Netze geeinigt: „[…] Intelligente Netze beginnen/enden bei Sensoren/Aktoren, denen sie Daten entnehmen bzw. zuführen, werden über Kom­ munikationskanäle verschiedener, meist breitbandiger Access­ technologien aggregiert und münden in zentralen Plattformen zur Speicherung bzw. Weiterverarbeitung über anwendungs­ bezogene Dienste.“ 1

1 IT-Gipfel AG2: „Digitale Infrastrukturen. AG2-Jahrbuch 2011/2012“, S. 295, URL: http://www.

it-gipfel.de/IT-Gipfel/Navigation/archiv,did=460266.html (20.11.2013)

2.1 Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

In Erweiterung dieser Definition Intelligenter Netze definiert die Projektgruppe: Ein Intelligentes Netz (IN) ist eine Infrastruktur, in der mindes­ tens ein Teil der Infrastruktur mit Informations- und Kommuni­ kationstechnologie derart verbunden ist, dass eine Regelung oder Koordination der gesamten Infrastruktur oder ihrer Teile mittels IuK-Technologie möglich ist. Als Intelligente Netze werden somit Lösungen bezeichnet, die als verteilte Anwendungen den Nutzen einer existierenden Infrastruktur verbessern bzw. optimieren, indem aus dieser Datenverarbeitung zielgerichtete Informationen zur rechten Zeit am rechten Ort für die richtige Person oder zur autonomen Umsetzung vorgegebener Aufgaben entstehen.

IKT-Plattformen Eine IKT-Plattform ist ein verteiltes System, das aus einer Menge von Komponenten der Informations- und Kommunikationstechnologien besteht, die 1. Dienste zur Verfügung stellt, 2. von Anwendungen genutzt werden kann, 3. ohne dass diese notwendigerweise sämtliche Bestandteile der Plattform kennt.

Definition IKT-Plattform

Intelligente Netze werden durch IKT-Plattformen realisiert. Eine IKT-Plattform besteht in der Regel aus Hardware, Software und Kommunikationsnetzen, mit deren Hilfe Daten übertragen, gespeichert oder verarbeitet werden können. Eine IKT-Plattform unterstützt eine Anwendung, indem sie Dienste, Daten und virtuelle wie physikalische Ressourcen über einheitliche Schnittstellen zur Verfügung stellt.

Intelligente Netze werden durch IKTPlattformen realisiert

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

Beispiele für Intelligente Netze

2.1 Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

Beispiele für Intelligente Netze

Kritische Infrastrukturen

Um besser nachvollziehen zu können, was konkret unter Intelligenten Netzen verstanden werden kann, werden in der Tabelle 2.1-1 einige Beispiele anhand der fünf Domänen Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung aufgeführt. Festzustellen ist, dass Netz, Hardware, Software, Anwendungen und Dienste wiederkehrende Bestandteile sind, welche eine Zusammenarbeit zwischen den Domänen grundsätzlich ermöglichen.

Als Ausgangspunkt der Projektgruppe dient die Definition kritischer Infrastrukturen 3 der Bundesregierung (KRITIS): „Kritische Infrastrukturen sind Organisationen und Einrich­ tungen mit herausragender oder gar existenzieller Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Be­ einträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erheb­liche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.“ 4

Tabelle 2.1-1: Beispiele für Intelligente Netze anhand der fünf Domänen Energie Bestehende Infrastruktur

Gesundheit E-HealthAnwendungen

Stromnetz

IKT-Komponenten (IKT-Plattform)

Anwendungs­ beispiele für Nutzen

Verkehr

Bildung

TelematikInfrastruktur

Bildungsplattformen, Hochschulnetz

Verwaltung Neuer Personalausweis, eID

Netz, Hardware, Software, Anwendungen und Dienste

Verbraucher können „eigenen“ Strom generieren und handeln

gezielte schnelle Hilfe im Notfall, effizientere Nutzung von Spezialisten und kostspieligen Geräten

Möglichkeiten einer effektiven Auslastung der Verkehrsinfrastruktur

E-LearningAnwendungen, VideoConferencing, Collaboration

Nutzung von gemeinsamen ITInfrastrukturen auf Bundes-, Landes und kommunaler Ebene

Definition kritischer Infrastrukturen

Viele Intelligente Netze in den Domänen Energie, Gesundheit, Verkehr und Verwaltung gehören demnach zu kritischen Infra­ strukturen. Eine immer bedeutendere Rolle bei den Kritischen Infrastrukturen kommt der IKT zu. Deshalb ist ein wichtiger Baustein zur Umsetzung der Ziele des Nationalen Plans zum Schutz der Informationsinfrastrukturen der Schutz dieser Informationstechnik.5

Quelle: Projektgruppe Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

2.1.3 Informationssicherheit Informationssicherheit basiert nach der Definition des Bundes­ amtes für Sicherheit in der Informationstechnik auf Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität. „Vertraulichkeit: Vertrauliche Informationen müssen vor unbe­ fugter Preisgabe geschützt werden. Verfügbarkeit: Dem Benutzer stehen Dienstleistungen, Funk­ tionen eines IT-Systems oder auch Informationen zum gefor­ derten Zeitpunkt zur Verfügung. Integrität: Die Daten sind vollständig und unverändert.“  2 2 Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI): Leitfaden Informationssicherheit,

IT-Grundschutz kompakt, Februar 2012, Artikelnr. BSI-Bro12/311, URL: https://www.bsi.bund. de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Grundschutz/Leitfaden/GS-Leitfaden_pdf.pdf?__ blob=publicationFile (20.11.2013)

Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

Die rasch voranschreitende Vernetzung sowie die Möglichkeit, durch Intelligente Netze zuvor voneinander getrennte Systeme zu konvergieren, zu orchestrieren und transparent zu machen, schafft zugleich neue Herausforderungen für deren Absicherung. Es geht dabei nicht nur um stationäre und mobile Endgeräte (z. B. Computer, Smartphone), sondern vor allem um eine stark wachsende Zahl von vernetzten Geräten – etwa im Haushalt, in einer 3 In diesem Dokument stehen im Mittelpunkt der KRITIS-Thematik die IT-Bedrohungen, also der

4 5

Schutz von Kritischen Informationsinfrastrukturen. Siehe auch den Arbeitsbereich des BSI, URL: https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/KritischeInfrastrukturen/kritischeinfrastrukturen_node. html (20.11.2013) Internetplattform zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS) (http://www.kritis.bund.de) Nationaler Plan zum Schutz der Informationsinfrastrukturen in Deutschland, URL: http://www. bmi.bund.de/cln_156/SharedDocs/Standardartikel/DE/Themen/OeffentDienstVerwaltung/ Informationsgesellschaft/NPSI.html (20.11.0213)

zuvor getrennte Systeme konvergieren

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

GesamtSicherheitsarchitektur erforderlich

Windkraftanlage, in einem Fahrzeug oder in einer Straßenlaterne –, die mit anderen Maschinen (M2M) oder Personen (P2M) über das Internet kommunizieren. Die dabei erzeugten und genutzten Daten, die zwischen Geräten, Netzwerken und Cloud-Diensten ausgetauscht werden, müssen ausreichend geschützt sein. Unsere digitale Gesellschaft benötigt deshalb nicht nur hochleistungsfähige Intelligente Netze, sondern auch Plattformen und Dienste, die eine vertrauenswürdige Nutzung ermöglichen, sodass sichere IKT-Plattformen unter anderem folgende Eigenschaften besitzen sollten: • Schutz vor unbefugtem Zugriff (Lesen und Manipulation) bieten, • stabil und ausfallsicher sein, • personenbezogene Daten schützen und • auf offenen Standards basieren. Diese zu realisieren und mit Gefahren durch menschliche Fehlhandlungen, organisatorische Mängel, technisches Versagen oder höhere Gewalt 6 risikobewertend umzugehen, bedarf sowohl physischer als auch logischer Sicherheitsmaßnahmen, die von organisatorischen und personellen Regelungen flankiert sein müssen und in eine Gesamt-Sicherheitsarchitektur einfließen sollten. Der Aufbau von Plattformen für Intelligente Netze sollte unter Sicherheitsgesichtspunkten erfolgen. Dabei ist darauf zu achten, dass die gesamte Einsatzumgebung in den Blick genommen wird. Ein grundsätzliches Misstrauen in derzeit als sicher geltende und überwiegend angewendete kryptographische Verfahren ist dagegen nicht angebracht. Dies belegen die derzeit genutzten Angriffs­vektoren. Angreifer zielen nicht darauf ab, die eingesetzten kryptographischen Verfahren zu brechen, sondern Schwachstellen in der Implementierung der Einsatzumgebung zu finden, um so die Verschlüsselung und andere Sicherheitsmechanismen zu umgehen.

2.1 Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

2.1.3.1

Physische Sicherheit

Die physische Absicherung einzelner Elemente der Plattformen Intelligenter Netze wie etwa Rechenzentren ist dabei der erste Schritt zu einer umfassenden Sicherheitsarchitektur. Diese Maßnahmen beinhalten aber weit mehr als gesicherte Türen und Fenster. Vielmehr müssen die Lage und auch der Schutz vor menschlichen Eingriffen wie etwa Diebstahl, Vandalismus sowie gezielte Sabotage beachtet werden. Dabei dürfen Sicherheitserwägungen nicht allein von Extremsituationen ausgehen, sondern müssen sämtliche Beeinträchtigungen berücksichtigen, die Einfluss auf die verwendeten Komponenten nehmen können. Um die notwendige Verfügbarkeit und Daten­ integrität zu gewährleisten, sind daher technische Maßnahmen für eine sichere, unterbrechungsfreie Energieversorgung, für Brandschutz sowie für ein gleichmäßiges Temperatur- und Feuchtigkeitsniveau unerlässlich. Wie Informationssicherheit allgemein, kann auch physische Sicherheit nur über ein mehrstufiges Konzept erzielt werden. Dieses umfasst präventive bauliche Maßnahmen ebenso wie aktive Abwehr- und Schutzvorkehrungen sowie eine Kontrolle der Prozesse und Abläufe und nicht zuletzt klare Regelungen für den Zugang des Personals. Verschiedene Organisationen auf nationaler und internationaler Ebene 7 haben hierzu Richtlinien, Architekturen und Qualitätskriterien erarbeitet.

6 Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI): Leitfaden Informationssicherheit,

IT-Grundschutz kompakt, Februar 2012, Artikelnr. BSI-Bro12/311, URL: https://www.bsi.bund. de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Grundschutz/Leitfaden/GS-Leitfaden_pdf.pdf?__ blob=publicationFile (20.11.2013)

7 z. B. eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft (http://www.eco.de) oder Uptime Institute

(http://uptimeinstitute.com/)

mehrstufiges Sicherheitskonzept

257


258

2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.1.3.2

mehrstufige Sicherheitsansätze erforderlich

Netzwerk-Sicherheit

Bereits heute greifen Mitarbeiter seltener lediglich von stationären Geräten, dem „klassischen“ Desktop-Arbeitsplatz, mit einer IP-Adresse, einem Netzwerk-Anschluss und einem Protokoll auf Daten im Netzwerk zu. In einer zunehmend mobilen und damit entgrenzten Arbeits- und Lebensumwelt, die durch Plattformen für Intelligente Netze geschaffen wird, und ihre Freiheitschancen und Effizienzgewinne gerade hieraus schöpft, können Nutzer von jedem Ort aus und mit jedem Gerät über jede beliebige Instanz eines Netzwerks die für sie notwendigen Daten bearbeiten. Hier sind Benutzername und Kennwort als Mittel der Authentifizierung sowie als alleinige Zugangskontrolle nicht mehr ausreichend. Eine rein endpunktbasierte Sicherheitsverwaltung wird daher von mehrstufigen Ansätzen abgelöst werden müssen, die sämtliche sicherheitsrelevanten Aktivitäten in Netzwerken und Einsatzumgebungen umfassen. Das bedeutet jedoch vor allem proaktiv vorzugehen, Sicherheit nahtlos in die Architektur einzufügen, bereits bei der Konstruktion einzuplanen und bestehende Sicherheitstechnologien zu integrieren. Insbesondere in Intelligenten Netzen sollten Maßnahmen gegen Bedrohungen sich nicht auf einzelne Elemente fokussieren, sondern perspektivisch auf das gesamte Netzwerk mit seinen Kommunikationsverbindungen ausgerichtet sein, beispielsweise durch den Einsatz von Verschlüsselung per Voreinstellung.

2.1 Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

2.1.3.3

Plattform- und Dienste-Sicherheit

Der Schutz der Plattform- und Diensteebene ist ein wesent­ licher Aspekt der Sicherheitsarchitektur. Gerade auf diesen Ebenen aufgrund ihrer Komplexität der Strukturen, Datenmodelle und Schnittstellen sind unternehmenskritische Informationen und schützenswerte Zugriffsberechtigungen den größten Gefahren ausgesetzt. Traditionelle Sicherheitskonzepte zeigen hier immer weniger Wirkung, da virtualisierte Anwendungen kaum mit physischen Ressourcen identisch sind. Wichtig ist deshalb, dass Maßnahmen wie Security by Design 8 , ein transparentes und stringentes Identity- und Accessmanagement, die Nutzung von IDS/ IPS-Systemen und CERT-Services sowie notwendige Sicherheitsprozesse wie Inci­dent-, Vulnerability- und Patch-Management für ein risikobasiertes, verlässliches und vertrauenswürdiges Sicherheitsmanagement etabliert werden. Vertrauen kann durch einen risikobewertenden Ansatz erzielt werden. Dieser setzt auf einem einheitlichen, technologieneutralen Verfahren zur Risikoanalyse von Plattformen für Intelligente Netze unter Berücksichtigung nationaler und internationaler Sicherheitsstandards auf. Unterschiede und Kriterien sind hinsichtlich der Kriti­kalität für Betreiber und Nutzer festzulegen. Wichtig für die Risikobewertung einzelner Elemente der Plattformen Intelligenter Netze ist darüber hinaus die Evaluierung und Zertifizierung sowohl bestimmter Einzelkomponenten als auch des gesamten Systems. Um mit den gerade in der IT sehr kurzen Innovationszyklen Schritt halten und gleichzeitig den Anwendern einen Bewertungsrahmen bieten zu können, sind möglichst internatio­ nale Standards und „Frameworks“ für die Risikobewertung 9 zu nutzen. Dies sollte in einem weltweit abgestimmten Rahmen je nach Kritikalität abgestuft erfolgen.

8 Im Rahmen der Anwendungskonzeption und -entwicklung (Entwurfsprinzip) werden Sicherheits-

und Datenschutzmaßnahmen berücksichtigt. 9 z. B. die Common Criteria (http://www.commoncriteriaportal.org)

Tradtionelle Sicherheitskonzepte zeigen immer weniger Wirkung.

internationale Standards und „Frameworks“ für die Risikobewertung

259


260

2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.1.3.4

Abgleich der Daten­ modelle zwischen ver­ schiedenen Domänen Intelligenter Netze ist eine wesentliche Aufgabe Intelligen­ ter IKT-Plattformen.

Eine Chance auf Rechtssicherheit und Harmonisierung bietet deshalb die EU-DatenschutzGrundverordnung. Verarbeiten Intelli­ gente Netze Daten von bzw. über End­ verbraucher, muss stets nachvollziehbar sein, wie diese Daten genutzt werden.

Die Einhaltung des Datenschutzes ist für die Umsetzung und Akzeptanz von Intelligenten Netzen von großer Bedeutung. Da die domänen-, firmen- und organisationsübergreifende Datenverarbeitung ein besonders wichtiges – wenn auch nicht ausschließliches – Merkmal Intelligenter Netze ist, ist der Abgleich der Datenmodelle zwischen verschiedenen Domänen Intelligenter Netze eine wesentliche Aufgabe Intelligenter IKT-Plattformen. Die vorhandene Technik kann die Datenschutzbestimmungen heute im Wesentlichen abbilden bzw. darauf angepasst werden. Wenn allerdings Datenschutz in einzelnen Bundesländern Deutschlands schon unterschiedlich interpretiert wird, wird dieses durch unterschiedliche Datenschutzniveaus in 28 EU-Mitgliedsstaaten noch zusätzlich erschwert. Eine Chance auf Rechtssicherheit und Harmonisierung bietet deshalb die EU-Datenschutz-Grundverordnung. Bei einem domänen­übergreifenden Datenschutz müssen aber auch Regelungen und Compliance über den reinen Datenschutz hinaus Berücksichtigung finden. Verarbeiten Intelligente Netze Daten von bzw. über Endverbraucher, muss stets nachvollziehbar sein, wie diese Daten genutzt werden. Endverbraucher müssen die Option (Opt-in, Opt-out) haben, Dienste Intelligenter Netze zu nutzen – oder eben auch nicht. Als Beispiel seien die Ortungsdienste auf Smartphones oder Tablets genannt. Aktiviert der Nutzer diese Ortungsdienste und zieht unmittelbaren Nutzen daraus, muss ihm gleichzeitig bewusst sein, dass diese Daten gesammelt, ausgewertet und ggf. auch zu einer Profilerstellung genutzt werden können.

2.1.3.5 IKT-Plattformen für Intelligente Netze müssen sicher und zuverlässig im Betrieb und gleichzeitig offen für Innovationen sein.

Datenschutz

2.1 Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

Zuwachs an Bedeutung für die weltweite IKT-Wirtschaft haben offene Standards 10, die die Grundlage für interoperable IKT-Plattformen liefern, einen maßgeblichen Anteil. Da für kritische Infrastrukturen die Zuverlässigkeit und eindeutige Interpretierbarkeit von erhobenen Daten sowie die verifizierbare Ausführung gewünschter Aktionen im Mittelpunkt stehen, müssen offene, standardisierte Schnittstellen und Datenmodelle diesen Anforderungen besonders Genüge tun. Neben der Möglichkeit der Analyse der Datenflut aus verschiedensten Quellen (Big Data), stellt sich aufgrund der Sensibilität von Daten aus Intelligenten Netzen die Anforderung nach Anonymisierung von Datenquellen unter Beibehaltung der Verifizierbarkeit.

2.1.3.6

Weitere Aspekte

Für die Entwicklung und den sicheren Betrieb Intelligenter Netze sind auch Aspekte der Betriebssicherheit wichtig, die zur verläss­ lichen Bereitstellung von Informationen und Diensten beitragen. IKT-Plattformen sind verteilte Anwendungen und müssen folglich die Verteilung von Informationen in geeigneter Weise unterstützen bzw. selbst diesen Anforderungen genügen. Grundsätzliche Ansatzpunkte sind die Verbesserung der Qualität oder die Diversifikation von Informationen und technischen Komponenten. Ganz wesentliche Bestandteile aus technischer Sicht sind die Zugangsnetze (leitungsgebundenes Netz, Mobilfunk, WLAN, u. a.). Ohne diese ist ein Zugang zu Informationen und Diensten über das Internet oder der Aufbau gesicherter Verbindungen zu geschlossenen Netzen schlicht unmöglich.

Offene Standards und Interoperabilität

IKT-Plattformen für Intelligente Netze müssen sicher und zuverlässig im Betrieb und gleichzeitig offen für Innovationen sein. Mit der Zusammenführung von Daten aus unterschiedlichen Intelligenten Netzen kann die Qualität der Information und Entscheidung in jeder einzelnen Domäne verbessert werden. An einem rasanten

10 Angelehnt an die Genfer Erklärung der OpenForumEurope Conference (PDF, Englisch) Februar

2008; URL: http://www.openforumeurope.org/library/geneva/declaration/manifesto-withlogos-final.pdf (20.11.2013)

Betriebssicherheit

Verteilung von Informationen

Zugangssuche

261


262

2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.1.4

diensteorientierte Architektur als Muster

Vorteile eines diensteorientierten Ansatzes

2.1 Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

Technisches Referenzmodell von IKT-Plattformen für Intelligente Netze

Die Vielfalt möglicher Kombinationen Intelligenter Netze führt schnell dazu, dass eine einzelne Referenzarchitektur entweder zu abstrakt und damit als Muster nicht aussagekräftig genug zur Entwicklung spezifischer Modelle ist oder zu spezifisch, um als allgemeines Muster für eine hinreichend große Menge Intelligenter Netze zu dienen. Daher ist ein schrittweiser Ansatz sinnvoll, für den im Folgenden die Grundlagen dargestellt werden. Entsprechend der Definition handelt es sich bei Intelligenten Netzen aus technischer Sicht um verteilte Systeme. Als Ansatz, um derartige Systeme systematisch und strukturiert zu beschreiben und zu entwickeln, bietet sich das Architekturmuster der diensteorientierten Architektur (SOA, Service-oriented Architecture) an. Bei diesem Ansatz werden IT-Ressourcen (wie Sensoren/Aktoren und Verarbeitungslogiken) 11 nicht direkt angesprochen, sondern der Zugriff wird über Dienste ermöglicht. Eine Anwendung wird über die Nutzung und Kombination verschiedener Dienste realisiert, wobei die Dienste selbst wiederum aus anderen Diensten bestehen können. Die interne Steuerung zum Angebot der Dienste bzw. das interne Management einer Plattform sind für den Nutzer des Dienstes verborgen. Insgesamt bietet dieses Architekturmodell eine abstrakte Sicht auf die Nutzung von Diensten, was die Wiederverwendbarkeit von Diensten, die Kombination von einfacheren zu höherwertigen Diensten und die Orientierung der Implementierung an vorgegebenen Prozessen erleichtert. Abbildung 2.1-1 stellt dar, wie eine Anwendung auf Basis von Diensten verschiedener Plattformen realisiert ist. Beispielsweise könnte eine Anwendung „Daten-Safe“ auf der Nutzung zweier Dienste aufgebaut sein: Identifikation des Nutzers und Speicherung von Dokumenten. Dabei können beide Dienste von verschiedenen Plattformen stammen bzw. es können alterna­ tive Dienste von weiteren Plattformen parallel für die gleichen Funktionen genutzt werden. Folgende Vorteile ergeben sich aus technischer Sicht aus der Nutzung eines diensteorientierten Ansatzes als einheitlichem Ansatz zur Beschreibung und Entwicklung Intelligenter Netze:

Anwendung

Daten

Kommunikation

Dienst 1 Sensoren/ Aktoren

Dienst 2 Steuerung

Plattform A

Dienst 3 Sensoren/ Aktoren

Steuerung

Plattform B

Abbildung 2.1-1: IKT-Plattfomen zum Aufbau Intelligenter Netze Quelle: Projektgruppe Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

• Fokussierung auf die Schnittstellen, Verzicht auf Vorgaben zur Implementierung, • Erleichterung der Erstellung von bereichsübergreifenden Anwendungen durch die Verwendung ähnlicher Plattformansätze in verschiedenen Bereichen, • Einbeziehung bestehender Infrastrukturen und Dienste, die schon diesem Architekturmuster folgen bzw. Kapselung anderer, bereits bestehender Funktionselemente. Zur Illustration zeigt Abbildung 2.1-1 zudem exemplarisch, welche Komponenten eines Intelligenten Netzes Informationen bzw. Daten beinhalten, die evtl. auch in anderen Intelligenten Netzen (z. B. in anderen Domänen) für eine Weiterverwendung von Interesse sein könnten. Zum besseren Verständnis grundlegender Anforderungen, die sich aus technischer Sicht ergeben, wird ein stark vereinfachtes Modell einer IKT-Plattform vorgestellt. IKT-Plattformen stellen Dienste zur Verarbeitung der Informationen eines Intelligenten Netzes zur Verfügung. Der Zugriff auf diese Dienste erfolgt über eine geeignete Schnittstelle, die konkrete Eigenschaften und Anforderungen der Dienste verbirgt und so nach außen einheitliche, dienstkonforme Zugriffsmöglichkeiten auf die Dienste anbietet.

Modell einer IKT-Plattform

263


264

2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze Kommunikation

2.1 Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

2.

Konfiguration

Schnittstellen hierfür sind, verglichen mit dem Austausch von Nutzerdaten, komplexer, aber essenziell für ein Angebot vergleichbarer und interoperabler IKT-Plattformen.

3.

Dienst Dienst

1.

Dienst

4.

Plattform Abbildung 2.1-2: Vereinfachte Darstellung einer IKT-Plattform Quelle: Projektgruppe Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze der AG2 im Nationalen IT-Gipfel, 2013

Bestandteile von Plattformen

Abbildung 2.1-2 zeigt minimale technische Bestandteile von Plattformen. Die Ressourcen sind in dieser Darstellung nicht sichtbar, da sie für den Nutzer verdeckt sind und für den direkten Zugriff nicht zur Verfügung stehen. Plattformen haben weitere Bestandteile, wie internes Management, die in dieser vereinfachten Darstellung nicht dargestellt sind. Folgende Bestandteile von Plattformen sollen genannt werden: 1. Dienste Dienste stellen Ressourcen bereit, wie den Zugriff auf Sensoren/Aktoren, Kommunikationsverbindungen, Datenspeicher, Identifikation von Nutzern usw. Ein Dienst ist in sich abgeschlossen und erfüllt eine genau definierte Aufgabe. 2. Kommunikation Der Datenaustausch mit und zwischen Diensten erfordert Kommunikation, basierend auf standardisierten Schnittstellen zur Datenübertragung und zur Beschreibung von Datenobjekten. In diesem vereinfachten Modell steht diese logische Schnittstelle für den Austausch von Nutzdaten zur Erfüllung der vorgesehenen Aufgabe. 3. Konfiguration Die Nutzung der Plattform bzw. von Diensten erfordert die Steuerung der Dienstnutzung wie das Auslesen der Beschreibungen der Plattformen und von einzelnen Diensten. Standardisierte

4. Beschreibung von Diensten und Schnittstellen Dienste können nur genutzt werden, wenn ihr Zweck und ihre Nutzung genau beschrieben sind. Gerade für den universellen Einsatz in verschiedenen Anwendungsbereichen ist eine eindeutige, weithin verständliche Beschreibung notwendig. Für eine weitgehend automatisierte Nutzung von Plattformen werden maschinenlesbare Beschreibungen benötigt. Die Beschreibungen gehen über rein technische Angaben hinaus, beispielsweise gehören auch Service Level Agreements und Nutzungsbedingungen dazu. Die in diesem vereinfachten Modell vorgenommene Trennung von Kommunikation und Konfiguration soll darauf hinweisen, dass für ein erfolgreiches Zusammenwirken von verschiedenen Diensten mehr nötig ist als der reine Datenaustausch. Verschiedene Plattformen – gerade aus unterschiedlichen Anwendungsbereichen – gehen von unterschiedlichen Vorrausetzungen zur Nutzung von Diensten aus. Beispielsweise wird in allen Bereichen verschlüsselte Kommunikation bekannt sein und daher von Diensten angeboten bzw. von einer Anwendung nachgefragt. Allerdings sind unterschiedliche Verschlüsselungsverfahren bzw. -parameter im Gebrauch. Daher muss Verschlüsselung konfiguriert werden, um tatsächlich genutzt werden zu können. In den verschiedenen Bereichen Intelligenter Netze werden einzelne Komponenten aus technischer Sicht auf ganz unterschiedlichen Ebenen gesehen. Daher ist es schwer, alle möglichen Komponenten und Bestandteile Intelligenter Netze in einer Übersicht zusammenzufassen und hierarchisch zu strukturieren. Mithilfe eines diensteorientierten Modells bietet sich eine Sichtweise an, die nicht von der Komplexität eines Dienstes oder dessen Implementierung abhängig ist, sondern Dienste zur beliebigen weiteren Verwendung in den Mittelpunkt stellt. Dieser erste Entwurf des Referenzmodells umfasst vier Ebenen und die Sicherheit als technische Querschnittsaufgabe (siehe folgende Abbildung 2.1.-3):

Entwurf eines Referenzmodells

265


266

2 Plattformen und Querschnittstechnologien Komplexitätsrahmen Intelligenter Netze Die Enabler Intelligenter Netze

2.1 Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

bereichsübergreifend genutzt werden können (wie Verarbeitungslogiken, Speicher, Identifikation, …) und Fachdienste oder fachspezifische Dienste, die anwendungsspezifische Lösungen bereitstellen und nicht – oder nur in speziellen Bereichen – wiederverwendet werden.   Besondere Beachtung verdienen Basisdienste, von deren Funktionieren andere Dienste und mehrere Anwendungen abhängen. Zur Lösung dieses Problems tragen die weitgehende Standardisierung von Schnittstellen und der Wettbewerb zwischen verschiedenen Anbietern bei. • Plattformen Diese Ebene umfasst die Infrastruktur, um Dienste und Anwendungen anbieten zu können. Dazu gehört das Zusammenspiel von Hardware, Middleware und Software. Abbildung 2.1-3: Komplexitätsrahmen Intelligenter Netze aus technischer Sicht auf IKT-Plattform Quelle: Erweiterung der Abbildung „Komplexitätsrahmen Intelligenter Netze“ aus dem AG2-Jahrbuch 2012/2013, S. 39, wobei die Seite „Technologie“ aus Sicht von IKT-Plattformen ersetzt wurde.

• Daten Die Datenebene enthält die Inhalte und Informationen, die für ein Intelligentes Netz relevant und typisch sind. Sie entstehen z. B. über Sensoren und Aktoren, über Konfigurationseingaben, oder auch als Ergebnis von Anwendungen. In diesem Referenzmodell werden sie explizit ausgewiesen, da ihre domänenübergreifende Nutzung zu neuen Anwendungsmöglichkeiten führt und somit einen Mehrwert generiert. Sie stellen einen besonders schützenswerten Teil dar, da nicht nur die Informationssicherheit zu gewährleisten ist, sondern u. U. weitere rechtliche Aspekte, beispielsweise urheberrechtliche Punkte, zu beachten sind.11 • Dienste Die Dienste können in verschiedene Klassen aufgeteilt werden. Hervorgehoben werden hier Basisdienste, die aufgaben- und 11 Anmerkung: Bei diensteorientierten Architekturen findet der Datenzugriff über Dienste statt. Da-

mit sind die Daten gekapselt. Im hier dargestellten Modell werden die Daten explizit dargestellt, da sie insbesondere für Sicherheitsbetrachtungen und den Austausch zwischen verschiedenen Intelligenten Netzen eine wichtige Rolle spielen.

• Kommunikation Kommunikation als Grundlage umfasst das Internet als Backbone der Kommunikation, Zugangsnetze zum Internet (wie feste Anschlüsse, Mobilfunk), private bzw. geschlossene Netzinfrastrukturen (beispielsweise zur Steuerung von Stromnetzen).   Private Netzinfrastrukturen können auf Basis des Internets rea­lisiert oder davon unabhängig sein (z. B. VPN-basiert oder auf eigener physikalischer Infrastruktur).   Das Internet in der jetzigen Form ist eine weit verbreitete Basis­technologie. Sicherheitsprobleme sind gut bekannt. Besondere Beachtung verdienen die Zugangsnetze, die für konkrete Verfügbarkeit von Kommunikation vor Ort entscheidend sind. Daher sollten Plattformen und Nutzer über redundante Netz­ zugänge verfügen. • Sicherheit Der Querschnittsbereich Sicherheit umfasst die Sicherstellung von Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität. Die Darstellung im obigen Modell deutet an, dass die in Kapitel 2.1.3 beschriebenen ganzheitlichen technischen Sicherheitsmodelle zum Einsatz kommen müssen, entsprechend des zugrunde liegenden rechtlich/regulatorischen Rahmens.

267


268

2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.1.5

Sicherheit ist ein entscheidender Faktor.

Standardisierung grundlegend für Erfolg

Zusammenfassung und Fazit

IKT-Plattformen werden beim Aufbau Intelligenter Netze eine entscheidende Rolle spielen. Durch sie wird ein Abgleich von Datenmodellen zwischen verschiedenen Domänen erst möglich. Sicherheit ist dabei nicht nur für die Akzeptanz ein entscheidender Faktor, sondern auch für die Funktionsfähigkeit, Verfügbarkeit und Integrität von Intelligenten Netzen. Dabei reicht es für die umfassende Sicherheit eines Intelligenten Netzes nicht aus, auf rein technischer Ebene Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren. Vielmehr sind neben einem Sicherheitskonzept für IKT-Plattformen des Intelligenten Netzes auch Sicherheitskonzepte für die betrieblichen Prozesse und Abläufe der kritischen Infrastrukturen notwendig. Standardisierung wird bei der Realisierung von Intelligenten Netzen auf technischer Ebene ein grundlegender Erfolgsfaktor sein. Auf Basis offener Standards werden IKT-Plattformen größtmöglich interoperabel mit unterschiedlichen Technologien kommunizieren können und dabei gleichzeitig Vielfalt und Wettbewerb fördern. Proprietäre Insellösungen sollten vermieden werden. Sie sind nicht evolutionär und in der Regel auch nicht modular weiterzuentwickeln. Bei alldem gilt es festzuhalten: Dieser Beitrag gibt den aktuellen Diskussionsstand der Projektgruppe wieder. Über die bisher betrachteten Aspekte hinaus müssen im Weiteren Konzepte erarbeitet werden, wie die dargestellten diensteorientierten Ansätze weiterentwickelt werden können, um die gewünschte domänen-, firmen- und organisationsübergreifende Wertschöpfung zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang müssen insbesondere folgende Punkte eingehend untersucht werden: • Art und Weise einer kooperativen Governance bezüglich Architektur und Betrieb Intelligenter Netze, darunter insbesondere der IKT-Plattformen, • Diensteübergreifende Ausgestaltung von Trust-Beziehungen und Identity-Management-Konzepten, • Konzepte zur Monetarisierung einer Dienste- und Datennutzung in Intelligenten Netzen, insbesondere im Zusammenhang verschachtelter bzw. zusammengesetzter Dienste, also dann, wenn sich Anwendungen auf Dienste Dritter abstützen und entsprechende Verrechnungen von über Intelligente Netze erbrachte

2.1 Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

oder vermittelte Dienstleistungen zwischen Dienste­nutzer und Diensteanbieter erforderlich werden, • Konzepte zur Abbildung und Überwachung von Service Level Agreements auf Diensteebene. Darüber hinaus sind in Abstimmung mit anderen Arbeitsgruppen die sich durch Intelligente Netze ergebenden Anforderungen an den rechtlich/regulatorischen Rahmen auszuarbeiten – nicht nur in Bezug auf Datenschutz/Datensicherheit, sondern auch auf darüber hinausgehende Anforderungen an kritische Infrastrukturen. Dies bedeutet insbesondere die Erarbeitung eines Kriterienkatalogs „Kritische Infrastrukturen“ zur Einordnung von Intelligenten Netzen und deren Bestandteilen als kritische Infrastrukturen sowie die Ableitung der diesbezüglichen Sicherheitsanforderungen für deren Entwicklung/Aufbau, Betrieb und Nutzung. Klar geworden ist der Projektgruppe in der Erarbeitung, dass kritische Infrastrukturen in immer mehr Lebensbereichen eine existenzielle Rolle spielen und deren Verbreitung und Bedeutung rasant zunehmen wird. Zur Sicherung der anerkannten zahlreichen und umfassenden gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Vorteile bedarf es der aktiven Befassung mit den vorgenannten Kriterien rechtlich/regulatorischer Rahmen sowie Datenschutz und -sicherheit – auf politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene.

2.1.6

Politische Handlungsempfehlungen zur Förderung von sicheren IKT-Plattformen für Intelligente Netze

2.1.6.1

Ausgangssituation und Zielsetzung

Alle Lebens-, Wirtschafts-, Verwaltungs- und Politikbereiche sind heute von IKT durchdrungen und haben sich zu einem wichtigen Standortfaktor entwickelt. Sowohl in öffentlichen als auch privaten Netzwerken steigt der Datenverkehr in den kommenden Jahren aufgrund von mobilem IP-Datenverkehr, der zunehmenden Verbreitung internetfähiger Geräte, der Vernetzung physikalischer Objekte

Erarbeitung eines Kriterienkatalogs „Kritische Infrastruk­ turen“ erforderlich

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270

2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

mit dem Internet (Industrie 4.0 und Internet der Dinge) und der das Internet intensiver nutzenden Weltbevölkerungsignifikant.12 Ziel der Arbeitsgruppe 2 des Nationalen IT-Gipfel ist zu beschreiben, wie und in welcher Form „Digitale Infrastrukturen als Enabler für innovative Anwendungen“ dienen können. In der Weiterführung der Empfehlungen für eine Nationale Strategie Intelligente Netze anlässlich des 7. Nationalen IT-Gipfels befasst sich die Projektgruppe mit deren sicheren technologischen Realisierung. Das Dokument referenziert auf die Ergebnisse der Arbeitsgruppe 2 des Nationalen IT-Gipfels 2012 in Essen und gibt Handlungsempfehlungen aus Sicht von Wirtschaft und Wissenschaft für sichere Informations- und Kommunikations-Plattformen (IKT) an die Politik. Ein Intelligentes Netz ist eine Infrastruktur, die den Nutzen einer existierenden Infrastruktur durch den Einsatz von IKT optimiert, wobei Komponenten der bestehenden Infrastruktur mit Komponenten der Informations- und Kommunikationstechnologie verbunden werden. Intelligente Netze sind somit Lösungen, die als verteilte Anwendung eine Regelung oder Koordination unterschiedlicher technischer Geräte und/oder Dienste ermöglichen. Intelligente Netze helfen gesellschaftliche Herausforderungen besser zu lösen und bieten große volkswirtschaftliche Chancen. Realisiert werden Intelligente Netze durch den Einsatz von IKTPlattformen, d. h. eine Menge von Komponenten der IKT, die • Dienste zur Verfügung stellt, • die von mindestens zwei Anwendungen genutzt werden können, • ohne dass diese notwendigerweise die Elemente der Plattform kennen müssen. Die zügige Einführung und Nutzung von intelligenten Netzinfrastrukturen und IKT-Plattformen erfordern ein Handeln insbesondere in Bezug auf Sicherheit und Akzeptanz. Zwingende Voraussetzung zur Realisierung Intelligenter Netze ist ein flächendeckender Ausbau von Netzinfrastrukturen, um

12 The Global Information Technology Report 2013 / http://www3.weforum.org/docs/WEF_GITR_

Report_2013.pdf. An dem nach Datenvolumen derzeit weltweit größten Internetknoten DE-CIX zeigt sich eine Verdreifachung des Internetverkehrs über einen Zeitraum von drei Jahren. URL: http://www.de-cix.net/about/statistics/ (02.12.2013)

2.1 Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

IKT-Plattformen für Intelligente Netze zu betreiben, zu nutzen und einen sinnvollen Austausch von Informationen zu gewährleisten. Hieraus ergibt sich die weitere Förderung und Beschleunigung des Breitbandausbaus. Die Entwicklung von IKT-Infrastrukturen sollte mindestens einen vergleichbaren Stellenwert wie beispielsweise der Ausbau konventioneller Verkehrsinfrastrukturen erhalten

2.1.6.2

Handlungsempfehlungen

Angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung Intelligenter Netze sind die nachstehend zusammengestellten Handlungsempfehlungen breit angelegt und gehen über die rein technische Betrachtung hinaus. Dabei gilt, dass Sicherheit in Form von Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Datenschutz stets integraler Bestandteil von IKT-Plattformen sein muss 1. Datenpolitik und rechtliche Rahmenbedingungen innovativ gestalten Die Verknüpfung und Nutzung von Daten mit unterschiedlichern Schutzniveaus von einem Intelligenten Netzes in ein anderes, bereichs- und branchenübergreifend kann für die Gesellschaft von hohem Mehrwert sein. Um die Möglichkeiten dieser Verknüpfungen in neuen Formen von Pilotprojekten auszuloten, sollte ein entsprechender rechtlicher Rahmen geschaffen werden. Darüber hinaus sollte die zum Betrieb Intelligenter Netze notwendige Informationstechnik sowenig wie möglich reguliert werden. Grundsätzlich gilt es darauf zu achten, möglichst viel Innovation in Intelligenten Netzen zuzulassen. 2. IKT-Plattformen durch finanzielle Anreizsysteme für Anwender schneller etablieren Die Marktdurchdringung und flächendeckende Nutzung intelligenter und sicherer IKT-Plattformen ließe sich durch finanzielle Anreize für den Anwender schneller durchsetzen. Als Orientierung dafür kämen entsprechende Beispiele, etwa aus dem Energie-, Verkehrs-, Gesundheits- und Telekommunikationsbereich in Frage.

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272

2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

3. Internationale Standardisierungsbemühungen intensiver begleiten Deutschland sollte sich stärker in Standardisierungsbemühungen auf europäischer Ebene sowie international einbringen und hierfür den entsprechenden Dialog in Deutschland vorantreiben 4. Einsatz offener Standards unterstützen Aufgrund der schnellen technologischen Entwicklung ergibt sich beim Aufbau von langlebigen, sich technisch und wirtschaftlich evolutionär entwickelnden Infrastrukturen, die Anforderung nach Vermeidung proprietärer Gestaltung von Technologien. Der Einsatz offener Standards sollte unterstützt werden, da damit eine größtmögliche Interoperabilität zwischen verschiedenen Komponenten ermöglicht wird. 5. Sicherheitsmodelle und Datenschutz in Intelligenten Netzen besser erforschen Es besteht Forschungsbedarf zu Fragen der Sicherheit und des Datenschutzes in Intelligenten Netzen. Dabei sollten insbesondere Qualitätsanforderungen für Entwicklung und Betrieb von IKT-Plattformen in Intelligenten Netzen, in Abhängigkeit von der Kritikalität des jeweiligen Intelligenten Netzes untersucht werden. Die Bundesregierung sollte dies gezielt fördern. 6. Vertrauensvolle Kooperation zwischen Politik und Wirtschaft stärken Die vertrauensvolle Kooperation zwischen Politik und Wirtschaft auf allen Ebenen bei kritischen Informationsinfrastrukturen ist zu intensivieren. Dies hält die Sicherheit in Form von Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Datenschutz in Deutschland auch weiterhin auf hohem Niveau. .

273


274

2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.1

Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze............................................ 251

2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.2.1 2.2.3 2.2.3.1 2.2.3.2 2.2.3.3 2.2.3.4 2.2.3.5 2.2.3.6 2.2.3.7 2.2.3.8 2.2.4 2.2.4.1 2.2.4.2 2.2.4.3 2.2.4.4 2.2.4.5 2.2.4.6 2.2.4.7 2.2.4.8 2.2.4.9 2.2.5 2.2.5.1 2.2.5.2 2.2.5.3 2.2.5.4 2.2.5.5

M2M Initiative Deutschland............................................................... 275 Einleitung.................................................................................................. 275 M2M-Geschäftsmodelle unter Betrachtung der Schichtung im M2M-Eco-System (Market Layer Model)............................................... 277 Fernüberwachung und nutzungsbasierte Abrechnung als Beispiele für die Erschließung neuer Möglichkeiten für Geschäftsprozesse................ 279 Realisierungen........................................................................................... 284 Architekturmodelle, typische Funktionen und deren Rollen........................ 284 Geräteebene............................................................................................. 284 Netzebene................................................................................................ 286 Anwendungsstruktur................................................................................. 288 Datenverarbeitung..................................................................................... 290 Protokollstruktur....................................................................................... 292 Vertrauen und Sicherheit........................................................................... 294 Zusammenfassung: Current Best Practices................................................ 297 M2M-Fallbeispiele..................................................................................... 298 Fernzugriff und Fernsteuerung für Blockheizkraftwerke (BHKWs)............... 298 Wasserwirtschaft...................................................................................... 299 Energiewirtschaft...................................................................................... 300 Real Time Cargo Monitoring End-to-End Solution....................................... 301 Interaktion mit Maschinen, M2M als soziale Kommunikation...................... 302 Telemetrie gewerblicher Kaffeemaschinen................................................. 304 Frühwarnsystem........................................................................................ 305 Call a Bike................................................................................................. 306 Smart Vending mit Internet-Bezahldiensten............................................... 307 Handlungsempfehlungen........................................................................... 308 Monitoringsystem für die M2M-Cybersicherheit (M2M-CERT).................... 308 Durchgängig verfügbare Mobilfunknetze für M2M-Anwendungen............... 310 Verstärkte Nutzung von M2M-Experimentier-Kits an Schulen und Hochschulen mit Industrieunterstützung........................... 310 Förderung von M2M-Lösungen für den Mittelstand.................................... 311 Förderung der Ausbildung für verteilte eingebettete Systeme..................... 312

2.3

Gastbeitrag: Empfehlungen des IPv6 Rates zur Förderung der Einführung von IPv6...................................................... 315

275

2.2 M2M Initiative Deutschland

2.2.1 Einleitung Durch die immens gestiegenen technischen Möglichkeiten und die zunehmend flächendeckende Bereitstellung von Kommunikationsnetzen hat sich in den letzten Jahren der Bereich der Machine-toMachine-Kommunikation (M2M) zu einem wichtigen Zukunftsfeld entwickelt. Die Bereitstellung heterogener Kommunikationsmöglichkeiten und vielfältiger Geräteeinbindungen bietet nicht nur Einsparungspotenzial in bestehenden Prozessen, sondern eröffnet gänzlich neue Geschäftsfelder, deren Wertschöpfung auf neuen Anwendungen beruht. Dieser Markt ist nach heutigen Schätzungen gekennzeichnet durch einen etwa 80 % igen Preisverfall bei eingebetteten Sys­temen über den Zeitraum der letzten fünf Jahre. Diese eingebetteten Systeme stellen oft die Schnittstellen zwischen Geräten, Sensoren, Dingen oder auch Personen und Firmennetzwerken oder auch dem Internet dar, wie es bereits in der Vision des Internets der Dinge aufgezeigt wurde. Die Economist Intelligence Unit (EIU) [1] erwartet auch nicht zuletzt dadurch den Anschluss von 12 bis 15 Milliarden zusätzlichen Geräten an das Internet bis 2020, ohne die Anrechnung von Mobilfunktelefonen und Smartphones. Auch Gartner [1]

M2M-Kommunikation eröffnet neue Geschäftsfelder

Bis 2020 Anschluss von 12 bis 15 Mrd. neuen Geräten an das Internet


2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

enorme Breite an Einsatzmöglichkeiten

prognostiziert eine 40–50 %ige Wachstumsrate für den M2MMarkt bis 2020. Derzeit ist dieser Markt noch stark fragmentiert und eine Vielzahl von speziellen Applikationen wird für verschiedenste vertikale industrielle Anwendungen einzeln entwickelt – wie beispielsweise in Transport, Logistik, Automobilindustrie oder auch Gesundheitswesen. Die Hauptbestandteile dieser Lösungen weisen jedoch starke Gemeinsamkeiten auf, die es herauszulösen und als industrieübergreifende Anwendungskomponenten universal bereitzustellen gilt. Erst dann kann in diesem Bereich die volle Marktbreite erschlossen werden, ohne bei jedem Einzelprojekt wiederholt hohe Anlaufinvestitionen aufbringen zu müssen. Dieses Dokument zeigt die verschiedenen Geschäftsmodelle auf, die mit der Anwendung von M2M-Technologien einhergehen. Es beleuchtet Herausforderungen und Risiken und wendet sich dann einer ganzen Reihe von bereits jetzt etablierten Fallstudien zu. Diese sind in den verschiedensten Wirtschaftszweigen der heutigen Industrielandschaft in Deutschland angesiedelt. Die aufgeführten Anwendungen reichen von vernetzten Heizkraftwerken bis zur Kaffeemaschine und zeigen bereits heute die enorme Breite der Einsatzmöglichkeiten. Das Dokument schließt mit konkreten Handlungsempfehlungen für den Standort Deutschland auf technischer, gesellschaftlicher und rechtlich-regulatorischer Ebene.

2.2.2 M2M-Geschäftsmodelle unter Betrachtung der Schichtung im M2M-Eco-System (Market Layer Model) Das M2M-Eco-System setzt sich aus mehreren Schichten zusammen, die durch bereits existierende Marktteilnehmer (Netzbetreiber), aber auch neue Player (M2M Service Enabler) besetzt werden (siehe Abbildung 2.2-1). Die Steuerung und Datenerfassung der Maschinen erfolgt über Devices der Sensor & Chipset Supplier (Anbieter), die entweder das M2M-Access-Modul direkt integriert haben oder über ein lokales Gateway (z. B. DSL oder Mobile Router) der klassischen Telco Device Supplier (Anbieter) aggregiert werden. Das Gateway stellt dann den Access zur Verfügung und führt eventuell Anwendungen (lokale Intelligenz) zur Vorverarbeitung der Daten oder Autonomie der Anwendungen aus (Smart Device). Der M2M Connectivity Service Provider (Carrier) stellt die Anbindung über ein Mobilfunk- oder Festnetz zur Verfügung. Bei heutigen vertikal integrierten Lösungen erfolgt die Verarbeitung der Daten sowie die Verwaltung der Devices über proprietäre Plattformen, die von segmentspezifischen M2M-Diensteanbietern bereitgestellt werden. Hier steht eine tiefe und sehr spezifische Integration im Vordergrund.

heute: vertikale Lösungen mit proprietären Plattformen

Layer

Technology

Role

Player

Internet of Things

Cloud

- Overlapping Business Processes / Mashups

OTT Service Provider

Business Process

Business Logic

-

Business Rules Data Semantic & Analytics Application Development & Management Device Management

Application Service Provider

Operation

M2M Platform

-

Data Reporting, APIs Data Collection & Monitoring Gatewayy Management g Security

M2M Service Enabler

WAN

Mobile- / Fixed Network

- Provisioning, Charging - SIM Card Management - Connectivity, QoS

LAN

Gateway

Machine

Device

„Smart Device“

Abbildung 2.2-1: M2M-Eco-System Quelle: in Anlehnung an urbato, 2013

- Access - App Execution & Data Pre-processing - Device Aggregation - Functions - Data Source & Target

M2M Connectivity Service Provider Telco Device Supplier Sensor- & Sensor Chipset Supplier

Solu ution Integra ator

Wachstumsrate für M2M-Markt: 40-50 % bis 2020

2.2 M2M Initiative Deutschland

Inttra-Net of Thin ngs

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.2 M2M Initiative Deutschland

Die enorme Anzahl der zukünftigen vernetzten Devices und vielfältigen Anwendungen verlangt jedoch nach horizontal integrierten Lösungen, die generische Funktionalitäten effizient übernehmen, Standard-Schnittstellen nutzen und Anwendungen managen. Der M2M Service Enabler übernimmt diese Aufgaben, d. h. den Betrieb der Gateways und Devices, das Management der Nutz­ daten sowie die Verwaltung der Anwendungen. Der Application Service Provider nutzt diese Daten und den Fernzugriff auf die Maschinen für die Optimierung bestehender Geschäftsprozesse und die Einführung von neuen Geschäftsmodellen. Der Solution Integrator integriert die Lösung über die einzelnen Schichten. Hier ist Ende-zu-Ende-Know-how gefragt, angefangen vom Anwendungsfall bis hin zur Sensor-Technik. Diese Anwendungen sind jedoch oft in sich geschlossen und verdienen daher eher den Namen „Intranet of Things“. In der obersten Schicht werden Daten marktsegmentübergreifend von Over-The-Top-Service-Providern genutzt, um damit neue MashupDienste und Geschäftsmodelle, wie z. B. intermodale MobilitätsDienstleistungen anzubieten. Hier sind wir im Internet of Things angekommen. Bei dem oben genannten M2M-Eco-System ist noch zu erwähnen, dass nicht alle Schichten für eine Anwendung besetzt sein müssen, sondern dass es sich um eine Modularität handelt, welche von Fall zu Fall unterschiedliche Marktteilnehmer beinhaltet. So ist oft das Gateway in Industrielösungen vorhanden, aber nicht in Consumer-Lösungen, wo ein M2M-Device oft direkt an eine CloudLösung angebunden wird.

horizontal integrierte Lösungen erforderlich

Intranet of Things

Carrier Business Model

Service Provider Business Model

User Service Provider

Carrier

€ €

Devices

Abbildung 2.2-2: M2M-Service-Provider-Geschäftsmodelle Quelle: urbato, 2013

User Business Model

Grundsätzlich lassen sich M2M-Geschäftsmodelle aus verschiedenen Perspektiven betrachten, der Perspektive der M2M Service Provider und der der Anwender. Beispielhafte AnwenderGeschäftsmodell-Konzepte werden im folgenden Kapitel beschrieben und anhand der Fallbeispiele in Kapitel 2.2.4 verdeutlicht. Die M2M-Service-Provider-Geschäftsmodelle können in folgende drei Modelle gegliedert werden (siehe Abbildung 2.2-2). Beim Carrier Business Model bieten die Netzbetreiber über die reine Konnektivität zusammen mit Lösungsanbietern am Markt M2MAnwendungen an. Unternehmen mit einer sehr großen Anzahl von eigenen Maschinen oder Sensoren und Aktoren sehen diese Rolle als ureigen an und bauen und betreiben ihre Plattformen daher selbst (User Business Model). Neue, meist segmentspezifische Dienste-Anbieter (M2M Service Enabler und Application Service Provider) bieten netzbetreiberunabhängig das Management der Devices, Datendienste und Anwendungen an (Service Provider Business Model). Diese sind durch die Spezialisierung auf Segmente meist vom Gateway bis hin zur Plattform vorintegriert. Ebenso entstehen am Markt M2M Service Provider, die eine generische Plattform für alle M2M-Segmente anbieten. Hier steht die einfache Integration der Devices und schnelle Implementierung von simplen Anwendungsfällen im Vordergrund.

beispielhafte AnwenderGeschäftsmodellKonzepte

2.2.2.1 Fernüberwachung und nutzungsbasierte Abrechnung als Beispiele für die Erschließung neuer Möglichkeiten für Geschäftsprozesse Wie in Abbildung 2.2-3 dargestellt, überspannt der Grad der Ausprägung von M2M-Anwendungen einen weiten Rahmen, der von einem reinen Erfassen und Auswerten von Betriebsgrößen über die gezielte Einflussnahme auf Prozesse sowie die Auslösung und Para­metrisierung betriebswirtschaftlicher Prozesse bis zur Erschließung neuer, attraktiver Anwender-Geschäftsmodelle reicht. Attraktive und sowohl aus technischer als auch betriebswirtschaftlicher Sicht anspruchsvolle M2M-Fallbeispiele gibt es im nachfolgend beschriebenen Bereich des Remote Monitoring sowie der nutzungsbasierten Abrechnung. Bei den Beispielen werden mit

Beispiele für die Erschließung neuer Möglichkeiten für Geschäftsprozesse Remote Monitoring und nutzungsbasierte Abrechnung

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.2 M2M Initiative Deutschland

Wertzuwachs mittels neuer Einnahmequellen

M2M Value Proposition

Ausprägung

Aktuelle M2M Marktsituation

New Business

Integrated Managed Reporting Offline 

Traditionelle Prozesse

Keine Anlageninformationen

Hohe Servicekosten

Ungenaue Prozesse

Level 0

Traditionelle Prozesse

Vollständige Informationen

Traditionelle Prozesse

Fragmentierte Informationen

Echtzeitauswertung mittels Sensoren

Vorausschauende Analysen

Traditionelle Prozesse

Fragmentierte Informationen

Echtzeitauswertung mittels Sensoren

Anlagen verbunden

Echtzeitauswertung mittels Sensoren

Betriebsbereite Geräte & Anlagen

Einfache Analysen & Einblick in Anlagen

Prozesszunahme durch mobile Anwendungen

Schnellerer Einblick und Benachrichtigung aber herkömmlicher Reaktionsmodus

Level 1

Actionable

Neue Geschäftsprozesse

Effiziente Prozesse

Unternehmensanbindung

Neue Geschäftsmodelle

Automatische Prozessausführung

Beispiele 

Automatische Verteilung

Dienstautomatisierung

Länderspezifische Eingrenzung

Wertsteigerung durch Senkung der Betriebskosten

Level 2

Level 3

Beispiele 

Bezahlung nach Verbrauch

Nachfragebedingte Preisgestaltung

Überwachung der Compliance

Reifegrad Level 4

Level 5

Abbildung 2.2-3: Grad der Ausprägung von M2M-Anwendungen - M2M Maturity Model Quelle: SAP, 2013

Sensoren ausgestattete technische Geräte oder Anlagen über eine M2M-Konnektivitätslösung zur Datenspeicherung und -auswertung angebunden. Dies erlaubt 1. die Überwachung des korrekten Betriebsverhaltens und die Erkennung von Abweichungen, auf die geeignet reagiert werden kann, 2. die kontinuierliche Auswertung von Prozessparametern und eine nachgelagerte Analyse, durch die Prozesse besser verstanden und möglicherweise in diesen vorhandene Reserven erkannt werden können, 3. eine auf in Echtzeit vorliegende Prozessdaten abgestützte Entscheidungsfindung zur fallbezogenen oder auch prediktiven Wartung, 4. die Sicherstellung der Einhaltung von Vorgaben zur Betriebs­ sicherheit und zum Umweltschutz, 5. einen energie- und ressourcenschonenden Betrieb sowie 6. ein Qualitäts- und Compliance-Management.

Ein solches Remote-Monitoring ist oft Teil einer umfassenden Remote-Service-Management-Lösung. Die nachfolgende Auflistung zeigt, dass sowohl hinsichtlich der beteiligten Beitragenden als auch der Deployment-Szenarien ein breiter Raum überspannt wird. So kann unterschieden werden bezüglich: • beteiligter Partner –– Lösungen im Rahmen eines einzelnen Partners, der sowohl für den zu überwachenden Prozess als auch für dessen Überwachung und die Auslösung nachgelagerter Aktivitäten verantwortlich ist, –– Lösungen mit einem Dienstleister, der für den Prozessbetreiber die M2M-Anbindung und (Teile der) Auswertung übernimmt, –– Lösungen mit mehr als zwei beteiligten Partnern wie z. B. dem Betreiber des Prozesses, dem Anbieter der dazu primär eingesetzten Komponenten (z. B. ein Anbieter von technischem Equipment) und einem zusätzlichen Partner, der die M2MAnbindung, Analysen und die nachgelagerte Auslösung von Prozessen (wie z. B. Bestellungen oder Rech­nungsl­egungen) übernimmt. Bei den beiden zuvor benannten Szenarien verschmelzen Anteile bei dem einen oder den beiden beteiligten Partnern. • Deployment-Szenarien –– On-Premise-Szenarien, –– Cloud-basierte On-Demand-Szenarien, –– Hybrid-Szenarien mit einer Kombination von On-Premise und Cloud-basierten On-Demand-Anteilen. Abbildung 2.2-4 zeigt, dass über den gesamten Lebenszyklus (von der Entwicklung über die Inbetriebnahme bis zum kontinuierlichen Betrieb) von Lösungen überspannende Interaktionen zwischen unterschiedlichen Beteiligten möglich sind. Diese sind in ihrem Wesen auch charakteristisch für den aktuell mit großem Interesse betrachteten Ansatz der Industrie 4.0. Technische Lösungen mit ihren Komponenten und Möglichkeiten müssen diesen heterogenen möglichen Einsatzszenarien geeignet Rechnung tragen. Dabei ergibt sich speziell ein großes Potenzial für Plattform-Lösungen, die unter Nutzung wiederverwendbarer Teile vielseitig ausgeprägt und angepasst werden und dabei ein attrak­tives Preis-Leistungs-Verhältnis sicherstellen können.

Remote-Monitoring ist oft Teil einer umfassenden RemoteService-ManagementLösung

Technische Lösungen müssen heterogenen Einsatzszenarien Rechnung tragen

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze Innovation

Design

Zusammenarbeit beim Design

Eingebundener Kunde

Kunde als Designer

DesignLieferant

2.2 M2M Initiative Deutschland

Planung

Fertigung

Vertrieb (Fertigung und Service)

Leistungsüberwachung Zusammenarbeit mit Lieferanten

Fertigungslieferant (Design und Fertigung)

Hersteller

Transparenz im Werk

Vorausschauende Wartung

Integrierte Compliance Verteilte Fertigung Lokale Fabrik/ lokales Werk

Abbildung 2.2-4: Lebenszyklus technischer M2M Lösungen Quelle: iin Anlehnung an SAP, 2013

Abbildung 2.2-5: Übersichtsbild nutzungsbasierte Abrechnung Quelle: SAP, 2013

Externer Dienstleistungsanbieter (Services)

Service

Kunde

Kundenorientierter Service

Kunde als Hersteller

Eine spezielle Ausprägung der so beschriebenen Szenarien stellt die nutzungsbasierte Abrechnung dar. Bei dieser werden Betriebsparameter erfasst und ausgewertet, um auf dieser Basis statt einer „flachen“ Abrechnung nutzungs- und verbrauchs- oder verschleißbasierte Abrechnungsmodelle umzusetzen (siehe Abbildung 2.2-5). Eine zeitnahe und gegebenenfalls mit weiteren Informationen (z. B. aktuelles Energie-Angebot und Preis) verknüpfte Auswertung und Prozesssteuerung erlaubt es, dem Betreiber der Prozesse Kosten zu sparen und z. B. in vielen Fällen auch Umwelt- oder Emis­ sions-Auflagen besser gerecht zu werden. Nicht zuletzt sind auch Umsetzungen denkbar und werden aktuell mit Partnern betrachtet und realisiert, bei denen eine Aufteilung der initial oder auch kontinuierlich für die Lösung entstehenden Kosten, aber auch der Einsparungen und Gewinne zwischen den beteiligten Partnern erfolgt. Dies hat einen unmittelbaren Bezug zu den im Dokument bereits betrachteten Geschäftsmodellen.

nutzungsbasierte Abrechnung

Auswertung und Prozesssteuerung

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.2.3 Realisierungen

2.2 M2M Initiative Deutschland

M2M Reference Architecture: Components View Geräteebene

Kommunikation M2M Identity & Access Management

2.2.3.1 Architekturmodelle, typische Funktionen und deren Rollen

Architekturmodelle und Rollen

Um den im vorherigen Kapitel geschilderten Herausforderungen gerecht zu werden, ist ein Gesamtsystem in Teilfunktionen und Komponenten zu unterteilen, die in Beziehungen zueinander stehen. Diese Unterteilungen und Beziehungen werden insgesamt als Architektur bezeichnet; typische Architekturen werden zu Architekturmodellen zusammengefasst, die Gemeinsamkeiten aufweisen, sich aber in Details unterscheiden können. Wesentliche Gemeinsamkeiten bestehen häufig in typischen Rollen, die von Komponenten der Architektur wahrgenommen werden müssen und die in allen Ausprägungen eines Architekturmodells wiedererkennbar vorkommen. Ziel dieses Abschnitts ist es, solche Architekturmodelle und Rollen in knapper Zusammenfassung darzustellen und Hinweise auf aktuelle Trends und Entwicklungen zu liefern. Hierzu werden wir M2M-Systeme unter folgenden Gesichtspunkten betrachten: die Ebene des einzelnen Gerätes, die Ebene der Vernetzungstechnik an sich, die Ebene der Anwendungsstruktur, eng damit verbunden die Ebene der Kommunikation und der zugehörigen Protokolle einerseits, die Ebene der Datenverarbeitung andererseits, und letztlich die Sicherheitsebene. Die einzelnen Ebenen sowie deren Komponenten und Beziehungen sind in Abbildung 2.2-6 dargestellt.

2.2.3.2 Geräteebene

drei aktuelle Entwicklungen

mehrere Geräte mit separater IP-Adresse in einer Maschine

Die Möglichkeit, einzelne Geräte in ein M2M-System einzubinden, wurde bereits im letztjährigen Bericht aufgezeigt. Derzeit sind drei aktuelle Entwicklungen interessant: • Bisher wurde häufig der Ansatz verfolgt, eine Maschine durch ein einzelnes Gerät (Bord-Rechner, Telemetrie-Modul) in ein M2MSystem einzubinden und von diesem Gerät aus diese Maschine zu steuern. In letzter Zeit ist vermehrt zu beobachten, dass eine einzelne Maschine mehrere Geräte aufweist, die jeweils

Datenverarbeitung

Smart Sensor Application Framework

M2M Communication Gateway

IoT Comm. Agent

Sensor

Gateway

Application Framework

Local Event Processing

IoT Comm. Agent

Application Framework

Datacenter Management

Server Management & Monitoring

Device Access Management

Big Data

Business Intelligence

Device Identity Management

Data Aggregator

Advanced Analysis & Data Science Tools

Key Value Data Store

Database Data Routing & Analysis

RDBMS

Complex Event Processing

Enterprise Integration

Distributed Data Grid

Senso/Chipset/ Telco Device Supplier

Alerts, Dashboards & Reports

NoSQL DB

Applications Provisioning & Management

Protocols Mediation: CoAP, MQTT, JSON, FTP, …

IoT Comm. Agent & Mgmt Proxy

Sensor Network

Big Data Store

M2M Management Device Registration & Management

Web Services Security & Management

Data & Knowledge Discovery Tools

Wide Area Network

M2M Connectivity Service Provider

Intranet Firewall

Complex applications integration & SOA

Application Firewall

M2M Service Enabler

Application Service Provider

Abbildung 2.2-6: Übersicht der Komponenten und Beziehungen einer M2M-Referenz-Architektur

Im linken Teil sind die M2M-Devices bzw. M2M-Geräte (Sensoren, Aktuatoren, Sensor- und FeldbusGateways usw.) und das M2M-Gateway zu finden. Rechts davon ist die Cloud-Umgebung – also der Backend-Server – dargestellt. Das M2M-Gateway ist per Internet mit dem Backend-Server gekoppelt. Quelle: in Anlehnung an ORACLE, 2013

separaten Zwecken dienen und die Maschine unter unterschied­ lichen Aspekten in der IT-Welt repräsentieren und eventuell mehrere IP-Adressen benutzen. Dies hat Konsequenzen sowohl für die Datenverarbeitung innerhalb der Maschine als auch für die M2M-Infrastruktur als Ganzes, die ggf. die Zusammengehörigkeit dieser M2M-Geräte repräsentieren muss.

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

Bewegung der Maker Faires

M2M-Fähigkeit ab Werk

• Aus der Do-It-Yourself-Gemeinde hat sich die Bewegung der Maker Faires entwickelt, die ein erstaunliches Kreativitätspotenzial freigesetzt hat. Der M2M-Aspekt solcher Systeme wurde durch die einfache Verfügbarkeit von einbettbaren, gut programmierbaren, günstigen Systemen wie Arduino oder Raspberry Pi befeuert. Es bleibt hier zu beobachten, wie und ob sich diese Initiativen verselbstständigen und sich ggf. hieraus De-factoStandards entwickeln oder ob sich allgemein anerkannte Standards (beispielsweise durch die IETF) durchsetzen werden. Solche De-facto-Standards können schnell in die Hochschulausbildung eindringen und damit die Fachkräfte der Zukunft beeinflussen. Dies kann unmittelbare Auswirkungen auf Innova­ tionsprozesse in wesentlichen Wirtschaftsbereichen haben. • Bisher wurde die M2M-Fähigkeit einer Maschine in vielen Fällen nachträglich durch Einbau von M2M-Geräten nachgerüstet. In letzter Zeit gibt es immer mehr Maschinen, die schon vom Maschinenhersteller mit M2M-Fähigkeiten ausgestattet werden. Dabei wird das in der Maschine vorhandene eingebettete IT-System um die Möglichkeit erweitert, mit dem Internet zu kommunizieren. Beispiele sind moderne Verkaufsautomaten oder Autos. Dies führt zu einer Änderung der Wertschöpfungskette und der Art, wie M2M-Datenverarbeitungssysteme benutzt werden.

2.2.3.3 Netzebene 2.2.3.3.1 LAN: Lokale Netze Die lokale Vernetzung von Geräten bezeichnet unterschiedliche Systemrealisierungen und unterschiedliche Technologie. Innerhalb einer Fabrik, in der Automatisierung werden hierfür bewährte Feldbus-Systeme eingesetzt. Bei drahtloser Übertragung über kurze Reichweiten spricht man von drahtlosen Sensor-/Aktuatornetzen. Je nach konkreter Technologie stellen sich hier unterschiedliche Integrationsaufgaben – in vorhandene Standards wie in neu zu entwickelnde Systeme – für M2M-Systeme; die Alternative einer separaten Vernetzung kann strukturell einfacher, aber finanziell aufwendiger sein.

2.2 M2M Initiative Deutschland

Derzeit sind die wesentlichen Herausforderungen auf diesem Gebiet eben diese Integration wie auch die Sicherheit, Planbarkeit und Durchgängigkeit einer solchen Netzinfrastruktur. Es gibt hierfür derzeit lediglich Einzellösungen; ein durchgängiges Konzept, obwohl sehr wünschenswert, liegt nicht vor – hier besteht Handlungsbedarf.

Derzeit lediglich Einzellösungen – hier besteht Handlungsbedarf

2.2.3.3.2 WAN: Internet Solange ein M2M-Gerät nur in einem lokalen Kontext kommunizieren soll, wird eine Weitverkehrsverbindung nicht benötigt. Andernfalls kann eine solche Verbindung bereits über eine lokale Vernetzung vorliegen (beispielsweise bei Integration in eine Feldbus-Struktur mit geeigneten Gateways). Falls dies nicht der Fall ist, wird es notwendig, dass ein M2M-Gerät direkt mit dem Internet kommunizieren kann. Dies ist beispielsweise erforderlich, wenn die vom Gerät erfassten Daten in einer Cloud verarbeitet werden sollen. In einfachen Fällen mag hier ein üblicher Internet-Zugang ausreichend sein – hierfür sind dann Standards zur Provisionierung und Konfiguration solcher Geräte zu schaffen und geeignete Konven­ tionen und Best Practices für Sicherheit und Zugang (Authentisierung, Autorisierung) sind dringend wünschenswert. In komplexeren Fällen mag dies nicht hinreichend sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das M2M-Gerät Teil einer kritischen Infrastruktur ist (siehe die Beispiele im Kapitel 2.2.4 zu Verkehr/Telematik oder Wasserversorgung). Ggf. wird hier eine bessere Dienstgüte – insbesondere höhere Verlässlichkeit, ggf. auch niedrigere Verzögerungen – erforderlich, als dies durch das übliche Internet geboten werden kann. Denkbare Ansätze wären die Schaffung von „Overlays“ über das existierende Internet, die mit entsprechenden Eigenschaften ausgestattet sind und deren Zugang kontrolliert werden kann – hier der Zugang für entsprechende M2M-Systeme. Allerdings ist das Schaffen solcher Overlays mit Dienstgütegarantien derzeit noch ebenso Forschungsgegenstand wie die dafür notwendigen Schnittstellen zur Einrichtung oder zum Beitritt zu einem solchen Overlay. Weiterhin ist zu klären, wie dies mit den Fragestellungen zur Netzneutralität interagiert. Hier besteht offenbar Handlungsbedarf, wenn M2M – über eine „Best effort“-Lösung hinausgehend – Bestandteil von verlässlichen, kritischen Infrastrukturen werden soll.

Direkt mit dem Internet kommunizieren

Handlungsbedarf beim Thema M2M als Bestandteil kritischer Infrastrukturen

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2.2.3.3.3 WAN: Mobilfunknetze

Verfügbare Banbrei­ te wird zwischen teilnehmenden End­ geräten geteilt

Soll ein M2M-Gerät über ein Mobilfunknetz mit dem Internet kommunizieren, so gilt oben Gesagtes ebenfalls, allerdings in verschärfter Form, da die verfügbare Bandbreite zwischen vielen teilnehmenden Endgeräten geteilt werden muss. Viele Details dieses Szenarios wurden bereits im Dokument des Vorjahres diskutiert (Anforderungen an SIM-Karten, Tarifmodelle, die für Datenverkehr geeignet sind, auf M2M spezialisierte MVNOs, …) und gelten im Wesentlichen unverändert fort. Auch im Kontext der Mobil­funknetze stellen sich die oben für allgemeine Weitverkehrsnetze genannten Herausforderungen weiterhin.

2.2.3.4 Anwendungsstruktur Unabhängig von der Art der eingesetzten Geräte und der benutzten Netzstruktur ist die Frage der Anwendungsstruktur zu betrachten. Dies betrifft zunächst die Softwarearchitektur allgemein. In den folgenden Abschnitten werden (a) die Strukturierung der Kommunikationsbeziehung der verteilten Komponenten eines M2M-Systems, (b) die eingesetzten Protokolle, (c) die Strukturierung der Datenverarbeitung und (d) Sicherheitsaspekte im Detail betrachtet. 2.2.3.4.1 Vertikale vs. horizontale Struktur

Partitionierung und Wiederverwendbarkeit

vertikale Silos

Alternative: horizontale Struktur

Eine grundsätzliche Überlegung bei der Anwendungsstruktur betrifft die Partitionierung in Teilfunktionen und die Wiederverwendbarkeit. Eine mögliche Struktur ist dabei die sogenannte vertikale Partitionierung: Einzelne Teilmärkte, ggf. auch nur einzelne Anbieter, schaffen sich eigene technische Lösungen, die von und nach außen abgeschottet sind. Man spricht hier dementsprechend auch von vertikalen Silos. Solche Lösungen versprechen zwar kurzfristige Vorteile (beispielsweise bessere Kontrolle über eine Gesamtlösung); langfristig ist allerdings fraglich, ob hier nicht sowohl technische Möglichkeiten übersehen als auch Geschäftsmodelle verhindert werden. Die technische Alternative ist eine horizontale Struktur, bei der technische Teilfunktionen über Branchen und Anwendungen

2.2 M2M Initiative Deutschland

hinweg zur Verfügung gestellt werden und dann von unterschiedlichen Anwendungen wiederverwendet werden können. Das Internet ist dabei das typische Beispiel für eine horizontale Infrastruktur: es ist transparent gegenüber der jeweiligen Anwendung. Durch die geschickte Wahl des bereitgestellten Dienstes ist das Internet für eine große Menge unterschiedlicher Anwendungen und Geschäftsmodelle zur wesentlichen Infrastruktur (und zum „Enabler“) geworden. In solchen horizontalen Modellen ist die Wiederverwendung von Daten wie Funktionen erheblich vereinfacht und schafft Folge­ Innovationen. Zusätzlich entsteht dadurch die Möglichkeit der einfachen logischen Vernetzung und weiteren Wertschöpfung – erste Modelle hierzu entstehen derzeit („M2M Mashups“ und das dazugehörige sogenannte „Plumbing“, siehe z. B. IFTTT und SmartThings Channel, https://ifttt.com/smartthings). Eine entsprechende Entwicklung gibt es in vertikalen Silos nicht. Für M2M-Systeme beginnt sich diese horizontale Referenzarchitektur (als Pendant zum Internet) nur langsam herauszubilden. Hier besteht weiterer Handlungsbedarf.

Wiederverwendung von Daten und Funktionen erheblich vereinfacht

Handlungsbedarf bezüglich horizontaler Referenzarchitektur

2.2.3.4.2 Struktur der unterstützenden Anwendungen M2M-Geräte kommunizieren mit M2M-Anwendungen auf einem Server. Es ist eine offene Frage, welcher Standard sich im diesem Bereich etablieren wird. Dies bezieht sich auf mehrere Aspekte: Welches DeploymentModell wird sich durchsetzen, ein Cloud-Modell (Platform as a Service) oder weiterhin eigenständige aufgebaute und betreute Rechner? Welche Funktionen der Service-Enabler-Ebene (siehe Abbildung 2.2-6) werden sich tatsächlich als Standard durchsetzen? Wird auf bekannte und bewährte Anwendungsserver zurückgegriffen oder lohnt es sich, spezialisierte M2M-Anwendungsserver zu schaffen? In jedem Fall fehlen hier Erfahrungen und Best Practices in größerem Maßstab, die es erlauben würden, nicht nur eine Referenzarchitektur, sondern auch einfache Referenzlösungen zu nutzen. Wir brauchen einen Standardbaukasten in Analogie zur allgemeinen LAMP-Lösung (Linux/Apache/MySQL/PHP) der Web-Anwendungen.

spezialisierte M2MAnwendungsserver?

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2.2.3.4.3 Kommunikationsstruktur Handlungsbedarf hinsichtlich KommunikationsInteraktionsstruktur der Geräte

Eng verbunden mit der Frage der Anwendungsstruktur ist die Frage nach der Kommunikationsstruktur. Insbesondere ist hier wichtig, welches Gerät (präziser: welche Rolle) eine Kommunikation initiieren darf und welches in der Lage sein muss, solche Initiierungen entgegenzunehmen. Eine flexible Möglichkeit ist, dies allen Geräten zu erlauben. Das lässt großen Spielraum, kann aber Konsequenzen für Sicherheitsanforderungen und Komplexität der Implementierung haben. In klar definierten Szenarien kann es daher sinnvoller sein, die Aufgaben und Fertigkeiten der entsprechenden Rollen einzuschränken und z. B. einem Gerät nur zu erlauben, eine Kommunikationsverbindung zu initiieren, aber nicht, externe Kommunikationsverbindungen entgegenzunehmen. Dies kann je nach Anwendung wiederum zu Herausforderungen bei der Optimierung führen (z. B. ist eine unregelmäßige Abfrage in solchen Strukturen nur mit Aufwand möglich). Dies wird insbesondere dann zu einer spannenden Aufgabe, wenn ein Gerät vielen unterschiedlichen Anwendungen zugeordnet ist (im Sinne der Horizontalisierung und bezüglich Geschäftsmodellen der Monetarisierung von Daten), die unterschiedliche Interaktionsmuster verfolgen. Diese Anforderung wird noch verschärft, wenn ein solches Gerät als „Gateway“ zwischen einem Weitverkehrsnetz einerseits und weiteren Geräten andererseits dienen soll. Hier sind keine Lösungen offensichtlich und es besteht Handlungsbedarf.

2.2.3.5 Datenverarbeitung

M2M-Gerät als Datensammler und Aktuator

Mit der Interaktionsstruktur der einzelnen Rollen hängt die Struktur der Datenverarbeitung eng zusammen. Hier sind die Fragen des „Wo?“ und des „Wann?“ zu beantworten. Typischerweise ist ein M2M-Gerät ein Datensammler oder ein Aktuator (oft auch beides). Die gesammelten Daten können lokal verdichtet und aufgearbeitet und ggf. auch schon lokal zur Entscheidungsfindung herangezogen werden (beispielsweise bei einfachen Regelaufgaben). Solchermaßen verdichtete Daten können

2.2 M2M Initiative Deutschland

dann über Weitverkehrsnetze an „Backend“-Server weitergereicht werden oder Anweisungen von dort empfangen. Für die Aufteilung solcher Aufgaben zwischen lokalen Geräten und Backend-Servern gibt es derzeit keine verlässlichen Regeln; vieles wird hier heute nach groben Schätzungen und Erfahrungswissen entschieden. Hier besteht Handlungsbedarf. Für das Ablegen der Daten in Backend-Servern existieren wiederum viele Möglichkeiten: sei es in klassischen Datenbanken, als unstrukturierte Dateien, oder in sogenannte „NoSQL“-Datenbanken. Je nach Echtzeitanforderungen und Datenaufkommen sind Datenbanken entweder auf externen Speichermedien oder direkt im Arbeitsspeicher (In-Memory-Datenbank) realisierbar. Auch hier gibt es derzeit keine verlässlichen Entscheidungsregeln, welches System für eine bestimmte Anwendung (oder horizontale Schicht) die besten Ergebnisse liefert. Neben der bloßen Speicherung stellt sich die Frage der Verarbeitung der Daten, insbesondere, wann welche Daten verarbeitet werden sollen. In einfachen Fällen (etwa wenn keine Zeitschranken bestehen) kann dies durch regelmäßige Verarbeitung erfolgen. In anderen Fällen muss auf Ereignisse reagiert werden, wobei das Identifizieren eines Ereignisses selbst eine komplexe Aufgabe sein kann. Hierzu eignen sich dann Systeme des sogenannten Complex Event Processing (CEP). Gerade bei einer Horizontalisierung und Datenmonetarisierung als Geschäftsmodell sind hier noch viele Fragen zu klären, z. B. die, wie CEP-Regeln formuliert werden können, die den Datenbesitz und die Zugriffsrechte respektieren, bei denen aber zusätzliche Regeln einfach eingebracht werden können, um eine weitere Anwendung zu realisieren. Konzeptionell sind hier elegante Lösungen denkbar, bei denen etwa nicht alle Daten in entfernte Clouds transportiert werden müssen, sondern bereits im Netz eine geeignete Aggregationsebene bereitgestellt werden kann (etwa durch sogenannte Network Function Virtualization realisiert). Daraus ließe sich die Vorstellung ableiten, dass an einen Datenfluss zwischen Geräten unterschiedliche Dienste angeschlossen werden können (ein „Service Bus“), die Daten konsumieren und produzieren und an geeigneter Stelle ausgeführt werden können. Die Integration von Aktuatoren in solch eine verteilte Ereignis­verarbeitung samt der notwendigen Kontrollfunk­ tionen (never trust an actuator) ist dabei unklar.

derzeit keine ver­ lässlichen Regeln für die Aufteilung von Aufgaben zwischen lokalen Geräten und Backend-Servern

Complex Event Processing (CEP)

Die Integration von Aktuatoren in eine verteilte Ereignisverarbeitung samt der notwendigen Kontrollfunktionen ist unklar.

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2.2.3.6 Protokollstruktur geeignete Protokollstrukturen

große Auswahl flexibel einsetzbarer Protokolle

Als letzter Baustein der technischen Umsetzung eines M2M-Systems fehlen noch geeignete Protokollstrukturen, die in unterschiedlichen Netzkontexten unterschiedliche Anwendungsstrukturen miteinander verbinden können. Dabei stehen Effizienzanforderungen (Speicherbedarf, CPU, Nachrichtengröße) häufig Forderungen nach allgemeiner Einsetzbarkeit, Wiederverwendbarkeit und Durchgängigkeit entgegen; weitere Anforderungen sind die Transportierbarkeit der Protokollnachrichten über Weitverkehrsnetze (Eignung für Tunneling oder Firewall-verträglich) und die Möglichkeit, auch Ereignisbenachrichtigung zu unterstützen. Eine weitere Anforderung ist die Vorwärts- und Rückwärtskompatibilität, um die Lebenszyklen der M2M-Geräte untereinander und von der Server-Anwendung zu entkoppeln. Kompromisse können hier erforderlich sein. Die folgende Aufzählung nennt entsprechend einige derzeit im Einsatz befindliche, teilweise dediziert für M2M, teilweise für allgemeine Anwendungen entwickelte Protokolle, die zunehmend in einem M2M-Kontext eingesetzt werden. Alle diese Protokolle lassen sich aus Netzsicht der Anwendungsebene zuordnen und sind damit flexibel über unterschiedliche Netztechnologien hinweg einsetzbar. • Ein häufig eingesetztes Protokoll- und Entwurfsmuster ist der sogenannte Representational State Transfer (REST), bei dem nur einfachste Nachrichten benutzt werden, um mit Informations­ objekten zu kommunizieren. Der Transport von REST-Nachrichten kann beliebig geschehen, verbreitet ist der Transport via HTTP/HTTPS, wodurch die bestehende webbasierte Infrastruktur wiederverwendet werden kann. REST ist heute der De-factoStandard im Internet und für die Cloud. • Das Extensible Messaging and Presence Protocol (XMPP) wurde für sogenannte Chat-Nachrichten und Anwesenheitsbenachrichtigungen entworfen. Die prinzipielle Ähnlichkeit der Verkehrsmuster mit vielen M2M-Anwendungen macht es auch für M2M attraktiv, zumal recht leichtgewichtige Implementierungen mit einfacher und dennoch leistungsfähiger Infrastruktur vorliegen. Nicht offenkundig ist die weitergehende Integration in eine größere IT-Infrastruktur, die bei REST einfach gegeben ist. • Das Constrained Application Protocol (CoAP) wurde, im Gegensatz zu den obigen Protokollen, dediziert für M2M- und

2.2 M2M Initiative Deutschland

Internet-of-Things-Szenarien entwickelt und achtet insbesondere auf Ressourceneffizienz. Es ist dazu gedacht, einfach in HTTP übersetzt zu werden (in einem Gateway), statt wie andere Protokolle innerhalb von HTTP transportiert zu werden. Dies kann Auswirkungen z. B. auf Kompatibilität mit bestehenden FirewallStrukturen haben. • Ähnlich wie CoAP ist Message Queuing Telemetry Transport (MQTT) ein dediziert für M2M-Anwendungen entworfenes Protokoll, das allerdings auf ein sogenanntes Publish/Subscribe-Paradigma ausgerichtet ist. Allerdings fehlt bisher die Unterstützung durch ein Standardisierungsgremium; es wird als De-factoIndus­triestandard vorangetrieben. Es ist dazu gedacht, mit einer Web-Infrastruktur interagieren zu können. • Openess, Productivity and Collaboration - Unified Architec­ ture (OPC-UA) ist der Interoperabilitäts-Standard für hersteller- und plattformunabhängige industrielle horizontalen und vertikalen Daten- und Informationsaustausch. Als IEC62541 Norm bietet es Security by Design und die Erweiterung mit Informationsmodellen (und geht damit deutlich über ein bloßes Datenaustausch-Protokoll hinaus). OPC ist der De-facto-Standard in der Automatisierungsbranche – die Dienste sind aber branchen­ neutral. Er wird auch in Sensor-, Smart-Metering- und CloudSzenarien eingesetzt. Insgesamt steht einem Systemarchitekten damit eine große, ggf. verwirrende Auswahl an Alternativen zur Verfügung. Dies wird noch dadurch erschwert, dass Funktionen, die im Web-Kontext allgemein üblich sind, für M2M-Systeme nicht unmittelbar oder offensichtlich zur Verfügung stehen. Beispiel dafür sind die automatisierte Entdeckung von Geräten oder deren offerierten Datendiensten. Die Analogie zu Web-Service-Beschreibungssprachen wie WSDL bzw. den dazugehörigen Entdeckungsprotokollen (wie UDDI) drängt sich auf; es ist allerdings fraglich, ob diese Verfahren für einen M2M-Einsatz unmittelbar geeignet sind bzw. wie groß der Modifikationsaufwand ist. Die Realisierung der Protokollstrukturen eines M2M-Gateways kann auch mit Hilfe einer OSGi-Middleware erfolgen. Wichtiges OSGi-Element ist ein Geräte-Abstraktionslayer, der protokollabhängig gestaltet ist und Protokolleigenheiten der Sensoren/Aktoren (ZigBee, Z-Wave, EnOcean, DECT etc.) gegenüber den Anwendungen in Form von Gerätezustandsobjekten (DCOs) abstrahiert, da diese

Insgesamt steht einem Systemarchitekten damit eine große, ggf. verwirrende Auswahl an Alternativen zur Verfügung.

Die Realisierung der Protokollstrukturen eines M2M-Gateways kann auch mit Hilfe einer OSGiMiddleware erfolgen.

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

bei Anwendungs­ protokollen weit von allgemeinen Stan­ dards entfernt

in der Regel lediglich an Daten (Informationen) interessiert sind. Das geht konform mit entsprechenden Anstrengungen der Standardisierungsorganisationen OneM2M, ETSI, HGI und Broadband Forum. Auf der Ebene der eigentlichen Anwendungsprotokolle schließlich sind wir weit davon entfernt, allgemein übliche Standards zu besitzen. Dies mag in einigen vertikalen Märkten der Fall und ggf. auch durch eine Standardisierung entstanden sein (beispielsweise der Stromzählermarkt in Deutschland und die Rolle des BSI dabei); für die allgemeine Situation ist dies aber wenig plausibel. Wir sehen hier Handlungsbedarf im Aufbau besser dokumentierter Best Practices bei der Protokollwahl wie auch bei der Entwicklung fehlender Funktionalität wie etwa Beschreibungs- und Entdeckungsprotokolle. 2.2.3.7 Vertrauen und Sicherheit

Konsequenzen der NSA-Affäre für M2M

substanzielle Gefahr für einen bedeuten­ den Innovationszweig

Im Juni 2013 gab der Whistleblower Edward Snowden bekannt, dass der US-amerikanische Geheimdienst NSA (National Security Agency) und der britische Dienst GCHQ (Government Communications Headquarters) mit Hilfe einer weltweit verteilten Infrastruktur große Teile der Kommunikation auf dieser Erde überwachen. Entsprechend ist es von entscheidender Bedeutung, sowohl technische Lösungen zu finden, die ein M2M-System gegen Angreifer sichern, als auch juristische und geschäftsmodellbezogene Lösungen zu finden, die es erlauben, der technisch ggf. vorhandenen Sicherheit das notwendige Vertrauen entgegenzubringen. Ersteres ist derzeit teilweise möglich, aber oft nicht praktikabel; Letzteres ist bei den momentanen Rahmen­bedingungen (insbesondere juristischen) selbst mit großem Aufwand eine schwierige Aufgabe. Hiervon kann eine substanzielle Gefahr für einen bedeutenden Innovationszweig ausgehen. Bei der Realisierung einer M2M-An­ wendung sollten daher die folgenden technischen Aspekte beachtet werden: • Das M2M-Gateway selbst und alle Funktionseinheiten einer M2M-Lösung, die sich in der Abbildung 2.2-6 links vom diesem Gateway befinden, basieren auf sogenannten Embedded Systemen. Für derartige Rechnerplattformen lässt sich aufgrund der relativ geringen Hard- und Softwareressourcen und weiterer Einschränken keine zeitgemäße IT-Sicherheit realisieren.

2.2 M2M Initiative Deutschland

• Es gibt für solche Mikrorechnersysteme in der Regel keine regel­mäßigen Softwareupdates. Teilweise werden erkannte Schwach­stellen noch nicht einmal von den Herstellern behoben. Sicherheitslücken existieren daher häufig für die gesamte Produktlebensdauer, die in einigen Fällen mehr als zehn Jahre betragen kann. • Die zum Einsatz kommenden eingebetteten Betriebssysteme wurden hinsichtlich möglicher Angriffe über die Kommunika­ tionsschnittstellen nicht speziell gehärtet und werden daher zahlreiche Exploits aufweisen. • Es existiert – falls überhaupt vorhanden – nur eine schwache Authentifizierung für Benutzerzugriffe. • Obwohl teilweise mehr als eine IP-fähige Kommunikationsschnittstelle vorhanden ist, sind keinerlei Firewall-Funktionen vorgesehen. • Embedded-System-Plattformen sind in der Regel völlig schutzlos gegen DoS- bzw. DDoS-Angriffe. In sehr vielen Fällen ist während und nach einem solchen Angriff die Primärfunktion – zum Beispiel eine Reglerfunktion – nicht mehr gegeben. • Der Verbindungsaufbau eines M2M-Gateways zum Internet sollte immer vom Gateway selbst – also von innen nach außen – in die Wege geleitet werden. Die umgekehrte Richtung ist aus Sicherheitsgründen zu vermeiden. Ein Gateway, das auf Verbindungsaufbauversuche aus dem Internet wartet und über diesen Weg entsprechende Services anbietet, lässt sich nicht gegen externe Angreifer und missbräuchliche Nutzung schützen. • Ein Angriffsvektor in M2M-Systemen besteht in der Übernahme eines einzelnen M2M-Gerätes, mit dessen Hilfe ein Angreifer Daten fälschen oder in das gesamte M2M-System eindringen kann. Um einem solchen Angriff zu begegnen, sollte jedes M2M-Gerät oder M2M-Gateway individuelle Berechtigungen (Passwort, X.509 Zertifikat) besitzen, die dann im Angriffsfall individuell entzogen werden können. Dies ist heute in vielen Fällen nicht gegeben. Zum effizienten Betrieb bedarf es einer geeigneter Device Identity Management Komponente, wie dies in Abbildung 2.2-6 dargestellt ist. • Wenn auf ein M2M-Gateway vom Internet aus zugegriffen werden muss, dann sollte dieser Zugriff nur innerhalb eines VPN erfolgen.

Softwareupdates

Authentifizierung Firewall-Funktion

Richtung des Verbindungsaufbaus Individuelle Berechtigungen

Zugriff über VPN

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

Passworte der Werkseinstellung

Rechtliche Fragestellungen

umfassender, tief­ gehender und dringen­ der Handlungsbedarf auf vielen Feldern

Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit lassen sich monetarisieren

• Die Embedded-System-Baugruppen im linken Teil der Abbildung 2.2-6 werden häufig über einen längeren Zeitraum – teilweise über die gesamte Lebensdauer – mit den Werkseinstellungen betrieben. Dadurch besteht zum einen das Risiko, dass Standard-Passwörter zur Authentifizierung benutzt werden, die in im Internet veröffentlichen Benutzerhandbüchern zu finden sind – ein leichtes Spiel für potenzielle Angreifer. Zum anderen sind über die IP-Schnittstellen der Embedded-Systeme häufig Dienste verfügbar, die in einer Anwendung zwar nicht benötigt werden, aber auch nicht deaktiviert wurden. • Rechts von der Internet-Firewall in Abbildung 2.2-6, also innerhalb einer Cloud-Umgebung, lässt sich aufgrund der Backend-Server-Hard- und Softwarestrukturen eine zeitgemäße IT-Sicherheit mit verschiedenen Firewalls und Zonenkonzepten umsetzen. Die technischen Vorrausetzungen dafür sind in der Regel optimal. Rechtlich ist es hingegen etwas komplizierter. Neben der ungeklärten Fragestellung, ob man die Cloud-Dienste für eine bestimmte M2M-Anwendung auf Servern außerhalb des deutschen oder europäischen Rechtsraums einsetzen darf, muss auf jeden Fall den Sicherheitsprozessen des IT-Infrastrukturbetreibers selbst deutlich mehr Aufmerksamkeit zuteilwerden. Diese Sicherheitsprozesse sollten idealerweise anerkannten internationalen Standards entsprechen. Zu beachten ist auch, dass sich ein Betreiber unter Umständen besonderen gesetzlichen Rahmenbedingungen (z. B. dem USA PATRIOT Act) unterordnen muss, die aus Sicht des M2M-Anwenders als kritisch einzustufen sind. Wir sehen hier umfassenden, tiefgehenden und dringenden Handlungsbedarf auf vielen Feldern: Die Politik muss rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, mit denen das erschütterte Vertrauen der Bevölkerung wie der Industrie wiederhergestellt werden kann; die Industrie muss transparente und vertrauenswürdige Geschäftsmodelle entwickeln. Tatsächlich kann hierin ein entscheidender Wettbewerbsvorteil entstehen: Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit lassen sich monetarisieren – im Cloud-Kontext könnten daher gerade europäische Anbieter diesen Vertrauensvorteil ausspielen (siehe auch Kapitel 2.2.5.1 Handlungsempfehlung „Monitoringsystem für die M2M-Cybersicherheit (M2M-CERT)“).

2.2 M2M Initiative Deutschland

2.2.3.8 Zusammenfassung: Current Best Practices Vor dem Hintergrund der großen technischen, anwendungsspezi­ fischen und strukturellen Vielfalt fällt es schwer, eine einzelne Best Practice zu identifizieren. Dennoch sind einige Trends unverkennbar, deren Tragfähigkeit auch durch Analogie zu anderen IT- und Kommunikationssystemen belegt ist: • Horizontale Struktur: M2M-Systeme sollten aus Silos ausbrechen und sich zu horizontal strukturierten Systemen entwickeln. • Einfach: Die verwendeten Systeme sollten möglichst einfach, mit möglichst wenigen Grundfunktionen strukturiert sein, auch wenn dabei Detailoptimierung verloren gehen mag. • Offene Standards: M2M-Anwendungen sollten auf offenen Standards setzen und proprietäre Ansätze vermeiden. • Offene Schnittstellen: M2M-Anwendungen sollten offene Schnittstellen zur Verfügung stellen und darauf vorbereitet sein, als Komponenten in unterschiedlichen Kontexten Daten oder Handlungen zur Verfügung zu stellen. Obzwar entscheidend, ist es zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht verantwortbar, von Best Practices bei Sicherheit zu sprechen. Hier ist noch viel zu tun.

tragfähige Trends: horizontale Struktur, Einfachheit, offene Standards und Schnittstellen

Bezüglich Sicherheit noch viel zu tun

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.2 M2M Initiative Deutschland

2.2.4 M2M-Fallbeispiele

2.2.4.2 Wasserwirtschaft

2.2.4.1 Fernzugriff und Fernsteuerung für Blockheizkraftwerke (BHKWs)

Anwendungsfeld

Intelligente Wasserwirtschaft – Interaktion von Geräten

Beschreibung des M2M-Fallbeispiels

580 dezentrale Geräte (Pumpen, Wasserhochbehälter, …) verteilt auf 1.400 km². Direkte Interaktion zwischen Geräten. Leitwarte hat jederzeit optionale Kontrolle.

Verfügbarkeits­ status

In Betrieb – Cutting edge of Technology (Pilotierung in 2012)

Nutzen

Erhebliche Einsparungen von vormals unnötigen aufwändigen Service­ Einsätzen - zusätzlich 90 % Kostensenkung der Lizenz-Initialkosten.

Gesellschaftl. Rele­ vanz inkl. Erklärung

Hoch: Innovative und branchenübergreifende Interaktion zwischen Maschinen und Diensten, basierend auf herstellerunabhängigen Interoperability-Standard OPC-UA mit integrierter Security, erzeugt erhöhte Akzeptanz.

Technische Voraussetzungen

Daten, Semantik und Kommandotransport aus den Steuerungen über Routermodems in einer geschlossenen Mobilfunkgruppe. Zusätzlich Authentifizierung/Verschlüsselung basierend auf OPC-UA. Geräte bieten UA-Server-Schnittstellen, um auf Anfragen der Leitwarte oder anderer Geräte zu antworten. Geräte agieren zusätzlich als UA-Client, um Daten zu sammeln und eigenständig die Kommunikation mit anderen Geräten zu initiieren. (Pumpe1 an Pumpe2: „Meine Wasserqualität wird schlecht, bitte übernehmen“).

Adressierbares Kundenpotenzial

Alle Branchen/alle Ebenen (vom Gerät bis zur IT-Ebene): Jeder ist daran interessiert, Daten, Dienste und deren Bedeutung einfach und sicher zwischen Geräten und Maschinen untereinander und mit der IT-Welt auszutauschen.

Verwandte Anwendungsfelder

Machine-to-Machine, Remote Service

Anwendungsfeld

Intelligente Energienetze

Beschreibung des M2M-Fallbeispiels

Condition Monitoring und SSL/TLS-gesicherte Service- und Wartungsfernzugriffe auf BHKWs sowie deren Fernsteuerung durch Dritte.

Verfügbarkeits­ status

State of the Art

Nutzen

Blockheizkraftwerke sind komplexe Maschinen. Durch die Lösung können sie ohne Spezialkenntnisse in Privathaushalten betrieben werden. Die Fernsteuerschnittstelle ermöglicht darüber hinaus ein dezentrales Energiemanagement, um beispielsweise virtuelle Kraftwerke oder SmartHome-Lösungen zu realisieren.

Gesellschaftl. Rele­ vanz inkl. Erklärung

Mittel – Blockheizkraftwerke verursachen recht hohe Investitionskosten.

Technische Voraussetzungen

Blockheizkraftwerk mit geeigneter Steuerung

Adressierbares Kundenpotenzial

Betreiber von Heizungsanlagen in Wohn- und Zweckbauten, Betreiber von Fertigungsstätten und Industrieanlagen

Verwandte Anwendungsfelder

Smart Services, Smart Home, Energiemanagement

Abbildung 2.2-7: Fernzugriff und Fernsteuerung für Blockheizkraftwerke

Abbildung 2.2-8: Intelligente Wasserwirtschaft – Interaktion von Geräten

Quelle: SSV Software Systems, 2013

Quelle: Zweckverband Wasser und Abwasser Vogtland, 2013

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.2.4.3 Energiewirtschaft Anwendungsfeld

Smart Energy – Messung von Stromverbrauchern

Beschreibung des M2M-Fallbeispiels

6.000-10.000 dezentrale Liegenschaften sollen den Energieverbrauch messen, die Messdaten puffern und zur weiteren Analyse in die Big-Data-Cloud-Datenbank leiten.

Verfügbarkeits­ status

Pilotierung in 2013 – Inbetriebnahme 2014

Nutzen

Genaue Kenntnis der Stromaufnahme zur Reduzierung des Verbrauchs und zur Aushandlung von Strompreisen

Gesellschaftl. Rele­ vanz inkl. Erklärung

Hoch: Innovative und branchenübergreifende Lösung, basierend auf herstellerunabhängiger Interoperability-OPC-UA-Standard mit integrierter Security, erzeugt erhöhte Akzeptanz.

Technische Voraussetzungen

In dezentralen Liegenschaften wird pro SPS-Steuerung von unterlagerten Teilnehmern der Stromverbrauch gemessen, in der Steuerung zwischengespeichert und einmal täglich (bei Bedarf auch sofort) in die zentrale Datenablage gepusht. Die Steuerung agiert als OPC-UA-Client, die Daten werden dem UA-Server (Historic Access) mit Security und Verwendung von herstellerunabhängigen Standards in der Cloud gepusht. Der Server speichert die Daten in einer Datenbank ab. Den Mandanten stehen zur Analyse der Big Data zwei Schnittstellen zur Verfügung: direkter Zugriff in die SQL-Datenbank oder OPC-UA-HA (Historic Access).

Adressierbares Kundenpotenzial

Alle Branchen/alle Ebenen (vom Gerät bis zur IT-Ebene): Daten sammeln, puffern und weiterleiten ist eine verbreitete Aufgabe.

Verwandte Anwendungsfelder

Smart Energy, Data-Logging

2.2 M2M Initiative Deutschland

2.2.4.4 Real Time Cargo Monitoring End-to-End Solution Anwendungsfeld

Intelligente Verkehrsnetze – Transport & Logistik. Überwachung von Frachtgütern über zahlreiche Branchen hinweg, in denen Güter interkontinental verschifft werden.

Beschreibung des M2M-Fallbeispiels

Schlüsselfertige Echtzeit-Frachtüberwachung Ende-zu-Ende-PremiumLösung, bestehend aus einem Tracking-Gerät, einem Web-Portal mit E-Mail-Benachrichtigungsdienst und 1st level support.

Verfügbarkeits­ status

Pilotierung Oktober 2013, Out of Footprint

Nutzen

Flexible Lösung, da das Tracking-Gerät jederzeit außen am Container angebracht werden kann. In dem Gerät befinden sich mehrere Sensoren, die die Umgebungsbedingungen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Erschütterungen aufzeichnen.

Gesellschaftl. Rele­ vanz inkl. Erklärung

Mittel

Technische Voraussetzungen

siehe Abbildung 2.2.10

Adressierbares Kundenpotenzial

- Kunden im Fokus: die Mieter der Transportbehälter, die diese mit hoch wertigen Gütern über Land und Meer versenden müssen. - Zielkunden: verantwortliche Disponenten/Supply Chain Manager.

LÖSUNG Verwandte ZUR ECHTZEITÜBERWACHUNG Wasser, Straße, Schiene Anwendungsfelder VON FRACHTSENDUNGEN Ortungsgerät

Mobilfunkverbindung

+

Das Tracking-Gerät wird außen am Container befestigt

+

Integrierte SIM-Karte/ Mobilfunkverbindung

SaaS und Dashboard

+

+

Cloud-basierte App für die Echtzeitüberwachung von Frachtsendungen; webbasiertes Dashboard für Überwachung und Steuerung der Fracht

Abbildung 2.2-9: Smart Energy – Messung von Stromverbrauchern

Abbildung 2.2-10: Real Time Cargo Monitoring End-to-End Solution

Quelle: BECKHOFF Automation, 2013

Quelle: Deutsche Telekom, 2013

Ulf.Moorfeld@telekom.de

Oktober 2013

Kundenbetreuung

+

Kundenbetreuung/ Support für die komplette E2E-Lösung

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.2 M2M Initiative Deutschland

2.2.4.5 Interaktion mit Maschinen, M2M als soziale Kommunikation Anwendungsfeld

Sammlung von Anwendungsfällen, in denen Nutzer direkt in die M2MKommunikation involviert werden, z. B. um M2M-Anwendungen zu verstehen und zu bedienen. Das wird in den Anwendungsfeldern Energie, Gesundheit, Verkehr und evtl. Bildung, Verwaltung und Industrie 4.0 relevant werden.

Beschreibung des M2M-Fallbeispiels

Anwender registrieren ihre zugeordnete Geräte einmalig. Diese Geräte können unterschiedlichste Aufgaben erfüllen, vom E-Bike bis zur Waschmaschine. Wenn die Geräte eine Interaktion mit den Anwendern benötigen, senden sie eine Nachricht an eine Plattform. Diese Plattform stellt die Nachrichten der Geräte und die Antworten der Anwender in einer einfach zu bedienenden Anwendung dar, die z. B. auf Smartphones laufen kann. Ebenso werden Nutzerwünsche auf diese Weise entgegengenommen. Die Plattform kann zudem Konflikte erkennen und Anforderungen unterschiedlicher Geräte aufeinander abstimmen.

Verfügbarkeits­ status

Vision, Pilotierung gezeigt zwischen Deutscher Telekom und Ericsson auf dem Mobile World Congress 2013 in Barcelona.

Nutzen

Einfache Bedienung und erhöhte Akzeptanz durch mehr Transparenz für die Anwender. Ergänzt zudem M2M-Anwendungen durch eine spiele­ rische Komponente, sodass die Motivation zunimmt, sich z. B. mit Energieverbrauchsoptimierung zu beschäftigen.

Gesellschaftl. Rele­ vanz inkl. Erklärung

Hoch: Die Interaktion von Benutzern mit Maschinen ist eine Herausforderung, die neue Ansätze erfordert. Auch um die Lernkurve für Anwender einfach zu gestalten, bietet es sich an, weit verbreitete Interaktionsformen, wie sie in sozialen Netzen eingesetzt werden, für die Kommunikation mit Maschinen zu nutzen. Geschieht dies zudem anwendungsübergreifend, also beispielsweise zur Steuerung von Standheizungen genauso wie zum Einschalten von Licht, wird die Kommunikation mit Maschinen als sehr natürlich empfunden.

Technische Voraussetzungen

Kommunikationsschnittstellen (Mobilfunk, WLAN, Bluetooth) in den Geräten, Interoperabilitätsstandards wie OPC-UA, OSGi, UPnP und andere sowie eine entsprechende Serverplattform. Da es sich hier um noch proto­t ypenhafte/visionäre Produkte an der Schwelle zur Marktreife handelt, können verschiedene Lösungen eingesetzt werden. Alle Branchen/alle Ebenen (vom Gerät bis zur IT-Ebene): Daten sammeln, puffern und weiterleiten ist eine verbreitete Aufgabe.

Adressierbares Kundenpotenzial

Jeder Bürger ist interessiert an einer einfachen Art und Weise, mit Maschinen zu kommunizieren, also alle Bürger.

Verwandte Anwendungsfelder

Wie oben beschrieben.

Abbildung 2.2-11: Interaktion mit Maschinen, M2M als soziale Kommunikation Quelle: Ericsson, 2013

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2.2 M2M Initiative Deutschland

2.2.4.6 Telemetrie gewerblicher Kaffeemaschinen

2.2.4.7 Frühwarnsystem

Anwendungsfeld

Interaktionen mit Maschinen

Anwendungsfeld

Industrie 4.0/Do It Yourself

Beschreibung des M2M-Fallbeispiels

Ende-zu-Ende-Lösung zur automatischen Meldung von Zählerständen und Fehlercodes aus der Ferne; Stichwort Condition Monitoring.

Beschreibung des M2M-Fallbeispiels

Verfügbarkeits­ status

State of the Art, in Betrieb

Im Sommer 2013 mussten in Deutschland aufgrund von Überschwemmung und Hochwasser große Eigentumsverluste hingenommen werden. Der Student Wilhelm Kirchgässner arbeitet an einem Hochwasserfrühwarnsystem, das über ein Social Network alarmiert.

Nutzen

Das Auslesen der Zählerstände gibt Informationen über Kaffeeverbrauch, Verbrauchsmaterialien und notwendige Services. Aktuelle Maschineneinblicke geben Hinweise auf evtl. zukünftige Fehlerzustände und damit im Vorfeld zu vermeidende Ausfallzeiten. Zudem: Steigerung der Service-Qualität, wertvolle Hinweise für Neukonstruktionen durch Langzeitbeobachtungen, Vermeidung von Fahrwegen durch Einsparung unnötiger Einsätze und bessere Tourenplanung, Wettbewerbsvorteile durch Vorreiterrolle, Optimierung von Prozessen, neue Dienstleistungen und Geschäftsmodelle.

Verfügbarkeits­ status

M2M-Pilotprojekt mit bestehenden Industrie-Produkten von Phoenix Contact, die ursprünglich nicht für diese Lösung entwickelt wurden.

Nutzen

Schnelle Alarmierung über ein Social Network. Das M2M-Produkt alarmiert die Social-Network-Gruppe.

Gesellschaftl. Rele­ vanz inkl. Erklärung

Das Projekt zeigt, dass immer mehr interessante M2M-Produkt- und Geschäftsideen entstehen, die M2M gezielt nutzen und das Potenzial haben, unser Leben dauerhaft zu verbessern.

Technische Voraussetzungen

Keine. Alle „Bausteine“ sind bereits vorhanden. Diese müssen nur richtig zusammengesetzt werden.

Adressierbares Kundenpotenzial

Breites öffentliches Publikum

Verwandte Anwendungsfelder

Übertragung von diversen Sensordaten aus dem Bereich Umweltmesstechnik

Gesellschaftl. Rele­ vanz inkl. Erklärung

Mittel, da nur indirekter Nutzen. Jedoch werden Maschinen-Zuverlässigkeiten generell erhöht.

Technische Voraussetzungen

Die Maschine sollte über eine Schnittstelle zum Auslesen der Protokolle verfügen.

Adressierbares Kundenpotenzial

Hersteller von Maschinen, die einer Überwachung unterliegen bzw. die von Ferne kontrolliert werden sollen. Betreiber von entsprechenden Maschinen.

Verwandte Anwendungsfelder

Remote Control, Remote Service

Abbildung 2.2-12: Telemetrie gewerblicher Kaffeemaschinen

Abbildung 2.2-13: Hochwasserfrühwarnsystem, das über ein Social Network alarmiert

Quelle: MC Technologies, 2013

Quelle: PHOENIX CONTACT, 2013

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.2 M2M Initiative Deutschland

2.2.4.8 Call a Bike

2.2.4.9 Smart Vending mit Internet-Bezahldiensten

Anwendungsfeld

Fahrradverleihsysteme als Ergänzung und Erweiterung des ÖPNV

Anwendungsfeld

Internet-Bezahldienste und Automaten verbinden (Mashup)

Beschreibung des M2M-Fallbeispiels

Automatisierte Fahrradverleihsysteme benutzten bisher kabelgebundene Datenverbindungen, was hohe Investitionen erfordert und unflexibel ist. Oder sie verwenden den Nutzer als Mittler zur Datenübertragung, was fehleranfällig und kompliziert für den Kunden ist. M2M-Übertragung der Fahrdaten vereinfacht maßgeblich die Benutzung des Systems, senkt die Investitionskosten deutlich und erhöht entscheidend die Flexibilität.

Beschreibung des M2M-Fallbeispiels

Verfügbarkeits­ status

In Betrieb mit unterschiedlichen Systemausprägungen

Kunden können an Verkaufsautomaten mit ihrem Smartphone Produkte auswählen und bezahlen. Der gesamte Kaufvorgang wird über das Smartphone abgewickelt. Dies gilt auch für die Bezahlung, die in diesem Anwendungsfall über den Internet-Bezahldienst PayPal durchgeführt wird. Abschließend wirft der Automat das bezahlte Produkt aus, ferngesteuert über ein eingebautes Telemetrie-Modul. Durch diese Kombination von M2M und Internet-Diensten sind weitere M2M-Anwendungen denkbar, zum Beispiel Gutscheine oder Echtzeit-Sonderangebote auf dem Smartphone.

Nutzen

Die Vereinfachung der Kundenprozesse erschließt neue Nutzergruppen, denen das bisherige System zu kompliziert war. Die Nutzungszahlen steigen dadurch im deutlich zweistelligen Prozentbereich. Durch verstärkte Präsenz des Produkts kommt ein Selbstläufereffekt in Gang, der zu weiter steigenden Fahrzahlen führt.

Verfügbarkeits­ status

Pilot an einer Universität mit der Cumulocity GmbH und einem Automatenaufsteller

Nutzen

Gegenüber konventionellen bargeldlosen (auch NFC-basierten) Bezahlsystemen bietet die Kombination von Internet-Bezahldienst mit M2M eine Reihe von Vorteilen: Der Kunde bewegt sich in einer ihm vertrauten Umgebung, seinem Smartphone und den dort vorhanden Bezahldienst-Apps. Dieses Vertrauen führt zu einer höheren Akzeptanz der bargeldlosen Bezahlung. Des Weiteren ist der Investitionsbedarf des Automatenbetreibers gering, da keine Installation von bargeldlosen Bezahlsystemen wie z. B. von (NFC-)Kartenlesern notwendig ist. Auch sind die Transaktionskosten von Internet-Bezahldiensten günstiger als bei herkömmlichen Kreditkarten.

Gesellschaftl. Rele­ vanz inkl. Erklärung

Mittel

Technische Voraussetzungen

Die Maschinen sollten mit einem Telemetrie-Modul ausgestattet sein.

Adressierbares Kundenpotenzial

Hersteller von Automaten mit Bezahlfunktionen wie Warenautomaten, Kaffeemaschinen, Recycling-Maschinen.

Verwandte Anwendungsfelder

Wie oben beschrieben.

Gesellschaftl. Rele­ vanz inkl. Erklärung

Integration in bestehende Verkehrsverbünde wird ermöglicht und innovative Fahrradverleihsysteme übernehmen eine Vorreiterrolle für zukünftige Verkehrskonzepte.

Technische Voraussetzungen

Flächendeckende Bereitstellung von Mobilfunk in ausreichender Qualität, um Daten in Echtzeit auszutauschen, inklusive der notwendigen Rückfallebenen bei Störungen.

Adressierbares Kundenpotenzial

Alle Bürger die mobil sein, aber nicht die dafür nötigen Geräte besitzen wollen.

Verwandte Anwendungsfelder

Verkehrsmittel und technische Geräte für eine zeitweilige Nutzung

Abbildung 2.2-14: Call a Bike Quelle: Deutsche Bahn, 2013

Abbildung 2.2-15: Smart Vending mit Internet-Bezahldiensten Quelle: Cumulocity, 2013

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.2.5 Handlungsempfehlungen

Empfehlungen im Wirkungsbereich der Bundesregierung, des IT-Gipfels und der zuständigen Branchenverbände

Im Kapitel M2M-Geschäftsmodelle und besonders im Kapitel Reali­sierungen wurde bereits auf unterschiedliche Aspekte des Handlungsbedarfs hingewiesen, deren Bearbeitung sehr wichtig für die erfolgreiche Einführung der M2M-Technologie ist. Das Kapitel M2M-Fallbeispiele verdeutlicht diesen Bedarf anhand von exemplarischen M2M-Lösungen. Im Folgenden sind darüber hinaus übergeordnete Handlungsempfehlungen aufgeführt, deren Umsetzung im Wirkungsbereich der Bundesregierung, des IT-Gipfels und der zuständigen Branchenverbände liegt. An dieser Stelle sei auch auf Handlungsempfehlungen im Rahmen anderer M2M-Initiativen hingewiesen, zum Beispiel auf die Thesen für „Cyber Physical Systems“ in der IKT.NRW Roadmap 2020.* Aus den obigen Fallbeispielen, Geschäftsmodellen und Realisierungen sind die folgenden Handlungsempfehlungen abgeleitet.

2.2 M2M Initiative Deutschland

sogar Bestandteil kritischer Infrastrukturen, zum Beispiel das Lastmanagement in elektrischen Versorgungsnetzen. Bei den meisten Anwendungen wurde dem Schutz gegen Cyberangriffe nicht allzu viel Aufmerksamkeit gewidmet. Maßnahmenempfehlungen: 1. Aufbau eines M2M-CERT sowie Betrieb einer Website mit Alarmmeldungen und Hinweisen zu erkannten Schwachstellen, akuten Bedrohungen und Bedrohungsrisiken, die für Betreiber und Anbieter von M2M-Anwendungen und Systemen von Bedeutung sind.

M2M-CERT, Website mit Alarmmeldungen, Meldestelle

2. Organisation einer Meldestelle, um registrierten Benutzern die Möglichkeit zu bieten, Vorfälle und relevante Sachverhalte zu melden, die dann gemäß dem Traffic Light Protocol (TLP) behandelt werden. 3. Realisierung eines Verfahrens, um anonyme Meldungen entgegenzunehmen, zu analysieren und bei Eignung auf der M2MCERT-Website zu veröffentlichen.

2.2.5.1 Monitoringsystem für die M2M-Cybersicherheit (M2M-CERT) Empfehlung: Monitoringsystem

Cyberattacken können immense Schäden anrichten. Ein Monitoringsystem, das Meldungen auf freiwilliger Basis entgegennimmt und einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, hilft erkannte Schwachstellen zu beseitigen und das Sicherheitsniveau der M2MAnwendungen insgesamt zu verbessern. Ausgangssituation: Unzählige M2M-Anwendungen kommunizieren inzwischen per Internet bzw. nutzen internetbasierte Dienste. Viele davon sind

4. Zusammenarbeit mit anderen Organisationen auf nationaler und europäischer Ebene, zum Beispiel dem CERT der European Union Agency for Network and Information Security (ENISA) und dem European Cybercrime Centre (EC3). 5. Laufendes Auswerten aktueller Alarmmeldungen der ICS-CERTWebsite des U.S. Department of Homeland Security. 6. Realisierung und Weiterentwicklung geeigneter Maßnahmen (z. B. M2M-Honeypots), um ein möglichst präzises Bild der jeweils aktuellen Angriffskonzepte zu erhalten. Aus Sicht der Projektgruppe sollte die Umsetzung durch das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) erfolgen, weil dort einschlägige Erfahrungen vorliegen.

* IKT.NRW Roadmap 2020, ITK Cluster NRW, November 2013. URL: http://ikt.nrw.de/fileadmin/

user_upload/Dokumente/IKT_Roadmap/IKT-NRW_Roadmap_2020.pdf (03.12.2013)

Zuständigkeit: BSI

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2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.2.5.2 Durchgängig verfügbare Mobilfunknetze für M2M-Anwendungen Ausgangssituation: Viele intelligente M2M-Anwendungen entfalten ihren wesentlichen Nutzen erst bei durchgängig verfügbaren mobilen Breitbandnetzen. Maßnahmenempfehlungen:

nicht nur Netz­ abdeckung für 100 % der Bevölke­ rung, sondern auch 100 % der Fläche

Umsetzung im Kontext der Breitbandstrategie

Es müssen Anreize und regulatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden, um in Zukunft nicht nur 100 % der Bevölkerung (Breitbandstrategie der Bundesregierung), sondern auch 100 % der geografischen Fläche Deutschlands abzudecken, sowie die Voraussetzungen zu schaffen, M2M-spezifische Lösungen zu realisieren. Dabei wird die global eingesetzte LTE-Technologie mit sehr geringen Latenzzeiten nicht nur als Festnetz-Breitband-Ersatz, sondern als Basis-Technologie der M2M-Datenübertragung eine wesentliche Rolle spielen. Aus Sicht der Projektgruppe sollten diese Anforderungen im Kontext der Breitbandstrategie der Bundesregierung umgesetzt werden.

2.2.5.3 Verstärkte Nutzung von M2M-Experimentier-Kits an Schulen und Hochschulen mit Industrie­ unterstützung Ausgangssituation: M2M-Experimentier-Kits bzw. DIY-Plattformen wie Raspberry Pi und Arduino ermöglichen die Entwicklung von kostengünstigen M2M-Anwendungen und bieten die Chance eines schnellen Markteintritts.

2.2 M2M Initiative Deutschland

innovative M2M-Anwendungen können den Weg vom Experimentierfeld in die kommerzielle Anwendung und eventuell Firmengründung ebnen. Hackathons und Innovations-Kits für den Mittelstand zur Erzielung von Grundfertigkeiten, die auch zertifiziert werden könnten, wären erste Ansätze dazu. Eine abgestimmte und vernetzte Palette von Einzelmaßnahmen, unterstützt von Wirtschaft, Politik (mittels Förderprogrammen) und Hochschulen kann mit überschaubaren Mitteln eine Menge bewirken. Durch diese Einzelmaßnahmen werden Impulse für neue M2M-Anwendungen geschaffen sowie die Innovationsfähigkeit der Industrie gestärkt und für neue Herausforderungen wie das Next-Gen-Internet und Industrie 4.0 vorbereitet. Eine vernetzte Palette von Einzelmaßnahmen sollte aus Sicht der Projektgruppe zwischen Ministerien ( z. B. BMF) und Industrie­ verbänden ( z. B. M2M Alliance, BITKOM, ZVEI) abgestimmt werden.

Hackathons und Innovations-Kits für den Mittelstand

zuständig: Ministerien (z. B. BMF) und Industrieverbände

2.2.5.4 Förderung von M2M-Lösungen für den Mittelstand Ausgangssituation: Die Einführung von M2M-Anwendungen wird oft erschwert durch hohe anfängliche Integrationsaufwendungen, Datensicherheitsbedenken und fehlende Übersicht über M2M-Dienstleistungsangebote. Dies trifft den Mittelstand härter als beispielsweise Automobilhersteller, Energieversorger oder große Maschinenbauer, da diese die Mittel und das Know-how haben, ihre M2M-Anwendungen und Plattformen aus eigenen Ressourcen heraus zu finanzieren, zu entwickeln und zu betreiben. Smart und Connected Services werden zukünftig ein wesentlicher Bestandteil von Produkten sein und neue Lösungen und Geschäftsmodelle ermög­ lichen. Daher ist die Investition in die Basistechnologie M2M heute von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit von morgen.

Maßnahmenempfehlungen: Maßnahmenempfehlungen: In Zusammenarbeit mit der Industrie sollten durch den Einsatz von M2M-Experimentier-Kits innovative M2M-Anwendungen entwickelt werden. Preise und Prämierungen für gut gemachte und

Wir empfehlen den weiteren Ausbau der Innovationsförderung für M2M-Lösungen für den Mittelstand, wie beispielsweise im

Ausbau der Innovationsförderung für M2M-Lösungen für den Mittelstand

311


312

2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

2.2 M2M Initiative Deutschland

ZIM-KN-Projekt (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand) „Sichere M2M-Kommunikationslösungen für mittelständische industrielle Anwender“. Bei derartigen ZIM-Projekten stehen Innovationen wie energieautarke Sensoren und intelligente und sichere Gateways im Vordergrund. Darüber hinaus sollte jedoch auch ein Marktpenetrationsprogramm für M2M-Lösungen angeboten werden. Hierzu sind aus unserer Sicht die Förderkonzepte des BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) gut geeignet, die bereits Energiemanagementsysteme bzw. Querschnittstechnolo­gien för­dern oder Wirtschaftsförderung für den innovativen Schiffs­bau und weitere Technologien bieten. Folgende Förderleistungen/Zuschüsse sollten dabei für M2M angeboten werden: • Beratungsleistungen zur Konzeption von M2M-Diensten und -Geschäftsmodellen, • Informationsveranstaltungen und Workshops für mehr Trans­ parenz der Lösungsanbieter und Austausch mit dem Mittelstand, • Fördermittel für die Einführung von M2M-Lösungen, • Markterschließungsprogramme, • Förderung von Leuchtturmprojekten.

Maßnahmenempfehlungen:

2.2.5.5 Förderung der Ausbildung für verteilte eingebettete Systeme

[3] Embedded Mobile Whitepaper Embedded Mobile Guidelines Release 3 28 March 2012. URL: http://www.gsma.com/connectedliving/wp-content/ uploads/2012/03/GSMA-Whitepaper-Embedded-Mobile-Guidelines-Release_31.pdf (03.12.2013)

Ausgangssituation: Die erfolgreiche Entwicklung von M2M-Systemen erfordert Ingenieure und Informatiker, die über die Grenzen ihres jeweiligen Faches hinaus ausgebildet sind und die Eigenarten von Hardware und Software, die Erfordernisse der Integration von Software und Hardware, der Architektur eines verteilten und vernetzten Gesamtsystems, der regelgerechten Entwicklung von großen Software-Systemen, wie auch die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen verstehen und in einem industriellen Entwicklungsprozess zum Einsatz bringen könnten. Hierzu gibt es erste Ansätze in der Hochschulausbildung, aber das Thema ist bisher nicht in der notwendigen Breite präsent. Sowohl in der Erstausbildung wie in der beruflichen Weiterbildung fehlen hier Angebote, um die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Industrie sicherzustellen.

Wir empfehlen daher, die Entwicklung solcher Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gezielt zu unterstützen und Universitäten und Industrie die gemeinsame Möglichkeit zu geben, solche Maßnahmen zu erarbeiten. Dies kann z. B. durch finanzielle Unterstützung im Rahmen von Zuwendungen oder Projekten geschehen. Zusätzlich sollten Aktivitäten unterstützt werden, die solche Berufsfelder bereits in den Schulen fördern und attraktiv darstellen können. Hier könnten etwa Einzelmaßnahmen von Hochschulen, aber auch Aktivitäten etwa der Gesellschaft der Informatik und von 4ING (http://www.4ing.net) unterstützt werden.

Weiterführende Literatur [1] Uwe Kubach, IEEE INTERNATIONAL CONFERENCE ON COMMUNICATIONS, 9-13 JUNE, BUDAPEST, HUNGARY, URL: http://www.ieee-icc. org/2013/5.M2M_ICC_2013-06-11.pdf (05.12.2013) [2] Machine-to-Machine-Kommunikation - eine Chance für die deutsche Industrie, AG2 M2M Initiative Deutschland, Stand: November 2012. URL: http://www.it-gipfel.de/IT-Gipfel/Navigation/mediathek,did=522484. html (03.12.2013)

[4] “Smarter Apps for Smarter Phones” Version 0.14 February 2012. URL: http://www.gsma.com/technicalprojects/smarter-apps-for-smarter-phones (03.12.2013) [5] Mobilfunk –Datenübertragung in der Industrie, ISBN 978-3-00-037386-2. URL: http://www.phoenixcontact.de/m2m (03.12.2013) [6] IKT.NRW Roadmap 2020, ITK Cluster NRW, November 2013. URL: http:// ikt.nrw.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/IKT_Roadmap/IKT-NRW_ Roadmap_2020.pdf (03.12.2013)

Unterstützung von Aus- und Weiter­ bildungsmaßnahmen

313


314

2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

315

2.3

2.1

Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze............................................ 251

2.2

M2M Initiative Deutschland....................................................................... 275

2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3

Gastbeitrag: Empfehlungen des IPv6 Rates zur Förderung der Einführung von IPv6.......................................... 315 Einleitung.................................................................................................. 315 Notwendigkeit der Förderung der Einführung von IPv6............................... 316 Handlungsempfehlungen........................................................................... 317

Gastbeitrag IPv6 Rat

Empfehlungen des IPv6 Rates zur Förderung der Einführung von IPv6 2.3.1 Einleitung Der Deutsche IPv6 Rat wurde 2007 gegründet, um alle Akteure aus Industrie, Forschung, Politik und Verwaltung, die mit IPv6 befasst sind, zu vereinen und die Einführung des neuen Internet-Protokolls voranzutreiben. Dies soll durch die Verbesserung von Technik und Vermarktung sowie durch die Sensibilisierung von Endnutzern und Industrie in Bezug auf den Einsatz von IPv6 geschehen - um ein ausgereiftes und sicheres Internet der nächsten Generation zu schaffen. Als Reaktion auf die Notwendigkeit der Förderung der Einführung des Internetprotokolls Version 6 (IPv6) in Deutschland, wurde im Nachgang zum Nationalen IT-Gipfel 2010 zusätzlich eine Initiative zur Einführung von IPv6 ins Leben gerufen. Im Rahmen dieser Initiative wurde ein Strategiepapier verfasst, das die Notwendigkeit der Einführung von IPv6 aufzeigen und grundlegende Eigenschaften des Protokolls sowie allgemeine Fragestellungen zu IPv6* diskutieren. In einer weiteren Veröffentlichung zum IT-Gipfel 2012 wurden spezifische Fragestellungen zu Geschäftsmodellen mit IPv6, und Privatsphäre und Sicherheit mit IPv6 aufgegriffen**. * Strategiepapier zur Förderung der Einführung von IPv6 – URL: http://www.it-gipfel.de/IT-Gipfel/

Navigation/archiv,did=459940.html (16.07.2013) ** Handlungsempfehlungen zur Einführung von IPv6 – URL: http://www.it-gipfel.de/IT-Gipfel/Navi-

gation/mediathek,did=524286.html (16.07.2013)

Der IPv6 Rat bündelt die Akteure

Vorarbeiten der vergangenen Jahre


316

2 Plattformen und Querschnittstechnologien Die Enabler Intelligenter Netze

Die flächendeckende Einführung von IPv6 ist noch nicht abgeschlossen.

Mit dem Jahr 2013 wurden die Aktivitäten im IPv6 Rat gebündelt und der Rat berichtet als Gremium zur Einführung von IPv6 an die AG2 im IT-Gipfel-Prozess. Der vorliegende Bericht verdeutlicht, dass die flächendeckende Einführung von IPv6 noch nicht abgeschlossen ist und weitere Förderung, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmenm, notwendig ist. Auf dieser Erkenntnis aufbauend werden notwendige Handlungsmaßnahmen aus Sicht des IPv6 Rats formuliert um eine flächendeckende Einführung von IPv6 zu erreichen.

2.3.2 Notwendigkeit der Förderung der Einführung von IPv6 Internetanschlüsse für Neukunden sind IPv6-fähig.

Eine Vielzahl von Internetdiensten ist noch nicht IPv6-fähig.

drohender Wettbewerbsnachteil

Stand 2013 sind in Deutschland Internetanschlüsse für Neukunden IPv6-fähig, ein Großteil der neu erworbenen Netzwerkinfrastruktur unterstützt IPv6 und auch für die öffentliche Verwaltung existieren IPv6 Profile für Einkaufsrichtlinien von IT-Infrastruktur. Zurecht kann man fragen, ob unter diesen Bedingungen noch Handlungsbedarf für eine Förderung der flächendeckenden Einführung von IPv6 existiert, oder ob die Voraussetzungen geschaffen sind und sich die Einführung schon von selbst regeln wird. Den positiven Entwicklungen stehen allerdings eine Vielzahl von Internetdiensten gegenüber, die nicht IPv6-fähig sind und auch nicht ohne größere Aufwände auf IPv6 umgestellt werden können. Dies kann dann zu Effekten führen, dass Außendienstmitarbeiter aus asiatischen Staaten keinen Zugriff mehr auf das eigene Firmen­netzwerk haben, oder Webseiten nicht mehr erreichbar sind, da die Gateways in bestimmten Ländern jetzt schon nur noch IPv6-Verkehr unterstützen. Der potenzielle volkswirtschaftliche Schaden für eine Exportnation wie Deutschland ist enorm: es droht unweigerlich eine Abkopplung von den derzeitigen Entwicklungen rund um IPv6 in Zukunftsmärkten wie Asien. Die Industrie muss sich daher darauf vorbereiten, dem zukünftigen Bedarf an IPv6-basierten Diensten, Anwendungen und Geräten zu entsprechen, um so einen drohenden Wettbewerbsnachteil auf dem Weltmarkt abzuwenden. In den meisten globalen Großkonzernen ist dieser Bedarf bereits angekommen. Der IPv6 Rat sieht eher den Bedarf in mittelständischen Unternehmen, die global operieren und in Nischenmärkten den weltweit Marktführer

2.3 Gastbeitrag: Empfehlungen des IPv6 Rates zur Förderung der Einführung von IPv6

stellen. Oftmals betreiben mittelständische Unternehmen selbst entwickelte Softwarelösungen, für die selbst das Schätzen des Aufwands für die Umstellung auf IPv6 eine enorme Herausforderung darstellt. Hier sieht der IPv6 Rat den dringendsten Handlungsbedarf. Eine zentrale Hilfestellung würden Referenzarchitekturen darstellen, in denen der jeweils gängigen IPv4-basierte Architektur für ein Anwendungsszenario die entsprechende IPv6-basierte Architektur gegenübergestellt wird. Anhand von erprobten Referenzarchitekturen könnten mittelständische Unternehmen die Umstellung auf IPv6 mit vertretbarem Aufwand sicher planen.

Hilfestellung für den Mittelstand

2.3.3 Handlungsempfehlungen Zur Förderung der flächendeckenden Einführung von IPv6 in Deutschland, insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen, empfiehlt der deutsche IPv6 Rat daher folgende Handlungen seitens der Bundesregierung: • Start eines Programms zur Zusammenstellung von Refe­ renzarchitekturen für sichere IPv6 basierte Netzwerke: Die Initiative könnte mit einer Bestandsaufnahme von bestehenden Arbeiten starten, um dann gezielt fehlende Referenzen zu erarbeiten. Ziel sollte eine Sammlung von Referenzarchitekturen für verschiedene Anwendergruppen sein, in denen der jeweils gängigen IPv4-basierte Architektur für ein Anwendungsszenario die entsprechende IPv6-basierte Architektur gegenübergestellt wird. Zielgruppe sollten insbesondere kleine und mittelstän­ dische Unternehmen sein, die anhand von erprobten Referenzarchitekturen die Umstellung Ihrer Netzwerke sicher planen können. Eine Mandatierung durch eine Regierungsorganisation ist wichtig für Vertrauen seitens der Anwender, als auch hilfreich für die Verbreitung des Inhalts durch Branchenverbände oder Handelskammern. • Förderung von IPv6 Projekten: Die Bundesregierung sollte bestehende IKT-Förderinitiativen nutzen, um auf die IPv6-Thematik aufmerksam zu machen und die Einführung zu fördern. Auch im Rahmen der Forschungs- und Entwicklungspolitik sollte geprüft werden, ob Handlungsbedarf zu IPv6 über das bereits vorhandene Maß hinaus besteht.

Referenzarchitekturen

Mandatierung einer Regierungs­ organisation

F&E-Politik

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3

Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze Eine flächendeckende, hochleistungsfähige breitbandige Vernetzung ist eine unerlässliche Basistechnologie. Die Unterarbeitsgruppe Breitband der AG2 begleitet und fördert seit vielen Jahren den Ausbau deutscher Breitbandinfrastrukturen. Zielsetzung ist es, den Ausbau und die Nutzung der Breitbandinfrastruktur in Deutschland zu ermög­lichen bzw. zu beschleunigen. Aus politischen Empfehlungen wurden über die Breitband­strategie konkrete Maßnahmen und Handlungsempfehlungen entwickelt und in vielen einzelnen Maßnahmen erfolgreich umgesetzt. Welche Maßnahmen der Breitbandstrategie wurden bis heute umgesetzt? Die Breitbandstrategie der Bundesregierung nennt 15 konkrete Maßnahmen, von denen die meisten umgesetzt und weiterentwickelt wurden. Zum Erfolg beigetragen haben insbesondere: • Die rasche Nutzung des Potenzials der Digitalen Dividende. Hier verfügt Deutschland heute über eine sehr weitreichende Abdeckung ländlicher Räume mit mobilem Breitband auf Basis von LTE. Die Vorgaben der Frequenzversteigerung wurden voll erfüllt. Deutschland liegt beim LTE-800Ausbau im europäischen Vergleich an erster Stelle. • Die Einführung des Infrastrukturatlas, der Informationen über vorhandene, mitnutzbare Infrastrukturen bereitstellt. • Die optimierte Mitnutzung bestehender Infrastrukturen. • Die bedarfsorientierte Mitverlegung von Leerrohren. • Die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für den Infrastruk­ tur­ausbau. • Die verbesserten Förderbedingungen in den Gemeinschaftsaufgaben GAK und GRW-I. • Der Aufbau des Breitbandbüros des Bundes, das als Beratungs- und Informationsstelle tätig ist und operative Aufgaben der Breitbandstrategie übernommen hat.


320

321

Wie weit ist die Breitbandabdeckung bis heute fortgeschritten?

Wie können beim Breitbandausbau Synergien gehoben werden?

Nach den Zahlen der aktuellen Studie des (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) zur Breitbandabdeckung in Deutschland haben heute fast 100 % der Bevölkerung Zugang zu schnellem Internet mit Geschwindigkeiten von mindestens 1 Mbit/s – fast 60 % der Bevölkerung zum Hochleistungsinternet mit mehr als 50 Mbit/s. Diese Größen waren nur durch umfangreiche Inves­titionen und die Umsetzung zahlreicher Maßnahmen aus der Breitbandstrategie möglich. Trotz dieser sehr posi­tiven Entwicklungen und des weiterhin dynamischen Ausbaus bleibt bis zum Ziel einer 75 %-igen bzw. flächen­deckenden Versorgung bis 2018 mit Hochgeschwindigkeitsanschlüssen noch viel zu tun. Die UAG Breitband möchte auch in diesem Jahr mit ihrer Arbeit den weiteren Auf- und Ausbau von möglichst flächen­deckenden Hochgeschwindigkeitsinfrastrukturen im Bereich aller Netze – ob fest oder mobil – vorantreiben. Eine flächendeckende Versorgung Deutschlands mit Hochgeschwindigkeitsanschlüssen lässt sich dabei wirtschaftlich sinnvoll nur mit einer Kombination aus leistungsfähigem Festnetz und Mobilfunk realisieren, wobei das Ziel eine möglichst weitgehende Versorgung mit glasfaser­basierten Anschlüssen sein muss. Was den Investitionsbedarf betrifft, so kommt eine vom BMWi beim TÜV Rheinland beauftragte Studie zu dem Ergebnis, dass für einen möglichst kosteneffizienten Ausbau mit mindestens 50 Mbit/s ein Mix aus Technolo­gien wie FTTB/H, CATV, VDSL-Vectoring und LTE-Advanced zwingend notwendig ist. Der Verzicht auf einzelne Techno­ logien würde den Inves­titionsbedarf erheblich steigern. (http://www.bmwi.de/DE/Mediathek/Publikationen. did=597230html)

Die Projektgruppe Branchenübergreifende Zusammen­ arbeit hat Strategien und Maßnahmen identifiziert, die eine stärkere Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen beim Breitbandausbau bewirken können. Schwerpunkte der Diskussion sind die Einführung neuer, innovativer und kostensenkender Verlege­technologien, der Status des Ausbauprojekts Mecklenburg-Vorpommern sowie die Frage einer Einbindung von Gebäudeinfrastruk­turen – der Haus und Heimvernetzung. Die Gruppe spricht sich dafür aus, die Belange der Infra­ strukturinhaber künftig noch stärker zu berücksichtigen, um damit eine neue Dynamik bei der Mitnutzung auszulösen. Der Staat kann durch Transparenz über nutzbare und vermarktbare Infrastrukturen Synergien durch branchenübergreifende Zusammenarbeit befördern.

Wie können zukunftsorientierte Frequenzpolitik und verbesserte Rahmenbedingungen helfen? Mobilfunktechnologien leisten bereits heute einen wertvollen Beitrag zur Breitbandversorgung – nicht nur dort, wo leitungsgebundene Technologien wie xDigital Subscriber Line (xDSL) über Kupferleitungen, Koaxial- und Glasfaserkabel nicht kosteneffizient eingesetzt werden können, sondern auch in Ballungsgebieten. Für den LTE-Ausbau, der in der ersten Stufe die länd­ lichen Gebiete – viele davon zum ersten Mal – mit leistungsfähigen Internetanschlüssen versorgt hat, haben die Mobilfunkunternehmen bereits Milliardenbeträge investiert. Für den weiteren Auf- und Ausbau leistungsfähiger mobiler Breitbandnetze ist der Einsatz geeigneter Frequenzen erforderlich. Das bislang dem Mobilfunk zugeteilte Frequenzspektrum wird perspektivisch nicht ausreichen.


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323

Eine rechtzeitige Vorbereitung der Zuteilung des 700-MHz-Bandes leistet einen wichtigen Beitrag zur weiteren Verbesserung der Breitbandversorgung in der Fläche mit höheren Bandbreiten und ist für das Erreichen der vorgenannten Einsparpotenziale unerlässlich. Die Schwerpunkte der Arbeit im Bereich mobiler Breitbandinfrastrukturen haben sich daher konzentriert auf eine ganzheitliche Bedarfsanalyse, die Erarbeitung von Kriterien für die effiziente Nutzung des knappen Funkspektrums und der künftigen Rolle von WiFi für eine leistungsfähige und standortungebundene Breitbandversorgung insbesondere im öffentlichen Raum. Die Koexistenz von neuen Funknutzungen mit bestehenden Diensten in leitungsgebundenen Netzen wurde als wichtig erkannt. Der zügige und flächendeckende Ausbau leistungsfähiger mobiler Breitbandnetze soll durch entsprechende Handlungsempfehlungen für die intelligente Nutzung des Funkspektrums unterstützt werden. Auf der anderen Seite können mobile Breitband­netze mit entsprechender Frequenzausstattung über zukunfts­ fähige Technologien perspektivisch die terrestrische Verbreitung von Rundfunkinhalten unterstützen. Die Betrachtung von Rahmenbedingungen und die Ableitung von Empfehlungen für den Ausbau von mobilen Breitbandinfrastrukturen runden den Bericht ab.

Wie können Maßnahmen der Energiewende zum Breitbandausbau beitragen? Die Projektgruppe Breitband für Intelligente Netze geht in ihrem Beitrag der Frage nach, ob die im Rahmen der Energie­wende notwendigen Maßnahmen (kommunaler) Unternehmen zur Beschleunigung des Breitbandausbaus in Deutschland beitragen (können). Dazu hat sie sechs Unternehmen, die bereits Breitbandausbau und Maßnahmen der Energiewende synergetisch durchführen, betrachtet.

Ergebnis war, dass Synergiepotenziale beim Infrastruktur­ ausbau vorhanden sind und auch genutzt werden, allerdings abhängig sind von der jeweiligen konkreten Situation und zudem schwer quantifizierbar. Die dezentrale Energieversorgung erfordert schnelle und störungsfreie bidirektionale Kommunikation zwischen Verbrauchern und dezentralen Erzeugern; zur Steuerung von Smart Grids sind auf die speziellen Anforderungen (u. a. Ausfallsicherung) abgestimmte Telekommunikations-Netze die zentrale Voraussetzung. Heutige Anwendungen wie z. B. Smart Metering erfordern noch keine sehr hohen Band­ breiten. Nach Einschätzung der befragten Unternehmen wird der Bandbreitenbedarf jedoch mit steigender Nachfrage nach Smart-Home-Anwendungen ansteigen und ohne moderne, hochleistungsfähige Kommunikationsnetze nicht mehr handhabbar sein. Gleiches gilt für den steigenden Anteil an dezentral erzeugten, erneuerbaren Energien, mit dem auch der Regelungsbedarf der Verteilnetze steigt. Durch Zusatzdienste wie z. B. lastabhängige Tarife, die Visualisierung und Analyse von Energie-Verbrauchsdaten oder ferngesteuertes Facility Management lassen sich auf Basis der Telekommunikations-Anbindung zusätzliche Umsatz­potenziale generieren. Der Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Mitverlegung von Telekommunikations-Infrastruktur im Rahmen notwendiger Verlegungen von Stromleitungen wird von den unter­ suchten Unternehmen hinsichtlich seiner Wirkung für den Breitbandausbau eher kritisch beurteilt und scheint in der Praxis keine generelle Anwendung zu finden. Es ist daher zu überlegen, ob ein unverbindlicher Leitfaden den geeigneten Rahmen für Planungssicherheit, Transparenz (u. a. mit Blick auf sachgerechte Verrechnungsmöglichkeiten) und ein Level Playing Field zwischen Energienetz- und TK-Netzbetreibern schaffen kann, oder ob er unter Einbeziehung aller relevanten Marktakteure, d. h. insbesondere auch der TK-Netzbetreiber, überarbeitet werden sollte.


324

3 Flächendeckendes Breitband Die Grundlage für Intelligente Netze

325

Flächendeckendes Breitband Die zentrale Infrastruktur für alle Netze 2009

Ist-Zustand

Planung

Ziel

2013

2014

2018

98%

Strategieumsetzung

384 Kbit/s

Strategieumsetzung

Flächendeckender Glasfaserausbau

92% 1 Mbit/s

100%

LTE 800

mind. 1 Mbit/s

Versorgung der „weißen Flecken“

70% 2 Mbit/s

ca. 60%

75% Versorgung von 75% aller Haushalte mit mind. 50 Mbit/s

LTE Advanced bis 1 Gbit/s verfügbar

Konsequente Hebung von Synergiepotentialen.

50 Mbit/s

zusätzliche Mittel für den Infrastrukturausbau

20% 50 Mbit/s

TV

LTE

Digitale Dividende

bedarfsorientierte Mitverlegung von Leerrohren

GAK

Aufbau des Breitbandbüros des Bundes

Technische Potentiale wie VDSL Vectoring und Breitbandversorgung über Satelliten bilden wichtige Voraussetzungen für einen technologieneutralen Ausbau der Breitbandinfrastruktur als Gemeinschaftsaufgabe von Wirtschaft, Bund, Länder und Kommunen.

GRW Kabelnetze und LTE

Mitnutzung bestehender Infrastrukturen

verbesserte Förderbedingungen

Einführung Infrastrukturatlas

Strategieumsetzung 2009 bis 2013 Abbildung 3-1: Infografik Flächendeckendes Breitband Quelle: Unterarbeitsgruppe 2 der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Rechtzeitige Vorbereitung der Zuteilung des 700MHz-Bandes zum Mobilfunk als Beitrag zur Erreichung der Breitbandziele der Bundesregierung.

Realisierung von Hausverkabelungen bei Neubauten und Kernsanierungen.

100% Für 100% aller Haushalte ist eine Bandbreite von mind. 50 Mbit/s verfügbar.


326

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

327

3.1 3.1

Breitbandentwicklung in 2013.......................................................... 327

3.2

Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau............... 333

3.3

Alternative Verlege-Technologien am Beispiel von Mikro-Trenching und Verlegungen in Wasserleitungen................................ 343

3.4

Haus- und Heimvernetzung....................................................................... 349

Ein Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie

3.5

Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze........................................ 363

Monitoringbericht: Bedarf an hohen Bandbreiten wird steigen

3.6

Breitband für Intelligente Netze................................................................. 393

3.7

Breitbandaktivitäten der Bundesländer...................................................... 413

3.8

Gastbeitrag: NGA-Forum........................................................................... 421

Breitbandentwicklung in 2013

„Investitionen in hochbitratige Breitbandnetze sind unverzichtbar“, heißt es im dritten Monitoringbericht zur Breitbandstrategie der Bundesregierung. Der Bericht verweist dabei auf Studien, wonach sich das gesamte Datenvolumen der deutschen Internetnutzer zwischen 2011 und 2016 beinahe vervierfachen werde. Zurückzuführen sei dies auf eine veränderte Internetnutzung. Vor allem datenintensive Videoanwendungen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Zugleich werde mit einer stärkeren Ver­lagerung von Diensten in die sogenannte Cloud der Bedarf an immer schnelleren Download-, aber auch Upload-Geschwindigkeiten zunehmen. Auch die Entwicklung zu Industrie 4.0, der informatisierten Industrie, erfordert den flächendeckenden Ausbau hoher Bandbreiten. Die Telekommunikationsunternehmen bauen unter Einsatz aller Technologien Zug um Zug hochleistungsfähige Infrastrukturen mit mindestens 50 Mbit/s aus. Fast 60   % der Haushalte konnten Mitte 2013 Bandbreiten von 50 Mbit/s und mehr nutzen.

Datenvolumen vervierfacht sich


328

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Im Technologiemix zum Ziel

sehr hohe Bandbreiten durch Vectoring

Bereitstellung vormaliger Rundfunkfrequenzen

Die positive Entwicklung ist maßgeblich auf eine Umrüstung der bestehenden Kabelnetze von DOCSIS 2 auf DOCSIS 3.0 zurückzuführen. Zusätzlich tragen in einzelnen Gebieten der VDSL-Ausbau und FTTB- bzw. FTTH-Netze zur Versorgung mit Hochleistungsnetzen bei. Allerdings ist der Ausbau von DOCSIS 3.0 nahezu abgeschlossen, umfangreiche Netzerweiterungen sind bislang nicht geplant, allenfalls Lückenschlüsse. Sehr hohe Bandbreiten bis 100 Mbit/s werden künftig durch die Vectoring-Technik erwartet, eine Erweiterung der VDSL-Technik. Bis 2016 sollen allein durch die Telekom Deutschland GmbH 24 Millionen Haushalte (65  %) an dieses Netz angeschlossen sein. Vereinzelt baut auch die Telekom Deutschland GmbH FTTH-Netze aus. Hinzu kommen Investitionen in Vectoring sowie in Glasfasernetze bis zum Haus oder in die Wohnung (FTTB/H) durch Wettbewerber. Maßgeblich zu einer verbesserten Versorgung mit Basisdienstleistungen hat die Bereitstellung vormals dem Rundfunk zugeordneter Frequenzen aus dem 800-MHz-Band beigetragen. Diese Frequenzen wurden aufgrund der Digitalisierung des terrestrischen Rundfunks frei und konnten für die schnelle Erschließung von zuvor unversorgten Regionen eingesetzt werden. Die an die Nutzung der Frequenzen geknüpften Versorgungsauflagen wurden bereits 2012 erfüllt. Inzwischen haben dadurch knapp 85  % der Haushalte die Möglichkeit, mindestens eine mobile und eine drahtgebundene Infrastruktur für 2-Mbit/s-Verbindungen nutzen zu können, für knapp die Hälfte aller Haushalte stehen solche Alternativen sogar für mindestens 6 Mbit/s zur Verfügung.

Ehrgeizige Pläne für LTE-Ausbau ehrgeizige Ausbaupläne

Die weiteren Pläne der Mobilfunkbetreiber sind ehrgeizig. So beabsichtigt Vodafone bis 2015 einen flächendeckenden LTE-Ausbau, die Deutsche Telekom will LTE für 80  % der Haushalte bis Ende 2016 bereitstellen. Auch E-Plus und Telefonica O2, deren Fusions­ vorhaben derzeit durch die Europäische Kommission geprüft wird, haben jeweils eine weitere Verdichtung angekündigt. Genauere

3.1 Breitbandentwicklung in 2013

Aussagen werden vermutlich erst möglich sein, wenn über die mögliche Frequenzausstattung eines fusionierten Unternehmens entschieden ist. Für den LTE-Ausbau setzen die Unternehmen neben 800-MHz-Frequenzen auch solche aus dem 1800-MHz-Bereich und dem 2,6-GHz-Bereich ein. Um auch im ländlichen Raum noch höhere Bandbreiten zu ermöglichen, wird in einem nächsten Schritt nun gemeinsam mit den anderen Bedarfsträgern über weitere Entwicklungsmöglichkeiten für den Mobilfunk diskutiert. Dabei wird es darum gehen, welche Kapazitäten kurz- bis mittelfristig für Zwecke der Telekommunikation bereitgestellt und für den flächendeckenden Ausbau eines hochwertigen Mobilfunknetzes genutzt werden können, ohne dass Entwicklungsmöglichkeiten anderer Bedarfsträger eingeschränkt werden.

Entwicklungsmöglich­ keiten des Mobilfunks

Maßnahmen der Breitbandstrategie greifen Die bisherige Entwicklung in Deutschland ist maßgeblich auf die Vielzahl an Marktteilnehmern, das vorhandene Regulierungs­modell und die verschiedenen Maßnahmen zur Schaffung von Trans­parenz über den Breitbandausbau, die fokussierte Information der Handelnden vor Ort und die Kommunikation mit Banken und Unter­ nehmen sowie den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zurückzuführen. Eine effiziente flächendeckende Versorgung mit mindestens 50 Mbit/s erfordert selbst bei einem technologieneutralen Ansatz, der alle leitungsgebundenen und drahtlosen Technologien einbezieht, milliardenschwere Investitionen. Insgesamt 34 Milliarden Euro kostet nach einer Studie des TÜV Rheinland ein flächendeckender Ausbau mit mindestens 50 Mbit/s. Können zukünftig von den Mobilfunkbetreibern weitere Frequenzen unterhalb von 1 GHz genutzt werden, reduzieren sich die Kosten auf rund 19 Milliarden Euro. Viele Projekte können ohne Fördermittel bzw. mit einem geringen Anteil an öffentlicher Unterstützung realisiert werden. Ein Erfolgskriterium ist die Ausschöpfung von Synergien beim Netzausbau. Entlang von Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen

milliardenschwere Investitionen nötig

Synergien als Erfolgskriterium

329


330

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Synergie-Workshops

Synergien durch Mitnutzung und Mitverlegung

Banken und Unternehmen in Workshops zusammengeführt

oder Eisenbahnlinien können vorhandene geeignete Infrastrukturen mitgenutzt werden. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür wurden im TKG geschaffen, die konkreten Nutzungsbedingungen stehen weitgehend fest. Mehrere Unternehmen haben an diesen Möglichkeiten Interesse signalisiert, konkrete Nutzungen bilden sich allmählich heraus. In Synergie-Workshops vor Ort sowie auf einer gemein­samen Fachkonferenz von BMWi und DIHK am 5. November 2012 wurden Nutzungsmöglichkeiten aufgezeigt und Möglichkeiten formuliert, noch bestehende Hemmnisse zu überwinden. Das Bundeswirtschafts­ministerium wird mit Unterstützung des Breitbandbüros des Bundes die Umsetzung von Synergiepoten­zialen vorantreiben. Entscheidenden Beitrag können aber auch die ausbauenden Unternehmen leisten, indem sie bei vorhandenen Nutzungsbarrieren unmittelbar den Kontakt zum Infrastruktur­träger suchen. Während Synergiepotenziale im Wege der Mitnutzung bestehender Infrastrukturen insbesondere im Backbone und Backhaul zur Kosteneinsparung genutzt werden können, bieten sich in den Anschlussnetzen Einsparmöglichkeiten eher über Mitverlegungen an. Hier können insbesondere die Kommunen durch mehr Transparenz über geplante Tiefbau­vorhaben maßgeblich zur Hebung von Synergien beitragen. Um die notwendigen Investitionen aufzubringen, sind alle Möglichkeiten einer Marktfinanzierung zu nutzen. Bisher halten sich Banken noch zurück. Gründe sind u. a. kurze Vertragslaufzeiten, zu geringe Nutzung und/oder fehlende Besicherungen. Das BMWi hat daher Banken und Unternehmen in mehreren Banken-Workshops zusammengeführt, um das Verständnis bei Banken für die Besonderheiten des Telekommunikationsmarktes zu verbessern und Voraussetzungen für bessere Finanzierungsmöglichkeiten zu identifizieren. Als ein Ergebnis hat das Bundeswirtschaftsministerium eine Studie in Auftrag gegeben, bei der Projekte identifiziert werden sollen, die auch in geringer besiedelten Gebieten mit wenig oder keiner Förderung realisiert werden bzw. wurden. Auch öffentliche Banken schöpfen ihre Potenziale noch nicht aus. Hinsichtlich der KfW hat das BMWi in mehreren Workshops mit Ländern, Unternehmen, kommunalen Spitzenverbänden und KfW nutzbare Programme identifiziert und deren Konditionen bekannt gemacht.

3.1 Breitbandentwicklung in 2013

Die Ansprache von Banken und weiteren Investorengruppen wird künftig fortgesetzt. Wichtig ist es, hier alle Möglichkeiten zu nutzen, die noch mehr Kapital in geeignete Projekte allokieren. Dort, wo alle Möglichkeiten der Umsetzung von Synergien und ein verstärktes Bankenangebot nicht ausreichen, um künftig Hochleistungsinternet vor Ort zu etablieren, hat jede Gebietskörperschaft über ein verstärktes öffentliches Engagement zu entscheiden. Das BMWi hat mit der Weiterentwicklung der Bundesrahmenregelung Leerrohre die Grundlage geschaffen für entsprechende Förder­programme, die den Aufbau passiver Netze oder die Schließung einer Wirtschaftlichkeitslücke fördern möchten. Ziel ist es, die NGA-Rahmenregelung alsbald möglich mit der Europä­ ischen Kommission abschließend abzustimmen.

Gebietskörper­ schaft entscheidet über öffentliches Engagement

331


332

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

333

3.2 3.1

Breitbandentwicklung in 2013.................................................................... 327

3.2 3.2.1 3.2.1.1 3.2.1.2 3.2.1.3 3.2.1.4 3.2.1.5 3.2.2 3.2.2.1 3.2.2.2 3.2.2.3

Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau........................................................................ 333 Einleitung.................................................................................................. 333 Verbesserung von Transparenz.................................................................. 334 Förderung der Zusammenarbeit................................................................. 334 Chancen der Regulierung auf EU-Ebene..................................................... 335 Weitere Perspektiven für die Zukunft......................................................... 336 Fazit.......................................................................................................... 337 Praxisbeispiel: Breitbandkompetenzzentrum Mecklenburg-Vorpommern (BKZ M-V).......... 337 Zusammenarbeit durch Transparenz.......................................................... 338 Koordination fördert Synergien.................................................................. 340 Zukunftsperspektiven durch Synergien...................................................... 341

3.3

Alternative Verlege-Technologien am Beispiel von Mikro-Trenching und Verlegungen in Wasserleitungen................................ 343

3.4

Haus- und Heimvernetzung....................................................................... 349

3.5

Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze........................................ 363

3.6

Breitband für Intelligente Netze................................................................. 393

3.7

Breitbandaktivitäten der Bundesländer...................................................... 413

3.8

Gastbeitrag: NGA-Forum........................................................................... 421

Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau

3.2.1 Einleitung Die Zukunft der Wirtschaft stellt enorme Ansprüche an die Leis­ tungsfähigkeit der Breitbandnetze in Deutschland und Europa: Dies gilt zum Beispiel für die Umsetzung der Geschäftsmodelle von Indus­trie 4.0 wie auch für die digitale Vernetzung der Infrastruk­ turen im Rahmen „Intelligenter Netze“. Diese Anforderungen fin­ den Ausdruck in den Breitbandzielen der Bundesregierung, die eine flächendeckende Verfügbarkeit von Anschlüssen mit Übertragungs­ raten von mindestens 50 Mbit/s bis zum Jahre 2018 vorsehen. Geleitet von der Frage, wie die branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau ausgestaltet werden kann, traf sich die Projektgruppe Branchenübergreifende Zusammenarbeit der UAG Breitband im Frühjahr 2013 zum gemeinsamen Gedankenaustausch. Teilnehmer waren Unternehmen der TK-Branche sowie Inhaber passiver Infrastrukturen, die Fachressorts von Bund und Ländern sowie Vertreter der kommunalen Unternehmen, Städte und Landkreise sowie Branchenverbände.


334

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

vier Ansätze für die Synergienutzung

Anknüpfend an die gemeinsamen Arbeiten der Projektgruppe zur branchenübergreifenden Zusammenarbeit von 2011 und 2012 wurden mögliche Wege erörtert, wie künftig eine noch stärkere Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen, Mitverlegungen sowie weitere Kostensenkungen beim Breitbandausbau erreicht werden könnte. Dazu wurden im Wesentlichen vier Ansätze skizziert, deren Ausarbeitung und Vertiefung als lohnend erachtet wurde.

3.2.1.1

Verbesserung von Transparenz

• Diskutiert wurden mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz, beispielsweise durch eine Weiterentwicklung der vorhandenen Baustellenatlanten. Es bestand aber auch Einig­ keit, dass denkbare Verbesserungen – etwa im Bereich der Baustellen­atlanten – weitere, erhebliche Vorarbeiten erfordern würden. • Besondere Bedeutung wurde der Haus- und Heimvernetzung zugedacht. Darüber hinaus könnten Gebäude über die Nutzung von Trinkwasser-Hausanschlussleitungen unter Umständen kostengünstig an Glasfasernetze angeschlossen werden. Um der hohen Komplexität der damit einhergehenden Fragen gerecht zu werden, bestand Konsens in der Projektgruppe, beide Themen auf zwei Fokusgruppen auszulagern, die dazu eigene Berichte verfassten (siehe Kapitel 3.3 und 3.4).

3.2.1.2

Bereitschaft zur Zusammenarbeit stärken

3.2 Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau

• Belange von Inhabern, die ihre Infrastrukturen für den Breitbandausbau zur Verfügung stellen sollen, könnten besser berücksichtigt werden; entsprechende Vorgaben könnten mit dem öffentlichen Interesse eines schnellen und effizienten Ausbaus gerechtfertigt werden. Gleichzeitig müssten allerdings die Auswirkungen auf den Wettbewerb und auf die Kosten des Breitbandausbaus betrachtet werden. • Diskutiert wurde, dass weitere Synergieeffekte durch den eigenständigen Aufbau von Breitbandnetzen unter Mitnutzung der eigenen (Nicht-TK-)Infrastrukturen erfolgen könnten, soweit ein lohnender Ertrag zu erwarten wäre. Diskutiert wurde insoweit jedoch auch, dass sicherzustellen sei, dass es hierbei nicht zu Quersubventionierungen aus regulierten in nicht regulierte Bereiche kommt - auch wenn dies als eine Selbstverständlichkeit erscheint. • Zusätzliches Engagement kann entstehen, wenn der Aufbau von Breitbandnetzen eine Wertsteigerung für das eigene (Nicht-TK-) Kerngeschäft verspricht. Beispielsweise sind die positiven Effekte auf die Wertentwicklung von Immobilien nachgewiesen, die durch das Vorhalten hochmoderner Breitbandanbindungen entstehen. Nur ansatzweise konnten die Auswirkungen der veränderten Regelungen des TKG sowie Wege einer möglichen Optimierung der Nutzung dieser Regelungen innerhalb der Projektgruppe besprochen werden. Grundsätzlich wurden die neuen Regelungen begrüßt – wie beispielsweise § 77 b TKG zur Angebotspflicht privater und öffent­licher Unternehmen zur Mitnutzung. Sie könnten gemeinsames Engagement verstärken.

Förderung der Zusammenarbeit

Ansatzweise diskutiert wurde auch die Idee, die wirtschaft­lichen Belange derjenigen Inhaber passiver Infrastrukturen stärker zu berücksichtigen, die für den Ausbau von Breitbandnetzen relevant sind. Dadurch könnte die Bereitschaft zur Zusammen­arbeit grundsätzlich gestärkt werden; vor allem bei Inhabern von Infra­ strukturen, die nicht dem TK-Sektor zugerechnet werden, beispielsweise Schienennetzbetreiber sowie Energieversorger. Grundsätzlich könnten folgende Varianten in Betracht gezogen werden:

3.2.1.3

Chancen der Regulierung auf EU-Ebene

Als weiteren Gesprächspunkt behandelte die Projektgruppe sonstige Chancen der Regulierung für eine branchenübergreifende Zusammenarbeit, insbesondere auf Ebene der EU. Zum Entwurf der EU für eine Kostensenkungsverordnung („EU-Verordnung über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation“)

veränderte Regelungen des TKG

335


336

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Gesprächsbedarf mit der EU-Kommission

erfolgte ein Gespräch mit dem zuständigen Referatsleiter WolfDietrich Grussmann der Generaldirektion Connect. Die EU-Verordnung sieht im Wesentlichen vier Instrumente vor: • Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen, • Meldepflichten und Zugang zu Informationen über physische Infrastrukturen, • Koordinierung von Bauarbeiten und vereinfachte Genehmigungsverfahren für Bauarbeiten, • Anschluss von Gebäuden an Breitbandnetze. Die gemeinsame Diskussion resultierte in einer grundsätzlichen Zustimmung der Projektgruppe für branchenübergreifende Synergie­ nutzung innerhalb der EU. Neben grundsätzlicher Zustimmung wurden teilweise auch erhebliche Vorbehalte geäußert. Hier wurde weiterer Gesprächsbedarf mit der EU-Kommission festgestellt.

3.2.1.4

3.2 Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau

3.2.1.5

Fazit

Eine neue Dynamik in der Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen erscheint möglich, wenn die Potenziale einer verbesserten Transparenz gesteigert würden. Auch ein Engagement auf EU-Ebene wird grundsätzlich positiv eingeschätzt; jedoch besteht für die konkrete Umsetzung noch erheblicher Beratungsbedarf. Darüber hinaus sollten die Bemühungen, Fragen der Sicherheitsbelange mit Relevanz für die etwaige Zusammenarbeit zu klären sowie auch eine chancenadäquate Kommunikation zu erreichen, insgesamt verstärkt werden. Eine genauere Untersuchung der Fragen wird von der Projektgruppe als lohnend eingeschätzt

noch erheblicher Beratungsbedarf

Weitere Perspektiven für die Zukunft

• Sicherheitsfragen Die mögliche Relevanz von Sicherheitsfragen bei der Umsetzung von Breitbandprojekten in der branchenübergreifenden Zusammenarbeit wurde ebenfalls erörtert. Einigkeit bestand darin, dass Sicherheit unter allen Umständen gewährleistet sein muss. Zugleich können Sicherheitsfragen der gemeinsamen Nutzung vorhandener Infrastrukturen entgegenstehen. Allgemeine Leitlinien könnten einen wichtigen Beitrag dafür leisten, dass Sicherheitsaspekte schneller geklärt werden. Eine vertiefende Betrachtung dieser Fragestellung könnte sinnvoll erscheinen. • Chancen einer besseren Kommunikation Die Projektgruppe diskutierte auch die Chance verbesserter Kommunikation, um Synergiepotenziale wirksamer umzusetzen. Akteure sollten besser aufgeklärt und umfassender informiert werden. Dies schließt Unternehmen, Verwaltungseinheiten sowie politische Entscheidungsträger auf allen Ebenen sowie auch betroffene Bürger ein. Für eine flächendeckende Akzeptanz vor Ort sollte auch die konkrete Bewerbung der Vorteile breitbandiger Anschlüsse für die Bürger und Unternehmen beachtet werden.

3.2.2 Praxisbeispiel: Breitbandkompetenzzentrum Mecklenburg-Vorpommern (BKZ M-V) Anknüpfend an die Best-Practice-Betrachtung vom vergangenen Jahr wurde die Relevanz der Synergiedebatte auch in diesem Jahr am Beispiel eines Ausbauvorhabens in Mecklenburg-Vorpommern erörtert. Das Ausbauvorhaben des Zweckverbands „Elektronische Verwaltung in Mecklenburg-Vorpommern“ konkretisiert die Chancen und Herausforderungen einer branchenübergreifenden Zusammenarbeit. Das Projekt zielt auf den Ausbau der kommunalen Verwaltungen und Standorte der Landesverwaltung mit hochleistungsfähigen Breitbandnetzen. Dadurch sind Verbesserungen für die gesamte lokale Breitbandversorgung zu erwarten, beispielsweise für Bildungseinrichtungen, Unternehmen und Privathaushalte. Als Flächenland bietet Mecklenburg-Vorpommern beim Breitbandausbau gute Chancen zur Synergienutzung, auch beim Anschluss länd­ licher Regionen.

Ausbau der kommunalen Verwaltungen

337


338

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

3.2.2.1 Zusammenarbeit durch Transparenz

Auswahl geeigneter Partner unter Rückgriff auf den Infrastrukturatlas des Bundes

Als Grundlage für eine branchenübergreifende Zusammenarbeit wurden von der Projektleitung des Breitbandkompetenzzentrums Mecklenburg-Vorpommern (BKZ M-V) von Anfang an alle beteiligten Partner intensiv einbezogen. Dazu verfügt das Land über eine koordinierende Anlaufstelle im Rahmen des Breitbandkompetenzzentrums des Landes, das vorhandene Informationen bündelt und für mögliche Synergiemaßnahmen auswertet. Vorrangiges Betätigungsfeld der Koordinatoren ist damit die Stärkung von Trans­ parenz. Die Auswahl geeigneter Partner erfolgt fortlaufend unter Rückgriff auf den Infrastrukturatlas des Bundes, soweit dieser Informationen vorhält. Darüber hinaus werden vorhandenen Daten aus den Breitbandatlas in die Projektplanung eingebunden. Durch direkte Einbindung der kommunalen Bauämter kann auch im Bereich der Baustellenplanung zusätzliche Transparenz erreicht werden, beispielsweise im Bereich der Straßenbauarbeiten, um Kosteneinsparungen zu erzielen. • Öffentliche Verkehrswege Eine wichtige Stütze für das Projekt bildet die Mitnutzung öffentlicher Wege für die Verlegung von Glasfaserleitungen, Leerrohrsysteme sowie auch die Durchführung des Mikro- und MiniTrenching-Verfahrens nach § 68 Abs. 2 TKG. Flankierend bemüht sich das BKZ M-V gemeinsam mit den regionalen Koordinatoren um eine frühzeitige Einbindung der verantwortlichen Verwaltungsstellen, um gemeinsam lokale Synergiepotenziale auszuloten. Auch der vereinfachte Zugang zu Bundesfernstraßen und Bundes­wasserstraßen in Mecklenburg-Vorpommern nach § 77c und d TKG wird genutzt. Im Rahmen von unterschiedlichen Syner­gie­workshops werden die Möglichkeiten der Mitnutzung im Rahmen des Projektes erörtert. • Gebäude- und Heimvernetzung Die regionalen Koordinatoren haben Investoren und Eigentümer von Immobilien frühzeitig angesprochen, um die Versorgung mit Breitbandanschlüssen bis zum Endnutzer zu forcieren. Für die

3.2 Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau

erfolgreiche Verbreitung von Breitbandanschlüssen kommt der Einbindung von Gebäuden eine tragende Rolle zu. Beispielsweise berücksichtigt man in der Netzebene 4 die Infrastruktur z. B. bis in die Wohneinheiten zu führen. In den Koordinationsgesprächen zwischen den Projektkoordinatoren und Immobilienbesitzern werden zahlreiche Aspekte berücksichtigt, beispielsweise die Anforderungen an eine technologieneutrale Vernetzung über Koaxialkabel, Kupferdoppelader und Glasfaser. Aber auch Mindestanforderungen wie die Berücksichtung von Micropipes zur einfachen Nachrüstung von Kabelvernetzung werden diskutiert. Konkret flankiert werden die Verhandlungen durch Anreize für die Inhaber wie beispielsweise die aktive Vermarktung der Internetanschlussfähigkeit der Gebäude. • Energieinfrastruktur und Wasserleitungen Im Bereich der Energieinfrastruktur ist im Projekt erhebliches Kooperationspotenzial ersichtlich. So kooperieren beispielsweise Energieversorger als auch die Stadtwerke Schwerin eng mit Ausbauvorhaben im Stadtgebiet; hier werden Kunden die Versorgung mit WLAN angeboten als zusätzlicher Service. Im jetzigen Stadium zeigen sich erhebliche Potenziale auch durch die Kooperation mit Energienetzbetreibern (WEMAG und 50 Hertz Transmission GmbH). Durch die Nutzung der Glasfaseradern, die parallel auf den Hochspannungstrassen geführt werden, können gerade in ländlichen Regionen große Entfernungen überbrückt werden. Ganz bewusst wird in diesem frühen Gesprächstadium die Verbreitung intelligenter Dienste durch Breitbandinfrastruktur mitgedacht, die insbesondere Geschäftschancen und –modelle für die Unternehmen bieten. Eine aktuelle Übersicht der TK-Infrastruktur im Breitbandinfrastrukturatlas des Bundeslandes (BBGAIA-MV) gibt erste Hinweise auf die erheblichen Poten­ziale, die durch eine Kooperation mit Energieunternehmen beim Breitbandausbau gehoben werden könnten. Im Bereich der Mitnutzung von Trinkwasserleitungen wurden erste technische Erfahrungen in Pilotprojekten gemacht, für eine Anwendung sind derzeit allerdings noch eine Reihe zentraler Fragen ungeklärt.

erhebliche Potenziale durch die Kooperation mit Energienetzbetreibern

Verbreitung intelligenter Dienste durch Breitband­ infrastruktur mitgedacht

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340

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Klärungsbedarf mit dem EisenbahnBundesamt

• Schieneninfrastruktur Insbesondere im Bereich der Eisenbahninfrastrukturen werden im Projekt weitere Synergien für sehr wahrscheinlich gehalten, bedingt auch durch die Neuverlegung einer wichtigen Verbindungsstrecke. Hinsichtlich der relevanten Eisenbahninfrastruktur sind förderrechtliche sowie sicherheitstechnische Grundsatzfragen mit dem Eisenbahn-Bundesamt allerdings noch klärungsbedürftig.

3.2.2.2 Koordination fördert Synergien

Kriterien für eine Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen

In enger Zusammenarbeit mit dem BKZ M-V hat die Projektleitung des Ausbauvorhabens weitere Maßnahmen identifiziert, die Synergie­effekte versprechen. In Vorbereitung darauf wurden insbesondere Kriterien für eine Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen aufgestellt, die Fragen von Datenschutz- und Sicherheitsaspekten bis zu Fragen der intelligenten Kommunikation umfassen und zu klären versuchen. • Sicherheitsaspekte klären Aktuelle Aspekte zu Sicherheitsanforderungen an Verwaltungsnetze werden im gemeinsamen Dialog erörtert, auch im Dialog mit dem Bundesinnenministerium. Dazu werden Erwartungen sondiert, die seitens der Infrastrukturinhaber an die Beschaffenheit und Durchführung einer Breitbandverlegung gestellt werden können sowie gegebenenfalls Haftungsfragen. Mit dem neuen E-Government-Gesetz rückt die Klärung aller Fragen der ITSicher­heit in den Vordergrund. Ein weiterer Aspekt wird die Verlegung und Mitnutzung von Lehrrohrkapazitäten entlang vorhandener Leitungswege sein. Hier zielt das Engagement der Projektarbeit auf die effiziente Mitverlegung von Leerrohren als auch auf die Mitnutzung unter angemessenen Bedingungen. Eine Herausforderung stellt die Entwicklung von geeigneten Standards in der technischen Zusammenarbeit dar, um freie Leerrohrkapazitäten an Straßen und Wasserwegen effektiv nutzen zu können.

3.2 Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau

• Kommunikation gestalten Das frühzeitige Aufeinanderzugehen aller Projektpartner innerhalb des Projekts hat sehr früh dazu beitragen, dass sämtliche Akteure eng miteinander zusammenarbeiten. Um beispielsweise Klarheit über die erforderlichen Kapazitäten sowie Bandbreiten für sämtliche Standorte zu erhalten, bittet die Projekt­planung um Übermittlung von Bedarfszahlen. Aufgrund der engen Zusammenarbeit der Projektpartner (Wer sind diese, wenn nicht die Verwaltungsstellen?) mit den verantwortlichen Verwaltungsstellen ist zu erwarten, dass diese Analyse schnell und umfassend durchgeführt werden kann. Darüber hinaus wird auch der allgemeine Dialog zwischen Behörden und Netzbetreibern gesucht. Dazu dienen insbesondere neue Veranstaltungen wie solche des Breitbandbüro des Bundes, der IHKs und weiterer wichtiger Partner.

3.2.2.3 Zukunftsperspektiven durch Synergien Das Ausbauprojekt in Mecklenburg-Vorpommern zeigt Chancen der branchenübergreifenden Zusammenarbeit. In der Praxis stoßen die Verantwortlichen aber auch auf Grenzen der Zusammenarbeit, die zum Teil in den bestehenden Rahmenbedingungen veranlagt sind. Insoweit wird auch der Erfolg dieses Projekts abhängig sein von dem Maß, wie die Synergienutzung bei Breitbandausbau­ projekten von staatlicher und politischer Seite gestärkt wird.

Grenzen der Zusammen­ arbeit in der Praxis durch bestehenden Rahmen­ bedingungen veranlagt

341


342

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

343

3.3 3.1

Breitbandentwicklung in 2013.................................................................... 327

3.2

Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau............... 333

3.3

Alternative Verlege-Technologien am Beispiel von Mikro-Trenching und Verlegungen in Wasserleitungen............... 343

3.4

Haus- und Heimvernetzung....................................................................... 349

Ausgangslage

3.5

Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze........................................ 363

3.6

Breitband für Intelligente Netze................................................................. 393

3.7

Breitbandaktivitäten der Bundesländer...................................................... 413

3.8

Gastbeitrag: NGA-Forum........................................................................... 421

Ein wesentliches Hindernis beim Breitbandausbau in der Fläche stellen die Kosten für die Verlegung der dafür nötigen passiven Infra­struktur dar, wobei diese an den Gesamtinvestitionskosten einen Anteil von bis zu 60 % betragen können. Daher ist es ein wichtiges Ziel, um die Vorgaben der Breitbandstrategie der Bundesregierung erreichen zu können, diesen Kostenblock durch alternative Verlegungstechniken zu senken. Die Stadtwerke Bonn haben im Rahmen ihres Engagements beim Zweckverband Wasserversorgung Eifel-Ahr in Adenau, Landkreis Ahrweiler, Rheinland-Pfalz, bei zwei Hausanschlüssen auf der Strecke von der Wasserleitung in der Straße bis zur Wasseruhr im Gebäude erprobt, ob durch die Verlegung von Glasfaseradern im sogenannten Hausstich die Breitband-Anschlusskosten deutlich reduziert werden können bei gleichzeitiger uneingeschränkter Wahrung der Trinkwasserhygiene. Die Anschlüsse wurden im Zeitraum von Oktober 2011 bis August 2012 vom Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Universität Bonn durch Proben­ ziehung überwacht. Die Auswertung der Proben ergab keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Hygiene des Trinkwassers.

Alternative Verlege-Technologien am Beispiel von Mikro-Trenching und Verlegungen in Wasserleitungen

keine Hinweise auf Beeinträchtigung des Trinkwassers durch GlasfaserMitverlegung


344

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Da dieses Ergebnis lediglich auf der Grundlage von zwei Haus­ anschlüssen erfolgte, regte das Institut an, weitere, umfangreichere Erprobungen mit der entsprechenden Probenziehung und -auswertung durchzuführen.

3.3 Alternative Verlege-Technologien am Beispiel von Mikro-Trenching und Verlegungen in Wasserleitungen

Die Fokusgruppe Wasser Vor diesem Hintergrund regte der Vertreter des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg in der Unterarbeitsgruppe Breitband zur Vorbereitung des IT-Gipfels der Kanzlerin an, eine Fokusgruppe Wasser ins Leben zu rufen, in der Vertreter der IT-Wirtschaft, der Lebensmittelkontrolle, der einschlägigen Interessensverbände sowie des Bundes und der Länder beraten sollten, ob und ggf. wie diese neue Verlegetechnik mit welchem Einsparpotenzial zum Einsatz kommen kann. Das Einsparpotenzial wurde zunächst allein für Baden-Württemberg bei privaten Hausanschlüssen mit über 620 Millionen Euro beziffert, für Rheinland-Pfalz mit deutlich über 200 Millionen Euro. Die Fokusgruppe konstituierte sich am 28.Februar 2013 in Berlin in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund. Sie tagte weiterhin am 29. April 2013 bei den Stadtwerken Bonn in Bonn.

großes Einsparpotenzial

Abbildung 3.3-1: Nutzung der Wasserleitungen Quelle: FRIATEC, 2013

Abbildung 3.3-2: Nutzung der Wasserleitungen Quelle: FRIATEC, 2013

Derzeitiger Stand der Arbeit Im Laufe der konstituierenden Sitzung in Berlin legte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaf (BDEW) noch vor der Präsentation der Untersuchungsergebnisse von Adenau ein Schreiben des Umweltbundesamtes vor, in dem erheb­liche Bedenken aufgeführt wurden und zudem auf die zu erwartende Stellungnahme der Trinkwasserkommission beim Umweltbundesamt verwiesen wurde. Die Bundesländer Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz teilten mit, dass sie über einen Modellversuch vor dem Hintergrund der Untersuchungsergebnisse von Adenau nachdenken. Man kam überein, in den nächsten zwei Sitzungen zunächst die Position der Gegner und dann die Position der Befürworter darzustellen. Die für den 26. Juli 2013 geplante Sitzung zur Darstellung der Posi­tion der Befürworter einer Nutzung der Trinkwasserleitung wurde abgesagt, da kurz zuvor die Trinkwasserkommission beim Umweltbundesamt eine Nutzung rundweg abgelehnt hatte. Zurzeit bereiten die Bundesländer Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz eine Entscheidung durch die jeweiligen Haus­ spitzen vor, ob ein Modellversuch stattfindet.

erhebliche Bedenken gegen Mitverlegung in Trinkwasserleitungen

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346

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

3.3 Alternative Verlege-Technologien am Beispiel von Mikro-Trenching und Verlegungen in Wasserleitungen

Die Kostenvorteile des FTTB/H-­‐Hausanschlusses über die Wasserversorgung senken die Inves>>onskosten und verbessern die Wirtscha?lichkeit

u  Kostenvorteil € 500 pro Hausanschluss u  Reduzierung bis zu 20% der Gesamtkosten u  in vielen Fällen -­‐ insbesondere in ländlichen Gebieten -­‐ der entscheidende und notwendige SchriM zur Wirtscha?lichkeit u  Die Bandbreite des Einsparungspotenzials für BW liegt bei rund 600 Mio. €

Abbildung 3.3-3: Kostenvorteile des FTTB/H-Hausanschlusses über die Wasser­ versorgung Quelle: FRIATEC, 2013 Seite 1

Uwe Zimdars UNTERNEHMENSBERATUNG

Das Einsparungspotenzial des FTTB/H-­‐Hausanschlusses über die Wasserversorgung für Baden-­‐WürMemberg beträgt ca. 621 Mio. € Cluster ID* 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Summe

Teilnehmer Teilnehmer Fläche in Dichte pro Anzahl qkm qkm 276.325 2.750 61 276.325 1.950 94 276.325 1.500 124 276.325 1.200 159 276.325 952 203 276.325 740 261 276.325 575 329 276.325 455 436 276.325 360 517 276.325 290 643 276.325 235 812 276.325 190 993 276.325 155 1.302 276.325 125 1.470 276.325 100 2.070 276.325 80 2.337 276.325 62 3.095 276.325 46 4.341 276.325 32 5.532 276.325 1 10.971 5.526.490 35.751

Einsparungspotenzial ca. 621 Mio. € für BW

Op)mierung der Wirtscha5lichkeit

Jeder 10. Anschluss entsprechend € 69 Mio.

Unterstützung zur Wirtscha5lichkeit

Jeder 5. Anschluss entsprechend € 138 Mio.

Notwendige Voraussetzung für Wirtscha?lichkeit

Jeder 2. Anschluss entsprechend € 414 Mio.

Absolut nicht wirtscha5lich

* Analoge Anwendung der Berechnung gem. WIK Studie Nr. 359: Abschlussquote (Marktpenetra)on) 70%, Φ Umsatz pro Kunde( ARPU) € 38 pro Monat ** Berechnungsgrundlagen Ersparnis € 500 pro Anschluss bei einer Gesamtanzahl von ca. 2,5 Mio. Gebäuden in BW Uwe Zimdars UNTERNEHMENSBERATUNG

Seite 2

Abbildung 3.3-4: Einsparpotenzial des FTTB/H-Hausanschlusses über die Wasser­ versorgung für Baden-Württemberg Quelle: FRIATEC, 2013

Bei der Vorbereitung des letzten IT-Gipfels hatte die Fokusgruppe Mikro-Trenching entscheidende Impulse dafür gegeben, dass das Mikro-Trenching in der Novelle des TKG verankert wurde und dass eine Ad-Hoc-Arbeitsgruppe der Forschungsgesellschaft für Straßenbau und Verkehr (FGSV) gebeten wurde, den Entwurf eines Hinweisblattes zum Thema Mikro-Trenching zu verfassen, das dann als Grundlage dienen soll für die Durchführung des MikroTrenchings mit den Straßenbauverwaltungen des Bundes und der Länder sowie der Kommunen. Die Fokusgruppe und die Ad-HocArbeitsgruppe haben im Vorfeld des diesjährigen IT-Gipfels zwei Mal gemeinsam getagt und auf fachlicher Ebene den Entwurf des Hinweisblattes fertig gestellt. Es darf davon ausgegangen werden, dass in 2014 dieses Papier die offizielle Grundlage für das MikroTrenching für die Straßenbauverwaltungen darstellen wird.

2014 offizielle Grundlage für Mikro-Trenching erwartet

347


348

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

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3.4 3.1

Breitbandentwicklung in 2013.................................................................... 327

3.2

Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau............... 333

3.3

Alternative Verlege-Technologien am Beispiel von Mikro-Trenching und Verlegungen in Wasserleitungen................................ 343

3.4 Haus- und Heimvernetzung............................................................... 349 3.4.1 Einleitung.................................................................................................. 349 3.4.2 IT verbindet............................................................................................... 350 3.4.3 Definition Smart Home.............................................................................. 352 3.4.3.1 Die technischen Möglichkeiten.................................................................. 353 3.4.3.2 Relevante Normen im Kontext Breitbandausbau......................................... 354 3.4.4 Zielgruppenidentifikation und Entwicklung eines Qualifizierungsmodells zu geltenden Normen und Regelwerken..................................................... 358 3.4.4.1 Zielgruppen............................................................................................... 358 3.4.4.2 Anforderungen an ein Qualifizierungsmodell.............................................. 359 3.4.4.3 Entwurf eines Qualifizierungskonzepts für die Haus- und Heimvernetzung.. 360 3.4.4.3.1 Grundkompetenzen/Kerndisziplinen.......................................................... 360 3.4.4.3.2 Spezialisierungskompetenzen für Experten................................................ 361 3.5

Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze........................................ 363

3.6

Breitband für Intelligente Netze................................................................. 393

3.7

Breitbandaktivitäten der Bundesländer...................................................... 413

3.8

Gastbeitrag: NGA-Forum........................................................................... 421

Haus- und Heimvernetzung

3.4.1 Einleitung Für die optimale Nutzung von Breitbanddiensten im Wohnungs­ bereich wird eine Gebäudeinfrastruktur benötigt, die in der Lage ist, die am Hausübergabepunkt zur Verfügung stehende Bandbreite bis in jedes Zimmer weiterzuleiten. Neben der Wahl der technischen Lösung ist es wichtig, dass die eingesetzten Übertragungssysteme – und hier vor allem die Leitungswege – richtig und zukunftsfähig eingebaut sind. Eine „intelligent“ geplante Infrastruktur lässt viel Spielraum für aktuelle und zukünftige Anwendungen, die im Gebäude eine Rolle spielen oder spielen werden. In der Diskussion um Smart House, Smart Home, Smart Meter oder Smart Grid wird der Gebäudetechnik eine hohe Wichtigkeit zuteil. Denn diese Konzepte setzen voraus, dass in einem Gebäude neben dem Energieverteilnetz auch eine informationstechnische Infrastruktur vorhanden ist. Die Fokusgruppe Haus- und Heimvernetzung setzt mit diesem Beitrag die begonnene Arbeit der zurückliegenden Jahre fort. Auf Basis der Ergebnisse aus dem Jahrbuch 2012/13 sind insgesamt folgende Punkte zu erarbeiten (vgl. AG2-Jahrbuch 2012/2013, S. 365/366):

Ziel: BreitbandInfrastrukturen bis in jedes Zimmer

Informationstechnische Infrastruktur neben dem Energieverteilnetz im Haus


350

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

3.4 Haus- und Heimvernetzung

1. Information der Endnutzer, 2. Integration der Wohnungswirtschaft, 3. Standards und Interoperabilität, 4. Kabelgebundene Anbindung als Voraussetzung drahtloser Kommunikation, 5. IPv6 als Basistechnologie.

zwei diesjährige Schwerpunkte

Im diesjährigen Ergebnisbericht sind folgende Punkte enthalten: 2. Integration der Wohnungswirtschaft, 4. Kabelgebundene Anbindung als Voraussetzung drahtloser Kommunikation. Die Punkte „Standards und Interoperabilität“, „IPv6 als Basis­ technologie“ sowie „Information der Endnutzer“ wurden nicht berücksichtigt. Insbesondere das Themenfeld „Standards und Inter­operabilität“ bietet viele Aspekte für eine gesonderte und vertiefende Betrachtung in 2014. Drahtlose Kommunikationssysteme sind dabei von besonderer Bedeutung. Dies berührt auch die herstellerübergreifende Integration und die Anbindung von mobilen Endgeräten, Sensoren und Aktoren, möglichst über eine mobil anzusteuernde Schnittstelle. Diese Themen werden daher in einem gesonderten Dokument für 2014 erarbeitet.

3.4.2 IT verbindet Breitbandnutzen in vielfältigen Anwendungsgebieten

Breitband enfaltet seinen Nutzen in vielfältigen Anwendungsgebieten. Zunehmend sind es gleichzeitig laufende und datenintensive Anwendungen, die besondere Anforderungen an die Haus- und Heimvernetzung stellen. Damit werden neben der grundsätzlichen Diskussion einer Breitbandanbindung auch die Stabilität und die hohe Verfügbarkeit von Breitbandsignalen in lokalen Netzen immer wichtiger. Besonders für Anwendungen wie Video, Telekommunikation (VoIP) oder Rundfunkdienste (Internetradio und IPTV) muss die Betriebssicherheit der Datennetze im Gebäude gewährleistet sein. Dies kann in erster Linie durch eine leitungsgebundene Infrastruktur geschehen: Sie kann die Vielfalt an Geräten

Abbildung 3.4-1: Internet der Dinge Quelle: in Anlehnung an BFE-Oldenburg, etz-Stuttgart

der Gebäudetechnik verbinden und über eine einheitliche Basis, das IP-Netzwerk, kommunizieren (siehe Abbildung 3.4-1). Mobile Endgeräte, Spielkonsolen sowie Systeme der Gebäudeautomation und der Gebäudesicherheit bieten zunehmend eine Anbindung an IP-basierte Datennetze. Auch wenn es von Herstellerseite für die Kommunikation der Geräte untereinander eigene Wege und Proto­ kolle gibt, so ist auf jeden Fall ein Gateway zur Anbindung ans Daten­netz verfügbar. Ein weiterer Aspekt ist, dass alle Geräte Daten über das IPNetz transportieren und die Datenlast somit auch in Zukunft weiter steigt. Immer häufiger erfolgt eine Auslagerung von Daten in die sogenannte Cloud. Daten sind damit global verfügbar, stellen aber höhere Ansprüche an die Transportnetze und damit auch an die Vernetzung in der Anwenderumgebung. Eine konsequente Umsetzung der Energiewende setzt voraus, dass auch die Energietechnik im Gebäude einbezogen wird. Im einfachsten Fall verfügt ein elek­tronischer Stromzähler (Smart Meter) über eine Schnittstelle (Gateway), über die Verbrauchsdaten (Strom, Gas, Wasser) ausgelesen und zukünftig Daten wie Tarifinformationen eingelesen werden.

Anforderungen an Sensibilität und hohe Hochverfügbarkeit

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352

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Internet ist längst mehr als „Surfen und E-Mail“

Fazit ist: Die Zeiten, in denen das Internet aus „Surfen und E-Mail“ bestand, sind längst vorbei: Mittlerweile wird vom „Internet der Dinge“ (Internet of Things, siehe Abbildung 3.4-1) gesprochen. Mit adäquater Haus- und Heimvernetzung lassen sich alle diese „Dinge“ integrieren, wobei sich das IP-Netzwerk als einheitliche Basis etabliert hat.

3.4.3 Definition Smart Home Immer häufiger wird im Zusammenhang mit Gebäudevernetzung der Begriff „Smart Home“ gebraucht, jedoch selten konkret definiert. Die Fokusgruppe Haus- und Heimvernetzung hat für die weitere inhaltliche Arbeit folgende Definition zugrunde gelegt: Definition „Smart Home“

„Smart Home dient als Oberbegriff für technische Verfahren und Systeme in Wohnräumen und -häusern, in deren Mittel­ punkt eine Erhöhung von Wohn- und Lebensqualität, Sicherheit und effizienter Energienutzung auf Basis vernetzter und fern­ steuerbarer Geräte und Installationen sowie automatisierbarer Abläufe steht.“

3.4 Haus- und Heimvernetzung

3.4.3.1

Die technischen Möglichkeiten

Die aktuelle IT-Technologie IP-basierter Netzwerke bietet in fast allen Systemen ein ideales Backbone im Haus, um Gebäude­systeme zu integrieren. IT verbindet Multimedia, Gebäudetechnik und Daten­netze (siehe Abbildung 3.4-2). Unterschiedliche Übertragungssysteme kommen zum Einsatz: • kabellose Technologien basierend auf: –– international standardisierter Funkbasis (z. B. WiMax, WLAN,…) und –– proprietären Protokollen in ISM-Bändern (z. B. HomeMatic, ZigBee, Z-Wave, …), • leitungsgebundene Übertragungssysteme verschiedener Ausprägung: –– Koaxialkabel, Lichtwellenleiter auf Glas- oder KunststoffFaser, PowerLineCommunication (PLC), symmetrische Aderpaare in Fernmelde- und Datenkabeln, Twisted-Pair. Abbildung 3.4-2 zeigt, dass die Haus- und Heimvernetzung ein hohes Integrationspotenzial enthält: Systeme mit einem IP-Gateway

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Smart_Home, Stand: 10.10.2013 Voraussetzungen für ein Smart Home

Folgende Voraussetzungen müssen für ein Smart Home erfüllt sein: • Alle oder viele Geräte sind vernetzt. • Steuerung von außen ist möglich (optional), eingebundene Geräte, Sensoren/Aktoren sind updatefähig. • Funktion und Anwendung können getrennt werden (Mehrfachanwendungsoption von Devices). • Offene Schnittstellen sind vorhanden (API). • Verbindung zum Internet ist vorhanden (Remote-Funktion) (optional). • Alle oder viele Geräte sind taggbar. • Mindestens AAL-Funktionen (Ambient Assisted Living) sind barrierefrei. • Mindestens Media-Anwendungen haben einen schnellen Breitbandzugriff. • Energieeffizienz und Nachhaltigkeit werden beachtet. Abbildung 3.4-2: Gebäudenetze im Überblick Quelle: BFE-Oldenburg

Integration auf IP-Basis

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Normgerechte Ausführung ist wichtig.

3.4 Haus- und Heimvernetzung

können in der Regel integriert werden. Eine leitungsgebundene Infra­struktur sorgt dafür, dass die zu überbrückenden Entfernungen für Funksignale kurz gehalten werden und damit auch für drahtlose Systeme eine Steigerung der Betriebssicherheit entsteht. Unabhängig davon, welche Technologie eingesetzt und wie die Gebäudevernetzung realisiert wird, ist es sinnvoll, dass die Planung und Ausführung der Netze normgerecht erfolgt. Eine Kommuni­­ka­ tionskabelanlage ist die Basis für eine ergänzende Funklösung. (Vgl. hierzu AG2-Jahrbuch 2012/2013, S. 366)

3.4.3.2 Relevante Normen im Kontext Breitbandausbau

anwendungsneutrale Kommuni­kations­ kabelanlage statt paraller Netze

Eine breitbandige und kabelgebundene IT-Infrastruktur innerhalb von Wohngebäuden soll idealerweise in jede Wohnung und bis in jeden einzelnen Raum verlegt werden. Das Interesse an intelligenten Wohnungen („Smart Home“) mit Gebäudeautomation und Energiemanagement-Systemen steigt. Diese technischen Einrichtungen und die Anbindung an das Smart Grid erfordern ebenfalls eine umfassende IT-Infrastruktur. Um diese und zukünftige Anwendungsfelder mit einer einheitlichen, anwendungsneutralen Verkabelung technisch zukunftssicher und ökonomisch vertretbar zu versorgen (und mehrere parallele Netze zu vermeiden), ist eine anwendungsneutrale Kommunikationskabelanlage nach DIN EN 50173-4; VDE 0800-174-3 umsetzbar. Die Anzahl von Anschlussdosen je Raum ist dann so zu dimensionieren, dass genügend Kapazitäten für den künftigen Anschlussbedarf vorhanden sind. Die Installation einer solchen Kommunikationskabelanlage kann nach den Vorgaben und Empfehlungen von DIN EN 50174-1; VDE 0800-174-1 erfolgen und nach DIN EN 50174-2; VDE 0800-1742 ausgeführt werden. Um zu einem späteren Zeitpunkt Erweiterungen und bei Bedarf eine Neuinstallation mit leistungsfähigeren Komponenten zu ermöglichen, kann die Infrastruktur gemäß DIN EN 50174-2; VDE 0800-174-2 bzw. DIN 18015-1 in ausreichend dimensionierten Kabelführungssystemen (z. B. Leerrohren) installiert werden.

Abbildung 3.4-3: Relevante Normen im Kontext Breitband Quelle: Collage: BFE-Oldenburg, Stand Okt. 2013 Einzelbildquellen: http://www.kabeldeutschland.de/wohnungsunternehmen/ http://www.pic-tec.com/HT/holzbau/architektenplaner.html http://pss-sicherheitssysteme.de/architekten-planer.html http://pss-sicherheitssysteme.de/eigenheim.html https://www.homeway.de/uploads/media/Hauptkatalog_Sep13.pdf

Die Anwendung der hier aufgeführten Normen (siehe Abbildung 3.4-3) bedingt in der Praxis, dass weitere Normen heranzuziehen sind; diese Dokumente sind in den vorstehend genannten Normen genannt und werden daher hier nicht angegeben. Eine gesetzliche Vorgabe lässt sich aus den Ergebnissen der Fokusgruppe an dieser Stelle nicht ableiten, aber mit Bezug auf Neubauten und Bauprojekte, die als Kernsanierung angesehen werden können, wurde eine gemeinsame Erklärung erarbeitet:

gemeinsame Erklärung der Fokusgruppe zur Gestaltung zeitgemäßer Infrastruktur

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

3.4 Haus- und Heimvernetzung

Gemeinsame Erklärung von Industrie, Handwerk und Wohnungswirtschaft zur zeitgemäßen informationstechnischen Infrastruktur im Neubau und bei Kernsanierung anlässlich des achten nationalen IT-Gipfels der Bundesregierung in Hamburg

Bei konsequenter Umsetzung der Breitbandstrategie der Bundesregierung sollen bis 2014 bereits für 75 Prozent der Haushalte Anschlüsse mit Übertragungsraten von mindestens 50 Mbit pro Sekunde zur Verfügung stehen mit dem Ziel, solche hochleistungsfähigen Breitbandanschlüsse möglichst bald, bis 2018, flächendeckend verfügbar zu haben. Für eine durchgängige Breitbandnutzung reicht die reine Versorgung des Netzabschlusspunktes im Haus nicht aus, vielmehr muss eine breitbandige Infrastruktur auch innerhalb der Wohngebäude in jeder einzelnen Wohnung und idealerweise auch in jedem einzelnen Raum verfügbar sein. Es ist das erklärte Ziel der in der Fokusgruppe Haus- und Heimvernetzung beteiligten Unternehmen und Verbände, hierfür die technologischen Voraussetzungen für alle Neubauprojekte und Kernsanierungen in Deutschland zu schaffen. Ein weiteres Ziel ist, durch intensive Öffentlichkeitsarbeit über das Thema „Haus- und Heimvernetzung“ zu informieren und die an Neubauten und Kernsanierungen Beteiligten dafür zu sensibilisieren. Nur so lässt sich nachhaltig eine moderne Infrastruktur für das digitale Leben, das Smart Home und das „Internet der Dinge“ realisieren.

Verteilung der Datendienste in alle Nutzräume (und ggf. Technikräume) mit einer anwendungsneutralen Kommunikationskabelanlage zu erfolgen, die sowohl für aktuelle als auch für künftige Bedürfnisse eine einheitliche Infrastruktur (analog zur Versorgung mit Elektrizi­ tät, Wasser und Heizung) sicherstellt. In jedem Fall sind gängige Lehrrohre vorzusehen. Eine derartige Kommunikationskabelanlage kann nicht nur für IT-Zwecke genutzt werden, sie steht auch allen anderen Applikationen zur Verfügung, die z. B. für Smart-Home-/ Smart-Meter-Funktionalität oder für die Gebäudeautomation benötigt werden. Die detaillierte Ausführung zur Installation einer strukturierten Verkabelung kann nach DIN EN 50173-4 (VDE 0800-173-4) geplant und nach DIN EN 50174-2 (VDE 0800-174-2) in Leerrohren installiert werden. Dabei können für die Signalübertragung sowohl koaxiale Kabel, symmetrische Kupferleitungen, als auch Lichtwellenleiter zum Einsatz kommen. Ergänzend kann die Signalverteilung innerhalb der Gebäudeeinheit auf der vorhandenen Infrastruktur aufsetzend auch per Funk vorgenommen werden.

Verbände: Konkret bedeutet dies die Umsetzung folgender Maßnahmen und bestehender Normen bei Neubauten und Kernsanierung:

ANGA ANGA Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e. V. BITKOM Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. BUGLAS BUGLAS - Bundesverband Glasfaseranschluss e. V.

Bei einer breitbandig erschlossenen Liegenschaft – eines oder mehrerer Gebäude mit Mehrfamilienhäusern bzw. gemischter Nutzung (wie z. B. Büroräume, Kanzleien oder Arztpraxen) – muss zur Wahrung der Durchgängigkeit der Datendienste eine entsprechende Hausverkabelung auch unabhängig von der Zuführungsinfrastruktur realisiert sein. Damit wird sichergestellt, dass die Infrastrukturbetreiber eine einheitliche Netzinfrastruktur vorfinden und dass die Nutzer auf eine zukunftssichere IT-Versorgung zugreifen können. Innerhalb der Wohnung, der Gewerbeeinheit oder des Einfamilienhauses hat die

DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. VATM Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. ZVEH Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke ZVEI Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. Fachverband Kabel und isolierte Drähte

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

3.4.4 Zielgruppenidentifikation und Entwicklung eines Qualifizierungsmodells zu geltenden Normen und Regelwerken

Qualifizierungssystem für Umsetzung erforderlich

Auf Grundlage der oben genannten gemeinsamen Erklärung ist es erforderlich, dass die notwendigen Kenntnisse über bestehende Normung und deren Anwendung an die wichtigen Stellen transportiert werden. Ein Qualifizierungssystem, in dem die Anforderungen an die jeweilige Zielgruppe angepasst sind, dient als Basis für eine adäquate Umsetzung. Einerseits müssen Planer, Fachbetriebe und die zuständigen Stellen innerhalb der Wohnungswirtschaft entsprechend informiert werden. Andererseits sollen auch die Lerninhalte im Bereich Aus- und Weiterbildung auf die Ergebnisse der Fokusgruppe ausgerichtet werden.

3.4 Haus- und Heimvernetzung

3.4.4.2 Anforderungen an ein Qualifizierungsmodell Vor den genannten Hintergründen lassen sich Anforderungen an ein Qualifizierungsmodell zusammenfassen, siehe Tabelle 3.4-1. Tabelle 3.4-1: Anforderungen an ein Qualifizierungsmodell  Ein geeignetes Qualifizierungssystem für Beschäftigte zeichnet sich aus durch: Stufenweise Einführung

Mit Blick auf die zügig geforderte Kompetenz bei den aktuell Aktiven im Markt sollte eine Qualifizierung in folgenden Schritten eingeführt werden: • Schritt 1: Qualifizierung für Beschäftigte, • Schritt 2: Übernahme von Inhalten in die Erstausbildung/ Studieninhalte.

Gliederung in • „Sockelseminare für alle“ und • „Spezialisierungsseminare“ als Auswahl

Mit der enormen thematischen Bandbreite und der Vielfalt technischer Lösungsansätze wird schnell deutlich, dass es kaum möglich sein wird, einzelne Akteure mit allen Themen in beliebiger Tiefe auszubilden. Es ist nicht realistisch, dass die Realisierung anspruchsvoller Smart-Home-Projekte eine Dienstleistung „aus einer Hand“ sein kann. Es ist wichtig, die Qualifizierungsinhalte zu strukturieren • in Grundkompetenzen/Kerndisziplinen und • eine Auswahl an Spezialisierungen.

Modularen Aufbau

Die Weiterbildung Beschäftigter muss in Einklang mit betrieb­ lichen Notwendigkeiten stehen. Lehrgänge im Mehrere-WochenBereich überfordern die Betriebe zeitlich wie finanziell.

Dezentrale Veranstaltungsorte mit mehreren Alternativterminen pro Jahr

Unternehmer tun sich leichter, Mitarbeiter zu Weiterbildungen anzumelden, wenn sie ohne Anreise am Vorabend und ohne große Reisezeiten erfolgen. Weiterhin werden gern Zeiten für Weiterbildung genutzt, in denen die betriebliche Auftragslage Spielraum dafür bietet. Für Unternehmen ist daher auch die terminliche Flexibilität bedeutsam.

Quereinstiegsoptionen für den Einzelnen entsprechend seinen Vorkenntnissen

Ein gutes Qualifizierungssystem für Beschäftigte ist offen in der Anerkennung von Vorleistungen und Weiterbildungen außerhalb der Qualifizierungen.

Integration von Hersteller-Kursen

Mit der Anerkennung und sinnvollen Implementierung von Hersteller-organisierten Schulungen gewinnt das Trainingskonzept an Aktualität. Der Hersteller kann seinerseits Grundlagenkenntnisse zur Eingangsvoraussetzung seiner Veranstaltungen machen und damit seinen Aufwand für die Trainingsorganisation auf seine Produktspezifika konzentrieren.

Aussagekräftige Abschlüsse

Weiterbildung wird nur dann in Anspruch genommen, wenn der Nutzen für Teilnehmer wie für den Betrieb deutlich ist. Der Abschluss muss unterscheiden zwischen Querschnitts-Training und Tiefen-Training.

Werbewirksame Zertifikate für das Unternehmen

Ein besonderer Nutzen für Unternehmen entsteht dann, wenn der Betrieb die gewonnene Zusatzkompetenz werbewirksam seinen Kunden nach außen darstellen kann.

Anerkennung und Forderung von möglichst vielen bedeutenden Marktbeteiligten

Berufliche Weiterbildung gewinnt, wenn sich möglichst viele Beteiligte auf Standard-Ausbildungsmodule einigen. Das Ergebnis sind große Durchdringung im Markt, flächendeckendes regionales Angebot mit großer Terminauswahl, niedrige Entfernungshürden, kontinuierliche Pflege der Inhalte und eine hohe Ausbildungsqualität. Hersteller wie Fachverbände sind gefordert in einheitliche Richtungen zu weisen.

3.4.4.1 Zielgruppen Die notwendige Qualifizierung zum Thema Haus- und Heimvernetzung betrifft folgende Zielgruppen: • Mitarbeiter bei Herstellern und Service-Providern (Vertrieb, Support, Service, … ), • Planer, Fachplaner, Bauingenieure, • Architekten, Wohnungswirtschaft, • Ausführende Gewerke, Vertrieb im Groß- und Einzelhandel, • Bauherren und Nutzer, • Ausbilder und Berufsschullehrer, Dozenten an Hochschulen. Die Zielgruppen unterscheiden sich gravierend hinsichtlich ihrer: • Kernbranche, • Vorbildung, • Techniknähe und • Anforderungen an die thematische Breite und Tiefe.

weniger als 10  % fühlen sich über Hausund Heimvernetzung gut informiert

Darüber hinaus sollen auch Endnutzer in den Wissenstransfer, z. B. durch Informationsveranstaltungen, einbezogen werden. Nach Darstellung in dem Kapitel Haus- und Heimvernetzung des AG2-Jahrbuchs 2012/2013 fühlen sich nach einer Forsa Umfrage weniger als 10   % der Befragten über die Thematik der Haus- und Heimvernetzung gut informiert. (Vgl. AG2-Jahrbuch 2012/13, S. 365)

Anmerkungen

Quelle: BFE-Oldenburg

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

3.4.4.3 Entwurf eines Qualifizierungskonzepts für die Haus- und Heimvernetzung Ausgehend von den vorhergehenden Überlegungen könnte eine Qualifizierung aufgebaut sein, wie in Abbildung 3.4-4 dargestellt ist. Zur Vereinfachung der Darstellung wurde der Begriff Haus- und Heimvernetzung in den Vordergrund gestellt. Gleichbedeutend lässt sich das System auch auf Smart Home und/oder Smart Building erweitern.

3.4.4.3.1 Grundkompetenzen/Kerndisziplinen Für die Grundlagenthemen in der Spezialistensäule (siehe Abbildung 3.4-4) kommen aus heutiger Sicht in Betracht: • Geltende Normen, Vorschriften und Bestimmungen, • Nutzer und ihre Anforderungen, • Bedeutung für Energiewende und alternde Bevölkerung, • Grundkenntnisse der Gebäudeautomation und Datennetzwerktechnik • Übertragungsmedien und ihre Eigenschaften, • …

Abbildung 3.4-4: Entwurf für ein modulares Qualifzierungssystem Quelle: Collage: BFE-Oldenburg

3.4 Haus- und Heimvernetzung

3.4.4.3.2 Spezialisierungskompetenzen für Experten Die Vertiefungskompetenzen sollten einerseits hinreichend Freiraum bieten, um möglichst vielen Hauptaktivitätsfeldern gerecht zu werden, andererseits sollte die Zahl der Vertiefungsrichtungen für die Marktpartner überschaubar bleiben. Es bietet sich beispielsweise eine Gliederung nach Hauptgeschäftsfeldern/Branchen an, z. B.: • Spezialisierung auf einen Hersteller, • Spezialisierung auf optische Übertragungsmedien (POF), • Spezialisierung im Bereich Messtechnik und Fehlersuche, • Spezialisierung im Bereich der Planung von Gebäudenetzen.

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

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3.5 3.1

Breitbandentwicklung in 2013.................................................................... 327

3.2

Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau............... 333

3.3

Alternative Verlege-Technologien am Beispiel von Mikro-Trenching und Verlegungen in Wasserleitungen................................ 343

3.4

Haus- und Heimvernetzung....................................................................... 349

3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4 3.5.5 3.5.6 3.5.7 3.5.8

Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze......................... 363 Kernthesen................................................................................................ 363 Mobiles Breitband – Breitbandausbau in Deutschland................................ 364 Frequenzbedarf und Frequenznutzung....................................................... 368 Internationale Harmonisierung................................................................... 378 Koexistenz mit Nutzungen in leitungsgebundenen Netzen.......................... 379 Rundfunkangebote über mobile Breitbandnetze......................................... 380 Die Rolle von WiFi für mobiles Breitband.................................................... 383 Verlässliche politische und regulatorische Rahmenbedingungen für mobile Breitbandinfrastrukturen........................................................... 386

3.6

Breitband für Intelligente Netze................................................................. 393

3.7

Breitbandaktivitäten der Bundesländer...................................................... 413

3.8

Gastbeitrag: NGA-Forum........................................................................... 421

Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

3.5.1 Kernthesen • Mobile Breitbandnetze sind unverzichtbarer Bestandteil zur Erreichung der Ziele der Breitbandstrategie der Bundesregierung. • Mobile Breitbandnetze sind Grundvoraussetzung für innovative Lösungen anderer Industrien und damit Garant für zukünftiges Wirtschaftswachstum. • Öffentlich zugängliche WiFi-Spots sind wesentliche Elemente für das Angebot von drahtlosen, standortunabhängigen Breitbandzugängen. • Für den Ausbau mobiler Breitbandnetze sind ein investitionsfreundliches regulatorisches Umfeld und eine Verbesserung der Akzeptanz für Mobilfunkstandorte in der Bevölkerung unverzichtbar. • Das bislang dem Mobilfunk zugeteilte Frequenzspektrum wird perspektivisch nicht ausreichen. Eine rechtzeitige Vorbereitung der Zuteilung des 700-MHz-Bandes kann einen wichtigen Beitrag zur weiteren Verbesserung der Breitbandversorgung in der Fläche und zur Erreichung der Breitbandziele der Bundesregierung leisten.

Mobile Breitband­ netze sind unverzicht­ barer Bestandteil der Breitbandstrategie.

Das bisherige Frequenzspektrum für Mobilfunk wird nicht ausreichen.


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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Lösungen für störungs­freie Koexistenz drahtloser und drahtgebundener Dienste gewährleisten

• Bei der zukünftigen Bereitstellung weiterer Frequenzen für mobiles Breitband, die auch die Nutzung der Kabelnetze betrifft, ist es erforderlich, frühzeitig Lösungsansätze zu entwickeln, wie eine möglichst störungsfreie Koexistenz drahtloser und draht­ gebundener Dienste gewährleistet werden kann. • Mit entsprechender Frequenzausstattung können mobile Breitbandnetze perspektivisch über zukunftsfähige Technologien einen Beitrag zur terrestrischen Verbreitung von Rundfunk­inhalten leisten.

3.5.2 Mobiles Breitband – Breitbandausbau in Deutschland 3.5.2.1 Leistungsfähigkeit und aktueller Ausbaustand von mobilen Breitbandnetzen

Kombination aus Fest­ netz und Mobilfunk zur Breitbandversor­ gung erforderlich

Die Bundesregierung strebt im Einklang mit den Zielen der Europäischen Digitalen Agenda eine Versorgung der gesamten Bevölkerung mit leistungsfähigen Breitbandanschlüssen an. Nachdem gerade durch einen schnellen Aufbau mobiler Breitbandnetze nach dem LTE-Standard im 800-MHz-Bereich eine Grundversorgung inzwischen nahezu flächendeckend erreicht ist, sollen im Jahr 2014 für 75  % der Haushalte und darauf aufbauend möglichst zeitnah flächen­deckend Breitbandanschlüsse mit mindestens 50 Mbit/s zur Verfügung stehen. Eine flächendeckende Versorgung Deutschlands mit Hochgeschwindigkeits-Anschlüssen lässt sich absehbar wirtschaftlich sinnvoll nur in Kombination aus leistungsfähigem Festnetz und Mobilfunk realisieren. Nicht nur dort, wo leitungsgebundene Technologien wie xDigital Subscriber Line (xDSL) über Kupferleitungen, Koaxial- und Glasfaserkabel nicht kosteneffizient eingesetzt werden können, sondern auch in Ballungsgebieten leisten Mobilfunktechnologien bereits heute einen wertvollen Beitrag zur Breitbandversorgung. Für den LTE-Ausbau, der in der ersten Stufe die ländlichen

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

Gebiete – viele davon zum ersten Mal – mit leistungs­fähigen Internetanschlüssen versorgt hat, haben die Mobilfunk­unternehmen bereits Milliardenbeträge investiert. Da eine Versorgung geografisch großer und verhältnismäßig dünn besiedelter Gebiete mit leitungsgebundenen Technologien aus wirtschaftlichen Gründen schwerer realisierbar ist, werden Funktechnologien zudem in der Zukunft eine noch wichtigere Rolle einnehmen. Nachdem die Bundesnetzagentur die Erfüllung der Versorgungsauflagen im November 2012 festgestellt hat, geht der LTE-Ausbau ungebremst weiter – auf dem Land und nun auch verstärkt in den Ballungsgebieten und Städten. Inzwischen sind weit über zwei Drittel der deutschen Fläche mit LTE versorgt. Bereits zu Beginn dieses Jahres hatten über 50 Millionen Bürger Zugang zu dieser neuen Technologie. Es lässt sich prognostizieren, dass LTE schon im Jahr 2015 in ganz Deutschland verfügbar sein wird. Das dafür benötigte Investitionsvolumen wird sicher noch einmal einen hohen dreistelligen Millionenbetrag in Anspruch nehmen. Die LTE-Technik vereint hochleistungsfähige Breitbandnetze und den zunehmenden Wunsch der Nutzer nach Mobilität. Bereits heute, also in der ersten Ausbaustufe, sind Spitzengeschwindigkeiten von 100 Mbit/s möglich. Selbst wenn sich sehr viele Nutzer die Kapazität einer Funkzelle teilen müssen, weil sie gleichzeitig über LTE mit dem Internet verbunden sind, werden Geschwindigkeiten auf DSL-Niveau erreicht. Mobile Breitbandverbindungen sind aber nicht nur leistungs­ fähig und stellen den Nutzern hohe Bandbreiten zur Verfügung. Sie sind zudem weitflächig verfügbar, wodurch Datenverbindungen auf konstant hohem Niveau auch dann ermöglicht werden, wenn der Nutzer z. B. im Zug oder PKW unterwegs ist. Sie sind nachhaltig und zukunftsfähig, weil die Nutzerszenarien von morgen mobil sind. Zudem kann auf steigenden Bedarf mit Netzverdichtung und zusätzlichen Frequenzen reagiert werden. Es handelt sich um vergleichsweise günstige Infrastrukturen, weil auf kosteninten­ sive Tiefbauarbeiten auf der letzten Meile verzichtet werden kann. Und auch die LTE-Infrastruktur führt die Glasfaser letztlich näher zum Kunden, weil die Antennenstandorte mit leistungsfähigem Richtfunk oder aber mit Glasfaserleitungen angebunden werden müssen.

zwei Drittel der deutschen Fläche mit LTE versorgt

LTE vereint Breitband und Mobilität

Nutzungsszenarien von morgen sind mobil

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

LTE-Advanced ermög­ licht Breitbandnut­ zung wie im Festnetz ohne neue Leitungen

Die Weiterentwicklung von Mobilfunktechnologien hin zu LTE Advanced, verbunden mit hoher spektraler Effizienz, hohen unterstützten Bandbreiten und kurzen Latenzzeiten, ermöglicht hierbei perspektivisch eine Breitbandnutzung vergleichbar der im heutigen Festnetz, ohne neue Leitungen zu den Teilnehmern verlegen zu müssen.

3.5.2.2 Mobile Breitbandnetze als Voraussetzung für Wachstum

Mobilfunkindustrie hat Querschnittsfunktion als Wachstumstreiber

Massemarkttaugliche M2M-Lösungen

Der Mobilfunk als Teil der Telekommunikationsbranche stellt einen der bedeutendsten Wirtschaftszweige in Deutschland dar. Neben den milliardenschweren Investitionen in die Mobilfunk­netze und die Schaffung von Arbeitsplätzen hat die Mobilfunkindustrie auch eine Querschnittsfunktion und verhilft anderen Industrien und Wirtschaftszweigen zu mehr Wachstum. Funktionsfähige und leistungsfähige Mobilfunknetze sind Grundvoraussetzung für eine flächendeckende Nutzung unzähliger innovativer Lösungen der Zukunft und damit Garant für zukünftiges Wirtschaftswachstum. So wächst die mobile Nutzung audio-visueller Inhalte neben den herkömmlichen Verbreitungswegen signifikant. Von 2012 auf 2013 hat sich die Nutzung solcher Inhalte auf mobilen Endgeräten verdoppelt. Sowohl öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten als auch private Sender und werbefinanzierte Content-Plattformen erreichen über diesen Weg eine zunehmende Zahl insbesondere jüngerer Nutzer. Dadurch entsteht ein neuer, wirtschaftlich bedeutender, zusätzlicher Verbreitungsweg. Ob Autos untereinander Daten austauschen und möglicherweise sogar von alleine fahren, ein Arzt länderübergreifend eine Opera­tion steuert, Unternehmen ihre Produktionsprozesse über Kontinente hinweg vollautomatisch überwachen oder der Rasensprenger mit dem Wetterbericht verbunden ist: Mit Machine-toMachine (M2M)-Lösungen wird die Welt ein Stück weit sicherer, einfacher, unterhaltsamer und rückt näher zusammen. Manche M2M-Lösungen und -Services sind noch Visionen, andere sind schon in der Entwicklung und wiederum andere befinden sich bereits auf dem Markt und sind auf dem Weg, massenmarkttauglich zu werden.

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

Beim Markt für M2M-Lösungen handelt es sich zweifelsohne um einen Markt mit erheblichem Potenzial. Aktuelle Studien wie z. B. „M2M Adaption Barometer 2013“ 1 sagen ein starkes Wachstum bei M2M-Verbindungen voraus. Bis 2017 ist eine Steigerung der M2M-Verbindungen von derzeit 137 Millionen auf 512 Millionen zu erwarten. Derzeitige Haupteinsatzgebiete von M2M-Lösungen sind die Logistik­branche, der Energiesektor, der Maschinen- und Anlagenbau, aber auch neue industrieübergreifende Modelle wie Connected Car und Smart Home. Ein weiterer Markt, für den jährlich zweistellige Zuwachsraten vorausgesagt werden, ist der E-Health-Sektor. Gerade die Tele­ medizin mit ihren Bereichen Telediagnostik, Telemonitoring, Telekonsultation und Notrufsystemen verspricht innovative Lösungen und hervorragendes Wachstumspotenzial. Häusliche Pflege wird immer wichtiger und kann durch Telemonitoring und Notruf­systeme deutlich unterstützt oder gar erst ermöglicht werden. Auch die Fernüberwachung von Vitalfunktionen bei chronischen Erkrankungen gehört zu den klassischen Anwendungen. Gerade im Zusammenhang mit der Energiewende steht die Energie­branche vor ihrem größten Umbruch: Smart Grid, Smart Metering und Smart Home sind hier die Schlagwörter der Stunde; Datennetze bilden die Grundvoraussetzung zur intelligenten Steuerung der Stromerzeugung und des -verbrauchs. Mobile-Payment-Angebote sind bisher geprägt durch den Near-Field-Communication-Standard (NFC)-Standard). Hierbei han­delt es sich um kontaktloses Bezahlen, wofür keine Mobilfunk­ netze erforderlich sind. Einen wirklichen Mehrwert bekommt Mobile Payment jedoch erst dann, wenn die Bezahlfunktion mit den Mobilfunktelefonen verbunden wird und verschiedene Kredit- und EC-Konten verwendet, Gutscheinsysteme integriert oder spezifische Werbung/Angebote übermittelt werden können. Der Markt für Cloud Computing wächst laut BITKOM in Deutschland im Jahr 2013 voraussichtlich um 47  % auf 7,8 Milliarden Euro. Beim Cloud Computing können Unternehmen IT-Leistungen

1 Vgl. URL: http://www.m2m-alliance.com/fileadmin/user_upload/pdf/2013/Whitepaper/A412-

M2M_Circle_Research-130524-28-web.pdf (23.10.2013)

erhebliches Potenzial

Zuwachsraten bei E-Health

Energiewende braucht Datennetze

Mobile-Payment per Mobilfunk

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Mobiler Zugriff bei Cloud Computing ist wichtig.

über das „öffentliche“ Internet (Public Cloud) oder über ein internes Netzwerk (Private Cloud) beziehen. Die Vorteile von Cloud Com­puting liegen auf der Hand: verringerter Aufwand für die IT-Administration, kürzere Implementierungszeiten für neue Anwendungen, schnellere Skalierbarkeit von IT-Leistungen. Ganz vorne bei den Vorteilen steht auch ein besserer mobiler Zugriff auf IT-Ressourcen. Cloud-Anwendungen werden die Arbeitswelt von morgen bestimmen. Der Arbeitsplatz der Zukunft ist mobil und flexibel und erfordert mobilen Zugriff auf Arbeitsmaterialien.

3.5.3 Frequenzbedarf 2 und Frequenznutzung

ITU-Region sieht Bedarf von 1.340 bis 1.960 MHz für den Mobilfunk bis 2020.

Im Frequenzplan der Bundesnetzagentur sind für Funkanwendungen des drahtlosen Netzzugangs zum Angebot von Telekommunikationsdiensten aktuell insgesamt 1.036 MHz ausgewiesen. Die Europäische Kommission geht in dem bereits Anfang 2012 vom Europäischen Parlament angenommenen „Radio Spectrum Policy Programme“ 3 von einem Bedarf in Höhe von 1.200 MHz aus, der ebenfalls im Diskussionspapier „Mobile Media 2020“ 4 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie angeführt wird. Der Funksektor der Internationalen Fernmeldeunion (ITU-R) diskutiert im Rahmen der Vorbereitung der World Radio Conference 2015 (WRC-15), die sich mit der Identifizierung von weiterem Mobilfunkspektrum befassen wird, einen Gesamtbedarf für den Mobilfunk im Jahr 2020 von 1.340 bis 1.960 MHz (in Abhängigkeit vom betrachteten Marktszenario) und wird entsprechende Kandidatenbänder vorschlagen. Zur Feststellung, ob national in einem konkret verfügbaren Frequenzband ein Bedarfsüberhang besteht und wie

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

dieses Spektrum dann dem Markt zugeführt werden kann, hat der Gesetzgeber der deutschen Regulierungsbehörde Instrumente zur Verfügung gestellt, die im Einzelfall für eine objektive Entscheidungsfindung herangezogen werden müssen.

3.5.3.1

Kapazitäts- und Frequenzbedarf – Bedarfsanalyse aus Anwendersicht

Neben dem Bedarf in heute noch unzureichend versorgten Regionen steigt vor allem die Nachfrage nach ortsungebundenen, mobilen Breitbandanbindungen. Im Telekommunikationsmarkt ist deswegen auch in Zukunft eine Fortsetzung der bereits eingetretenen Konvergenz von festnetzbasierten und mobilen Diensten zu erwarten. Diese Entwicklung wird sich in allen Lebensbereichen vollziehen und die Kunden werden entsprechend überall und jederzeit einen qualitativ hochwertigen Zugang zu diesen Diensten erwarten. Die deutschen Mobilfunk-Netzbetreiber arbeiten bereits heute daran, ihren Kunden innovative mobile Datendienste bereitzustellen, die durch zunehmende Bandbreitenerfordernisse gekennzeichnet sind. Treiber für die steigende Nachfrage nach ortsungebundenen Datendiensten sind insbesondere die steigende Verfügbarkeit von mobilen Multimedia-Endgeräten, wie z. B. Smartphones und Tablet-PCs und die daraus resultierende mobile Internetnutzung, der Trend zur Nutzung von Cloud Computing, Video-Streaming einschließlich Multimedia-Content, mobilen Software-Anwendungen (Apps), multimedialen sozialen Netzwerken sowie der Anstieg des automatisierten Informationsaustauschs von Endgeräten (M2M) und Kraftfahrzeugen (Car-to-Car). Internationale Studien 5 lassen erwarten, dass die Nachfrage nach den hier aufgeführten Anwendungen in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Untersuchungen des Marktforschungs­instituts

2 „Frequenzbedarf“ und „Bedarf“ wird im Folgenden nicht im Sinne konkreter Bedarfsanmeldungen

3

4

von Netzbetreibern nach TKG bei der Bundesnetzagentur verwendet, sondern aus Anwender­ perspektive. Decision No 243/2012/EU of the European Parliament and of the Council of 14 March 2012 establishing a multiannual radio spectrum policy programme, URL: http://eur-lex.europa.eu/ LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:081:0007:0017:EN:PDF (23.10.2013) Mobile Media 2020 - Untersuchung der zukünftigen Frequenzbedarfe, Abschlussbericht zur Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi), 2013, URL: http://www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=548924.html (23.10.2013)

5 Vgl. z. B. „Cisco Visual Networking Index: Forecast and Methodology, 2011–2016“, URL: http://

www.cisco.com/en/US/solutions/collateral/ns341/ns525/ns537/ns705/ns827/white_paper_c11-481360.pdf (23:10:2013) “Globally, mobile data traffic will increase 18-fold between 2011 and 2016. Mobile data traffic will grow at a CAGR of 78 percent between 2011 and 2016, reaching 10.8 exabytes per month by 2016.”

zunehmende Konvergenz von festnetzbasierten und mobilen Diensten

Smartphones und Tablet-PCs, Cloud Computing, Video-Streaming, Apps und M2M als Treiber

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Vorausschauende, internationale Frequenzpolitik ist erforderlich.

zielgerichtete Frequenzpolitik als wichtiger Beitrag zum Breitbandausbau

Aris und des European Information Technology Observatory (EITO) 6 belegen, dass sich die Anzahl der Mobilfunknutzer in den kommenden Jahren weiter erhöhen wird. Insbesondere der Anteil an Smartphone-Nutzern wird laut dieser Studie weiter zunehmen. Entscheidende Faktoren für die Erwartung eines sich einstellenden exponentiellen Wachstums der mobilen Datenverkehre sind mit Bezug auf die vorherigen Ausführungen die Entwicklung der Netztechnologien, der Dienste und der Endgeräte. Die Entwicklung neuer Dienste ist aber an die Entwicklung neuer Netze und Endgeräte gekoppelt. Dieser Entwicklung kann nur durch eine vorausschauende, international abgestimmte Frequenzpolitik Rechnung getragen werden, indem dem Markt in den kommenden Jahren zusätzliche Ressourcen für die Implementierung der neuen Technologien und die darauf aufsetzende Fortentwicklung der Dienste bereitgestellt werden. Denn während aktuell eine sehr gute Frequenzausstattung gerade in Deutschland zu beobachten ist, muss für die Zukunft noch Vorsorge getroffen werden. Allerdings müssen im Falle einer dafür erforderlichen Umwidmung von Spektrum für schon existierende Frequenznutzer annehmbare Alternativlösungen gefunden werden. Auch die Europäische Union betont in dem bereits erwähnten Papier „Radio Spectrum Policy Programme“ 7, dass eine zielgerichtete Frequenzpolitik einen wichtigen Beitrag zum Breitbandausbau in der Fläche, aber auch zur verbesserten Versorgung in Ballungszentren leistet. Darin heißt es: „Die Harmonisierung einer angemessenen Frequenznutzung […] ist von wesentlicher Bedeutung für größenbedingte Kosteneinsparungen, die zu einer Senkung sowohl der Kosten des Aufbaus von drahtlosen Netzen als auch der Kosten von drahtlosen Geräten für die Verbraucher führen. […] Die zunehmende Nutzung insbesondere der audiovisuellen Mediendienste und der Online-Angebote führt zu einer verstärkten Nachfrage nach hoher Übertragungsgeschwindigkeit und breiter Versorgung.“ Das Programm ist auch eine der Schlüsselmaßnahmen der Digitalen

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

Agenda für Europa, mit der schnelle Breitband-Internetverbindungen in der künftigen netz- und wissensbasierten Wirtschaft bereitgestellt und ehrgeizige Zielsetzungen für die flächendeckende Breitbandversorgung verwirklicht werden sollen. Die richtigen Entscheidungen hinsichtlich rechtlicher und regu­ latorischer Rahmenbedingungen und die rechtzeitige Verfügbarkeit ausreichender Frequenzen werden die Mobilfunkbranche weiter dazu motivieren, in den Ausbau und die Modernisierung ihrer Netze zu investieren und so die Grundlagen für zukünftiges Wirtschaftswachstum schaffen.

3.5.3.2 Frequenzspektrum unterhalb von 1 GHz Für eine Breitbandversorgung in der Fläche sind Trägerfrequenzen unterhalb von 1 Gigahertz (GHz) aufgrund ihrer guten Ausbreitungseigenschaften besonders geeignet. Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2009 auch das 800-MHz-Frequenzband in Deutschland frühzeitig für den Mobilfunk nutzbar gemacht. Es ist aber bereits absehbar, dass die bislang vergebenen 60 MHz perspektivisch nicht ausreichen werden, um den zur Erreichung der Breitbandziele der Bundesregierung notwendigen Beitrag zu leisten. So hat die World Radio Conference 2012 (WRC-12) mit Wirkung für den Zeitraum nach der nächsten Konferenz im Jahr 2015 beschlossen, das 700-MHz-Band (694–790 MHz) in der ITURegion 18 auf co-primärer Basis dem Mobilfunkdienst zuzuweisen und für eine Nutzung durch IMT-Technik 9 (u. a. LTE) zu identifizieren. Mit dieser Entscheidung wird der zukünftige Bedarf an zusätzlichem Spektrum für mobile Breitbandanwendungen auch von der ITU anerkannt. Im Zusammenspiel mit den Frequenzen im 800-MHz-Band kann hierdurch für solche Regionen ein weiterer wichtiger Beitrag zur Erreichung der Breitbandziele geleistet werden, in denen ein leitungsgebundener Ausbau wegen seiner Verlegungs­kosten wirtschaftlich nicht rentabel ist.

6 Vgl. BITKOM Pressemitteilung vom 16. April 2012, URL: http://www.bitkom.org/de/pres-

se/8477_71854.aspx (23:10:2013) 7 Decision No 243/2012/EU of the European Parliament and of the Council of 14 March 2012

establishing a multiannual radio spectrum policy programme, URL: http://eur-lex.europa.eu/ LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:081:0007:0017:EN:PDF (23:10:2013)

weitere Investitionen in den Ausbau und die Modernisierung der Mobilfunknetze

8 Umfasst unter anderem Europa und Afrika. 9 IMT steht für „International Mobil Telecommunications“. Damit werden die Anforderungen der

ITU-Region an verschiedene 3G-Standards beschrieben.

Zuweisung des 700-MHzBandes an den Mobilfunk eröffnet Perspektiven für die Kommunikationsnetze der Zukunft

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372

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

kostengünstige Breitbandversorgung in ländlichen Räumen durch „verbundene“ Nutzung im 700- und 800-MHz-Band

Darüber hinaus bietet eine Nutzung des 700-MHz-Bandes die Möglichkeit, die Verfügbarkeit von mobilen Breitbanddiensten deutschlandweit weiter zu verbessern. Dies führt letztlich auch zu einer Steigerung der Attraktivität von neuen Diensten und eröffnet dadurch weitere Perspektiven für die Kommunikationsnetze der Zukunft, von denen auch andere Nachfrager profitieren könnten (z. B. der Rundfunk, Funkdienste der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, Funkanwendungen der Bundeswehr oder Nutzer drahtloser Produktionstechniken). Der Einsatz zukünftig möglicher Band-Aggregation wird zudem eine „verbundene“ Nutzung der Frequenzen im 700- und 800-MHz-Band zulassen und damit aufgrund steigender Kapazität ermöglichen, Haushalte in ländlichen Räumen kostengünstig mit Bandbreiten über 50 Mbit/s ohne Einsatz spezieller Antennen­ lösungen zu versorgen. Diese Bandkombinationen müssen aber noch standardisiert und implementiert werden. Das hierfür notwendige Entwicklungsinvestment erfordert rechtzeitig klare Rahmenbedingungen bezüglich der Verfügbarkeit des 700-MHzBandes, um zur Erreichung langfristiger Breitbandziele die entsprechenden Lösungen bereitstellen und implementieren zu können.

3.5.3.3 Frequenzspektrum oberhalb von 1 GHz

hohe Kapazitäten für die Datenübertragung in dicht besiedelten Gebieten

Neben den zur Breitbandversorgung in der Fläche geeigneten Frequenzbändern benötigt mobiles Breitband aber perspektivisch auch erhebliches zusätzliches Spektrum oberhalb von 1 GHz. Diese Frequenzbänder sind aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften besonders geeignet, hohe Kapazitäten für die Datenübertragung bereitzustellen. Daher sind sie insbesondere für den mobilen Breitbandzugang in dicht besiedelten Gebieten geeignet. Mobilfunk­ netze befriedigen hier die Nachfrage nach mobiler Nutzung, indem sie einen überall verfügbaren Internetzugang für mobile Endgeräte bieten. Neben den hohen verfügbaren Datenraten sorgen die sehr kurzen Latenzzeiten von LTE für einen dem Festnetz ebenbürtigen Eindruck in der Benutzung von Internetdiensten. In Ergänzung zum aktuellen LTE-Ausbau bei 800 MHz und Fre­ quenzen in höheren Frequenzbereichen rückt ein dazwischen liegen-

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

des Frequenzband bei 1,4 GHz (1.452–1.492 MHz im sogenannten L-Band 10) in den Fokus, das perspektivisch als zusätzlicher Downlink für mobile Breitbanddienste genutzt werden könnte. Eine Nutzung durch den Mobilfunk würde zunächst dazu führen, dass sich die Verfügbarkeit von Breitband in Deutschland insgesamt gleichmäßiger verteilt. Darüber hinaus würde die Qualität der Flächenversorgung deutlich verbessert.

gleichmäßige Vertei­ lung der Verfügbarkeit und Verbesserung der Versorgungsqualität

3.5.3.4 Weitere Anwendungsbereiche Neben dem oben angeführten Bedarf für mobiles Breitband zur Unterstützung der Breitbandstrategie der Bundesregierung, gibt es noch weitere Bedarfsträger für zusätzliches terrestrisches Spektrum: • Rundfunk Eine Nutzung des 700-MHz-Bandes durch den Mobilfunk verlangt dem Fernsehrundfunk einen nicht unerheblichen Einschnitt in seine derzeit genutzten Ressourcen ab und erfordert somit eine weitere Effizienzsteigerung. Daher hat sich eine intensive Diskussion um die zukünftige effiziente Nutzung des gesamten Bandes 470–790 MHz entwickelt. So hat die European Broadcasting Union (EBU) eine Arbeitsgruppe mit dem Titel „Cooperative Terrestrial Networks Mobile“ (CTN-Mobile) gegründet, in der in Zusammenarbeit mit Mobilfunkausrüstern technische Optionen einer Verbreitung von Rundfunkinhalten über Mobilfunktechnologien diskutiert werden. Ende 2012 wurde die Diskussion über die zukünftige Nutzung des Bandes vom Bundeswirtschaftsministerium unter dem Arbeitstitel „Mobile Media 2020“ aufgegriffen. In dem bereits weiter oben erwähnten Diskussionspapier 11 werden vier grundsätzliche Optionen aufgezeigt:

10 Nutzung gemäß ECC Report 188 (Kapitel 4.3 sowie Conclusio), 02/2013

11 Mobile Media 2020 - Untersuchung der zukünftigen Frequenzbedarfe, Abschlussbericht zur Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi), 2013, URL: http://www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=548924.html (23.10.2013)

zahlreiche weitere Bedarfsträger für terrestrisches Spektrum

Nutzung des 700-MHz-Bandes durch Mobilfunk erfordert Effizienzsteigerung des Fernsehrundfunks

Verbreitung von Rundfunkinhalten über Mobilfunktechnologie als Option

verschiedene Optionen zur Nutzung des 700-MHz-Bandes in Diskussion

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze terrestisches Fernsehen

BOS-Funk

Handlungsoptionen für die zukünftige Nutzung des UltraHigh-FrequencyBandes (UHF-Band)

umfangreiche Abstim­ mungsmaßnahmen zwischen dem Bund und den Ländern

–– Das 700-MHz-Band verbleibt beim terrestrischen Fernsehen und ermöglicht diesem eine vergleichsweise einfache Migration zu DVB-T2 12 mit besserer Effizienz für mehr Programme und/oder bessere Auflösung. –– Das 700-MHz-Band wird vor 2018 für Mobilfunk umgewidmet mit positiven Auswirkungen auf das Erreichen der Breitbandziele, aber Erschwernissen für die Weiterentwicklung des terrestrischen Fernsehens. –– Das gesamte heutige Fernsehband wird langfristig, d. h. nach 2020, für die Verbreitung von Fernsehinhalten, Mobilfunk, BOS-Funk13 usw. über eine gemeinsame Infrastruktur Commonly Used Network Structure (CUNST) genutzt. –– Auf terrestrische Fernsehübertragung wird langfristig, d. h. nach 2020, verzichtet und das gesamte heutige Fernsehband wird umgewidmet für Mobilfunk und BOS-Funk usw. Das Diskussionspapier weist ausdrücklich darauf hin, dass eine Umwidmung des 700-MHz-Bandes keine der langfristigen Op­ tionen ausschließt.   Eine Studie der Technischen Universität Braunschweig14 hat diese Optionen weiter untersucht. Die Autoren beschreiben Handlungsoptionen für die zukünftige Nutzung des Ultra-HighFrequency-Bandes (UHF-Band). Auf europäischer Ebene wurde im Rahmen der European Conference of Postal and Telecommunications Administrations (CEPT) eine Arbeitsgruppe zur Diskussion strategischer Optionen im UHF-Bereich gegründet. Unter dem Stichwort Konvergenz wird das Thema in der Europäischen Kommission beobachtet. Da die Belange des Rundfunks in Deutschland verfassungsmäßig im Kompetenzbereich der Länder liegen, finden darüber hinaus umfangreiche Abstimmungsmaßnahmen zwischen dem Bund und den Ländern statt und sind auch künftig notwendig.

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

• Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS)/ Bundeswehr Im Rahmen der Digitalisierung von Funkanwendungen der Sicherheitsbehörden, möchten diese die LTE-Technologie für eine digitale Datenübertragung (z. B. Hubschrauber-Video-Überwachung) einsetzen. Zugleich besteht auch hier der Wunsch nach einer Nutzung von Spektrum unterhalb 1 GHz. Auf Ebene der europäischen Regulierungsbehörden wurde hierzu eine Projektgruppe gegründet, welche den entsprechenden Bedarf abschätzen und darstellen soll. In ihrem ersten Bericht 15 „Report A“ kommt die Projektgruppe zum Schluss, dass ein Umfang von 2x10 MHz für die allermeisten Anwendungen von BOS- bzw. Public-Protection-and-Disaster-Relief-Anwendungen (PPDR-Awendungen) ausreicht. In einem zweiten Bericht „Report B“ wird zurzeit untersucht, in welchem Frequenzbereich dieser Bedarf am besten gedeckt werden kann. Für breitbandige Anwendungen unterhalb 1 GHz werden hierbei zwei Frequenzbereiche 400–470 MHz und 694–790 MHz untersucht. Für breitbandige Ad-hoc-Netzwerke ist auch das ungepaarte 2-GHz-Band (1.900–1.920 MHz und 2.010–2.025 MHz) in der Betrachtung. „Report B“ soll bis Ende 2014 fertiggestellt werden. Die deutschen Sicherheitsbehörden (BOS und Bundeswehr) reklamieren zurzeit einen gemeinsamen Frequenzbedarf von 2x15/20 MHz und bevorzugen aus ökonomischen Gründen eine Realisierung, die sich an der europäischen Harmonisierung orientiert. Aus Sicht der BOS sollte eine solche nach heutigem Kenntnisstand im 700-MHz-Bereich angesiedelt sein. Für die Zukunft ist auch ein Betreibermodell in Partnerschaft mit privaten Unternehmen vorstellbar.

12 DVB-T steht für Digital Video Broadcasting Terrestrial. Bei DVB-T2 handelt es sich um einen

effizienteren Nachfolgestandard im Vergleich zu DVB-T der ersten Generation. 13 Damit bezeichnet man Funkanwendungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheits­

aufgaben. 14 Reimers/Kürner: Untersuchung der zukünftigen Frequenzbedarfe des terrestrischen Fernsehens

und des Mobilfunkdienstes sowie weiterer Funknutzungen im Frequenzband 470-790 MHz sowie Bewertung von Optionen zur Verteilung der Frequenznutzungen unter sozio-ökonomischen und frequenztechnischen Gesichtspunkten insbesondere im Teilfrequenzband 694-790 MHz, 2013. URL: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/abschlussbericht-sachverstaendigenauftrag-frequenzbedarf,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (23.10.2013)

15 Draft ECC Report 199, “User requirements and spectrum needs for the future European broad-

band PPDR system (Wide Area Network)”, 2013.

Digitalisierung von Funkanwendungen der Sicherheitsbehörden

Für die Zukunft ist auch ein Betreiber­modell in Partnerschaft mit privaten Unternehmen vorstellbar.

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

• Drahtlose Mikrofon- und Bildsysteme Durch die zunehmende Digitalisierung und Umwidmung von Teilen des UHF-Fernsehrundfunkbandes sind auch sogenannte sekundäre Dienste wie z. B. drahtlose Mikrofon- und Bildsysteme (PMSE) Nachfrager von zukunftssicherem Spektrum. Eine reibungslose Funktionsfähigkeit von PMSE ist insbesondere im Hinblick auf deren Einsatz im Rahmen kultureller Veranstaltungen von gesellschaftlicher Bedeutung. Die Bundesregierung untersucht diese Frequenzbedarfe und deren Befriedigung innerhalb der Studie „Mobile Media 2020“ 16. Hierbei werden verschiedenste Frequenzbereiche (733–758 MHz, 821–832 MHz, 1.785–1.805 MHz, sowie eine parallele Nutzung bei 1.452–1.492 MHz) als zukünftige, europaweit harmonisierte Lösung für PMSE studiert, um eine Kompensation für die zukünftig für PMSE reduzierten Möglichkeiten im 700-MHz-Band zu schaffen.

komplementäre Nutzung von Mobilfunk und WiFi

• WLAN/WiFi-Netze Alle derzeit veröffentlichten Prognosen zur Entwicklung des drahtlosen Breitbandverkehrs lassen erwarten, dass neben den Mobilfunknetzen insbesondere in Ballungszentren zusätzliche Kapazitäten für funkgestütztes Breitband erforderlich sein werden. Diese Kapazitäten können z. B. von WiFi-Netzen bereitgestellt werden. Die WiFi-Hotspots sind zwar aufgrund der Funkausbreitungsbedingungen eher klein, bieten aber dennoch hohe Datenraten. Eine komplementäre Nutzung von Mobilfunk und WiFi-Spots in Ballungszentren hilft, die verfügbaren Frequenzen effizient zu nutzen und ein bestmögliches Ergebnis in Bezug auf die Übertragungsgeschwindigkeit zu erreichen, da Rückführungskapazitäten über Festnetz-Infrastrukturen sowohl für WiFi als auch für herkömmliche Mobilfunknetze genutzt werden können. Der steigende Bedarf an drahtlosen Internetzugängen, eine höhere WiFi-Nutzungsintensität, höhere nomadische bzw. mobile Datenraten sowie die steigende Anzahl an WiFi-fähigen

16 Mobile Media 2020 - Untersuchung der zukünftigen Frequenzbedarfe, Abschlussbericht zur

Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi), 2013, URL: http://www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=548924.html (23.10.2013)

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

Endgeräten führen auch bei den in den lizenzfreien Frequenzbereichen 2,4 GHz und 5 GHz arbeitenden WiFi-Netzen zukünftig zu Engpässen. Daher hat die ITU-Region im Rahmen der Vorbereitung der WRC15 einen Gesamtbedarf für WiFi im Jahr 2018 von 880 MHz bis 1.280 MHz für öffentliches WiFi, für unternehmensinterne Nutzungen sogar bis zu 2.080 MHz identifiziert. Eine im Auftrag der Europäischen Kommission erarbeitete Studie17 hat ermittelt, dass im Jahr 2012 WiFi-Verbindungen 71  % des gesamten drahtlosen Datenverkehrs von Smartphones und Tablets in der Europäischen Union ausmachten. Bis 2016 könnte diese Zahl auf 78  % ansteigen. Diese Ergebnisse zeigen, in welchem Maße sich das Verhalten der Nutzer wegen der für sie zweifellos attraktiven Nutzung von WiFi-Hotspots verändert hat. Daher empfiehlt die Studie, das 5-GHz-Band allgemein für WiFi bereitzustellen. In diesem Zusammenhang hat auch die Europäische Kommission ein Mandat an CEPT erlassen, um harmonisierte Bedingungen für die technische Kompatibilität von WiFi in den Bändern 5.350–5.470 MHz und 5.725–5.925 MHz mit anderen Funkanwendungen schaffen zu können. Diese Bänder sollen vorrangig als „WiFi-Erweiterungsbänder“ genutzt werden.

17 Marcus/ Neu/ Burns: Study on impact of traffic off-loading and related technological trends

on the demand for wireless broadband spectrum, 2013. URL: http://ec.europa.eu/digitalagenda/en/news/study-importance-F-socioeconomic-benefits-using-small-cell-infrastructures (23.10.2013)

zukünftig Engpässe bei WiFi-Netzen

Studie empfiehlt Bereitstellung des 5-GHz-Bandes für WiFi

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378

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Internationale Harmonisierung des Mobilfunkspektrums ist erforderlich.

3.5.4 Internationale Harmonisierung

3.5.4.2 Globale Nutzung durch den Endkunden (Roaming)

Bei Massenmärkten wie dem Mobilfunk ist eine internationale Harmonisierung der Technik von besonderer Bedeutung. Dies hat sowohl Auswirkungen auf die globalen Skaleneffekte bei der Herstellung der Technik als auch auf die globale Nutzung durch den Endkunden (Roaming) und die Koordination der Funknetze an den Landesgrenzen. Letztendlich führt eine internationale Harmonisierung zu einer Verbesserung der Marktentwicklung und -dynamik („Ecosystem“). Die internationale Harmonisierung des Mobilfunkspektrums ist ein wesentlicher Bestandteil bzw. Voraussetzung zur Erreichung der oben genannten Effekte. Die nationale Frequenzpolitik darf daher weder internationale noch europäische Diskussionen außer Acht lassen. Zukunftsorientierte Frequenzpolitik entsteht durch rechtzeitige engagierte Beteiligung an internatio­ nalen Entscheidungsprozessen. Nationale Sonderwege sind sowohl für Endkunden als auch für die notwendigen Infrastrukturinvesti­ tionen nachteilig.

International harmonisierte Frequenzbänder sorgen auch dafür, dass Endkunden die entsprechenden Endgeräte weltweit nutzen können, und nicht auf spezielle Endgeräte für einzelne Länder angewiesen sind. Ein gutes Beispiel hierfür ist das internatio­nale Roaming nach dem Global-System-for-Mobile-CommunicationsStandard (GSM-Standard) mit inzwischen mehr als 800 Mobilfunknetzen in mehr als 200 Ländern der Welt. Demgegenüber bieten andere Mobilfunktechnologien wie Code Division Multiple Access (CDMA) deutlich weniger Roaming-Möglichkeiten, da deutlich weniger Netze weltweit mit dieser Technik realisiert wurden.

3.5.4.1

Komponenten zu deutlich geringeren Stückkosten

Netzaufbau in einem international harmonisierten Frequenzband mit entsprechend günstiger Systemtechnik

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

Globale Skaleneffekte

Wenn Mobilfunkkomponenten international in den gleichen Frequenzbändern (und mit den gleichen Kanalplänen) arbeiten, so lassen sich diese Komponenten zu deutlich geringeren Stückkosten produzieren, da die Entwicklungskosten auf eine sehr große Stückzahl umgelegt werden können. Ein Mobiltelefon, das millionenfach für globale Märkte produziert wird, ist damit deutlich günstiger, als ein Gerät, dass für eine rein nationale Konfiguration entwickelt und produziert wird, wo deutlich weniger Absatzmengen zu erwarten sind. Ebenso ist Netzaufbau in einem international harmonisierten Frequenzband mit entsprechend günstiger Systemtechnik aufgrund der Skaleneffekte in der Produktion deutlich kostengünstiger zu realisieren, als ein Netzaufbau mit einer proprietären Systemtechnik und/oder in einem Frequenzband bzw. Kanalraster, das nur in einigen wenigen Ländern der Welt zum Einsatz kommt.

Endgeräte weltweit nutzen

3.5.4.3 Grenzkoordination Um eine effiziente Frequenznutzung auch an Landesgrenzen zu erreichen, ist es wichtig, dass auf beiden Seiten der Grenze die Frequenznutzung harmonisiert ist. Dies führt nicht nur zu einem deutlich verringerten Störpotenzial zwischen den Netzen, sondern verbessert auch die Mobilfunkversorgung der Endkunden in der Nähe der Landesgrenzen, was gerade in Europa unter dem Aspekt des einheitlichen Binnenmarktes und der Bewegung über Landesgrenzen hinweg von besonderer Bedeutung ist.

3.5.5 Koexistenz mit Nutzungen in leitungsgebundenen Netzen Einen bedeutenden Beitrag zur Breitbandversorgung in Deutschland leisten auch die Kabelnetze. Daher ist es wichtig, frühzeitig ein gemeinsames Verständnis darüber zu entwickeln, wie draht­lose und drahtgebundene Dienste verträglich nebeneinander existieren können. Bei der künftigen Bereitstellung weiterer Frequenzen für mobiles Breitband müssen Lösungsansätze erarbeitet werden,

Harmonisierung der Frequenznutzung verringert das Störpotenzial und hilft Endkunden.

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Vermeidung stören­ der Einstrahlung liegt im Interesse aller Beteiligen.

sodass sowohl verschiedene Funkdienste nebeneinander störungsfrei genutzt als auch drahtlose und drahtgebundene Dienste verträglich nebeneinander existieren können. Hierbei liegt es im Interesse aller Beteiligten, gerade mit Blick auf die Akzeptanz der Endnutzer, störende Einstrahlungen nicht allein in bestehende, normgerecht errichtete Kabelnetze, sondern vor allem in Endgeräte der Kabelkunden (Set-Top-Boxen, TV-Geräte etc.) zu vermeiden und damit die Nutzung breitbandigen Kabelinternets ebenso wie Kabelfernsehens zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang sollten insbesondere die Erfahrungen bei der Vergabe der sogenannten Digitalen Dividende 1 berücksichtigt werden. Bei der zukünftigen Bereitstellung weiterer Frequenzen für mobiles Breitband, die auch die Nutzung der Kabel­ netze berührt, ist es erforderlich, frühzeitig die Interessen aller Betroffenen zu berücksichtigen. Um Störungen zu verhindern bzw. zu minimieren, müssen die Bundesnetzagentur und die Marktbeteiligten, z. B. Mobilfunkunternehmen, Kabelnetzbetreiber und auch End­gerätehersteller, frühzeitig miteinander in einen konstruktiven Austausch treten.

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

3.5.6.1

Anforderungen an ein zukünftiges System der Massenkommunikation

Um den sich wandelnden Nutzungsgewohnheiten bei einer möglichst effizienten Verwendung des nutzbaren Frequenzspektrums Rechnung zu tragen, sollte aus Sicht der Projektgruppe frühzeitig mit der Erarbeitung von Szenarien für eine konvergente Massenkommunikation im Bereich des UHF-Frequenzspektrums begonnen werden. Ein zukünftiges System für Massenkommunikation sollte dabei insbesondere eine deutlich höhere spektrale Effizienz als DVB-T und DVB-T2 aufweisen, die jeweils nur einen geringen Teil des gesamten Spektrums an einem gegebenen Ort tatsächlich nutzen. Ein solches System sollte zudem auf sämtlichen Endgeräten vom klassischen Fernseher bis hin zu Smartphones und Tablets nutzbar sein und über integrierte Rückkanäle zur Steuerung des Abrufs nichtlinearer Inhalte und für neuartige Interaktionsmöglichkeiten des Zuschauers mit den Programmanbietern verfügen.

Szenarien für kon­ vergente Massen­ kommunikation im UHF-Frequenz­ spektrum

3.5.6.2 Enhanced Multimedia Broadcast Multicast System (eMBMS)

3.5.6 Rundfunkangebote über mobile Breitbandnetze

wachsende Anzahl an Rundfunkangeboten über mobiles Breitband

Endgeräte mit hochauflösenden Displays wie Smartphones und Tablet-PCs, die für ein entsprechendes Kundenerlebnis beim Konsumieren von Videoinhalten sorgen, setzen sich am Markt zunehmend durch. Der Großteil der über Mobilfunk übertragenen Videoinhalte wird individuell von Portalen abgerufen. Daneben speisen immer mehr Rundfunkanstalten ihre Live-Programme ins Internet ein, die somit auch über Mobilgeräte abgerufen werden können. Besonders Live-Events des linearen TV wie Fußballspiele werden per Streaming an mobile Endgeräte angeboten und TV-Sender kaufen ihre Lizenzen nun auch für das Streaming über mobile Netze ein. Generell bieten TV-Sender ihre Programme zunehmend auch nicht-linear an.

Teil eines solchen zukünftigen Systems für die Massenkommuni­ kation (eMBMS) wird der für LTE standardisierte Broadcast/ Multicast-Modus sein. Dieser ist ein Leistungsmerkmal von LTE, welches spezielle Übertragungskanäle für eine Punkt zu MultiPunkt­- Übertragung definiert. D. h. es gibt spezielle Mechanismen, durch die eMBMS ein und denselben Inhalt auf nur einem Übertragungskanal an eine Vielzahl von Nutzern überträgt. Dabei gibt es die Möglichkeit, entweder für eine solche „Rundfunkübertragung“ eine bestimmte Teilkapazität einer Funkzelle statisch festzulegen oder nach Zählen der Anzahl der Nutzer, die gleichzeitig denselben Inhalt abrufen, dynamisch eine Kapazitätszuweisung vorzunehmen. Über eMBMS ist es grundsätzlich möglich, sämtliche Dienste im Bereich des mobilen Fernsehens und des mobilen Radios, inklusive der Übertragung öffentlich-rechtlicher, privater sowie regionaler Sender zu realisieren.

zukünftige Massen­ kommunikation im Broadcast/ Multicast-Modus

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Integrated UHF Multimedia Network als gemeinsames Szenario

Rückkanal für Interaktion

langfristige Perspektive: Integrated UHF Multimedia Network

In diesem Zusammenhang ist auch ein Szenario der Konvergenz auf einer von Rundfunk und Mobilfunk gemeinsam genutzten makro­zellularen Infrastruktur denkbar, hier mit Integrated UHF Multimedia Network bezeichnet. Darin können flexibel und effizient sowohl lineare als auch individuelle Inhalte aus den Mediatheken der Rundfunkveranstalter, aus Videotheken oder dem allgemeinen Internet auf verschiedensten Endgeräten vom Smartphone über Tablet-PCs bis zum konventionellen stationären großen Fernsehbildschirm übertragen werden. Die linearen Inhalte werden im eMBMS-Modus bereitgestellt, die nichtlinearen im normalen LTE-Modus. Das Verhältnis zwischen line­arem und nicht-linearem Anteil kann z. B. bei sportlichen Großveranstaltungen dynamisch angepasst werden. Das Mobilfunksystem stellt auch die für eine interaktive Einbindung der Zuschauer und die Steuerung der nicht-linearen Inhalte erforderlichen Rückkanalkapazitäten bereit. Aufgrund der makrozellularen Struktur lässt sich die spektrale Effizienz gegenüber dem herkömmlichen High-Power-High-Tower-Ansatz bei der Rundfunkübertragung steigern und eine homogenere Versorgung der Fläche inklusive Mobilversorgung erzielen. Ein Integrated UHF Multimedia Network könnte somit einen deutlichen Schritt zu noch effizienterer Spektrumsnutzung im besonders attraktiven Bereich unterhalb 1 GHz leisten. Es bedarf aber weiterer Forschungsaktivitäten, internationaler Harmonisierung, Anpassung der technischen Standards, geeigneter regulatorischer Rahmenbedingungen z. B. bezüglich des Wettbewerbsrechts und Anpassungen an die Geschäftsmodelle der heutigen Protagonisten. Somit stellt das Integrated UHF Multimedia Network eine mögliche langfristige Perspektive für eine UHFSpektrumstrategie für die Jahre ab 2020 dar.

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

3.5.7 Die Rolle von WiFi für mobiles Breitband 3.5.7.1

WiFi: zukünftig ein wesentliches Element für standortungebundene Breitbandzugänge

Die Nutzung von WiFi, oftmals auch als Wireless Local Area Network (WLAN) bezeichnet, als drahtlosem Heimnetzwerk ist mittlerweile für die meisten Nutzer eine selbstverständliche und komfortable Ergänzung zum Breitbandanschluss zu Hause. Es ist auch zunehmend ein gewohnter und unkomplizierter Zugang zum Internet unterwegs an öffentlichen Orten und Plätzen (ausgeleuchteter öffentlicher Raum, Cafés, Flughäfen etc.) und an zur Mitnutzung für Dritte geöffneten Zugangspunkten (sogenannten Public Homespots). Die WiFi-Nutzung insgesamt ist in Europa bereits in einem reifen Stadium angelangt. In einigen europäischen Mitgliedsstaaten gibt es bereits in über 70  % der Haushalte einen WiFiZugang. Der Wunsch nach stärkerer drahtloser Nutzung des Internets wird durch zwei Faktoren maßgeblich befördert. Einerseits sind die Nutzer durch den „ease of use“ ihres WiFi-Zugangs zu Hause an die komfortable Nutzung von internetfähigen Endgeräten gewöhnt und möchten diesen Komfort auch unterwegs nicht mehr missen. Zum anderen wird dieser Wunsch durch die zunehmende Zahl von Endgeräten ausgelöst, die einen drahtlosen Zugang zum Internet ermöglichen (Smartphones, Tablets etc.). Praktisch alle heute erhältlichen Kommunikations- und Unterhaltungsgeräte (so z. B. auch tragbare Spielkonsolen und Musikspieler, Foto- und Videogeräte etc.) sind mit einer Internetverbindung ausgerüstet. Während die wenigsten dieser Geräte auch die Möglichkeit für eine herkömmliche Mobilfunkverbindung über eine SIM-Card-Authentifizierung vorsehen, sind fast alle Geräte einer neueren Generation mit einem WiFi-Modul ausgerüstet. Automatische Authentifizierungsprozesse für den Zugang zu WiFi-Netzen werden die heutigen Schwierigkeiten bei der manuellen WiFi-Anmeldung (vor allem bei Verbindungsaufbau und Authentifizierung) zukünftig weitgehend beseitigen. Da dem allgemeinen Trend folgend für alle attraktiven Anwendungen über diese stark wachsende Zahl an Endgeräten immer höhere Bandbreiten und damit eine zunehmend leistungsfähigere

in Europa über Spots der Haushalte mit WiFi

Komfortable Nutzung und Endgeräte-Vielfalt

Automatische Authentifizierung erleichtert die Anmeldung.

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

WiFi als drahtloser Breitbandzugang

Internetverbindung erforderlich sein wird, ist zu erwarten, dass WiFi zukünftig nicht mehr nur eine Rolle als drahtlose Heimvernetzung spielen wird, sondern auch alle Voraussetzungen für eine leistungsfähige drahtlose Internetversorgung unterwegs bietet. Dies gilt derzeit insbesondere für die sogenannte nomadische Nutzung, d. h. für eine leistungsfähige ortsungebundene Nutzung des Internet.

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

oder Hotspots durch die öffentliche Hand weder notwendig noch zielführend. Förderlich kann aber eine Unterstützung von Städten und Kommunen bei der praktischen operativen Umsetzung von WiFiProjekten sein. Das haben beispielsweise auch Erfahrungen bei der Umsetzung des sogenannten „Public-Wifi“-Projekts in Berlin mit Unterstützung der Medienanstalt Berlin-Brandenburg gezeigt.

3.5.7.3 3.5.7.2 Voraussetzung für Public WiFi: leistungsfähige Festnetzinfrastruktur

geeignete Netze durch Investitionen von Netzbetreibern

Voraussetzungen für WiFi im öffentlichen Raum

Grundlegende Voraussetzung für das Angebot von WiFi im öffentlichen Raum (Public WiFi) ist das Vorhandensein einer leistungsfähigen und möglichst an allen öffentlichen Straßen, Plätzen und Lokationen verfügbaren Festnetzinfrastruktur. Entscheidend für den Erfolg und die zukünftige Rolle von Public WiFi ist dabei sowohl die enge Verknüpfung als auch die hochperformante Anbindung der WiFi-Spots. Nur dann kann das schon heute verfügbare Potenzial der WiFi-Technologie ausgeschöpft werden. Schon die heute in den dafür vorgesehenen Frequenzbereichen 2,4 GHz und 5 GHz genutzten und am weitesten verbreiteten Standards ermöglichen Datenraten von 54 Mbit/s. Dies verdeutlicht, dass schon das heutige Potenzial der WiFi-Technologie nur bei Vorhandensein einer wirklich leistungsfähigen Festnetzanbindung ausgeschöpft werden kann. Noch gravierender wird dies, wenn man leistungsstärkere, bereits heute verfügbare Standards berücksichtigt, die maximale Datenraten von 600 Mbit/s und darüber hinaus erlauben. WiFi als mobiler Breitbandzugang für eine Vielzahl von Nutzern und gleichzeitig hoher verfügbarer Bandbreite je Nutzer kann nur dann eine entscheidende Rolle für die Versorgung mit draht­losem Breitband im öffentlichen Raum spielen, wenn die Anbindung über ein vorhandenes Festnetz für solche Datenraten geeignet ist. Letztlich ist auch für hochperformante öffentlich zugängliche WiFiHotspot-Netze der weitere Ausbau von glasfaserbasierten Rücktransportnetzen erforderlich. Die dafür geeigneten Netze werden aber bereits heute sukzessive durch privatwirtschaftliche Investitionen von Netzbetreibern aufgebaut bzw. ertüchtigt. Deshalb wäre ein Aufbau von WiFi-Netzen

Aufbau durch die öffentliche Hand nicht zielführend

WiFi und Mobilfunk: komplementäre oder alternative Nutzung?

WiFi-Netze mit Hotspots in Cafés, Restaurants oder Einkaufszentren sowie in belebten öffentlichen Stadtbereichen in Kombination mit sogenannten Home-Spots (separates Public WiFi für Dritt­ nutzung an privaten WiFi-Spots von Breitbandkunden über zweite SSID) können in bestimmten Bereichen durchaus alternativ zu bestehenden Mobilfunknetzen genutzt werden. Eine weitgehend flächendeckende Ausstattung mit solchen WiFiNetzen ist jedoch selbst im städtischen Bereich nur in den wenigsten Fällen zu erreichen. Der ländliche Bereich wird aufgrund der in geringerem Maße oder erst zukünftig vorhandenen entsprechend leistungsfähigen Festnetze als Grundlage nur in seltenen Fällen in vergleichbarer Weise mit WiFi-Netzen versorgt werden können. Die Versorgung mit mobilem Breitband wird in diesen Bereichen auch zukünftig eher durch Mobilfunk flächendeckend hergestellt werden können. Das wahrscheinlichste Szenario ist eine eher komplemen­täre Nutzung von WiFi und Mobilfunk je nach lokalen Gegebenheiten und Kooperationsmodellen. In diesem Zusammenhang wird auch häufig von dem für Mobilfunknetze vorteilhaften Modell des sogenannten Offloading gesprochen. Mobiler Breitbandverkehr wird dabei über WiFi-Infrastrukturen, dort wo vorhanden, kostengünstig und effizient abgeführt. Kooperative Modelle zwischen WiFi und herkömmlicher Mobilfunknutzung sind in diesem Zusammenhang zukünftig denkbar, da Vorteile sowohl für die beteiligten Netz­ betreiber als auch aus Kundensicht generiert werden können.

wahrscheinliches Szenario: komplementäre Nutzung von WiFi und Mobilfunk

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

3.5.8 Verlässliche politische und regulatorische Rahmenbedingungen für mobile Breitbandinfrastrukturen Investitionsfreundliches regulatorisches Um­ feld und eine Verbes­ serung der Akzeptanz von Mobilfunkstand­ orten in der Bevölke­ rung ist unverzichtbar.

Für den Ausbau mobiler Breitbandnetze sind ein investitionsfreundliches regulatorisches Umfeld und eine Verbesserung der Akzeptanz von Mobilfunkstandorten in der Bevölkerung unverzichtbar. Frequenzpolitische und regulatorische Entscheidungen müssen einerseits bereits getätigte Investitionen berücksichtigen und andererseits Anreize für künftige Investitionen schaffen. Der durch die Mobilfunkunternehmen betriebene LTE-Ausbau der vergangenen Jahre war und ist ein Musterbeispiel für das gute Zusammenspiel zwischen Industrie, Politik und Verwaltung. In kürzester Zeit wurde das Mobilfunknetz der vierten Generation aufgebaut, welches bereits weit über zwei Drittel der bundesdeutschen Fläche abdeckt. Wöchentlich werden weitere Mobilfunkstandorte in Betrieb genommen und neue Städte und Gemeinden an das modernste Mobil­funknetz angebunden.

3.5.8.1

Engpässe bei der Bearbeitung von Genehmigungen für Richtfunkanbindungen

Hinreichende Ausstattung der Bundesnetzagentur

Trotz des schnellen Aus- und Aufbaus der LTE-Netze und des sehr guten Zusammenspiels hat sich in der Praxis auch Verbesserungspotenzial herauskristallisiert. Dies betrifft insbesondere die Anbindung der Mobilfunkbasisstationen, die in der Praxis entweder über Glasfaser oder über Richtfunk realisiert wird. So ist es in der Vergangenheit bei der Genehmigung der Richtfunkanbindungen wegen der hohen Zahl der Anträge zu Engpässen bei der Bearbeitung durch die Bundesnetzagentur gekommen. Um hier zukünftig dem Mobilfunk zu ermöglichen, zeitnah den von ihm erwünschten Beitrag zur Erreichung der Breitbandziele der Bundesregierung zu leisten, sind hierfür entsprechende Voraussetzungen zu schaffen. Konkret bedeutet dies: • Auch zukünftig ist mit einem hohen Aufkommen an Anträgen für Richtfunk­genehmigungen zu rechnen. Eine frühzeitige Neugewinnung, Ausbildung und Einarbeitung von Arbeitskräften für die Bundesnetzagentur und eine angemessene Aufstockung der Personalressourcen sind daher unumgänglich.

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

• Eine weitestgehende Automatisierung und Standardisierung des Genehmigungsprozesses mittels der Einführung funktionsfähiger IT-Tools sowie die kontinuierliche Optimierung der Arbeitsabläufe könnte in diesem Zusammenhang helfen. Die zuvor genannten Maßnahmen sollten zeitnah umgesetzt werden, wobei auch die Wirtschaft hierzu ihren Beitrag leisten muss, z. B. durch entsprechend qualitativ hochwertige Anträge, die zeit­ intensive Nachfragen zu Genehmigungsparametern durch die Behörde reduzieren.

Maßnahmen durch Bundesnetzagentur und Wirtschaft

3.5.8.2 Verlässliche Genehmigungserfordernisse Um zu garantieren, dass Handys, Smartphones oder Tablets jederzeit ohne gesundheitliche Gefährdungen genutzt werden können, existieren verbindliche Grenzwerte für den Schutz der Gesundheit. Die Grenzwerte basieren auf dem aktuellen Forschungsstand und unterliegen der regelmäßigen Bewertung durch anerkannte nationale und internationale Expertengremien, wie z. B. der deutschen Strahlenschutzkommission oder der Weltgesundheitsorganisation. Die Einhaltung der Grenzwerte gewährleistet, dass von den elektromagnetischen Feldern des Mobilfunks keine gesundheitlichen Gefährdungen für Mensch und Umwelt ausgehen. • Die in Deutschland gesetzlich festgeschriebenen Grenzwerte basieren auf dem aktuellen Stand der anerkannten Forschung und folgen den wissenschaftlichen Empfehlungen von unabhängigen nationalen und internationalen Gremien und Institutionen, wie der deutschen Strahlenschutzkommission (SSK), der Internationalen Kommission zum Schutz vor nicht ionisierender Strahlung (ICNIRP), der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder dem Rat der Gesundheitsminister der Europäischen Union. • Studien haben gezeigt, dass eine Absenkung der Grenzwerte – ohne eine wissenschaftlich fundierte Begründung – die Bevölkerung verunsichert und die Besorgnis gegenüber der Mobilfunk­ infrastruktur vergrößert. Eine Absenkung der Grenzwerte führt deshalb nicht zu einer Erhöhung des Schutzniveaus. • Niedrigere Grenzwerte erfordern eine größere Zahl an Stand­ orten. Dies bedeutet in der Folge höhere Kosten, höheren

Problematik der Grenzwerte

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388

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Energieverbrauch, höheren CO2 -Ausstoß, Qualitäts- und Versorgungseinschränkungen sowie Verzögerungen beim Ausbau des mobilen Breitbandangebots. • Eine Absenkung der Grenzwerte erfordert mehr Antennenstandorte, was negative Einflüsse auf das jeweilige Stadtbild hat und zudem zu einer weiteren Verstärkung bestehender Besorgnisse führen kann. So zeigt eine Umfrage der EU, dass in Italien trotz relativ niedriger Grenzwerte, die Besorgnis der Bevölkerung sehr hoch ist. bundesweit einheitliche Regelungen für Grenzwerte und Baurecht

Mobilfunk entwickelt sich unter jetzigen Rahmenbedingungen ausreichend schnell

Erweiterung und neue kleine Masten ohne Baugenehmigung zu installieren, schafft die erforderliche Flexibilität

Deshalb ist es wichtig, dass die Grenzwerte zum Schutz vor unzulässigen Immissionen auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen festgelegt und auf dieser Basis bundesweit einheitlich gesetzlich geregelt werden. Gleiches gilt für die baurechtlichen Aspekte bei der Errichtung der Mobilfunkinfrastruktur. Für Mobilfunkmasten mit einer Höhe von mehr als zehn Metern gilt in allen Bundesländern eine Baugenehmigungspflicht. Für Mobilfunksendeanlagen mit einer geringeren Bauhöhe und einem Volumen der Betriebseinheit von weniger als zehn Kubikmetern ist in fast allen Bundesländern eine generelle Baugenehmigungsfreiheit gesetzlich vorgesehen. Diese Abgrenzung hat sich bewährt – ein Änderungsbedarf lässt sich nicht erkennen. Der Mobilfunk kann sich unter den jetzigen Rahmenbedingungen ausreichend schnell entwickeln. Die Erschließung der weißen Flecken mittels LTE konnte und kann auch nur deshalb so schnell erfolgen, weil die Inbetriebnahme von Erweiterungen und neuen, kleinen Masten keine Baugenehmigung erfordert und in kurzer Zeit erfolgen kann. Bei größeren Antennenstandorten, die bereits mit einer Baugenehmigungspflicht belegt sind, führt diese zu einer entsprechenden Verfahrensverlängerung. Die Telekommunikationsunternehmen müssen sich schnell an ein verändertes Nutzerverhalten anpassen können. Baugenehmigungsverfahren benötigen in der Praxis sehr lange und bremsen damit den Ausbau und die Entwicklung der Netze signifikant. Eine Ausweitung der Baugenehmigungspflicht würde die Zahl der juristischen Auseinandersetzungen ansteigen lassen. Dies würde zu einer weiteren Verzögerung der Investitionen führen und die Wettbewerbsfähigkeit verschlechtern.

3.5 Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

Für die Information und Einbeziehung der Kommunen beim Netzausbau haben sich auf Basis der Mobilfunkvereinbarung von kommunalen Spitzenverbänden und Mobilfunknetzbetreibern sowie der Selbstverpflichtung der Mobilfunknetzbetreiber bewährte Prozesse etabliert. Damit hier kein unnötiger Bürokratieaufwand entsteht, der sich nachteilig auf den weiteren Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur auswirkt, ist es wichtig, dass mit der Umsetzung der Veränderungsverordnung zur Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und zur Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) die bewährten Prozesse übernommen und keine zusätzlichen Erfordernisse eingeführt werden.

bewährte Prozesse

3.5.8.3 Besteuerung von Mobilfunkstandorten In Zeiten knapper Finanzhaushalte von Kommunen, Städten und Gemeinden kommen vermehrt Forderungen auf, Steuern auf Mobil­funkinfrastrukturen einzuführen. Als Argument wird sehr oft vorgetragen, man wolle steuernd eingreifen und die Strahlenbelastung minimieren. Die gestaffelte Abgabe soll die Mobilfunker zu verstärkter gemeinsamer Nutzung von Sendestandorten animieren, um so das Landschaftsbild zu verbessern und die Strahlenemissionen zu senken. Die Lenkungsfunktion der Steuer ist fragwürdig. Fakt ist, dass die Kommunen auf Basis der Vereinbarung von Mobilfunknetz­ betreibern und kommunalen Spitzenverbänden sowie der Selbstverpflichtung der Mobilfunkbetreiber schon seit 2001 an der Standortauswahl und -errichtung beteiligt sind. Die zusätzliche Steuerbelastung würde dazu führen, dass viele Landesflächen nicht mehr wirtschaftlich versorgt werden könnten. Dies könnte die Deaktivierung unrentabler Standorte bedeuten bzw. den Infra­ strukturausbau ausbremsen. Zudem könnte es eine zusätzliche finan­zielle Belastung für die Endnutzer bedeuten. Dies würde gerade kleinere und mittlere Kommunen im ländlichen Raum treffen. Letztlich würde dann eine wichtige Infrastruktur durch eine Besteuerung verhindert und damit eine positive gesamtwirtschaft­liche

Durch Besteuerung würde Infrastruktur verhindert.

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Entwicklung. Zudem entstehen beim Genehmigungsverfahren für die Kommunen kaum Kosten. Ein enger Zusammenhang zwischen Aufwand und Steuer ist aber unbedingt erforderlich. Auch würde es zu einer ungerechtfertigten und willkürlichen Ungleichbehandlung von Mobilfunk gegenüber z. B. Rundfunk-, WLAN- und WiMAXStationen führen.

3.5.8.4 Repowering-Förderung Windkraftanlagen als Mobilfunkstationen

Rechtssicherheit für Nutzungsänderungs­ genehmigung

Mobilfunknetzbetreiber nutzen Windkraftanlagen zur Anbringung ihrer Funktechnik. Durch die gemeinsame Nutzung lässt sich die Anzahl der benötigten Anlagen reduzieren. Aktuell werden im großen Umfang bestehende Windkraftanlagen durch neuere, leistungsstärkere Windenergieanlagen (sogenanntes Repowering) ersetzt. Die neuen Anlagen werden dabei oft an einer anderen, für die Funkstation ungünstigeren, Stelle wieder aufgebaut. Die naheliegende Lösung ist, die alte Anlage soweit zurückzubauen, dass lediglich das Fundament und der Schaft mit der Funkanlage übrig bleiben. Dies bedarf allerdings einer bestimmten Auslegung des einschlägigen Paragraphen. Maßgeblich für die Repowering-Maßnahmen ist § 30 Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG). Nach § 30 Absatz 2 Satz 2 wird eine Anlage ersetzt, wenn sie vollständig abgebaut wurde. Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang ist, wie der Passus „vollständig abgebaut“ ausgelegt wird. Sinnvoll wäre, dass die Anlage dann als funktional und rechtlich entfernt gilt, wenn wesentliche Elemente wie der Rotor entfernt werden und eine entsprechende Nutzungsänderungsgenehmigung erteilt würde. Dann nämlich würde es sich nur noch um einen Funkmast handeln. Eine entsprechende Klarstellung von § 30 EEG würde also für alle Beteiligten Rechtssicherheit schaffen und Beeinträchtigungen des Netzausbaus verhindern.

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

393

3.6 3.1

Breitbandentwicklung in 2013.................................................................... 327

3.2

Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau............... 333

3.3

Alternative Verlege-Technologien am Beispiel von Mikro-Trenching und Verlegungen in Wasserleitungen................................ 343

3.4

Haus- und Heimvernetzung....................................................................... 349

3.6.1 Einleitung

3.5

Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze........................................ 363

3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.5 3.6.6 3.6.7 3.6.8

Breitband für Intelligente Netze....................................................... 393 Einleitung.................................................................................................. 393 Kurzvorstellung der betrachteten Unternehmen......................................... 397 Synergiepotenziale im Infrastrukturbereich................................................ 401 Breitbandausbau und dezentrale Energieversorgung.................................. 402 Nutzen für den Kunden.............................................................................. 404 Geschäftsmodelle..................................................................................... 405 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Mitverlegung von Glasfaserkabeln oder Leerrohren für den Telekommunikationsbetrieb.................................. 406 Fazit und Ausblick..................................................................................... 410

3.7

Breitbandaktivitäten der Bundesländer...................................................... 413

3.8

Gastbeitrag: NGA-Forum........................................................................... 421

Deutschland steht vor der Herausforderung, in absehbarer Zeit einen doppelten Netzausbau umzusetzen: Der Anschluss ans breitbandige Internet ist zentraler Standortfaktor im nationalen und internationalen Wettbewerb der Gemeinden bzw. Regionen um Unternehmensansiedlungen. Auch für Wohn- oder Tourismusorte ist eine Breitbandanbindung erforderlich, um dauerhaft attraktiv zu bleiben und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Im Zuge der Energiewende erfolgen sowohl Energieerzeugung als auch -versorgung zunehmend dezentral; der Anteil regenera­ tiver Energien im Energiemix wird stark ansteigen und erfordert Intelligente Netze, über die das Energiemanagement möglich ist. Die sogenannten Smart Grids sind ein notwendiger Bestandteil der Energieversorgung der Zukunft. Sie verbinden das schwankende Angebot mit der schwankenden Nachfrage und sorgen mit dem Versuch, Verbrauch und Erzeugung aufeinander abzustimmen für eine optimale Netzauslastung. Dies wird durch die Anbindung von Stromverbrauchern ans Internet möglich, sodass ein integriertes Daten- und Energienetz entsteht, in dem alle Informationen über Verbrauch und Erzeugung zusammenlaufen.

Breitband für Intelligente Netze

Smart Grids sind notwendiger Bestandteil der Energieversorgung.


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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

3.6 Breitband für Intelligente Netze

Management Summary Geleitet von der Frage, ob die im Rahmen der Energiewende notwendigen Maßnahmen im Infrastrukturausbau zur Beschleunigung des Breitbandausbaus beitragen (können), hat die Projektgruppe sechs Unternehmen, die bereits Breitbandausbau und Maßnahmen der Energiewende verbinden, betrachtet. Ergebnis war, dass Synergiepotenziale beim Infrastrukturausbau vorhanden sind und auch genutzt werden, allerdings abhängig von der jeweiligen konkreten Situation und zudem schwer quantifizierbar. Die im Zuge der Energiewende zunehmende dezentrale Energieerzeugung und -versorgung erfordert eine schnelle, störungsfreie und bidirektionale Kommunikation zwischen Verbrauchern und Erzeugern. Die bisher vorzunehmenden Maßnahmen für das Management von Energienetzen erfordern noch keine sehr hohen Bandbreiten. Mit steigendem Anteil dezentral erzeugter Energien steigt jedoch der Regelungsbedarf der Verteilnetze. Hierfür ist eine sichere, breitbandige TK-Infrastruktur erforderlich. Mit innovativen Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation und der Energie bietet sich für Unternehmen die Möglichkeit zur Generierung zusätzlicher Umsätze. Der – vor Veröffentlichung weder mit der Energie-Branche noch mit der TK-Branche ab­ gestimmte – Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Mitverlegung von Telekommunikationsinfrastruktur im Rahmen notwendiger Verlegungen von Stromleitungen wird hinsichtlich seiner Wirkung für den Breitbandausbau von den betrachteten Unternehmen eher kritisch beurteilt und scheint in der Praxis kaum bis keine Anwendung zu finden. Eine tiefergehende und umfassendere Erörterung zwischen TK-Netzbetreibern, Energieversorgungsnetzbetreibern und Bundesnetzagentur über das geeignete Regulierungsinstrument zur Schaffung von Planungs­sicherheit und Transparenz mit Blick auf sachgerechte Verrechnungsmöglich­ keiten erscheint daher sinnvoll.

Abbildung 3.6-1: Parallel verlegte Breitbandkabel (weiß) und Energieleitungen (orange) und notwendige Knotenpunkte Quelle: ABB Asea Brown Boveri Ltd, Deutsche Telekom, 2010

Der Breitbandausbau erfolgt überwiegend dezentral durch bundesweit tätige und regionale TK-Netzbetreiber sowie zum Teil durch kommunale Unternehmen. Gleichzeitig stehen vor allem Letztere vor der Frage, wie die Anforderungen der Energiewende auf lokaler Ebene umgesetzt werden können. Der stark steigende Einsatz von regenerativen Energien und eine zunehmend dezentrale Energieerzeugung erfordern nicht nur erhebliche Maßnahmen im Stromnetzausbau, sondern über den Breitbandnetzausbau auch ausfallsichere Steuerungs- und Regelungssysteme, mit denen Spannungsausfälle vermieden werden können. Häufig wird argumentiert, der koordinierte Ausbau von Energie- und Telekommunikationsinfrastrukturen biete enorme Syner­ gie­­potenziale, die die hohen Ausbaukosten reduzieren. Zudem

Der Breitbandausbau erfolgt überwiegend dezentral.

Synergiepotenziale bei koordiniertem Ausbau von Enerie- und TKInfrastrukturen vermutet

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Energiewende Treiber des Breitbandausbaus?

könnten neue kombinierte Telekommunikations- und Energiedienstleistungen entwickelt und vermarktet werden. Unklar bleibt, ob, und wenn ja, wie und unter welchen Voraussetzungen die sich aus der Energiewende ergebenden Anforderungen tatsächlich ein zentraler Treiber des regionalen Breitbandausbaus sein können. Zur Annäherung an die Frage, ob die im Rahmen der Energiewende notwendigen Maßnahmen von (kommunalen) Unternehmen zur Beschleunigung des Breitbandausbaus in Deutschland beitragen (können), hat die Projektgruppe anhand der Betrachtung von Praxisbeispielen „vor Ort“ bei Unternehmen, die bereits Breitbandausbau und Maßnahmen der Energiewende synergetisch durchführen, die folgenden Fragenkomplexe untersucht: • Welche konkreten Synergien gibt es bei der Verlegung von Leitungen durch parallele Baumaßnahmen oder die gemeinsame Nutzung vorhandener Infrastrukturen? Welche Erfahrungen werden dabei in der Praxis gemacht? Wie wird in diesem Zusammenhang der Leitfaden der Bundesnetzagentur für die gemeinsame Verlegung beurteilt? • Welche Bedeutung haben hochleistungsfähige, ausfallsichere Telekommunikationsnetze beim Aufbau und Betrieb von Smart Grids? Sind diese Netze der Schlüssel für die sinnvolle Kombination von Breitbandausbau und zunehmend dezentraler Energieerzeugung und -versorgung? • Wie können Kunden profitieren? Erhalten sie künftig jederzeit aktuelle Energieverbrauchsdaten über ihre Internetverbindung? Stehen ihnen lastabhängige Tarife zur Verfügung? Wie werden die lastabhängigen Tarife übermittelt? Benötigen wir neue, kombinierte Telekommunikations- und Energiedienstleistungen? Wie könnten diese aussehen? • Welche Geschäftsmodelle ergeben sich aus der Verbindung von Breitbandausbau und Energiewende? Lassen sich mit neuen, kombinierten Telekommunikations- und Energiedienstleistungen zusätzliche Deckungsbeiträge erzielen?

3.6 Breitband für Intelligente Netze

3.6.2 Kurzvorstellung der betrachteten Unternehmen Die sechs von der Projektgruppe betrachteten Unternehmen, die den Breitbandausbau und die Maßnahmen zur Energiewende syner­getisch betreiben, verteilen sich auf Norddeutschland und den Süden der Republik (siehe Abbildung 3.6-2). Außerdem decken sie das Spektrum von großen und kleinen Carriern sowie von ländlichen und urbanen Regionen ab. Im Folgenden werden die sechs betrachteten Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle kurz vorgestellt.

Untersuchung der Maßnahmen von sechs Unternehmen

Breklum

Quickborn

Saarlouis Ellwangen Ulm

München

Abbildung 3.6-2: Standorte der von der Projektgruppe betrachteten Unternehmen mit Erfahrungen im synergetischen Ausbau von Breitband- und Energienetzen Quelle: in Anlehnung an Bundesverband Glasfaseranschluss, Bundesverband Breitbandkommunikation, 2013

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Breitbandnetzgesellschaft GmbH Die Breitbandnetzgesellschaft mit Sitz im nordfriesischen Breklum wurde 2010 von 37 regionalen Unternehmen aus der Branche der erneuerbaren Energien (insbesondere Windenergie) gegründet. Sie verfolgt das Ziel, die Region des nördlichen Nordfrieslands vollständig mit Glasfaser zu erschließen. Dafür investiert die Gesellschaft in Leerrohre, LWL-Kabel und aktive Technik, die dann dem regionalen Netzbetreiber Open XS aus Flensburg sowie dem Dienste­anbieter KielNET zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich zu den rund 24.000 geplanten Glasfaseranschlüssen für alle Haus­ halte und Unternehmen der Region sind von Beginn an zukunfts­ orientierte Services wie Smart Meter/Smart Grid eingeplant

E.ON Hanse Gruppe Die E.ON Hanse Gruppe aus Quickborn betreibt ein Stromnetz von 53.000 Kilometern und ein Erdgasnetz von 27.500 Kilometern Länge. Ihre Breitbandaktivitäten erstrecken sich über die Vermietung der Backbone-Infrastruktur an Dritte, die breitbandige Erschließung unterversorgter Gebiete sowie die Beteiligung an Breitbandgesellschaften (z. B. oben genannte Breitbandnetzgesellschaft). Im Zuge von zwei Nahwärmeprojekten und eines Stromprojekts hat das Unternehmen drei ländliche Gemeinden gleichzeitig mit Glasfaser bis in die Gebäude/Haushalte erschlossen.

ODR Technologie Services GmbH Die ODR aus dem baden-württembergischen Ellwangen, eine 100  % ige Tochtergesellschaft des Energieversorgungsunternehmens EnBW ODR AG, versorgt ein Gebiet von 13 Landkreisen und potenziell 650.000 Kunden. In ihrem Produktportfolio befinden sich unter anderem sämtliche IT-Dienstleistungen, die Vermietung von Dark Fiber an Dritte sowie Dienste aus den Bereichen Smart Meter, Smart Grid und Smart Home. Das Glasfasernetz der ODR hat zurzeit eine Länge von rund 1.600 Kilometern. Bei Ausbauten

3.6 Breitband für Intelligente Netze

des Strom- und Gasnetzes werden Leerrohre für LWL - Kabel grundsätzlich mitverlegt. Der Anstieg der erneuerbaren Energien im Energie­mix führt dadurch bei ODR zum gleichzeitigen Wachstum des Strom- wie auch des Glasfasernetzes. Die ODR setzt dabei bereits heute auf Bündelprodukte: Kunden mit neuem Gasanschluss können in vielen Kommunen den Glasfaseranschluss mit dazu erwerben.

Stadtwerke München Rund 1,1 Millionen Kunden werden von den Stadtwerken München versorgt. Die Geschäftsfelder erstrecken sich über Strom, Fernwärme, Erdgas, Wasser, Bäder, Nahverkehr und Telekommunika­ tion. Die Stadtwerke München sind zudem im Besitz eigener Netze, beispielsweise eines Stromnetzes von 12.000 Kilometern Länge. Die eingespeiste Energie stammt bereits heute zu einem hohen Anteil aus regenerativen Energiequellen. Es ist geplant, bis 2025 so viel Ökostrom in eigenen Anlagen zu produzieren, wie ganz München verbraucht. Das Telekommunikationsnetz der Stadtwerke München besteht aktuell aus rund 300.000 Kilometern LWL Fasern, die bis in die Gebäude reichen (FTTB). Jedes Haus mit einem Stromhauptanschluss wird automatisch an das Glasfasernetz angeschlossen.

Stadtwerke Saarlouis Die Stadtwerke Saarlouis sind aktuell für 40.000 Kunden zuständig und beliefern diese mit Strom, Erdgas, Wasser und teilweise mit TK-Dienstleistungen. Zurzeit sind rund 1.000 Kunden an das bestehende FTTH/B/C-Netz angeschlossen. Die Vermarktung von Bitstream-Produkten ist bis heute mangels Interesse der großen TK-Anbieter gescheitert. Der Aufbau des Netzes erfolgt nach einem Masterplan. Gemäß diesem werden heute beim Neubau sowie bei der Sanierung von Hausanschlüssen und Hauptleitungen Leer­rohre mitverlegt. Ziel ist es, sukzessive eine flächendeckende „klassische“ FTTH-Infrastruktur, angefangen von den dicht besiedelten Gebieten bis hin zu gering besiedelten Gebieten, aufzubauen. Da

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

baubedingt mehr als eine Faser zur Verfügung steht, die für die Übertragung von Telekommunikation und Fernsehsignalen benötigt wird, benutzen die Stadtwerke Saarlouis eine freie Faser dazu, ein lokales Internet aufzubauen. Ziel dieses Internets der Energie ist es, alle energietechnischen Belange abzudecken. Das bedeutet: Übertragung der Steuerungssignale zu den Trafostationen sowie eine bidirektionale Kommunikation zwischen den „intelligenten“ Zählern und einer Zentrale bei den Stadtwerken. Der Vorteil dieser Lösung liegt in der Verringerung potenzieller Angriffe von außen. Über dieses Netz sollen auch die Steuerungsaufgaben der Gas- und Wasserversorgung erfolgen. Perspektivisch ist daran gedacht, neue Geschäftsfelder im Bereich Ambient Assisted Living und Sicher­heitsdienstleistungen aufzubauen.

Stadtwerke Ulm

3.6 Breitband für Intelligente Netze

3.6.3 Synergiepotenziale im Infrastrukturbereich Die gemeinsame Verlegung von Energie- und Telekommunika­ tionsinfrastruktur erfolgt bei den betrachteten Unternehmen in der Regel eher im Backbone-Netz bzw. auf Ferntrassen. Im Anschlussbereich findet eine Mitverlegung punktuell statt, bei Neubauten und bei mindestens einem Unternehmen ist sie auch bei Sanierungen die Regel. Die Mitverlegung von Leerrohren erfolgt sowohl bei neuen Hausanschlüssen für Strom, Wasser und Gas als auch bei Hauptleitungen. Schließlich werden teilweise Immobilien aus Unter ­ nehmensbesitz – z. B. Trafostationen – für Telekommunikations­ netzpunkte genutzt. Zur Hebung von Synergiepotenzialen sind die sorgfältige Planung und Koordinierung von Baumaßnahmen dringend erforderlich, ebenso wie Flexibilität und der entsprechende Wille der beteiligten Akteure. Hier bieten sich unter Umständen Vorteile für

Die Stadtwerke Ulm planen die vollständige Versorgung des Stadtgebietes von Ulm und Neu-Ulm mit Glasfaser. Bei Ausbauarbeiten am Stromnetz werden ausnahmslos Leerrohre mitverlegt, bei Hausanschlüssen ein zusätzliches Mikrorohr, mit dem die Glasfaser bis ins Gebäude geführt werden kann (FTTB). Die Stadtwerke Ulm gewähren Open Access in der Form, dass über das Glasfasernetz des Unternehmens bereits ein Dutzend Carrier an Hauptverteiler angeschlossen und Verbindungen zu den Kunden der Carrier in Ulm realisiert wurden. Um das Management von schwankenden Energiemengen bei erneuerbaren Energien zu testen, sind 30 Gebäude mit PhotovoltaikAnlagen ausgestattet worden. Ein schnelles Datennetz übernimmt die Steuerung dieser Anlage.

Abbildung 3.6-3: 4-Sparten-Hausanschluss in einem Neubau (Strom, Wasser, Gas, Telekommunikation) Quelle: Bundesverband Glasfaseranschluss, Bundesverband Breitbandkommunikation

Gemeinsame Verlegung eher im Backbone-Netz und auf Ferntrassen

Sorgfältige Planung und Koordinierung von Baumaßnahmen dringend erforderlich

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Quantifizierung von Synergiepotenzialen grundsätzlich schwierig

integrierte Unternehmen, die zudem den Know-how-Transfer aus den verschiedenen Unternehmensbereichen als Gewinn anführen. Schließlich sinken mit zunehmender Projektgröße und ausreichenden Ausbauressourcen in der Regel die Kosten (Economies of Scale). Insgesamt sehen die befragten Unternehmen durchaus Synergiepotenziale bei der gemeinsamen Verlegung von Telekommunikations- und Energieinfrastruktur, die allerdings abhängig sind von den konkreten Gegebenheiten vor Ort. So wird beispielsweise von einem der betrachteten Unternehmen angegeben, dass bei der Verlegung von Speedpipe-Trassen im Zuge der Verlegung der Hauptleitungen für Trinkwasser, Erdgas und Strom je nach Anzahl und Kombination der mitverlegten Leitungen im Grabenquerschnitt zwischen 4 und 50  % der gesamten Baukosten auf den TK-Tiefbau entfallen. Dementsprechend können die Kosten dann aufgeteilt werden. Eine genaue Quantifizierung der Synergiepotenziale wird grundsätzlich als schwierig erachtet.

3.6 Breitband für Intelligente Netze

Nach Einschätzung der befragten Unternehmen wird der Bandbreitenbedarf jedoch mit steigender Nachfrage nach Smart-HomeAnwendungen ansteigen und nur mit modernen, hochleistungsfähigen Kommunikationsnetzen handhabbar sein. Gleiches gilt für den steigenden Anteil an dezentral erzeugten erneuerbaren Energien, mit dem auch der Regelungsbedarf der Verteilnetze steigt. Vor diesem Hintergrund ist die Hebung von Synergiepotenzialen zwischen dem Ausbau von Versorgungsnetzen einerseits und Breitbandnetzen andererseits im Zuge eines vorausschauenden Netzausbaus aus mehreren Gründen ökonomisch sinnvoll.

Bandbreitenbedarf wird mit der Nachfrage nach Smart-HomeAnwendungen steigen.

3.6.4 Breitbandausbau und dezentrale Energieversorgung

Glasfasereinsatz pri­ mär bei günstigen Mit­ verlegemöglichkeiten, nicht wegen Bandbrei­ ten- oder Ausfallsicher­ heitsanforderungen

Die dezentrale Energieversorgung erfordert eine schnelle und störungsfreie bidirektionale Kommunikation zwischen Verbrauchern und dezentralen Erzeugern. Zur Steuerung von Smart Grids sind auf die speziellen Anforderungen (u. a. Ausfallsicherung) abgestimmte Telekommunikationsnetze die zentrale Voraussetzung. Der Einsatz von Glasfaser ist dabei derzeit primär vor dem Hintergrund der günstigen Mitverlegemöglichkeiten zu verstehen, und nicht etwa aufgrund von Bandbreiten- oder Ausfallsicherheitsanforderungen, die lediglich von reinen Glasfasernetzen erfüllt würden. In der Praxis finden sich neben der direkten Anbindung via Glasfaser eine Vielzahl weiterer Technologien im Einsatz, die Smart-GridPlattformen und -Anwendungen unterstützen: u. a. DSL, GPRS, LTE, WLAN, Powerline, HFC-Kabelnetze. Heutige Anwendungen wie z. B. Smart Metering erfordern keine sehr hohen Bandbreiten.

Abbildung 3.6-4: Bevorstehender Wandel des Energiesektors durch regionale Energie­ märkte und Strom aus erneuerbaren Energiequellen Quelle: Kosten-Nutzen-Analyse für einen flächendeckenden Einsatz intelligenter Zähler, erstellt durch Ernst & Young, 2013

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Lastabhängige, individuelle oder zeitvariable Tarife sind in Planung.

niedrigere Stromnetzentgelte durch geteilte Kosten beim Netzausbau

3.6 Breitband für Intelligente Netze

3.6.5 Nutzen für den Kunden

3.6.6 Geschäftsmodelle

Einige Unternehmen bieten ihren Kunden kombinierte Telekommunikations- und Energiedienstleistungen zu attraktiven Konditionen bzw. Kostenvorteilen an. Deren breite Akzeptanz im Markt wird unter anderem davon abhängen, ob Verbraucher mit diesen Produkten Einsparungen bei ihren Energiekosten realisieren können. Einige der befragten Unternehmen planen zudem lastabhängige, individuelle oder zeitvariable Tarife, z. B. verstärkte Energienutzung bei Starkwind, Real-Time-Pricing oder Critical-Peak-Pricing. Zur Reali­sierung ist in jedem Falle eine flächendeckende, leistungs­ fähige und ausfallsichere Telekommunikationsinfrastruktur notwendig. Für die meisten Anwendungen reicht heute die bestehende TK-Infra­struktur bzw. die Weiterentwicklung der aktuellen Techniken im Mobilfunk- und Festnetzbereich aus. Allerdings zeigt sich bereits jetzt, dass lastabhängige Tarife für Kunden nur interessant sind, wenn sich die Preise für lastabhängige und herkömmliche Tarife wahrnehmbar unterscheiden. Zudem kann der Kunde für in virtuelle Kraftwerke eingespeiste Energie aus seiner eigenen Energie­erzeugungsanlage (Mini- oder Mikro-Blockheizkraftwerk) vergütet werden. Der konkrete Nutzen für den Kunden kann somit sowohl in Einsparungen bei den Energiekosten bestehen als auch darin, dass er eine größere Transparenz hinsichtlich seines Verbrauchs erhält. Auch die vom Endkunden zu entrichtenden Stromnetzentgelte dürften sinken, wenn die Kosten des Stromnetzausbaus von anderen Sparten oder dritten Unternehmen mitgetragen werden.

Wie oben geschildert, liegen die Synergien auf der Netzebene eher bei Neubauten bzw. der Hausanschlusserstellung und weniger bei Bestandsnetzkunden. Aus der Verbindung von Breitbandausbau und Energiewende ergeben sich verschiedene Möglichkeiten hinsichtlich Cross-Marketing und Cross-Selling. Oben genannte Kombiprodukte können künftig vor allem bei eigenem Vertrieb und in integrierten Unternehmen die Kundenbindung erhöhen und zusätzliche Deckungsbeiträge generieren. Diese Deckungsbeiträge müssen in der Kostenrechnung sachgerecht und transparent den jeweiligen zum Teil regulierten Geschäftsfeldern zugeordnet werden. Hierbei sind kartell- und regulierungsrechtliche Vorgaben zu beachten. Durch oben genannte Zusatzdienste (z. B. lastabhängige Tarife; Visualisierung und Analyse von Verbrauchsdaten, ferngesteuertes Facility Management) lassen sich auf Basis der Telekommunika­ tionsanbindung zusätzliche Umsatzpotenziale generieren. Bei den betrachteten Unternehmen werden zudem Pilotprojekte zu den Themen Internet der Energie, Elektromobilität, Cloud-Dienste sowie virtueller Marktplatz durchgeführt.

Synergien eher bei Neubauten, weni­ ger bei Bestands­ netzkunden

Erhöhung der Kunden­ bindung durch Kombi­ produkte aus Energie und Breitbandinternet

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3.6 Breitband für Intelligente Netze

3.6.7 Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Mitverlegung von Glasfaserkabeln oder Leerrohren für den Telekommunikationsbetrieb

Kurzvorstellung des Leitfadens für die gemeinsame Verlegung Der Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Mitverlegung von Glas­faserkabeln oder Leerroh­ ren für den Telekommunikationsbetrieb im Rahmen notwendiger Verlegungen von Strom­ leitungen wurde im August 2012 veröffentlicht. Die Bundesnetzagentur nennt hierin folgende Maßnahmen zur Nutzung von Synergien beim Infrastrukturaufbau: • Aufbau Infrastrukturatlas, • Aufbau Baustellendatenbank, • Mitnutzung bestehender Infrastrukturen und Einrichtungen optimieren sowie • bedarfsorientierte Mitverlegung von Leerrohren und gemein­samer Aufbau von Infrastruktur. Die Bundesnetzagentur beschreibt drei Modelle zur Mitverlegung von Glasfaserkabeln: • Mitverlegung durch den Stromnetzbetreiber im Auftrag des TK-Unternehmens: Das TKUnternehmen aktiviert die erforder­lichen Wirtschaftsgüter, der Stromnetzbetreiber bekommt die Kosten erstattet. • Mitverlegung und Vermarktung der Infrastruktur als Neben­geschäft des Stromnetzbetreibers: Stromnetzbetreiber aktiviert die Wirtschaftsgüter, nicht genutzte Kapazitäten werden vermarktet. Der Stromnetzbetreiber kann diese Infrastrukturen an TK-Unternehmen vermieten oder er bietet selbst eigene TK-Dienste an. Die hierüber erzielten Erlöse werden als kosten­mindernde Erlöse bei der Kalkulation der Stromnetzentgelte berücksichtigt. • Mitverlegung auf Rechnung des Stromnetzbetreibers: Anschließend werden die Wirtschaftsgüter an interessierte TK-Unternehmen „zu besonderen Konditionen“ verkauft. Die Verlegung als Nebengeschäft zu betreiben, ist an folgende Bedingungen geknüpft: • Die Mitverlegung von Breitbandinfrastruktur dient einem (im Einzelfall darzulegenden) Betriebszweck des Stromnetzes (Signalsteuerung).

• Die Tiefbaumaßnahmen müssen durch (zwingend) notwendige Verlegungsmaßnahmen im Stromnetz verursacht sein, d. h. Auslöser der Tiefbaumaßnahmen darf nicht der Bedarf an Glas­faserkabeln in einer Region sein, sondern er muss im Bereich des Stromnetzes liegen. Dies gilt auch, wenn aus Gründen der Kosteneffizienz neben der Verlegung der Glasfaserkabel eine (vorzeitige) Erneuerung von Stromleitungen erfolgt. • Die wirtschaftliche Vermarktungschance, die gesamthaft die Verlegungsmehrkosten neutralisieren kann, sodass in der Tat von einem Nebengeschäft ausgegangen werden kann, ist darzulegen. • Gleichwertige Verbindungen müssen nachweislich fehlen. • Es muss ein offener, diskriminierungsfreier Zugang bestehen. Der Leitfaden empfiehlt hierzu wettbewerbliche Ausschreibungs­modelle, da diese dem in § 4 Abs. 1 StromNEV verankerten Gebot eines effizienten Netzbetreibers entsprechen. • Der Stromnetzbetreiber muss dabei in seinen Ausschreibungs­bedingungen sicherstellen, dass TK-Unternehmen, die Breitbandanschlussinfrastrukturen mieten, Zugang zum Breitbandnetz gewähren, der Dritte in die Lage versetzt, Endkundenanschlüsse und hierüber TK-Dienste anzubieten. Die Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang Dritter zum Breitbandnetz müssen dabei angemessen, diskriminierungsfrei sowie transparent sein und dürfen nicht ungünstiger sein, als sie vom TK-Unternehmen in vergleich­baren Fällen für Leistungen innerhalb seines Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen angewendet und tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung gestellt werden. Es müssen zudem eine Reihe technischer und kalkulatorischer Aspekte berücksichtigt werden: • Überkapazitäten müssen vermarktet werden. • Kapazitäten für den Stromnetzbetrieb unterfallen „StromNEV“ (Kostenanerkennungsgrundsätze und Kostenschlüsselungsgrundsätze). • Diese Grundsätze müssen diskriminierungsfrei angewendet werden. • Die verlegten Glasfaserkabel bzw. Leerrohre müssen dokumentiert werden (Stichwort Infrastrukturatlas).

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Anwendung des Leitfadens in den untersuchten Unternehmen Leitfaden findet keine Anwendung

Der oben genannte Leitfaden findet in keinem der untersuchten Projekte Anwendung und wird hinsichtlich seiner Wirkung für den Breitbandausbau unterschiedlich beurteilt. Von einigen Energieversorgern und Stadtwerken wird der Leitfaden in der jetzigen, mit den Branchen Energie und TK nicht abgestimmten Form eher als Hindernis für die Synergienutzung und für weitere Investi­tionen gesehen. Um den Leitfaden näher zu erörtern, wurde ein Vertreter der Bundesnetzagentur zu einer Projektgruppensitzung eingeladen. Zudem wurde ein weiteres Unternehmen der Energiewirtschaft hinzugezogen, von dem bekannt war, dass es den Leit­faden anwendet. Hier wird Breitbandinfrastruktur wie Leerrohre oder Glasfasern, die im Zuge von Arbeiten am Strom- oder Gasnetz verlegt werden, im Regelfall dem regulierten Netzbetrieb zugeordnet. Grundlage für diese Praxis ist ein formloses Schreiben der Bundesnetzagentur von Juni 2010 mit folgenden Kernaussagen: • Breitbandinfrastruktur wird als betriebsnotwendig anerkannt, wenn sie für betriebliche Zwecke wie z. B. der Steuerung des Energienetzes geeignet sein könnte. • Vermarktungserlöse sind als kostenmindernde Erlöse zu berücksichtigen, sodass sie den Netznutzern zugutekommen. Nach Veröffentlichung des Leitfadens wurde – um Risiken bei der Kostenanerkennung im regulierten Netzbetrieb nach Möglichkeit zu vermeiden – eine interne Umsetzungsempfehlung erstellt, die die wesentlichen Voraussetzungen für eine Kostenanerkennung erläutert, auf eventuelle Nachweispflichten hinweist und in Form einer Checkliste eine formalisierte Überprüfung der Voraussetzungen sicherstellt. Auf dieser Basis wird jedes Breitbandprojekt anhand folgender Kriterien überprüft: • Betriebsnotwendigkeit (Maßnahme durch Stromnetzbetreiber initiiert? Tiefbaumaßnahmen durch notwendige Maßnahmen im Stromnetz verursacht? Dient Breitbandinfrastruktur einem betrieblichen Zweck?), • Effizienz (Erfolgreiche Vermarktung der Breitbandinfrastruktur möglich (neben der Nutzung für betriebliche Zwecke)? Abschnitte in Soloverlegung betriebsnotwendig?),

3.6 Breitband für Intelligente Netze

• Unterstützung der Breitbandstrategie (Keine gleichwertigen Infrastrukturen im Ausbaugebiet vorhanden? Dokumentation für Infrastrukturatlas gewährleistet?), • Diskriminierungsfreiheit (Transparenter, diskriminierungsfreier Zugang für Dritte gewährleistet?), • Entgeltkalkulation (Angemessenes Preisniveau für die Nutzung der Breitbandinfrastruktur zur Deckung der Mehrkosten?). Nur wenn ein Breitbandausbauprojekt diese Kriterien erfüllt, dürfen in der Wirtschaftlichkeitsrechnung regulierte Erlöse angesetzt werden. Die Einhaltung der Kriterien ist durch die Projektleitung gegenüber dem Regulierungsmanagement nachzuweisen. Insgesamt wird auch von diesem Unternehmen der Leitfaden in seiner jetzigen Form als nicht hilfreich betrachtet, um einen raschen, unbürokratischen Ausbau von Breitbandnetzen in Deutschland zu unterstützen. Vielmehr besteht bei diesem Unternehmen der – nachvollziehbare – Eindruck, dass vor allem der missbräuch­ liche Ausbau zu Lasten der Stromnetznutzer vermieden werden soll. Die damit verbundenen Nachteile für investitionswillige Unternehmen zeigen sich aus Sicht dieses Unternehmens auch in der praktischen Handhabung: • Unsicherheit bis 2016, ob die Kosten für die Mitverlegung von Breitbandinfrastruktur von der Bundesnetzagentur regulatorisch anerkannt werden (trotz des implementierten formalen Prüf­ prozesses bleibt ein regulatorisches Restrisiko, wie die Kriterien in 2016 im Zuge der Kostenprüfung „Fotojahr Strom“ gehandhabt werden). • Prüfprozess führt zu zeitlichen Verzögerungen bei der Umsetzung. (Die Überprüfung der Kriterien ist teils aufwendig und mit hohem Abstimmungsbedarf verbunden; teilweise sind zusätz­ liche vertragliche Regelungen zwischen den beteiligten Gesellschaften erforderlich, um die Einhaltung der formalen Kriterien sicherzustellen. Im Einzelfall kann dies zu deutlichen Projekt­ verzögerungen führen.)

Unternehmen erachten Leitfaden als nicht hilfreich

409


410

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

3.6.8 Fazit und Ausblick

Untersuchung von Unternehmen in West- und Ost­ deutschland sinnvoll

Leitfaden scheint keine Anwendung zu finden

Leitfaden sollte evtl. überarbeitet werden

Die Hebung von Synergiepotenzialen beim Ausbau von Versorgungsnetzen einerseits sowie Breitbandnetzen andererseits ist im Zuge eines vorausschauenden Netzausbaus aus mehreren Gründen ökonomisch sinnvoll: Zum einen sind Synergiepotenziale beim Infrastrukturausbau vorhanden und werden bereits genutzt. Diese Synergien sind allerdings abhängig von der jeweiligen konkreten Situation und schwer quantifizierbar. Um die Nutzung von Synergiepotenzialen weiter zu forcieren, erscheint eine möglichst genaue Quantifizierung sinnvoll. Wie dargestellt, befinden sich die befragten Unternehmen in Nord- bzw. Süddeutschland; um eventuelle regionale Unterschiede hinsichtlich des Vorhandenseins und der Nutzung von Synergie­ potenzialen zu erkennen, sollten im Weiteren auch Unternehmen in West- und Ostdeutschland betrachtet werden. Zum anderen erfordert die im Zuge der Energiewende forcierte dezentrale Energieerzeugung und -versorgung eine schnelle, störungsfreie und bidirektionale Kommunikation zwischen Verbrauchern und Erzeugern. Mit steigendem Anteil dezentral erzeugter Energien steigt der Regelungsbedarf der Verteilnetze. Hierfür ist eine sichere, breitbandige TK-Infrastruktur unerlässlich. Schließlich sind neue, kombinierte Dienstleistungen denkbar. Eine performante Telekommunikationsinfrastruktur bietet die Plattform zum Aufbau neuer Geschäftsfelder. Der Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Mitverlegung von Tele­kommunikationsinfrastruktur wird von den untersuchten Unternehmen hinsichtlich seiner Wirkung für den Breitbandausbau eher kritisch beurteilt und scheint in der Praxis keine generelle Anwendung zu finden. Es ist daher zu überlegen, ob ein unverbindlicher Leitfaden den geeigneten Rahmen für Planungssicherheit, Trans­parenz (u. a. mit Blick auf sachgerechte Verrechnungsmöglichkeiten) und ein Level Playing Field zwischen Energie- und TKNetzbetreibern schaffen kann oder ob er unter Einbezug aller relevanten Marktakteure, d. h. insbesondere auch der TK-Netzbetreiber überarbeitet werden sollte.

3.6 Breitband für Intelligente Netze

Schlussbemerkung: Die sechs untersuchten Unternehmen setzen sämtlich bei der Mitverlegung Glasfaser als Plattform für Smart Grids ein – aufgrund der Ausfallsicherheit, des künftig zu erwartenden Wachstums des entsprechenden Datenverkehrs sowie der vernachlässigbaren Zusatzkosten. Hieraus lässt sich heute (noch) nicht ableiten, dass Glasfaser die präferierte Technologie für Smart-Grid-Plattformen oder -Anwendungen ist. Vielmehr kommt in der Praxis eine Vielzahl von festnetz- und funkbasierten Lösungen zum Einsatz (DSL, LTE, GPRS, WLAN, Powerline, HFC-Kabelnetze). Da die Projektgruppe sich jedoch primär mit den Synergiepotenzialen beim koordinierten Netzausbau befasst hat und das Synergiepotenzial im festnetzbasierten Ausbau deutlich höher ist als bei Energienetzausbau und Ausbau von Funknetzen (wegen des Kostentreibers Tiefbau im Festnetz), wurden Unternehmen ausgewählt, die den Ausbau der Energienetze für die Mitverlegung von Glasfaser für Breitbanddienste nutzen.

411


412

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

413

3.7 3.1

Breitbandentwicklung in 2013.................................................................... 327

3.2

Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau............... 333

3.3

Alternative Verlege-Technologien am Beispiel von Mikro-Trenching und Verlegungen in Wasserleitungen................................ 343

3.4

Haus- und Heimvernetzung....................................................................... 349

3.5

Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze........................................ 363

3.6

Breitband für Intelligente Netze................................................................. 393

3.7

Breitbandaktivitäten der Bundesländer.......................................... 413

3.8

Gastbeitrag: NGA-Forum........................................................................... 421

Breitbandaktivitäten der Bundesländer Die folgende Tabelle 3.7-1 zeigt die Breitbandaktivitäten der Bundesl­änder.


414

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

3.7 Breitbandaktivitäten der Bundesländer

Tabelle 3.7-1: Breitbandaktivitäten der Bundesländer Land

Aktionsprogramm

Finanzielle Förderung

Info-Veranstaltungen/ Info-Material

Netzwerkbildung

Synergien

• GRW-I (wie Rahmenplan) • Förderung von neuen, breitbandigen Diensten in Forschung und Entwicklung aus dem GAK-Mittel (Ländl. Raum)

• www.breitband.brandenburg.de • Glasfasertag der neuen Bundesländer in Potsdam

• Breitbandverantwortliche in den Landkreisen mit regelmäßigem Arbeitskreis • Arbeitskreis der Kammern und kommunalen Spitzenverbände

Brandenburg

• Entwicklungskonzept zum Breitbandausbau in Brandenburg „Brandenburg-Glasfaser“ 02/2012

• Breitbandinitiative II Ländlicher Raum BW

• Netzbetreiberzuschuss (GAK) • Ausbau von Hoch- und Höchstgeschwindigkeitsnetzen Landesprogramm

Veranstaltungen haben stattgefunden • Aktionsgemeinschaft „Breitband im Ländlichen Raum“

• Bayerische Breitbandstrategie

• Richtlinie zur Förderung des Aufbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen in Gewerbeund Kumulationsgebieten in Bayern vom 22.11.2012, Laufzeit bis 31.12.2017, Budget bis 2014: 500 Mio. Euro Landesmittel, genehmigter Beihilfewert: 2 Mrd. Euro. • Zur Finanzierung des Eigenanteils der Kommunen bietet die LfA Förderbank Bayern zinsgünstige Darlehen seit März 2013 an

• zentrales Onlineportal Bayern: www.schnelles-internet.bayern.de • Broschüre über Abschlussbilanz der Grundversorgungsförderung (2008–2011)

• Mit Jahresbeginn 2013 steht ein neu eingerichtetes „Bayerisches Breitbandzentrum“ als zentraler Ansprechpartner für alle am Breitbandausbau in Bayern beteiligten Akteure zur Verfügung

• Der Bayerische Grabungsatlas zur Nutzung von Synergien im Bereich des Straßen-, Wege-und Kanalbaus wurde weiterentwickelt und verbessert • Verstärkte Einbindung von Energieversorgern und Infrastruktur­unternehmen

• Breitbandinitiative Mecklenburg-Vorpommern

• Breitbandförderung gem. GAK-Fördergrundsätze zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung/Teil B „Breitbandversorgung ländlicher Räume“ unter Einsatz von GAK- und ELER-Mitteln • Breitbandprojekte im Rahmen des GRW-IRahmenplans • Vorbereitung Teilhabe am CEF-Programm über BBB und BMWi

• Ständige Beratung der Kommunen durch Breitbandkompetenzzentrum Mecklenburg-Vorpommern (BKZ M-V) (www.breitband-mv.de) • Informationsveranstaltung wie Glasfasertag, Vorträge, Teilnahme an Sitzungen der Wirtschaftsausschüsse; • Zusammenarbeit mit Bio-Energiedorf-Initiative

• Regionale und nationale Einbindung in Netzwerke durch Breitbandkompetenzzentrum Mecklenburg-Vorpommern (BKZ M-V)

• Weiterentwicklung und stetige Pflege des landesweiten Breitband-Infrastrukturatlanten (BB-GAIA-MV) • Nutzung des Infrastrukturatlanten der Bundesnetzagentur zur Hebung von Synergien in der regionalen Infrastruktur

• NGA-Strategie Hessen wird 2012/13 evaluiert und weiterentwickelt • „Hessisches Modell“: Umsetzung in Projektform mit fünf Teilprojekten und Integration aller Stakeholder • Seit 2012 verstärkt Fokus auf NGA: Von 21 Landkreisen befinden sich lediglich zwei in der Sondierungsphase

• Ländl. Raum (GAK) und eigene Landesmittel für sonstige unterversorgte Regionen (Grundversorgung) • DOCSIS-3.0-I-Förderung Gewerbegebiete • Vier regionale Beratungsstellen im Rahmen von EFRE • Interkommunale Zusammenarbeit • Leerrohrfinanzierung im Rahmen des Landesstraßenbaus • Leerrohrförderung im Rahmen der Verkehrsinfrastrukturförderung • Landesbürgschafts- und Kreditprogramm der WI-Bank • Förderung von NGA- Machbarkeitsstudien

• BB-Gipfel unter Einbindung aller relevanter Akteure (Kommunen, Landkreise, EVU, Anbieter, Ausrüster, Land) • Hessisches BreitbandInforma­tionssystem „hesbis“ • NGA-Strategieworkshop zur Strategieentwicklung für den Auf- und Ausbau von Hoch­ leistungsnetzen unter Einbindung aller relevanten Akteure • Veröffentlichung der NGA-Strategie für Hessen • www.breitband-in-hessen.de mit FAQ für Kommunen • Allgemeines Informationsmaterial im Rahmen der Aktionslinie Hessen-IT • Regionale Informationen über regionale Breitbandberater und Kreiskoordinatoren

• Arbeitskreis hessischer Breitbandanbieter • Geschäftsstelle Breitband • Arbeitskreis Kreiskoordinatoren • Arbeitskreis der Energieversorger • Arbeitsgruppen mit TK-Anbietern und Kabelnetzbetreibern

• Erweiterung des Breitband­ informationssystems„hesbis“ um 3D-Funktionalität • Informationen zur Planung, Koordination und Nutzung vorhandener passiver Infrastruktur • Vermittlung zwischen Marktteilnehmern zur zukünftigen Nutzung von Bahninfrastruktur gemäß TKG • Prüfung zur Nutzung von Synergien bei Planung und Umsetzung von Projekten zu erneuerbaren Energien und öffentlichen Baumaßnahmen • Unterstützung bei der Verlegung von Leerrohren im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen

BadenWürttemberg

Bayern • Hochgeschwindigkeitsstrategie Bayern

MecklenburgVorpommern

Hessen

• Förderung der Mitverlegung von Kabelschutzrohren

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Land

Nieder ­ sachsen

Aktionsprogramm

Finanzielle Förderung

Info-Veranstaltungen/ Info-Material

Netzwerkbildung

Synergien

• Breitband Kompetenz Zentrum Niedersachen • Breitbandinitiative Niedersachsen www.breitband-niedersachsen.de

• EFRE (Infrastruktur) • GAK (Ländl. Raum) • GRW-I (wie Rahmenplan) • Breitband Kompentenz Zentrum Niedersachsen • ELER (in Planung)

• Jährlicher Kommunaler Breitbandmarktplatz und Breitbandtag/Gipfel (relevanter Akteure (Kommunen, Landkreise, Anbieter, Ausrüster, Land) • Seminare für Mitarbeiter von Gebietskörperschaften, Planern und TK-Unternehmen

• im Rahmen der Förderung und Beratung, gemeinsam mit der NBank

• BreitbandConsulting.NRW (eigene Geschäftsstelle mit angeschlossenem Experten- und Beratungsnetzwerk)

• Ländl. Raum (GAK, ELER) • GRW-I (Gewerbegebiete mit angrenzenden Ortschaften) • Leerrohrförderung für Gewerbegebiete landesweit nach Bundesrahmenregelung) • NRW.BANK Breitband: zinsgünstige Darlehen mit langer Laufzeit für Investitionen in passive Infrastrukturen

• Jährliche landesweite Konferenz/ Beteiligung an Partnerveranstaltungen, • regionale Veranstaltungsreihe (ca. 3–5 pro Jahr) • Leitfäden, umfangreiche Informationskampagne • Dediziertes Breitbandportal www.breitband.nrw.de

• Breitbandanbieter, sog. Infra­ struktureigner, Experten und Berater, Landkreise, Kommunen, kommunale Unternehmen/ Versorger, Wirtschaftsförde­ rungen, Bezirksregierungen, Industrie- und Handelskammern • IKT-Cluster

• Förderung kommunaler Konzepte mit möglichst hohem Synergieanteil • Zielgerichtete Vernetzung und Koordinierung von Kommunen, TK-Unternehmen, Infrastruktur­ inhabern etc.

• seit April 2012 Aktionsprogramm zum Ausbau der flächendeckenden Grund­ versorgung • „Schnelles Internet für Rheinland-Pfalz | Optimierung der Breitbandinfrastruktur“ • angestrebt, noch im Jahr 2013 die NGA-Strategie des Landes zu verabschieden

• GAK/ELER • Einzelmaßnahmen im Rahmen der Bundes­ rahmenregelung Leerrohre • Darlehensprogramm und Bürgschaften der ISB • Darlehens- und Kreditprogramm der KfW • im Rahmen der NGA-Strategie wird ein notifiziertes Landesprogramm angestrebt

• Expertenrunde Breitband auf • regional zuständige Breitband­ Staatssekretärs/Vorstandsebene berater • projektbezoge Interministerielle • Veranstaltungen vor Ort in Arbeitsgruppe (IMA) Kommunen • enger Austausch mit • Homepage – Landkreisen www.breitband-rlp.de – Kommunen mit Breitbandatlas Rheinland-Pfalz – Verbänden – Unternehmen – Bundesländern

• Breitbandinitiative Saarland

• Ländl. Raum - GAK • Infrastrukturförderung aus EFRE

• landes- und landkreisweite Infoveranstaltungen • Einzelfallberatungen projekt­bezogen • Musterunterlagen für Förderung des Breitbandausbaus für Kommunen • www.breitband-saarland.de

• mit allen beteiligten Akteuren im Rahmen der Förderung, Beratung und Marktbeobachtung, gemeinsam mit Breitbandberatungsund Koordinierungsstelle beim eGo-Saar

• Informationsveranstaltungen aus konkretem Anlass • Allgemeine Informationsveranstaltungen geplant

• „Digitale Offensive Sachsen“ für NGA-Förderung im Festnetz und für funkgestützte Lösungen; 2 GRW-I-Richtlinien für Gewerbegebiete und Einzelbetriebe • „Sachsen macht sich breitbandig“ (Förderung im ländlichen Raum)

• Förderung entsprechend GRW-I aus Landesmitteln • Förderung nach GRW-I (wie Rahmenplan) besteht parallel fort • Ländl. Raum: GAK und ELER

• „Breitbandstudie Sachsen 2030“ zum Breitbandbedarf • bei Bedarf regionale Veranstaltungen • Beratung und Unterstützung im Einzelfall • www.breitbandberatungsstellesachsen.de

• im Rahmen des Förderverfahrens • durch Verbundprojekte/ Clusterbildung

• Aussagen in der „Breitbandstudie Sachsen 2030“ und Umsetzung in Förderrichtlinie „Digitale Offensive Sachsen“

NordrheinWestfalen

RheinlandPfalz

3.7 Breitbandaktivitäten der Bundesländer

Saarland

Sachsen

• Infrastrukturatlas RheinlandPfalz mit allen relevanten Infrastrukturen • Koordination von Breitband­ projekten mit geplanten Straßenbauprojekten

417


418

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze Land

3.7 Breitbandaktivitäten der Bundesländer

Aktionsprogramm

Finanzielle Förderung

Info-Veranstaltungen/ Info-Material

• GAK • GRW-I

Veranstaltungen haben stattgefunden —

• Breitbandstrategie Schleswig-Holstein „Breitband 2030“

• Ländl. Raum (GAK) in Verbindung mit ELER, EFRE-und Landesmitteln • In 2014 zusätzlich einmalig Landesmittel in Höhe von 15 Mio. Euro • Finanzierungsmöglichkeiten durch die Investitionsbank SH

• Landesweite Informationsveranstaltungen • „Breitbandforum 2013“ am 27.11.2013, • Broschüre zur Breitbandstrategie • Internetauftritt MWAVT und BKZ (Breitbandkompetenzzentrum), Glasfaser-, Baustellenatlas • diverse speziellere Veranstal­ tungen

• z. B. Glasfaseranbieter • z. B. insbes. Anbieter im Rahmen des „Runder Tisch Breitband“ und dessen Arbeitsgruppen • Gesprächsrunden mit z. B. Landkreisen, Zweckverbänden,Beratern, TK-Anbietern, Finanzierungsinstituten

• Unterzeichnung einer „Breitbanderklärung“ von mehr als 60 Akteuren • teilweise Mitverlegung und Mitnutzung von Masten, Wärmenetz­erschließung • Nutzung der Möglichkeiten nach §77 TKG

• Masterplan „Breitbandausbau Thüringen“ • „Breitbandstrategie Thüringen 2020

• GRW-I (wie Rahmenplan) • GAK Ländl. Raum/Grundversorgung • EFRE ab 2012 • Breitbandkredit der Thüringer Aufbaubank • Bürgschaftsprogramme • Leerrohrfinanzierung im Rahmen der Förderung des kommunalen Straßenbaus

• Thüringer Breitbandgipfel • Internetportal des Breitband­ kompetenzzentrums • Vor-Ort- Beratungen des Breitbandkompetenzzentrums • regelmäßige Informations­ veranstaltungen • Broschüren (Masterplan, Breitbandstrategie, WIR) • Infrastruktursteuerungskreis

• Kammern, Verbände & Komm. Spitzenverbände und öffentliche Hand • alle bekannten Anbieter als „Partner der Breitbandinitiative“ • Breitbandpaten in den Land­ kreisen, Infrastruktursteuerungskreis • Interministerielle Arbeitsgruppe Breitband

• Infrastruktursteuerungskreis • mit zuständigen Ressorts der Landesregierung sowie jeweiligen Versorger

Netzwerkbildung

SachsenAnhalt

SchleswigHolstein

Thüringen

Quelle: Länderarbeitskreis Telekommunikation, Informationswirtschaft und Post; Monitoring der Breitbandstrategie der Bundes­regierung 2013 – Ländersteckbriefe – BMWi, Red. Dieter Schmidt, Dr. Dieter Pötschke, Stand: 17.10.2013

Synergien • Kombinierter Infrastrukturausbau durch private TK-Unternehmen und andere Netzbetreiber (Strom, Wasser, Gas) mit Unterstützung der vom Land zertifizierten Breitband-Beratungsunternehmen • Leerrohrmitverlegung bei anderen Infrastrukturmaßnahmen mit „Tiefbauanteil“

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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

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3.1

Breitbandentwicklung in 2013.................................................................... 327

3.2

Branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau............... 333

3.3

Alternative Verlege-Technologien am Beispiel von Mikro-Trenching und Verlegungen in Wasserleitungen................................ 343

3.4

Haus- und Heimvernetzung....................................................................... 349

3.5

Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze........................................ 363

3.6

Breitband für Intelligente Netze................................................................. 393

3.7

Breitbandaktivitäten der Bundesländer...................................................... 413

3.8

Gastbeitrag: NGA-Forum.................................................................... 421

Gastbeitrag Bundesnetzagentur

NGA-Forum

Im Februar 2009 veröffentlichte die Bundesregierung ihre Breitbandstrategie. Deren Ziel ist es, insbesondere den Breitbandausbau im ländlichen Raum sowie den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen (Next Generation Access – NGA) zu beschleunigen. Vor diesem Hintergrund wurde im Mai 2010 bei der Bundesnetzagentur das hochrangig besetzte NGA-Forum eingerichtet. Es soll den Dialog zwischen der Bundesnetzagentur, den Netzbetreibern, Herstellern, Ländern und Kommunen fördern. Ein Schwerpunkt der Arbeit lag dabei auch auf der Entwicklung national einheitlich anwend­ barer Spezifikationen von Vorleistungsprodukten. Das NGA-Forum hatte immer den Charakter eines Beratungsgremiums, das den Konsens in der Branche so weit wie möglich vorantreiben sollte, damit Zugangsgewährung auf der Basis freiwilliger Open-Access-Regelungen zum Tragen kommen kann. Bindende Entscheidungen bleiben den formalen Verfahren des TKG vorbehalten. Da der Aufbau hochleistungsfähiger Breitbandnetze die Koordination zahlreicher Akteure der Tele­kommunikationsbranche verlangt, stellt Interoperabilität einen zentralen Baustein für den Erfolg von Open-Access-Bemühungen dar. Damit die neuen NGA-Netze


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3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

Arbeitsschwerpunkte 2013

BSA-Konzept für Kabelnetze

BSA-Konzept für Kabelnetze

netzübergreifende Dienste realisieren können, ist eine multilaterale Abstimmung über technische Schnittstellen und operative Prozesse erforderlich. Nachdem das NGA-Forum 2012 zahlreiche national einheitlich anwendbare Spezifikationen von Vorleistungsprodukten erstellt bzw. ergänzt hat (u. a. Leerrohre, Glasfaser, BSA-Konzeption für Kabelnetze), lag 2013 der Schwerpunkt auf • der konkreten technischen Spezifikation eines L2-BSA für Kabel­ netze auf Grundlage des 2012 veröffentlichten Grundsatzdokuments Kabelnetze sowie • auf der Umsetzung der in 2011 definierten Prozesse in einer allgemein im Markt einsetzbaren Order-Schnittstelle (sogenan­nte S/PRI-Schnittstelle – Supplier/Partner Requisition Interface). Im Hinblick auf ein BSA-Konzept für Kabelnetze wurde basierend auf dem 2012 veröffentlichten Grundsatzdokument „Technische und operationelle Aspekte eines Ebene 2-Zugangsprodukts in Kabel­netzen“ eine technische Spezifikation der Leistungsbeschreibung eines Ebene 2-Zugangsprodukts in Kabelnetzen erarbeitet. Das Grundsatzdokument stellt die grundsätzlichen Besonderheiten bei der Datenübertragung in Kabelnetzen dar und fasst die wesentlichen Anforderungen zusammen. Die Standards für Kabel­ netze (DOCSIS mit optionaler BSoD-Erweiterung) lassen eine Reihe von unterschiedlichen Lösungen für L2-BSA-Implementierungen zu. Diese werden im Grundsatzdokument dargestellt und nachfolgend wird eine Auswahl von Varianten zur weiteren Spezifikation anhand von Bewertungskriterien begründet. Auch die Frage der Realisierbarkeit in tatsächlich bestehenden Kabelnetzen, die nach der DOCSIS-Spezifikation aufgebaut sind, wird im Grundsatz­dokument beleuchtet und die jeweiligen Einschränkungen dargestellt. In der technischen Spezifikation wird die technische Ausgestaltung der netz- und kundenseitigen Schnittstellen eines L2-BSAProduktes speziell für das Zugangsnetz über Breitbandkabelnetze (koaxiale Netze mit DOCSIS-Technologie) beschrieben. Das Doku­ ment ist an die allgemeine L2-BSA-Spezifikation angelehnt und berücksichtigt die Leistungspotenziale der im Grundsatzdokument Kabel ausgewählten Realisierungsvarianten. Die Spezifikation ist

3.8 Gastbeitrag: NGA-Forum

herstellerneutral und erlaubt bei Kooperationsvereinbarungen die Festlegung der Leistungsparameter ohne weitere Anpassung der Schnittstelle. Mit dem Grundsatzdokument und der technischen Spezifikation für Kabelnetze liegt nun ein vollständiges Layer-2-Konzept für Kabel­netze vor. Die Umsetzbarkeit der Spezifikation in aktuellen Kabelnetzen hängt dabei von den im Grundsatzdokument genannten spezifischen Randbedingungen ab. Die vom NGA-Forum verabschiedeten Dokumente wurden von vielen Marktteilnehmern und Verbänden sehr positiv aufgenommen. Die meisten Unternehmen im Markt orientieren sich in ihren Netzmodellen an der vom NGA-Forum verabschiedeten L2-BSASpezifikation und arbeiten an ihrer Umsetzung. Die vom NGA-Forum verabschiedeten Dokumente finden auch im internationalen Bereich Beachtung und Nachfrage. Die Deutsche Telekom hat im Sommer 2012 erklärt, dass ihr Ethernet-Zugangsnetz eine 1:1- statt N:1-VLAN-Architektur benutzen wird. Daher wird die L2-BSA-Spezifikation des NGA-Forums für Massenmarktprodukte in ihrem Netz nicht umgesetzt werden. Daraufhin wurde von der Deutschen Telekom im Juni 2013 eine geänderte Spezifikation vorgelegt (Spezifikation der Telekom Deutschland GmbH für ein Ebene 2-Zugangsprodukt für Privat­kunden). In der L2-BSA-Spezifikation der Deutschen Telekom werden die Verkehre der einzelnen Endkundenanschlüsse endkundennah (rund 900 Übergabepunkte) in separaten VLANs (1:1) übergeben. Dadurch entfallen sowohl die Multicast-Replikation als auch komplexe Sicherheitsfunktionen zur Trennung der Kundenverkehre. Das L2-BSA-Produkt der Deutschen Telekom könnte mit Hilfe einer Adapterfunktion auf die N:1-Architektur des NGA-L2-BSA umgesetzt werden. Auf diese Weise würde eine Kompatibilität des L2-BSA-Produkts der Deutschen Telekom und des L2-BSA des NGA-Forums hergestellt. Die Deutsche Telekom plant jedoch nicht, eine solche Funktion anzubieten, um trotz der Abweichungen von der L2-BSA-Spezifikation des NGA-Forums Interoperabilität herzu­stellen. Im NGA-Forum wurden Optionen für ein Rahmen­­­konzept mit grundsätzlichen Anforderungen und Funktionen der Adapter­­funk­ tion – ein sogenanntes Demarcation Device (DD) – diskutiert. Nach

herstellerneutral

vollständiges Layer-2-Konzept für Kabelnetze

positive Resonanz von Unternehmen und Verbänden – auch international

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424

3 Hochleistungsfähiges Breitband Grundlage für Intelligente Netze

standardisierte Order-Schnittstelle für NGA-Netze

Fortschritt auf dem Weg zur NGA-MulticarrierLandschaft Arbeitskreis „Schnittstellen und Prozesse“

Einschätzung des Forums wären weitere Untersuchungen nur unter der Annahme sinnvoll, dass es einen Betreiber für alle L2-BSAKunden gibt, da der Markt nicht groß genug für mehrere zentrale DD-Betreiber ist. Da derzeit kein Anbieter bereit ist, DDs zu betreiben, wurden die Arbeiten zur Ausarbeitung eines Rahmenkonzepts eingestellt. Für die technische Abwicklung von Order und Management von Endkundenanschlüssen hat das NGA-Forum empfohlen, eine einheitliche Schnittstelle im Markt zu etablieren (sogenannte S/PRISchnittstelle). Es wurde eine Schnittstellenspezifikation erstellt, die für NGA-Produkte die Grundlage dafür bildet, dass Telekommunikationsunternehmen ihre Kundeninformationssysteme verknüpfen und Prozesse wie Bereitstellung, Leistungsänderung, Kündigung, Entstörung und Anbieterwechsel automatisiert und schnell umsetzen können. Inzwischen wurde die S/PRI-Schnittstelle als die standardisierte Order-Schnittstelle für NGA-Netze etabliert. Mit der Entwicklung einer markteinheitlichen, standardi­ sierten Order-Schnittstelle werden die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen, um die notwendige Interoperabilität zwischen Nachfragern und Anbietern herzustellen. Es wird so vermieden, dass elektronische Prozesse aufwendig an den Schnittstellen der Nachfrager und Anbieter angepasst und synchronisiert werden müssen. Daher ist die anbieterübergreifende Implementierung einer Schnittstelle ein großer Fortschritt auf dem Weg in eine NGA-Multicarrier-Landschaft. 2013 wurde der Arbeitskreis „Schnittstellen und Prozesse“ * gebildet, der sowohl die Arbeiten zur Orderschnittstelle als auch zur Anbieterwechselschnittstelle (sogenannte WBCI-Schnittstelle – WITA Based Carrier Interface) pflegt und weiterentwickelt. Als Basis dient dabei die im NGA-Forum erarbeitete Leistungs­beschreibung des L2-BSA. Die enge Zusammenarbeit mit dem NGA-Forum und der AG Anbieterwechsel stellt die Berücksichtigung von Anforderungen der Markteilnehmer an die Geschäftsprozesse und deren Ausgestaltung in den Schnittstellenspezifikationen sicher.

* www.ak-schnittstellen-prozesse.de

3.8 Gastbeitrag: NGA-Forum

Zu den Schwerpunkten des Arbeitskreises „Schnittstellen und Prozesse“ gehörte die Schaffung der vertraglichen und technischen Voraussetzung für Konformitätstest und Zertifizierung der Schnittstellen, die konsensual aus der Branche heraus und mit Unterstützung der Verbände VATM und BUGLAS herbeigeführt wurden. Seit Mitte 2013 können nun durch ein vom Arbeitskreis ausgewähltes Systemhaus erste Zertifizierungen erfolgen. Ziel ist, sicherzustellen, dass im Markt zum Einsatz kommende Implementierungen der Schnittstellen hinsichtlich Qualität und Interopera­ bilität gewissen Mindeststandards genügen. Durch die im NGA-Forum erarbeiteten technischen Spezifikationen und einheitlichen Schnittstellen * wurden die wesentlichen Grundlagen für die Etablierung nationaler Zertifizierungsprozesse geschaffen, die es Marktteilnehmern ermöglicht, zukunftssichere Investitionen in effiziente technische Schnittstellen und Prozesse zu tätigen, die ein reibungsloses Zusammenwirken der verschiedenen Ebenen der Lieferkette zum Endkunden erlauben. In einem konsensualen und transparenten Prozess wurden Lösungen für zentrale Probleme der praktischen Umsetzung von Open-Access-Modellen erarbeitet. Die Bundesnetzagentur begrüßt den Konsens zahlreicher Marktakteure zu diesen Dokumenten. Diese legen eine Basis, auf der eine Vielzahl von Akteuren ihre Dienste netzübergreifend im Wettbewerb realisieren können. Damit konnte ein wesentlicher Beitrag zur Breitbandstrategie der Bundesregierung geleistet werden.

* Dokumente des NGA-Forums in der jeweils aktuellsten Fassung finden sich unter

http://www.bundesnetzagentur.de/ngaforum.

Schaffung von Voraussetzungen für Zertifzierung von Schnittstellen

wesentlicher Beitrag zur Breitbandstrategie

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426

427

AG2-Übersicht Die Mitglieder der AG2............................................................................ 429 Ziele, Struktur und Arbeitsweise der AG2............................................. 431 Unterarbeitsgruppe Breitband............................................................. PG Branchenübergreifende Zusammenarbeit..................................... FG Wasser.............................................................................................. FG Haus- und Heimvernetzung............................................................. PG Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und  Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze.............................. PG Breitband für Intelligente Netze.....................................................

435 439 442 445 448 451

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze............................................... PG Intelligente Energienetze................................................................ PG Intelligente Gesundheitsnetze....................................................... PG Intelligente Verkehrsnetze............................................................. PG Intelligente Bildungsnetze.............................................................. PG Intelligente Verwaltungsnetze....................................................... EG Gesellschaft..................................................................................... EG Recht/Regulierung.......................................................................... EG Business........................................................................................... EG Prozess............................................................................................. EG Technik.............................................................................................

455 460 464 468 471 474 477 479 482 485 488

Unterarbeitsgruppe Plattformen......................................................... 491 PG Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze............................. 492 M2M Initiative Deutschland................................................................. 495


Die Mitglieder der AG2

Die Mitglieder der AG2 René Obermann (Leitung)

Anne Ruth Herkes (Leitung)

Vorstandsvorsitzender Deutsche Telekom AG

Staatssekretärin Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Dr. Herbert Diess Mitglied des Vorstands BMW AG

Stefan Koetz Vorsitzender der Geschäftsführung Ericsson GmbH

Thorsten Dirks

Jürgen Kunz

Vorsitzender der Geschäftsführung E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG

Geschäftsführer ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG

Wilhelm Dresselhaus

Prof. Dr. Christoph Meinel

Vorstandsvorsitzender Alcatel-Lucent Deutschland AG

Institutsdirektor und Geschäftsführer Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH (HPI)

Prof. Dr. Hermann Eul

Herbert Merz

Vice President, General Manager, Mobile and Communication Group Intel Mobile Communications GmbH

President and CEO Coriant GmbH & Co. KG

Michael Ganser

Dr. Bernhard Rohleder

Senior Vice President Central Theatre, EMEA Cisco Systems

Hauptgeschäftsführer Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Dr. Rüdiger Grube

René Schuster

Vorstandsvorsitzender Deutsche Bahn AG

CEO Telefónica Deutschland Holding AG

Dr. Adrian v.Hammerstein

Peter Terium

Vorstandsvorsitzender Kabel Deutschland Holding AG

Vorstandsvorsitzender RWE AG

Jochen Homann

Dirk Wieberneit

Präsident Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen

Senior Vice President/General Manager Customer Premises Equipment Business Unit Lantiq Deutschland GmbH

Peer Knauer Präsident Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM)

429


430

AG2-Übersicht

Ziele, Struktur und Arbeitsweise der AG2

Ziele, Struktur und Arbeitsweise der AG2

Die operative Ebene (Sherpa) Dr. Sven Hischke (Leitung)

Dr. Peter Knauth (Leitung)

Deutsche Telekom Technik GmbH

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Dr. Christoph Bach

Dr. Hermann Kruse

Ericsson GmbH

DB Mobility Logistics AG

Dr. Andreas Breuer

Claudia Mrotzek

RWE Deutschland AG

ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG

Jens Fuhrberg

Jens Mühlner

Intel Mobile Communications GmbH

T-Systems International GmbH

Harald Geywitz

Thomas Renger

E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG

Cisco Systems GmbH

Philippe Gröschel

Dr.-Ing. Michael Schraut

Telefónica Germany GmbH & Co. OHG

BMW Forschung und Technik GmbH

Jürgen Grützner

Jochen Schwarz

Verband der Anbieter von Telekommunikationsund Mehrwertdiensten (VATM) e. V.

Alcatel-Lucent Holding GmbH

Andreas Hartl

Dr. Helmut Stocker

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

Nokia Solutions and Networks GmbH & Co. KG

Stefan Hirscher

Marja von Oppenkowski

Lantiq Deutschland GmbH

Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH

Reinhard Josuhn

Fiete Wulff

DB Mobility Logistics AG

Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekomunikation, Post und Eisenbahnen

Marc Konarski

Johannes Wust

Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH (HPI)

Digitale Infrastrukturen sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft des Standorts Deutschland und für einen nachhaltigen Weg in die vernetzte Gesellschaft. Die Mitglieder der AG2 sind überzeugt, dass die großen Herausforderungen und Chancen auf diesem Weg nur gemeinsam bewältigt werden können – branchenübergreifend und im Schulterschluss von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Aus diesem Grund bieten die AG2 und ihre Untergruppen eine Organisation für den Austausch über Branchen- und Ressortgrenzen hinweg. Neben den dokumentierten Ergebnissen und Empfehlungen zum IT-Gipfel wird eine wertvolle persönliche Wissens- und Informationsvernetzung aller Beteiligten erreicht.

AG2: Digitale Infrastrukturen als Enabler für innovative Anwendungen Vorsitz:

René Obermann (Deutsche Telekom)

Anne Ruth Herkes (BMWi)

Sherpa:

Dr. Sven Hischke (Deutsche Telekom)

Dr. Peter Knauth (BMWi)

Projektmanagement: Jens Mühlner (T-Systems) Andreas Hartl (BMWi)

UAG Breitband Infrastrukturen & Rollout

UAG Intelligente Netze Strategie & Anwendungen

UAG Plattformen Querschnittstechnologien

Leitung: Jochen Schwarz (Alcatel-Lucent)

Leitung: Dr. Sven Hischke (Deutsche Telekom) Thomas Renger (Cisco)

Leitung: Claudia Mrotzek (ORACLE)

PG Branchenübergreifende Zusammenarbeit

PG Intelligente Energienetze

M2M Initiative Deutschland

Leitung: Kerstin Straube (T-Systems) Dr. Andreas Breuer (RWE)

Leitung: Dr. Christoph Bach (Ericsson)

PG Intelligente Gesundheitsnetze

PG Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

Leitung: Jochen Schwarz (Alcatel-Lucent) Dr. Michael Littger (BDI)

PG Zukunftsorientiert Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze Leitung: Marc Konarski (BITKOM) Andreas Schröder (Vodafone) Georg Merdian (Kabel Deutschland)

Leitung: Dr. Klaus Juffernbruch (Cisco) in Kooperation mit der AG Health

PG Intelligente Verkehrsnetze

Leitung: Claudia Mrotzek (ORACLE) Prof. Dr. Dr. Radu Popescu-Zeletin (Fraunhofer Fokus)

Leitung: Ralf Grigutsch (T-Systems/BITKOM) Lothar Rosenkranz (DB Schenker)

PG Breitband für Intelligente Netze

PG Intelligente Bildungsnetze

Leitung: Wolfgang Heer (Buglas) Dr. Stephan Albers (BREKO)

Leitung: Ansgar Baums (Hewlett Packard) Prof. Dr. Christoph Igel (CeLTech)

PG Intelligente Verwaltungsnetze Leitung: Marco Brunzel (Init) Dr. Pablo Mentzinis (BITKOM)

Gremien,

Open Access

Netzneutralität

IPv6

die in die AG2 berichten

NGA-Forum der Bundesnetzagentur

Fachdialog Netzneutralität des BMWi

Deutscher IPv6-Rat

Abbildung Ü-1: Organisation der AG2

IT-Gipfel AG2: Organisation 2013, Stand: 20.12.2013

Quelle: AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

Legende: AG = Arbeitsgruppe UAG = Unterarbeitsgruppe PG = Projektgruppe

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AG2-Übersicht

Ziele, Struktur und Arbeitsweise der AG2

Aufgabenstellung Selbstverständnis der AG2

Arbeitsprogramm 2013

• Wir wollen die Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken. • Dies tun wir insbesondere über die Forcierung von digitalen Infrastrukturen und deren Nutzung für innovative Anwendungen. • Wir sind ein branchen- und wettbewerbsübergreifendes Gremium. • Wir greifen relevante Themen frühzeitig auf. • Wir erarbeiten Empfehlungen für förderliche Rahmenbedingungen. • Wir setzen konkrete Aktivitäten um. Möglichkeiten der Mitwirkung Die AG2 ist in ihren Unterarbeitsgruppen und Projektgruppen offen für die Mitwirkung von Experten und Gästen aus unter­schiedlichen Branchen, Unternehmen, Verbänden, wissenschaftlichen Einrichtungen und politischen Institutionen. Mitwirkende einer UAG oder PG nehmen regelmäßig an Sitzungen und weiteren Arbeitsaktivitäten teil. Erwartet wird ein kontinuierliches Engagement mit aktiven und relevanten fachlichen Beiträgen. Ansprechpartner für eine Mitwirkung in den jeweiligen UAG und PG sind deren Leiter. Projektorganisation der AG2 Hinsichtlich der Mitwirkenden unterscheidet die AG2 vier Ebenen mit unterschiedlichen Funktionen: Mitglieder, Sherpa, Experten und Gäste. Die Mitglieder der AG2 repräsentieren als High-Level-Ebene die Ausrichtung und Ergebnisse der AG2 gesamtheitlich gegenüber der Bundesregierung. Jedes Mitglied bestellt einen Sherpa als persönlichen Vertreter auf der operativen Ebene. Aufgabe der Sherpa ist es, als Berater und Unterstützer des Mitglieds zu fungieren und – wie bei politischen Gipfeln üblich – den Gipfelprozess operativ umzusetzen. Experten sind jene Mitwirkenden im Gipfelprozess, die durch ihre kontinuierlichen Beiträge in den UAG und PG die fachlichen Grundlagen für Empfehlungen und Aktivitäten der AG2 schaffen. Gäste beteiligen sich nicht regelmäßig, sondern werden als Impulsgeber zu ausgewählten Themen eingeladen. Vertreter der AG2-Leitung sind: Dr. Sven Hischke

Dr. Peter Knauth

Deutsche Telekom AG

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMwi)

Zur Koordination aller Aktivitäten hat die AG2 zudem ein Projektmanagement eingerichtet, welches als zentrale Anlaufstelle der Untergruppen und ihrer Leiter agiert: Jens Mühlner

Andreas Hartl

T-Systems International GmbH

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMwi)

Auf den folgenden Seiten ist das Arbeitsprogramm der AG2 und seiner Untergruppen in Steckbriefen dokumentiert. Die Einzelaspekte sind eng miteinander verbunden. Sie zahlen auf den gemeinsamen Fokus der AG2 im Jahr 2013 ein: „Mit Intelligenten Netzen zu Innovation, Wachstum und Fortschritt in Deutschland“. Zusammengenommen entwickelt sich das Zielbild für ein digitales Deutschland und Maßnahmenempfehlungen für die Digitale Agenda Deutschlands. Während die Projektgruppen mit Detailexpertise fachlich in die Tiefe gehen und damit die Grundlage aller Aktivitäten der AG2 bilden, ist es Aufgabe der Unterarbeitsgruppen, mit strategischer Expertise eine übergreifende horizontale Sicht herauszuarbeiten, aus der sich konsolidierte politisch und unternehmerisch adressierbare Empfehlungen ableiten lassen.

AG2: Digitale Infrastrukturen als Enabler für innovative Anwendungen Mit Intelligenten Netzen zu Innovation, Wachstum und Fortschritt UAG Breitband

UAG Intelligente Netze

UAG Plattformen

Ziele: Unterstützung, Detaillierung und Weiterentwicklung des Breitbandausbaus in Deutschland

Ziele: Konzertiertes Handeln, um Deutschland mit einem Fahrplan 2020 zum Land der Intelligenten Netze zu machen

Ziele: Branchenübergreifender Dialog über technische Herausforderungen Intelligenter Netze und ihrer Enabler-Technologien

Abbildung Ü-2: Ziele der AG2 in 2013 Quelle: AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

IT-Gipfel AG2: Ziele 2013, Stand: 18.09.2013 Jede Gruppe adressiert einen relevanten Baustein für die Zukunft Deutschlands im digitalen Zeitalter. Die einzelnen Themen stehen in einem engen Zusammenhang. Basis der digitalen Gesellschaft ist im Kern eine hochleistungsfähige Breitbandvernetzung. Darauf aufbauend gruppieren sich grundlegende Querschnittstechnologien, die in technische Plattformen inte­griert die Enablerschicht Intelligenter Netze darstellen. Intelligente Netze wiederum sind das Nervensystem und anwendungsnahe Schlüsselinfrastruktur des digitalen Zeitalters. Dies symbolisiert das Schichtenmodell digitaler Infrastrukturen der AG2.

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Breitband

Unterarbeitsgruppe Breitband Die Grundlage für Intelligente Netze

Zielsetzung Die UAG Breitband der AG2 arbeitet seit vielen Jahren sehr erfolgreich an der Zielsetzung, den Ausbau und die Nutzung der Breitbandinfrastruktur in Deutschland zu beschleunigen. Aus politischen Empfehlungen wurden über die Breitbandstrategie konkrete Vorschläge und Handlungsempfehlungen entwickelt und in vielen einzelnen Maßnahmen umgesetzt. Nach den Zahlen der aktuellen Studie des BMWi zur Breitbandabdeckung Deutschlands haben heute fast 100 % der Bevölkerung Internetzugang mit Geschwindigkeiten von mindestens 1 Mbit/s und 60 % der Bevölkerung Zugang zum Hochleistungsinternet mit mehr als 50 Mbit/s. Trotz dieser sehr positiven Entwicklungen bleibt zur Herstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsanschlüssen noch viel zu tun. Die UAG Breitband möchte mit ihrer Arbeit den weiteren Auf- und Ausbau von flächendeckenden Hochleistungsinfrastrukturen im Bereich der Fest- und mobilen Netze vorantreiben.

Arbeitsprogramm Schwerpunkte der Projektgruppen waren Aufgabenstellungen und Fragen wie: • Wie kann die weitere Einbindung von Gebäudeinfrastrukturen wie Haus- und Heim­ vernetzung vorangebracht werden? • Wie kann der zügige und flächendeckende Ausbau leistungsfähiger mobiler Breitbandnetze durch die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen für die intelligente Nutzung von Funkspektrum unterstützt werden? • Wie können sonstige Rahmenbedingungen für mobile Breitbandinfrastrukturen verbessert werden? • Wie können konkret Synergien zwischen dem Breitband- und dem Energieausbau genutzt werden?

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AG2-Übersicht

Ergebnisse Basis der Ergebnisse war die aktive und breite Beteiligung – es wirkten auch in diesem Jahr mehr als 50 beteiligte Unternehmen, Verbände, Landes- und Bundesbehörden, Planungsund Beratungsbüros mit. Darüber hinaus brachten Spezialisten aus Wissenschaft, Bau-, Wohnungs-, Finanz- und Energiewirtschaft ihre Erfahrungen und Brancheninteressen in den Projekt- und Fokusgruppen ein und stellten so den Praxisbezug der jeweiligen Aktivitäten sicher. Es wurden konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik in Zusammenarbeit mit der Industrie und den Verbänden entwickelt und dokumentiert. Die Einzelheiten sind den nachfolgenden Steckbriefen zu entnehmen.

Unterarbeitsgruppe Breitband

Mitglieder der Unterarbeitsgruppe Breitband Jochen Schwarz (Leitung) Alcatel-Lucent Holding GmbH

Dr. Stephan Albers

Manfred Horn

Bundesverband Breitbandkommunikation e. V. (BREKO)

Ministerium des Inneren, für Sport und Infrastruktur des Landes Rheinland-Pfalz

Dr. Christoph Bach Ericsson GmbH

Peer Beyersdorff

Kernaussagen

Breitband-Kompetenzzentrum Niedersachsen

Tim Brauckmüller

Eine flächendeckende hochleistungsfähige breitbandige Infrastruktur ist die Basistechnologie und damit die Grundvorrausetzung von Intelligenten Netzen und Industrie 4.0. Trotz der sehr positiven Entwicklung in der Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsanschlüssen bleibt noch viel zu tun, um die Ziele der Breitbandstrategie zu erreichen. Durch die Multiplikatorfunktion der beteiligten Verbände, Organisationen und Behörden ist nicht nur eine Mitwirkung der gesamten deutschen IKT-Branche, sondern auch die permanente Kommunikation zur Wirtschaft insgesamt gegeben.

atene KOM GmbH / Breitbandbüro des Bundes

Florian Braun

Dr. Andrea Huber ANGA Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e. V.

Magdalena Jähler Breitbandbüro des Bundes

Simon Japs Unitymedia Kabel BW GmbH

Bundesverband Glasfaseranschluss e. V. (BUGLAS)

Gerhard Jeutter

Sabine Finke

Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen

s&g Beratungs- und Planungsgesellschaft mbH

Dimos Gatidis

Marc Konarski

atene KOM GmbH / Breitbandbüro des Bundes

Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Harald Geywitz

Stephanie Krause

E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG

Philippe Gröschel Telefónica Germany GmbH & Co. OHG

Prof. Dr. Nico Grove Bauhaus-Universität Weimar

Jürgen Grützner Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM)

Andreas Hartl

Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM)

Frank Krüger Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Heinz-Peter Labonte Kombunt- Kommunikationsberatung für Unternehmen

Christoph Legutko Intel GmbH

Ulrike Lepper

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Bundesverband Breitbandkommunikation e. V. (BREKO)

Wolfgang Heer

Dr. Michael Littger

Bundesverband Glasfaseranschluss e. V. (BUGLAS)

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI)

Rainer Helle

Dr. Jürgen Lolischkies

Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein

Ingenieure für Kommunikation e. V.

Dr. Robert Henkel

Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH

European Commission DG Connect

Rainer Holtz Bundestechnologiezentrum für Elektro- und Informationstechnik e. V.

Georg Merdian Jens Mühlner T-Systems International GmbH

Udo Neukirchen Eutelsat Services & Beteiligungen GmbH Eutelsat visAvision GmbH

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Breitband Projektgruppe Branchenübergreifende Zusammenarbeit

Armin Neumaier

Kai Seim

SES Broadband Services (Astra)

s&g Beratungs- und Planungsgesellschaft mbH

Solveig Orlowski

Dr. Katrin Sobania

Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM)

Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK)

Dr. Dieter Pötschke

Huawei Technologies Deutschland GmbH

Gemeinschaftsseminar Berlin-Adlershof

Ulrich Rehfueß Nokia Solutions and Networks GmbH & Co. KG

Michael Reiss Ministerium für Ländlicher Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

Olaf Reus Huawei Technologies Deutschland GmbH

Dr. Klaus Ritgen Deutscher Landkreistag

Wolfgang Schmid

Ingobert Veith Marja von Oppenkowski Rainer Wegner Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Cornelia Weis Ministerium des Inneren, für Sport und Infrastruktur

Andreas R. Weiss next.kom corparate finance GmbH

Martina Westhues Deutsche Telekom AG

Hans-Joachim Wolff

Steffen Schmitt

Deutscher Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikations e. V. (DVPT)

Andreas Schröder Vodafone GmbH

Projektgruppe Branchenübergreifende Zusammenarbeit

Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH

Alcatel-Lucent Deutschland AG

Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen

Unterarbeitsgruppe Breitband

Zielsetzung Die Zukunft der Wirtschaft stellt enorme Ansprüche an die Leistungsfähigkeit der Breitbandnetze in Deutschland und Europa: Dies gilt zum Beispiel für die Umsetzung der Geschäftsmodelle von Industrie 4.0 wie auch für die digitale Vernetzung der Infrastrukturen im Rahmen „Intelligenter Netze“. Diese Anforderungen finden Ausdruck in den Breitbandzielen der Bundesregierung, die ein flächendeckende Verfügbarkeit von Anschlüssen mit Übertragungsraten von mindestens 50 Mbit/s bis zum Jahre 2018 vorsehen. Ziele der Projektgruppe sind die Identifizierung von Synergietreibern und Effizienzsteigerungspotenzialen beim Breitbandausbau. Die Gruppe möchte Strategien und Maßnahmen entwickelnen sowie konkrete Schritte für ihre Umsetzung, um den Breitbandausbau zu forcieren und Kosten zu senken. Der Blickwinkel der Projektgruppe über Branchengrenzen hinaus ermöglicht, freiwillig akzeptierte, übergreifende Handlungsfelder zu erschließen.

Arbeitsprogramm Die Projektgruppe knüpft an die Ergebnisse der vergangenen Jahre an, insbesondere die gemeinsame Erklärung zur Branchenübergreifenden Zusammenarbeit sowie die Betrachtung eines Pilotprojekts in Mecklenburg-Vorpommern zur Realisierung von Synergieeffekten. Schwerpunkte liegen auf Diensten der Haus- und Heimvernetzung sowie auf der intelligenten Einbindung von Wasserinfrastrukturen beim Breitbandausbau.

Ergebnisse Geleitet von der Frage, wie die branchenübergreifende Zusammenarbeit beim Breitbandausbau ausgestaltet werden kann, traf sich die Projektgruppe Branchenübergreifende Zusammenarbeit der UAG Breitband im Frühjahr 2013 zum gemeinsamen Gedanken­austausch.

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AG2-Übersicht

Teilnehmer waren Unternehmen der TK-Branche sowie Inhaber passiver Infrastrukturen, einiger Fachressorts von Bund und Ländern sowie Vertreter der kommunalen Unternehmen, Städte und Landkreise sowie Branchenverbände. Anknüpfend an die gemeinsamen Arbeiten der PG 1 zur Branchenübergreifenden Zusammenarbeit von 2011 und 2012 wurden mögliche Wege erörtert, wie künftig eine noch stärkere Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen, Mitverlegungen sowie weitere Kostensenkungen beim Breitbandausbau erreicht werden könnten. Dazu wurden im Wesentlichen vier Ansätze skizziert, deren Ausarbeitung und Vertiefung als lohnend erachtet wurde. • Eine neue Dynamik in der Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen wurde als möglich erachtet, soweit die Potenziale einer verbesserten Transparenz gesteigert würden. • Ansatzweise diskutiert wurde auch die Idee, die wirtschaftlichen Belange derjenigen Inhaber passiver Infrastrukturen stärker zu berücksichtigen, die für den Ausbau von Breitbandnetzen relevant sind. • Auch ein Engagement auf EU-Ebene wird grundsätzlich positiv eingeschätzt; jedoch besteht für die konkrete Umsetzung noch erheblicher Beratungsbedarf. • Darüber hinaus sollten die Bemühungen, Fragen der Sicherheitsbelange mit Relevanz für die etwaige Zusammenarbeit zu klären sowie auch eine chancenadäquate Kommunikation zu erreichen, insgesamt verstärkt werden . Anknüpfend an die Betrachtung eines Praxisbeispiels vom vergangenen Jahr wird die praktische Relevanz der Synergiedebatte auch diesjährig am Beispiel eines Ausbauvorhabens in Mecklenburg-Vorpommern diskutiert.

Unterarbeitsgruppe Breitband Projektgruppe Branchenübergreifende Zusammenarbeit

Mitglieder der Projektgruppe Branchenübergreifende Zusammenarbeit Jochen Schwarz (Leitung)

Dr. Michael Littger (Leitung)

Alcatel-Lucent Holding GmbH

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI)

Tim Brauckmüller

Dr. Jürgen Lolischkies

atene KOM GmbH / Breitbandbüro des Bundes

Ingenieure für Kommunikation e. V.

Florian Braun

Solveig Orlowski

Bundesverband Glasfaseranschluss e. V. (BUGLAS)

Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM)

Philippe Gröschel Telefónica Germany GmbH & Co. OHG

Jürgen Grützner Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM)

Christoph Hasenkamp Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH

Wolfgang Heer Bundesverband Glasfaseranschluss e. V. (BUGLAS)

Rainer Helle Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein

Dr. Robert Henkel European Commission DG Connect

Bernd Holter

Dr. Dieter Pötschke Gemeinschaftsseminar Berlin-Adlershof

Michael Reiss Ministerium für Ländlicher Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

Olaf Reus Huawei Technologies Deutschland GmbH

Dr. Klaus Ritgen Deutscher Landkreistag

Steffen Schmitt Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen

Andreas Schröder Vodafone GmbH

Zweckverband „Elektronische Verwaltung in Mecklenburg-Vorpommern“

Jochen Schwarz

Rainer Holtz

Dr. Katrin Sobania

Bundestechnologiezentrum für Elektro- und Informationstechnik e. V.

Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V.

Dr. Andrea Huber

Verband Kommunaler Unternehmen e. V.

ANGA Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e. V.

Marc Konarski Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Frank Krüger Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Heinz-Peter Labonte Kombunt- Kommunikationsberatung für Unternehmen

Christoph Legutko Intel GmbH

Ulrike Lepper Bundesverband Breitbandkommunikation e. V. (BREKO)

Alcatel-Lucent Holding GmbH

Dr. Stefan Thole Ingobert Veith Huawei Technologies Deutschland GmbH

Marja von Oppenkowski Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH

Achim Vrielink DB Netz AG

Robin Weiand RWE Deutschland AG

Martina Westhues Deutsche Telekom AG

Reiner Wünsch Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Breitband

Fokusgruppe Wasser in der PG Branchenübergreifende Zusammenarbeit

Unterarbeitsgruppe Breitband Projektgruppe Branchenübergreifende Zusammenarbeit Fokusgruppe Wasser

Kernaussagen Die Nutzung der Trinkwasserleitung kommt nur dann in Frage, wenn gleichzeitig die hohe Qualität des Trinkwassers gewährleistet wird. Einbau, Wartung etc. sind auf freiwilliger Basis Aufgabe des Unternehmens, das die Trinkwasserleitung besitzt, sodass lediglich die Vermietung von Dark Fiber in Frage kommt.

Zielsetzung Die Fokusgruppe Wasser (FG Wasser) möchte, ähnlich wie die FG Mikro-/Mini-Trenching im vergangenen Jahr, eine weitere Erschließung von Synergiepotenzialen im Bereich der Telekommunikations-Hausanschlüsse erreichen. Im Konkreten geht es darum, die Standardisierung und damit Erschließung der letzten Meile des Zugangsnetzes über die Netze der lokalen Wasserversorgung zu erreichen. Das Verfahren, einen Haushalt mit TK-Diensten durch die Trinkwasserzuleitung zu versorgen, soll beschrieben und möglichst standardisiert werden.

Arbeitsprogramm Die FG Wasser möchte über Gespräche und verbindliche Vereinbarungen mit allen betroffenen Organisationen und Verantwortungsbereichen eine Beschreibung und möglicherweise Standardisierung des Verfahrens, TK-Hausanschlüsse (z. B. mit Glasfaserkabeln) herzustellen, erreichen. Dazu sollen die verantwortlichen Entscheidungsträger angesprochen und in das Arbeitsprogramm eingebunden werden. Im Weiteren sind Treffen zur Detaillierung und Standardisierung des Verfahrens geplant. Es sollen bereits etablierte Verfahren auf ihre allgemeine Nutzbarkeit und weitere Verbreitung untersucht werden. Wenn notwendig, sollen ggf. Pilottests durchgeführt bzw. angeregt und begleitet werden.

Mitglieder der Fokusgruppe Wasser Michael Reiss (Leitung) Ministerium für Ernährung und ländlicher Raum Baden Württemberg

Wolfgang Schmid (Leitung) Alcatel-Lucent Deutschland AG

Mirko Adamy

Klaus Henes

Deutsche Telekom Technik GmbH

FRIATEC Aktiengesellschaft

Ulf Bauer

Sebastian Heye

Breitbandbüro des Bundes

Stadtwerke Duisburg Netzgesellschaft mbH

Martina Bauer

Dr. Michael Hilgner

Ministerium für Ländlicher Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. Bereich DKE

Dr. Katja Behringer

Manfred Horn

Universität Bonn

Ministerium des Inneren, für Sport und Infrastruktur des Landes Rheinland-Pfalz

Stephan Bickmann Seim & Partner

Thomas Jüngling

Tim Brauckmüller

Ministerium des Inneren, für Sport und Infrastruktur des Landes Rheinland-Pfalz

atene KOM GmbH / Breitbandbüro des Bundes

Thomas Braune Breitbandbüro des Bundes

Ergebnisse

Jürgen Burger

Erarbeitet wurde eine Übersicht über die bereits etablierten Verfahren und Projekte sowie eine Beschreibung und Standardisierung der Verfahren. Es wird angestrebt, das Verfahren – wo immer möglich und sinnvoll – einzusetzen bzw. das Verfahren als einen weiteren Syner­gieträger im Breitbandausbau zu etablieren.

Robert Eckert

SWM - Stadtwerke München GmbH

FRIATEC Aktiengesellschaft

Prof. Dr. Martin Exner Universitätsklinikum Bonn

Stefan Koch Stadtwerke Marburg GmbH

Dr. Hans-Detlef Leppert LEPPERT Sachverständige Beratung GmbH

Dr. Michael Littger Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI)

Dr. Birgit Mendel Bundesministerium für Gesundheit

Cristoph Pauselius Projektberatung

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Breitband Projektgruppe Branchenübergreifende Zusammenarbeit Fokusgruppe Haus- und Heimvernetzung

Udo Peth

Jochen Schwarz

Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V.

Alcatel-Lucent Holding GmbH

Dr. Doris Reick

Dirk Seifert

Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg

Verband Kommunaler Unternehmen e. V.

Dr. Klaus Ritgen

Thomas Siegle

Deutscher Landkreistag

tkt teleconsult Kommunikationstechnik GmbH

Fokusgruppe Haus- und Heimvernetzung

Johann-Martin

Matthias Stock

in der PG Branchenübergreifende Zusammenarbeit

Rogg badenova AG & Co. KG

Thüga MeteringService GmbH

Lukas Romanowski

Dr. Stefan Thole

Rohrleitungsbauverband e. V.

Verband Kommunaler Unternehmen e. V.

Dietmar Ruf

Theo Wärder

Gemeindetag Baden-Württemberg

SWB EnergieNetze GmbH und SWB Regional GmbH

Dr. Michaela Schmitz

Marcus Witzel

Bundesverband für Energie- und Wasserwirtschaft e. V.

Thüga MeteringService GmbH

Dirk Schrader

Thomas Zenz

Stadtwerke Hardegsen

Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V.

Unterarbeitsgruppe Breitband

Der Breitbandausbau in der Bundesrepublik wird von allen Netzbetreibern mit Hochdruck vorangetrieben. Damit auch in jeder Wohnung und in jedem Raum Breitbandinhalte genutzt werden können, bedarf es einer adäquaten Infrastruktur im Gebäude. Immer noch werden viele Gebäude gebaut oder kernsaniert, ohne eine Kommunikationsinfrastruktur für die einzelnen Räume zu schaffen. Klare Empfehlungen haben Vorteile für die beteiligten Planer und Bauherren. Für die Fachbetriebe entsteht eine bessere Übersicht der Anforderungen an eine Installation (z. B. in Ausschreibungen).

Zielsetzung Die Haus- und Heimvernetzung stellt immer noch ein unterschätztes zentrales Element dar, um die Marktdurchdringung Intelligenter Netze und zukünftiger Anwendungen überhaupt zu ermöglichen. Eine ganzflächige und hoch qualitative Netzabdeckung auch innerhalb des Hauses und der Wohnung ist hierfür Voraussetzung. Die Fokusgruppe verfolgt das Ziel, die Haus- und Heimvernetzung als Bindeglied zum Endkunden in das öffentliche Bewusstsein zu rufen und ihren Ausbau voranzutreiben. Weiterhin sollen relevante Normen geprüft und darauf aufbauend eine gemeinsame Erklärung der beteiligten Verbände und Unternehmen erreicht werden, um die Haus- und Heimvernetzung besser umzusetzen. Diese Erklärung soll in die Öffentlichkeitsarbeit der Beteiligten integriert und so in Richtung der Mitglieder verbreitet werden. Um die erforderlichen Kenntnisse zu Normen und Regelwerken zu vermitteln bzw. zu vertiefen, soll auf der Basis der bestehenden Berufsausbildung ein zielgruppengerechtes Weiterqualifizierungssystem eingesetzt werden. Dies soll sicherstellen, dass die Haus- und Heimvernetzung zukünftig bereits bei der Planung von Neubauten und Kernsanierungen berücksichtigt wird.

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AG2-Übersicht

Arbeitsprogramm • Erarbeitung eines Dossiers zur Darstellung der relevanten Normen; • Formulierung einer Vorgabe für Neubau und Sanierung von Wohngebäuden; • Sichtung und Auswertung vorhandener internationaler Vergleichsdaten zur Verbreitung von Haus- und Heimvernetzung; • Zielgruppenidentifikation und Entwicklung eines Qualifizierungsmodells für die Ziel­ gruppen; • Entwicklung einer Kampagne zum Wissens­­transfer.

Ergebnisse Im Wesentlichen wurden die folgenden Ergebnisse erzielt: • Zusammenfassung der für den Bereich Haus- und Heimvernetzung relevanten Normen, • Formulierung einer „Gemeinsamen Erklärung zur zeitgemäßen informationstechnischen Infrastruktur im Neubau und bei Kernsanierung“ der beteiligten Verbände und Unternehmen, • Ausarbeitung eines Qualifizierungsmodells, das den verschiedenen Zielgruppen das jeweils notwendige Wissen zur Normung, Planung und Umsetzung einer adäquaten Infrastruktur vermittelt.

Kernaussagen Die stetig steigende Anzahl der datenintensiven und oft gleichzeitigen Breitbandanwendungen stellt besondere Anforderungen an das Haus- und Heimnetz. Die Realisierung von leitungsgebundener Haus- und Heimvernetzung wird umfassend in der Normung beschrieben und sollte zukünftig auf dieser Basis in allen Neubauprojekten und Kernsanierungen umgesetzt werden. Funklösungen sind als Ergänzung zur Kabelinfrastruktur zu sehen. Es ist ein Qualifizierungssystem erforderlich, das alle Beteiligten an Bauprojekten über die Inhalte und Umsetzung der Normen informiert.

Unterarbeitsgruppe Breitband Projektgruppe Branchenübergreifende Zusammenarbeit Fokusgruppe Haus- und Heimvernetzung

Mitglieder der Fokusgruppe Haus- und Heimvernetzung Rainer Holtz (Leitung) Bundestechnologiezentrum für Elektro- und Informationstechnik e. V.

Sven Brandt

Steffen Müller

Fraunhofer-Institut für Eingebettete Systeme und Kommunikationstechnik ESK

Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH

Bernd Dechert

Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informations­ technischen Handwerke (ZVEH)

Eva Heringshaus aizo AG

Esther Hild

Michael Schidlack

Wolfgang Schütte Elektro-Innung Oldenburg

Werner Stelter

Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie e. V. (ZVEI)

Bundestechnologiezentrum für Elektro- und Informationstechnik e. V.

Thomas Hoffmann

Enrico Stolze

ewe Netz GmbH

Homeway GmbH

Lukas Jeuck

Dr. Claus Wedemeier

ANGA Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e. V.

GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.

Jean Kiessling Deutsche Telekom AG

Thomas Wegmann

Jens Mühlner

Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. Bereich DKE

T-Systems International GmbH

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Breitband Projektgruppe Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze

Unterarbeitsgruppe Breitband

Ergebnisse/Kernaussagen

Projektgruppe Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze Zielsetzung Die Projektgruppe verfolgt das Ziel, die Bedeutung von mobilen Breitbandinfrastrukturen für eine flächendeckende Versorgung mit leistungsfähigen Internetanschlüssen und damit für die Erreichung der mit der Breitbandstrategie der Bundesregierung vorgegebenen Ausbauzielen stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rufen. Zudem sollen Vorschläge für eine vorausschauende, international abgestimmte Frequenzplanung erarbeitet werden, die dem Markt in den kommenden Jahren die notwendigen Ressourcen für die Implementierung neuer Technologien und die darauf aufsetzende Fortentwicklung innovativer Dienste ermöglicht. Die Gestaltung der dafür erforderlichen technischen, ökonomischen und regulatorischen Rahmenbedingungen weist mehrere Jahre in die Zukunft und wird durch einen frühzeitigen Konsens der in der UAG Breitband vertretenen Ministerien, Behörden, Bundesländer, Gemeinden und Kommunen sowie Fachverbände und Unternehmen befördert.

Arbeitsprogramm Die Projektgruppe sieht für die Umsetzung ihrer Zielsetzungen folgendes Arbeitsprogramm vor: • Die Untersuchung des künftigen Kapazitäts- und Frequenzbedarfs im Wege einer ganzheitlichen Betrachtung. • Die Erarbeitung von Eckpunkten für eine effiziente Spektrumsnutzung und eine internationale Harmonisierung. • Die Klärung von Fragen im Zusammenhang mit der Koexistenz einer Nutzung in leitungs­ gebundenen Netzen. • Die Erörterung von Möglichkeiten einer Bereitstellung von Rundfunkangeboten über mobile Breitbandnetze. • Die Rolle von WiFi für die mobile Breitbandversorgung. • Die Erarbeitung von Maßnahmenvorschlägen zur Verbesserung der sonstigen Rahmenbedingungen für mobile Breitbandinfrastrukturen.

• Mobile Breitbandnetze sind unverzichtbarer Bestandteil zur Erreichung der Ziele der Breitbandstrategie der Bundesregierung. • Mobile Breitbandnetze sind Grundvoraussetzung für innovative Lösungen anderer Indus­ trien und damit Garant für zukünftiges Wirtschaftswachstum. • Öffentlich zugängliche WiFi-Spots sind ein wesentliches Element für das Angebot von drahtlosen, standortunabhängigen Breitbandzugängen. • Für den Ausbau mobiler Breitbandnetze sind ein investitionsfreundliches regulato­ risches Umfeld und eine Verbesserung der Akzeptanz von Mobilfunkstandorten in der Bevölkerung unverzichtbar. • Das bislang dem Mobilfunk zugeteilte Frequenzspektrum wird perspektivisch nicht ausreichen. Eine rechtzeitige Vorbereitung der Zuteilung des 700-MHz-Bandes kann einen wichtigen Beitrag zur weiteren Verbesserung der Breitbandversorgung in der Fläche und zur Erreichung der Breitbandziele der Bundesregierung leisten. • Bei der zukünftigen Bereitstellung weiterer Frequenzen für mobiles Breitband, die auch die Nutzung der Kabelnetze betreffen, ist es erforderlich, frühzeitig Lösungsansätze dafür zu entwickeln, wie eine möglichst störungsfreie Koexistenz drahtloser und drahtgebundener Dienste gewährleistet werden kann. • Mit entsprechender Frequenzausstattung können mobile Breitbandnetze perspek­ tivisch über zukunftsfähige Technologien einen Beitrag zur terrestrischen Verbreitung von Rundfunkinhalten leisten.

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Breitband Projektgruppe Breitband für Intelligente Netze

Unterarbeitsgruppe Breitband

Mitglieder der Projektgruppe Zukunftsorientierte Frequenzpolitik und Rahmenbedingungen für mobile Breitbandnetze Marc Konarski (Leitung)

Andreas Schröder (Leitung)

Georg Merdian (Leitung)

Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Vodafone GmbH

Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH

Dr. Christoph Bach

Christoph Legutko

Ericsson GmbH

Intel GmbH

Dr. Thomas Baubin

Franziska Löw

iTV solutions GmbH

ANGA Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e. V.

Astrid Braken

Uwe Lövenstein

Bundesverband Glasfaseranschluss e. V. (BUGLAS)

Telefónica Germany GmbH & Co. OHG

Tim Brauckmüller

Solveig Orlowski

atene KOM GmbH / Breitbandbüro des Bundes

Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM)

Arne Deubelius Nokia Solutions and Networks GmbH & Co. KG

Harald Geywitz E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG

Philippe Gröschel

Dr. Dieter Pötschke Gemeinschaftsseminar Berlin-Adlershof

Ulrich Rehfueß Nokia Solutions and Networks GmbH & Co. KG

Telefónica Germany GmbH & Co. OHG

Michael Reiss

Rainer Helle

Ministerium für Ländlicher Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein

Olaf Reus

Thomas Konschak Deutsche Telekom AG

Michael Krämer E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG

Frank Krüger Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Heinz-Peter Labonte Kombunt- Kommunikationsberatung für Unternehmen

Karl-Heinz Laudan Deutsche Telekom AG

Huawei Technologies Deutschland GmbH

Heike Riegner

Projektgruppe Breitband für Intelligente Netze Zielsetzung Der Breitbandausbau erfolgt überwiegend dezentral durch bundesweit tätige sowie regio­ nale TK-Netzbetreiber sowie zum Teil auch durch kommunale Unternehmen. Gleichzeitig stehen vor allem Letztere vor der Frage, wie die Anforderungen der Energiewende auf lokaler Ebene umgesetzt werden können. Der stark steigende Einsatz von regenerativen Energien und eine zunehmend dezentrale Energieerzeugung erfordern nicht nur erheb­ liche Maßnahmen im Stromnetzausbau, sondern über den Breitbandnetzausbau auch ausfallsichere Steuerungs- und Regelungssysteme, mit denen Spannungsausfälle vermieden werden können. Häufig wird argumentiert, der koordinierte Ausbau von Energie- und Telekommunika­ tionsinfrastrukturen biete enorme Synergiepotenziale, die die hohen Ausbaukosten reduzieren. Zudem könnten neue kombinierte Telekommunikations- und Energiedienstleistungen entwickelt und vermarktet werden. Unklar bleibt, ob und, wenn ja, wie und unter welchen Voraussetzungen die sich aus der Energiewende ergebenden Anforderungen tatsächlich ein zentraler Treiber des regionalen Breitbandausbaus sein können.

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Dr. Klaus Ritgen Deutscher Landkreistag

Arbeitsprogramm

Jochen Schwarz Alcatel-Lucent Holding GmbH

Ingobert Veith Huawei Technologies Deutschland GmbH

Rainer Wegner Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Zur Annäherung an die Frage, ob die im Rahmen der Energiewende notwendigen Maßnahmen von (kommunalen) Unternehmen zur Beschleunigung des Breitbandausbaus in Deutschland beitragen (können), will die Projektgruppe anhand der Betrachtung von Praxis­beispielen „vor Ort“ bei Unternehmen, die bereits Breitbandausbau und Maßnahmen der Energiewende synergetisch durchführen, die folgenden Fragenkomplexe untersuchen: • Welche konkreten Synergien gibt es bei der Verlegung von Leitungen durch parallele Baumaßnahmen oder die gemeinsame Nutzung vorhandener Infrastrukturen? Welche Erfahrungen werden dabei in der Praxis gemacht? Wie wird in diesem Zusammenhang der Leitfaden der Bundesnetzagentur für die gemeinsame Verlegung beurteilt?

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AG2-Übersicht

• Welche Bedeutung haben hochleistungsfähige, ausfallsichere Telekommunikationsnetze beim Aufbau und Betrieb von Smart Grids? Sind diese Netze der Schlüssel für die sinnvolle Kombination von Breitbandausbau und zunehmend dezentraler Energieerzeugung und -versorgung? • Wie können Kunden profitieren? Erhalten sie künftig jederzeit aktuelle Energieverbrauchsdaten über ihre Internetverbindung? Stehen ihnen lastabhängige Tarife zur Verfügung? Wie werden die lastabhängigen Tarife übermittelt? Benötigen wir neue, kombinierte Telekommunikations- und Energiedienstleistungen? Wie könnten diese aussehen? • Welche Geschäftsmodelle ergeben sich aus der Verbindung von Breitbandausbau und Energiewende? Lassen sich mit neuen, kombinierten Telekommunikations- und Energiedienstleistungen zusätzliche Deckungsbeiträge erzielen?

Ergebnisse Synergiepotenziale beim Infrastrukturausbau sind vorhanden und werden auch genutzt. Sie sind allerdings abhängig von der jeweiligen konkreten Situation und zudem schwer quantifizierbar. Die dezentrale Energieversorgung erfordert schnelle und störungsfreie bidirektionale Kommunikation zwischen Verbrauchern und dezentralen Erzeugern; zur Steuerung von Smart Grids sind auf die speziellen Anforderungen (u. a. Ausfallsicherung) abgestimmte Tele­kommunikationsnetze die zentrale Voraussetzung. Heutige Anwendungen wie z. B. Smart Metering erfordern noch keine sehr hohen Bandbreiten. Nach Einschätzung der befragten Unternehmen wird der Bandbreitenbedarf jedoch mit steigender Nachfrage nach Smart-Home-Anwendungen ansteigen und ohne moderne, hochleistungsfähige Kommunikationsnetze nicht mehr handhabbar sein. Gleiches gilt für den steigenden Anteil an dezentral erzeugten, erneuerbaren Energien, mit dem auch der Regelungsbedarf der Verteilnetze steigt. Durch Zusatzdienste wie z. B. lastabhängige Tarife, die Visualisierung und Analyse von Energieverbrauchsdaten oder ferngesteuertes Facility Management lassen sich auf Basis der Telekommunikationsanbindung zusätzliche Umsatzpotenziale generieren. Der Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Mitverlegung von Telekommunikationsinfrastruktur im Rahmen notwendiger Verlegungen von Stromleitungen wird von den untersuchten Unternehmen hinsichtlich seiner Wirkung für den Breitbandausbau eher kritisch beurteilt und scheint in der Praxis keine generelle Anwendung zu finden.

Unterarbeitsgruppe Breitband Projektgruppe Breitband für Intelligente Netze

Kernaussagen • Die Hebung von Synergiepotenzialen beim Ausbau von Versorgungsnetzen einerseits sowie Breitbandnetzen andererseits im Zuge eines vorausschauenden Netzausbaus ist aus mehreren Gründen ökonomisch sinnvoll. • Um die Nutzung von Synergiepotenzialen weiter zu forcieren, erscheint eine möglichst genaue Quantifizierung sinnvoll. • Mit steigendem Anteil dezentral erzeugter Energien steigt der Regelungsbedarf der Verteilnetze. Hierfür ist eine sichere, breitbandige TK-Infrastruktur unerlässlich. • Eine performante Telekommunikationsinfrastruktur bietet die Plattform zum Aufbau neuer Geschäftsfelder. • Es ist zu überlegen, ob der Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Mitverlegung von Telekommunikationsinfrastruktur unter Einbezug aller relevanten Marktakteure, d. h. insbesondere auch der TK-Netzbetreiber, überarbeitet werden sollte.

Mitglieder der Projektgruppe Breitband für Intelligente Netze Wolfgang Heer (Leitung) Bundesverband Glasfaseranschluss e. V. (BUGLAS)

Dr. Stephan Albers (Leitung) Bundesverband Breitbandkommunikation e. V. (BREKO)

Tim Brauckmüller

Ulrike Lepper

atene KOM GmbH / Breitbandbüro des Bundes

Bundesverband Breitbandkommunikation e. V. (BREKO)

Florian Braun

Dr. Dieter Pötschke

Bundesverband Glasfaseranschluss - BUGLAS e. V.

Gemeinschaftsseminar Berlin-Adlershof

Dr. Carolin Engel

Steffen Schmitt

Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen

Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen

Jürgen Grützner

Dr. Katrin Sobania

Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM)

Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK)

Christoph Hasenkamp

Huawei Technologies Deutschland GmbH

Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH

Rainer Helle Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein

Ingobert Veith Andreas R. Weiss next.kom corparate finance gmbH

Martina Westhues Deutsche Telekom AG

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Strategie & Anwendungen Motivation Die Digitalisierung und Vernetzung von fünf zentralen Infrastrukturen – Energie, Verkehr, Gesundheit, Bildung und öffentliche Verwaltung – unter dem Stichwort „Intelligente Netze“ ist eine Aufgabe, vor der nicht nur Deutschland steht, sondern alle Industrieländer. Intelligente Netze werden von zentraler volkswirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedeutung sein. Sie bieten Lösungen für Herausforderungen wie die Energiewende oder den demografischen Wandel. Seit 2011 hat die AG2 das Thema in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten gestellt. Die Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft haben zum 7. IT-Gipfel Empfehlungen für eine Nationale Strategie Intelligente Netze erarbeitet und der Bundeskanzlerin übergeben. Unabhängig davon, in welcher Branchendomäne Intelligente Netze betrachtet werden, gleichen sich die Ausgangssituationen. Technische Lösungsansätze zur Umsetzung sind vorhanden. Einzig fehlte bisher eine übergreifende Strategie, die Hemmnisse im Aufbau geeint anzugehen und auszuräumen. Ein tiefgreifender Infrastrukturumbau, wie ihn die Zukunft Deutschlands erfordert, kann nicht allein aus Marktkräften heraus erfolgen. Wer einen solchen Umbau bewältigen will, braucht eine konzertierte Vorgehensweise aller gesellschaftlichen Kräfte. Wesentliche Hemmnisse, denen es zur Realisierung der Potenziale Intelligenter Netze zu begegnen gilt, sind: • Der Aufbau Intelligenter Netze ist komplex. Es ist eine Vielzahl relevanter Beteiligter zu koordinieren. Hohe Anfangsinvestitionen müssen aufgebracht und zukünftige Marktmodelle gestaltet werden. • Fehlende Rechtssicherheit sowie fehlende Harmonisierung rechtlicher Regelungen und Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene schaffen Unsicherheiten bezüglich des Aufbaus Intelligenter Netze und behindern private Investitionen. Ein ressortübergreifendes Handeln ist erforderlich. • Akzeptanzfaktoren werden vernachlässigt. Die Chancen und der gesellschaftliche Nutzen Intelligenter Netze werden nur unzureichend aktiv kommuniziert. Die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz Intelligenter Netze erfordert einen breiten und kritischen Zukunftsdialog über alle gesellschaftlichen Ebenen hinweg. • Fehlende Koordination relevanter Aktivitäten auf nationaler Ebene führt zu Insellösungen, Interoperabilitätsproblemen, fragmentierten Geschäfts- und Marktmodellen sowie zu Nachteilen der deutschen Wirtschaft bei internationalen Standardisierungsaktivitäten. Um den Anspruch und die Chancen einer deutschen Technologieführerschaft zu wahren, muss die Zusammenarbeit forciert werden. Das Branchendenken muss einer vernetzten und branchenübergreifenden Kooperation weichen.

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AG2-Übersicht

Vorgehen

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Projektgruppen Energie

Bereits der Prozess zur Erarbeitung der strategischen Empfehlungen berücksichtigte zwei Perspektiven, die gleichgewichtet integrierend koordiniert wurden: einerseits die Fachexpertise von Experten der jeweiligen Branchen- und Anwendungsfelddomänen und andererseits die strategische Expertise einer domänenübergreifenden Sicht. Die Bundesregierung hat die von der AG2 auf dem 7. IT-Gipfel in Essen vorgelegten Empfehlungen aufgegriffen und ihrerseits eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe unter Koordination des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie mit der weiteren Ausarbeitung der Strategie sowie begleitender Maßnahmen beauftragt. Ziel ist es, die in allen Ressorts existierenden dedizierten Fachkompetenzen und Aktivitäten einzubeziehen. Die Strategiephase ist entscheidend, um allen nachfolgenden Aktivitäten das solide Fundament eines belastbaren Regierungsbeschlusses und damit den politischen Rahmen für die Umsetzung Intelligenter Netze zu geben. Gleichzeitig müssen die rechtlichen/regulatorischen Grundlagen auf den Weg gebracht werden. Die UAG Intelligente Netze arbeitete in 2013 bereits am Folgeschritt, den Empfehlungen für die Umsetzungsphase anhand eines Aktionsplans bis zum Jahr 2020. Dieser Prozess wird über eine Matrix-Struktur gesteuert: zum einen fünf vertikale Projektgruppen, die jeweils relevante Stakeholder der Domänen Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung mit tiefem Branchen- und Technologie-Know-how zusammenbringen. Diese erarbeiteten in 2013 Zielbilder und Maßnahmenempfehlungen zur Umsetzung Intelligenter Netze bis zum Jahr 2020 in ihren jeweiligen Domänen. Zum anderen fünf horizontale Ebenen­gruppen gemäß des AG2-Referenzmodells der Strategiedimensionen, in denen jeweils Vertreter der Projektgruppen ihre Erkenntnisse branchenübergreifend bündelten und Synergiepotenziale ausloteten. Die konsolidierten Ergebnisse 2013 sollen in den Folgejahren kontinuierlich bis zur RolloutPhase 2017 bis 2020 erweitert werden. Ergebnisse Die Ergebnisse der UAG Intelligente Netze ergeben sich aus den Aktivitäten ihrer Untergruppen. Alle Projektgruppen und Ebenengruppen haben Ergebnisdokumente vorgelegt. Diese umfassen folgende Inhalte: • Branchenbezogene Zielbilder 2020 Intelligenter Netze, • Handlungsempfehlungen zur Umsetzung Intelligenter Netze 2020, • Branchenübergreifende Synergiepotenziale Intelligenter Netze. Die Ausarbeitung eines gesamtheitlichen, detaillierten Zielbildes und Meilensteinplanes ist ein entscheidender Schritt zu einer gemeinsam verstandenen Perspektive, an der sich alle

Gesundheit

Verkehr

Bildung

Verwaltung

UAG Intelligente Netze

Ebenengruppen Gesellschaftl. Rechtl./ regulat. Business Prozess Technik

UAG Plattformen

Abbildung Ü-3: Matrix-Struktur der Organisation und Arbeitsergebnisse der UAG Intelligente Netze Quelle: UAG Intelligente Netze der AG2 des Nationalen IT-Gipfels, 2013

weiteren Aktivitäten ausrichten. Die Arbeitsthese, dass branchenübergreifende Synergie­ potenziale vorhanden sind, über deren Nutzung Investitionsbedarfe zum Aufbau Intelligenter Netze verringert werden können, scheint den beteiligten Experten valide. Dennoch wird eine vertiefende wissenschaftliche Untersuchung, aufbauend auf den vorliegenden Ergebnissen, empfohlen. Kernaussagen Bislang existierende Anwendungsbeispiele im Bereich Intelligenter Netze bewegen sich in der Regel innerhalb der Silos einzelner Industrien. Dabei liegt ein wesentlicher Mehrwert in der Nutzung von Infrastrukturen und Diensten über Branchengrenzen hinweg. Erst mit einer gemeinsamen Umsetzung entsprechender Anwendungen kann künftig das volle Potenzial Intelligenter Netze ausgeschöpft werden. Branchenübergreifende Herausforderungen beim Aufbau Intelligenter Netze sind:

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AG2-Übersicht

• Frühzeitige Partizipation Um Akzeptanz zu erreichen, muss die Bevölkerung an der Einführung Intelligenter Netze unmittelbar teilhaben und ihre Bedürfnisse berücksichtigt finden. Insbesondere kritische Aspekte des Datenschutzes und der Prinzipien eines umfangreichen Datenaustausches sind verständlich und rechtzeitig zu thematisieren. • Rechtliche/regulatorische Rahmenbedingungen Die bestehenden rechtlichen und regulatorischen Vorgaben behindern zu oft eine ausreichend schnelle und freie Entwicklung der Märkte. Handlungsfelder sind u.a. Ordnungsrahmen für neue Marktrollen, Datenschutz und -sicherheit, Anreizsysteme für Investitionen, Verantwortlichkeiten und Berechtigungen zur Datenbereitstellung. • Neue Investitions- und Business-Modelle Es kommt zu Verschiebungen der Wertschöpfungskettenanteile zwischen etablierten und neuen Marktakteuren. Gleichzeitig stehen dem Bedarf an volkswirtschaftlich notwendigen Investitionen für Multi-Purpose-Infrastrukturen derzeit zu wenig Anreize für eine rein privatwirtschaftliche Umsetzung gegenüber. Es droht die Gefahr einer Dynamik-Bremse. • Integration neuer Marktrollen Die effiziente Umsetzung Intelligenter Netze braucht eine Harmonisierung von unternehmens- und rollenübergreifenden Abläufen. Es fehlt an gemeinsamen Gremien zur Erarbeitung von Prozess-Blueprints. • Forcierte Standardisierung Um einen Leitmarkt zu schaffen, müssen auf nationaler und europäischer Ebene frühzeitige Standards und Normen den Fußabdruck für die globale Positionierung setzen. Deutschland droht den Vorsprung zu verlieren, wenn hier nicht schneller und mit mehr Nachdruck agiert wird. Strategische Ziele zur Umsetzung Intelligenter Netze, die zum Jahr 2020 erreicht sein sollten, sind: • Intelligente Netze sind ein gesellschaftlich gewolltes nationales Projekt. • Es besteht umfassende Rechts- und Investitionssicherheit. • Die Marktarchitekturen ermöglichen den Eintritt neuer Akteure und innovative Geschäftsmodelle. • Effiziente Prozesse gewährleisten Sicherheit und diskriminierungsfreie Interaktion. • IKT ermöglicht das Zusammenspiel bei zunehmender Komplexität. Branchenübergreifende Handlungsempfehlungen: • Institutionalisierung des nationalen Dialogs, • Rahmenbedingungen jetzt richtig setzen, • Gezielte Anschubunterstützung geben, • Gesamtheitlich koordiniertes Vorgehen aufsetzen, • Globale Orientierung als Maßstab verfolgen.

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Mitglieder der Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Dr. Sven Hischke (Leitung)

Thomas Renger (Leitung)

Deutsche Telekom AG

Cisco Systems GmbH

Dr. Christoph Bach

Christoph Legutko

Ericsson GmbH

Intel GmbH

Ansgar Baums

Prof. Dr. Christoph Meinel

Hewlett-Packard GmbH

Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH (HPI)

Bernd Beckert

Claudia Mrotzek

Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI

ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG

Dr. Andreas Breuer

Jens Mühlner

RWE Deutschland AG

T-Systems International GmbH

Marco Brunzel

Dr. Rahild Neuburger

]init[ AG für digitale Kommunikation

MÜNCHNER KREIS Übernationale Vereinigung für Kommunikationsforschung

Guido Burger ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG

Axel Freyberg A. T. Kearney GmbH

Dr. Andreas Gentner Deloitte Consulting GmbH

Prof. Dr. Nico Grove Bauhaus-Universität Weimar

Andreas Hartl Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Dr. med. Klaus Juffernbruch Cisco Systems GmbH

Bernd Klusmann*

Jochen Schwarz Alcatel-Lucent Holding GmbH

Kerstin Straube T-Systems International GmbH

Thilo Többens Deloitte Consulting GmbH

Prof. Dr. Marion Weissenberger-Eibl Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI

Robert A. Wieland TNS Infratest GmbH

Dr. Bernd Wiemann Deep Innovation GmbH

Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Dr. Malthe Wolf

Dr. Peter Knauth

Johannes Wust

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH (HPI)

Gabriele Kotulla* Deutsche Telekom AG

* unterjährig die Mitwirkung beendet

TNS Infratest GmbH

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Projektgruppe Intelligente Energienetze Zielsetzung Die Energiewende ist beschlossen. Die Ausarbeitung eines gesamtheitlichen, detaillierten Zielbildes und Meilensteinplanes für Energie- und IKT-Wirtschaft ist ein entscheidender Schritt zu einer gemeinsam verstandenen Perspektive, an der sich alle weiteren Aktivitäten ausrichten. Wichtig sind insbesondere mit Hinblick auf eine Öffnung, Weiterentwicklung und Erweiterung des bestehenden Marktes klare Rahmenbedingungen und Rollendefinitionen und deren Umsetzung, wie in den strategischen Empfehlungen der AG2 für eine Nationale Strategie Intelligente Netze bis zum Jahr 2020 beschrieben. Die Aktivitäten und Empfehlungen unterschiedlicher Gremien zum Thema sind vielfältig. Was zusätzlich fehlt, ist ein Überblick darüber, wie von der Regierung geförderte Projekte auf die relevanten Strategieebenen einzahlen, um das Gesamtziel 2020 zu erreichen. Die PG verfolgte mit ihrer Arbeit im Jahr 2013 folgende Ziele: • Erarbeitung eines klaren Zielbildes „Intelligente Energienetze 2020“ als Grundlage und Ausgangspunkt für eine Einordnung relevanter Handlungsempfehlungen zur zügigen Umsetzung Intelligenter Energienetze, • Auswertung aktueller Best-Practice-Projekte.

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Projektgruppe Intelligente Energienetze

Ergebnisse 1. Zielbild Intelligente Energienetze 2020 Aufbauend auf ihren Empfehlungen zur Umsetzung Intelligenter Energienetze in Deutschland zum 7. IT-Gipfel in Essen hat die Projektgruppe Intelligente Energienetze im Jahr 2013 an der Formulierung eines gesamtheitlichen, detaillierten Zielbildes 2020 und eines entsprechenden Meilensteinplanes gearbeitet. 2. Aktionsplan Intelligente Energienetze 2020 Abgeleitet aus den Bausteinen des Zielbildes Intelligente Energienetze 2020 hat die Projektgruppe Empfehlungen für erforderliche Maßnahmen zur Zielerreichung bis zum Jahr 2020 erarbeitet. In einem ersten Schritt wurden 120 Handlungsempfehlungen erfasst und zu 83 Maßnahmen gebündelt. Im zweiten Schritt wurden diese nochmals weiter zu 41 Maßnahmen priorisiert und in eine Übersichtsgrafik für den Zeitraum 2014 bis 2020 verortet. 3. Analyse Best-Practice-Projekte im Kontext Intelligenter Energienetze In Ergänzung zu Zielbild und Aktionsplan 2020 wurde eine Analyse von öffentlich geförderten Projekten im Kontext Intelligenter Energienetze vorgenommen. Erreicht wurde ein erster strukturierter Überblick über Themen, die auf den strategischen Ebenen von den Fördergebern vorangetrieben wurden, sowie die Identifizierung von Handlungsfeldern. Der durchgeführten Analyse liegen 2.183 Teilprojekte mit einem Gesamtfördervolumen in Höhe von über 1,6 Milliarden Euro zugrunde. In Summe wurden auf der Grundlage der identifizierten Teilprojekte 89 Förderprogramme und -bekanntmachungen in Hinblick auf den Fördergegenstand bzw. thematische Schwerpunktsetzungen analysiert.

Arbeitsprogramm Kernaussagen Gemäß dieser Zielsetzung verfolgte die Projektgruppe Intelligente Energienetze in 2013 zwei Aktivitätenstränge, deren Ergebnisse wechselseitig aufeinander einzahlen: • Zur Erarbeitung eines Zielbildes „Intelligente Energienetze 2020“ wurden zunächst rele­ vante Trends identifiziert und bewertet. Darauf aufbauend wurde eine inhaltlich vertiefte Diskussion entlang der Ebenen des AG2-Referenzmodells geführt (gesellschaftlich, rechtlich/regulatorisch, Business, Prozess, Technik) und zu einem gemeinsamen Zielbild 2020 konsolidiert. • Im Rahmen einer Best-Practice-Projekt-Analyse sollten relevante Analysekriterien identifiziert und gemäß den Ebenen des AG2-Referenzmodells zugeordnet werden. Die Dokumentation der Ergebnisse soll wesentlichen Input für die Formulierung von Empfehlungen geeigneter Maßnahmen im Rahmen eines Aktionsplans Intelligente Netze 2020 liefern.

• Der für die Energiewende notwendige Umbau der Energieversorgungsinfrastruk­ tur erfordert den Einsatz innovativer IKT-Lösungen. Der verstärkte Einsatz von IKT ist beim Aufbau von Smart Grids essenziell, um den Strombedarf aller Verbraucher intelligent abzuschätzen und auf dieser Basis die Erzeugung und Bereitstellung des Stroms dynamisch anzupassen. • Die Einführung Intelligenter Energienetze erfordert ein kohärentes Vorgehen und ein gesamtheitliches politisches Projektmanagement. Ein entscheidender erster Schritt ist die Erarbeitung und der Beschluss eines umfassenden, branchenübergreifenden, realistischen und verbindlichen Gesamtprojektplans zum zukünftigen IKT-Einsatz in den Energieversorgungssystemen und Energiemärkten.

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AG2-Übersicht

• IKT ermöglicht flexible Geschäftsmodelle und dynamische Angebote im Energie­ markt, die zu Änderungen im Verhalten der Verbraucher führen werden. Wichtig sind insbesondere mit Blick auf eine Öffnung, Weiterentwicklung und Erweiterung des bestehenden Marktes klare Rahmenbedingungen, Rollendefinitionen und deren zügige Umsetzung unter volkswirtschaftlich optimalen Gesichtspunkten. • Intelligente Energienetze bieten auf globalen Märkten bedeutende Chancen. Mit der Energiewende geht Deutschland weltweit voraus und stellt sich großen Herausforderungen in Bezug auf den notwendigen Infrastrukturausbau. Eingebettet in die europäische Energie- und TK-Politik kann Deutschland die internationale Entwicklung forcieren und maßgeblich prägen. • Dringlichste Aufgabe ist es, umgehend geeignete rechtliche Rahmenbedingungen für die Einführung Intelligenter Energienetze zu schaffen. Erforderliche Investitionen brauchen einen verlässlichen rechtlichen und regulatorischen Rahmen, d. h. die fehlenden Verordnungen müssen ohne weitere Verzögerung erlassen werden. Dazu zählt auch die Fortentwicklung einer Anreizregulierung mit dem Ziel, IKT-Investitionen ausreichend zu fördern. Die heutige Anreizregulierung der Strom- und Gasverteilnetze in Deutschland ist hierfür ungeeignet. Über das zugrundeliegende Modell ist politisch zu entscheiden. • Partizipation ist ein wesentlicher Baustein zu einer allgemeinen Akzeptanz Intelli­ genter Energienetze. Ohne breiten gesellschaftlichen Konsens ist ein Umbau des Energiesystems nicht oder nur eingeschränkt möglich. Daher muss unter Federführung der Regierung ein nationaler gesellschaftlicher Dialog aller an der Energiewende Beteiligten und davon Betroffenen vorangetrieben werden. • Im Energiesystem der Zukunft nimmt die Zahl der in den Markt integrierten Teil­ nehmer mit dezentraler Eigenerzeugung und Speicherung zu. Eine wichtige Aufgabe besteht darin, die Rahmenbedingungen für einen Marktplatz für Energiedienstleistungen zu definieren und diesen auszugestalten. Darauf aufbauend ist die Schaffung kommerzieller Märkte für verbrauchsseitige Flexibilität ein weiterer wichtiger Schritt bei der Einführung wirtschaftlich funktionierender Intelligenter Energienetze. 2014 sind Pilotund Schaufensterprojekte zu starten. Diese gehen fließend in den Rollout über. • IKT als Garant von Versorgungszuverlässigkeit verdient in Zukunft besondere Be­ achtung. Die Sicherung der überregionalen System­stabilität nimmt an Bedeutung zu, um die Integration einer steigenden Zahl von Akteuren und erneuerbaren Energien in Verteilnetzstrukturen zu gewährleisten. Zusätzliche Komplexität durch die massiv zunehmende Interaktion ist nur durch einen deutlich höheren Einsatz von IKT zu beherrschen. • Handlungsbedarf zur Anpassung der F&E-Rahmenrichtlinien des Bundes. Öffentlich geförderte Forschungsprojekte im Kontext Intelligenter Energienetze zielen heute vornehmlich auf die technische Ebene, dabei vor allem auf die Entwicklung vorwettbewerblicher Technologien. Für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende und die Einführung Intelligenter Energienetze sind neben der Technik aber auch die Strategie­ebenen Gesellschaft, Recht und Regulierung sowie Business und Prozesse zu berücksichtigen und eine marktnähere Projektförderung zu etablieren.

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Projektgruppe Intelligente Energienetze

Mitglieder der Projektgruppe Intelligente Energienetze Kerstin Straube (Leitung) Deutsche Telekom AG

Dr. Andreas Breuer (Leitung) RWE Deutschland AG

Rolf Adam

Klaus Liepach

Cisco Systems GmbH

T-Systems International

Thomas Baumgartner

Dr. Oliver Motz

Ericsson GmbH

RWE Consulting GmbH

Dr. Jörg Benze

Armin Mrasek

T-Systems Multimedia Solutions

Intel Mobile Communications GmbH

Julia Böhm

Claudia Mrotzek

Deutsche Telekom AG

ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG

Dr. Justus Broß

Jens Mühlner

Alcatel-Lucent Deutschland AG

T-Systems International GmbH

Felix Dembski

Rebekka Porath

Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Intel Mobile Communications GmbH

Bastian Fischer*

MVV Energie AG

ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG

Dr. Oliver Helge Franz RWE Deutschland AG

Wolfgang Heer Bundesverband Glasfaseranschluss e. V. (BUGLAS)

Jürgen Heiß EnBW Operations GmbH

Tobias Kempermann EWE Aktiengesellschaft

Alexander Kleemann Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Bernd Kowalski Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik

Vera Krupinski Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung

Volker Ledig DB Energie GmbH

Christoph Legutko Intel GmbH

* unterjährig die Mitwirkung beendet

Frieder Schmitt Dr. Bernd Sörries Forschungsstelle Mobiles Internet am ITM

Oliver Stahl Entelios AG

Thomas Theisen RWE Deutschland AG

Peter Thomas E.ON Bayer AG

Dr. Kristian Weiland DB Energie GmbH

Dr. Manuel Weindorf GE Energy Germany GmbH

Dr. Andreas Westermeier Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Thomas Wiedemann RWE Deutschland AG

Dr. Fiona Williams Ericsson GmbH

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Projektgruppe Intelligente Gesundheitsnetze

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Ergebnisse

Projektgruppe Intelligente Gesundheitsnetze

Im Rahmen eines kontinuierlichen unterjährigen Arbeitsprozesses hat die Projektgruppe Zielvorstellungen für Intelligente Gesundheitsnetze im Jahr 2020 erarbeitet. Davon abgeleitet wurden Handlungsfelder identifiziert und Vorschläge für Maßnahmen zusammengestellt. Dabei wurden aktuelle Trends im Gesundheitswesen, in der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Erfahrungen aus geeigneten Best-Practice-Projekten berücksichtigt.

Zielsetzung In den letzten zehn Jahren hat sich das Gesundheitswesen dynamisch entwickelt. So sind die Ausgaben um rund 33 % auf 263 Milliarden Euro pro Jahr und die Zahl der im Gesundheitswesen Beschäftigten erheblich gestiegen. Im Zuge der demografischen Entwicklung wird es im Gesundheitswesen infolge des weiter steigenden medizinischen Wissens, der wachsenden Arbeitsteiligkeit der Prozesse in der Versorgung sowie der Veränderung des Umgangs mit Gesundheit in verschiedenen Lebensbereichen und -phasen zu weiteren nachhaltigen Änderungen kommen. Die intelligente Vernetzung im Gesundheitswesen kann Antworten auf eine Vielzahl unserer zukünftigen Herausforderungen geben. Ziel der Projektgruppe ist es, hierfür erforderliche Impulse in der fachlichen und politischen Diskussion zu setzen und zur Umsetzung der Strategie in die Praxis beizutragen.

Arbeitsprogramm Intelligente Gesundheitsnetze haben das Potenzial, einen wichtigen Beitrag zu Innovation, Wachstum und Fortschritt im Gesundheitswesen zu leisten. Neben erfahrbar gemachten Vorteilen der Anwendungen sowie der Demonstration von Machbarkeit und Nutzen kommt der Beschleunigung der Interoperabilität der Anwendungen und Dienste eine herausragende Bedeutung zu. Um eine effiziente und effektive Umsetzung dieser Maßnahmen zu erreichen, erarbeitet die Projektgruppe als Beitrag für einen Nationalen Aktionsplan Empfehlungen zum Aufbau Intelligenter Gesundheitsnetze. Wesentliche Inhalte des Arbeitsprogramms sind: • Erarbeitung einer Zielvorstellung für Intelligente Gesundheitsnetze im Jahr 2020 (einschließlich des Aufzeigens von Nahtstellen zu anderen gesellschaftlichen Bereichen). • Abgeleitet von dieser Zielvorstellung sollen für die Entwicklung eines Aktionsplanes Handlungsfelder identifiziert und beschrieben werden, was bis wann erreicht werden soll, was dafür zu tun ist, welche Prozesse aufgesetzt werden sollten und welche Ressourcen zur Zielerreichung notwendig sind. • Dies soll geschehen unter Berücksichtigung aktueller Trends im Gesundheitswesen und branchenübergreifend in der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der Erfahungen aus geeigneten Best-Practice-Projekten.

Kernaussagen • Aufgrund steigender Lebenserwartung werden die Bürgerinnen und Bürger einen erhöhten Bedarf an medizinischer Behandlungskapazität haben. Gleichzeitig wollen sie eine immer individuellere und selbstbestimmte medizinische Behandlung. E-Health und Telemedizin sind wichtige Eckpfeiler, um eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe Versorgung zu gewährleisten, obwohl regional die Zahl von Ärzten und Pflegekräften aufgrund der demografischen Entwicklung abnimmt. • Mit § 291a SGB V ist eine belastbare rechtliche Grundlage zur Einführung eines Gesundheitsnetzes geschaffen worden. Allerdings bestehen auch weiterhin Hindernisse für einen Ausbau hin zu einem Netz für Gesundheitsdienstleistungen. • Im deutschen Gesundheitssystem steht die Vernetzung der diversen elektro­ nischen Systeme zur besseren Patientenversorgung erst am Anfang. Der erste Schritt war die Ausstattung der Arztpraxen mit Kartenlesern und die Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte mit Chip und Lichtbild an die Versicherten. Bisher fehlen aber Online-Anwendungen für die neue elektronische Gesundheitskarte. Damit ist der Mehrwert gegenüber der alten Krankenversichertenkarte sehr begrenzt. • Der weitere Ausbau der Telemedizin bleibt eine Herausforderung. Bundesweit gibt es mehr als 200 Pilotprojekte, die ausgeweitet und schrittweise in den Regelbetrieb überführt werden müssen. Im Versorgungsstrukturgesetz von 2011 ist eine Roadmap für den flächendeckenden Wirkbetrieb von Telemedizin im Grundsatz festgelegt worden. Diese gesetzlichen Regelungen müssen nun auch von der Selbstverwaltung umgesetzt werden. • Intelligente Gesundheitsnetze bewirken Effizienzgewinne und schaffen neue Wachstumsimpulse für ein flächendeckendes Gesundheits- und Pflegesystem auf höchstem Niveau. Eine intelligente Vernetzung bestehender elektronischer Informa­ tionssysteme erhöht zudem die Qualität der Gesundheitsversorgung. • Der zügige Ausbau medizinischer Mehrwertanwendungen hat weiterhin eine hohe Priorität. Die Anwendungen sind überwiegend bereits in § 291a SGB V festgelegt. Aber auch zehn Jahre nach Verabschiedung der gesetzlichen Grundlagen ist mit dem Wirk­ betrieb einiger Basisanwendungen wie dem Online-Stammdatendienst und der elektronischen Signatur nicht vor Anfang 2015 zu rechnen.

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AG2-Übersicht

• Die technischen Möglichkeiten, die die elektronische Gesundheitskarte bietet, sollten genutzt werden. Immer wieder wurde über die Möglichkeiten der elektronischen Gesundheitskarte als Speicherort für Dokumente wie Notfalldaten, Impfpass, Organspendeausweis, Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht nachgedacht. Die elektronische Gesundheitskarte ist als Speicher in Patientenhand bestens geeignet, dem Anspruch an Datensparsamkeit und Selbstbestimmung des Patienten gerecht zu werden. • Die zügige Umsetzung der Online-Vernetzung Stufe 1 mit dem Online-Versicher­ tenstammdatensatz ist dringend notwendig: Wirkbetrieb in allen deutschen Arztpraxen spätestens 2015, d. h. Rollout der elektronischen Signatur für Ärzte und Aufbau eines Gesundheitsfachberufe-Registers für die nicht-verkammerten Heilberufe. • Die Einführung einer elektronischen Pflegedokumentation für die ambulante, teil­ stationäre und stationäre Pflege muss vorangetrieben werden. Empfohlen wird eine verbindliche Strategie inklusive Zeitplan zur Einführung von elektronischen Fallakten in Kliniken und von Arzneimittel-Therapiesicherheit. • Praktische Umsetzung des Informationsrechts der Patienten durch die elektroni­ sche Kopie gewährleisten. Das Informationsrecht des Patienten darf nicht über hohe Prozesskosten ausgehebelt werden, insbesondere dann nicht, wenn eine kostenneutrale oder jedenfalls sehr kostengünstige Alternative in Form der elektronischen Kopie besteht. Um sicherzustellen, dass das Patientenrecht nicht nur auf dem Papier besteht, sollte daher gerade die elektronische Kopie von Patientendaten gefördert werden. • Hohe Sicherheitsstandards in der Gesundheits-IT sind ohne spezialisierte Dienst­ leister nicht zu gewährleisten. Mehr Rechtssicherheit beim IT-Outsourcing erfordert eine Anpassung gesetzlicher Regelungen an den aktuellen Stand der Technik. Die weitreichende Regelung zur ärztlichen Verschwiegenheitspflicht nach § 203 Strafgesetzbuch (§ 203 StGB) behindert den Wettbewerb im Gesundheitsnetz. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum externe IT-Dienstleister insoweit nicht als Gehilfen im Sinne von § 203 StGB behandelt werden. • Die am Behandlungsprozess beteiligten Professionen werden infolge zunehmend arbeitsteiliger Prozesse zunehmend auch vernetzt arbeiten. Die Vernetzung der am Behandlungsprozess Beteiligten muss sowohl intrasektoral als auch intersektoral ermöglicht werden. Dies bedingt den offenen Zugang zu interoperablen Systemen und die Verfügbarkeit der für den Behandlungsprozess erforderlichen Daten, und zwar für alle am Versorgungsprozess Beteiligten, sofern sie diese Daten für die Behandlung benötigen. • Mit Assistenz- und Kommunikationssystemen können medizinische Leistungen auf hohem Sicherheitsniveau nun auch durch Assistenzpersonal erbracht werden. Die entsprechenden Berufsordnungen und ggf. auch Gesetze müssen an diese Möglichkeiten angepasst werden und gleichzeitig den Rahmen für Delegation und Verantwortungsübernahme unter Nutzung neuer IT-Systeme definieren.

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Projektgruppe Intelligente Gesundheitsnetze

Mitglieder der Projektgruppe Intelligente Gesundheitsnetze Dr. med. Klaus Juffernbruch (Leitung) Cisco Systems GmbH

Andreas Hartl

Gäste:

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Univ.-Prof. Dr. Gernot Marx Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Universitätsklinikum der RWTH Aachen

Dr. Pablo Mentzinis Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Ekkehard Mittelstaedt Bundesverband Gesundheits-IT e. V. (bvitg e. V.)

Jens Mühlner T-Systems International GmbH

Melanie Taprogge T-Systems International GmbH

Dr. Ralf von Baer Robert Bosch Healthcare GmbH

Mina Ahmadi Bundesministerium für Gesundheit

Nino Mangiapane Bundesministerium für Gesundheit

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Projektgruppe Intelligente Verkehrsnetze

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Projektgruppe Intelligente Verkehrsnetze

Die Projektgruppe hat dabei in intensiven Diskussionen zu Beginn zehn Themen erarbeitet. Um eine Fokussierung zu erzielen und gleichzeitig die Einordnung in die Strategieebenen der AG2 zu ermöglichen, wurden zu Beginn zehn Themen in Bezug auf die Gewichtung der einzelnen Strategieebenen nach ihrer Ausprägung bewertet. Als Hilfsmittel wurde hierzu eine anonymisierte Online-Befragung unter Experten der mitwirkenden Unternehmen durchgeführt. Die Befragung ermöglichte es, Gesamtausprägungen sowie eine anschließende Eingrenzung je Strategieebene zu erzielen.

Zielsetzung Kernaussagen Im IT-Gipfel-Jahr 2012 war die PG Intelligente Verkehrsnetze in einer gemeinsamen PG mit den Themen Verkehr, Bildung und Verwaltung organisiert. Mit dem Jahr 2013 wird sich die PG Intelligente Verkehrsnetze in der neuen Organisationsstruktur der AG2 als selbstständige Expertenrunde den verkehrstechnischen Herausforderungen und Aufgaben widmen. Zudem erhält die PG eine deutliche Verstärkung durch DB Personenverkehr und den CoLead der Schenker Deutschland AG gemeinsam mit BITKOM. Die Arbeit der Projektgruppe soll sich insbesondere mit Themen der Verkehrssicherheit und der Verkehrseffizienz (z. B. Reduzierung und Verlagerung von Verkehr, Verkehrsprognosen, Potenziale individueller intermodaler/vernetzter Mobilität) sowie Themen rund um Open-Data, Datennutzungsverträgen und standardisierten Daten- und Transaktionsschnittstellen auseinandersetzen. Allesamt unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung von Intelligenten Verkehrsnetzen.

Arbeitsprogramm Für die Intelligenten Verkehrsnetze der Zukunft identifiziert die Expertengruppe aktuelle Trends auf unterschiedlichen Ebenen, z. B. Gesellschaft oder Technik, und formuliert daraus über einzelne Arbeitsschritte Zielbilder und Handlungsfelder für die Intelligenten Verkehrsnetze der Zukunft. Aus diesen Zielbildern und Handlungsfeldern werden anschließend qualifizierte und quantifizierbare Maßnahmen zur Erreichung abgeleitet und näher beschrieben.

Ergebnisse Ausgangspunkt der Arbeit der Projektgruppe Intelligente Verkehrsnetze im Jahr 2012 war zunächst eine Bestandsaufnahme der Ist-Situation. Im Rahmen der Expertendiskussionen der Projektgruppe Intelligente Verkehrsnetze wurden Zielbilder und Maßnahmen 2020 im Kontext eines sicheren, effizienteren und verlässlicheren Verkehrs diskutiert und definiert.

• Gesamtvernetzung statt Insellösungen Die Individualverkehre, Transportverkehre und der Öffentliche Personennahverkehr sind innerhalb ihrer Domänen gut vernetzt. Die Vernetzung der Domänen untereinander muss jedoch weiter ausgebaut werden. Alle Verkehrsbetreiber müssen – eingebettet in eine Deutschland-Architektur – über standardisierte Schnittstellen die notwendige Echtzeitinformation zu Verspätung, Stau, Kapazität etc. zur Verwendung durch Mobilitätsintegratoren bereitstellen. Hierfür ist eine Anbindung aller verfügbaren Verkehrsdatenquellen der öffentlichen Hand und der privaten Wirtschaft an einen Verkehrsdatenmarktplatz u. a. durch Förderung der MDM-Initiative. • Deutschland könnte Vorreiter bei einem intermodalen Verkehrsdaten-Verbund­ system werden. Die konsequente Vernetzung von Güter- und Transportverkehr mit Individualverkehr würde die Infrastruktur optimal ausnutzen. Deutschland verfügt über eines der fortschrittlichsten LKW-Mautsysteme weltweit. Die im internationalen Vergleich gut ausgebaute Infrastruktur und Menge an vorhandenen Verkehrsdaten bieten erhebliche Potenziale, die durch eine Veränderung von rechtlichen Rahmenbedingungen vollständig ausgeschöpft werden können. • Traffic statt Beton Der Straßenbau alleine ist keine Lösung. Eine flächendeckende, IKT-basierte TelematikInfrastruktur (Funknetze zur Unterstützung von Verfahren und Prozessen der Priorisierung, Verkehrsmanagement usw.) gewährleistet die reibungslose Abwicklung von Handelsströmen auf nationaler und internationaler Ebene. Verbraucher profitieren dadurch von kürzeren Lieferzeiten und kostengünstigeren Transportbedingungen. • Für eine effiziente Entwicklung von Funktionen und Mobilitätsdienstleistungen, muss die Infrastruktur für die Kommunikation mit den Verkehrsteilnehmern wei­ terentwickelt werden. Die Verfügbarkeit, Verlässlichkeit und Qualität von Mobilitätsdaten ist dafür notwendige Grundlage. Diese Voraussetzungen sind heute noch nicht flächendeckend erfüllt. Dienste für eine intelligente Mobilität nutzen einen vernetzten Datenaustausch durch

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Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Projektgruppe Intelligente Bildungsnetze

Einsatz von IT (Cloud, Open Data etc.) und moderner Kommunikationstechnologie. Dafür brauchen sie Plattformen zum Austausch von Informationen und Transaktionen von Mobilitätsdaten der öffentlichen Hand und von privatwirtschaftlichen Betreibern von Verkehrsträgern. • Die voranschreitende Urbanisierung erfordert neue Mobilitätskonzepte für Stadt und Land. Der Weg zur individuellen Intermodalität wird mit steigendem Stellenwert des Austauschs und der Bedeutung von Verkehrsdaten einhergehen.

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Projektgruppe Intelligente Bildungsnetze Zielsetzung

Mitglieder der Projektgruppe Intelligente Verkehrsnetze Lothar Rosenkranz (Leitung) Schenker Deutschland AG

Ralf Grigutsch (Leitung) T-Systems GEI GmbH für BITKOM e. V.

Jörg Braner

Dr. Rahild Neuburger

Siemens AG Infrastructure & Cities Sector Mobility and Logistics Division IC MOL TI

MÜNCHNER KREIS Übernationale Vereinigung für Kommunikationsforschung

Guido Burger

Dr. Bernd Pfitzinger

ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG

Toll Collect GmbH

Dr. Florian Eck

Gerd Riegelhuth

Deutsches Verkehrsforum e. V.

Hessen Mobil, Straßen- und Verkehrsmanagement

Dr. Norbert Handke

Dr.-Ing. Michael Schraut

IT S Network Germany e. V.

BMW Forschung und Technik GmbH

Julia Hetz

Dr. Peter Wagner

Siemens AG Infrastructure & Cities Sector Mobility and Logistics Division IC MOL TI IS

Deutsches Institut für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), Institut für Verkehrssystemtechnik

Bernd Klusmann

Markus Wartha

Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Power Providing GmbH

Thomas Köhler DB Mobility Logistics AG

Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Karin Loidl

Erik Wirsing

Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS

Schenker Deutschland AG

Dr. Bernt Mester

Reiner Wünsch

BLG Logistics Goup AG & Co. KG

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Ronaldo Mies Institut für Rundfunktechnik

Johannes Weichsel

Die Projektgruppe Intelligente Bildungsnetze konzentriert sich auf drei Fragen: • Wie können digitale Technologien Qualität und Effizienz der Lehre an Hochschulen verbessern? • Welche Treiber, welche Hindernisse existieren auf dem Weg zu einem Intelligenten Netz für die Hochschullehre? • Wie kann ein solches Intelligentes Netz für die Hochschullehre aufgebaut werden? Ziel der Projektgruppe ist es, ein gemeinsames Verständnis mit den Hochschulen in Deutschland über Möglichkeiten und Grenzen eines Intelligenten Bildungsnetzes zu erzielen und eine konkrete politische Agenda zu formulieren.

Arbeitsprogramm Die Projektgruppe hat im Dezember 2012 ein Thesenpapier zu Zielen, Herausforderungen und Umsetzungsmöglichkeiten einer Deutschen Hochschul-Cloud (DHC) veröffentlicht. Die DHC ist als Infrastruktur für den Lehrbetrieb an Hochschulen konzipiert. Sie steht damit neben den in Hochschulen installierten Campus-Management-Systemen und IT-Infrastrukturen, die dem Forschungsbetrieb dienen. Deutsche Hochschulen haben erste Programme zur Verbesserung der Lehre durch digitale Technologien implementiert. Es fehlen jedoch eine übergreifende Vision und Kooperationsstrukturen, um skalierbare Lösungen umzusetzen. Das Thesenpapier der Projektgruppe analysiert Treiber der Veränderung sowie Hindernisse. Phase 2 der Projektarbeit konzentriert sich auf die Stakeholder-Kommunikation. Durch Workshops, Vorträge und Gesprächsrunden wurden die Thesen des Konzeptpapiers getestet und modifiziert. Ziel war es, die unterschiedlichen Perspektiven auf ein intelligentes Hochschulnetz besser zu verstehen. Dieser Dialog mit den Stakeholdern leitet unmittelbar in Phase 3 über – der Definition einer konkreten politischen Agenda zum Aufbau eines intelligenten Netzes für die Hochschullehre. Die Agenda identifiziert die wichtigsten Stellschrauben, die seitens Bund und Länder die Entwicklung der Hochschulen beeinflussen.

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AG2-Übersicht

Ergebnisse Die Projektgruppe Intelligente Bildungsnetze hat sich mit der Frage beschäftigt, wie digitale Technologien Studium und Lehre sowie die Weiterbildung an deutschen Hochschulen verändern werden und wie sich die Hochschulen auf diesen Wandel einstellen können. Diese Fragestellung ist relevanter denn je. Hochschulen stehen heute vor zahlreichen Herausforderungen – ein Intelligentes Bildungsnetz ist kein „Allheilmittel“, trägt aber zur Stärkung des Hochschulstandortes Deutschland bei. Folgende Ergebnisse wurden 2013 erarbeitet: • Durchführung kontinuierlicher unterjähriger Sitzungen. • Durchführung eines Workshops zur Erarbeitung , Kommentierung und Ergänzung eines Policy-Briefs der Projektgruppe durch Experten aus Hochschule (Wissenschaft, Service-Zentren, IT-Infrastruktur) und IT-Wirtschaft als erste Stufe des Prozesses der Partizipation der staatlichen und privaten Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland. • Durchführung eines Workshops „Intelligente Bildungsnetze. • Hintergrund, Konzeption, Strategie“ auf der Fachveranstaltung „Campus Innovation“. • Formulierung eines Zielbildes Intelligente Bildungsnetze 2020 und Formulierung von Handlungsempfehlungen für ein Intelligentes Hochschulnetz im Rahmen eines 7-PunktePlans.

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Projektgruppe Intelligente Bildungsnetze

Fakultäts-, Hochschul- oder Landesebene einfließen lassen können. Damit würden die Fördermittel nicht nur eine Anreizfunktion für die beantragenden Hochschullehrer bzw. deren Hochschule im Sinne der Drittmitteleinwerbung ausüben, sondern im Hochschulsystem verbleiben. • Einrichtung von Kompetenzzentren. Zur Forcierung interdisziplinärer, anwendungsorientierter Forschung und Entwicklung schlägt die Projektgruppe auf Basis eines Bund-Länder-Abkommens die Einrichtung nationaler thematischer Kompetenzzentren vor. • Handlungsempfehlungen/Sieben-Punkte-Plan: –– Anpassung des hochschulrechtlichen Rahmens auf Bund- und Länderebene, –– Bereitstellung eines strukturell verankerten, zweckgebundenen Gesamtbudgets durch Bund und Länder in Höhe von 150 Millionen Euro pro Jahr, –– Festlegung urheberrechtlicher Bedingungen, –– Anpassung und Vereinheitlichung von Datenschutz-Regeln, –– Förderung eines offenen E-Learning-Ökosystems, –– Aufstellung von Kooperationsregeln, –– Innovationspolitische Beratung des Bundes in der digitalen Aus- und Weiterbildung.

Mitglieder der Projektgruppe Intelligente Bildungsnetze Kernaussagen • Deutschland steht bei Intelligenten Bildungsnetzen am Anfang. Die Projektgruppe sieht eine hohe politische Notwendigkeit, einen Schwerpunkt bei der Weiterentwicklung Intelligenter Bildungsnetze zu setzen. Bei allen existierenden Projekten handelt es sich um regional fokussierte Ansätze mit begrenztem Wirkungskreis und klar umrissen Aufgabenstellungen für die Hochschulen der Region bzw. des jeweiligen Bundeslandes. • Gemeinsame Finanzierung durch Bund und Länder. Wir schlagen eine gemeinsame Finanzierung des Intelligenten Hochschulnetzes durch Bund und Länder vor. • Anreize für die Digitalisierung von Inhalten und Aufbau von Hochschulkooperati­ onen. Bereitgestellte Gelder sollten in der ersten Phase vor allem in die Schaffung von Anreizen für die Digitalisierung von Inhalten für Studium und Weiterbildung sowie in den Aufbau von Hochschulkooperationen fließen. Für die Umsetzung dieser Content-Förderprojekte würden die Hochschullehrer mit finanziellen Mitteln ausgestattet, die sie wiederum in bestehende Support-Strukturen zur digitalen Content-Entwicklung auf

Ansgar Baums (Leitung) Hewlett-Packard GmbH

Prof. Dr. habil. Christoph Igel (Leitung) Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI)/ Centre for e-Learning Technology (CeLTech)

Dr. David Deißner

Dr. Lutz P. Michel

Vodafone Institut

MMB – Institut für Medien- und Kompetenzforschung

Dr. Marc Göcks

Dr. Stephan Pfisterer

Multimedia Kontor Hamburg

Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Prof. Dr. Martin Haag Hochschule Heilbronn

Prof. Dr. Bernd Krämer FernUniversität in Hagen

Dr. Paul Rühl Virtuelle Hochschule Bayern

Dr. Volker Zimmermann imc information multimedia communication AG

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Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Projektgruppe Intelligente Verwaltungsnetze

Zielsetzung Die Digitalisierung unserer Gesellschaft schreitet weiter voran. Entsprechend der generellen Infrastrukturverantwortung des Staates sind Politik und Verwaltung derzeit in mehrfacher Hinsicht gefordert, geeignete Rahmenbedingungen für die systematische Erschließung der Nutzenpotenziale der neuen Technologien bei gleichzeitiger Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit zu schaffen. Dies betrifft alle Bereiche öffentlicher Infrastrukturen, einschließlich des föderal und arbeitsteilig sehr ausdifferenzierten Systems der öffentlichen Verwaltung im engeren Sinne. Ziel der Projektgruppe Intelligente Verwaltungsnetze ist es, ein konsistentes Zielbild sowie erste Lösungsansätze bzw. Nutzenszenarien für die umfassende informationstechnische Vernetzung von Daten und Diensten im Bereich der öffentlichen Verwaltung zu erarbeiten.

Arbeitsprogramm Im Rahmen der Arbeit der Projektgruppe Intelligente Verwaltungsnetze sollen aktuelle Handlungs-schwerpunkte des E-Government (auf unterschiedlichen föderalen Ebenen) sowie innovative Lösungsideen aus Wirtschaft und Wissenschaft in die konzeptionellen Ansätze sowie das methodische Bezugssystem der Intelligenten Netze eingearbeitet werden. Dabei sollen aufbauend auf entsprechenden Vorarbeiten (z. B. des Nationalen Normenkontrollrates) bzw. innovativen Pilotprojekten (wie X-Trans.eu) nach Möglichkeit ebenen- und ressortübergreifende Nutzenpotenziale für den Standort Deutschland herausgearbeitet werden. Vielfach hängt die konkrete wirtschaftliche Tätigkeit von Unternehmen vom Zusammenwirken einer Vielzahl von Behörden ab. So müssen im Bereich der Genehmigung von Schwerlasttransporten beispielweise eine Vielzahl von statischen und dynamischen Daten unterschiedlicher Gebietskörperschaften zusammengeführt und durch das Logistikunternehmen aufwendig analysiert bzw. aufbereitet werden. Hier stellt sich z. B. die Frage, wie auf der Grundlage eines Intelligenten Verwaltungsnetzes Informationen aus verschiedene

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Projektgruppe Intelligente Verwaltungsnetze

Datenbanken sowie angereichert um Echtzeit-Daten von Sensoren und verbundenen ITSystemen automatisiert zusammengeführt, analysiert und visualisiert werden können. Dabei gilt es Aspekte von Open Data und Big Data zu berücksichtigen sowie einen engen Informationsaustausch mit der Projektgruppe Intelligente Verkehrsnetze zu realisieren. Das Arbeitsprogramm der PG Intelligente Verwaltungsnetze sollen in enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe 3 des IT-Gipfels „Innovative Angebote des Staates“ bearbeitet werden. Die Zusammenarbeit konzentriert sich dabei in besonderer Weise auf die UAG Erprobungsräume sowie die UAG Infrastruktur. Beide Arbeitsgruppen beschäftigen sich aus verschiedenen Perspektiven ebenfalls mit innovativen Vorhaben P23R bzw. innovativen Lösungsszenarien im Bereich des Großraum- und Schwerlastverkehrs.

Ergebnisse Die Projektgruppe hat in enger Abstimmung mit der AG3 „Innovative IT-Angebote des Staates“ Zielbilder Intelligenter Verwaltungsnetze 2020 und entsprechende Handlungsempfehlungen zur Umsetzung erarbeitet.

Kernaussagen • Eine effizient arbeitende Verwaltung wird auch in Zukunft eine herausragende Be­ deutung für den Standort Deutschland haben. In den kommenden Jahren wird es darauf ankommen, die richtigen Akzente zu setzen. Dies betrifft nicht nur Maßnahmen im Bereich der IKT-Förderung bzw. hinsichtlich des Aus- und Umbaus öffentlicher Infrastrukturen, sondern auch hinsichtlich der digitalen Modernisierung bzw. Transformation der öffentlichen Verwaltung. • Digitale Technologien und ihre Vernetzung bilden eine neue Kulturtechnik. Diese haben weitreichende Implikationen für die persönliche und geschäftliche Kommunikation und damit für grundlegende Organisationsmuster in diversen gesellschaftlichen Teilbereichen. • Staat und Verwaltung stehen vor der Herausforderung, im gesamtgesellschaftli­ chen Maßstab optimale Rahmenbedingungen für die digitalen Wandel zu schaf­ fen. Die digital vernetze Gesellschaft (E-Society) erfordert neue Kompetenzen und ermöglicht vielfältige neue Arbeits- und Organisationsformen sowie Geschäftsmodelle. Staat und Verwaltung müssen die Vorteile von Digitalisierung und Vernetzung für die gesellschaftliche Entwicklung optimal nutzen und damit verbundene Bedrohungen bzw. Gefahren vermeiden oder zumindest minimieren. Dazu gehört auch die Aufgabe, die öffentliche Verwaltung sowie die öffentlichen Infrastrukturen an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen.

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Ebenengruppe Gesellschaft

• Signifikante Effizienzeffekte lassen sich nur auf der Basis durchgängig elektro­ nisch unterstützter Prozesse erzielen. Der Standardisierung von Schnittstellen zu Daten, Diensten und Regeln kommt bereits heute eine herausragende Bedeutung zu (vgl. Standardisierungsagenda des IT-Planungsrates, XÖV, P23R). Auch durch die Einbindung privater Akteure kann die öffentliche Verwaltung deutlich entlastet werden. Eine höhere Prozessautomatisierung senkt die Bürokratiekosten der Wirtschaft sowie gleichzeitig die Kosten des Verwaltungsvollzugs auf Seiten der öffentlichen Verwaltung. • Die Förderung von Open Government und der Schutz personenbezogener Daten bzw. kritischer Infrastrukturen sind zwei Akzente einer digitalen Standortpolitik. • Digitalisierung eröffnet neue Formen des gesellschaftlichen Engagements (E-So­ ciety). Auf Grundlage digitaler Daten sowie einer umfassenden informationstechnischen Vernetzung können auch im öffentlichen Sektor nicht nur bestehende Prozesse signifikant optimiert, sondern – aufbauend auf dem normativen Leistungszweck – sogar gänzlich neue Kooperations- und Geschäftsmodelle konzipiert und umgesetzt werden. • Es fehlen noch immer wesentliche Voraussetzungen für den Aufbau zeitgemäßer Online-Angebote des Staates. Trotz insgesamt hoher jährlicher Ausgaben für IT bilden durchgängige verwaltungsübergreifende Prozesse nach wie vor die Ausnahme. Es fehlt bis heute an einer konsistenten Methodenbasis sowie an konkreten Erprobungsräumen für die zielgerichtete Identifizierung und Qualifizierung organisatorischer Gestaltungspotenziale auf der Grundlage vernetzter Informations- und Kommunikationstechnologien im Bereich der öffentlichen Verwaltung.

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Ebenengruppe Gesellschaft Zielsetzung Ziel der Ebenengruppe ist es, eine übergreifende Sicht auf die Ergebnisse und Kernaussagen der fünf Projektgruppen der UAG Intelligente Netze auf der gesellschaftlichen Ebene zu schaffen. Darauf aufbauend wird der Frage nachgegangen, welche branchenübergreifenden Synergiepotenziale sich auf der gesellschaftlichen Ebene zur Umsetzung Intelligenter Netze bis zum Jahr 2020 erschließen lassen.

Ergebnisse • Durchführung mehrerer Workshops und Telefonkonferenzen der Ebenen-Verantwortlichen der jeweiligen Projektgruppen der UAG Intelligente Netze, • Abschlussdokument „Die Gesellschaftliche Dimension: Transformation als gesellschaftliche Herausforderung, Chance und Gestaltungsaufgabe“.

Mitglieder der Projektgruppe Intelligente Verwaltungsnetze Marco Brunzel (Leitung)

Dr. Pablo Mentzinis (Leitung)

]init[ AG für digitale Kommunikation

Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Wolfgang Bauer

Dr. Andreas Herschel

Bayrisches Landesamts für Finanzen

SAP Deutschland AG & Co. KG

Macel Boffo

Dr. Sönke E. Schulz

Ministerium des Innern und für Sport

Lorenz-vonStein-Institut für Verwaltungswissenschaften an der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel

Dr. Christine Brockmann Metropolregion Rhein-Neckar GmbH

Dr. Andreas Engel Stadt Köln

Dr. Katrin Sobania Deutscher Industrie und Handelskammertag e. V.

Kernaussagen Für Deutschland eröffnet die fortschreitende Digitalisierung und Vernetzung bedeutende Chancen, stellt jedoch gleichzeitig eine bedeutende gesellschaftliche Herausforderung dar. • Personalisierung/Individualisierung Die fortschreitende Digitalisierung eröffnet umfassende Möglichkeiten der Personalisierung. Personalisierung eröffnet neue Möglichkeiten, setzt jedoch Akzeptanz und Vertrauen voraus. Vertrauen und Akzeptanz setzt wiederum Kompetenz im Umgang voraus. Dies muss erlernt werden. • Automatisierung Mit zunehmender Vernetzung steigt die Komplexität und Fehleranfälligkeit. Neben der Begegnung subjektiver Ängsten im Umgang mit IKT (siehe Personalisierung) gilt es, erhöhte Aufmerksamkeit für den Schutzbedarf kritischer Infrastrukturen aufzubauen. Blinde Technikbegeisterung führt hier nicht weiter. Es geht um Resilienz/Robustheit, aber auch um intensive Beschäftigung mit Fragen der Not- und Ausfallplanung.

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• Netzinfrastruktur/IT-Sicherheit Leistungsfähige und sichere Kommunikationsnetze sind grundlegende Voraussetzung und Basisinfrastruktur für Wirtschaft und Gesellschaft. Konnektivität und Verfügbarkeit dieser Netzinfrastruktur sind ebenso entscheidend wie Verlässlichkeit, Integrität und Sicherheit. • Innovation/Adaption Innovative Konzepte und Vorgehensweisen benötigen Räume, in denen sie entwickelt, erprobt und evaluiert werden können. Dies ist auch eine politische Gestaltungsaufgabe. Im Gegensatz zu isolierten Pilot- und Leuchtturmprojekten ermöglicht diese Kooperationsform eine umfassende Betrachtung und Berücksichtigung komplexer Herausforderungen bei der Entwicklung innovativer IT-Infrastrukturen sowie darauf aufsetzenden neuen Produkten und Dienstleistungen. • Aus- und Weiterbildung Digitalisierung verändert alle Infrastrukturbereiche. Vielfach sind neue Kompetenzen erforderlich. Es besteht Anpassungsbedarf der Aus- und Weiterbildung in allen Infrastrukturbereichen.

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Ebenengruppe Recht/Regulierung

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Ebenengruppe Recht/Regulierung

Zielsetzung Ziel der Ebenengruppe ist es, eine übergreifende Sicht auf die Ergebnisse und Kernaussagen der fünf Projektgruppen der UAG Intelligente Netze auf der rechtlichen/regulatorischen Ebene zu schaffen. Darauf aufbauend wird der Frage nachgegangen, welche branchenübergreifenden Synergiepotenziale sich auf der rechtlichen/regulatorischen Ebene zur Umsetzung Intelligenter Netze bis zum Jahr 2020 erschließen lassen.

Ergebnisse Mitglieder der Ebenengruppe Gesellschaft Marco Brunzel (Leitung) ]init[ AG für digitale Kommunikation

Ansgar Baums Hewlett-Packard GmbH

Univ.-Prof. Dr. Gernot Marx Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Universitätsklinikum der RWTH Aachen

Markus Wartha Power Providing GmbH

Dr. Andreas Westermeier Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Robert A.Wieland TNS Infratest GmbH

• Durchführung mehrerer Workshops und Telefonkonferenzen der Ebenen-Verantwortlichen der jeweiligen Projektgruppen der UAG Intelligente Netze, • Abschlussdokument „Synergiepotenziale Intelligenter Netze auf der rechtlichen/regulatorischen Ebene: Netzübergreifende Rahmenbedingungen und modulare Ansätze“.

Kernaussagen Die fünf Sektoren Energie, Verwaltung, Gesundheit, Bildung und Verkehr haben jeweils ihren eigenen historisch gewachsenen Rechtsrahmen. Auf dem Weg zu Intelligenten Netzen können Synergien gehoben werden, indem für netzspezifische Herausforderungen übergreifende Lösungen gefunden werden. Gemeinsamkeiten bestehen vor allem bei der Frage des Umgangs mit den anfallenden Daten, dem Infrastrukturaufbau und den jeweiligen Governance-Strukturen. Bei den fünf Intelligenten Netzen sollte ein Auseinanderdriften des regulatorischen Rahmens von Anfang an vermieden werden. Durch einen übergreifenden, modularen und abgestuften rechtlichen Rahmen sollen ungewollte Inkompatibilitäten zwischen den Netzen vermieden werden. Ansatzpunkte hierfür sind:

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AG2-Übersicht

• Datenzugangs- und Datenbereitstellungskonzepte. Der Austausch von Daten zwischen den Akteuren der Intelligenten Netze sollte einfach, vertrauenswürdig und sicher sein. Ein Nutzer muss einfach und sicher definieren können, wie er bestimmte Daten interessierten Akteuren bereitstellt und andere geheim hält, etwa Informationen für Bezahlvorgänge. Datendrehscheiben, über die er Daten zur Verfügung stellt, sollten offen für eine Verwendung in allen fünf Netzen sein. Ein Zugriff unberechtigter oder unerwünschter Dritter wie etwa Behörden oder Arbeitgeber muss technisch und rechtlich ausgeschlossen sein. Es muss stets eine Datenhoheit des Bürgers geben, ohne ihn bei Verwendung seiner Daten einzuschränken. • Datensicherheit. Aufgrund der teilweise sensiblen Natur der in Intelligenten Netzen verwendeten Daten sind häufig spezifische Datensicherheitsstandards rechtlich festzuschreiben. Hierbei sollte der Gefahr begegnet werden, dass netzübergreifende Kommunikation unmöglich wird, weil trotz faktisch identischem Schutzniveau zwei rechtliche Datensicherheitsregime (zufällig) inkompatibel sind. Für die Netze sollte ein einheitliches, auf das jeweilige Netz anpassbares Regime von Sicherheitsstandards etabliert werden. • Maßgeschneiderter Infrastrukturaufbau. Die Intelligenten Netze gehören zur Infrastruktur der Zukunft. Sie unterscheiden sich von den klassischen Infrastrukturen wie Straßenverkehrsnetzen. Ein Rollout kann weder rein staatlich getrieben sein, noch sollte auf eine rein privat getriebene Marktdurchdringung vertraut werden. Wo ein erster Markt staatlich in Gang gesetzt werden muss, sollte dies nicht nach dem Gießkannenprinzip geschehen. Es sollten vielmehr jeweils die Akteure in Anspruch genommen werden, die als Pioniere des neuen Netzes schnell Nutzen erwarten können und bei denen keine sensiblen Daten anfallen. • Föderalismus und Netze. Föderalismus im Sinne einer echten Konkurrenz der Rechtssysteme und funktionierende Netze schließen sich teilweise aus. Erfolgreiche Netze wachsen aus der Interaktion ihrer Nutzer. Bedingung ist ein einheitlicher Kernbestand an Designprinzipien und ein hohes Maß an Standardisierung. Bei den Netzen sollten die grundlegenden rechtlichen Regeln daher bundeseinheitlich festgelegt werden. Hierauf aufbauend können und sollen sich dann regionale Unterschiede ausprägen, ohne dass diese zu Inkompatibilitäten führen. • Allgemeiner und sektorspezifischer Datenschutz. Ein effektiver Datenschutz ist für Intelligente Netze unverzichtbar. Wo es notwendig wird, neben den allgemeinen Regeln auch sektorspezifische Regeln aufzustellen, sollten diese vergleichbar den Datensicherheitsvorschriften auf einer einheitlichen Systematik aufbauen, die sich an der Sensibilität der Daten und nicht dem jeweiligen Sektor orientiert.

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Ebenengruppe Recht/Regulierung

• Effektive Governance-Strukturen. Bei der Etablierung der Intelligenten Netze müssen verschiedenste, oft unübersichtliche Stakeholdergruppen involviert werden. Die Governance-Struktur der Netze sollte vielen Gruppen offenstehen. Hierzu sollte der Aufbau des jeweiligen Netzes auf einer (nationalen) Plattform koordiniert werden. Solche Plattformen sollten allen interessierten Gruppen offenstehen und können perspektivisch nach Aufbau der Netze die laufende Governance der Netze organisieren.

Mitglieder der Ebenengruppe Recht/Regulierung Felix Dembski (Leitung) Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Ansgar Baums Hewlett-Packard GmbH

Marco Brunzel ]init[ AG für digitale Kommunikation

Dr. Pablo Mentzinis Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Dr. Sönke E. Schulz Lorenz-vonStein-Institut für Verwaltungswissenschaften an der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Ebenengruppe Business

• Durchführung mehrerer Workshops und Telefonkonferenzen der Ebenen-Verantwortlichen der jeweiligen Projektgruppen der UAG Intelligente Netze, • Abschlussdokument „Die Business-Ebene: Intelligente Netze als Geschäftsmodell der Zukunft“.

und Beschäftigtenzahl binnen drei Jahren nahezu verdoppeln werden von heute circa 600 Millionen Euro auf circa 1 Milliarde Euro bzw. von circa 5.600 auf circa 10.000 Beschäftigte.* • Als eines der größten Infrastrukturprojekte der deutschen Geschichte bieten Intel­ ligente Netze enorme Chancen, das tägliche Leben der Bürger nachhaltig und posi­ tiv zu verändern, sei es durch weniger Staus oder Benzinkosten, eine raschere und effizienter Gesundheitsversorgung, neue Bildungsmöglichkeiten, reibungslosere Interaktion mit Behörden und Verwaltung oder durch Einsparungen bei der monatlichen Strom- und Gasrechnung. All dies sind sehr konkrete und unmittelbar für jeden erfahrbare Nutzenelemente, die gesamthaft zu einem sehr hohen Wohlfahrtsgewinn führen können – mit den damit verbunden Chancen für die deutsche Volkswirtschaft und Exportindustrie. • Es fehlt die strategische Sicht auf branchen- und anwendungsübergreifende Vo­ raussetzungen. Bislang wurde der Auf- und Ausbau von Intelligenten Netzen in der öffentlichen Diskussion hauptsächlich anhand abgegrenzter Anwendungsbereiche wie z. B. Smart Grids im Energiebereich diskutiert. • Es bedarf der Meisterung von gewichtigen Herausforderungen wie z. B. der Definition branchenübergreifender Zusammenarbeitsmodelle, der Definition und internationalen Abstimmung neuer Rechtsrahmen und Standards, der Umsetzung einer umfassenden Datenschutzstrategie sowie der Sicherstellung nötiger Investitionsförderungen. Für all diese Bereiche braucht es vor allem einen starken Staat, der die Zeichen und Potenziale der Zukunft erkennt, als Change Agent agiert und aus der Vision Realität werden lässt – durch Erklärung des Bereiches „Intelligente Netze“ zur nationalen Priorität, verbunden mit der Entschlossenheit zur unbedingten Umsetzung.

Kernaussagen

Auf der Business-Ebene wurden Zielbildbausteine und daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen für vier Kernbereiche identifiziert und definiert:

• Die intelligente Vernetzung Deutschlands ist ein Infrastrukturprojekt von histo­ risch einzigartiger Dimension mit entsprechenden Herausforderungen, vor allem aber auch Chancen für die Zukunft. Die geschätzten Effizienzgewinne und Wachstumsimpulse von Intelligenten Netzen werden bei einem schnellen Rollout auf einen gesellschaftlichen Gesamtnutzen von jährlich 50 Milliarden Euro geschätzt.* Allein im Bereich Intelligenter Verkehrsnetze geht man von Einspareffekten von circa 8 Milliarden Euro jährlich aus, die durch Smart-Logistik und Kraftstoff- sowie Zeiteinsparungen erreicht werden können. Darüber hinaus schaffen neue Smart-Mobility-Konzepte und Applikationen ein Potenzial an zusätzlichen Wachstumsimpulsen von circa 2 Milliarden Euro pro Jahr.** Bei Intelligenten Bildungsnetzen wird erwartet, dass sich Marktvolumen

• Geschäftsmodelle Eine Zukunft der Intelligenten Netze in Deutschland und in weiterer Folge auch international erfordert und schafft neue Geschäftsmodelle, verändert Wertschöpfungskettenanteile, bedingt neue Arten der branchenübergreifenden Koordination und fußt auf einer stabilen Basis der Standardisierung und Interoperabilität von Systemen. Vieles wird dabei von den Marktakteuren getrieben werden, jedoch ist für die Entstehung und Förderung dieser neuen Geschäftsmodelle in gewissen Bereichen auch das Eingreifen des Staats notwendig. Ein effizientes Zusammenspiel zwischen Politik und Wirtschaft eröffnet dabei die Chance, Deutschland und die deutsche Exportindustrie international als Vorreiter mit Vorzeigeprojekten im Bereich der Intelligenten Netze zu positionieren.

Ebenengruppe Business Zielsetzung Ziel der Ebenengruppe ist es, eine übergreifende Sicht auf die Ergebnisse und Kernaussagen der fünf Projektgruppen der UAG Intelligente Netze auf der Business-Ebene zu schaffen. Darauf aufbauend wird der Frage nachgegangen, welche branchenübergreifenden Synergiepotenziale sich auf der Business-Ebene zur Umsetzung Intelligenter Netze bis zum Jahr 2020 erschließen lassen.

Ergebnisse

* Vgl. BITKOM/Fraunhofer ISI (2012): Gesamtwirtschaftliche Potenziale intelligenter Netze in Deutschland – Ergebnisse einer

Metastudie, Fraunhofer ISI, Karlsruhe. ** ebd.

* Quellen: Goertz, L.: Trendmonitor e-Learning Delphi, MMB Institut, 2012; www.mmb-institut.de, Motsch, T.: „Status quo und

Zukunftspotenzial der deutschen E-Learning Wirtschaft“, BITKOM Vortrag Learntec Karlsruhe, 2013.

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Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Ebenengruppe Prozess

• Finanzierung Damit neue Geschäftsmodelle für Investoren entsprechend attraktiv werden, muss der Staat gerade zu Beginn als Change Agent auftreten, um Planungssicherheit und dezidierte Investitionsanreize zu schaffen, Gründungen und Wachstum in Innovationsbereichen zu fördern und die Attraktivität des Investitionsstandorts Deutschland weiter zu erhöhen. Als Kernbereich der gezielten Investitionsförderung und Schaffung eines Regulierungsrahmens gilt dabei der flächendeckende Breitbandausbau, der das gemeinsame Rückgrat künftiger Intelligenter Netze darstellt. • Kaufbereitschaft/Bedürfnis Nachhaltige Geschäftsmodelle erfordern auch ein breit vorhandenes Nutzenbewusstsein und die damit verbundene Kaufbereitschaft in der Bevölkerung. In diesem Zusammenhang kommt dem Datenschutz eine herausragende Bedeutung zu. Nur wenn die Verbraucher nachhaltiges Vertrauen in die Sicherheit und Vertraulichkeit von übermittelten Daten haben, sind langfristig ökonomisch selbsttragende und für Anbieter attraktive Geschäftsmodelle zu gewährleisten. Dazu bedarf es der Schaffung eines nationalen und staatengemeinschaftlichen Datenrechtsraumes und der Sensibilisierung und Unterstützung der Bevölkerung hinsichtlich der Anwendung von Datenschutztechnologien. • Fachkräfte/Ausbildung Der Aufbau umfassender Intelligenter Netze in Deutschland erfordert entsprechend qualifizierte Fachkräfte. Um die steigende Nachfrage mit dem knappen Angebot an entsprechend ausgebildeten Spezialisten in Einklang zu bringen, bedarf es der Entwicklung einer langfristen Fachkräftepolitik und der Bereitstellung von entsprechenden Ausbildungsprogrammen.

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Ebenengruppe Prozess

Zielsetzung Ziel der Ebenengruppe ist es, eine übergreifende Sicht auf die Ergebnisse und Kernaussagen der fünf Projektgruppen der UAG Intelligente Netze auf der Prozess-Ebene zu schaffen. Darauf aufbauend wird der Frage nachgegangen, welche branchenübergreifenden Synergiepotenziale sich auf der Prozess-Ebene zur Umsetzung Intelligenter Netze bis zum Jahr 2020 erschließen lassen.

Ergebnisse • Durchführung mehrerer Workshops und Telefonkonferenzen der Ebenen-Verantwortlichen der jeweiligen Projektgruppen der UAG Intelligente Netze, • Abschlussdokument „Die Prozess-Ebene: Steuerungsstrukturen als Schlüssel zum Erfolg“.

Kernaussagen Mitglieder der Ebenengruppe Business Axel Freyberg (Leitung) A. T. Kearney GmbH

Karin Loidl

Alexander Pflaum

Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS

Fraunhofer Inistitute for Intelligent Circuits

Raoul Felix Maier

Oliver Stahl

A.T. Kearney GmbH

Entelios AG

Ekkehard Mittelstaedt

Dr. Volker Zimmermann

Bundesverband Gesundheits-IT e. V. (bvitg)

imc information multimedia communication AG

Bei der branchenübergreifenden Verknüpfung von Infrastrukturen und Diensten kommt der Prozess-Ebene eine wesentliche Rolle zu. Diese umfasst die gezielte Gestaltung flankierender Planungs- und Steuerungsprozesse, die gemeinsam einen geeigneten Rahmen zum Aufbau und Betrieb Intelligenter Netze festlegen. Die Prozess-Ebene muss eine industrieund zielgruppenübergreifende organisatorische Klammer schaffen, Zusammenarbeit unter den einzelnen Branchen und konkurrierenden Wettbewerbern ermöglichen, den Aufbau gemeinsamer Infrastrukturen fördern und entsprechende Rollout-Maßnahmen beschleunigen und optimieren. Um einen funktionierenden Aktionsrahmen zur Gestaltung leistungsfähiger Prozess-Strukturen zu definieren, ist eine Betrachtung der unterschiedlichen Zielbilder und Zielbildbausteine innerhalb der einzelnen Anwendungsfelder sinnvoll. Legt man diese übereinander,

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AG2-Übersicht

so zeigen sich neben einer Vielzahl nicht-synergetischer Aspekte unterschiedliche Überschneidungen. Diese bilden auf der Prozess-Ebene drei Synergie-Cluster, welche für den Aufbau leistungsfähiger Prozess-Strukturen im Zusammenhang mit Intelligenten Netzen unverzichtbar sind: • Gemeinsame Gremien formen einen leistungsfähigen, offenen Kommunikations- und Steuerungsrahmen. Sie definieren übergreifende Plattformen, beispielsweise zur Erarbeitung von Blaupausen für den Aufbau Intelligenter Netze. Gemeinsame Gremien berücksichtigen die unterschiedlichen Industrien und Anwendungsfelder und beziehen alle relevanten Stakeholder mit ein. • Steuerungsstrukturen sichern die Harmonisierung von unternehmens- und rollenübergreifenden Abläufen. Transparente Prozesse ermöglichen die Orchestrierung gemeinsamer Leitlinien, Normen und Mindeststandards und definieren gemeinsame Schnittstellen. Sie begleiten sowohl den Aufbau als auch den anschließenden Betrieb gemeinsamer Anwendungsszenarien. • Der internationalen Rahmensetzung wird durch adäquate Maßnahmen zur unmittelbaren Berücksichtigung internationaler Normen und EU-Richtlinien Rechnung getragen. Dadurch wird die Interoperabilität und Anschlussfähigkeit Intelligenter Netze auf europäischer Ebene gestärkt. Durch die Vielzahl beteiligter Akteure mit häufig heterogenen Interessen sind abgestimmte Steuerungsinstrumente für den Ausbau und Betrieb Intelligenter Netze absolut erfolgskritisch. Auch um der zunehmenden Marktdynamik Rechnung zu tragen, müssen Planungsund Steuerungsprozesse eindeutig definiert werden. Die Analyse der identifizierten Synergie-Cluster und der zugehörigen Maßnahmenempfehlungen verdeutlicht vier derzeit wesentliche Anforderungen an die Prozess-Ebene: • Nationale Interaktionsplattform Wesentlich für das optimale Zusammenwirken der verschiedenen Akteure aus unterschiedlichen Branchen ist die unmittelbare Schaffung eines verantwortlichen, übergreifenden Gremiums. Die Etablierung dieser Interaktionsplattform kann erfolgen durch die Neuausrichtung eines bestehenden Forums (z. B. IT-Gipfel, Münchner Kreis, Acatech), die Schaffung eines neuen Gremiums oder die Kooperation mit einer internationalen Einrichtung (z. B. TeleManagement Forum). • Klare Entscheidungskriterien Die heterogenen Anforderungen der unterschiedlichen Akteure erfordern ein eindeutiges Regelwerk. Eine Kommission aus Vertretern aller Stakeholder und ausgewählter Zielgruppen muss vorab verbindliche Steuerungsstrukturen definieren, die notwendige Leitplanken setzen und klare Entscheidungskriterien bei branchenübergreifenden Maßnahmen sicherstellen.

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Ebenengruppe Prozess

• Breiter Konsens Über Art und Funktionsweise des Regelwerks muss ein breiter Konsens unter den Akteuren geschaffen werden. Insbesondere bei der Definition der Planungs- und Steuerungsprozesse ist die umfassende Einbeziehung aller Stakeholder für eine funktionale Gesamtarchitektur unverzichtbar. Relevante Vertreter aus Verbänden, Forschung und Industrie müssen insbesondere bei grundlegenden Weichenstellungen beteiligt werden. • Internationale Schnittstellen Die Schaffung von Schnittstellen zur EU-Ebene bzw. internationalen Standardisierungsorganisationen sichert die Zukunftsfestigkeit Intelligenter Netze. Ausländische Organisationen müssen mittels definierter Prozessschritte einbezogen werden, um nationale Silos zu verhindern.

Mitglieder der Ebenengruppe Prozess Dr. Andreas Gentner (Leitung) Deloitte Consulting GmbH

Ralf Esser

Thilo Többens

Deloitte Consulting GmbH

Deloitte Consulting GmbH

Prof. Dr. habil. Christoph Igel

Dr. Ralf von Baer

Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI)/Centre for e-Learning Technology (CeLTech)

Robert Bosch Healthcare GmbH

Karin Loidl

Metropolregion Rhein-Neckar

Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS

Prof. Dr. Alexander Pflaum Fraunhofer Inistitute for Intelligent Circuits

Dr. Brockmann Jens Mühlner T-Systems International GmbH

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Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze

Ebenengruppe Technik Zielsetzung Ziel der Ebenengruppe ist es, eine übergreifende Sicht auf die Ergebnisse und Kernaussagen der fünf Projektgruppen der UAG Intelligente Netze auf der technischen Ebene zu schaffen. Darauf aufbauend wird der Frage nachgegangen, welche branchenübergreifenden Synergiepotenziale sich auf der technischen Ebene zur Umsetzung Intelligenter Netze bis zum Jahr 2020 erschließen lassen.

Ergebnisse • Durchführung mehrerer Workshops und Telefonkonferenzen der Ebenen-Verantwort­ lichen der jeweiligen Projektgruppen der UAG Intelligente Netze, • Abschlussdokument „Synergetische Nutzung vorhandener Basistechnologien – Grundlage für innovative Anwendungen“.

Kernaussagen Auf Basis der betrachteten Intelligenten Energie-, Gesundheits-, Verkehrs-, Bildungs- und Verwaltungsnetze lassen sich folgende Haupttrends für 2020 in der technischen Ebene postulieren: • Die Basistechnologien zur Unterstützung von Prozessen und Anwendungen für In­ telligente Netze sind im Wesentlichen vorhanden. Eine abgestimmte, spezifizierte und synergetische Nutzung über konvergente Infrastrukturen beinhaltet hier das Potenzial für signifikante Kosteneinsparungen. • Die flächendeckende Verfügbarkeit von hochbandbreiten Datenübertragungs­ diensten ist eine Voraussetzung für die Entstehung und Entwicklung von Intelligenten Netzen in modernen Kommunikations- und Informationsgesellschaften. Zur Verbesserung der technischen Unterstützung von Intelligenten Energie-, Gesundheits-, Verkehrs-, Bildungs- und Verwaltungsnetzen können folgende Handlungsempfehlungen für 2020 angegeben werden:

Unterarbeitsgruppe Intelligente Netze Ebenengruppe Technik

• Dezentrale und vernetzte Datenverarbeitung Aufgrund der stetig wachsenden und zu bearbeitenden Datenmengen ist eine Entwicklung hin zu einer dezentralen und miteinander vernetzten Datenverarbeitung unumgänglich. Dies auch, um damit die Skalierungsproblematik bei großen Datenmengen zu bewältigen. • Standardisierung ist Voraussetzung der Interaktion Damit technische Systeme miteinander interagieren können, ist die Standardisierung und Normung von einheitlichen Datenstrukturen und Datenmodellen, die als gemein­ same technische Sprache zwischen den Systemen dient, zwingend erforderlich. • Neue Konzepte für den Breitbandnetzbetrieb mit Qualitätsparametern Die Verfügbarkeit von Breitbandverbindungen im Mobil- und Festnetz (speziell für Verkehrs- und Medizin-/Gesundheitsanwendungen) ist einer der wichtigen Enabler-Faktoren für Intelligente Netze. Neben der generellen Verfügbarkeit erfordert die Einhaltung von definierten Qualitätsparametern (Echtzeitfähigkeit, Zuverlässigkeit) neue Konzepte für den Breitbandnetzbetrieb. Aufgrund der zunehmenden Heterogenität der Netze ist einerseits ein hohes Maß an dezentraler Selbstorganisation sinnvoll wie auch andererseits eine zentralisierte Überwachung der Ende-zu-Ende-Qualität zu gewährleisten ist. • Sicherheit von IKT-Infrastrukturen Entsprechende algorithmische Verfahren an sich sind nach heutigem Kenntnisstand als weitgehend sicher anzusehen. Sicherheitslücken haben ihre Ursache oftmals in einer unzureichenden Implementierung der Algorithmen, der unzureichenden Organisation sicherheitsrelevanter Prozessabläufe oder es wird, da der Aufbau und Betrieb von Sicherheitsarchitekturen und -systemen in der Regel mit einer erhöhten Komplexität einhergeht, aus Gründen des Komforts auf diese verzichtet. Hier müssen zukünftig sowohl sichere, als auch einfach und für den Anwender komfortabel zu nutzende Lösungen gefunden werden.

Mitglieder der Ebenengruppe Technik Dr. Volker Schanz (Leitung) Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (VDE)

Dr. Jörg Benze

Prof. Dr. habil. Christoph Igel

T-Systems Multimedia Solutions GmbH

Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) / Centre for e-Learning Technology (CeLTech)

Marcel Boffo Ministerium des Innern und für Sport

Jürgen Heiß EnBW Operations GmbH

Dr. med. Klaus Juffernbruch Cisco Systems GmbH

Christoph Legutko Intel GmbH

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Unterarbeitsgruppe Plattformen

Unterarbeitsgruppe Plattformen Querschnittstechnologien Ausgangssituation Für die Digitalisierung und Vernetzung der fünf zentralen Domänen – Energie, Verkehr, Gesundheit, Bildung und öffentliche Verwaltung unter dem Stichwort „Intelligente Netze“ sind IKT-Plattformen und Querschnittstechnologien wie M2M, Cloud Computing, IPv6 und Big Data grundlegende Voraussetzung. Ohne sie ist eine Vernetzung dieser Bereiche nicht denkbar. Die technologische Entwicklung ist dabei extrem dynamisch. Die Komplexität der Möglichkeiten und Anforderungen, Chancen und Risiken sowie der Erwartungen und Restrik­tionen nimmt zu. Bisher fehlt ein übergreifender Ansatz, die Hemmnisse im Aufbau Intelligenter Netze geeint anzugehen und auszuräumen. Vorgehen Die Unterarbeitsgruppe Plattformen hat sich zum Ziel gesetzt, den branchenübergreifenden Austausch über technische Herausforderungen Intelligenter Netze und ihrer Enablertechnologien zu fördern und zu forcieren. In einem Praxisdialog zwischen Managementverantwortlichen, politischen Entscheidungsträgern und Vertretern aus der Wissenschaft soll übergreifend über die in zwei Projektgruppen von Experten erarbeiteten Perspektiven ein gemeinsames Verständnis von strategischen Handlungsoptionen der technologischen Dimensionen Intelligenter Netze geschaffen werden. Hierbei spielen Fragen der Standardisierung, der Governance und Architekturprinzipien kritischer Infrastrukturen ebenso eine wichtige Rolle wie Referenzen für Architektur-, Daten- und Betriebsmodelle sowie die Berücksichtigung hoher Anforderungen an Sicherheit und Datenschutz. Mitglieder der Unterarbeitsgruppe Plattformen Die Unterarbeitsgruppe Plattformen wird zu einer konstituierenden Sitzung in Form eines Praxisdialogs zwischen Managementverantwortlichen, politischen Entscheidungsträgern und Vertretern aus der Wissenschaft im Frühjahr 2014 einladen. In diesem Praxisdialog soll übergreifend über die in zwei Projektgruppen von Experten erarbeiteten Perspektiven ein gemeinsames Verständnis von strategischen Handlungsoptionen der technologischen Dimensionen Intelligenter Netze geschaffen werden, um daraus neue Impulse entstehen zu lassen. Claudia Mrotzek (Leitung) ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG

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Unterarbeitsgruppe Plattformen

Projektgruppe Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze Zielsetzung Mit den Empfehlungen für eine Nationale Strategie Intelligente Netze anlässlich des 7. Nationalen IT-Gipfels in Essen stellt sich die Frage, wie diese technologisch und sicher realisiert werden könnten. Was verstehen wir konkret unter Intelligenten Netzen und welche Rolle kommt den ITK-Plattformen zur Realisierung von Intelligenten Netzen zu? In wie weit sind Intelligente Netze als kritische Infrastrukturen anzusehen? Welche Möglichkeiten bestehen, dass Intelligente Netze verschiedener Domänen auf Basis bereits existierender IKT-Plattformen auch miteinander kommunizieren können?

Arbeitsprogramm Die Projektgruppe Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze setzt sich mit all diesen Fragenstellungen auseinandersetzen. Als Ergebnis erarbeitet die Projektgruppe ein technisches Thesenpapier in enger Abstimmung mit den Projektgruppen der UAG Intelligente Netze. Dieses Thesenpapier soll ein technisches Referenzmodell enthalten, allgemein verständlich sein und keine technische Detailtiefe besitzen. Es bildet die Grundlage, um daraus politische Handlungsempfehlungen und den Forschungsbedarf für die technologische Dimension Intelligenter Netze abzuleiten.

Unterarbeitsgruppe Plattformen Projektgruppe Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze

Kernaussagen • Für die Realisierung Intelligenter Netze spielen IKT-Plattformen eine zentrale Rolle. Sie sind zur technischen Realisierung Intelligenter Netze zwingend erforderlich. Auf der Basis grundlegender Querschnittstechnologien, wie Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M), Cloud Coputing, Big-Data oder dem Internetprotokoll IPv6 stellen sie technische Funktionalitäten für die Entwicklung und den Betrieb von Lösungen und Produkten zur Verfügung. • IKT-Plattformen müssen sicher und zuverlässig und gleichzeitig offen für Innovationen sein. Die Grundlage für eine größtmögliche Interoperabiltiät von IKT-Plattformen bilden offene Standards der Informations- und Kommunikationstechnologien. Auf Basis offener Standards können IKT-Plattformen auch mit unterschiedlichen Technologien kommunizieren und fördern dabei gleichzeitig Vielfalt und Wettbewerb. • IKT-Plattformen als wesentlicher Bestandteil Intelligenter Netze wird ein Abgleich von Datenmodellen zwischen unterschiedlichen Domänen (Verwaltung, Energie, Verkehr, Bildung und Gesundheit) überhaupt erst möglich. Sicherheit ist dabei nicht nur für die Akzeptanz ein entscheidender Faktor, sondern auch für die Funktionsfähigkeit, Verfügbarkeit und vor allem für die Integrität von Daten in Intelligenten Netzen. Dabei reicht es für die umfassende Sicherheit eines Intelligenten Netzes nicht aus, auf rein technischer Ebene Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren. Hierzu sind neben einem Sicher­heitskonzept der IKT-Plattformen des Intelligenten Netzes auch Sicherheitskonzepte für die betrieblichen Prozesse und Abläufe der kritischen Infrastrukturen zwingend erforder­lich. • Viele Intelligente Netze in den Domänen Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung gehören zu kritischen Infrastrukturen. Der Schutz dieser Netze und seiner unternehmenskritischen Bestandteile ist ein wichtiger Baustein zur Umsetzung der Ziele des Nationalen Plans der Bundesregierung zum Schutz der Informationsinfrastrukturen.

Handlungsempfehlungen Ergebnisse Die Projektgruppe hat 2013 zwei Dokumente erarbeitet: • Politische Handlungsempfehlungen zur Förderung von sicheren IKT-Plattformen in Intelligenten Netzen. • Ein technisches Thesenpapier „Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze“, welches ein technisches Referenzmodell enthält und wesentliche Aspekte der Plattformsicherheit für Intelligente Netze beschreibt.

1. Datenpolitik und rechtliche Rahmenbedingungen innovativ gestalten, 2. Durch finanzielle Anreizsysteme für Anwender IKT-Plattformen schneller etablieren, 3. Internationale Standardisierungsbemühungen intensiver begleiten, 4. Einsatz offener Standards unterstützen, 5. Sicherheitsmodelle und Datenschutz in Intelligenten Netzen besser erforschen, 6. Vertrauensvolle Kooperation zwischen Politik und Wirtschaft stärken.

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AG2-Übersicht

Unterarbeitsgruppe Plattformen M2M Initiative Deutschland

Mitglieder der Projektgruppe Sichere IKT-Plattformen für Intelligente Netze Claudia Mrotzek (Leitung) ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG

Unterarbeitsgruppe Plattformen

Prof. Dr. Radu Popescu-Zeletin (Leitung) Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS

M2M Initiative Deutschland Dr. Christoph Bach

Dr. Norbert Niebert

Ericsson GmbH

Ericsson GmbH

Günther Diederich

Percy Ott

ifib: Institut für Informationsmanagement Bremen GMBH

Cisco Systems GmbH

Peter Domschitz

Stefan Pechardscheck

Alcatel-Lucent Deutschland AG

BearingPoint GmbH

Martin Falenski

Dr. Johannes Prade

Initiative D21 e. V.

Nokia Solutions and Networks GmbH & Co. KG

Peter H. Ganten

Dr. Matthias Renken

Univention GmbH

T-Systems International GmbH

Dr. Jörg-Michael Hasemann

Boris Schmidt

T-Systems International GmbH

Deutscher Verband für Telekommunikation und Medien e. V.

Lutz Märker

Jens Tiemann

DVZ Datenverarbeitungszentrum MecklenburgVorpommern GmbH

Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS

Jens Mühlner

ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG

T-Systems International GmbH

Caroline Neufert BearingPoint GmbH

Dr. Gerhard Tobermann

Zielsetzung Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) steht für den automatisierten Informationsaustausch zwischen technischen Systemen wie Maschinen, Fahrzeugen oder auch Containern untereinander oder mit einer zentralen Stelle. Diese bilden somit ein intelligentes Netzwerk, welches fast zwangsläufig beliebig komplex werden kann. Die M2M Initiative Deutschland möchte das Bewusstsein für die große betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Bedeutung von M2M schärfen und geeignete Maßnahmen zu deren Nutzung heraus­arbeiten. In einem branchenübergreifenden Dialog mit der Auto­matisierungstechnik, der Verkehrsindustrie, etc. werden Handlungsempfehlungen für den diesjährigen IT-Gipfel erarbeitet, die den Ausbau der M2M-Technologie in Deutschland lenken und beschleunigen sollen.

Johannes Wust Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH

Arbeitsprogramm Im letzten Jahr wurde von der M2M Initiative Deutschland ein branchenübergreifendes Positionspapier erarbeitet, das den Harmonisierungsprozess für Endgeräte und Applikationen mit Best-Practise-Empfehlungen für Mobilfunkmodule, Komponenten, Mobilfunknetze, M2M-SW-Frameworks, integra­tive Systemelemente auf der Ebene der Netzinfrastruktur sowie M2M-Anwendungen beschreibt. Weiterhin wurden Mindestanforderungen für Entwickler, Schulungs- und Zertifizierungskonzepte dokumentiert. In diesem Jahr fokussiert sich die Initiative auf die unterschiedlichen Aspekte von horizontalen und vertikalen Geschäftsmodellen sowie M2M-Fallbeispielen und deren Übertragbarkeit auf andere Industrie­felder mit den folgenden Schwerpunkten: • M2M-Service-Provider (Eco-Systeme, Business Modelle, Funktionalitäten und Standards), • M2M-Fallbeispiele im Kontext von Indus­trie 4.0 sowie Intelligenten Energie-, Gesundheits-, Verkehrs-, Bildungs- und Verwaltungsnetzen, • Handlungsempfehlungen und Ausblick.

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AG2-Übersicht

Ergebnisse Die Projektgruppe hat 2013 folgende Ergebnisse erarbeitet: • Umfangreiches Whitepaper zu M2M-Geschäftsmodellen, technischen Realisierungen und Fallbeispielen, • Handlungsempfehlungen, deren Umsetzung im Wirkungsbereich der Bundesregierung, des IT-Gipfels und der zuständigen Branchenverbände liegt, • Darstellung einer M2M-Referenz-Architektur, • Sammlung aktueller Best-Practice-Fallbeispiele von M2M-Anwendungen. Kernaussagen • Durch die immens gestiegenen technischen Möglichkeiten und die zunehmend flächendeckende Bereitstellung von Kommunikationsnetzen hat sich in den letzten Jahren der Bereich der Machine-to-Machine-Kommunikation zu einem wichtigen Zukunftsfeld und Grundbaustein Intelligenter Netze und Industrie 4.0 Lösungen entwickelt. • Marktstudien erwarten bis zum Jahr 2020 den Anschluss von bis zu 15 Milliarden zusätzlicher Geräte an das Internet (ohne Mobilfunktelefone und Smartphones) und Wachstumsraten bis zu 50 %. • Die enorme Anzahl der zukünftigen vernetzten Geräte und vielfältige Anwendungen verlangt nach horizontal integrierten Lösungen, die generische Funktionalitäten effizient übernehmen, Standardschnittstellen nutzen und Anwendungen managen. • M2M-Systeme sollten aus Silos ausbrechen und sich zu horizontal strukturierten Systemen entwickeln. • M2M-Systeme sollten auf offenen Standards setzen und proprietäre Ansätze vermeiden. • M2M-Anwendungen sollten offene Schnittstellen zur Verfügung stellen und darauf vorbereitet sein, als Komponenten in unterschiedlichen Kontexten Daten oder Handlungen zur Verfügung zu stellen.

Unterarbeitsgruppe Plattformen M2M Initiative Deutschland

Mitglieder der M2M-Initiative Deutschland Dr. Christoph Bach (Leitung) Ericsson GmbH

Dr. Ralf Ackermann

Prof. Dr. Holger Karl

SAP AG

Universität Paderborn

Prof. Dr.-Ing. Gerd Ascheid

Dr. Ingolf Karls

RWTH Aachen University, UMIC Research Centre

Intel Mobile Communications GmbH

Gerrit Boysen

Andreas Kleinert

PHOENIX CONTACT Electronics GmbH

ProSyst Software GmbH

Martin Braband

Prof. Dr. Uwe Kubach

Tixi.Com Telecommunication Systems GmbH

SAP AG

Guido Burchartz

Ulf Moorfeld

Avantgarde Business Solution GmbH

Deutsche Telekom AG

Guido Burger

Jens Mühlner

ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG

T-Systems International GmbH

Guido Dartmann

Dr. Norbert Niebert

RWTH Aachen University, UMIC Research Centre

Ericsson GmbH

Wolfgang Dorst

Dr. Johannes Prade

Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM)

Nokia Solutions and Networks GmbH & Co. KG

Joachim Dressler

PHOENIX CONTACT Electronics GmbH

Sierra Wireless Deutschland GmbH

Lars Dürkop Hochschule Ostwestfalen-Lippe

Karl-Heinz Erdt DB Rent GmbH

Marco Fiene MC-Technologies GmbH

Handlungsempfehlungen 1. Aufbau eines Monitoringsystems für die M2M-Cybersicherheit (M2M-CERT). 2. Aufnahme der Forderung nach durchgängig verfügbaren Mobilfunknetzen für M2M-Anwendungen in die Breitbandstrategie der Bundesregierung (LTE-Technologie nicht nur als Festnetz-Breitband-Ersatz, sondern als Basis Technologie für M2M-Datenübertragung mit sehr geringer Latenzzeit). 3. Verstärkte Nutzung von M2M-Experimentier-Kits an Schulen und Hochschulen. 4. Förderung von M2M-Lösungen für den Mittelstand. 5. Förderung der Ausbildung für verteilte eingebettete Systeme.

Jens Grebner

Stephan Reim Ronaldo Robl Cinterion Wireless Modules GmbH

Axel Sommer DB Kommunikationstechnik GmbH

Henning Trsek Hochschule Ostwestfalen-Lippe

Dr. Frederic Ufer

Siemens AG

Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM)

Bernd Gross

Dietmar Urban

Cumulocity GmbH

urbato GmbH

Jürgen Hase

Stefan Vaillant

Deutsche Telekom AG

Cumulocity GmbH

Dr. Jörg-Michael Hasemann

Klaus-Dieter Walter

T-Systems International GmbH

SSV Software Systems GmbH

Stefan Hoppe

Johannes Wust

OPC Foundation

Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH

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Impressionen

der unterj채hrigen Arbeit


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Impressionen der unterj채hrigen Arbeit

Sitzung der AG2 mit Gastteilnehmern der AG3, AG6 und AG7 18. September 2013

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Sitzung der AG2 Sherpa 1. Februar 2013

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Impressionen der unterj채hrigen Arbeit

Workshop der Projektgruppe Intelligente Energienetze 8. April 2013

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Impressionen der unterj채hrigen Arbeit

Sitzung der Projektgruppe Intelligente Energienetze 1. Juli 2013

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Impressionen der unterj채hrigen Arbeit

Sitzung der Projektgruppe Intelligente Energienetze 5. September 2013

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Impressionen der unterj채hrigen Arbeit

Workshop der Projektgruppe Intelligente Energienetze 11. September 2013

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Impressionen der unterj채hrigen Arbeit

Sitzung der UAG Breitband 25. September 2013

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Impressionen der unterj채hrigen Arbeit

Sitzung der UAG Breitband 25. September 2013

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Verzeichnis der mitwirkenden Unternehmen, Behörden und Organisationen

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Verzeichnis der mitwirkenden Unter­nehmen, Behörden und Organisationen ]init[ AG für digitale Kommunikation A.T. Kearney GmbH aizo AG Alcatel-Lucent Deutschland AG Alcatel-Lucent Holding GmbH ANGA Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber e. V. atene KOM GmbH / Breitbandbüro des Bundes Avantgarde Business Solution GmbH badenova AG & Co. KG Bauhaus-Universität Weimar Bayrisches Landesamts für Finanzen BearingPoint GmbH BLG Logistics Goup AG & Co. KG BMW AG BMW Forschung und Technik GmbH Breitbandbüro des Bundes Breitband-Kompetenzzentrum Niedersachsen Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen Bundestechnologiezentrum für Elektro- und Informationstechnik e. V. (BFE) Bundesverband Breitbandkommunikation e. V. (BREKO) Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) Bundesverband für Energie- und Wasserwirtschaft e. V. Bundesverband Gesundheits-IT e. V. (bvitg) Bundesverband Glasfaseranschluss e. V. (BUGLAS) Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM) Cinterion Wireless Modules GmbH Cisco Systems GmbH Coriant GmbH & Co. KG Cumulocity GmbH DB Energie GmbH DB Kommunikationstechnik GmbH DB Mobility Logistics AG DB Netz AG DB Rent GmbH Deep Innovation GmbH Deloitte Consulting GmbH Deutsche Bahn AG Deutsche Telekom AG Deutsche Telekom AG Deutsche Telekom Technik GmbH Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK) Deutscher Landkreistag

Deutscher Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikations e. V. (DVPT) Deutscher Verband für Telekommunikation und Medien e. V. Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) Deutsches Institut für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), Institut für Verkehrssystemtechnik Deutsches Verkehrsforum e. V. DVZ Datenverarbeitungszentrum MecklenburgVorpommern GmbH E.ON Bayer AG e9 Netzplanung GmbH Elektro-Innung Oldenburg EnBW Operations GmbH Entelios AG E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG Ericsson GmbH European Commission DG Connect Eutelsat Services & Beteiligungen GmbH Eutelsat visAvision GmbH EWE Aktiengesellschaft ewe Netz GmbH FernUniversität in Hagen Forschungsstelle Mobiles Internet am ITM Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS Fraunhofer Institute for Intelligent Circuits Fraunhofer-Institut für Eingebettete Systeme und Kommunikationstechnik ESK Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI FRIATEC Aktiengesellschaft GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. GE Energie GmbH GE Energy Germany GmbH Gemeindetag Baden-Württemberg Gemeinschaftsseminar Berlin-Adlershof Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH Hessen Mobil, Straßen- und Verkehrsmanagement Hewlett-Packard GmbH Hochschule Heilbronn Hochschule Ostwestfalen-Lippe Homeway GmbH Huawei Technologies Deutschland GmbH ifib: Institut für Informationsmanagement Bremen GMBH imc information multimedia communication AG

Ingenieure für Kommunikation e. V. Initiative D21 e. V. Institut für Rundfunktechnik Intel GmbH Intel Mobile Communications GmbH IT S Network Germany e. V. iTV solutions GmbH Kabel Deutschland Holding AG Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Universitätsklinikum der RWTH Aachen Kombunt – Kommunikationsberatung für Unternehmen Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg Lantiq Deutschland GmbH LEPPERT Sachverständige Beratung GmbH Lorenz-vonStein-Institut für Verwaltungswissenschaften an der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel MC-Technologies GmbH Metropolregion Rhein-Neckar GmbH Ministerium des Inneren, für Sport und Infrastruktur des Landes Rheinland-Pfalz Ministerium des Innern und für Sport Ministerium für Ländlicher Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung MMB-Institut für Medien- und Kompetenzforschung Multimedia Kontro Hamburg GmbH Münchner Kreis Übernationale Vereinigung für Kommunikationsforschung MVV Energie AG next.kom corparate finance gmbH Nokia Solutions and Networks GmbH & Co. KG OPC Foundation ORACLE Deutschland B.V. & Co. KG PHOENIX CONTACT Electronics GmbH Power Providing GmbH Projektberatung ProSyst Software GmbH Robert Bosch Healthcare GmbH Rohrleitungsbauverband e. V. RWE AG RWE Consulting GmbH RWE Deutschland AG RWTH Aachen University, UMIC Research Centre s&g Beratungs- und Planungsgesellschaft mbH SAP AG

SAP Deutschland AG & Co. KG Schenker Deutschland AG Seim & Partner SES Broadband Services (Astra) Siemens AG Siemens AG Infrastructure & Cities Sector Mobility and Logistics Division IC MOL TI Sierra Wireless Deutschland GmbH SSV Software Systems GmbH Stadt Köln Stadtwerke Duisburg Netzgesellschaft mbH Stadtwerke Hardegsen Stadtwerke Marburg GmbH SWB EnergieNetze GmbH und SWB Regional GmbH SWM - Stadtwerke München GmbH Telefónica Deutschland Holding AG Telefónica Germany GmbH & Co. OHG Thüga MeteringService GmbH Tixi.Com Telecommunication Systems GmbH tkt teleconsult Kommunikationstechnik GmbH TNS Infratest GmbH Toll Collect GmbH T-Systems GEI GmbH T-Systems International GmbH T-Systems Multimedia Solutions GmbH Unitymedia Kabel BW GmbH Univention GmbH Universität Bonn Universität Paderborn Universitätsklinikum Bonn urbato GmbH Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM) Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (VDE) Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. Bereich DKE Verband Kommunaler Unternehmen e. V. Versatel AG Virtuelle Hochschule Bayern Vodafone GmbH Vodafone Institut Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie e. V. (ZVEI) Zweckverband „Elektronische Verwaltung in Mecklenburg-Vorpommern“

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Abkürzungsverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis AAA AAL AG2 AIX AK API APN ARPU BACnet BDEW BDI BEMFV BFE BHKW BIP BKZ M-V BlmSchV BMBF BMF BMI BMVBS BMWi BNetzA BOS BREKO BSI BSoD BUGLAS C/C++ CAN CAT CATV CDMA CE CE CEF CEP CEPT

Authentification Authorization Accounting Ambient Assisted Living IT-Gipfel Arbeitsgruppe 2 „Digitale Infrastrukturen als Enabler für innovative Anwendungen“ Advanced Interactive eXecutive Arbeitskreis Application Programming Interface Access Point Name Average Revenue Per User Building Automation Control Network Bundesverband der Energie- und Wasser wirtschaft e.V Bundesverband der Deutschen Industrie Verordnung über das Nachweisverfahren für Begrenzung elektromagnetischer Felder Bundestechnologiezentrum für Elektro- und Informationstechnik Blockheizkraftwerk Bruttoinlandsprodukt Breitbandkompetenzzentrum Mecklenburg-Vorpommern Bundes-Immissionsschutzverordnungen Bundesministerium für Bildung u. Forschung Bundesfinanzministerium Bundesministerium des Inneren Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (in Deutschland) Bundesverband Breitbandkommunikation Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Blue Screen of Death Bundesverband Glasfaseranschluss C/C++ Controller Area Network Category Cable TV Code Division Multiple Access Communautès Europèennes (Europäische Gemeinschaften) Consumer Electronics Connecting Europe Facility Complex Event Processing European Conference of Postal and Telecommunications Administrations

CERT CoAP CPE CSD CTN-Mobile CUNST D 115 DCO DD DDoS DECT DHCP DICOM DIHK DNS DOCSIS 3.0 DOI DoS DPI DPN DS Lite DSL DSLAM DVB-T DVDV EBU EDGE EEG EFA EFRE EG EIU ELER eMBMS EMS EMV EnWG ERP EStG ETSI EVU FCC FDD FFS

Computer Emergency Response Team Constraine Application Protocol Customer Premises Equipment Circuit Switched Data Cooperative Terrestial Networks Mobile Commonly Used Network Structure Einheitliche Behördenrufnummer 115 (in Deutschland) Device Configuration Overlay Demarcation Device Distributed Denial of Service Digital European Cordless Telecommunication Dynamic Host Configuration Protocol Digital Imaging and Communications in Medicine Deutscher Industrie- und Handelskammertag Domain Name System Data Over Cable Service Interface Specification 3.0 Deutschland-Online-Infrastruktur Denial of Service Deep Packet Inspection Data Pointer Netzwork Dual Stack Lite Digital Subscriber Line Digital Subscriber Line Access Multiplexer Digital Video Broadcasting Terrestrial Deutsches Verwaltungsdiensteverzeichnis European Broadcasting Union Enhanced Data Rates for GSM Evolution Erneuerbare-Energien-Gesetz Elektronische Fallakte Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung Ebenengruppe Economist Intelligence Unit Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums evolved Multimedia Broadcast Multicast Service Electronics Manufacturing Services Elektromagnetische Verträglichkeit Energiewirtschaftsgesetz Enterprise-Resource-Planning Einkommensteuergesetz European Telecommunications Standards Institute Energieversorgungsunternehmen Federal Communications Commission Frequenz Division Duplex Flash File System

FG Fokusgruppe FITKO Föderale IT-Kooperation FSAN Full Service Access Network Group FTTB Fibre To The Building/Basement FTTC Fibre to the Curb FTTH Fibre To The Home FTTx Fibre To The x, x kann für Home, Node, Building und so weiter stehen G.hn Home Grid Standard GAK Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ GCHQ Government Communications Headquarters GEREK Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation GLONASS Globalnaja Nawigazionnaja Sputnikowaja Sistema GOST Gossudarstwenny Standart GRW-I Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschafts­struktur Infrastruktur“ GSM Global System for Mobile Communications GWB Gesetz gegen Wettbewerbs­beschränkung HDTV High Definition Television HFC-Netze Hybrid Fiber Coax Netze HF-Netzwerke Hochfrequenz-Netzwerke HGI Home Gateway Initiative Health Level 7 HL7 HMI Human-Machine-Interface HP-UX Hewlett Packard UniX HSDPA High Speed Downlink Packet Access High Speed Packet Access HSPA HTTP Hypertext Transfer Protocol I2C Inter-Integrated Circuit IaaS Infrastructure as a Service (IaaS) Internet Corporation for Assigned Names ICANN and Numbers ICASA Independent Communications Authority of South Africa ICNIRP International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection IDS Intrusion Detection System International Electrotechnical Commision IEC IETF Inernet Engineering Task Force IHE Integrating the Healthcare Enterprise IKT Information, Kommunikation, Telekommunikation IP Multimedia Subsystem IMS IMT International Mobile Telecommunication IN Intelligente Netze IoE Internet of Everything

IP Internetprotokoll IPS Intrusion Prevention System IPSec Internet Protocol Security (E2E-Sicherheitsmodell) IPTV Internet Protocol Television ISB Investions- und Strukturbank Rheinladn-Pfalz ISM Industrial, Scientific and Medical ISO International Standard Organisation ISP Internet Service Provider IT2Green IT2Green ITU International Telecommunication Union ITU-R ITU Radiocommunication Sector ITU-Region ITU-Region ITU-T ITU Standardization IVBB Informationsverbund Berlin–Bonn IVBV/BVN Informationsverbund der Bundesverwaltung/ Bundesverwaltungsnetz (BVN) KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau Bankengruppe KMU Kleine und mittlere Unternehmen KNX Konnex KOM Europäische Kommission LAMP Linux, Apache, MySQL, PHP LAN Local Area Network LEIKA Leistungskatalog der öffentlichen Verwaltung LTE Long Term Evolution M2M Machine-to-Machine MAC-Adresse Media-Access-Control-Adresse Megabit pro Sekunde Mbit/s Mbps Megabit per Second MDM Meter-Data-Management Manufacturing Execution System MES MIMO Multiple Input - Multiple Output MNVOs Mobile Virtual Network Operator MQTT Message Queuing Telemetry Transprt Mikro-/Mini-Trenching MT MTBF Mean Time Between Failures NAT Network Address Translation NEGS Nationale E-Government-Strategie Nationales E-Government Kompetenzzentrum NEGZ Network Function Virtualization NFC Near Field Communication NGA Next Generation Access NGN Next Generation Network NGPON2 NGPON2 nPA Neuer Personalausweis OAM Operation, Administration, Management OBU On Board Unit

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Abkürzungsverzeichnis • Glossar

ODF OFDMA OOXML OPC UA ÖPNV ÖPP ÖV ÖVP P23R PaaS PG PLC PMSE POF PPDR PPP PSTN PTCRB PV QoS REST RFID Ripe NCC RMC ROI S/PRI SaaS SCADA SDK SIM SLA SOA sRAM SSID SSK SSL TCP TFP TKG TLP TLS UAG UART UDDI UHF UMTS

Open Docoument Format Orthogonal Frequency Divison Multiple Access Open Office XML OPC Unified Architecture Öffentlicher Personennahverkehr öffentlich-private Partnerschaft Öffentliche Verwaltung Öffentlicher Personenverkehr Prozessdatenbeschleuniger Platform as a Service Projektgruppe Powerline Communication Program Making and Special Event Polymere optische Fasern Public-Protection-and-Disaster-Relief Public Private Partnership Public Switched Telephone Network PCS Type Certification Review Board Photovoltaik Quality of Service Represental State Transfer Radio Frequency Identification Réseaux IP Européens Network Coordination Centre Remote Management Control Return of Investment Supplier/Partner Requisition Interface Software as a Service Supervisiory Control and Data Acquisition Software Development Kit Subscriber Identity Modul Service Level Agreement Service-oriented Architecture Static Random Access Memory Service Set Identifier Strahlenschutzkommission Secure Socket Layer Transmission Control Protocol Totale Faktorproduktivität Telekommunikationsgesetz Traffic Light Protocol Transport Layer Security Unterarbeitsgruppe Universal Asynchronous Receiver Transmitter Universal Description, Discovery and Integration Ulta High Frequency Universal Mobile Telecommunications System

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UN United Nations USB Universal Serial Bus VATM Verband der Anbieter von Telekommunika tions- und Mehrwertdiensten VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik VDSL Very High Speed Digital Subscriber Line VNB Verteilnetzbetreiber VoIP Voice over IP VPN Virtual Private Network WBCI WITA Based Carrier Interface WHO World Health Organization WiMAX Worldwide Interoperability for Microwave Access WITA Wholesale IT Architecture WLAN Wireless Local Area Network WRC World Radiocommunication Conference WRC Weltfunkkonferenz WSDL Web Services Description Language xDSL xDigital Subscriber Line xMeld Elektronischer Prozessverbund im Meldewesen XMPP Extensible Messaging and Presence Protocol XÖV XML in der öffentlichen Verwaltung ZEVH Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke ZEW Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung ZTV-Asphalt-StB  Zusätzliche Technische Vertragsbedin gungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt

Glossar Viele dieser Abkürzungen und weitere Begriffe werden im Online-Glossar der AG2 erläutert:

it-gipfelglossar.hpi-web.de

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1.1-1: Gesellschaftliche Herausforderungen als Treiber für fünf Intelligente Netze................ 24 Abbildung 1.1-2: Enabler und Nutzenfelder Intelligenter Netze............................................................... 26 Abbildung 1.1-3: Intelligente Netze – volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Effekte........................ 30 Abbildung 1.1-4: Einordnung der Konzepte von Intelligenten Netzen und Industrie 4.0........................... 32 Abbildung 1.1-5: Ausprägung von Smart-Life als Perspektive der digitalen Entwicklung......................... 33 Abbildung 1.2-1: Empfehlungen der AG2 für einen Fahrplan Intelligente Netze bis zum Jahr 2020.......... 36 Abbildung 1.2-2: Übersicht der AG2-Empfehlungen für eine Strategie Intelligente Netze, überreicht auf dem IT-Gipfel 2012............................................................................... 37 Abbildung 1.2-3: Parallele Handlungsstränge zum Ausbauziel im Jahr 2020........................................... 38 Abbildung 1.3-1: Intelligente Netze – Zielbilder 2020 (Übersicht)........................................................... 42 Abbildung 1.3-2: Prozess-Ebene: Anforderungen und Synergie-Cluster................................................. 60 Abbildung 1.4-1: Zielbild Intelligente Energienetze 2020 – Übersicht..................................................... 74 Abbildung 1.4-2: Zielbildbausteine Intelligente Energienetze – Gesellschaftliche Ebene......................... 76 Abbildung 1.4-3: Zielbildbausteine Intelligente Energienetze – Rechtliche/regulatorische Ebene........... 82 Abbildung 1.4-4: Zielbildbausteine Intelligente Energienetze – Business-Ebene..................................... 90 Abbildung 1.4-5: Zielbildbausteine Intelligente Energienetze – Prozess-Ebene....................................... 98 Abbildung 1.4-6: Zielbildbausteine Intelligente Energienetze – Technische Ebene.................................. 102 Abbildung 1.4-7: Übersicht Aktionsplan Intelligente Energienetze 2020................................................. 116 Abbildung 1.4-8: Angestrebtes Projektradar........................................................................................... 120 Abbildung 1.4-9: Anzahl Treffer der Top-10-Schlagworte....................................................................... 122 Abbildung 1.4-10: Anzahl Teilprojekte/bewilligte Fördermittel................................................................. 123 Abbildung 1.4-11: Auswertung der Fördervolumina nach Ressort............................................................ 125 Abbildung 1.5-1: Zielbild Intelligente Gesundheitsnetze 2020 – Übersicht............................................. 132 Abbildung 1.5-2: Übersicht Aktionsplan Intelligente Gesundheitsnetze 2020......................................... 156 Abbildung 1.6-1: Zielbild Intelligente Verkehrsnetze 2020 – Übersicht................................................... 166 Abbildung 1.6-2: Netzdiagramm Themenausprägung je Strategieebene................................................. 168 Abbildung 1.7-1: Zielbild Intelligente Bildungsnetze 2020 – Übersicht................................................... 188 Abbildung 1.7-2: Von der pragmatischen Lösung zum Zielszenario........................................................ 197 Abbildung 1.8-1: Zielbild Intelligente Verwaltungsnetze 2020 – Übersicht.............................................. 208 Abbildung 1.8-2: Zielbildbausteine Intelligente Verwaltungsnetze – Gesellschaftliche Ebene................. 210 Abbildung 1.8-3: Zielbildbausteine Intelligente Verwaltungsnetze – Rechtliche/regulatorische Ebene... 214 Abbildung 1.8-4: Zielbildbausteine Intelligente Verwaltungsnetze – Business-Ebene.............................. 218 Abbildung 1.4-5: Zielbildbausteine Intelligente Verwaltungsnetze – Prozess-Ebene............................... 222 Abbildung 1.4-6: Zielbildbausteine Intelligente Verwaltungsnetze – Technische Ebene........................... 226 Abbildung 1.9-1: Struktur des Strategieprozesses.................................................................................. 234 Abbildung 2.1-1: IKT-Plattfomen zum Aufbau Intelligenter Netze............................................................ 263 Abbildung 2.1-2: Vereinfachte Darstellung einer IKT-Plattform............................................................... 264 Abbildung 2.1-3: Komplexitätsrahmen Intelligenter Netze aus technischer Sicht auf IKT-Plattform........ 266 Abbildung 2.2-1: M2M-Eco-System....................................................................................................... 277 Abbildung 2.2-2: M2M-Service-Provider-Geschäftsmodelle................................................................... 278 Abbildung 2.2-3: Grad der Ausprägung von M2M-Anwendungen - M2M Maturity Model........................ 280 Abbildung 2.2-4: Lebenszyklus technischer M2M Lösungen................................................................... 282


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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.2-5: Übersichtsbild nutzungsbasierte Abrechnung.............................................................. 282 Abbildung 2.2-6: Übersicht der Komponenten und Beziehungen einer M2M-Referenz-Architektur......... 285 Abbildung 2.2-7: Fernzugriff und Fernsteuerung für Blockheizkraftwerke.............................................. 298 Abbildung 2.2-8: Intelligente Wasserwirtschaft – Interaktion von Geräten.............................................. 299 Abbildung 2.2-9: Smart Energy – Messung von Stromverbrauchern....................................................... 300 Abbildung 2.2-10: Real Time Cargo Monitoring End-to-End Solution........................................................ 301 Abbildung 2.2-11: Interaktion mit Maschinen, M2M als soziale Kommunikation....................................... 303 Abbildung 2.2-12: Telemetrie gewerblicher Kaffeemaschinen.................................................................. 304 Abbildung 2.2-13: Hochwasserfrühwarnsystem, das über ein Social Network alarmiert........................... 305 Abbildung 2.2-14: Call a Bike................................................................................................................... 306 Abbildung 2.2-15: Smart Vending mit Internet-Bezahldiensten................................................................ 307 Abbildung 3-1: Infografik Flächendeckendes Breitband....................................................................... 324 Abbildung 3.3-1: Nutzung der Wasserleitungen...................................................................................... 344 Abbildung 3.3-2: Nutzung der Wasserleitungen...................................................................................... 344 Abbildung 3.3-3: Kostenvorteile des FTTB/H-Hausanschlusses über die Wasser­versorgung.................. 346 Abbildung 3.3-4: Einsparpotenzial des FTTB/H-Hausanschlusses über die Wasser­versorgung für Baden-Württemberg............................................................................................... 346 Abbildung 3.4-1: Internet der Dinge....................................................................................................... 351 Abbildung 3.4-2: Gebäudenetze im Überblick........................................................................................ 353 Abbildung 3.4-3: Relevante Normen im Kontext Breitband..................................................................... 355 Abbildung 3.4-4: Entwurf für ein modulares Qualifzierungssystem......................................................... 360 Abbildung 3.6-1: Parallel verlegte Breitbandkabel (weiß) und Energieleitungen (orange) und notwendige Knotenpunkte........................................................................................... 395 Abbildung 3.6-2: Standorte der von der Projektgruppe betrachteten Unternehmen mit Erfahrungen im synergetischen Ausbau von Breitband- und Energienetzen..................................... 397 Abbildung 3.6-3: 4-Sparten-Hausanschluss in einem Neubau (Strom, Wasser, Gas, Telekommunikation)................................................................... 401 Abbildung 3.6-4: Bevorstehender Wandel des Energiesektors durch regionale Energie­märkte und Strom aus erneuerbaren Energiequellen...................................................................... 403 Abbildung Ü-1: Organisation der AG2.................................................................................................. 431 Abbildung Ü-2: Ziele der AG2 in 2013.................................................................................................. 433 Abbildung Ü-3: Matrix-Struktur der Organisation und Arbeitsergebnisse der UAG Intelligente Netze... 457

Bildnachweis Kapitel „Impressionen der unterjährigen Arbeit“ Alle Fotos von: mc-quadrat Markenagentur und Kommunikationsberatung · Berlin | München

Tabellenverzeichnis

Tabellenverzeichnis Tabelle 1.3-1: Synergie-Cluster Intelligente Netze auf der Business-Ebene – Geschäftsmodelle............. 54 Tabelle 1.3-2: Synergie-Cluster Intelligente Netze auf der Business-Ebene – Finanzierung..................... 56 Tabelle 1.3-3: Synergie-Cluster Intelligente Netze auf der Business-Ebene – Kaufbereitschaft/Bedürfnis 57 Tabelle 1.3-4: Synergie-Cluster Intelligente Netze auf der Business-Ebene – Fachkräfte/Ausbildung...... 58 Tabelle 1.3-5: Übersicht Synergie-Cluster der Prozess-Ebene und geeignete Maßnahmenempfehlungen 62 Tabelle 1.6-1: Effizienzgewinne und Wachstumsimpulse im Verkehrsbereich.......................................... 162 Tabelle 1.7-1: Dimensionen und unterschiedliche Ausprägungen eines intelligenten Hochschulnetzes... 195 Tabelle 1.8-1: Technische Handlungsschwerpunkte des E-Government.................................................. 229 Tabelle 1.10-1: Überblick Best-Practice-Projekte...................................................................................... 240 Tabelle 2.1-1: Beispiele für Intelligente Netze anhand der fünf Domänen................................................ 254 Tabelle 3.4-1: Anforderungen an ein Qualifizierungsmodell  ................................................................... 359 Tabelle 3.7-1: Breitbandaktivitäten der Bundesländer............................................................................. 414

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