Zürcher Bahnhofstrasse Magazine 1/20

Page 1

Robert Hunger-Bühler

2

O

2

O

AUF DER SUCHE NACH FORMVOLLENDUNG



I

Inhaltsverzeichnis

22

5

Editorial 6

6

Santiago Calatrava – Der Unergründliche

22

Iria Degen – Die Formvirtuosin

32

Beatrice Rossi – Die Leidenschaftliche

38

Robert Hunger-Bühler – Der Hinterfrager

50

Walde & Partner – Die Vorwärtsstrebenden

58

Lucy – Der Sternenhimmel

62

Götte Optik – Die Weitsichtigen

72

Christophe Christ – Der Präzise

96

Modestrecke Patrizio Di Renzo – The Dark Shift

104

Wladimir Rosenbaum und Aline Valangin – Die Unverstandenen

108

Zürcher Galerien und Museen

6

96

Impressum HERAUSGEBER: Frank Joss Communications, Hauptseestrasse 117, 6315 Morgarten, joss@frankjoss.ch CHEFREDAKTORIN: Larissa Groff, T +41 79 571 15 86, groff@frankjoss.ch KONZEPT & ARTWORK: Frank Joss ARTWORK: Lionel Buettner / KLAR INSERATE: Frank Joss Communications DRUCK: werk zwei Print + Medien Konstanz GmbH PATRONAT: Vereinigung Zürcher Bahnhofstrasse COVERFOTO: © Patrizio Di Renzo 3


4


Editorial

EDITOR’S Word

D

AUF DER SUCHE NACH FORMVOLLENDUNG

as Jahr 2020 - ein zeitliches Vakuum, so hat man das Gefühl. B.C., also Before Corona, scheint wie eine andere Epoche, in der alles so selbstverständlich, so unkompliziert, so leichtfüssig daherkam. Unbekümmert und routiniert setzten wir einen Fuss vor den andern, und immer wieder … um plötzlich ins Leere zu treten. Aber wo führt uns der Weg nun hin? Niemand scheint es so recht zu wissen. Doch die Ungewissheit hat auch etwas Positives, birgt sie doch eine gewisse Abenteuerlichkeit in sich. Die Segel setzen, die Taue lösen und auf geht’s zu neuen Ufern, um zu entdecken, was sich da hinten am Horizont noch versteckt. Es gilt, den Seefahrer in uns wachzurütteln, der das Unbekannte annimmt, es sogar begrüsst und sich mutig in die Wellen stürzt, um die Welt neu zu entdecken - und sei es nur die eigene. Auch wir haben uns dieses Jahr auf Entdeckungsreise begeben. Voller Neugier machten wir uns auf die Suche … und zwar auf die Suche nach Formvollendung. Ob wir sie gefunden haben? Lesen Sie selbst! Beispielsweise wie der internationale Stararchitekt Santiago Calatrava sich inspirieren lässt von Musik und Poesie vergangener Zeiten für die Entwürfe von Gebäuden, die die Zukunft prägen. Oder wie die Schweizer Schauspielgrösse Robert Hunger-Bühler auch nach zahlreichen internationalen Erfolgen seine Demut und Bescheidenheit bewahrt - und wieder zurück zu seinen jugendlichen Wurzeln in Aarau findet. Einen Blick in die Vergangenheit bescheren uns auch einige Ausschnitte aus dem Buch «Geschichte zweier Leben - Wladimir Rosenbaum & Aline Valangin». Der berühmte Anwalt und die Pianistin und Schriftstellerin beherbergten in ihrem Haus in Zürich zahlreiche Schriftsteller und Künstler, deren Werke Berühmtheit erlangten. Anschliessend nehmen wir Kurs auf das faszinierende Universum des Designs: Die bekannte Innenarchitektin Iria Degen lehrt uns, wie sich klassische Stile und zeitlose Formen immer wieder neu erfinden lassen - die Inspiration verbirgt sich manchmal im Detail. Wie auch in den Details von Patrizio Di Renzos kraftvollen Bildern, die diese Ausgabe vollenden. So schicken wir Sie nun los auf eine Reise durch die Welt der Formen, der Kreativität und Inspiration. Wir wünschen Ihnen viel Spass beim Entdecken. Und bleiben Sie neugierig!

Frank Joss, Herausgeber und Larissa Groff, Chefredaktorin

5


When a frown crosses his face, and he begins a sentence with, “These people... you know they say...” We certainly know who they are and what they’re going to say.


Santiago Calatrava

Der Unergrundliche

Interview: Frank Joss Text: Larissa Groff Portrait photographed by Patrizio Di Renzo

«For the most part, Santiago Calatrava’s warmth and generosity overshadow his immense gifts. He is so gentle that you wonder where the rock-hard rationality that underlies his work is hidden. He is so composed that you can’t imagine how the feelings of annoyance and anger that must go with his practice are disguised. After all, he hasn’t been canonized yet. When a frown crosses his face, and he begins a sentence with, «These people … you know they say …» We certainly know who they are and what they’re going to say. They are the civic naysayers who believe that any good building is really no good, or that any good building is too expensive to build. Then a smile as fresh as a sunrise brings you back to the business at hand. And it is always «at hand» in Santiago’s world. As his own hands move, you know that they’re going to come together, and as they come together, that a form will appear. (…) The same hands, palms cupped and fingers interlocked, form a gesture that is becoming one of the most beautiful building projects in New York City’s history. It’s hard to believe that so many wishes and needs can be encompassed in a single gesture. But then again, it is an ecumenical gesture that is surely universal, and can aptly be traced to its Greek root, the inhabited world. When the roof of Calatrava’s building opens to the sky on a late summer evening, we will see a white disc suspended against a dark blue field. In the space of a moment, reality and aspirations will be fused into one, because it makes sense that an ecumenical gesture should reveal a Eucharistic image, and together that they should become a single entity.» Frank Stella, Vorwort zum Buch «Oculus», das 2017 vom Buchverlag Assouline publiziert wurde und den Bau des Calatrava-Bahnhofs «Ground Zero» beschreibt.

7


Mit Santiago Calatrava ist es wie mit dem Glück. Meint man es zu haben, ist es schon entwischt. Ein Versuch, ihn festzuhalten, ist zum Scheitern verurteilt. Denn kaum glaubt man zu wissen, wie er als Mensch oder Architekt funktioniert, ist alles wieder ganz anders. Er bleibt unfassbar. Unfassbar gut, weil er uns auch mit Poesie und grosser spiritueller Tiefe umfasst. Den Unergründlichen haben wir in seinem Zürcher Büro zu einem Gespräch getroffen. Frank Joss

Wenn ich von Ihnen lese oder einen Film schaue, dann kommt mir immer der Begriff Demut in den Sinn. Wann sind Sie in Ihrer Lebensschule der Demut begegnet? Jedes Mal wenn man vor einem weissen Blatt sitzt, empfindet man eine enorme Leere. Ich muss etwas schaffen, das es vorher nicht gegeben hat. Und entweder entsteht dann eine schöne Zeichnung oder ich muss wieder von vorne beginnen. Mein Beruf ist also ein ständiges «Sich-selbst-in-Frage-stellen». Deswegen ist es ein Gefühl vom stetigen Neuanfang. Ein Gefühl, dass man sich selbst immer wieder neu begegnet, an einem Ort, an dem man noch nie war. Und wenn ich die Arbeiten anderer anschaue, ich denke da an Maler oder Bildhauer, empfinde ich nicht nur eine gewisse Bewunderung, ich sehe mich auch selbst kritischer. Weil diese Künstler der Massstab sind. Manchen erscheint das unerwartet, weil sie mich für eine Art Held halten, der von Vornherein alles ganz genau weiss. Aber in Wirklichkeit entsteht mein Weg beim Laufen, «camino al andar». Es gibt ja so viele «Fallschirm-Objekte» in der Architektur. Da kommt irgendein Architekt und lässt ein Objekt nach seinem Gusto auf die Stadt «herunterfallen» und die Stadt muss dann dieses Objekt annehmen. Oder nicht? Darüber wurde schon ganz viel geschrieben. Die Begegnung an einem Ort, sich mit den Leuten auseinandersetzen, sich prägen zu lassen von diesem Ort, ist ein wichtiges Element in der Architektur und auch für mich als Ingenieur. Ich habe mal eine Brücke für Buenos Aires entworfen, während ich Tangomusik gehört habe. Es klingt banal, aber wissen Sie, es gibt gewisse Dinge wie die Musik, die wir dann ins Reale umsetzen können. Seltsamerweise haben dann auch Leute gesagt, dass die Brücke einer Figur aus dem Tango ähnelt. Wie der Mann die Frau hält und sie fast nach hinten fällt. Die Architektur bleibt natürlich eine abstrakte Sache, aber es hat schon sehr viel mit der jeweiligen Umgebung, mit deren Leuten und deren Kultur zu tun. Ich glaube, Sie haben die Fähigkeit, gewisse Dinge im Leben noch immer mit den Augen eines verwunderten Kindes zu sehen … Vor vielen Jahren, das war immer noch in der Ära von Jelzin, machte ich eine Architektur-Ausstellung in Moskau. Das war in einem sehr schönen Haus. Die Ausstellung war eine einfache. Da haben wir die Modelle auf Kisten ausgestellt, so 70 oder 80 an der Zahl. Ich hatte einen Dolmetscher dabei. Dann kam eine Dame, wandte sich mir zu und sagte etwas auf Russisch. Und ich drehe mich zum Dolmetschter um. «Sie haben wohl eine sehr glückliche Kindheit gehabt», sagte die Dame. Ich finde, dass die Architektur in all ihren Facetten in den Skizzen eine gewisse Heiterkeit, eine gewisse Freude, einen gewissen Glauben an die Zukunft ausstrahlen muss. Auch weil diese Bauten uns überleben, als Zeuge einer Zeit, aber auch als Träger einer Botschaft. Das Thema dieser Ausgabe unseres Magazins lautet ja «Auf der Suche nach Formvollendung». Wie erreichen Sie bei Ihrer Arbeit die Formvollendung? Seit dem ersten Tag habe ich immer mit Skulpturen und Plastik gearbeitet. Dort ist man sehr frei, Sie haben keine Sachzwänge - ausser dem Material, mit dem Sie arbeiten. Ich habe auch sehr viel von meinem Vokabular aus meinem Ingenieurstudium gezogen: Wie man Sachen baut, wie Stahl sich verhält, wie Beton sich verhält, wie Holz sich verhält. Man hat eine gewisse Beherrschung der Materialien als Mittel. Die Synthesis von beiden Dingen ist das architektonische Werk. Ich habe viele Sachen gemacht, wie Brücken oder Bahnhöfe, die sich bescheiden in den Alltag einfügen und den Menschen gehören. Die aber von Millionen von Menschen jeden Tag durchquert werden.

Sehen Sie, dieser Turm in Dubai ist nicht eine Frage der Fulle, es ist eine Frage der Transparenz.

8


Das höchste Gebäude der Welt in Entstehung: Creek Tower, Dubai


Santiago Calatrava

Der Unergrundliche Wenn einer von New Jersey nach New York zur Arbeit fährt, sind es nur fünf Minuten, die er im Bahnhof verbringt, aber diesem Menschen will ich sagen: Dieser Ort, der wurde für dich gemacht. Wenn ich Ihre Skizzenbücher anschaue, ist die Absicht klar, was das Objekt aussagen will. Aber wenn man länger hinschaut, hat es so viel Wechselhaftes in diesen Skizzen, das es noch zu entdecken gilt. Überlassen Sie es dem Betrachter Ihrer Skizzen, wie er diese fertig denkt? Das Wort Skizze hat an sich schon etwas Unvollendetes. Die unvollendete Form ist auch eine Ressource, die auch in der Kunst gebraucht wird. Denken Sie an die Sklaven von Michelangelo. Die Skizze hat diese Qualität des Unvollendeten, aber es hat auch das Repetitive. Man macht also eine Skizze auf einem Blatt, dann die nächste auf einem anderen Blatt - mit ganz wenigen Abweichungen. Wenn ich das dann meinen Mitarbeitern zeige, dann übergebe ich eine Emotion. Wenn ich nun also jemandem meine Skizze gebe, etwas Unvollendetes, projiziert wiederum auch dieser etwas in die Skizze hinein. Das Skizzieren findet also bis zum Ende des Prozesses statt. Ich mache meine Skizzen übrigens immer auf gutem Papier, mit Wasserfarben oder sonstigen Farben. Architektur ist ja immer eine Form von Botschaft, die Sie mit einem Werk in die Öffentlichkeit tragen. Was ist die stärkste Botschaft, die Sie dem Betrachter übermitteln wollen? Ihre Frage führt mich zu zwei Punkten. Erstens: Kann man mit Architektur eine Botschaft übermitteln? Das Zweite: Was will man sagen? Zum ersten Punkt: Zweifelsohne, es ist wie beim Schriftsteller. Und dazu gibt es Mittel, wie beim Projekt bei Ground Zero. Dieses ist nicht parallel zum Strassennetz der Stadt gebaut, sondern leicht schräg. Das Gebäude hat ja oben eine Spalte, die sich zweimal im Jahr öffnet. Dann sehen Sie den Himmel über New York. Die Sonne strahlt herein und kreiert einen Lichtweg am Boden des Gebäudes, von der einen Seite zur andern. Zweimal im Jahr, am 29. März und am 11. September. Es braucht keine Worte, aber die Geschichte ist geschrieben. Es gibt also ein Vokabular in der Architektur. Ein anderes Beispiel in Zürich: Das Niederdorf folgt der Richtung der Limmat und das Grossmünster ist im Verhältnis zum Rest aber schräg gebaut. Und wohin schaut das Grossmünster? Richtung Osten, also Richtung Sonnenaufgang. Das heisst, dort hat es in der römischen Zeit Christen gegeben. Denn zu dieser Zeit wurden die Kirchen so gebaut, dass sie einen kosmischen Bezug hatten. So ist heute also eine ganze Stadt in andere Richtung gebaut und die Kirche steht dazu schief. Oder eben nicht schief, denn sie trägt eine Botschaft in sich. Wir haben das heute ein wenig verloren, nicht zuletzt wegen dem Rationalismus, aber auch wegen dem Funktionalismus. Die Nachkriegszeit hat uns eine Architektur beschert, die viel zu wenig Bezug hat zur Natur oder zum Kosmos. Man baut ein Einfamilienhaus und dann wiederholt man es wieder und wieder. Woher kommt dieses Fantasielosigkeit? Woher kommt es, dass man beim Andern abschaut, ohne sich zu fragen, wieso er so baut? Bei Ihrer Frage kommt mir die USA in den Sinn: Die Amerikaner haben einen Sinn für Community. Eine Community bedeutet für den Amerikaner viel mehr als für den Europäer. Der Europäer würde sagen: «Ein Museum? Das baut die Stadt. Eine Schule? Das baut die Stadt. Eine Universität? Das baut die Stadt.» Die Amerikaner denken nicht so. Das hat hat zur Folge, dass sie eher den Sinn für Civic Monumente haben. Die George Washington Bridge ist beispielsweise ein Civic Monument. Dieses Gefühl hatten auch die Leute, die das Grossmünster gebaut haben. Sie haben angefangen zu bauen, aber sie wussten, dass sie es nicht erleben werden, wenn das Gebäude fertiggestellt ist, aber ihre Ururgrossenkel. Es geht bei der Architektur nicht nur um die Firmitas im Sinne der Stabilität, sondern auch im Sinne der Perennitas, der Beständigkeit. Bleiben wir bei Amerika: Der Architekt Frank Lloyd Wright ist auf die Strasse gegangen und fragte die Leute, was sie gebaut haben möchten, damit sie sich wohlfühlen, damit sie glücklich sind. Frank Lloyd Wright wollte eine Art von amerikanische Epos schreiben, einen Stil finden, der den Amerikanern entspricht. Falling Water ist beispielsweise eines der schönstes Häuser, die je gebaut wurden. Es erinnert mich an Claude Monet, wenn man vor diesem Haus steht. Jeder Pinselstrich ist wie eine Musiknote, die sich sodann zu einer Komposition zusammenfügt.

Die Sklaven von Michelangelo: Die Skizze hat diese Qualitat des Unvollendeten.

10


11


Santiago Calatrava

Der Unergrundliche

Ist den jüngeren Architekten die Lust verloren gegangen? Leute wie Frank Lloyd Wright denken, Architektur ist Kunst. In der Architekturschule wird - auch heute ist es noch so - der Begriff Architektur nicht als Kunst vermittelt. Punkt. Das führt zu zwei Fragen? Ist die Architektur wirklich Kunst? Und was vermitteln denn diese Schulen? Die guten Schulen vermitteln eine gewisse Berufskenntnis. Nach vier oder fünf Jahren kann man ein Fenster korrekt zeichnen. Das ist schon sehr viel. Man kann nicht zusätzlich noch Künstler ausbilden. Aber ob die Architektur nun Kunst ist oder nicht, das ist sehr einfach herauszufinden. Kaufen Sie sich eine Enzyklopädie der Kunst und darin hat es ein Kapitel über die Architektur. Wenn Sie eine unschönes oder ein monotones Gebäude bauen, verpassen Sie die Gelegenheit, ein Kunstwerk zu schaffen.

Auguste Rodin sagte: "l‘art n‘est que sentiment“.

Müsste man in einer gewissen Hinsicht, die Schulen, die Architektur vermitteln, entschulen? Wir haben über Frank Lloyd Wright gesprochen. Er ging an die Ingenieurschule, dann ging er zu Sullivan und lernte dort den Beruf. Dasselbe war bei Ludwig Mies van der Rohe. Van der Rohe machte eine Ausbildung als Zeichner, dann hat er mit Peter Behrens gearbeitet, dann ist er später zu dem Ludwig Mies van der Rohe geworden, den wir heute kennen. Dasselbe bei Le Corbusier: Er war Graveur, Uhrenmacher. Damit will ich sagen: Eine gute Schule ist diejenige, die eine Einführung in den Beruf gibt. Damit man weiss, wie man zeichnet, wie man die Grundrisse macht, wie die Perspektive funktioniert. Den Rest muss man selber weiterentwickeln. Die Chinesen sagen: Eine Begegnung mit einem weisen Mann bringt mehr als 100 Stunden Studium. Das heisst, der Schule zu begegnen, den Leuten, die das Licht gesehen haben und es weitergeben, ist sehr wichtig. Bei der Colombia University, auf der auch alle meine Kinder waren, heisst es auch: In Lumine Tuo Videbimus Lumen. Also: In deinem Licht werden wir Licht sehen. Sie sind kein Würfler. Und trotzdem gelingt es Ihnen, dass es in allem, was Sie machen, so viel Sinnliches oder sogar Übersinnliches zu entdecken gibt. Und das würde man ja eher dem Spieler zuordnen. Was ist Ihr Geheimnis, das zu dieser Art von Sinnlichkeit führt? Auguste Rodin sagte: « l’art n’est que sentiment». Es dreht sich also alles ums Gefühl. Es ist nicht eine trockene oder sachliche Angelegenheit, eine Brücke zu zeichnen. Obwohl eine Brücke auch sachlich und technisch ist mit Schwingungen, Stabilität, Kosten, Bauvorgängen … Aber man muss immer mit Gefühl arbeiten. Architektur ist ja für Sie eine synästhetische Erfahrung. Können Sie Architektur hören? Es gab einen amerikanischen Architekten namens Louis Kahn, der sagte: «Wenn man mit einem Ziegelstein spricht und ihn fragt, was er sein will, wird er sagen: ein Bogen.» Die Backsteine sprechen also, aber sehr leise (lacht laut).

12


13


Santiago Calatrava

Der Unergrundliche Was in der Architektur sehr schön zu hören ist, sind die eigenen Schritte. Guillaume Apollinaire, von dem auch die berühmten Kalligramme stammen, sprach von den Schritten, die in der Kirche widerhallen. Oft verbindet man nur Licht mit Raum, aber man muss auch den Ton mit dem Raum verknüpfen. Das ist sehr wichtig. Man kann also die Architektur auf eine bestimmte Art auch hören. Wenn Ihr Creek Tower eine Musik wäre, welche wäre es? Der dritte Satz der zweiten Symphonie von Rachmaninow, also das Adagio. Denn dieses Stück ist so sehr mit Leidenschaft verbunden, ein Gefühl der Nostalgie. Und das Zweite: Das Finale der zweiten Symphonie von Gustav Mahler. Sehen Sie, dieser Turm in Dubai ist nicht eine Frage der Fülle, es ist eine Frage der Transparenz. Wenn man ihn nun mit dem Burj Khalifa vergleicht: Burj Khalifa ist zwar auch ein sehr schönes Statement aber es ist in sich selber geschlossen. Der neue Turm mit den Netzen wirkt viel atmosphärischer. Es gibt viel mehr Lichtqualität, die Sonnenuntergänge in Dubai kommen besser zur Geltung. Wieso habe ich also diese zwei Stücke gewählt? Das eine ist sehr nostalgisch, sehr atmosphärisch, ein Gefühl der Sehnsucht, der Wiederkehr entsteht, man sieht förmlich diese russischen Landschaften … Und so soll auch dieser Turm sein. Auf der anderen Seite gefällt mir diese Auferstehung des zweiten Stücks, es ist voller Hoffnung. Sie haben mit Gustav Mahler die Analogie zur Hoffnung gemacht. Nun zu Ihrem Gebäude bei Ground Zero - die Wiedererstehung der Hoffnung - was wäre das für eine Musik? Eine gute Frage. Denn es gibt etwas in der Architektur, das sehr nahe an der Musik ist. Man sagt, die Extreme berühren sich. Zum Beispiel Liebe und Hass. Dunkelheit und Licht. Bei der Architektur ist alles materiell und bleibt bestehen. Musik ist aber immateriell. Ein Klang und dann ist sie verschwunden. Die Musik geschieht jetzt, in diesem Moment. Die Musik und die Architektur haben aber doch sehr vieles gemeinsam. Das habe ich auch selbst erlebt. Peter Baumann, der Architekt, hat mir ein Ticket geschenkt, um das israelische philharmonische Orchester, dirigiert von Zubin Mehta, zu hören. Der sechste Satz der dritten Symphonie von Mahler hört nie auf (fängt an zu singen). Ein Tag danach, zwei Tage danach, eine Woche danach...die Musik war noch immer in meinen Ohren. Das ist genau dasselbe wie bei der Architektur. Sie gehen in ein Gebäude, sie betrachten ein Gebäude, sie lassen sich von diesem Gebäude prägen und es bleibt an Ihnen hängen - auch wenn das Gebäude nicht mehr da ist. Aber die Sensation, der Teil von uns, der berührt wird, ist der gleiche wie bei der Musik. Und nun zur Musik für Ground Zero? Die achte Symphonie von Mahler - auch Symphonie der Tausend genannt. Da geht es ebenfalls um Auferstehung, ein Lob an Gott. Ich wollte dort bei Ground Zero eine kleine Kirche bauen, etwas Sakrales. Kann es sein, dass Sie Ihr Meisterwerk noch gar nicht gebaut haben? Es muss so sein, das ist jetzt keine falsche Ambition. Es gibt immer noch Dinge, die gesagt werden müssen. De Goya ist in Bordeaux gestorben und er war taub, ganz taub. Ich möchte zwei Bemerkungen machen. Erstens: Er ging nach Paris, um die Lithografie zu erlernen. Können Sie sich das vorstellen? Er hat all diese Bilder und Grafiken gemacht, aber er will trotzdem noch die Lithografie erlernen. Und es entstand diese schöne Lithografie von ihm «los toros de burdeos». Die zweite Sache: Er machte eine Reihe Zeichnungen, die er auf der Strasse gemalt hat. Und auf einer sieht man einen alten Mann, der sich auf zwei Stöcken hält und darunter schrieb er «Todavia aprendo», ich lerne noch immer.

Man begegnet im Leben immer wieder wunderbaren Menschen.

14


Metrostation «Oculus», New York


Portrait von Kenton Thatcher

J O A N A VA S C O N C E L O S

16

Bereits seit Mitte der 90er Jahre sind die Werke der Lissabonner Designerin Joana Vasconcelos regelmässig an Ausstellungen zu sehen. Seit ihrer Teilnahme an der Biennale di Venezia im Jahr 2005 mit «A Noiva» (Die Braut) ist sie auch international ein Begriff. Ihre Kreationen stellen das Frauenbild der modernen Welt in Frage und würdigen zugleich die traditionelle portugiesische Handwerkskunst. 2012 stellte sie als erste Frau und bisher jüngste Künstlerin ihre Kreationen im Palast von Versailles aus.


Joana Vasconcelos

Die Avantgardistin Die Begegnung mit Roche Bobois 2019 entdeckte die Künstlerin bei einem Besuch des Roche-Bobois-Geschäfts in Lissabon das Sofa «Mah Jong». Das Design stammte von Hans Hopfer aus dem Jahr 1971, das zugleich auch das Geburtsjahr der Künstlerin ist. Vasconcelos interpretierte dies als ein Zeichen… Kurz darauf beginnt die einzigartige Zusammenarbeit mit Roche Bobois. «Uns lagen bei dieser Zusammenarbeit zwei Dinge am Herzen. Erstens: Einer zeitgenössischen Künstlerin, die berührend und verblüffend zugleich ist, eine Stimme zu geben. Zweitens: Dass Vasconcelo sich durch eine für sie neue Art und Weise ausdrückt - nämlich durch das funktionale Objekt. Beides ist uns gelungen mit einer kreativen und extravaganten Kollektion. Eine fröhliche und ausgefallene Interpretation des ‘French Art de Vivre‘ - gesehen durch die Augen von Joana Vasconcelos.»


18


Bombom Kollektion Anlässlich des 60-Jahre-Jubiläums entschied sich Roche Bobois dazu, den Dialog mit Joana Vasconcelos wieder aufzunehmen. Es sollte eine aussergewöhnliche Kollektion von Sitzmöbeln und Accessoires entstehen. Das Ergebnis: Eine Serie multifunktionaler Entwürfe, die gleichzeitig verspielt und dynamisch ist. Eine Kollektion, die kreative Lebensfreude im Wohnzimmer versprüht.

19


Joana Vasconcelos

Die Avantgardistin

www.roche-bobois.com

20


RESTRAINED BUT WITH ABUNDANT CHARACTER

GEORGE table & bench Werner / Vรกzquez Design Studio for Zoom by Mobimex

mobimex.ch


Ich glaube schon, dass mich meine asiatischen -Wurzeln sehr pragen. Interview: Frank Joss — Text: Larissa Groff — Photographed by Patrizio Di Renzo

22


Iria Degen wurde in der Schweiz geboren und studierte zuerst Jura an der Universität Zürich, bevor sie sich entschied, eine Ausbildung zur Innenarchitektin an der Ecole Camondo in Paris zu machen. Mittlerweile ist sie eine der gefragtesten InteriorDesignerinnen der Schweiz. Mit ihrem Team richtet sie unter anderem Privathäuser, Restaurants, Hotels und Boutiquen ein - national sowie auch international. Ihr Stil: Schlichtes Design in dezenten Naturfarben, das durch seine zeitlose und klassische Schönheit besticht.


Tisch «Ava» für Zoom by Mobimex

24


Iria Degen

Die Formvirtuosin

Man ist ja immer inspiriert von dem, was schon ist, was man schon vorfindet. Bei dem- man denkt: “Das hat eine Qualitat, diesen Faden will ich aufnehmen und weiterspinnen.“

Iria Degen,

bei der Architektur und der Innenarchitektur gibt es ja das ästhetische Moment, dasjenige des Körpers, dasjenige der Form und Funktion und dann beginnt man mit dem Entwurf. Mir fehlt aber meist noch ein ganz wichtiges Moment und das heisst Poesie, die einen von Anfang an begleiten sollte … Ja, das liegt an unserer heutigen Welt: Zeit ist Geld, es muss kommerziell stimmen, nichts ist eine Beschäftigungstherapie, sondern es muss sich rechnen. Das hört man immer wieder bei diesen Projekten - weniger in den privaten natürlich. Ich sage oft während Diskussionen: «Stop. Aber wo ist die Idee?». Es beginnt doch alles bei irgendeiner Idee, bei einer Essenz. Ich würde jetzt nicht so weit gehen und «Poesie» sagen - aber wo ist die Kür geblieben? Das Pflichtprogramm muss man sowieso erbringen, das ist selbstverständlich. Aber in diesem Schnelllebigen, bei dem man immer Deadlines und Budgets folgen muss, sollte man manchmal ein bisschen innehalten. Nur wenn man einen kohärenten, roten Faden hat, kann man begeistern. Ich sehe uns nicht nur als Designer, ich sehe uns auch als knallharte Dienstleister. Aber ich finde es sehr wichtig, dass wir immer wieder begeistern können. Die Art, wie Sie arbeiten, die Art, wie Sie denken, die Art, wie Sie funktionieren: Hat das manchmal auch eine Verbindung zu Ihrem kulturellen Hintergrund? Meine Grossmutter kam aus Thailand, meine Mutter wuchs bis zum Alter von 12 Jahren in Bangkok auf, dann zog sie zur Tante in Sursee. Meine Mutter ist also halb Thai, halb Schweizerin. Und sie hat auch Schule, Studium und alles weitere in der Schweiz gemacht. Aber ich glaube schon, dass mich diese asiatischen Wurzeln sehr prägen. Wo werden diese Wurzeln sichtbar? In der Ruhe, in der Gelassenheit, in der Stille. Ich habe das von meiner Mutter bekommen und das ist das grösste Geschenk überhaupt. Das ist die Basis. Daher kommt auch eine Bescheidenheit, Fleiss ist ein weiteres Attribut sowie sich nicht in den Vordergrund drängen zu müssen. Auch Demut ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Wort … Ja, Demut und Dankbarkeit. Dankbarkeit für das, was ist. Nicht etwas nachrennen, das nicht ist - oder das noch nicht ist. Klar kann man Träume haben, klar soll man sich Sachen vornehmen. Aber sich an dem freuen und nähren, was ist, das ist irrsinnig schön, wenn man das kann. Dann ist man zufrieden. Und wenn man zufrieden ist, kann man dann weiter überlegen: Was kann ich jemanden geben, wie kann ich jemanden beschenken?

Philippe Walther, CEO der Mobimex AG und Hersteller des AVA Tisches


Ist es in Ihrem Sinn, gewisse Projekte mit einem interdisziplinär zusammengestellten Team anzugehen? Also mit Leuten, die, prima vista, nicht vom Fach sind, wie Soziologen, Musiker, Cineasten, Schriftsteller … Es geht ja darum, stigmatisierte Sichtweisen aufzubrechen. Absolut. Die Welt ist komplett multikulti, es ist alles interdisziplinär geworden, es ist alles zugänglich für alle, die das wollen und suchen. Heute ist die grösste Challenge, dass man flexibel bleibt und dass man die Sachen verknüpfen kann. Wenn man seinen Kindern etwas auf den Weg mitgeben will, dann ist es das. Wie zum Beispiel in der heutigen Zeit mit der Pandemie, da muss man sich anpassen, gleich reagieren. Weltweit laufen diese Innendesign-Kongresse - bei deren Vereinigung ich ja im Vorstand war - nur noch interdisziplinär ab: Da sind Fashion Designer, Landscape Architects, Lichtdesigner und Politiker. Dann lässt man diese diversen Perspektiven aufeinander prallen, hört sich die unterschiedlichen Argumente an und aufgrund dessen macht man seine Strategie. Das ist hochspannend. Ganz konkret: Gibt es in Ihrem Büro jemanden, der aus einem ganz anderen Bereich kommt? Aufgrund meines Jura-Studiums bin ich selbst schon eine absolute Quereinsteigerin. Wenn Sie das Budget hätten, welche Leute würden Sie sich zusätzlich in Ihrem Team wünschen? Künstler, die mit Optik, Grafik, dem Visuellen zu tun haben. Wenn Ihnen aber jeder Wunsch erfüllt wird, welcher bedeutende Künstler würden Sie in Ihr Team holen? Ich glaube, auf die Berühmtheit kommt es nicht an. Es müssen vielmehr Leute sein, die selbst das Gefühl haben, dass sie noch nicht angekommen sind. Es müssen Suchende, Neugierige sein. Das hat jedoch nichts mit Alter oder Ruhm zu tun. Künstler sind für mich frei, bei nichts ist man so tolerant wie bei der Kunst. Es kann polarisieren, es gefällt oder nicht. Ich würde also Künstler wollen, die zum Beispiel mit Material nochmals anders umgehen können. Das wäre eine Bereicherung für uns. Haben Sie eine besondere Leidenschaft für gewisse Habitate? Was ich besonders gerne mache, sind Hotels. Man hat dort einen öffentlichen Raum, diese Transition, die private Situation in den Zimmern, aber auch spezielle Räume, wie einen Erholungs- oder ein Wellnessraum, Gruppen-Veranstaltungsräume … Man hat also diverse Situationen, die es im Leben auch gibt. Ein Hotel ist ein grosses Gebäude, das in sich eigene Welten birgt. Die riesengrossen Blöcke, das sind schon fast Maschinen, bei denen Funktion ganz gross geschrieben wird. Aber man möchte den Gästen trotzdem den Wohlfühlfaktor bieten. Das Hotel hat all diese Facetten in irgendeiner Form und ich finde das faszinierend, wenn man das ganze Knowhow kombinieren kann. Wir gehen ja bei unseren Projekten immer vom Menschen aus,

26

Raumteiler: wie ein dreidimensionaler Mondrian


Iria Degen

Die Formvirtuosin

von dessen menschlichen Bedürfnissen. Man steht auf, man macht sich auf den Weg zur Arbeit, man geht im Restaurant zu Mittag essen, man geht einkaufen und dann kommt man wieder nach Hause. Das ist ein Kreislauf des immer gleichen Menschen. Man nimmt ihn immer wieder anders auf und gibt wieder anders ab, eine Actio-Reactio-Geschichte. Das ist für mich das unendlich Spannende an meinem Beruf. Die Corona-Krise hat uns im Würgegriff in allen Lebenssituationen. Wie haben Sie sich persönlich mit der Corona-Situation auseinandergesetzt? Was haben Sie für sich mitgenommen? Vielleicht gibt es etwas, das Sie verändern möchten … Dass ich einfach wieder mal einen Gang runterfahre. Einfach schauen, was ist möglich, was ist verhältnismässig. Man hat Zeit gehabt, um sich zu besinnen. Muss man so viel reisen? Muss man immer an diese Meetings mit 20 Leuten fahren, bei denen 15 davon nichts sagen? Solche Sachen hinterfragt man nun kritischer als einfach loszurennen. Eine hypothetische Frage: Wenn Sie alle Möglichkeiten hätten, sei es ein Museum, Musical oder ganz berühmte Häuser, was möchten Sie noch unbedingt gestalten? (Mit einem Schmunzeln im Gesicht): Ich bin diesen Traum gerade am Umsetzen mit meinem Living Showroom in Spanien. Das dauert nun schon acht Jahre. Auch hier gilt: Der Weg ist das Ziel. Was ich aber auch schon immer machen wollte: Ein Segelbot gestalten. Mit 12 Jahren machte ich einen Segelkurs. Meine Mutter fuhr damals mit mir und meiner Schwester zum Chiemsee im Jahrhundertregen. Ich fühl mich auch heute noch wie ein Fisch im Wasser, habe auch sehr viele Tauchgänge gemacht. Segeln heisst für mich, mit einem langsamen Boot unterwegs sein, das vom Wind abhängig ist, das sich der Naturgewalt unterordnen muss. Diese sehr überschaubare, kompakte, intelligente Welt. Da wurde bei jedem Centimeter in die Waagschale gelegt, wie man mit engsten Raum umgeht. Wie man alles funktional gestaltet, aber schön. Und das auf dem Wasser, das eben mein Element ist, auf dem ich mich sehr wohl fühle. Man merkt, wie klein man ist. Man ist abhängig - aber es hat etwas Vertrautes. Mit welcher Sehnsucht ist das sonst noch verbunden? Einerseits die Kindheitserinnerungen … Dieses Wetterspektakel. Ich habe ja eine grosse Terrasse, 180 Grad ums Haus herum. Ich könnte das jeden Tag fotografieren, es ist nie gleich. Ich kann mich daran nicht sattsehen. Beim Design braucht es ja immer auch starke Leute im Hintergrund, die das umsetzen. Was haben Sie diesbezüglich für Erfahrungen gemacht? Da erwähne ich gerne die wertvolle Zusammenarbeit mit Mobimex zur Entstehung des AVA-Tischs. Beispielhaft dafür, was entstehen kann, wenn man bei der Entwicklung eines Projekts gegen einige Herausforderungen ankämpft und dabei nie aufgibt. So ist AVA, ein Tisch, entstanden, der nicht in der grautäglichen Nebelverfins-

27


Iria Degen

Die Formvirtuosin

28


Wohnung im Haus Fuchs. Andermatt Swiss Alpes

29


Iria Degen

Die Formvirtuosin

terung des Austauschbaren verschwindet. Er ist ein Statement für Handwerkskunst und Design gleichermassen. Die Passion dafür, Einzigartiges zu schaffen, habe ich mit Philippe Walther, CEO von Mobimex, gerne geteilt. Der Tisch AVA ist in jeder Hinsicht alltagstauglich. Seine wertvollsten Attribute: Die auffällige Oberflächenstruktur des Fusses, die in verschiedenen Ausführungen zur Auswahl steht, erzeugt einen harmonischen Dialog mit der Textur der Platte. Skulptural. Schmuckvoll. Modular. Und dann gibt es auch noch das Projekt für Andermatt Swiss Alps … Genau. Das ist eine Organisation, die sich um die Entwicklung des Ressorts «Andermatt» kümmert. In ihrem Auftrag haben wir im «Haus Fuchs» das Interior Design gemacht. Es entstand der Anspruch, den Wohnraum zu einem Möglichkeitsraum werden zu lassen. Das Apartmenthaus Fuchs erinnert an die Herrenhausarchitektur aus dem 19. Jahrhundert. Das Erscheinungsbild ist ruhig und dezent mit malerischen Einsätzen im Bereich des Eingangs und den Traufbereichen. Die Grundrisse der Wohnungen hingegen sind innovativ und einzigartig. Die so genannte SplittLevel-Logik lässt die Böden und Decken in Teilbereichen nach unten oder oben verspringen und erzeugen so ein ganz besonderes Raumgefühl. Die 18 Wohnungen sind zwischen 53 und 135 m2 gross. Im Zwischengeschoss besteht eine hauseigene Sauna, Ski- und Veloräume sind im Erd- und Untergeschoss. Die Architektur, das Interior Design oder die Objekte sind heutzutage uniform geworden, obwohl man überall von Vielfalt spricht. Das Leben ist ja auch vielfältig und hat viele Facetten. Können Sie diese Vielfalt erhalten? Oder reduzieren Sie sie auf gewisse Erscheinungsformen? Jetzt haben wir gerade aktuell ein Projekt in Luxemburg, ein Hotel, dessen Fassade denkmalgeschützt ist, weil es in den 30er Jahren gebaut wurde und so ein spezielles Zickzack-Dekor an der Fassade hat und ich habe noch nie mit diesem Zickzack-Muster gearbeitet. Noch nie in den letzten 20 Jahren fand ich dieses Zickzack interessant. Aber jetzt habe ich einen Aufhänger und ich lass mich jetzt von diesem Zickzack inspirieren und übernehme kleine Anspielungen davon beim Interior. Dann entsteht eine neue Form aus etwas, das mir zwar bis anhin nie wirklich gefallen hat, aber von dem ich mich nun leiten lasse. Und dann beginne ich zu recherchieren. Was kann man daraus Spannendes generieren? Wie passt das zusammen mit unserer Gestaltung, mit unseren Ideen? Das ist ein Suchen, das sehr bereichernd ist. Ich habe das Zickzack nicht erfunden, ich habe es nur anerkannt, annektiert und respektiert, dass das uns mit auf den Weg gegeben wurde. Und darum ist auch jedes Projekt so individuell.

30

Das sind Sie. Aber allgemein in der Architektur: es besteht eine wahnsinnige Uniformierung. Diese ganzen Areal-Entwicklungen, die könnte man von Bern nach Basel stellen und man wüsste nicht, gehört das jetzt nun zu Basel oder steht das in Bern. Richtig, es gibt solche Zeitepochen, im weitesten Sinne Trends. Zum Beispiel sieht man plötzlich wieder diese Fassaden mit den Keramikplatten… Es entwickeln sich immer solche Trends aus der Gesellschaft heraus und ich bin überhaupt nicht jemand, der diesen Folge leistet. Zum Beispiel bei unserer Collection: Viele Teile davon könnten gestern entstanden sein, aber sie sind schon 20-jährig. Ich habe immer die zeitlose, unaufgeregte Designsprache gesucht, weil diese mir einfach nahesteht. Und nicht, dass ich finde, dass das, was die anderen jetzt trendy machen, schrecklich wäre. Es steht mir einfach nicht nahe. Ich bin da klassischer: Zum Beispiel diese Schlammfarben, die ich für meine Corporate Identity gewählt habe, die habe ich seit 20 Jahren nie verändert. Und damals war das überhaupt keine Trendfarbe. Und heute sagt man «immer diese Schlammfarben …». Aber ich habe das damals gewählt, weil es mir besser gefällt als grelle Farben und ich mich voll und ganz damit identifizieren konnte. Ich habe vor 20 Jahren kein rotes Kleid besessen, vor 40 Jahren nicht und werde auch in 10 Jahren keines besitzen. Wer ist Ihnen näher, die Rebellin oder die Reflektierende? Ich bin keine Rebellin. Ich weiss, ich kann die Welt nicht alleine verändern. Wir können sicher als grössere Gemeinschaft Sachen bewegen und uns anstrengen, eine Richtung einzuschlagen, von der man überzeugt ist. Ich bin kritisch im möglichen Rahmen. Aber ich bin nicht frustriert, dass ich die Welt nicht verändern kann. Ich kann nur meine eigene Einstellung verändern. Was ich auch einen wichtigen Aspekt finde: Ich bin mir bewusst, dass ich nicht endlos Energie habe. Wir haben alle eine begrenzte Menge an Energie und wir sollten diese sinnvoll einsetzen, dass es irgendwo etwas Positives, etwas Zielführendes generiert. Und dieser Ressourcenhaushalt ist sehr wichtig - ich bin kein Burnout-Kandidat.


Woher ziehen Sie diese Energie für diesen ausbalancierten Gemütszustand? Was sind Ihre Quellen der Kraft? Dankbarkeit, das ist fundamental. Ich danke meiner Familie. Ich danke meinem Team, das mich immer trägt. Ich danke mir selbst. Und am Schluss braucht es einfach eine Prise Glück. Man kann nicht alles immer herleiten. Humor finde ich auch ganz wichtig. Dass man sich aus gewissen Situationen «herauslachen» kann. Es ist ja ernst, das Leben ist ernst. Schau dir mal die Nachrichten an: Alles ist ernst, alles ist dramatisch. Aber wenn man im Kleinen Freude haben und lachen kann und nicht nur alles immer todernst nehmen muss, dann ist das schon viel wert.

Morgen ist Weltuntergang. Was ist Ihre letzte Handlung? Danke sagen. Es erwischt uns alle mal irgendwann. Ich glaube, man muss sich jeden Tag so benehmen, dass, wenn es morgen fertig wäre, man sagen kann: «Es war gut.» Meine Mutter ist so weit. Sie ist so sehr mit sich selbst im Reinen. Ich nehme das als Vorbild. Manches macht man tatsächlich gut, anderes weniger. Irgendwann muss man einfach für alles danken, loslassen und sagen: «Es war schön.» Und hoffentlich ist man dann nicht allein. Aber wenn man das Leben lebt, dann ist man alles andere als alleine.

31


32


Beatrice Rossi

Die Leidenschaftliche

Schmuck ist seit Menschengedenken eine der ersten Ausdrucksmöglichkeiten, die über die Notwendigkeit des täglichen Lebens hinausreicht. Die Ursprünge für die Schmuckherstellung liegen vermutlich in rituellen Anlässen und frühen symbolischen Handlungen, die Menschen dazu motiviert haben, Schmuck herzustellen und zu tragen. Man liest von der Zeichenhaftigkeit von Schmuck, die sich auf verschiedenen Ebenen bewegen kann und nach aussen und innen wirkt. Von Hierarchien ist die Rede, die durch das Tragen von Schmuck festgelegt werden und die Stellung des Einzelnen in einer Gruppe bestimmen. Dabei bleibt Aussenstehenden der Code der Regeln verborgen. Es sind gerade diese verborgenen Akkorde, welche die Schmuckstücke von Beatrice Rossi so begehrenswert machen. Sie spielt mit ihrer fachlichen Kompetenz nicht auf dem Marktplatz der Eitelkeiten. Ganz im Gegenteil. In den brillanten Objektdetails entdeckt man bei ihr in unvergleichlicher Weise das Spannungsfeld von Haute Couture der Handwerkskunst, dem Design und den sorgsam ausgewählten und bearbeiteten Steinen. Würde sie eine Autobiografie veröffentlichen, wäre der Titel wohl schon Programm: «My Life is my Jewelry». Wir haben Beatrice Rossi in ihrer Boutique in der Storchengasse zu einem Gedankenaustausch getroffen.

Beatrice

My Life is my Jewelry. Bewegte Begegnung Beatrice Rossi

Interview: Frank Joss Photographed by Patrizio Di Renzo

Frank Joss: Was treibt Beatrice Rossi Tag für Tag an? Beatrice Rossi: Lebensfreude. Und natürlich die unverrückbare Gewissheit, den richtigen Beruf gewählt zu haben. Das ist meine eigentliche Motivation zum Arbeiten und das seit über 36 Jahren meiner Selbständigkeit. Alles begann mit 17 Jahren in Pforzheim, der Goldstadt Deutschlands. Da habe ich nicht nur von der deutschen Gründlichkeit profitiert, ich habe auch gelernt, was in unserem Beruf Hingabe bedeutet. In der Pforzheimer Goldschmiede Schule waren unsere Lehrer davon beseelt, besser: besessen, uns das Handwerk in allen Facetten und in aller Schönheit zu lehren. Es war eine grossartige Zeit. Wie verläuft Ihr Arbeitsprozess? Beginnt alles mit Improvisationen oder mit frei dahinfliessenden Skizzen? Mit einer Idee, die Sie im Kopf haben? Ja, ich werde oft von einer Idee begleitet. Doch oft gehe ich vom Stein aus, den ich bearbeiten möchte. In Deutschland war ich privilegiert, in ein Meer edelster Steine abtauchen zu dürfen. Steine, die unterschiedlicher nicht sein können. Das hat meine Vorstellung von der Vitalkraft, die von Farben und Formen der Steine ausgeht, gestärkt. Ich habe mir so ein Füllhorn von unschätzbarem Wert anlegen können, aus welchem ich mich täglich lustvoll bediene. Von der Idee bin ich dann sehr bald beim Bau eines Modells. Ich muss anfassen können, was mir

33


mein geistiges Auge vorgegeben hat. Das höchste aller Gefühle ist aber, wenn eine Kundin zu mir kommt, um für sie ein Bijou anzufertigen, das einhergehen soll mit ihrer Persönlichkeit. Das braucht, die Frage sei erlaubt, eine feine Portion Menschenkenntnisse, nicht? Ohne falsche Bescheidenheit: das Leben hat mich gelehrt, tiefer zu blicken, den Menschen hinter dem Menschen zu entdecken. Das hilft enorm auf der Suche nach dem, «was» ich «wie» gestalten muss, um die Aura einer Frau fühlbar werden zu lassen. Gibt es Todsünden in der Anfertigung von Schmuck? Mich langweilt, wenn ich sehe, wie viele Objekte in der Grauzone der Gleichmacherei,

34


Beatrice Rossi

Die Leidenschaftliche

Mein Leben hat mich gelehrt, tiefer zu blicken, den Menschen hinter dem Menschen zu entdecken.

gefangen bleiben. Und wie viele wunderbare Edelsteine in einem Allerwelts-Industrieschmuck vergeudet werden: einfältig, blöd, gesichtslos, ohne Eigenschaften. Welche Formensprache sprechen Sie? Eine einfache: reduziert auf den Kreis und das Quadrat – aus Liebe zur Geometrie. Den Grundformen habe ich nur noch das Herz hinzugefügt. Das Herz ist Sinnbild der Leidenschaft. Das sieht man in meinen DNA-Spuren: Meine Mutter ist Italienerin, mein Vater kommt aus dem Tessin. Leidenschaft pur. Welches ist ihr Lieblingsmaterial? Für mich ist es immer eine Kombination von Edelsteinen und Platin und Gold. Zu Edelsteinen kann auch, pourquoi pas?, ein Bergkristall gehören. Ein bunt gefiederter Vogel ist in der Art, wie Sie Ihre Schmuckstücke präsentieren, oft Träger ihrer Objekte. Konzept oder Zufall? Eher Zufall. Aber alles hat mit meinem Einzug an der Storchengasse begonnen. Da gab’s eine schöne Skizzenserie mit dem Storch, als Assoziation zur Storchengasse. So bin ich beim Vogel gelandet. Ich mag seine Buntheit, sein ungezähmtes, stolzes Wesen, sein flüchtiges Dahinschweben. Es gibt aber auch eine praktische Seite. Ein guter Freund von mir hat eine grosse ornithologische Sammlung, aus der ich frei und uneingeschränkt auswählen kann.

Wenn Ihre Kreationen Musik wäre …  welche? Klassische Musik. Wohl die h-moll-Messe von Johann Sebastian Bach, sein letztes grosses Vokalwerk. Der chorale Gesang hat so was Kontemplatives und schenkt mir grosse innere Ruhe, die auch in meine Juwelierwerke einfliesst. Es ist fast archaische Musik, angeführt von einer konzertanten Virtuosität. Das Sakrale ist in allen Passagen zu spüren. Bachs’ Messe ist durchdringend für Körper, Geist und Seele. Wunderbar. Angenommen, Sie wären eine Tageszeit … welche? Eine Morgenstunde im Wald. Sie haben die Möglichkeit eine «Galérie imaginaire», also eine nicht real bestehende zu eröffnen. Welchen Künstler würden Sie für die allererste Vernissage verpflichten? Günther Uecker. Der mit den Nagelbildern? Spannend. Und wieso gerade Günther Uecker? Für mich ist er ein Maler, ein Werker mit Eisen. Er macht Köpfe mit Nägeln nicht umgekehrt. Ich mag einfach seinen schnörkellosen Umgang mit der Kunst. Vor allem hat er mit seinen wogenden Metallstiften das Landschaftsbild revolutioniert und der Kunst auch ein Quentchen Humor verliehen. Ich gehe auch immer wieder zu Ausstellungen von ihm. In diesem Jahr ist er ja 90 Jahre alt geworden. Viele Ausstellungen wird’s wohl leider nicht mehr geben.

Es läuft gegenwärtig das Zürcher Filmfestival. Für welche Persönlichkeit aus dem Filmbusiness würden Sie gerne ein Schmuckstück anfertigen? Für Catherine Deneuve. Ganz einfach eine tolle Frau. Auch im Alter. In «La Vérité» spielte sie an der Seite von Juliette Binoche eine ältere Schauspielerin, die eine Ikone des französischen Films verkörpert. Als ihre Memoiren veröffentlicht werden, kehrt ihre Tochter (Binoche), die selbst erfolgreiche Drehbuchautorin ist, von New York nach Paris zurück. Das Wiedersehen von Mutter und Tochter ist mit grossen Spannungen verbunden, von pikanten Wahrheiten bis zu verschiedenen Geheimnissen, die ans Licht kommen. Eigentlich ein einfaches Familiendrama, aber ganz grosses Kino. Haben Sie eine besondere Schwäche für einen bestimmten Duft aus der Natur? Ja, das Veilchen. Das hat mit meinen Kindheitserinnerung zu tun. Wenn ich unterwegs war und wurde umweht von einem Veilchenduft, musste ich anhalten, ihn einatmen. Mein Pate war aus Parma, einer Region, die typisch für das «Aufblühen» des Veilchens ist. Wir leben aktuell in einer sehr schwierigen Zeit. Covid 19 wütet, die Wirtschaft stagniert, viele kulturelle Veranstaltungen müssen sich dem staatlichen Diktat beugen. Bedeutende Sportanlässe dümpeln vor leeren Zuschauerrängen dahin. Doch Krisen sind ja immer eine Chance für einen gesellschaftlichen Wandel. Spüren Sie bei Ihren Kundinnen eine anwachsende Hingabe zu mehr Sinnstiftung im Leben?

» Das höchste aller Gefühle ist aber, wenn eine Kundin zu mir kommt, um für sie ein Bijou anzufertigen, das einhergehen soll mit ihrer Persönlichkeit. « 35


» Das Herz ist Sinnbild der Leidenschaft. Das sieht man in meinen DNA-Spuren: Meine Mutter ist Italienerin, mein Vater kommt aus dem Tessin. Leidenschaft pur. «

Ja, es gibt sie, die Wiederentdeckung des Sinnstiftenden. Ich habe das Gefühl, die Bereitschaft in den Spiegel der Gesellschaft zu schauen, ist stärker geworden. Die Frage nach dem Wandel wird nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand angesprochen, sie wird deutlich formuliert. Es ist bei vielen Menschen ein wahrhaftiges Bedürfnis herangewachsen, sensible Fragen an die Zukunft zu stellen. Fragen, die die Menschen wieder näher zueinander führen. Was fehlt Ihnen noch zum kleinen Glück? Das tägliche Bad im Meer. Das Stillen der Sehnsucht, das Abtauchen … und die Welt kann warten. Wann haben Sie das letzte Mal einen Brief von Hand geschrieben? Heute. Ich schreibe täglich. Manchmal sind es Karten oder Kurzbriefe, die aus einer Stimmung entstehen, die mich gerade umschmeichelt. Selbst meine Rechnungen sind handschriftlich gemacht. Das von Hand Geschriebene ist wie eine Berührung der Sinne. Also berühre ich.

36

Was ist Ihr grösstes Talent? Tja, ich weiss nicht, ob das mit Begabung zu tun hat, aber ich bringe gerne Menschen zusammen, von denen ich glaube, sie haben sich was Bedeutendes zu sagen. Ich bin da natürlich ein wenig vorbelastet. Vater und und Mutter haben in Schaffhausen ein Restaurant geführt genau nach diesem Prinzip, zwischen den Gästen Brücken zu schlagen und sie miteinander zu verbinden. Und wir Kinder haben uns jeweils dazwischen geklemmt, mit grossen Ohren zugehört, um ja nichts aus der grossen, weiten Welt zu verpassen. Morgen ist Weltuntergang. Was tun Sie als Letztes? Wenn er übermorgen käme, würde ich ans Meer fahren zum Eintauchen und Loslassen. Zum Wiederauftauchen in einer Welt, die beschaulicher ist.


» Das von Hand Geschriebene ist wie eine Berührung der Sinne. Also berühre ich. «

37



Robert Hunger-Bühler

Der Hinterfrager

Robert Interview: Frank Joss — Text: Larissa Groff — Photographed by Patrizio Di Renzo

Hunger BUhler

Robert Hunger-BUhler Oder von derunertrAglich spielerischen Leichtigkeit, Mensch zu sein.

Für Arthur Schnitzler war klar: «Wir spielen immer. Wer es weiss, ist klug.» Für Schopenhauer steht hinter allen Manifestationen des Seins ein unersättlicher Wille, der nie befriedigt werden kann, der will und immer mehr will und darum Leid erzeugt. Die kontemplative Hingabe an die Schönheit der Musik kann eine zeitweise Erlösung von diesem Leiden am Dasein werden. «In dem Moment, in dem das Schöne erscheint, ist alles gut, der Wille kommt zeitweilig zur Ruhe.» Robert Hunger-Bühler hat, so scheint es zumindest, in der Tiefe eines Wortes, eines Gedankens seinen Zugang zur Schönheit gefunden. Die Ruhe allein ist für ihn Anstiftung zur Unruhe. Er ist ein fortwährend Suchender. Er hat das Scheitern im Leben vermieden, indem er es nicht nur thematisiert, sondern auch riskiert hat. So betrachtet ist Robert Hunger-Bühler auch ein Spieler. In seiner Biographie «Den Menschen spielen» haben wir in einer Passage von Milo Rau diese Hommage an Don Roberto, wie ihn seine Kollegen nennen, gefunden: «Don Robertos Charakter als Künstler (und vielleicht auch als Mensch, doch das weiss ich nicht) ist auf der einen Seite bestimmt von extremer Idiosynkrasie (Überempfindlichkeit), von Pose und Verklemmtheit. Er ist, um es in einem Wort zu sagen, der totale Schweizer. Auf der anderen Seite ist er der freieste Mensch, den ich in meinem Leben kennengelernt habe: der Antischweizer. Und das ist es das Phänomen Robert Hunger-Bühler: eine Multiplikation von Gleichzeitigkeiten und Widersprüchen, ein lustvolles, eigentlich perverses Betonen der eigenen Beschränktheit, der eigenen Herkunft und ein Zelebrieren der Freiheit, die das alles negiert.» Wir haben Robert Hunger-Bühler an einem nasskalten Oktobermorgen im Café Terrasse getroffen, um in einem Gespräch ein wenig herauszufinden, wie es ihm immer wieder gelingt, den Menschen zu spielen. Frank Joss

39


Robert Hunger-Bühler (als Nathan)

» Ein guter Schauspieler braucht Demut. Wenn ich mich über eine Rolle drüberstülpe, dann komme ich nie zum Wesen der Figur. «

Frank Joss: Sie sind ein Suchender, von Neugier getrieben. Nach was suchen Sie im Moment? Robert Hunger-Bühler: Jeder Tag ist eine Neuerfindung, daran arbeite ich. Hermann Burger sagte, Lebensqualität sei, in keinem Moment sein eigener Beobachter zu sein. Wir beobachten uns selbst viel zu oft. In Momenten, in denen man spielerisch wird, beobachtet man sich nicht mehr. Denn würde man sich selbst beobachten, während man eine Flanke ausführt, könnte man ja die Flanke gleich vergessen. Manchmal gelingt mir das. Sie sind eine seltene Spezies: Entweder ist man Sportler oder Künstler. Sie sind beides, wie Éric Cantona … Wie passt Sport und Schauspiel zusammen? Für mich ist das kein Widerspruch. Ich würde mich nicht wundern, würde Alain Sutter sagen, er hat «Die Wahlverwandtschaften» von Goethe gelesen. Die Sportler-

40


Robert Hunger-Bühler

Der Hinterfrager

karriere hört irgendwann auf, Schauspieler kann man ein Leben lang sein. Und wenn ein Sportler nach dem Ende seiner Karriere keine andere Domäne findet, wird es schwierig. Wäre ich zehn Jahre später Fussballer geworden – als der Profi-Boom in der Schweiz begann – hätte ich mir überlegt, Profi-Fussballer zu werden. Was wäre heute anders, wenn Sie stattdessen Profi-Fussballer geworden wären? Ich glaube, ich wäre gar nicht so anders. Wenn ich einen Bösewicht spiele, muss der auch ein wenig aggressiv sein, wie der linke Flügel. Ich konnte aber auch immer sehr gut nach einem Foul lächeln, Fehler zugeben, eine gewisse Sanftheit an den Tag legen. Wenn ich als Schauspieler einen Bösewicht nur böse spielen würde, wird er schnell uninteressant. Er wird viel böser, wenn ich eine gewisse Sanftheit einbringe. Beim Penalty ist es die Absicht des Spielers, den Goalie in die falsche Ecke zu locken. Ist es nicht so, dass Sie auch als Schauspieler oft versuchen, das Publikum anfangs mit Ihrer Figur auf eine falsche Fährte zu locken? Beim Penalty sehe ich eine andere Qualität: die absolute Konzentration auf den Moment, auf das Jetzt. Bei der Nahaufnahme sieht man bei den Spielern – auch bei den ganz grossen, wie beispielsweise Messi – eine Spur von Angst. Er hat schon tausende Penaltys geschossen und immer noch überlegt er sich: «Was, wenn ich nun danebenschiesse?». Das ist genau gleich,

wenn ein Schauspieler einen Monolog hält. Er steht allein da, ganz nackt vor dem Publikum. Gibt es noch andere Parallelen zwischen Fussballern und Schauspielern? Ein ganz grosser Schauspieler auf dem Fussballplatz war für mich Zinédine Zidane. Er spielte so, dass man ihn nicht lesen konnte. Er hatte ein Geheimnis. Man wusste nie, was er als nächstes tat. Das macht für mich einen guten Schauspieler aus, dass man ihn nicht lesen kann. Zidane hatte was von Buster Keaton. Ich selbst spielte ebenfalls wie Sie als linker Flügel. Noch immer nehme ich das Gras im Frühling ganz intensiv war, wenn ich an einer Fussballwiese vorbeigehe. Kennen Sie dieses Gefühl? 41


Der Verwandlungskunstler Der Beobachter sieht den Mut des Schauspielers Hunger-Bühler, sich behutsam und vertrauensvoll vor der wunderbaren Kamera Patrizio Di Renzos sukzessive in die Frau zu verwandeln, die er als nächstes spielen wird: In der deutschsprachigen Erstaufführung von «Anne-Marie die Schönheit» von Yasmina Reza. Dieser Monolog wird ab 29. Januar 2021 im Theater Freiburg i. Br. in der Regie von Peter Carp aufgeführt. Der Inhalt: Eine Schauspielerin erzählt ihren Lebensrückblick: anrührend und komisch, zärtlich und unsentimental. Yasmina Reza ist die Meisterin des bitter-witzigen Stils. «Es heisst, die glücklichsten Leben sind diejenigen, in denen nicht viel passiert … »

42


Robert Hunger-Bühler

Der Hinterfrager

Ja, ich gehe dann sogar auf die Fussballwiese. Ich muss auf ihr laufen, barfuss, das Gras spüren. Grossartig. Beim Fussball wird ja oft gepfiffen, seltener beim Theater. Gab es mal ein persönliches Debakel bei einer Ihrer Aufführungen, bei der Sie ausgepfiffen wurden? Es gab mal einen Moment bei der Aufführung von Alkestis an der Wiener Festwoche. Die Wiener waren entsetzt. Komplett entsetzt. Ich spielte Admetos, den Mann der Alkestis. Es gab eine Szene, in der ich meinen Untergebenen eine Viertelstunde lang «Würschtli» mit Kartoffelsalat und Mayonnaise verteile (lacht laut). Ich konnte bereits in den Gesichtern der Leute in der ersten Reihe ablesen, wie sie dachten: «Was soll denn das nun werden?». Später hielt ich einen Monolog an der Rampe, da stand ein Zuschauer vor mir auf und schrie: «Herr Hunger-Bühler, als Sie früher in Wien bei uns waren, da waren Sie viel besser.» Die Wiener haben wohl noch eine konservativere Attitüde, was das Theater angeht, als wir. Die Wienerin ist per se eine unglaubliche Theaterliebhaberin. Sie will nicht enttäuscht werden. Aber manchmal sind diese Erinnerungen fast spannender zu erzählen. Auch wenn man an Ihre Kinder denkt. Meine Kinder erfreuen sich nämlich viel mehr an den Geschichten, bei denen ich gescheitert bin … Schon Nietzsche sagte, Schadenfreude sei die höchste Form der Freude. Peter Stein, der Sie ja auch geprägt hat, bemängelte stark, dass heutzutage jeder Regisseur überall eine Art der Virtualität hinzufügen muss, dass der klassische Stoff des Theaters ihnen plötzlich nicht mehr genüge. Was denken Sie darüber? Alle grossen Regisseure denken so wie Peter Stein – sei es im Film oder im Schauspiel. Sie gehen mit Demut in den Stoff hinein. Wenn man sich für ein solch tolles Stück wie zum Beispiel Faust entscheidet, wieso soll es zum Bedienungsladen für die mediokren Ideen eines Regisseurs werden? Woher kommt dieser Zwang der Regisseure? Die Theaterkritik hat die Modernisierung des Theaters geschürt. Man traut plötzlich der Urform des Theaters nicht mehr, die da ist: erzählen-spucken-berühren. Durch die Digitalisierung und die Medien trat es in einen Konkurrenzkampf, den es nur verlieren kann. Sie haben mal gesagt, dass der Moment kommen wird, in dem das Theater wieder zurück zu seinem Ursprung findet: Ein Scheinwerfer, ein Schauspieler, ein Text. Wann kommt dieser Moment? Der ist jederzeit da. Die Frage ist nur, ob man diesem Moment traut, die Worte und die Körper zu feiern, und dann braucht es einen Kritiker – und das ist nun mein Appell an die Kritiker – der nicht wie alle anderen sagt: «Ach, das ist wieder verstaubtes Theater.» Müsste man die Wahrnehmung der Kritiker neu schulen? Auf jeden Fall. Der Beruf des Kritikers ist gefährdet. Ich kenne Medien - will jetzt aber keine Namen nennen – die sagen, die Schauspielkritik gehöre abgeschafft, sei nicht mehr zeitgemäss. Das stimmt so nicht. Benjamin Henrichs schrieb beispielsweise nicht nur Kritiken, er verfasste grossartige Essays. Sein Text begann zum Beispiel damit, wie er aus dem Haus ging, seine ganzen Bewegungen zum Theater waren im Essay festgehalten, was das Theaterstück mit ihm machte.

Sie spielten mit vielen grossen Regisseuren: Castorf, Steiner, Grüber … Und trotzdem haben Sie in einem Interview mit der «Weltwoche» einen hervorgehoben, der erstaunt: Matthias Hartmann, der Nachfolger von Christoph Marthaler im Schauspielhaus. Wieso gerade er? Ich habe ihn hervorgehoben, weil ich jederzeit bereit bin, ihn zu rehabilitieren. Matthias Hartmann wurde einfach runtergemacht, nachdem das im Burgtheater passiert ist. Er wurde übrigens von den Vorwürfen der Veruntreuung freigesprochen, aber das hat die öffentliche Meinung nicht mehr interessiert. Es gibt viele Leute, die von ihm profitiert haben und er ist in seinem Bereich ein glänzender Regisseur, der nicht verdient hat, in die Gnadenlosigkeit zu versinken. Wie haben Sie von ihm profitiert? Er hat zum Beispiel glänzend Botho Strauss inszeniert. Ich durfte seine Stücke mehrfach uraufführen. Matthias Hartmann hatte eine glänzende Hand für diese Art von komplizierten Texten. Sein Vorgänger Christoph Marthaler brachte einen musikalischen Rhythmus ins Theater. Zum Beispiel in einer Szene mit dem Barmann, der mit Gläsern Musik macht. Verändert er nicht auch den klassischen Theaterstoff? Oder lassen Sie es in seinem Fall zu? Nein, er hat eine Vision als Künstler. Das ist ein Unterschied. Ich habe mit ihm zum Beispiel Danton in «Dantons Tod» von Büchner gespielt. Marthaler hat das Stück voller Demut Wort für Wort erzählt. Bei Marthaler ist es schon paradox: Man holt ihn zurück, jagt ihn fort und holt ihn dann wieder zurück, um ihn zu ehren. Das ist eine typische zwinglianische Reaktion. Auch bei Nägeli, dem grossartigen Künstler und Sprayer: Man holt ihn wieder zurück und nun bekommt er einen Preis. Es ist lächerlich. Apropos zurück zum Alten: Sie sind im gesamten deutschsprachigen Raum eine bedeutende Figur. Doch nun haben Sie zurück nach Aarau, zu Ihren Wurzeln, gefunden. Was war der Antrieb? Hermann Burger. Er war eine illustre Figur in Aarau. Er hatte einen roten Ferrari und stach aus dem Provinziellen von Aarau heraus. Wir haben ihn als Kind immer bewundert. Später las ich seine Texte und merkte, dass Hermann Burger – wie alle grossen Geister bestätigen – ein Weltautor war. Den Text, den ich damals von ihm las und im Theater Tuchlaube inszenierte, drehte sich um Aarau und heisst «Lokalbericht». Das war eine wunderbare Therapie für mich, um meine Jugend aufzuarbeiten. Nicht etwa, dass ich unter Aarau nur gelitten hätte, aber dank diesem Text hatte ich eine künstlerische Auseinandersetzung mit meiner Jugend. Ich bin Stadtberner. Und bisher hatte ich nie eine grosse Bindung zu meiner Heimatstadt. Aber als ich vor einem Jahr wieder da war, tauchten plötzlich viele Bilder vor meinem inneren Auge auf. Vielleicht eine bebilderte Altersmilde … Die Bilder der Jugend muss man manchmal während eines bestimmten Lebensabschnitts wegschieben. Ich hatte Aarau immer geliebt, aber als ich das erste Mal nach Zürich kam, wurde ich gefragt: «Du, kommst du etwa aus Aarau?» Ich merkte plötzlich, dass Aarau für den Zürcher ein rotes Tuch war. Eine Provinz, aus der die Leute nur am Wochenende nach Zürich kommen, um sich volllaufen zu lassen und dann fahren sie wieder nach Hause in ihren weissen Socken. Solche Meinungen können einen jungen Menschen wahnsinnig beeinflussen, wir befinden uns ja in einer richtigen «Meinungs-Welt». Heute kann ich aber plötzlich wieder die

43


Robert Hunger-Bühler

Der Hinterfrager

guten Dinge an meiner Heimatstadt wahrnehmen. Die waren mir lang vernebelt – wohl vom Aarenebel, der immer über Aarau liegt. Hat der Zuschauer auch deswegen den Eindruck, dass Sie beim Schauspielern eine gewisse Nonchalance an den Tag legen – wie beispielsweise in Ihrer Rolle als Banker bei «Unter dir die Stadt»? Es ist schwierig, sich selbst zu beschreiben. Aber bei der Rolle, die Sie hier ansprechen, sagte mir der Regisseur, wenn der Banker ein Tier wäre, so wäre er ein Leguan. Und ein Leguan ruht in sich, hat aber eine gewaltige Spannung, ist unglaublich wachsam. Plötzlich schnellt die Zunge hervor. Das ist die Grundtendenz meines Schauspiels: das Warten, das Nichts-Machen. Ich bin ein Gegner des ständigen Actings. Das grösste Kompliment ist, wenn man mir den Schauspieler nicht ansieht oder: «Der spielt ja gar nicht, der ist ja echt!». Ist dies auch der Grund dafür, dass man Ihnen so unterschiedliche Rollen zutraut – sowohl den Biedermann als auch den Brandstifter? Ja. Und ein guter Schauspieler braucht Demut. Wenn ich mich über eine Rolle drüberstülpe, dann komme ich nie zum Wesen der Figur. Wie Giacometti. Giacometti hat ja etwas Skandalöses, etwas Revolutionäres geschaffen: Er hat als Bildhauer nicht nur den Stein heruntergeklopft, sondern er erschuf die Figur von Grund auf neu. Er schaute den Bildhauer von einer anderen Seite an. So ist es auch bei mir als Schauspieler. Wenn man die Porträts der Mutter von Giacometti anschaut, hat man das Gefühl, dass die Rolle der Mutter prägend, teilweise sogar dominierend für Giacometti war. Haben Sie auch solch eine Leitfigur? Meine Mutter ist meine Leitfigur. Meinen Vater musste ich überwinden. Er war eine starke Persönlichkeit. Es gab mal einen physischen Kampf zwischen uns, das war noch vor meiner Pubertät. Ich kam zu spät nach Hause. Der Kampf war auf der Treppe. Ich werde nie das Gefühl vergessen, als ich merkte, dass ich physisch stärker war als er. Ich erschrak. Ich habe meinen Vater nicht gehasst, gar nicht. Aber ich komme aus einem Haushalt, in dem der Vater immer über die Mutter delegiert hat. Die Direktive habe ich dann jeweils von meiner Mutter erhalten. «Wie war er heute in der Schule?», fragte der Vater meine Mutter. Er. Und ich sass neben ihm am Tisch, wurde aber nie direkt von ihm gefragt. Eine andere starke Persönlichkeit ist Oberstaatsanwalt Walter Friedberg, den Sie im «Labyrinth des Schweigens» spielten. Wir Schweizer sind ja ein enfant gâté, was die mentale Kriegsschädigung angeht. Wir waren ja nie so nah am Elend, der Vernichtung und der Demütigung des zweiten Weltkrieges. War das ein Spagat, diese Figur zu spielen? Gar nicht. Meine Mutter kam aus Thüringen, aus einem halbjüdischen Haushalt. Ihre Jugend war quasi wie weggebrannt durch den Krieg. Ich wusste sehr genau, was da los war. Das war eine Zeit, in der jeder junge Mensch sich gefragt hat: «War man Vater auch ein potenzieller Nazi?». Ich habe von meinem Vater erst in meiner Pubertät erfahren, dass er ein Jude war. Er hat es verheimlicht, weil er zu keiner Minderheit gehören wollte. Bei Bruno Ganz weiss man, dass er sich während seiner Vorbereitung auf die Rolle von Hitler hinter jede Bewegung, hinter jedes Augenzwinkern, hinter die Aussprache jedes Wortes geklemmt hatte. Haben Sie sich ähnlich an die Figur Friedberg angenähert?

Intuitiver. Es gibt einen Satz, die diese Figur sagt: «Ich liebe dieses Land.» Aus diesem Satz habe ich die Rolle gebaut. Die Heimatverbundenheit dieser Figur, aber auch eine Verdrängung – was ja sehr schweizerisch ist – ist auffallend. Aber ich hatte keinen bestimmten Typen vor meinem inneren Auge. Da hatte ich genügend Material. Von meinem Vater übernahm ich das cholerische Temperament – rein spielerisch natürlich (lacht). Bruno Ganz war ja ein guter Freund von Ihnen. Sie haben mal einen Text eines gemeinsamen Spaziergangs auf Felseneck geschrieben. Man bekam Hühnerhaut beim Lesen: Bruno Ganz war wieder lebendig. Es war ein Abschiedsgespräch – obwohl man nicht von einer Vorahnung sprechen kann. Bruno hatte höchst selten – wie auch wohl Bob Dylan nicht – einen Freund ganz nah an sich herangelassen. Aber für ihn war jede Begegnung existenziell und er kam immer gleich auf den Punkt. Und sei es bei einem spontanen Treffen in der JelmoliFood-Abteilung: «Was hast du denn da für Schuhe an?». Er merkte gleich, dass ich wandern war. «Ich muss jetzt los, auf den Zug», sagte ich. «Hast du denn dein Billett schon gekauft?» Bruno kam also immer gleich auf die existenziellen Fragen zu sprechen. Es brauchte kein «Gschnorr». Wenn Sie ein letztes Gespräch mit Bruno Ganz führen könnten, was würden Sie ihn fragen? Nach dem Spaziergang gingen wir jeweils gemeinsam essen. Bruno konnte unglaublich gut übers Essen reden. Ich kann mich gut an das zweitletzte Mal erinnern, als wir uns verabschiedeten und er sagte: «Ich gehe jetzt in eine Metzgerei.» «Was gehst du da machen?», fragte ich. «Ich brauche jetzt ein Ossobuco.» Ich würde ihn also gerne fragen, wie das Ossobuco war, das er nach unserem Spaziergang gekocht hat. Zum Schluss noch ein paar poetische Fragen. Wenn Sie eine Musik wären … ? «Like a Rolling Stone» von Bob Dylan. Wenn Sie eine Tageszeit wären … ? Das Morgengrauen. Es gibt von Antonio Machado, einem tollen spanischen Lyriker, einen Zweizeiler: Im Meer der Frauen scheitern wenige bei Nacht, viele bei Morgengrauen. Wenn Sie ein Duft wären … ? Dazu muss man natürlich wissen, wie er riecht und ich vergesse es jedes Mal, gehe aber immer wieder zu ihm hin, um nachzusehen: Ein blühender Mandelbaum. Wo begegnet Ihnen der Mandelbaum? Jedes Mal, wenn ich in den Süden fahre. Und ich habe einen zu Hause, aber es ist nun schon der zweite, der eingegangen ist. Wenn Sie eine Farbe wären? Ganz klar: das Karminrot. Wenn Sie ein Möbelstück wären? Ein Breuerstuhl. Eine schöne Mischung aus Chromstahl und Leder. Was braucht es für die Formvollendung von Glück? Ich glaube nicht an die Formvollendung von Glück. Ich glaube aber, dass man Glück immer wieder neu erfinden kann. Dass das, was man sich vorstellt, sich zu bewegen beginnt. Kurz: Glück ist, wenn Träume tanzen.

» Man traut plötzlich der Urform des Theaters nicht mehr, die da ist: erzählen-spucken-berühren. Durch die Digitalisierung und die Medien trat es in einen Konkurrenzkampf, den es nur verlieren kann. « 44


45


Vintage Louis Vuitton Papillon Bag Green Epi Leather & Gucci Sneakers

46


Reawake

Die Bahnbrechenden

Fotograf & Konzept: Linus Bill / Styling: Rea Bill / Model: Naomi Larbi

RESPECT RECIRCLE REAWAKE Weg von Fast Fashion, hin zur nachhaltigen Second-Hand-Mode, so lautet der heutige Trend. Und genau dafür steht REAWAKE, das Schweizer high-end Second-Hand-Unternehmen, welches Designerstücke - wie der Name schon sagt - zu neuem Leben erweckt. Für Rea Bill, die das Unternehmen vor 10 Jahren gründete, ist Nachhaltigkeit eine echte Herzensangelegenheit und eine seit vielen Jahren gelebte Philosophie. Sie hat es sich mit REAWAKE zur Mission gemacht, Konsumenten für nachhaltiges Einkaufen zu sensibilisieren, bereits produzierte Treasures so lange wie möglich zu nutzen und damit die natürlichen Ressourcen bestmöglichst zu schonen. Die Liebe zur Natur und Mode sind die tägliche Inspiration, qualitativ hochwertige Materialien wie reine Seide, sorgfältig verarbeitetes Leder oder feinsten Kaschmir im Verwertungskreislauf zu halten. All dies spiegelt sich im Slogan «RESPECT RECIRCLE REAWAKE» wieder. RESPECT betont den respektvollen Umgang mit den wertvoll verarbeiteten Ressourcen. RECIRCLE steht für deren Erhalt im Verwertungskreislauf. REAWAKE erweckt die Treasures zu neuem Leben, indem sie nicht länger ungenutzt im Schrank liegen, sondern ein Zuhause finden, das sie neu wertschätzt. Jelmoli X REAWAKE Seit März 2020 verkauft REAWAKE ihre Treasures bei Jelmoli. Was mit einem erfolgreichen Pop-Up-Store anfing, wurde zu einer langfristigen Kooperation mit einer 80 m2 grossen REAWAKE-Welt. Denn auch Jelmoli setzt sich für ein nachhaltiges Einkaufserlebnis ein und ermöglicht ihren Kunden mit REAWAKE als schweizweit erstes Warenhaus ein high-end Second-Hand-Erlebnis bei sich im Haus. «Wir schaffen damit einen spannenden neuen Ansatz für hochwertigen, nachhaltigen Konsum im Umfeld eines Premium Department Stores», so Nina Müller, CEO von Jelmoli. Die «Treasures» - wie REAWAKE ihre Designerstücke liebevoll nennt - die man in ihrem Store bei Jelmoli und im Online-Shop findet, sind vielfältig: Vom Gucci-Gürtel, über den Chanel-Stiefel bis hin zur Hermès-Tasche. Manche davon ungetragen aus aktuellen Kollektionen, andere mit einer Geschichte von 30 Jahren und mehr. Das vielfältige Angebot stammt aus dem Privatfundus von mittlerweile mehr als 1000 Kommissionskunden, die REAWAKE ihre Schätze anvertrauen. Mit REAWAKE einen neuen Besitzer für seinen Treasure zu finden, lohnt sich: Kommissionskunden erhalten eine Auszahlung von bis zu 70% des Verkaufspreises. REAWAKE pflanzt zusammen mit One Tree Planted einen Baum für jedes verkaufte Stück. Und das Schönste: Die Geschichte des Designerstücks endet nicht im eigenen Schrank, sondern wird von einem neuen glücklichen Besitzer weitergeschrieben.

www.reawake.ch —

@reawake

47


Reawake

Die Bahnbrechenden

Gucci Silk Bluse / Chanei Chain Belt / Chanel Boy Bag Medium Velour / Chanel Sneakers

48


Vintage Christian Dior Saddle Bag / Prada Cashmere Dress

49


Die Leute werden ein neues Wohnbewusstsein entwickeln. Die Welt hat sich, bedingt durch Covid 19, bei vielen Menschen auf den eigenen Wohnraum reduziert. -Marianne Walde

50


Walde & Partner

Die Vorwartsstrebenden

Interview: Frank Joss — Photographed by Patrizio Di Renzo

Seit mehr als 35 Jahren sind Marianne und Geri Walde unterwegs, dem Haus den Hof zu machen. Wir wollten von ihnen wissen, was sie am Business mit Immobilien immer wieder aufs Neue fasziniert. Frank Joss: Wir schreiben das Jahr 1985. In Zürich tobt auf dem Platzspitz der Drogenrausch. Aufs Kunsthaus wird ein Brandanschlag verübt. Viele Kunstwerke bedeutender Künstler werden dabei vernichtet. Und in der grossen weiten Welt entdecken zwei französische Forscher vor der Küste Neufundlands, in 4000 Meter Tiefe, das Wrack der Titanic. Welche Stücke der Erinnerung finden Geri und Marianne Walde, wenn sie auf das Jahr 1985 zurückblicken, also 35 Jahre retour, als ihr Immobilienunternehmen gerade gegründet worden ist? Marianne Walde: Ja, es war eine lebendige Zeit, die einige Revoluzzer hervorbrachte. 1984, da waren wir knapp 30-jährig und auf Weltreise. Das Aussergewöhnliche daran: Auf dieser Reise hat Geri zum ersten Mal meine Eltern kennengelernt - in Neuseeland. Als wir in die Schweiz zurückkamen, waren tatsächlich wüste Krawalle im Gange. Just in dieser Zeit, bot man uns die Chance, ein Unternehmen zu übernehmen, das zum Zweck hatte, Kleinstwohnungen zu vermieten. In vielen schlaflosen Nächten haben wir Pro und Contra sorgsam abgewogen. Der Bauch hat letztlich entschieden: Let’s do it. Wir glaubten, alles so nebenbei managen zu können. Denkste. Allein das Zurückstülpen der Ärmel genügte nicht. Wir gingen in den ersten Jahren durch eine harte Lebensschule. Eine, die unsere Partnerschaft stärkte und uns Zuversicht gab, weiterzumachen, an unsere Ziele zu glauben. Eine 35-jährige, erfolgreiche Firmengeschichte - ohne Veränderungen wohl undenkbar. Was hat sich im Immobilien-Business in diesen dreieinhalb Dezennien verändert? Geri Walde: Der Kunde ist immer mündiger, besser informiert geworden. Vor 20 Jahren genügte ein ausgewogenes Vertrauensverhältnis zwischen uns und dem Klientel. Aber die grosse Umwälzung kam mit dem Einzug der Informationstechnologie im Büroalltag. Es war wohl auch ein gescheiter Entscheid, uns auf die Lokalmärkte zu konzentrieren. Marianne Walde: Wir sind auch in einem europäischen Netzwerk dabei. Ja, es hilft, im internationalen Geschäft dabei zu sein. Man gibt sich Tipps. Schliesslich kenne wir ja in Italien die Gesetzmässigkeiten im Bereich des Immobilienmarktes nicht. Der Italiener kennt unsere nicht. Also schaffen wir uns mit der Teilnahme an einer internationalen Runde die nötigen Grundlagen für einen Fachaustausch.

51


Menschen glucklich zu machen, das ist die vornehmste Aufgabe, die wir haben. -Geri Walde

52


Walde & Partner

Die Vorwartsstrebenden

Verdichten. Verdichten. Verdichten. Dreimal habe ich mir das- notiert. Ja,- in Zurich musste man ja dazu in die Hohe gehen, auf Bestehendes aufstocken. Das ist aber ein Dingder Unmoglichkeit. -Geri Walde

Walde & Partner ist seit vielen Jahren am Markt für Anlageimmobilien. Welches sind die herausragendsten Zahlen des Erfolgs? Geri Walde: Walde & Partner vermittelt seit über zwei Jahrzehnten erfolgreich Anlageimmobilien jeder Art, und das in der gesamten deutschsprachigen Schweiz. Das Referenzportfolio ist beeindruckend: Seit Beginn hat unser Unternehmen in diesem Bereich über 500 Mehrfamilien- und Geschäftshäuser vermittelt. Mit welchen kritischen Einflussfaktoren muss in der Post-Corona-Zeit auf dem Immobilienmarkt gerechnet werden? Gibt es im Hause Walde & Partner allenfalls Szenarien für eine alltagsfähige Zukunft? Marianne Walde: Die Leute werden ein neues Wohnbewusstsein entwickeln. Die Welt hat sich, bedingt durch Covid 19, bei vielen Menschen auf den eigenen Wohnraum reduziert. «My home is my castle» gewinnt an Bedeutung. Mit dem Sich-neu-Einrichten oder ein neues Haus beziehen, machen die Leute ein Statement, permanenzfähige Lebensmodelle zu entwickeln. Auch die Negativzinsen der Banken führen Menschen dazu, in überschaubare Werte investieren zu wollen. Gut möglich, dass auch das Generationenhaus wieder en vogue wird. Geri Walde: Marianne, ich stimme dir zu. Man will sich verändern, aufbrechen zu neuen Ufern und tragende Werte fürs Leben schaffen. Wortwörtlich: bauen.

Im kommenden Sommer wird Walde & Partner ein neues Bürogebäude beziehen. Was sind die Erwartungen und wie muss man sich das neue «Gewand» von Walde & Partner vorstellen? Gibt es schon einen Namen für den Ort, für die Idee des Businessmodells, das man da betreiben will? Geri Walde: Wir bleiben in Zollikon. Mit dem neuen Hauptsitz an der Zollikerstrasse 65 schlagen wir ein neues Kapitel in der Firmenchronik auf. Unter einem Dach vereinen wir nicht nur das Verkaufsteam Zollikon, alle Supportservices sowie die Bereiche Neubau und Anlageimmobilien. Verkürzte Kommunikationswege, Synergien und ein inspiriertes Miteinander können wir da auch mit branchenverwandten Firmen leben, die sich in diesem Immobilien-Kompetenzzentrum einmieten. So werden wir mit gereckter Brust und flammendem Herz in eine neue Ära steigen, um unsere Kunden lustvoll mit dem All-in-Service zu begeistern. Und wer füllt und beseelt den Habitus für Immobilienkompetenz? Geri Walde: Wir sind voll dran. Wir werden 70 Arbeitsplätze haben und suchen 15 bis 20 Firmen, die aus ganz unterschiedlichen Branchen kommen und mithelfen werden, den Immobilienmarkt ein bisschen aufzumischen - neu zu denken. Start-up-Unternehmen werden hier ganz bestimmt ihren Platz finden, kleineren und grösseren Ideen nachzugehen. Auch die Co-Working Spaces sind bei der Neuausrichtung ein

53


Ein Haus ist wie ein Mensch: Schenkt man ihm keine Bedeutung, verkummert er. -Marianne Walde bedeutendes Thema. Die Handhabe ist unbürokratisch. Wir bieten einen All-in-one-Service. Im Vertrag wird pro Mieter ein einziger Frankenbetrag stehen. Die beiden Hauptgebäude lassen uns viel Raum für die Inszenierung unterschiedlicher Möglichkeiten. Da wird nicht nur eine Mensa einziehen. Es stehen auch verschieden grosse Räume für Meetings zur Verfügung. Am Ende des Tages werden hier rund 120 Personen der Arbeit nachgehen. Die frühen Abendstunden sind reserviert für das Feierabendbier, bei dem man die Pläne und Idee anderer näher anschauen kann; getragen von der Absicht, eine beschauliche Plattform für Business-to-Business zu bilden. Die grösste Herausforderung besteht darin, den richtigen Unternehmensmix zu finden. Wenn ich Ihnen so zuhöre, spüre ich Ihre ungezähmte Lust, auch zu improvisieren, um dabei ein hybrides System zu entwickeln. Hybrid meint aus Gegensätzlichem eine neue Produktivkraft zu schöpfen. Wo siedelt Walde & Partner das Hybride an? Geri und Marianne Walde (unisono): Wir beide werden das Hybride verkörpern. Wir wollen dem Prozess eine Chance geben. Verdichten ist das grosse Vokabular unter den Städteplanern. Doch wie? Hier scheint in Zürich der Weisheit letzter Schluss noch nicht gefunden zu sein. Geri Walde: Verdichten. Verdichten. Verdichten. Dreimal habe ich mir das notiert. Ja, in Zürich müsste man ja dazu in die Höhe gehen, auf Bestehendes aufstocken. Das ist aber ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn nur schon zwei Geschosse der bestehenden Gebäude passabel sind, hat die Stadtplanung kein Musikgehör für Veränderungen. Nehmen Sie Wien: Die erhöhen sogar klassizistische Bauten und machen damit ihre Stadt lebendiger, attraktiver. Marianne Walde: In Zürich West böten sich doch enorm viele Möglichkeiten des Verdichtens. Allein rund um dem Mobimo Tower gibt’s Potenzial, um mit einer klugen, ästhetischen Bauweise eine grosse Geste der Architektur zu erreichen. Mit einer mutigeren Architektur würde Zürich langsam aufsteigen in den erlauchten Kreise der metropolitanen Städte. Diese Chance hat man ja nun wohl verpasst. Ich zitiere den amerikanischen Künstler Julian Schnabel anlässlich eines Interviews in der «Zeit»: «Hätte ich nicht die Malerei, würde ich eines Tages vielleicht jemanden umbringen.» Oder ohne

54

Dramatik: Wenn Sie nicht gerade «Immobilie» denken, welche Dinge sind es, die Sie im Leben antreiben und immer wieder inspirieren, um neugierig zu bleiben? Geri Walde: Ich würde mich nicht umbringen. Wo bleibt denn da die Kreativität, frage ich mich. Marianne Walde: Ich habe ein weites Spektrum an Möglichkeiten. Ich könnte auch Blumenbinderin sein oder mich noch intensiver im sozialen Bereich engagieren. Am nächsten liegt mir aber schon, aus dem Wohnen etwas mehr zu machen, als einfach den Raum mit Objekten zu füllen. Dabei stehen mir viele Quellen zur Seite. Da gibt es die Mailänder Galeristin, Nina Yashar von Nilufar, die mich mit ihrer schier grenzenlosen Fantasie immer in ihren Bann zieht. Bei ihr möchte ich gerne, quasi wie in einem Stage, Zeit verbringen, um zu entdecken, wie es ihr gelingt, die schönsten, einmaligsten Objekte ausfindig zu machen. Dann interessiert mich natürlich so einiges, was in der Kunst passiert. Zurück zur eigentlichen Frage: Was treibt Sie an? Geri Walde: Die Freude mit anderen teilen zu können, wenn wir ein Objekt gefunden haben, das sich fugenlos in die Idee einpasst, wie sie wohnen möchten. Menschen glücklich zu machen, das ist die vornehmste Aufgabe, die wir haben. Das, was mich Tag für Tag auch ein feines Stück vorantreibt, sind die Familie, meine Freunde und die Maremma - unser persönlicher Sehnsuchtsort. Positives Denken findet nicht auf dem Papier statt. Marianne Walde: Jedes Haus hat eine Seele. Es tut mir gut, diese jeden Tag mit Bedacht und Sorgfalt, mit viel Herz in die Hand nehmen zu dürfen, um sie zu behutsam zu pflegen. Ein Haus ist wie ein Mensch: Schenkt man ihm keine Bedeutung, verkümmert er. Szenenwechsel. Gibt es beim Hauskauf Dinge, auf die man achten sollte oder Todsünden, die man am besten vermeidet? Marianne Walde. Das Haus muss «Ja» zu Ihnen sagen und Sie zu ihm. Das vielgeschmähte Bauchgefühl hat halt immer noch seine absolute Berechtigung. Geri Walde: Ja, ja, recht hast du Marianne. Aber es gibt da noch eine alte Faustregel, die immer noch ihre Gültigkeit hat. Man erstelle eine Checkliste mit 10 Must-have-Punkten. Dann in kurzer Zeit ganz viele Häuser anschauen gehen. Mögliches und Unmögliches. Dann die Checkliste abgleichen. Da, wo sieben Kriterien erfüllt werden, ist man nahe dran, sich für ein Objekt zu entscheiden. Bei acht Punkten


Walde & Partner

Die Vorwartsstrebenden

55


Walde & Partner

Die Vorwartsstrebenden

gilt, sofort zu kaufen. Denn zehn Punkte erreicht man nie. Noch kurz ein wichtiger Hinweis zu den Todsünden beim Immobilienkauf. Angenommen, unser Angebot für ein zauberhaftes Haus liegt bei zwei Millionen. Der Kunde will aber partout zweihunderttausend weniger bezahlen - und verzichtet. Man mache die berühmte Rechnung mit dem Milchbüchlein, wenn er es kaufen würde und 20 Jahre in diesem Haus wohnt, das macht nach Adam-Riese 10’000 Franken im Jahr. Quintessenz, der Zeithorizont für den Kauf einer Immobilie geht weiter als über die Nase hinaus. Bleiben wir beim Zeithorizont. Ihre beiden Kinder, Claudio und Chiara, haben ihre Studienzeit abgeschlossen und könnten so nach und nach ins elterliche Geschäft nachrücken, um es dann in einigen Jahren in zweiter Generation zu übernehmen. Traum oder Wirklichkeit? Marianne Walde: Claudio hat ja das Maschinenbau-Studium sowie den Master in MTEC an der ETH abgeschlossen und arbeitet nun seit kurzer Zeit in unserem Unternehmen mit. Zur Horizonterweiterung war vorgesehen, dass er für ein bis zwei Jahre nach New York geht zu John Lassalle Real Estate. Corona hat ihm da einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Aber vielleicht klappt es ja in einigen Monaten. Nach New York kann er sich dann frei entscheiden, wohin ihn sein Weg in die Zukunft führen soll. Auch Chiara macht sich Gedanken darüber, bei Walde & Partner die Familientradition weiterzuführen. Mal schauen, was die nähere Zukunft bringt. Und wenn das Nachfolgemodell ein Traum bleibt? Marianne Walde: Dann geht ja die Welt auch nicht unter. Und wir, Geri und ich, sind noch kein bisschen müde, unsere Welt immer wieder ein wenig neu zu erfinden. Wir wollen weiter neugierig durchs Leben gehen. Für welche Weltpersönlichkeit möchten Sie gerne ein geeignetes Haus suchen? Geri Walde: Ich würde gerne für Sophia Loren einen Alterssitz suchen. Weil sie mir gut gefällt; als Mensch wie als Schauspielerin. Sie ist ein grosse Frau. Marianne Walde: Bei mir wär’s der japanische Architekt Tadao Ando. Für ihn würde ich mich gerne auf die Spur machen, um ein Grundstück zu finden, damit er sein eigenes Haus bauen kann - irgendwo in einer unberührten Landschaft am Wasser. Wenn Sie, Marianne und Geri Walde, eine Musik wären, welche? Marianne Walde: Eindeutig Soul. Ein Stück von Ray Charles. Geri Walde. Eine Oper von Verdi mit Cecilia Bartoli in der Hauptrolle. Welcher Titel würde eine gemeinsame Autobiographie haben? Geri und Marianne Walde (gemeinsam): «Unheimlich spannende Zeit». Oder «Gegensätze ziehen sich an».

56


Ab Juni 2021: der neue Hauptsitz von Walde & Partner an der Zollikerstrasse 65

57


58


Lucy

Der Sternenhimmel

Es- werde Licht uber der Zurcher Bahnhofstrasse selbstverstandlich ist das nicht Sobald Ende November die Lichter von Lucy - das ist der Name der Weihnachtsbeleuchtung - über der Bahnhofstrasse angehen, beginnt bei den Menschen, die hier flanieren, ein Prozess poetischer Verzauberung. Alles wird weicher: Ihre Gedanken. Ihre Stimmen. Ihre Worte. Ihre Schritte. Ihr Lächeln. Ihre Blicke. Dass diese Verwunderung über die Magie des Lichts wiederkehren kann, verdanken wir den Mitgliedern der Vereinigung Zürcher Bahnhofstrasse. Nur durch ihr Engagement werden wir Jahr für Jahr von diesem Licht berührt. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Lucy wird als solidarisches Gemeinschaftsprojekt realisiert. Auch das passt zu Weihnachten. Der Sternenhimmel über der Bahnhofstrasse ist ein Wahrzeichen für Zürich. Als Zeichen grosser Dankbarkeit für dieses Glitzern und Funkeln widmet die Vereinigung seinen Mitgliedern eine kleine Weihnachtsgeschichte, die auf der nächsten Seite nachzulesen ist. Wir wünschen Ihnen eine beschauliche Weihnachtszeit. Eine mit viel Licht.

59


Sternenball Von Manuela Schreiber

Mondenglanz und Sterngewimmel, heut’ ist Sternenball im Himmel. Jeder hat sich fein gemacht, will recht leuchten in der Nacht. Fröhlichkeit schallt durch die Bahnen, hier auf Erden nur zu ahnen. Doch im Traume wunderfein kann ich bei den Sternlein sein.

Leo klappt das Buch zu. Viele Male hat es die Mutter schon vorgelesen und immer wieder haben seine Finger über die Bilder gestrichen. Über die lustigen Sternlein mit ihren Mäntelchen, mit ihren glitzernden Zacken am Kragen und dem Jauchzen, das auf ihren Gesichtern steht. Ob ich auch einmal mit den Sternen dort oben spielen kann? fragt Leo. Die Mutter lächelt. Wenn du fest daran glaubst, dann sicherlich. Gute Nacht nun und träume etwas Schönes! Doch Leo kann nicht einschlafen. Ganz hell scheint der Mond in sein Zimmer. Und ist da nicht ein Rufen und Musik? Leo geht zum Fenster, öffnet es weit. Da sieht er die Sterne einer nach dem anderen vom Himmel steigen und in einem langen Zug an seinem Fenster vorbeischwirren. Hui - ist das ein Glitzern und Raunen! Komm mit, ruft einer, als er Leo sieht und fasst ihn bei der Hand. Hoch hinaus geht es, über die Häuser, rund um die Kirchtürme bis mitten in die Stadt. Heute ist unser alljährlicher Ball, sagt das Sternlein. Und wir freuen uns, wenn einige Menschenkinder dann bei uns sind und mit uns herumtollen. Auf einer langen Strasse zwischen alten, schönen Häusern sieht Leo noch andere Kinder, jedes an der Hand eines Sternes. Das ist eine Freude, wie sie miteinander spielen, einander haschen und necken, bis sie müde werden von all dem Glanz und Klingen, dem Singen und Springen. Behutsam geleitet der Stern Leo wieder nach Hause. Bis zum nächsten Jahr, flüstert er, bevor Leo die Augen zufallen. Mama, Mama, ruft Leo am Morgen beim Aufwachen. Ich habe mit den Sternen heute Nacht gespielt und getanzt, hier mitten in der Stadt auf einer grossen Strasse! Oh, das klingt nach einem schönen Traum, freut sich die Mutter. Und ich weiss auch schon, wo wir heute Nachmittag hingehen. Als es zu dämmern beginnt, nimmt die Mutter Leo mit in die Stadt. Hand in Hand gehen sie über den festlich geschmückten Boulevard. Musik tönt ringsum, es duftet köstlich. Doch über ihnen wölbt sich der Sternenhimmel zum Greifen nah, glitzernd, wogend. Leo bleibt stehen, staunt und lacht. Das ist ja wie in meinem Traum! ruft er. Und strahlt mit den Sternen um die Wette.

60


61


Tabea Opoko, Real Estate Managerin – Brille von Götte


Götte Optik

Die Weitsichtigen

Das Aussere und das Bild hinter dem Bild Text: Frank Joss — Photographed by Patrizio Di Renzo

Innere Bilder sind keine konkreten Abbilder der Realität. Innere Bilder haben aber einen hohen Symbolgehalt und verbinden verschiedene Inhalte zu einem Gesamteindruck. Um sie zu verstehen, müssen wir ihre Inhalte entschlüsseln. Sie enthalten unterschwellige Botschaften. Innere Bilder begleiten uns täglich. Sie entstehen aus unserem Vorstellungsvermögen und sind sozusagen Vermittler zwischen unserem Bewusstsein und Unterbewusstsein, zwischen Körper und Seele. Man könnte von einer Wechselwirkung sprechen: Die inneren Bilder bewirken eine Veränderung unseres Bewusstseins und mit dem Bewusstsein können wir unser Unterbewusstsein beeinflussen und unsere Vorstellungskraft kann gebundene Energien freisetzen und Veränderungen ermöglichen. Götte Optik wollte wissen, ob über die Fotografie das Innere ganz unterschiedlicher Persönlichkeiten nach aussen vermitteln werden kann; einfach über die Sensibilität des Fotografen, der spürt, wie das Bild hinter dem Bild aussieht. So wurde der international bekannte Fotograf Patrizio Di Renzo engagiert, um Porträts zu realisieren, die dem Betrachter die Möglichkeit geben, das äussere Bild mit imaginären Bildern zu verbinden, die durch die äussere Abbildung der Persönlichkeit entstehen. Das Talent oder die Kunst, die tiefe Menschlichkeit in der Fotografie darstellen zu können, gelingt nicht vielen Fotografen. Patrizio Di Renzo ist einer von ihnen. Denn, ist es doch so: Äussere Schönheit lässt uns einen Menschen bewundern. Innere Schönheit lässt uns einen Menschen lieben.

63


Andre Lamone Johnson, Actor – Brillen von Götte


Patrick Ebnöter, Fashion Consulter – Brille von Götte

65


Claudio Tollardo, Founder En Vogue Coiffure – Brille von Götte


67


Irina Liniger, Studentin – Brille von GÜtte

68


Götte Optik

Die Weitsichtigen

Larissa Groff, Chefredaktorin – Brille von Götte

Rina von Koss, Studentin – Brille von Götte


Wir bringen Mensch und Immobilie zusammen.


walde.ch


CLINIC BELLERIVE

«Wahre Schönheit und Weiblichkeit sind alterslos und nicht künstlich herstellbar» und «Unvollkommenheit ist Schönheit». Diese Zitate zur Schönheit stammen von einer berühmten Ikone, die bis zum heutigen Tag noch als die Verkörperung der Schönheitsideale schlechthin gilt: Marilyn Monroe. Doch behält sie mit ihren Aussagen recht? Ein Gespräch über die Schönheit und deren Interpretationen mit Christophe Christ, dem Facharzt für plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie der Clinic Bellerive.

72



74


Christophe Christ

Der Prazise

Schonheit schafft Aufmerksamkeit und Empfindsamkeit Interview: Frank Joss — Photographed by Patrizio Di Renzo

Frank Joss: Es gibt sie, die absolute Schönheit. Etwas, das Menschen in allen Kontinenten für schön empfinden. Es ist eine Landschaft: sanfte Hügel, weiter Blick, Berge am Horizont, Wasser … Aber meist geht es ja nicht um Natur, wenn wir über Schönheit nachdenken. Sondern um uns selbst. In Ihrem Beruf als Arzt für plastische Chirurgie werden Sie wahrscheinlich mit vielen Idealen der Schönheit konfrontiert. Gibt es einen gemeinsamen Nenner, wonach Ihre Klientel sucht? Christophe Christ: Selten werde ich direkt mit der Frage nach Schönheit konfrontiert. Meistens stören sich die Patientinnen oder Patienten an einem eingebildeten oder tatsächlichen anatomischen Defizit, zu kleine Brüste, zu grosse Höckernase etc. Mit der Korrektur des Defektes kann ein besseres Aussehen erzielt und somit meistens in den Augen der Patientinnen und Patienten und auch der Umgebung mehr Schönheit hergestellt werden. Meistens muss ein Zuviel oder ein Zuwenig oder ein Symmetrie-Defizit ausgeglichen werden. Gerne sagen politisch korrekte Menschen, dass innere Werte zählen, nicht das Äussere. Gleichzeitig beweisen zahllose Studien, dass Lehrer schöne Kinder bevorzugen und dass schöne Menschen eher Karriere machen als weniger schöne. Und das nicht erst seit gestern: In Märchen sehen die Prinzessinnen ja auch immer wunderbar aus. Haut so weiss wie Schnee, Haar so schwarz wie Ebenholz. Warum können wir uns dem Prinzip der normativen Ästhetik der Schönheit nicht oder nur kaum entziehen? Wie Sie sagen, gibt es zahlreiche psychologische Studien, welche bewei-

sen, dass attraktive Menschen mehr Erfolg im Beruf haben, das heisst, sie machen leichter Karriere und verdienen durchschnittlich mehr Geld als weniger attraktive Menschen mit den gleichen beruflichen Voraussetzungen. Auch in der Liebe haben attraktive Menschen mehr Erfolg. Ich glaube, dass das tiefe Bedürfnis nach Schönheit im Menschen nicht nur erworben, also anerzogen, sondern auch genetisch angelegt ist. Etwas Schönes bewirkt in jedem Menschen ein schönes Gefühl. Natürlich ist leere Schönheit schal und verwirkt sehr schnell. Aber wie Oscar Wilde sagte: «Beauty is just five minutes long if you don’t have anything else to sustain that curiosity.» Schönheit schafft Aufmerksamkeit und Empfindsamkeit. Hässlich sind Falten vielleicht nicht. Doch sie erinnern an die Vergänglichkeit, auch an die eigene. Das Verblühen ist in dieser Welt nicht willkommen. Das wiederum ist nur naheliegend: Wer will schon mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert werden? Ist es so, dass wir Jugendlichkeit als schön empfinden, weil sie das pralle Leben zeigt? Jugend verbinden wir mit Gesundheit, Kraft und Unsterblichkeit. Die Zeichen des Alters erinnern uns, dass die Jugend schwindet und das Ende naht. Diese Ansichten sind ein Erbe unserer abendländischen Tradition und Vergangenheit. In der japanischen Kultur finden wir auch andere Ideale. Das schwer zu übersetzende WabiSabi bezeichnet eine Ästhetik des Unperfekten, das sich durch Asymmetrie, Rauheit, Unregelmässigkeit, Einfachheit und Sparsamkeit auszeichnet. Anspruchslosigkeit und Bescheidenheit beweisen Achtung vor

der Eigenheit der Dinge. Rikyūs Wabicha bevorzugte ausdrücklich eine untergeordnete Form der Ästhetik: «Es gibt Menschen, die eine Sache schon beim kleinsten Mangel ablehnen - mit solch einer Haltung zeigt man nur, dass man nichts verstanden hat.» Im Vergleich mit der abendländischen Tradition nimmt das einen ähnlich hohen Stellenwert ein, wie das westliche Konzept des Schönen. Hypothese: Eine Frau kommt in Ihre Klinik, streckt Ihnen ein Bild von Julia Roberts entgegen und meint, so möchte sie gerne aussehen. Was entgegnen Sie ihr? Das ist nicht mein Alltag, ist aber auch schon vorgekommen. Natürlich sind das Alarmzeichen und machen den Chirurgen vorsichtig. Unsere Möglichkeiten sind limitiert. Das Aussehen eines Menschen wird durch sehr viele Faktoren beeinflusst. Der Aufbau und die Form des Knochens, die Muskulatur, das Unterhautfettgewebe und die Haut bestimmen zu einem grossen Teil das Aussehen eines Menschen. Die Hautbeschaffenheit, das Unterhautfettgewebe, die Muskulatur lassen sich chirurgisch nur sehr beschränkt beeinflussen. Das Anspruchsvolle in der ästhetischen Chirurgie ist immer, dass wir ein perfekt funktionierendes und ansprechend aussehendes Gesicht operieren wollen, damit es nach der Abheilung noch besser aussieht, aber immer noch gleich gut funktioniert. Also der Nutzen, das bessere Aussehen, muss den Schaden und das Risiko von Komplikationen bei weitem überwiegen. Auf der Webseite der Clinic Bellerive steht «Aber auch ein Detail, welches diese Proportionen und Harmonien durchbricht, kann von grossem

75


76


Christophe Christ

Der Prazise

Reiz sein und zeugt von Individualität und Einzigartigkeit.» Haben Sie basierend auf dieser Philosophie auch schon jemandem von einer OP abgeraten? Man macht es sich zu einfach, Schönheit auf Masse, Symmetrien und Proportionen zu reduzieren. Ob wir einen anderen Menschen als schön betrachten, hängt massgeblich von Harmonie, Symmetrie und Proportion sowie der Zugabe einer individuellen Besonderheit, beispielsweise einer Lücke zwischen den Zähnen oder einem mitten im Gesicht platzierten Muttermal, also einer Eigenheit, die Individualität und Charisma verleiht. Somit wird der Reiz des Hinschauens grösser, weil die gesamte Erscheinung nun vielleicht ein bisschen paradox und jedenfalls faszinierend anmutet. Makellose Symmetrie wird - wie umfassende Makellosigkeit überhaupt - als weniger attraktiv empfunden. Es gibt auch eine philosophische Meinung zur Imperfektion: Platon kommt zum Schluss, dass man deshalb ein menschliches Wesen, das gut ist, aber eine unförmige Gestalt hat, «als ebenmässig annehmen muss». Immanuel Kant verbindet das Schöne ebenfalls mit dem Moralischen, er sieht die Schönheit als äusserlichen Ausdruck der inneren Sittlichkeit. Was antworten Sie den beiden Philosophen? Das dahinterstehende Ideal des klassischen Griechenlands hiess «Kalokagathie». Damit wird die Einheit des Schönen und Guten ausgedrückt, also die Idealvorstellung der körperlichen und geistigen Vortrefflichkeit eines Menschen. Diese seit Platon gängige Idee der Einheit vom Wahren, Guten und Schönen in einer Person bestimmt Schönheit als Ausdruck einer insgesamt harmonischen und souveränen Persönlichkeit. Die Verbindung von körperlicher Schönheit und geistigen Vorzügen erscheint als gesamthafte Vortrefflichkeit - griechisch «Arete» - eines Menschen, bei dem die Affekte und sittlichen wie geistigen Kräfte in einem ausgeglichenen und damit auch als ästhetisch schön empfundenen Verhältnis stehen. Im Mittelalter sprach man von der «schönen Seele». Ein Mensch war schön, weil er gut war - und er war gut, weil er schön war. Wie genau ein Gesicht oder ein Körper jedoch beschaffen sein muss, damit er als schön gilt, das ändert sich mit den Jahren und Jahrhunderten sehr wohl. Was gilt heute als Mass der Schönheit? Das Schönheitsideal wurde schon immer auch durch die dominierende Kultur bestimmt. Durch die globalisierte Bilderflut und die Dominanz der abendländische Kultur hat sich das westliche Schönheitsideal weltweit durchgesetzt. Davor gab es lange auch lokale Schönheitsideale.


Christophe Christ

Der Prazise

«Es geht al so nicht nur um den Kult der Schönheit, sondern um den Kult des Visuellen.»

78


«Schönheit schafft Aufmerksamkeit und Empfindsamkeit.»

«Die Auseinandersetzung mit der eigenen Erscheinung und deren Wirkung auf andere Menschen mag unterschiedlich intensiv erfolgen, aber wir kommen nicht um sie herum. Es hilft also nichts, allein auf das Diktat von Idealen zu schimpfen: Wer in dieser Welt lebt, für den ist Schönheit ein Thema. Punkt.» So Waltraud Posch in ihrem Buch «Körper machen Leute». Sie geht darin dem Kult um die Schönheit auf den Grund. Ihr Statement ist nicht ganz falsch, finden Sie nicht? Meiner Meinung nach ist es kein Kult, sondern Ausdruck der Kultur der Schönheit, ein im Menschen angelegtes Bedürfnis. Es geht ja eigentlich auch nicht um die Wirkung auf andere, sondern um die Wirkung auf uns selbst. Wenn wir glauben, der Busen ist in unseren Augen zu klein, dann ist unsere Wahrnehmung abgeglichen mit der gängigen Norm. Es geht also nicht nur um den Kult der Schönheit, sondern um den Kult des Visuellen. 79


Von schicker Extravaganz neuer Flagship-Store im Seefeld Seit über 38 Jahren steht Coiffure Valentino für Premium-Hairstyling und Lifestyle. Unzählige Stars haben die verschiedenen Valentino-Filialen bereits besucht und an keiner der Red-Carpet-Veranstaltungen oder Fashion-Events ist das kreative Können von Valentinos Teams wegzudenken. Nun hat er zusammen mit Tamara Nedic einen Flagship-Store eröffnet, der mit seinem inspirierenden Innendesign einzigartig ist in Zürich. Das Bijou steht an der Zürcher Seefeldstrasse, der Geburtsstätte des Labels. Mannigfaltige Einflüsse von japanischen Hotels über italienische Yachten bis hin zum Retrostyle aus den 70er Jahren haben den Umund Ausbau der zwölften Valentino-Filiale geprägt. Die bis zu vier Meter hohen Räume und die verschiedenen Ebenen zeichnen sich durch ihre spannenden Farb- und Materialkontraste aus, die sich harmonisch zu einer Wohlfühl-Oase zusammenfügen. Was dem Besucher sogleich als erstes ins Auge sticht: Die grosszügige Stylebar, die mit tausenden funkelnden Spiegel-Mosaikplättchen dekoriert wurde. Es ist die grösste dieser Art in der Schweiz. An den insgesamt 14 Bedienungsplätzen wird die ganze Woche über individuelles Hairdesign für Männer und Frauen kreiert. Die hauseigene Salonbar gleich daneben rundet das Verwöhnangebot ab. Mit der neuen Filiale hat sich die «Mondo Valentino» ein weiteres Mal neu erfunden. Ein bunter, extravaganter Salon, der ein Stück internationales Flair direkt ins Herz von Zürich trägt.

Bilder: Sascha Meier – Kleid: Zoro Zürich, Galia Lahav 80


Valentino

Der Uberraschende

81


Valentino

Der Uberraschende

Valentino Coiffure Seefeldstrasse 47 8008 ZĂźrich 044 999 88 88 www.mondo-valentino.ch

82




SaDona

Die Raffinierten

Design is more than just a few tricks to the eye. It’s a few tricks to the brain. «Uns haben schon viele Kunden gefragt, ob wir nur ein Einrichtungshaus sind, aber wir sind viel mehr als das …» Die Innenarchitektin Sara Ultzsch und der Logistiker Daniel Donato Zonfrilli haben es sich mit SaDona zur Aufgabe gemacht, eine verführerische Mischung aus Lifestyle und spielerischen Einrichtungsideen zu schaffen. Ihr Fokus liegt darin, Privatpersonen sowie Unternehmen aus den verschiedensten Branchen bei der Inneneinrichtung zu unterstützen, um Wohn- und Arbeits-«Träume» wahr werden zu lassen. Den Kunden stehen verschiedene Wohnmodule zur Auswahl, die die Einrichtung von 1 bis 3 und mehr Zimmern umfassen. Jedes Modul beinhaltet ein komplettes Mobiliar, sei es fürs Büro, Wohn- oder Esszimmer. Das oberste Ziel von SaDona: Eine Einrichtung, die den Kunden und seine persönlichen Wünsche perfekt wiedergibt. Wie das geht: «Indem wir genau hinschauen, zuhören, ehrlich beraten und potenzielle Kunden auch persönlich besser kennenlernen. Geschmäcker sind eben individuell.» Mit diesem Leitgedanken entstehen inspirierte und einzigartige Kreationen, die jeden Raum optimal in Szene setzen.

85


SaDona

Die Raffinierten

86


www.sadona.ch

87


Vom Industriestandort zum urbanen Stadtquartier Die von der Steiner AG und der Baugenossenschaft BEP gemeinsam entwickelte Überbauung Manegg Mitte in Zürich umfasst 101 Mietwohnungen und 151 grosszügige Eigentumswohnungen, die unter dem Namen «Sihlterrassen» vermarktet werden.

Das Gebiet Manegg hat eine lange Geschichte als Industriestandort im Süden der Stadt Zürich. Bis zum Jahr 2007 wurde hier Papier produziert. Ab dem Jahr 2000 startete die Stadt Zürich gemeinsam mit allen Grundeigentümern in der Manegg eine kooperative Entwicklungsplanung. Exklusive Wohnträume an der Sihl Die fantastische Umgebung der Sihlterrassen zieht alle an: Jüngere Paare, Senioren, Einzelpersonen jeden Alters und Familien mit Kindern. Wer gerne viel Zeit daheim und in der Natur verbringt, ist in der modernen Überbauung am Fluss an der richtigen Adresse. Wie zwei Schiffe im Grünen liegen die Baukörper der Sihlterrassen längs zum Fluss.

88


Steiner AG

Die Schopferischen

89


90


Steiner AG

Die Schopferischen

Charakteristisch für die Überbauung sind die vertikal verlegten, glasierten Keramikfassaden. Der Glanz, die Farbigkeit und die bewegte Silhouette inszenieren das Zusammenspiel zwischen Grünraum und Architektur. Auch im Innern vermögen die 151 neuen Eigentumswohnungen zu überzeugen: Der Wohnraum mit der Küche entwickelt sich um eine Loggia, mit spannenden Diagonalbezügen und attraktivem Aussenraum. Der Grossteil der Wohnungen ist länglich offen angelegt, in vorteilhafter West-Ost-Typologie. So profitieren die künftigen Bewohner von Grosszügigkeit und einer optimalen Besonnung.

Umwelt im Fokus In Punkto Nachhaltigkeit kommen beim Projekt Manegg Mitte innovative Technologien zum Einsatz. So wird beispielsweise mit Wasserspeichermatten auf den Dächern Regenwasser zurückgehalten, das sowohl Pflanzen als auch der Atmosphäre zur Verfügung steht. Durch die Verdunstung entsteht an heissen Sommertagen eine angenehme «Coolness». Die geschaffene Dachfläche ist Lebensraum für Fauna und Flora - und trägt ausserdem zur Verbesserung der CO2-Bilanz bei.

www.steiner.ch

91


92


Curtain Cushion Comfort

Die Manufakturistin

Wo zeitlose Eleganz auf traditionelles Handwerk trifft Photographed by Patrizio Di Renzo

Curtain Cushion Comfort ist kein herkömmliches Einrichtungsgeschäft. Nein, hier wird Ambiente fürs Eigenheim geschaffen – handgemacht, vom ersten Stich bis zum massgenähten Kissen, Plaid, Vorhang, Bettbezug, Sessel oder Sofa. Verarbeitet wird alles im hauseigenen Nähatelier in Zürich. Viele der edlen Stoffe stammen von Loro Piana, einem italienischen Unternehmen, das sich ganz dem vollendeten Luxus aus Kaschmir, Merinowolle, Baumwolle und Leinen verschrieben hat. Aber auch Stoffe von de Le Cuona, Missoni und Dedar sind in den Regalen bei Curtain Cushion Comfort zu finden. Daneben gibt’s handgeknüpfte Seiden- und Wollteppiche nach Mass, ebenso wie Teppiche aus Papiergarn, die jede Einrichtung vollenden. Das zweistöckige Fachgeschäft an der Storchengasse 2 beim Münsterhof ist jedoch nicht bloss ein Paradies für den Liebhaber edler Stoffe: Elegante Tische aus Marmor und Granit, aussergewöhnliche Lampen und Vasen von GUAXS und Rattankörbe aus Myanmar runden das Angebot ab. «Unsere Accessoires kommen aus allen Ecken der Welt und werden von mir mit grösster Sorgfalt ausgesucht», so die Geschäftsinhaberin Nicole Staub. Sie ist bereits seit 22 Jahren als Inneneinrichterin tätig und glüht vor Leidenschaft für ihren Beruf. Manchmal besucht sie ihre Kunden auch Zuhause und erstellt mit ihnen individuelle Einrichtungskonzepte fürs Haus, die Ferienwohnung, Terrasse oder Lounge.

93


Curtain Cushion Comfort

Die Manufakturistin

Die Wahl fällt einem da jedoch nicht leicht: Nebst den Ledermöbeln von Poltrona Frau, bekannt für die edle Verarbeitung der verwendeten Ledermaterialen, stehen einem unter anderem auch über 200 verschiedene Leder-Nuancen sowie wie ein grosses Sortiment an Accessoires von Giobagnara zur Auswahl. Bei dem genuesischen Unternehmen kann der

Kunde nicht nur die Farbe, sondern auch die Struktur und die Dicke des Leders von seinem zukünftigen Möbel bestimmen. So wird jedes Stück zum Unikat, das dem Zuhause eine ganz individuelle Note verleiht.

94


95


96


The dark Shift

Photographed by Patrizio Di Renzo — Staring Model / MANUELA FREY / Option Model Agency — Fashion Styling by Salvatore Schito — Hair & Make-up by Eveline Boeckx — Production by THE FOTOSTUDIO.CH

«Sich selbst zu lieben ist der Beginn einer lebenslangen Romanze.» Die Worte von Oscar Wilde haben uns schon vor 130 Jahren gezeigt, wie wichtig es ist, sich selbst nahe zu stehen. Das Model Manuela Frey verkörpert für mich genau diesen Typ Mensch: selbstbewusst, einzigartig, echt. Aus diesem Grund habe ich sie auch für die Aufnahmen dieser Modestrecke ausgewählt. Ihre kraftvolle Art inspiriert mich immer wieder von Neuem bei meiner Tätigkeit. Kraft zu schöpfen, um Berge zu versetzen und Mut für Neues aufzubringen, das war schon immer ein Teil von mir und meiner Arbeit. Ein Mindset, das gerade in dieser ausserordentlichen Zeit wichtiger ist denn je. Ich glaube fest daran, dass wir alle fähig zu mehr sind und die eigenen Grenzen überwinden müssen, um so die Welt neu zu definieren. Diese Bewusstseins-Verschiebung möchte ich in meinen Bildern «THE DARK SHIFT» festhalten. Inspiriert werde ich stets von der Realität, welche ich jedoch als solche zu meiden versuche. Ich möchte sie wandeln, ihr ein neues Gesicht geben, eben: SHIFT THE REALITY. Patrizio Di Renzo

Kleider by Salvatore Schito, In Gassen 14 Zürich 97


Kleider by Salvatore Schito, In Gassen 14 ZĂźrich 98


Patrizio Di Renzo

The dark Shift

99


Kleider by Salvatore Schito, In Gassen 14 ZĂźrich 100


Patrizio Di Renzo

The dark Shift

Kleider by Salvatore Schito, In Gassen 14 ZĂźrich 101


Patrizio Di Renzo

The dark Shift

Kleider by Salvatore Schito, In Gassen 14 ZĂźrich 102



Text: Peter Kamber, peterkamber.de Bilder: © Aus dem Nachlass von Aline Valangin und Wladimir Rosenbaum, mit freundlicher Genehmigung von Francine Rosenbaum und Simone Cornaro-Rosenbaum. Aus: Peter Kamber, Geschichte zweier Leben. Wladimir Rosenbaum & Aline Valangin, Limmat Verlag, Zürich 2018

Geschichte zweier Leben Wladimir Rosenbaum & Aline Valangin

Er, ein angesehener Schweizer Anwalt, der sein Leben lang gegen den Faschismus kämpft - wobei er gleichzeitig mit seiner eigenen jüdischen Abstammung ringt. Sie, eine begabte Pianistin und später auch Schriftstellerin, die in ihren Texten unter anderem ihre persönlichen Lebensleiden verarbeitet, wie beispielsweise die zerrissene Beziehung zur Mutter. Trotz - oder gerade wegen - ihres gemeinsamen Drangs nach Freiheit und zahlreichen Liebschaften waren beide stets ein unentbehrlicher Teil im Leben des anderen. Ihr Haus in Zürich galt in den 30er Jahren als Zufluchtsort für Verfolgte sowie als Treffpunkt der Künstlerszene. Max Ernst, Kurt Tucholsky, Max Bill und Meret Oppenheim sind nur einige der vielen Schriftsteller und Künstler, die bei den beiden ein- und ausgingen. Nachfolgend einige Auszüge aus dem Buch «Geschichte zweier Leben - Wladimir Rosenbaum & Aline Valangin» von Peter Kamber, der mit viel Feingefühl geschichtliche Fakten, Auszüge aus Tagebüchern und Aufzeichnungen in einem Werk zusammenfügt, das wohl eher einem Roman als einer Doppelbiographie gleicht. Larissa Groff 104


Wladimir Rosenbaum & Aline Valangin

Die Unverstandenen

Ihr Vater war nicht religiös, doch von ihrer Mutter wurde sie im altkatholischen Glauben erzogen, und wenn Aline «böse» war, sagte ihr die Mutter jeweils, «das Teufelchen» sei in ihr: «Es war ein merkwürdiges Teufelchen. Ich spürte gleich, wenn es kam. Ich musste stets Nein sagen, so fing es an, und dann musste ich Nein tun. Ganz steif wurde ich inwendig, und Mutter und ich litten darunter und weinten uns zusammen aus, wenn ich wieder frei war. - Einmal hatte ich zu gehorchen. Das Teufelchen liess es nicht zu. Es kam so weit, dass Mutter in ihrer Qual sagte, so habe sie kein Kind mehr und ich solle nur fortgehn. Ich litt grässlichen Zwiespalt. An ihr Herz fliegen und sie lieben, lieben, lieben - gerne, aber ich konnte nicht. Also bat ich um ein Bündelchen Kleider, und als ich es erhielt, machte ich mich auf den Weg. Mutter stand unter der Türe und sagte mir Lebewohl. Ihre Stimme war ganz tief und die Augen fast schwarz. Dann wusste ich, sie stand am Fenster, mit zuckendem Herzen, in grösster Not: Das Kind ging fort, es ging einfach fort. Es setzte ein rotes Beinchen vor das andere, schaute geradeaus und ging den Weg hinunter der Bahn zu. Sie stand und flehte innerlichst, das Kind möge diese Qual hören und umkehren, umkehren - umkehren. Aber es ging immer weiter, ganz gleichmässig. Sie stand und kämpfte einen harten Kampf mit ihrem Gott: Ich will es nicht gehen lassen, es ist meines, es ist alles, was ich habe, ich kann nicht. Sie rang die Hände und weinte so, dass das ganze Gesicht nass war und sie vom Kind nur noch einen kleinen roten Punkt sah. Da schrie sie nach dem Hausmädchen, es solle mich sofort holen gehen. - Ich wehrte mich gegen die dicken roten Hände, die mich packen wollten, und biss und kratzte. Mehr getragen als gezogen, kam ich in Mutters Schlafzimmer an. Ich sah ihr tränenüberströmtes Gesicht, ich fühlte ihre nassen salzigen Hände. Sie kniete vor mir nieder und nahm mich in die Arme. Und ich konnte immer noch nicht. Konnte nicht mein Herz öffnen. Ich litt körperlich heftige Schmerzen, wie Stichwunden von Dolchen.» Aline Valangin über die Liebe zu Walter Helbig (S. 88-89)

Aline Valangins Beziehung zur Mutter (S. 45-46) Die starke Gefühlsbindung zwischen Mutter und Tochter offenbarte schon bald ihre problematischen Seiten. Das Thema der mütterlichen Umklammerung gestaltete Aline Valangin später wiederholt in ihren Büchern, besonders im Roman «Victoire oder die letzte Rose» (1946), dem sie authentische Frauenbiographien aus drei Generationen ihrer eigenen Familie zugrunde legte. In den Erinnerungen aus dem Nachlass formulierte sie eine vehemente Kritik an den Müttern: «Sie saugen dem Kind das Blut aus, um sich zu beleben. Da sie vermieden haben, sich selbst einen Wert über den der Mutter hinaus zu geben, soll nun der Wert des Kindes in die Waagschale gelegt werden, zu ihren Gunsten. Und wie oft ist es Neid, was die Mutter veranlasst, die Tochter nicht gehen zu lassen, sie an ihr ältliches Leben zu binden und ihr nicht zu gönnen, was nicht auch sie sich leisten könnte. Wie viele Mädchen besonders der letzten Generation sind nicht so geopfert worden und haben ihr Leben vergeudet im Zuhausesitzen.»

«Es ist so herrlich still ringsum, ein Huhn gackert in der Ferne. Das Zimmer ist voller Licht. Wenn ich die Augen schliesse, denke ich, bei dir zu sein. Den ganzen Morgen schlummerte ich und bewegte mich in einer lichten Traumwelt mit dir. Alles, was ich träume, führt zu dir, alles, was ich denke, was ich sehe, führt zu dir. Die Blumen, die ich geschenkt bekam, habe ich zusammenstellen lassen, dass die Farben untereinander ein Lied singen. Links ein Busch violetter Violen, eine gefüllte, aber zierliche Sorte. Die graugrünen, schmalen Blätter züngeln zwischen dem priesterlichen Violett. Dann ein gewaltiger Strauss rosaroter und weisser, dickbuschiger Violen, die in ihrer weissen Vase protzen wie eine schöne üppige Rokokodame. Im Wein sind gelbliche Stellen, die beunruhigen, und nun kommt dein Strauss, dein Strauss, die gelben Glocken. Sie sind so gelb, dass, wenn die Sonne auf sie scheint, sie mich fast blenden. Sie lodern. Und immer muss ich schauen, immer muss ich den Weg vom vesperlichen Violett über das leichtfertige RosaWeiss zu dem jubelnden Gelb gehn, immer wieder, und muss an dich denken dabei. Dieses Gelb ist ganz unaussprechlich. Aber noch unaussprechlicher ist das Rot unserer Nelke. Ich sage: unsere Nelke, und meine damit eine bestimmte Sorte von fleisch- oder besser kirschroten Nelken, flackrig, (…) sprühend.»

Und wie oft ist es Neid, was die Mutter veranlasst, die Tochter zu lassen, - nicht gehen sie an ihr altliches Leben- zu binden und ihr nicht zu gonnen, was nicht auch sie sich leisten konnte. -Aline Valangin

105


Es gibt Menschen, die immer eilig sind, und es gibt Menschen, die immer Zeit haben. Man kann die Zeit gestalten, weitgehend; die Zeit ist sonderbarer Weise, - knetbar, sie ist dehnbar, verkurzbar, ausdehnbar. Und so empfinde ich die Zeit nie als Uhrzeit. -Wladimir Rosenbaum Wladimir Rosenbaum findet seine Freiheit in der U-Haft (S. 282-283) «In der Untersuchungshaft habe ich eine Erfahrung gemacht, die mir unendlich wertvoll war. Eines Tages, ich sass und las, blickte ich von meiner Lektüre, ich weiss nicht, ob nach Minuten oder Stunden, auf, betrachtete meine vier Wände und staunte. Die vier Wände waren gar nicht da. Sie waren in weite, unwirkliche Ferne gerückt. Sie ‹gingen mich nichts an›, dessen wurde ich körperlich gewahr. Ein Gefühl grenzenloser, unendlicher Freiheit durchflutete mich, und ich hatte eine Assoziation: Ich stellte mir vor, der geistige Mensch lebe in einer Sphäre. Ich sah den Menschen als Kugel, und sah, je unreifer der Mensch ist, desto grösser ist diese Kugel, weil sie noch voller Schlacken ist. Und je weiser er wird, desto kleiner wird die Kugel. Wenn er weise ist, ist er nur noch ein Punkt, hat keine Dimension mehr, ist also sowohl unendlich klein als auch unendlich gross. Wenn ich nun in einer Zelle sitze, die kleiner ist als meine Kugel, renne ich ja mit dem Kopf an die Wand, weil ich meinen Raum, der grösser ist als der Zellenraum, füllen will und muss, und zerschlage mir den Kopf. Ist aber mein Raum kleiner als die Zelle, dann ist er auch viel grösser als die Zelle, dann ist er an die Dimension der Zelle nicht mehr gebunden. Das habe ich fast konkret erlebt: Mein geistiger Raum brauchte nicht so viel Platz, als die Zelle gross war. Wenn z. B. der Staatsanwalt kam, fühlte ich mich vollkommen frei, derweil er sehr verlegen war. Als ich entlassen wurde, musste ich eine Tournee bei den Richtern machen und hatte den Eindruck: Ich besuche eine Reihe von Gefangenen. Der eine ist gefangen in seiner Uniform, der andere ist gefangen in der Persona des Herrn Notar, der Nächste in der Persona des Oberrichters. Ich hatte keine Persona mehr und war frei.» Wladimir Rosenbaums geheime Liebes-Begegnung (S. 303-304) «Aline und ich lebten längst getrennt und hatten uns auch scheiden lassen. Ich habe im Laufe der Zeit mehrere sehr gute, sehr liebe Freundinnen gehabt und bewahre wunderbare Erinnerungen. Eine dieser Begegnungen fiel in die Zeit, als ich von Zürich wegzog. Davon zu erzählen ist schwierig, weil die Schilderung ihres eigenartigen Verlaufes die Gefahr in sich birgt, als exaltiert, sentimental, als romantisch oder gar als kitschig missverstanden zu werden. Das alles war diese Begebenheit jedoch nicht. Es war am Tage vor meiner Abreise in den Tessin. Zufällig begegnete ich einer Frau, die ihrerseits ihre Heimat, Deutschland, verlassen hatte und unterwegs war nach Amerika. Zu sagen nun, dass diese Begegnung für uns beide etwa ein coup de foudre gewesen sei, wäre falsch. Es war viel mehr! Jetzt kommt mir ein Wort auf die Lippen, das vielleicht als kitschig empfunden wird. Ich weiss kein anderes, weil es das richtige ist: Wir glühten uns entgegen. Unwiderstehlich! Die wenigen Stunden, die wir zur Verfügung hatten, verbrachten wir in einem Gefühl der Glückseligkeit, glückselig, uns getroffen, uns gefunden zu haben. Es war eigentlich wortlos selbstverständlich und problemlos naturgegeben, dass diese Begegnung ihre Erfüllung finden würde in einer - hier kommt wieder ein gefährliches Wort, das aber der Situation genau entspricht - in einer lodernden Umarmung … Als die Stunde kam, geschah etwas ganz anderes. Es geschah … nichts. Wir sassen nebeneinander. Und die Begierde wich von uns, fiel von uns ab wie eine Schale. Nicht etwa, dass wir ‹verzichtet› hätten; nein, es war kein Verzicht, kein Verlust, die Begierde war obsolet geworden, gegenstandslos. Wir sassen still nebeneinander, in einem Gefühl vollkommener, wunschloser Freude. Es war eine der schönsten, eine ewige Stunde meines, unseres Lebens. Wir trennten uns im Gefühl, die Ganzheit des Lebens erfahren zu haben und die Ganzheit der Liebe. Wir trennten uns ohne Berührung. Es war die innigste Berührung gewesen. Warum erzähle ich diese etwas absonderliche Geschichte? Um verständlich zu machen, was Begegnung mir bedeutet und wie intensiv, wie beglückend, wie wesentlich Begegnung sein kann.»

106


Wladimir Rosenbaum & Aline Valangin

Die Unverstandenen

Wladimir Rosenbaum über den Glauben und den Tod (S. 309-311) «Ich will zum Problem des Glaubens noch etwas sagen. Ich habe mich lange mit dem Problem des Glaubens beschäftigt und auch über Gott nachgedacht, wobei ich merkte, dass ich gläubig bin und meine Zuversicht im Glauben fand. Aber ich könnte nicht sagen, dass ich an etwas oder an irgendjemanden glaube. Es ist der Glaube an sich und in sich. Ich bin dann intellektuell zu der Überlegung gekommen, dass es darum geht, zu erkennen, dass dasjenige, was wir als Gott bezeichnen, keine Gestalt hat, dass es nicht greifbar, nicht sichtbar, nicht hörbar ist, dass es gestaltlos ist: dass es eine absolute geistige Abstraktion und gleichzeitig geistige Wirklichkeit ist, die nicht definierbar ist, ex definitionem nicht definierbar ist. Ich kann mich nicht anders vorstellen als gläubig: Ich weiss nicht was, ich weiss nicht warum, ich weiss nicht wozu, ich weiss nicht wieso, ich weiss nur, dass ich gläubig bin. Und an Gott glaube ich nicht, und an das Paradies glaube ich nicht, und glaube nicht, was irgendwie gegenständlich, symbolisch ausgedrückt werden könnte. Der Glaube ist vielleicht etwas so Heiliges, dass er nicht einmal ein Symbol haben kann. Vielleicht ist das ein Satz! Und was die Frage des Lebens nach dem Tode betrifft, also da bin ich sehr nüchtern: Tod ist Tod! Natürlich gibt es so etwas wie eine Kontinuität, natürlich hinterlasse ich eine Spur auf dieser Erde, natürlich kann diese Spur weiterleben. Aber diese konkretistischen Geschichten mit dem Paradies, das ist alles Unsinn, ganz reiner kindlicher Unsinn. Wobei das geistige Erbe, meinetwegen auch der Begriff des kollektiven Unbewussten, das lasse ich alles gelten. Nur keine Flucht in gegenständliche, materialistische, ungeistige Vorstellungen. Das Leben nach dem Tode, wie es die Kirche sieht, ist ein ungläubiger Glaube. Der echte Glaube bedarf nicht dieser Krücken. Das sind alles Krücken für diejenigen, die ungläubig sind. Für den echten Gläubigen bedarf es der Krücke nicht! Dieser ganze Jenseits-Glaube, das ist eine Unbescheidenheit - man ist mit dem ‹Hier-Sein›, mit dem ‹Jetzt› nicht zufrieden. Das ist auch überheblich, man soll zufrieden sein mit dem, was man hat. Ich weiss, dass ich nur noch kurz zu leben habe, vielleicht sind das im besten Fall fünf oder zehn Jahre, und dann ist es aus; aber die werde ich mit Vergnügen leben. Ich freue mich über ein Gespräch, über einen Besuch, ein Nachtessen: simple, primitive Sachen, das sind die Freuden des Lebens. Die Zeit hat mit der Zeit der Uhr nichts zu tun. Die Zeit hat ihre eigenen Zeiten, die Zeit ist auch etwas Gestaltbares. Es gibt Menschen, die immer eilig sind, und es gibt Menschen, die immer Zeit haben. Man kann die Zeit gestalten, weitgehend; die Zeit ist knetbar, sonderbarer Weise, sie ist dehnbar, verkürzbar, ausdehnbar. Und so empfinde ich die Zeit nie als Uhrzeit. Also diese banale Geschichte, dass eine Sekunde so lang sein kann wie eine Ewigkeit, das meine ich nicht, aber man kann die Zeit nach Intensitäten messen. Wenn ich so nun auf diese lange Zeit, diese fast vierundachtzig Jahre meines Lebens zurückblicke und die Wandlung sehe, die ich erfahren habe, sehe ich natürlich schon rein körperlich eine grosse Veränderung. Ich war - aus dieser Protesteinstellung heraus - sehr sportlich. Ich habe jeden Sport betrieben: Ich habe Fussball gespielt, ich bin geritten, geschwommen, ich habe Tennis gespielt, ich habe geboxt, ich habe das Bergsteigen sehr gepflegt, ich war also, man kann wohl sagen, ein athletischer junger Mann. Nun, wenn ich sehe, heute sitze ich hier vor Ihnen, operiert an beiden Augen, mit einem Hörgerät im Ohr, Prothesen im Mund, operiert an der Prostata, also mit allen möglichen Einengungen der körperlichen Möglichkeiten; wobei ich rein empirisch sagen muss, ich empfinde diese Einengungen nicht als Einengungen, weil ich auf die Möglichkeiten der Zustände, der nicht eingeengten Zustände, freiwillig verzichtet habe, von mir aus, bevor sie mich zum Verzichte zwangen. Was das Altwerden betrifft, würde ich es in einem Satz so formulieren: Man muss mit seinem Alter Schritt halten. Das ist alles! Dann wird eine Frau eine schöne alte Frau, und nicht eine Maske, und ein Mann bekommt dann vielleicht ein bisschen Geistigkeit in seinen Ausdruck. Um vielleicht noch das zu sagen: Das Problem des Todes - ich glaube, das war immer so - ist für mich nie ein Problem gewesen. Das ist ein natürlicher Vorgang. Wenn mir jetzt der Arzt sagen würde, in den nächsten zehn Minuten müsse ich sterben, das würde mich nicht aufregen. Ich bin mit meinem Schicksal versöhnt.»

107


Zurcher Galerien und Museen

THOMAS AMMANN FINE ART AG Zeitgenössische Kunst: de Kooning, Marden, Ryman, Taaffe, Twombly, u.a. Restelbergstrasse 97, 8044 Zürich, T 044 360 51 60 Mo-Fr 10-17 da@ammannfineart.com, www.ammannfineart.com

ELTEN & ELTEN Zeitgenössische Kunst: Csuka, Gaul, Kober, Koshlyakov, Kowski, Lehmann, Raab, Riediger, Schröter, Sigg, Wilken, Wunderly, u.a. Wilfriedstrasse 19, 8032 Zürich, T 044 260 53 30 Nach Vereinbarung mve@mve.ch, www.mve.ch

KARMA INTERNATIONAL Zeitgenössische Kunst: Brzezanska, Ekblad, Hominal, Rosenkranz, Sauter, Tanaami, u.a. Weststrasse 75, 8003 Zürich, T 043 535 85 91 Mi-Fr 12-18, Sa 12-16 und n.V. info@karmainternational.org, www.karmainternational.org

ARTEF FINE ART PHOTOGRAPHY GALLERY Abbott, Baumgartner, Crewdson, Cunningham, Fontana, Halsman, Salas, u.a. Splügenstrasse 11, 8002 Zürich, T 043 817 66 40 Di-Fr n.V., Sa 12-17 info@artef.com, www.artef.com

FOXX GALERIE Pop Art, 3-D Art, Comix Art, Animation Art: Berges, Döring, Götze, Kühn, Ramos, Rizzi, u.a. Rämistrasse 33, 8001 Zürich, T 044 261 88 61 Mi-Fr 11-18.30, Sa 10.30-16 und n.V. popart@foxxgalerie.com, www.foxxgalerie.com

GALERIE PETER KILCHMANN Zeitgenössische Kunst: Alÿs, Bajevic, Bauer, Doherty, Jakob, Leutenegger, Macchi, Margolles, Marti, u.a. Zahnradstrasse 21, 8005 Zürich, T 044 278 10 10 Di-Fr 10-18, Sa 11-17 info@peterkilchmann.com, www.peterkilchmann.com

ART FORUM UTE BARTH Galerie für Moderne & Zeitgenössische Kunst: Abben, Eitle-Vozar, Keller, Maier, Niederer, Plimpton, Trepp, von Kaenel, Wechsler Kartausstrasse 8, 8008 Zürich, T 044 380 27 11 Di-Fr 11-18, Sa 11-15 und n.V. info@utebarth.com, www.utebarth.com

GALERIE GMURZYNSKA Klassische Moderne, osteuropäische Avantgarde der 1910er bis 1930er Jahre: Calder, Degas, Fontana, Kounellis, Malevich, Miró, Nevelson, Picasso, Rodchenko, Schwitters, Wesselmann, u.a. Paradeplatz 2, 8001 Zürich, T 044 226 70 70 Mo-Fr 10-18, Sa 10-16 galerie@gmurzynska.com, www.gmurzynska.com

KOLLER AUKTIONEN ZÜRICH Alte und moderne Kunst, Antiquitäten, Asiatica, Schmuck Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, T 044 445 63 63 Mo-Fr 9-12 / 13.30-18 office@kollerauktionen.ch, www.kollerauktionen.ch

GALERIE ALEXANDER E. RÄBER Arroyo, Berrocal, Gigliotti, Perl, Schmid, u.a. Oberdorfstrasse 21/23, 8001 Zürich, T 044 262 06 00 Mo 13.30-19, Di-Fr 11-19, Sa 11-17 und n.V. info@galerie-raeber.ch, www.galerie-raeber.ch MARLENE FREI GALERIE & EDITION Boeschenstein, Bruhin, Cage, Filliou, Kapielski, Meyer, Noël, Roesch, Roth, Rothacher, Schmit, u.a. Zwinglistrasse 36 (Hof), 8004 Zürich, T 044 291 20 43 Di-Fr 12-18.30, Sa 12-16 marlenefrei@bluewin.ch, www.marlenefrei.com GALERIE PATRIK FRÖHLICH Afrikanische und ozeanische Kunst Obere Zäune 24, 8001 Zürich, T 044 242 89 00 Di-Fr 10-12, 14-18.30, Sa 11-16 patrikfroehlich@swissonline.ch, www.tribalart.ch GALERIE HAAS AG Alcaraz, Amiet, Bianchet, Bohnhoff, Braque, Derain, Fautrier, Gartner, Hodler, Ikemura, Kirchner, Klein, Kuehn, Mannel, u.a. Talstrasse 62a, 8001 Zürich, T 043 497 20 26 Mo-Fr 10-12.30, 14-18 und n.V. contact@galeriehaasag.ch, www.galeriehaasag.ch HAUSER & WIRTH ZÜRICH Bourgeois, Claerbout, Graham, Heilmann, The Estate of Eva Hesse, Jackson, Khedoori, Kuitca, Lassnig, McCarthy, Rist, Sala, Sasnal, Schlingensief, Signer, Smit, Thater, Thomkins u.a. Limmatstrasse 270, 8005 Zürich, T 044 446 80 50 Di-Fr 11-18, Sa 11-17 zurich@hauserwirth.com, www.hauserwirth.com

SALVADOR DALI «Peristence of Memory», Bronze, Height: 191 cm GALERIE ALEXANDER E. RÄBER ART SELECTION, HANS PETER & SUSANNE GILG Junge, vorwiegend abstrakte Kunst - Kunsthandel Aragó, Tinguely, van der Ster u.a. Weinbergstrasse 93, 8802 Kilchberg, M 079 356 93 30 Nur nach Vereinbarung artselection@bluewin.ch, www.artselection.ch

GALERIE CLAUDINE HOHL Zeitgenössische Schweizer Kunst, konkret, abstrakt, figurativ, etablierte KünstlerInnen und Neuentdeckungen Am Schanzengraben 15, 8002 Zürich, T 044 202 72 43 Mi und Fr 15-18, Sa 13-15 oder n.V. claudinehohl@hotmail.com, www.galerieclaudinehohl.ch

ART STATION ISABELLA LANZ Galerie für zeitgenössische Kunst Hochstrasse 28, 8044 Zürich, T 043 343 99 44 Mi-Fr 14-19, Sa 12-17 und n.V. info@artstation-zuerich.ch, www.artstation-zuerich.ch

J & P FINE ART Meister der klassischen Moderne des 20. Jahrhunderts: Amiet, Chagall, Giacometti, Kandinsky, Matisse, Rodin, u.a. Talstrasse 66, 8001 Zürich, T 043 344 89 70 Mo-Fr 9.30-12, 14-17.30 und n.V. info@j-pfineart.com, www.j-pfineart.com

GALERIE SYLVA DENZLER Galerie für zeitgenössische Schweizer Kunst Gemeindestrasse 4, 8032 Zürich, T 043 268 43 83 Mi-Fr 14-18.30, Sa 14-16 und n.V. galerie@sylva-denzler.ch, www.galerie-sylva-denzler.ch DIERKING - GALERIE AM PARADEPLATZ Gegenständliche Kunst mit Schwerpunkt Schweiz Bleicherweg 3, 8001 Zürich, T 044 221 51 21 Di-Fr 12-18.00, Samstag und übrige Zeit n.V. office@dierking.ch, www.dierking.ch

108

HÄUSLER CONTEMPORARY Internationale zeitgenössische Kunst: Fulton, de Ganay, Heilmann, Kiecol, Kowanz, Ledgerwood, Morris, Partenheimer, Reidl, Schuler, Signer, Sonnier, Turrell, u.a. Stampfenbachstrasse 59, 8006 Zürich, T 043 810 04 26 Di-Fr 12-18, Sa 11-16 und n.V. galerie@haeusler-contemporary.com, www.haeusler-contemporary.com

GALERIE KORNFELD ZÜRICH Klassische Moderne Titlisstrasse 48, 8032 Zürich, T 044 251 03 60 Öffnungszeiten nach Vereinbarung galerie@kornfeld.ch, www.kornfeld.ch GALERIE LANGE + PULT Bourgeat, Da Mata, Dussoix, Feuz, Mercier, Rittener, Reist, Schramm, Stoffel, Ullrich u.a. Rämistrasse 27, 8001 Zürich, T 044 212 20 00 Di-Fr 11-18.30, Sa 11-17 info@langepult.com, www.langepult.com KUNSTWARENHAUS NEUMARKT Junge Nachwuchstalente der kulturellen Untergrundszenen Zürichs, Berlins und Londons Neumarkt 6, 8001 Zürich, T 044 501 88 18 Di-Fr 11-18.30, Sa 11-17 info@kunstwarenhaus.ch, www.kunstwarenhaus.ch LAZERTIS GALERIE Bonfanti, Castellani, Dorazio, De Clercq, D’Oora, Di Robilant u.a. Universitätsstrasse 9 + 21, 8006 Zürich, T 044 261 14 13 Di-Fr 12-18.30, Sa 12-16 und n.V. www.lazertisgalerie.ch MAI 36 GALERIE Internationale zeitgenössische Kunst: Ackermann, Baldessari, Balkenhol, Fries, Mapplethorpe, McBride, Mullican, Ruff, Weiner u.a. Rämistrasse 37, 8001 Zürich, T 044 261 68 80 Di-Fr 11-18.30, Sa 11-16 mail@mai36.com, www.mai36.com GALERIE MARK MÜLLER Zeitgenössische Kunst: Bandau, Baudevin, Baumann, Boller, Brandmeier, Frei, Gritsch, Grosse, Hafif, Hollingsworth, Lieber, Marioni, Millar, Morellet u.a. Hafnerstrasse 44, 8005 Zürich, T 044 211 81 55 Mi-Fr 12-18, Sa 11-16 mail@markmueller.ch, www.markmueller.ch GALERIE ORLANDO GMBH Klassische Moderne - Russische, osteuropäische, deutsche und schweizerische Avantgarde: Amiet, Barlach, Exter, Itten, Kirchner, von Jawlensky, Kljun, Larionow, Lissitzky, Macke, Malewitsch, Marc, Popowa, Puni, Rodtschenko, von Werefkin Dreikönigstrasse 12, 8002 Zürich, T 043 497 24 82 Mo-Fr 10-12.30 / 14.30-18.30, Sa 11-16 galerie@orlando-gmbh.ch, www.orlando-gmbh.ch GALERIE BOB VAN ORSOUW Zeitgenössische Kunst: Akakçe, Akkerman, Araki, Eloyan, Moriyama, Neto, Opie, Schnider u.a. Rainstrasse 36, 8038 Zürich, T 044 273 11 00 Only by appointment mail@bobvanorsouw.ch, www.bobvanorsouw.ch GALERIE FRANCESCA PIA Bayrle, Dafflon, Decrauzat, Godinat, Grigely, Guyton, Koether, Serralongue, Shrigley, Tatham u.a. Limmatstrasse 268, 8005 Zürich, T 044 271 24 44 Di-Fr 12-18, Sa 11-17 info@francescapia.com, www.francescapia.com GALERIE EVA PRESENHUBER Zeitgenössische Kunst: Aitken, Carron, Donnelly, Gordon, Handforth, Lord, Tim Rollins and K.O.S., Eva Rothschild, Shearer, Smith u.a. Zahnradstrasse 21, 8040 Zürich, T 043 444 70 50 Di-Fr 10-18, Sa 11-17 info@presenhuber.com, www.presenhuber.com


Quick Blow Dry

Quick Blow Dry

Quick Blow Dry

Waschen & Föhnen

Waschen & Föhnen

Waschen & Föhnen

Economy

Economy

Economy

Business

Business

Business

Quick Blow Dry

Quick Blow Dry

Quick Blow Dry

Waschen & Föhnen

Waschen & Föhnen

Waschen & Föhnen

Economy

Economy

Economy

Business

Business

Business

Quick Blow Dry

Quick Blow Dry

Quick Blow Dry

Waschen & Föhnen

Waschen & Föhnen

Waschen & Föhnen

Economy

Economy

Economy

Business

Business

Business


Zurcher Galerien und Museen

GALERIE PROARTA AG Klassische Moderne & zeitgenössische abstrakte Kunst: Arp, Calder, Delaunay, Francis, Honegger, Jenkins, Lohse, Knoebel, Komarin, Miró, Poliakoff, Shin, Tress, Voss u.a. Bleicherweg 20, 8002 Zürich, T 044 202 02 02 Di-Fr 11-18, Sa 11-16 proarta@proarta.ch, www.proarta.ch

MUSEEN UND AUSSTELLUNGSRÄUME

GALERIE RÖMERAPOTHEKE Zeitgenössische Kunst: Cienski, Gähler, Gunstheimer, Kettner, Joly, Suerkemper, Villiger, Vanhöfen, Weihrauch u.a. Rämistrasse 18, 8001 Zürich, T 043 317 17 80 Mi-Fr 14-18.30, Sa 12-16 gallery@roemerapotheke.ch, www.roemerapotheke.ch

GRAPHISCHE SAMMLUNG DER ETH Die Sammlung umfasst Druckgraphik alter Meister: von Schongauer, Dürer, Rembrandt, Piranesi bis Goya, Schweizer Druckgraphik und Zeichnungen des 19. und 20. Jahrhunderts: von Bernhard Luginbühl, Dieter Roth, Franz Gertsch bis Andy Warhol Rämistrasse 101, 8092 Zürich, T 044 632 40 46 Mo-Fr 10-17, Mi 10-19 www.gs.ethz.ch

GALERIE ROSENBERG Dufourstrasse 169, 8008 Zürich, T 044 311 79 52 Do-Fr 14-18, Sa 12-16 und n.V. info@galerie-rosenberg.ch, www.galerie-rosenberg.ch SAM SCHERRER CONTEMPORARY Steinacher, Czerwinski, Salzmann, Muff Kleinstrasse 16, 8008 Zürich, T 044 260 44 33 Do-Fr 14-18, Sa 12-16 und n.V. art@samscherrer.ch, www.samscherrer.ch ALEX SCHLESINGER Anderes, Bittersohl, Fabrikant, Häsli, Hasse, Jaccard, Jenzer, Käser, Mars, Pocci, Tschudi, Weber, Winter u.a. Tödistrasse 48, 8002 Zürich, T 043 233 92 93 Do-Fr 13-18, Sa 12-16 und n.V. info@galas.ch, www.galas.ch SEMINA RERUM - IRÈNE PREISWERK Malerei, Fotografie, Installation, Video: Fuchs, Danuser, Evers, Fujii, Good, Jedlicka, Kappeler, Steffensen, Strba, Varady, Widauer u.a. Konkordiastrasse 13, 8032 Zürich, T 044 251 26 39 Nach Vereinbarung mail@seminarerum.ch, www.seminarerum.ch GALERIE NICOLA VON SENGER AG Zeitgenössische Kunst - Fotografie & neue Medien: Ballen, Berkhemer, Breuning, Gelitin, Motti, Parr, Rodgers, Sala, Sassolino u.a. Limmatstrasse 275, 8005 Zürich, T 044 201 88 10 Di-Fr 11-18, Sa 11-17 info@nicolavonsenger.com, www.nicolavonsenger.com GALERIE ERICH STORRER Zeitgenössische Kunst: Damisch, Egl, Horsky, Joy, MacKendree, Pils, Rotterdam, Wortelkamp Scheuchzerstrasse 25, 8006 Zürich, T 044 362 73 14 Offen nach Vereinbarung contact@galeriestorrer.com, www.galeriestorrer.com THE TRACE GALLERY Lowbrow, Pop Surrealism and Contemporary Art from outside the institutions Militärstrasse 76, 8004 Zürich, T 044 240 00 60 Mi-Fr 11-19, Sa 11-17 und n.V. info@thetrace.ch, www.thetrace.ch GALERIE ANDRES THALMANN Internationale zeitgenössische Kunst sowie etablierte Schweizer Künstler und Jungtalente Talstrasse 66, 8001 Zürich, T 044 210 20 01 Mo-Fr 11-18.30, Sa 11-16 und n.V. galerie@andresthalmann.com, www.andresthalmann.com ANNEMARIE VERNA GALERIE Zeitgenössische Kunst nach 1960: Calderara, Christen, Egan, Flavin, Francisco, LeWitt u.a. Neptunstrasse 42, 8032 Zürich, T 044 262 38 20 Mi-Fr 14-18.30, Sa 11-14 office@annemarie-verna.ch, www.annemarie-verna.ch GALERIE VON VERTES Klassische Moderne, Impressionismus, dt. Expressionismus, Ecole de Paris, Kunst nach 1945: Bonnard, Calder, Feininger, Giacometti, Hirst, Kandinsky u.a. Bahnhofstrasse 16, 8001 Zürich, T 044 211 12 13 Ausstellungen n.V. geöffnet, Bürozeiten 10-18 info@vonvertes.com, www.vonvertes.com

110

MUSEUM BELLERIVE Seit 1968 Kunstgewerbesammlung des Museums für Gestaltung Zürich, angewandte Kunst im Schweizer Unikat- und Kleinserienbereich Höschgasse 3, 8008 Zürich, Di-So 10-17 www.museum-bellerive.ch

Frank Joss, Bretagne GALERIE ALEXANDER E. RÄBER

VILLA GRISEBACH AUKTIONEN AG Bahnhofstrasse 14, 8001 Zürich, T 044 212 88 88 FABIAN & CLAUDE WALTER GALERIE Neue Tendenzen der internationalen Gegenwartskunst: Braas, Burkhard, Denzler, Hebeisen, Helbling, Huelin, Iinuma, Oppenheim, Stepanek, Maslin, Strba, Suermondt, u.a. Rämistrasse 18, 8001 Zürich, T 044 440 40 18 Mi-Fr 14-18.30, Sa 12-16 galerie@fabian-claude-walter.com, www.fabian-claude-walter. com GALERIE BRIGITTE WEISS Zeitgenössische Kunst Müllerstrasse 67, 8004 Zürich, T/F 044 241 83 35 Di-Fr 11-18, Sa 11-17 brigitteweiss@bluewin.ch, www.likeyou.com/brigitteweiss WELTI MODERN ART Kunst des 20. Jahrhunderts - Schweizer Kunst, Klassische Moderne, Internationale Kunst: Arp, Beckmann, Beuys, Braques, Chagall, Chillida, Derain, Dix, Giacometti, Kirchner, Moore, Picasso, Polke, Schmidt-Rottluff, u.a. Mythenquai 20, 8002 Zürich, T 044 202 40 41 Offen nach Vereinbarung galerie@rwma.ch, www.rwma.ch GALERIE WIDMER AUKTIONEN AG Papierarbeiten des 19. und 20. Jh. und Schweizer Kunst: Delacroix, Cézanne, Amiet, Giacometti, Vallotton, u.a. Kirchgasse 33, 8001 Zürich, T 043 343 90 33 Mi-Fr 12-18 und n.V. mschoeb@galeriewidmer.com, www.galeriewidmer.com GALERIE & EDITION STEPHAN WITSCHI Gegenwartskunst aus der Schweiz, USA & Afrika: Camenisch, Güdemann, Honegger, Kröning, Lee, Marty, Ott, Radelfinger, Schreiber, Witschi, Wyss Zwinglistrasse 12 (Hof), 8004 Zürich, T 044 242 37 27 Mi-Fr 14-18, Sa 14-17 galerie@stephanwitschi.ch, www.stephanwitschi.ch ANTIQUARIAT & GALERIE GERHARD ZÄHRINGER Spezialgebiete: Kunstdokumentation, Oeuvre-Kataloge, Fotografie, Bibliophilie, illustrierte Bücher und Buchkunst des 20. Jahrhunderts, Handpressdrucke, Künstlergraphik, Mappenwerke, Zeichnungen, Bilder, japanische Farbholzschnitte Permanent: Beyerle, Godel, Holländer, Mamtani, Naegeli, Schwarz, Zylla, u.a. Froschaugasse 5, 8001 Zürich, T 044 252 36 66 Di-Fr 10-13, 14-18, Sa 10-16 und n.V. zaehringer@sunrise.ch, www.zaehringer-zuerich.com GALERIE ZIEGLER SA Adler, Agam, Arp, Bill, Caro, Fedier, Gerber, Gugelmann, Held, Huot, Jensen, u.a. Rämistrasse 34, 8001 Zürich, T 044 251 23 22 Mi-Fr 13-18, Sa n.V. z1@galerieziegler.ch, www.galerieziegler.ch

HAUS KONSTRUKTIV Wechselausstellungen zu konstruktiver und konkreter Kunst Selnaustrasse 25, 8001 Zürich, T 044 217 70 80 Di und Do-So 11-17, Mi 11-20 info@hauskonstruktiv.ch, www.hauskonstruktiv.ch HELMHAUS Zeitgenössische Kunst, hauptsächlich von Schweizer Künstlerinnen und Künstlern oder von Kunstschaffenden, die in der Schweiz leben Limmatquai 31, 8001 Zürich, T 044 251 61 77 Di-So 10-18, Do 10-20 www.helmhaus.org KUNSTHALLE ZÜRICH Wechselausstellungen internationaler Gegenwartskunst Limmatstrasse 270, 8005 Zürich, T 044 272 15 15 Di, Mi, Fr 11-18, Do 11-20, Sa-So 11-17 www.kunsthallezurich.ch KUNSTHAUS ZÜRICH Bedeutendste Sammlung von Alberto Giacometti, mittelalterliche Skulpturen und Tafelbilder, niederl. und ital. Barock, Höhepunkte der Schweizer Malerei des 19. und 20. Jh, berühmteste Werkgruppe von Johann Heinrich Füssli und Ferdinand Hodler, der Zürcher Konkrete Richard Paul Lohse, junge Schweizer Künstler Pipilotti Rist, Peter Fischli, David Weiss. Internat. Schwerpunkte: Munch, Picasso, Kokoschka, Beckmann, Corinth, Monet, Rothko, Merz, Twombly, Beuys, Bacon, Baselitz Heimplatz 1, 8001 Zürich, T 044 253 84 84 Di/Fr-So 10-18, Mi/Do 10-20, Montag geschlossen www.kunsthaus.ch KUNSTRAUM WALCHETURM Unabhängige Kunstplattform für nationale und internationale zeitgenössische KünstlerInnen Kanonengasse 20, 8004 Zürich, T 043 322 08 13 Ausstellungen: Mi-Fr 14-18, Sa 14-17 www.walcheturm.ch MIGROS MUSEUM FÜR GEGENWARTSKUNST Limmatstrasse 270, 8005 Zürich, T 044 277 20 50 Di, Mi, Fr 11-18, Do 11-20, Sa und So 10-17 www.migrosmuseum.ch MUSEUM FÜR GESTALTUNG ZÜRICH Design, visuelle Kommunikation, Architektur, Fotografie, Kunst, Neue Medien Toni-Areal / Pfingstweidstr. 96, 8005 Zürich, T 043 446 67 67 Di-So 10-17, Mi 10-20 www.museum-gestaltung.ch MUSÉE VISIONNAIRE Museum für Art Brut und Outsider Art Predigerplatz 10, 8001 Zürich, T 044 251 66 57 Mo-Sa 14-18, jeden 18. im Monat von 18-22 www.museevisionnaire.ch MUSEUM RIETBERG ZÜRICH Kunst aus Asien, Afrika, Amerika & Ozeanien Gablerstrasse 15, 8002 Zürich, T 044 206 31 31 Di-So 10-17, Mi und Do 10-20 www.rietberg.ch SHEDHALLE ROTE FABRIK Wichtiger Referenzpunkt einer experimentellen, gesellschaftskritischen und zeitgenössischen Kunstpraxis Seestrasse 395, 8038 Zürich, T 044 481 59 50 Mi-Fr 13-18, Sa und So 12-18 www.shedhalle.ch


GEMEINSAM VORSPRUNG GESTALTEN

Gebäude schaffen Raum für Zukunft. Sie sind Ausdruck von Kultur, eines Selbstverständnisses – und einer Vision. Gemeinsam mit Partnern, Nutzern und Investoren lassen wir Ideen Realität werden. In jedem Projekt aufs Neue. steiner.ch


ARTWORK FRANÇOIS BERTHOUD

B E AT R I C E

ROSSI F I N E J EWE LL E RY Z U R I C H

T E M P O R A R Y S H O P AT K U L M H O T E L S T. M O R I T Z

FEBRUARY 12TH - FEBRUARY 27TH 2021


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.