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IV Finanzausgleichsgesetz

Für nähere Ausführungen zum Finanzausgleichsgesetz sowie zu den Neuerungen im FAG 2017 gegenüber dem FAG 2008 wird auf das Handbuch zum FAG 2017 4 sowie die letzten Finanzausgleichs-Fact Sheets (Stand 2017) 5 verwiesen.

1 Grundlegendes zum Finanzausgleichsgesetz

Bei den Finanzausgleichsgesetzen handelt es sich um zeitlich befristete, einfachgesetzliche Regelungen. Die Geltungsdauer beträgt in der Regel drei bis sechs Jahre. Grundlage für das Finanzausgleichsgesetz bildet eine zwischen den VertreterInnen der Gebietskörperschaften getroffene Einigung über den Finanzausgleich – das Paktum zum jeweiligen Finanzausgleich. Dem gehen die jeweiligen Finanzausgleichsverhandlungen voran, an welchen VertreterInnen von Bund, Ländern sowie Österreichischem Städtebund und Gemeindebund teilnehmen. Im Rahmen der Verhandlungen zum Finanzausgleich bleibt der Großteil der Regelungen des bisherigen Finanzausgleichsgesetzes unberührt. Sich verändernde Rahmenbedingungen und Herausforderungen machen es jedoch notwendig, regelmäßig Veränderungen im Finanzausgleich vorzunehmen. Bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichs ist dabei auf die Finanzverfassung Bezug zu nehmen. Besonders relevant sind hierbei § 4 F-VG 1948, wonach die Regelungen des Finanzausgleichs in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen hat. Weiters ist darauf zu achten, dass die Grenzen der Leistungsfähigkeiten der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden. Im Finanzausgleichsgesetz bestehen drei wesentliche Teile. In Teil I werden gesonderte Kostentragungsregelungen ausgeführt (etwa die Kostentragung des Bundes für die LandeslehrerInnen) und das Recht der Länder zur Einhebung einer Landesumlage bestimmt. In Teil II wird festgelegt, welche Abgaben zu welchen Gunsten eingehoben werden können und wie diese auf die Gebietskörperschaften verteilt werden (siehe Kapitel Ertragsanteilsverteilung, ab Seite 11). Teil III regelt die Finanzzuweisungen und Zuschüsse des Bundes (siehe Kapitel Transfers des Bundes, Seite 17).

Abbildung 19: Drei zentrale Teile des Finanzausgleichsgesetzes

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; auf Basis: Finanzausgleichsgesetz 2017.

4 Bröthaler et al.: Funktionsweisen des Finanzausgleichssystems seit 2008; in: Bauer et al. (Hrsg.): Finanzausgleich 2017: Ein Handbuch, 2017. 5 https://www.kdz.eu/de/content/finanzausgleich-fact-sheets-2017

2 Neuerungen 2017 gegenüber dem FAG 2008

Das FAG 2017 brachte eine Vielzahl an Änderungen gegenüber dem FAG 2008. An der grundsätzlichen Ausrichtung änderte sich jedoch nichts. Für die Gemeinden ergibt sich vor allem eine einfachere Ertragsanteilsberechnung, eine stärkere Stellung der Länder in Bezug auf die Transferbeziehungen zwischen Ländern und Gemeinden sowie zusätzliche Mittel für strukturschwache Gemeinden und den Integrationsbereich. Für die Länder neu waren insbesondere die Übertragung des Wohnbauförderungsbeitrags als Landesabgabe und Zusatzmittel zur nachhaltigen Haushaltsführung.

Tabelle 1: Neuerungen im FAG 2017

Maßnahme

Verländerung Wohnbauförderungsbeitrag

Vereinfachungen der Verteilung der Gemeinde-Ertragsanteile

Finanzzuweisung des Bundes an die Länder und Gemeinden zur Sicherstellung einer nachhaltigen Haushaltsführung insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Soziales

Kostenersatz Migration und Integration

Kostendämpfung für Gesundheit & Pflege (Festlegung im Paktum)

Übertragung des bundesweiten Finanzkraftausgleichs (Ausgleich zwischen finanzschwachen und finanzkräftigen Gemeinden) und Umwandlung in GemeindeBedarfszuweisungen

Beschreibung Umgesetzte Maßnahmen

Umwandlung des Wohnbauförderungsbeitrags zu einer ausschließlichen Landesabgabe. Stark vereinfachte Verteilung der Gemeinde-Ertragsanteile (abgestufter Bevölkerungsschlüssel, Nächtigungszahlen, Vorausanteile, Dynamikgarantie). Streichen mehrerer bisheriger Vorwegabzüge. Festschreiben bisheriger Regelungen in Fixschlüsseln.

Zusätzlich 300 Mio. Euro (+6 Mio. Euro aus einer anderen Finanzzuweisung). Davon 193 Mio. Euro für die Länder; 53 Mio. Euro für Gemeinden (im Verhältnis des ABS) und 60 Mio. Euro an Gemeinden über einen Strukturfonds (Verteilung nach Einwohnerentwicklung, Altersstruktur, Finanzkraft).

Einmalig zusätzlich 125 Mio. Euro für Mehrbelastungen im Integrationsbereich. Davon 70% für die Länder (Verteilung nach der Volkszahl) und 30% für die Gemeinden (Verteilung nach Personen in Grundversorgung). Einigung auf Kostendämpfungspfade. Die Gesundheitsausgaben sollen um jährlich max. 3,6% absteigend bis 3,2% (2017-2020) steigen. Der Pflegefonds wird ab 2018 um jährlich 4,5% valorisiert. Auflassen der bundesweiten Regelungen (Entfall Finanzkraft-FinanzbedarfAusgleich und Gemeinde-Kopfquotenausgleich) und Übertragung in die Verantwortung der Länder. Festlegung neuer Verwendungszwecke bei den GemeindeBedarfszuweisungen (interkommunale Zusammenarbeit, Gemeindezusammenlegungen, strukturschwache Gebiete, landesinterner Finanzkraftausgleich, Haushaltsausgleich, Investitionszuschüsse).

Eisenbahnkreuzungen

Einrichten von Eisenbahnkreuzungsfonds auf Landesebene mit 125 Mio. Euro für den Zeitraum 2017 bis 2029. Mittelvergabe erfolgt durch die Länder. Änderung des Verteilungsprozesses Bildung von Ländertöpfen gemäß bisheriger Verteilungsverhältnisse (statt bei einem Teil der ÖPNVdirekter Bundes-FZ an Gemeinden); Finanzzuweisungen des Bundes an Weitergabe an Gemeinden gemäß ÖPNRV-G (tatsächliche finanzielle Gemeinden Belastung)

Nicht umgesetzte bzw. nicht finalisierte Maßnahmen

Umsetzung von zwei Pilotprojekten in den Bereichen Kinderbetreuung und Stärkung der Aufgabenorientierung Pflichtschulen. Arbeitsgruppe zur Kinderbetreuung hat mehrfach getagt, wurde aber abgebrochen. Der Passus wurde schließlich nachträglich aus dem FAG gelöscht. Grundsteuerreform Die vereinbarte Arbeitsgruppe hat ihre Arbeiten eingestellt. Arbeitsgruppe „Abgabenautonomie“ unerledigt Bundesstaatsreform unerledigt Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; auf Basis: Finanzausgleichsgesetz 2017 und Paktum zum FAG 2017.

3 Finanzielle Auswirkungen des FAG 2017

Dynamikgarantie: Übergangsregelung

Die bereits mehrfach angesprochenen Veränderungen in der gemeindeweisen Ertragsanteilsverteilung führten auch zu Verlusten bzw. Zugewinnen einzelner Gemeinden. Um diese in Grenzen zu halten, wurde als Übergangsregelung die sogenannte „Dynamikgarantie“ eingeführt. Insbesondere bei finanzschwachen Gemeinden kam es durch den Entfall des Finanzkraft-Finanzbedarf-Ausgleichs (Ressourcenausgleich) zu Verlusten, welche mit der Übergangsregelung abgedämpft wurden. Hierbei ist darauf zu verweisen, dass der Ressourcenausgleich zwar nicht mehr im Rahmen der Ertragsanteilsverteilung erfolgt, allerdings in die Länder-Gemeinde-Transfers verschoben wurde.

Auswirkungen im Transfersystem: Stärkere Länder, mehr Mittel vom Bund

Das FAG 2017 hat zahlreiche Veränderungen im Transfersystem ergeben, insbesondere Verschiebung von Transfers vom Bund auf die Länderebene. So wurde die Mittelvergabe der ÖPNV-Finanzzuweisungen an die Länder übertragen. Dabei gelten auch veränderte Erhebungskriterien, welche je nach Bundesland durchaus unterschiedlich ausfallen. Weiters besteht nun ausschließlich ein landesinterner Ressourcenausgleich, da der Finanzkraftausgleich (Gemeindekopfquotenausgleich) entfiel. Konkrete Länderkonzepte für eine ganzheitliche Überarbeitung des Ressourcenausgleichs – inklusive Berücksichtigung von Umlagen und Gemeinde-Bedarfszuweisungen – stehen bisher jedoch aus. Neu sind Zusatzmittel des Bundes im Rahmen des Strukturfonds, eine einmalige Abgeltung für Kosten im Zusammenhang mit erhöhten Flüchtlingskosten sowie Mittel für den Ausbau von Eisenbahnkreuzungen. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Veränderungen 2016 zu 2017. 6

Tabelle 2: Finanzzuweisungen und Gemeinde-Bedarfszuweisungen FAG 2008/FAG 2017

Regelungen des FAG Regelungshoheit Einnahmen in Tsd. Euro

FAG FAG 2016 2017 Veränderung FAG 2008 FAG 2017 2008 2017 (FAG 2008) (FAG 2017) 2016-2017

ÖPNV (§ 20 Abs. 1 und 2) ÖPNV (§ 23 Abs. 1 und 2) Bund Länder 83.140 84.473 1.332 Statutarstädte Krems und Statutarstädte Krems und Waidhofen (§ 20 Abs. 3) Waidhofen (§ 23 Abs. 3) Bund Bund 2.427 2.459 32 Zuschüsse Theater Zuschüsse Theater (§ 23 Abs. 1) (§ 27 Abs. 1) Bund Bund 10.534 10.534 0 Gemeindekopfquotenausgleich zusätzliche Gemeinde(§ 21) Bedarfszuweisungsmittel 116.732 Gemeindekopfquotenausgleich (Finanzkraftausgleich, interLänder 110.798 -5.934 (§ 21 Abs. 7 und 8) kommunale Zusammenarbeit, Bund 41.237 Gemeindekopfquotenausgleich strukturschwache Gemeinden) (§ 21 Abs. 9 und 10) (§ 25 Abs. 1 und 2) Länder 75.495 Finanzzuweisung an Städte Finanzzuweisung an Städte (§ 21 Abs. 11) (§ 25 Abs. 3) Bund Bund 16.000 16.000 0 Bedarfszuweisungsmittel Bedarfszuweisungsmittel (ohne Wien) (§ 11 Abs. 1) (ohne Wien) (§ 12 Abs. 1) Länder Länder 898.175 925.713 27.538 Eisenbahnkreuzungen - (§ 27 Abs. 3) - Länder 4.810 4.810 Kostenersatz Migration und - Integration - einmalig 2017 (§ 5) - Bund 37.500 37.500 Strukturfonds Zusatzmittel - (§ 24) - Bund 112.863 112.863

Gesamt 1.127.008 1.305.150 178.141

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2019; auf Basis: BMF: Zahlungen des Bundes an Länder und Gemeinden; Sonderauswertungen zu mehreren Bundestransfers 2017.

6 Siehe Mitterer u. Seisenbacher: Umsetzungsstand FAG 2017 zu Transfers an Gemeinden, 2019.

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