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04 | 05 2020

U N A B H Ä N G I G U N D U N B E Z A H L B A R !

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75 Jahre „Maria im Tann“ Einsatz für ein gelingendes Aufwachsen alte Postkarte Sommerfest 2018 Text: Birgit Franchy

Es war der 27. März 1945, in Aachen war der Krieg bereits zu Ende, als die „Schwestern vom armen Kinde Jesus“ mit ein paar Waisenkindern aus der Evakuierung zurückkehrten. Im Stadtgebiet hatte es schon seit dem 17. Jahrhundert Kinderheime gegeben. Vornehmlich beherbergten sie Waisen oder Kinder von „gefallenen Mädchen“, die uneheliche Kinder zur Welt gebracht hatten. 1945 waren jedoch viele Gebäude zerstört und eine neue Ordnung musste auch unter den Kinderheimen hergestellt werden. Die Schwestern vom armen Kinde Jesus übernahmen das 1909 erbaute ehemalige Genesungsheim für Männer und Frauen im Aachener Stadtwald. Es war die Geburtsstunde des Kinderheims Maria im Tann.

6Neben Kriegswaisen lebten dort ab 1945 in den Kriegswirren verlorengegangene Kinder, zudem Kinder, die aufgrund der katastrophalen Wohnverhältnisse in der Stadt von ihren Eltern nicht versorgt werden konnten. Den größten Anteil machten noch um 1955 Kinder aus, die aus unehelichen und außerehelichen Beziehungen stammten, teils gezeugt von Besatzern. 30 bis 35 Kinder lebten damals in einer Gruppe, die Schwestern hatten keine Ausbildung, es ging vornehmlich darum, die Kinder mit Nahrung und Essen zu versorgen und die Disziplin aufrechtzuerhalten. Bis 1995 hätten die Schwestern jedoch mit Engagement und Herz eine wichtige Arbeit gemacht, erläutert Stefan Küpper, der 1974 in der Einrichtung seinen Zivildienst geleistet hat und seit vielen Jahren Geschäftsführer und Direktor des Hauses ist. Am 1. Januar 1996 wechselte das Heim zur kath. Stiftung für Erziehungshilfe als Träger (heute Katholischer Erziehungsverein für die Rheinprovinz e. V.).

Heimerziehung als Spiegel der Gesellschaft „Die Heimerziehung ist immer Ausdruck der gesellschaftlichen Ordnung“, so Küpper. Im Laufe der Jahre haben sich die Anforderungen an die Wohnverhältnisse sehr verändert, heute schlafen maximal zwei Kinder in einem Raum, früher waren vier die Regel. Mehr als die Hälfte der Kinder hat außerdem Einzelzimmer. Säuglinge und Kleinkinder werden nicht mehr im Heim untergebracht, sondern grundsätzlich in Pflegefamilien, und Jugendliche müssen mit 14 nicht in eine andere Einrichtung umziehen, sie bleiben bis zur Volljährigkeit im Hause, sofern sie nicht in die Herkunftsfamilie zurückkehren können.

Bei Maria im Tann steht heute der Einzelne und seine individuelle Entwicklung im Fokus. Waisenkinder sind in den Häusern nicht nur die Ausnahme, sondern seit Jahrzehnten unter einheimischen Kindern gar nicht mehr vorgekommen. Vielmehr leben im Zentrum für Kinder-, Jugend- und Familienhilfe junge Menschen ab sechs Jahren, die in ihrer Herkunftsfamilie nicht zu ihrem Recht kommen. Dafür kann es viele Gründe geben: Seien es körperlich kranke, suchtkranke oder psychisch erkrankte Eltern, Eltern, die nicht wissen, welche Aufgabe sie als Erziehungsberechtigte zu übernehmen haben, oder die selber als Kinder vernachlässigt wurden, erziehungsunfähige Eltern sowie Gewalt und sexuelle Gewalt in der Familie. Im Zentrum der Arbeit steht die Erkenntnis, dass Eltern immer ein wichtiger Teil im Leben des Kindes bleiben. Aus diesem Grund wurde seit den 80er Jahren die Arbeit mit Eltern intensiviert mit dem Ziel, dass Kinder und Jugendliche wenn möglich in die Familie zurückkehren können. Ausgenommen sind Fälle mit Gewalt und sexueller Gewalt in der Familie. Küpper erinnert sich an einen Fall, als einmal fünf Kinder ins Heim aufgenommen werden mussten, weil es zu massiver Gewalt durch den Vater kam. Bei Maria im Tann stellte man fest, dass die Mutter jedoch gut für ihre Kinder war, und so entschied man sich kurzerhand und erstmals dafür, die Mutter mit aufzunehmen. In der Folgezeit kam dies des Öfteren vor und man dachte über ein neues Angebot nach. Dies war die Geburtsstunde der „flexiblen ambulanten Familienhilfe“, bei der Familien zu Hause durch Sozialarbeiter betreut und angeleitet werden können. Auf jedes Kind, auf jeden Jugendlichen, auf jede Familie soll möglichst individuell eingegangen werden, um eine Lösung zu finden. Mitte der 90er Jahre kamen Pflegefamilien und Erziehungsstellen – hierbei muss eine Betreuungsperson eine sozialpädagogische Ausbildung haben – hinzu, um Kindern, die Betreuung im kleinen Rahmen benötigen, ein Zuhause zu geben. Heute beträgt die durchschnittliche Verweildauer bei Maria im Tann zwei Jahre, was jedoch nicht ausschließt, dass Kinder hier ihre ganze Kindheit und Jugend verbringen. Auch das allgemeine Verständnis für die Situation, warum eine Heimunterbringung nötig sei, habe sich verändert, erklärt Küpper. Während man früher grundsätzlich davon ausgegangen sei, die Eltern seien „schuld“, werde die Schuldfrage in dieser Form nicht mehr gestellt. Vielmehr gehe es darum, Verhaltensweisen und Situationen zu hinterfragen und in neue Bahnen zu lenken. Aus diesem Grund sind die Eltern seit ca. zehn Jahren viel mehr in den Fokus gerückt und sollen auch mit Elterntrainings erreicht werden. Hierbei nehmen sechs bis acht Eltern am Training teil und coachen sich auch gegenseitig. „Hier ist niemand, der alles weiß, aber auch niemand, der nichts weiß“, so Küpper.

Leben mit Behinderung Unermüdlicher Einsatz für das eigene Kind Text und Foto: Birgit Franchy

Alessio kam als gesundes Baby zur Welt, erlitt mit acht Wochen einen Atemstillstand und ist seitdem körperlich und geistig beeinträchtigt. Bei einem Hausbesuch haben wir erfahren, welchen Herausforderungen die Familie täglich gegenübersteht.

Ein Freitag im Februar, 14 Uhr in einem Vorort von Düren. Nicole Mavilla ist mit Alessio (9) und Aurelia (3) alleine zu Hause. Alessio, der im Rollstuhl sitzt, begrüßt den Besuch stürmisch, stellt mit Gesten seine kleine Schwester vor, zeigt auf seine Mama, möchte wissen, wer man ist, was man in der Tasche hat, möchte den Stift anschauen, das Smartphone. Aurelia weint. Sie hat Fieber, ist krank. Im ganzen Kindergarten sind alle krank, berichtet Nicole Mavilla. Sie möchte die Tochter mit einer Kindersendung auf einem Tablet ablenken, damit wir uns unterhalten können. Es funktioniert nicht. Die Kleine ist untröstlich, wirft sich auf dem Sofa nach hinten, schreit, ist nicht zu beruhigen, fordert die ganze Aufmerksamkeit ihrer Mutter. Alessio wirft das Wasserglas um, möchte den Stift greifen, mit dem ich schreiben will. Ich überlege, ob ich mich lieber verabschiede und wir vertagen sollen, doch Nicole Mavilla bleibt ruhig und gut gelaunt, sie lacht und wir warten auf ihren Mann, denn bislang ist an eine Unterhaltung noch nicht zu denken. Als Alexander Mavilla von der Frühschicht kommt, schnappt er sich sofort die kleine Aurelia und trägt das kreischende Mädchen nach oben, um sie zu beruhigen und ins Bett zu bringen. Eine ganz normale Alltagsszene in einer Familie mit zwei Kindern? Nicht ganz, denn Nicole Mavilla kann die Kleine nicht mal eben in den Kinderwagen setzen und eine Runde um den Block laufen, damit sie schnell einschläft. Selbst, in die zweite Etage zu gelangen, um Aurelia ins Bett zu bringen, ist eine große Aktion, denn Alessio kann nur sehr eingeschränkt laufen, es sind beide Hände seiner Mutter nötig, um ihn über die Treppe in das andere Stockwerk zu manövrieren.

Alessios Geschichte: „Wir haben das so akzeptiert“

„Wir haben das so akzeptiert“, so die Mutter, „denn er ist ja trotzdem unser Kind.“ Dann sei die Maschinerie aus Förderprogrammen angelaufen. Frühförderung, Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie. Bis zum Alter von fünf Jahren habe Alessio nicht gesprochen, dann sei er zur Heilpraktikerin Anne Kempmann gekommen, und seit er dort in Therapie ist, habe er angefangen zu sprechen, die Eltern haben das zunächst kaum glauben können. Teils beherrscht Alessio ein paar Wörter, teils Gebärdensprache, viele Begriffe hat er sich selber ausgedacht und zeigt sie mit seiner funktionierenden Hand, denn aufgrund seiner Cerebralparese ist eine Körperhälfte teilweise von einer Spastik betroffen. Zum Beispiel hat er für den Busfahrer eine eigene Handbewegung, denn dieser fahre die Kinder immer eine ganze Runde um den Europaplatz, also zeigt Alessio eine Kreisbewegung mit der Hand, wenn er an den Fahrer denkt. Jedenfalls kommuniziert Alessio rege und ist sehr mitteilsam – auch zu mir als fremder Besucherin nimmt er sofort Kontakt auf, zeigt Dinge, fragt mit Gesten nach. Lässt man sich auf ihn ein, ist es nicht besonders schwer, ihn zu verstehen.

Förderung – und das Gegenteil

In den Einrichtungen, die Alessio besuchte, hat Nicole Mavilla sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Im ersten integrativen Kindergarten sei es eine Katastrophe gewesen. Für die Kindergärtnerinnen habe die Annahme im Mittelpunkt gestanden, dass ein so beeinträchtigtes Kind wie Alessio „sowieso später nur in die Behindertenwerkstatt“ komme, eine Förderung also unnötig sei. Oft fand Nicole Mavilla den Jungen am Nachmittag auf dem gleichen Platz liegend vor, wo sie ihn morgens hingelegt hatte. Waren die Kinder an der frischen Luft im Garten, lag Alessio alleine drinnen. Besonders eingeprägt hat sich der Mutter, die eigentlich erwartet hatte, dass ihr Kind in einem integrativen Kindergarten viel Förderung erfahren würde, der Satz: „Sprechen und kauen kann er nicht, da können wir auch nichts dran machen. Da müssen wir abwarten.“ Für Nicole Mavilla ein untragbarer Zustand. Sie setzte sich für einen Kitawechsel ein und rät allen Eltern, die ähnliche Erfahrungen machen, für ihr Kind zu kämpfen. Wobei sie damit keineswegs sagen will, dass eine Einrichtung, die für ein Kind nicht passt, für alle unpassend ist – sie muss einfach auf den individuellen Fall zugeschnitten sein. Alessio durfte schließlich in einen Kindergarten der Lebenshilfe wechseln und dort sei man hochzufrieden gewesen. Gingen die Kinder rutschen, wurde auch Alessio auf die Rutsche gelegt. Alles, was die anderen machten, habe er mitgemacht, das sei toll gewesen, die Eltern freuten sich. Der nächste Dämpfer kam auf der Schule für Körperbehinderte, die Alessio im Anschluss besuchte. Auch dort seien die Kinder „nur aufbewahrt“ worden. Seine Hose sei mittags nass gewesen, man ließ ihn mit ungewechselter Windel liegen. Für ihr Kind habe es in der Einrichtung lediglich einen „Mängelbericht“ gegeben, nie sei etwas Positives gesehen worden. Gemacht wurde offensichtlich ebenfalls nichts, die sieben Schulordner, die die Eltern am

Als Aurelia mit ihrem Vater im Kinderzimmer verschwunden ist, darf Alessio auf seinem Laptop mit Kopfhörern eine Sendung schauen und wir können uns unterhalten. Besonders gerne mag er Mister Bean, erzählt die Mutter. Das Laptop ist auch mit einer Software ausgestattet, die Alessios Kommunikation verbessern soll.

Vor neun Jahren kam Alessio als gesundes Baby zur Welt. Im Alter von acht Wochen setzte seine Atmung aus. Unter der Reanimation erlitt der Säugling einen Sauerstoffmangel mit Hirnblutung. Den Eltern hat man damals im Klinikum in Aussicht gestellt, ihr Junge werde nie hören, sehen, selber essen oder laufen können. Er würde im Grunde gar nichts können, war die damalige Prognose, die man der Familie „nicht vorsichtig mit auf den Weg gab, sondern unsensibel an den Kopf knallte“, erinnert sich Nicole Mavilla.

Inmitten der Aachener Innenstadt – Wohnprojekt Wohnsinn

Béla, 8 Jahre

Im Innenhof spielt eine Gruppe Kinder Fußball und feiert Kindergeburtstag. Während im Innenhof und Gartenbereich heute noch die letzten Überreste von einem Schneemann zu sehen sind, werden hier im Sommer die Kirschen direkt vom Baum gepflückt und Übernachtungspartys auf dem großen Trampolin gefeiert. „Wir hatten vorher keinen Garten und es waren nicht viele andere Kinder da“, erzählt Paula. Mittlerweile ist der eigene Garten für Paula, Franka und die anderen Kinder, die im Wohnprojekt Wohnsinn mit ihren Familien leben, zu ihrem ganz persönlichen Lieblingsspielplatz geworden. Ein Abenteuerspielplatz mitten in der Aachener Innenstadt.

Zum gemeinschaftlichen Wohnprojekt Wohnsinn gehören zwei denkmalgeschützte Häuser von 1900 sowie ein Neubau. Seit mittlerweile zehn Jahren leben hier 22 Wohnparteien zusammen im Zentrum der Stadt. „Manche wollten außerhalb, andere innerstädtisch wohnen. An der Frage teilte sich die Gruppe bereits, bevor überhaupt ein Grundstück in Aussicht war“, berichtet Heide über die Anfänge des Projekts. „Zu Beginn waren unter den Interessenten vor allem ältere Menschen. Doch jetzt wohnen auch fünf Familien mit Kindern hier.“ Unter anderem Günther und seine Tochter Paula, die gerne als Gastgeberin die anderen Kinder zu sich einlädt. „Kinder machen die eigene Wohnung teils auch zum Gemeinschaftsbereich“, erzählt Günther lachend. „Obwohl ich nur eins habe, sitzen manchmal fünf Kinder am Tisch, die fragen: ‚Was gibt es heute zu essen?‘“ Das Wohnprojekt macht spontane Verabredungen und ein lebendiges Miteinander möglich. Dennoch ist die Verwaltung des Hauses in erster Linie mit viel Arbeit verbunden. Alle Bewohner sind gemeinsam für alle Aufgaben verantwortlich. Während in der Anfangsphase vor allem Bauarbeiten anstanden und Reparaturen sowie Renovierungen bis heute andauern, geht die Selbstverwaltung inzwischen außerdem mit viel Büroarbeit einher. „Man löst Probleme gemeinsam und das schweißt zusammen“, findet Heide. „Es ist viel Arbeit, aber eben auch eine sehr schöne, kreative Herausforderung.“ Vor rund einem Jahr stand zum Beispiel ein Durchbruch zum Innenhof an. So konnten Hof und Garten als Mittelpunkt der Häuser noch zentraler mit den Gemeinschaftsräumen verbunden werden. „Wir sind keine Genossenschaft und tragen die finanzielle Belastung daher alle zusammen. Es ist eine Vertrauenssache und große Verantwortung“, betont Mirjam. „Aber es ist auch ein tolles Netzwerk, das man so nicht hätte, wenn man alleine lebt.“ Insbesondere wenn die eigenen Großeltern weit entfernt leben, kann das Wohnprojekt die Rolle als soziales Netz erfüllen. Und in der Gruppe kann man bekanntlich mehr stemmen als alleine. Info & Kontakt: wohnsinn-aachen.org, 0179 1144328

schiedenen Herkunftsländern und unterschiedlichen Alters unter einem Dach zusammenwohnen. Das Haus verfügt über 30 barrierefreie Miet- und Eigentumswohnungen in verschiedenen Größen. Auch wenn die Individualität und Privatsphäre des Einzelnen respektiert wird, ist es zentral für das Wohnprojekt, dass Interesse an der Gemeinschaft vorhanden ist und sich jeder entsprechend den eigenen Möglichkeiten einbringt. Zum Beispiel bei der Vorstandsarbeit, in Arbeitsgruppen zu den Bereichen Garten, Gemeinschaftsraum und Öffentlichkeitsarbeit oder bei der Planung gemeinsamer Aktionen. Der Erfahrungsaustausch zwischen Jung und Alt und die gegenseitige Unterstützung werden hier wertgeschätzt. Infos & Kontakt: mit-freunden-unter-einem-dach.info, info@mit-freunden-unter-einem-dach.info

Wohnprojekt SUNHaus

SUN steht für selbstbestimmtes und nachbarschaftliches Wohnen. Gemeinsam gestalten die Hausbewohner ihr Zusammenleben und unterstützen sich gegenseitig. Gerade die Bedürfnisse von Familien und Rentnern ergänzen sich, sodass beide Seiten voneinander profitieren können – so zum Beispiel in Form von

Kinderbetreuung oder Hilfe bei Besorgungen. 2008 konnte das Mehrgenerationenhaus am Kronenberg bezogen werden, das gleichberechtigt von Mietern und Eigentümern verwaltet wird. Architektin Ursula Komes, die ebenfalls am Stadthaus-statt-Haus-Wohnprojekt beteiligt war, setzt auf neues und klimaschonendes Wohnen. So ist das SUN-Haus als Energiesparhaus konzipiert, der Projektname spiegelt daher auch die Nutzung von Solarstrom wider. Neben gemeinsamen Aktivitäten und Aktionstagen steht zudem das Engagement im Viertel im Fokus. So etwa beim Kronenbergfest, bei der Mitarbeit in der Flüchtlingsbetreuung oder in der Kirchengemeinde. Infos & Kontakt: wohnprojekt-sun.de, info@wohnprojekt-sun.de, 0241 47583880

Jung & Alt

Bereits seit 1996 existiert das Wohnprojekt „Jung & Alt“ in der StädteRegion, das in Verbindung zum gleichnamigen Verein steht und von der Stadt Aachen öffentlich gefördert wird. Einmal monatlich treffen sich die Vereinsmitglieder und besprechen aktuelle Themen und Aktivitäten rund um das gemeinschaftliche Wohnprojekt, das 26 Wohnungen verschiedener Größe aufweist. Zur lebhaften Nachbarschaft der Bewohner gehören zum Beispiel jahreszeitliche Aktionen. So werden Feste wie St. Martin,

Paula, 9 Jahre

Weihnachten und Silvester zusammen gefeiert. Aber auch das gemeinsame Außengelände mit Spielplatz bietet vor allem in den Sommermonaten die Möglichkeit, nachbarschaftliche Kontakte zu knüpfen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Eine Eintragung in die Warteliste für eine Wohnung ist über die gewoge AG möglich; es ist ein Wohnberechtigungsschein notwendig. Infos & Kontakt: heidrun.koenig@gewoge-aachen.de

Stadthaus statt Haus

Oberhalb des Marschiertors ist 2002 das selbstverwaltete Wohnprojekt „Stadthaus statt Haus“ entstanden. Der Name lässt bereits auf die Beweggründe des Projekts schließen, denn einige der insgesamt 19 Bewohner haben mit ihrem Einzug in das Gemeinschaftshaus in der Innenstadt größeren Wohnraum am Stadtrand freigemacht, sodass dieser stattdessen von jungen Familien genutzt werden kann. Bei dem generationsübergreifenden Projekt stehen vor allem Gemeinschaft und Gastfreundschaft im Zentrum, sowohl gegenüber den anderen Hausbewohnern als auch im Stadtteil selbst. Zudem geht es darum, eine Alternative zu klassischen Altenversorgungsmodellen aufzubauen. Infos & Kontakt: stadthaus.aachen@gmx.de, 0241 9291113

Von wegen „alte Schachtel“ – Upcycling mit Servietten

von Andrea Claessen

Wenn es darum geht, alten Objekten eine neue Optik zu verpassen, ist die Serviettentechnik eine der einfachsten und schönsten Methoden. Nicht nur Dinge aus Holz lassen sich so im Nu aufhübschen, denn die Servietten halten auch auf Keramik, Stein, Ton, Glas und ja, sogar auf Ostereiern.

Man braucht: Ein oder mehrere zu beklebende Objekte, weiße Farbe (Acryl oder Wandfarbe), Pinsel, schöne Motiv-Servietten, Serviettenkleber (selbst gemacht oder aus dem Handel), Schere, Lineal, Bleistift

Wichtig ist, dass der Untergrund möglichst glatt, trocken und sauber ist. Wenn die Motive leuchtend, hell und farbenfroh sein sollen, ist es zudem hilfreich, wenn das Objekt vorher hell gestrichen wird. Basteln mit der Serviettentechnik: So funktioniert’s! Zunächst wird geplant, ob der Gegenstand komplett mit dem Motiv verziert werden soll oder nur einzelne Stellen. Je nachdem wird der Gegenstand vorbereitet. Für die Beklebung des gesamten Gegenstands, beispielsweise einer Schachtel, ist es wichtig, die Flächen vorher auszumessen und die Serviette auf die richtige Größe zuzuschneiden. Dadurch wird verhindert, dass die Serviette beim Kleben Falten schlägt.

Dunkle Untergründe wie Holz oder Ton können eventuell vor der Beklebung hell grundiert werden, damit die Serviettenfarben hinterher schön leuchten.

Mal mich aus!

Unser beliebtes Ausmaleinhorn – produziert von KingKalli und Caros Lädchen anlässlich des Lothringair. Wir hoffen, dass es das Lothringair 2020 geben wird und dass man bald wieder bei Caro einkaufen und an den Kreativkursen teilnehmen kann. Infos: facebook.com/CarosLadchen

Ein Leben im Caravan

Das sogenannte Tiny House Movement findet immer mehr Anklang auf der ganzen Welt. Themen wie Minimalismus und Nachhaltigkeit bewegen viele Menschen dazu, sich ein Leben auf möglichst kleinem Wohnraum aufzubauen.

Jacob Drescher ist neunzehn Jahre alt und hat uns davon erzählt, wie er sich diesen Traum erfüllen konnte.

Nachdem er für zwei Semester Maschinenbau studiert hatte, merkte er, dass dies nicht das Richtige für ihn ist und er sein Leben lieber voll und ganz der Musik widmen möchte. Als er dann wieder zuhause einziehen sollte, wurde ihm klar, dass er einen eigenen Ort für seine Musik braucht, um seine Familie nicht zu stören. Da seine Freundin schon lange von Tiny Houses begeistert war, hat Jacob diesen Gedanken weiterverfolgt. Mit der Unterstützung seiner Eltern hat er die Idee eines Caravans im eigenen Garten umgesetzt und sich sofort in die Art zu leben verliebt. Durch wechselnde Jobs hat er vier Jahre lang Geld gespart und konnte sich damit den Caravan selbst finanzieren. Mit Hilfe seiner Eltern hat er den Wohnwagen renoviert und wohnt nun seit drei Monaten dort. „Es war schon etwas Arbeit, diesen Wagen bewohnbar zu machen, aber es war die Mühe wert“, erzählte Jacob. Um die Miete braucht er sich keine Gedanken mehr zu machen, da der Caravan einen festen Stellplatz auf dem Grundstück der Eltern hat.

Auf seinen fünfzehn Quadratmetern hat er genug Platz für Wohnecke, Küchenecke, Sitzecke,

Toilette mit Kanalanschluss, Schlafraum mit Doppelbett und jede Menge Stauraum. „Eigentlich ist alles Wichtige im Caravan. Gitarren, Verstärker und weiteres Equipment.“ Bewohnt wird der Caravan von ihm allein, aber er bekommt viel Besuch von seiner Freundin, seinen Freunden und seiner Schwester.

Momentan studiert er nicht mehr, versucht aber trotzdem, seine Zeit sinnvoll zu nutzen. Sein erstes großes Projekt bestand in der Renovierung des alten Caravans. Außerdem half er seinem Vater auf dem Hof aus und verdiente durch seine Arbeit in der Kletterhalle sein eigenes Geld. Sein tägliches Ziel ist und bleibt es, Gitarre und Gesang zu studieren. Als Straßenmusiker strebt er ab Mai eine Europareise an und bringt auch eigene Songs raus. Den Wohnwagen kann er dabei leider nicht mitnehmen. „Am liebsten würde ich ihn ‚portable‘ nutzen, aber dafür ist er zu groß.“

Der Umzug in einen Wohnwagen war nur eine kleine Umstellung. Vor allem nachts und morgens ist es erst einmal kalt, mittlerweile hat er sich jedoch eine kleine Heizung zugelegt. Insgesamt machen ihm diese Umstände nichts aus. Die Freiheit, die mit dem Leben in seinem eigenen Wohnwagen verbunden ist, bedeutet ihm mehr. Man lebt zwar kleiner und minimalistischer, aber gerade diese Punkte machen das Leben dort erst richtig gemütlich. Jacob würde gerne auch in Zukunft weiterhin in seinem Caravan wohnen, wobei der Stellplatz nicht zwingend auf dem Grundstück der Eltern bleiben muss. „Ich wache morgens auf in der Natur, das tut mir sehr gut. Außerdem habe ich einen Platz für mich alleine, wo ich Musik machen und kreativ sein kann … Diese Freiheit ist mir schon sehr wichtig.“

Wer mehr über Jacob und sein Leben im Caravan sehen möchte, findet ihn bei Instagram: @jacob.drescher

Bufdi bei der Aachener Tafel

von Alina Keuter und Alyssa Bock Fotos: Alyssa Bock

Steht nach dem Schulabschluss noch nicht fest, wie dein weiterer Lebensweg aussehen soll? Oder möchtest du dich einfach sozial engagieren? Dann könnte ein Bundesfreiwilligendienst eine interessante Möglichkeit sein. Der Bundesfreiwilligendienst kann in verschiedenen Einrichtungen in Aachen und der Umgebung geleistet werden. Eine dieser Einrichtungen haben wir uns näher angeschaut und mit den Bufdis vor Ort über ihre Erfahrungen gesprochen.

62 Geht man die Clermontstraße in Aachen entlang, fällt an einer Mauer sofort ein buntes Graffiti ins Auge. Im Zentrum erkennt man das Logo der Aachener Tafel. Sie engagiert sich seit 1998 für bedürftige Bürger und versorgt sie mit Lebensmitteln. Supermärkte im näheren Umkreis stellen übriggebliebene Lebensmittel bereit, die jeden Tag von ehrenamtlichen Mitarbeitern der Tafel abgeholt werden. Nach der Tour werden die Spenden ausgeladen, sortiert und neu eingepackt. Danach werden die Lebensmittel in dem Verkaufsraum für die späteren Kunden zur Verfügung gestellt. Aus einem Obst- und Gemüseregal, Kühlregal sowie einer Brottheke können sich die Kunden für 1,50 Euro ihren Einkauf zusammenstellen. Dabei wird besonders viel Wert darauf gelegt, dass der Verkauf wie in jedem anderen Lebensmittelgeschäft verläuft. Der Kunde kann die Produkte selber aussuchen und erfährt damit trotz der zum Teil schwierigen Lebensumstände Wertschätzung, so Oliver Thielking, Ansprechpartner für Bufdis bei der Aachener Tafel.

Wenn man an wohltätiger Arbeit interessiert ist, bietet die Tafel die Möglichkeit, einen Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren. Er kann einen Zeitraum von sechs, zwölf oder 18 Monaten umfassen und individuell verlängert werden. Jennifer Schmitz hat diese Erfahrung vor fünf Jahren gemacht, als sie nach dem Abitur gemeinnützige Arbeit leisten wollte. Die Probearbeit bei der Tafel hat sie direkt davon überzeugt, ihren Bundesfreiwilligendienst dort zu verbringen. Ihre Aufgabenbereiche lagen in der Annahme und dem Aussortieren der gespendeten Lebensmittel, der Neuverpackung sowie dem Einsortieren in die Verkaufsregale. Nach drei Monaten hatte sie außerdem die Möglichkeit, administrative Aufgaben der Organisation und Logistik zu übernehmen. „Gerade die Vorbereitung der Lebensmittel für die Verteilung an die Kunden hat mir am meisten Spaß gemacht.“ Auch die Touren zu den Supermärkten können von den Bufdis unterstützt werden. Safa Shazle und Steffi Nieder leisten aktuell ihren Bundesfreiwilligendienst und wollten die Zeit zwischen Schule und Studium bzw. ihrem beruflichen Wiedereinstieg sinnvoll nutzen. Doch welche Erfahrungen macht man bei dieser Arbeit? Man wird zum Beispiel dafür sensibilisiert, was mit Lebensmitteln aus Supermärkten und Bäckereien passiert, die zwar noch gut sind, aber nicht mehr in den Verkauf dürfen. Bei der Tafel können neue Kontakte geknüpft werden, und man kann einiges über gesundheitliche Themen und den Umgang mit Lebensmitteln lernen. Für Jennifer Schmitz war außerdem die Auswahl und Aufbereitung der Lebensmittel besonders wichtig, um den späteren Kunden ein bestimmtes Niveau bieten zu können. Der direkte Kundenkontakt entsteht vor allem bei der jährlichen Weihnachtskistenaktion der Tafel, die für alle Helfer jedes Jahr aufs Neue ein besonderes Erlebnis darstellt. „Ich erinnere mich noch an eine Frau, die vor Freude weinte, als ich ihr das Paket überreichte“, so Thielking.

Aktuell kann man sich noch auf eine Stelle als Bufdi für den Herbst 2020 bewerben. Wer sich also für das Thema Nachhaltigkeit und einen gemeinnützigen Dienst in einem lockeren und positiven Arbeitsumfeld interessiert, der sollte den Bundesfreiwilligendienst bei der Aachener Tafel unbedingt im Hinterkopf behalten.

Weitere Infos können bei Oliver Thielking erfragt werden: info@aachener-tafel.de

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