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feiert am 26. Dezember seinen 90. Geburtstag. Seite
„Es geht nicht ohne Solidarität“
Bischof Maximilian Aichern wird am Stefanitag 90 Jahre alt. Mit der Kirchenzeitung sprach er über seine Anliegen und Kirchenreformen.
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ein großes Anliegen. WAKOLBINGER/DIÖZESE LINZ
Herr Bischof, wie geht es Ihnen? Maximilian Aichern: Gut. Ich bin eingebunden in das Wirken unserer Diözese und habe nach wie vor viele Kontakte in mein Heimatkloster St. Lambrecht-Mariazell. Immer wieder werde ich zu diözesanen und pfarrlichen, aber auch gesellschaftlichen Veranstaltungen eingeladen und kann meinem Alter und meiner Gesundheit entsprechend manches im kirchlichen und gesellschaftlichen Bereich tun. In manchen Fragen, vor allem im sozialen und gesellschaftlichen Bereich, kann ich vielleicht beitragen, dass Kooperationen, die wir in er Vergangenheit aufgebaut haben, weitergehen und vertieft werden. Wie verfolgen Sie die Lage der Kirche in Österreich und die Entwicklungen in Rom? Aichern: Für manche Initiativen bin ich dankbar. Besonders froh bin ich, dass wir Papst Franziskus haben. Manches macht mir auch Sorgen. Dennoch bin ich optimistisch: Der Glaube an Gott und Jesu Zusicherung, immer bei uns zu sein, geben Vertrauen und Hoffnung, dass sich notwendige zeitgemäße Entwicklungen als positiv erweisen.
Der synodale Weg in Deutschland macht mutige Vorschläge zur Kirchenreform. Sie haben sich einst für die Diakonenweihe für Frauen eingesetzt. Wie stehen die Chancen heute? Aichern: Ich glaube trotz mancher Rückschläge daran, dass die Diakonatsweihe für Frauen nicht aufzuhalten ist, weil es sie schon einmal gab. Das Gleiche gilt für mich für die Priesterweihe von verheirateten Männern – und vielleicht sogar von Frauen. Ich meine, die Diakonenweihe für Frauen liegt schon sehr nahe. Und ich bin überzeugt, dass auch verheiratete Männer Priester werden können. Alles braucht seine Zeit. Die Amazonassynode hat da eine Richtung vorgezeichnet und ich würde mir wünschen, dass noch unter Papst Franziskus Folgerungen umgesetzt werden.
Die Strukturreform der Diözese Linz setzt auf den Einsatz von Laienseelsorger/innen und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen. Ohne sie ginge es nicht. Ab wann war lhnen klar, dass das so kommen wird? Aichern:Mir war beim Lesen und Anhören der Apostelgeschichte klar, dass manche kirchliche Entwicklungen nicht auf der Basis der Heiligen Schrift stehen, sondern zeitbedingte gesellschaftliche, soziale und politische Ursachen haben. Die „Verheutigung der Kirche“, wie das „Aggiornamento“ von Papst Johannes XXIII. übersetzt wird, verlangt viel Geduld, Zuversicht und Mut. Zu meiner Zeit als Diözesanbischof hat es sich bereits abgezeichnet, dass weniger Priester nachkommen und dass mehr Laienkräfte im Einsatz sein werden. Deshalb haben wir schon damals, vor rund 20 Jahren, mit den ehrenamtlichen Seelsorgeteams angefangen, die sich als sehr positiv erweisen.
Sie haben den Zweiten Weltkrieg miterlebt. Nun wird wieder in Europa gekämpft. Hätten Sie das erwartet? Aichern: Nein. Noch weniger habe ich vor allem erwartet, dass man die Friedensbemühungen einfach dem Militär überlässt. So bewundernswert die starke Hilfe für die ukrainischen Kriegsopfer ist, so bedrückend ist das weitgehende Fehlen von wirksamen Friedensvermittlern.
Ihre Aufmerksamkeit galt stets den arbeitenden Menschen. Die Arbeitswelt wandelt sich, welche aktuellen Probleme sehen Sie? Aichern: Obwohl es auch bei uns Probleme gibt, bedrücken mich am meisten die weltweiten Fragen. Das Klimaproblem, die weiter auseinandergehende Schere zwischen Armen und Reichen und die hohe Arbeitslosigkeit in Entwicklungsländern sind ein weltweiter Skandal und verlangen intensiven Einsatz, auch bei uns. Das Verteilungssystem muss den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Menschenwürde und Lebensqualität für alle entsprechen. Es geht um eine neue Gesinnung, die nicht den finanziellen Gewinn und den Konsum an die erste Stelle setzt.
Viele Menschen in Österreich sind durch die wirtschaftliche Entwicklung in Bedrängnis. Wie kann die Gesellschaft gerecht darauf reagieren? Aichern: Hoffnungsvoll ist derzeit die große Bereitschaft, durch persönliches Sparen und Verringerung des Verbrauchs zu einer Verminderung der Gas- und Energiekrise beizutragen. Wir brauchen auch in anderen Lebensbereichen eine solche Haltung und Praxis. Es geht nicht ohne Einschränkungen, es geht nicht ohne Teilen und es geht nicht ohne Solidarität, auch in den