Grußwort von Hartmut Koschyk MdB Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten
anlässlich des musikalisch-literarischen Abends zum Beziehungsgeflecht von Alexander von Humboldt, Felix Mendelssohn Bartholdy, Giacomo Meyerbeer und Richard Wagner
am Dienstag, dem 11. März 2014 in der Sophienkirche, Berlin
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Zum heutigen musikalisch-literarischen Abend zum Beziehungsgeflecht von Alexander von Humboldt, Felix Mendelssohn Bartholdy, Giacomo Meyerbeer und Richard Wagner begrüße ich Sie alle sehr herzlich. Mein besonderer Gruß gilt neben den Berliner Gästen insbesondere den zahlreichen aus der Region Bayreuth angereisten Bürgerinnen und Bürger, die es sich nicht haben nehmen lassen nach Berlin zu reisen, um den heutigen Abend mitzuerleben. Darüber hinaus belegen die
anwesenden
renommierten Humboldt-Experten, Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft sowie die anwesenden Medienvertreter eindrucksvoll: Das Wirken Alexander von Humboldts ist auch heute noch von größtem Interesse und hat nichts an Aktualität verloren!
Ebenfalls begrüße ich herzlich all die Mitwirkenden des heutigen musikalischliterarischen Abends: Das Athalia-Bläserensemble unter der Leitung des Pegnitzer Kirchenmusikdirektors, Herrn Roland Weiss, Herrn Matti Klein und Herrn Philip Sindy vom Berliner Jazz – „Duo Nouveau“, den Schauspieler Wolfram Ster von der Studiobühne
Bayreuth
und
den
Moderator
des
heutigen
Abends,
den
Musikwissenschaftler und Vorsitzenden des Meyerbeer-Instituts in Schloss Thurnau, Herrn Professor Dr. Sieghart Döhring. Mein besonderer Dank gilt dem Veranstalter des heutigen Abends, dem Verein „Alexander von Humboldt-Kulturforum Schloss Goldkronach e. V.“ und deren Vorsitzenden, Frau Petra Meßbacher, aber auch dem Verein „Oberfranken Offensiv e.V.“ und deren Vorsitzenden, Frau Staatsministerin Melanie Huml, der die Ausrichtung des heutigen Abends finanziell unterstützt hat. Mein Dank gilt ganz besonders auch Frau Isabel Schubert vom Kulturbüro der Sophienkirche für deren Unterstützung bei der Ausrichtung des heutigen musikalisch-literarischen Abends. Der Verein „Alexander von Humboldt-Kulturforum Schloss Goldkronach e. V.“ wurde im März 2008 gegründet und ist als gemeinnützig anerkannt. Vereinsvorsitzende ist Frau Petra Meßbacher. Der Verein hat es sich insbesondere zur Aufgabe gemacht, an Leben und Werk von Alexander von Humboldt zu erinnern, der von 1792 bis 1795 in Franken und dabei auch in Goldkronach gewirkt hat. 2
Auch wenn es nur wenige Jahre waren, in denen Alexander von Humboldt zuletzt als preußischer Oberbergmeister in den Preußischen Fürstentümern Bayreuth und Ansbach wirkte,
dürfen seine Verdienste um den Bergbau nicht durch seine Tätigkeit als
Universal- Gelehrter überschattet werden. In Franken setzte Humboldt sich für humane Arbeitsbedingungen sowie für eine fundierte Ausbildung der Bergleute ein und schaffte es, den darniederliegenden Bergbau zu neuer Blüte zu bringen. Bereits in seinen fränkischen Jahren finden sich überzeugende Ansätze für Humboldts Denken einer interdisziplinären und vernetzten Wissenschaft. Ein weiteres Ziel des Vereins
„Alexander von Humboldt-Kulturforum Schloss
Goldkronach e. V.“ ist es unter anderem, Ausstellungen und die Herausgabe bzw. Förderung von Publikationen und die Durchführung bzw. Förderung von Forschungsvorhaben zu fördern, die mit Leben und Werk von Alexander von Humboldt und mit der Geschichte von Schloss Goldkronach verbunden sind, die der Völkerverständigung dienen sowie mit der Pflege des regionalen fränkischen, aber auch deutschen und europäischen Kultur- und Geschichtserbes sowie der kulturellen Zusammenarbeit mit dem Ausland in Zusammenhang stehen. Bereits im Juli vergangenen Jahres veranstaltete der Verein „Alexander von HumboldtKulturforum Schloss Goldkronach e. V.“ in Goldkronach ein historisches Symposium, um das Beziehungsgeflecht zwischen Alexander von Humboldt, Giacomo Meyerbeer, Felix Mendelssohn Bartholdy und Richard Wagner zu beleuchten. Teilnehmer an diesem Symposium waren unter anderem der Leiter der Alexander-von-HumboldtForschungsstelle an der Akademie der Wissenschaften Berlin-Brandenburg, Dr. Ingo Schwarz, der stellvertretende Vorsitzende der Mendelssohn-Gesellschaft, Dr. Thomas Lackmann, Professor Dr. Sieghart Döring vom Meyerbeer-Institut in Thurnau sowie der international anerkannte Humboldt-Fachmann Dr. Frank Holl, der neben Eberhard Schulz-Lüpertz Ko-Autor des Buches „Alexander von Humboldt in Franken“ ist. Im Anschluss an dieses historische Symposium fand erstmals ein musikalisch-literarischer Abend mit Kostproben aus Briefen und Kompositionen statt. Dieser musikalischliterarische Abend fand größtes Interesse, und so entstand die Idee, einen solchen
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musikalisch-literarischen Abend hier in Berlin, in der die Gebrüder Humboldt geboren sind und für Deutschland und die Welt Großartiges bewirkten, zu wiederholen. Sowohl Mendelssohn Bartholdy als auch Giacomo Meyerbeer waren nicht nur Zeitgenossen und Freunde Alexander von Humboldts, er hatte sich auch maßgeblich für sie eingesetzt, beispielsweise wenn es darum ging, führende Positionen im Berliner Musikleben einzunehmen. Alexander von Humboldt und Giacomo Meyerbeer haben sich 1825 in Paris kennengelernt. Er hat nachweislich die Uraufführung von Meyerbeers Oper „Die Hugenotten“ 1836 in Paris besucht und sich noch vor Erscheinen der Kritiken in Briefen fundiert dazu geäußert. Humboldt war zudem mit der Bankiersfamilie Mendelssohn Bartholdy nicht nur eng befreundet gewesen, sondern hat ab 1842 in der Berliner Oranienburgerstraße in einem Haus gewohnt, das den Mendelssohns gehörte. Humboldt war später auch die treibende Kraft für die königliche Berufung
sowohl
Meyerbeers
als
auch
Mendelssohns
zum
preußischen
Generalmusikdirektor in Berlin gewesen. Ein Terracotta-Fries am „Roten Rathaus“ von Berlin zur Geschichte der Stadt zeigt übrigens noch heute zahlreiche Geistesgrößen der damaligen Zeit, darunter auch Alexander von Humboldt, Felix Mendelssohn Bartholdy und Giacomo Meyerbeer. Das Fries hat wahrscheinlich nur deshalb die Zeit des Nationalsozialismus unbeschadet überstanden, weil damals niemand die abgebildeten Persönlichkeiten erkannt hat.
Sicher nicht persönlich gekannt hat Alexander von Humboldt Richard Wagner, der in der frühen ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts völlig unbekannt in der Musikwelt war. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass Humboldt eine der frühen Aufführungen des Fliegenden Holländers in Berlin gesehen hat. Wagner griff in seiner Hetzschrift „Das Judentum in der Musik“ gerade Mendelssohn und Meyerbeer an, diffamiert sie schwer und sprach ihnen jegliche künstlerische Fähigkeit ab. Noch wenige Jahrzehnte zuvor hatte Richard Wagner Mendelssohn und Meyerbeer als künstlerische Vorbilder bezeichnet und besonders an Meyerbeer unterwürfige Briefe verfasst. Sowohl Mendelssohn als auch Meyerbeer selbst waren zum Erscheinungszeitpunkt der Hetzschrift bereits tot. 4
Es freut mich sehr, dass das „Alexander von Humboldt-Kulturforum Schloss Goldkronach e. V.“ mit dem heutigen musikalisch-literarischen Abend als Thema das Beziehungsgeflecht von Alexander von Humboldt, Felix Mendelssohn Bartholdy, Giacomo Meyerbeer und Richard Wagner aufgegriffen hat. Ich bin überzeugt, dass das Spannungsfeld zwischen diesen vier Persönlichkeiten in Form der musikalischen Beiträge des Athalia-Ensembles und des Berliner „Duo Nouveau“ sowie in Form der Lesungen durch den Schauspieler Wolfram Ster dargeboten und der Moderation durch Professor Dr. Sieghart Döring eindrucksvoll zum Ausdruck kommen wird.
Lassen Sie mich abschließend noch einige Worte zur Geschichte der Sophienkirche sagen, die im vergangenen Jahr ihr 300 jähriges Jubiläum feierte.
Die Sophienkirche wurde als Saalbau nach dem Konzept und Plänen des bekannten Baumeisters Philipp Gerlach erbaut. Die Grundsteinlegung fiel noch in die Regierungszeit König Friedrichs I. von Preußen. Die Bewohner der sogenannten „Spandauer Vorstadt“ wandten sich an Königin Sophie Luise, die eine ausreichende Summe für den Bau eines Gotteshauses stiftete. Am 18. Juni 1713 konnte die Kirche eingeweiht werden
Erst in den Jahren 1730 bis 1735 wurde der schöne Turm errichtet, welcher heute zu den eindrucksvollsten Baudenkmälern Berlins zählt. Die Stifterin und Patronin Königin Sophie Louise hatte einen Pietisten zum ersten Pfarrer an Sophien bestimmt. Mit dieser auf Innerlichkeit und Seelsorge orientierten Reformbewegung des Luthertums blieben der Sophiengemeinde die damals noch starken Auseinandersetzungen zwischen orthodoxem Luthertum und dem vom Herrscherhaus geförderten reformierten Bekenntnis erspart. Die Kirche stand beiden protestantischen Bekenntnissen offen. Ihr Pfarrsprengel reichte anfangs weit hinaus und umfasste den größten Teil des nördlichen Berlins.
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Um 1820 zählte die Gemeinde über 50.000 Mitglieder, darunter eine wachsende Anzahl sogenannter „proletarisierter Unterschichten“. In den 1830er Jahren erhielten Wedding, Gesundbrunnen, Moabit und Rosenthaler Vorstadt nach Entwürfen Karl Friedrich Schinkels eigene Gotteshäuser, um die kirchlichen und "sittlichen" Verhältnisse zu ordnen.
Mit der Abtrennung der vorstädtisch-proletarischen Bezirke in den 1830er-Jahren wurde Sophien zu einer innerstädtischen und "altehrwürdigen" Gemeinde. Der Ausbau der Friedrich-Wilhelm-Stadt (westlich der Friedrichstraße) führte 1856 noch einmal zu zwei Abspaltungen von der Sophiengemeinde: Es entstanden die St. Philippus-ApostelGemeinde und die St. Johannes-Evangelist-Gemeinde. Letztere wurde 1961 wieder mit der Sophiengemeinde vereinigt. Im Jahr 2000 schlossen sich die Gemeindebezirke St. Philippus-Apostel und Sophien der inzwischen entstandenen Großgemeinde Sophien an.
Im Zweiten Weltkrieg wurden lediglich die farbigen Fenster zerstört, ansonsten gab es keine größeren Schäden. Nach Kriegsende im Jahr 1945 war die Sophienkirche somit eines der wenigen nutzbaren Gotteshäuser in der Innenstadt. Sie wurde so zum Ort vieler
übergemeindlicher
Veranstaltungen
und
diente
u.a.
den
Universitätsgottesdiensten. Anders als in anderen Zentrumsbereichen kam es in ihrem Gemeindebezirk nicht zu Flächensanierungen, so dass auch in der DDR eine relativ traditionelle Gemeindestruktur bewahrt blieb. Am 13. September 1964 sprach Martin Luther King jr. in der Sophienkirche. Er sagte damals, „keine Grenze kann die Kinder Gottes voneinander trennen‘“. Ihm zu ehren wurde im Jahr 2012 eine Gedenktafel in der Sophienkirche enthüllt.
Im Juni 1989 versammelte sich eine erste Protestbewegung in der Sophienkirche und auch in den folgenden bewegten Monaten blieb die Kirche offen für alle, welche Bürger- und Freiheitsrechte einforderten. Eine interessante Begebenheit zu unserer heutigen Veranstaltung möchte ich noch anmerken: wie uns Frau Schubert vom Kulturbüro der Sophienkirche wissen ließ, 6
befindet sich ein Original-Dirigentenstab von Felix Mendelssohn Bartholdy im Besitz der Sophienkirche. So schließt sich der Kreis unsrer heutigen Veranstaltung auf eine schöne Weise. In diesem Sinne danke ich nochmals allen Verantwortlichen, die sich um den heutigen musikalisch-literarischen Abend verdient gemacht haben und wünsche Ihnen allen einen interessanten und unterhaltsamen Abend mit neuen Erkenntnissen über den großen deutschen Universalgelehrten Alexander von Humboldt und das ihn umgebende Beziehungsgeflecht.
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