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Müller / 2010/0463359 / Müller . August 2010

L LP PWZ - PM 2030/10/10003

48 58 Fax: 40 32

Sperrfrist: 10. August 2010 Beginn der Rede Es gilt das gesprochene Wort!

Rede

des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Finanzen

Herrn Hartmut Koschyk, MdB

anlässlich der Präsentation des Sonderpostwertzeichens „100. Geburtstag Mutter Teresa“

am 10. August 2010 in der Pfarrkirche St. Marien-Liebfrauen, Wrangelstraße 50, 10997 Berlin-Kreuzberg


Excellenz, sehr geehrter Herr Nuntius Erzbischof Dr. Périsset, sehr geehrte ehrwürdige Schwester Lumena Ringwald und erwürdige Schwestern der Missionarinnen der Nächstenliebe, sehr geehrter Herr Weihbischof Dr. Heinrich, sehr geehrter Herr Weihbischof Weider, sehr geehrter Herr Oberkirchenrat Dr. Faigle, sehr geehrter Herr Pfarrer Polossek, sehr geehrter Herr Lendermann, Excellenz, sehr geehrter Herr Botschafter Dr. Mirdita der Republik Kosovo, sehr geehrte Vertreter des diplomatischen Corps, sehr geehrte Frau Kollegin Merkel, sehr geehrter Herr Kollege Brähmig


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aus dem Deutschen Bundestag, meine sehr verehrten Damen und Herren,

Briefmarken sind Botschafter

Briefmarken fallen nicht groß auf, sie sind klein und unscheinbar, dabei gehören sie ganz selbstverständlich zu unserem Alltag. Doch bei genauerem Hinsehen vermittelt jede Briefmarke eine Botschaft – mal zeigt sie das Portrait einer bedeutenden Persönlichkeit oder weist auf ein historisches Ereignis hin, mal gibt sie Einblicke in regionale Besonderheiten und zeigt berühmte Bauwerke und Schönheiten unseres Landes. Im Ergebnis ist dieses kleine Papierstück die kleinste Kulturbotschafterin Deutschlands – und damit wertvoll und wichtig.

Mutter Teresa – Leben und Wirken

Die Person, die wir heute mit einer Briefmarke ehren, gehört ab sofort dazu: Viele


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Jahre sprach keiner auf der Welt von Mutter Teresa, sie tat ihren Dienst der Liebe – unscheinbar und treu. Doch als sie 1997 im Alter von 87 Jahren starb, sprach alle Welt von ihrer selbstlosen Hingabe, ihrer fast übermenschlichen Leistung im Dienst an den Ärmsten der Armen in den Slums von Kalkutta, in Leprastationen und Heimen für Tbc- und Aidskranke, für verlassene Kinder und Sterbende, um die sich niemand kümmerte. Alle Medien brachten Bilder der kleinen, zierlichen, alten Frau im weißen Baumwoll-Sari mit den blauen Streifen – beim Gebet, bei der Krankenpflege, beim Empfang von Auszeichnungen, beim Gespräch mit den Großen der Welt.

Aber es war ein langer Weg, bis ihre Arbeit und sie selbst weltweit bekannt waren. Der Anfang war schwierig und mühsam. Doch durch ihre Glaubensstärke und Zähigkeit bahnte sie sich stets neue Wege. Es grenzt an ein Wunder, dass diese zierliche Frau, die sich nicht von entstellten Menschen und ansteckenden Krankheiten abschrecken


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ließ, so lange ihren Dienst der Nächstenliebe tun konnte.

Bei aller christlichen Frömmigkeit lag ihr aufdringliches Missionieren fern. Sie beachtete beim Tode von Moslems und Hindus deren Sterberituale. Sie war weder von religiösem Fanatismus noch von ekstatischer Schwärmerei getrieben, sondern für sie war der einzige Maßstab die Liebe Gottes zu den Menschen, die sie in die Tat umgesetzt hat. Dabei hatte sie recht pragmatische Ideen, wenn sie für ihre Armen Geld auftreiben musste. Zwei Beispiele: - Als der Papst ihr bei einem Indienbesuch sein Luxusauto schenkte, brachte sie es zur Versteigerung, die ihr ein Vielfaches des Wertes eintrug. - Das Galadiner zu ihren Ehren nach der Verleihung des Friedensnobelpreises lehnte sie ab und ließ sich den Wert auszahlen.

Das Werk der Nächstenliebe in der Gemeinde St. Marien-Liebfrauen


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Nach ihrem Tod fragte sich viele, was aus ihrem Werk werden würde. Doch diese Besorgnis war im Nachhinein unbegründet. Denn inzwischen gibt es Niederlassungen der Gemeinschaft der „Missionarinnen der Nächstenliebe“ in fast allen Ländern der Welt.

Auch hier in Berlin tun Schwestern von Mutter Teresa einen gesegneten Dienst. Und ich bin sehr froh, dass wir die Präsentation der Briefmarke hier in der Kirchengemeinde St. Marien-Liebfrauen in Kreuzberg vornehmen können. Friedrichshain-Kreuzberg ist der kleinste und am dichtesten besiedelte Bezirk Berlins, mit den größten sozialen und gesundheitlichen Herausforderungen. Mehr als ein Drittel der Haushalte haben hier ein Nettoeinkommen unter dem Berliner Durchschnitt. Kreuzberg hat eine hohe Arbeitslosenrate von 30 Prozent (Durchschnitt Berlin 17,9 Prozent), einen hohen Anteil an Sozialhilfeempfängern von rund 18 Prozent (Durchschnitt Berlin 8,4 Prozent) und eine hohe Zahl von Menschen ohne beruflichen Abschluss von 30


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Prozent (Berlin 21 Prozent). Diese belastende Situation besteht schon seit vielen Jahren. Daher war es verständlich, dass auf Wunsch des Berliner Bischofs Mutter Teresa im Pfarrhaus von St. Marien-Liebfrauen eine Niederlassung des von ihr gegründeten Ordens errichtet hat. 1983 kamen die ersten Schwestern von Mutter Teresa und gründeten eine Suppenküche für die Bedürftigen im Kreuzberger Kiez. Die Suppenküche besteht bis heute. Für viele ist der Besuch der Suppenküche der einzige feste Termin am Tag, an dem sie gerne gesehen werden. Dort brauchen sie sich nicht auszuweisen, keine Formulare auszufüllen und werden freundlich, liebevoll und ohne Vorbehalte angenommen. Damit hat diese Gemeinde einen Platz für Hilfesuchende und am Rande der Gesellschaft stehende Frauen und Männer.

Doppelte Botschaft der Briefmarke

Wenn ich am Anfang meiner Rede von der Briefmarke als Botschafterin gesprochen habe, dann meine ich in diesem Fall eine


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doppelte Botschaft: Jeder, der diese Briefmarke auf einen Brief klebt, und jeder, der diesen Brief erhält, schaut nicht nur auf das markante Portrait von Mutter Teresa, sondern liest auch das Zitat von ihr. Während man vom Portrait eher neugierig gemacht wird, mehr von ihrem Leben und Wirken kennenzulernen, wird man vom Zitat herausgefordert, ja provoziert:

„Die Armut wurde nicht von Gott geschaffen. Die haben wir hervorgebracht, ich und du mit unserem Egoismus.“

Mutter Teresa legt damit den Finger in die Wunde unserer Welt: Zu viele Menschen leben in Armut, zu viele Menschen hungern, zu viele Menschen haben kein Dach über dem Kopf, leiden an Krieg und Verfolgung, sind Terror und Naturkatastrophen ausgesetzt. Jeder Einzelne von uns ist angesprochen, zu helfen und Verantwortung zu übernehmen, jeder nach seinen Möglichkeiten. Das gilt auch für unser Land, diese Stadt und diese Kirchengemeinde.


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Die Existenz der Suppenküche hier in der Pfarrkirche St. Marien-Liebfrauen erinnert uns an jene Menschen, die unser soziales Netz nicht menschenwürdig aufzufangen vermag. Zudem empfinde ich es als eine unerhörte Herausforderung, wenn TeresaSchwestern aus Kalkutta nach Berlin kommen, weil es auch in unserer Wohlstandsgesellschaft noch Hilfsbedürftige gibt, die nur ein zerstörtes und gescheitertes Leben vorweisen können und die am Rande unserer Gesellschaft stehen. Oft hört man das Argument, dass viele der Bedürftigen doch selbst schuld seien, dass sie im Leben so abgestürzt sind. Doch die Missionarinnen der Nächstenliebe fragen nicht danach, warum Menschen hilfsbedürftig geworden sind, sie helfen einfach, sie geben ihnen zu essen, Wärme und liebevolle Worte. Ich bin den Teresa-Schwestern und den engagierten Menschen in dieser Gemeinde sehr dankbar, dass sie sich mit ihrer Kraft und Liebe gerade dort einsetzen, wo staatliche Hilfe die Bedürftigen nicht mehr erreicht.


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Diese Briefmarke ist damit ein Appell, ein dringender Aufruf an alle, einzustehen für unsere Mitmenschen jenseits unserer Grundstücksgrenze, unserer Stadt- und Landesgrenze. Und ich bin davon überzeugt, dass es den politisch Verantwortlichen nicht anders geht als den Bürgerinnen und Bürgern: Man hat oft das Gefühl, zu wenig zu tun. Mutter Teresa hat dazu einmal gesagt:

„Das Gute, dass du heute tust, werden die Menschen morgen oft schon wieder vergessen haben. Tu weiterhin Gutes.“

Es kommt damit entscheidend darauf an, heute die Bedürftigen im Blick zu haben, ihnen zu helfen und in dieser Hilfe nicht nachzulassen. Wenn persönliches Engagement und Regierungshandeln Hand in Hand gehen, dann wird etwas in unserer Gesellschaft positiv verändert, dann wird deutlich, dass die Achtung der Menschenwürde nicht nur auf dem Papier steht, dann wird der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gestärkt. Vieles ist – Gott sein Dank


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– schon zum Guten verändert worden, Vieles muss noch geschehen. Fragen der sozialen Gerechtigkeit, der Hilfe zur Selbsthilfe, der Integration und der Bildungschancen für alle – all das stellt uns vor große Herausforderungen und in eine konkrete Verantwortung.

Gestaltung und Daten zur Marke

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

die hier präsentierte Marke ist nicht nur eine Botschafterin der Nächstenliebe, sie ist auch grafisches Kunstwerk, das von dem Grafiker Professor Christof Gassner aus Darmstadt gestaltet wurde. Herr Professor Gassner gehört schon seit vielen Jahren zu den erfolgreichen Gestaltern von deutschen Briefmarken.

Das Werk von Mutter Teresa hat eine internationale Dimension. Daher hat die Briefmarke auch einen Wert von 70 Cent bekommen, den Wert, den man aufwenden


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muss, um einen Standardbrief ins europäische Ausland zu senden. Dieser Wert wird nur einmal in diesem Jahr aufgelegt, daher die Marke eine hohe Auflage von fast 5 Millionen Stück. Ab 12. August 2010 kann die Marke in allen Verkaufsstellen der Deutschen Post erworben werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

nun freue ich mich, Erstdrucke der Briefmarke überreichen zu dürfen

in einem roten Album an:

S.E. Erzbischof Dr. Jean-Claude Périsset, Apostolischer Nuntius

Herrn Weihbischof Dr. Matthias Heinrich, Domkapitular Erzbistum Berlin

Herrn Weihbischof Wolfgang Weider, Domkapitular Erzbistum Berlin


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Schwester Lumena Ringwald, Missionaries of Charity, Essen (war bis vor kurzem noch Oberin des Ordenshauses in Berlin)

in einem grünen Album an:

Herrn Dr. Gerhard Timm, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V.

Herrn Franz-Heinrich Fischler, Direktor des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin e.V.

Herrn Oberkirchenrat Dr. Volker Faigle, Dienststelle des Bevollmächtigten des Rates der EKD

Herrn Ordinariatsrat Monsignore Tobias Przytarski, Leiter des Katholischen Büros BerlinBrandenburg (Länderbüro)

Herrn Heiner B. Lendermann, Stellvertretender Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe


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Herrn Olaf Polossek, Pfarrer der Kirchengemeinde St. MarienLiebfrauen und St. Michael, Berlin

in einem weißen Album an: (PSt HK überreicht die weißen Alben und Herr Lendermann liest die Namen der Empfänger vor)


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