VOM GROSSEN HAUS IN STUTTGART
100 JAHRE LITTMANN BAU
Für meine Mum.
„Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“ Karl Valentin
VOM GROSSEN HAUS IN STUTTGART
100 JAHRE LITTMANN BAU
006 / 007
INHALTSVERZEICHNIS
006 Vorwort
feuer im theater am 19.01.1902
014
Die Brandkatastrophe des Neuen Lusthauses
max littmann – ein portrait
024
Die Person Max Littmann
1902–1912 – zehn jahre der planung und des bau
030 039 042 046 048 050 053 055 057 058 059 060 062 072
Vorgeschichte des Baues und Situierung Vorbemerkung: Amphitheater oder Rangtheater? Baubeschreibung: Grundrissanlage Baubeschreibung: Der Aufbau und der künstlerische Schmuck des Äußeren Baubeschreibung: Der innere Ausbau und der künstlerische Schmuck der Innenräume Baubeschreibung: Technische Ausführung Baubeschreibung: Maschinelle Einrichtungen der Bühnen Baubeschreibung: Heizung und Lüftung Baubeschreibung: Elektrische Licht- und Kraftanlagen Baubeschreibung: Sicherung gegen Feuersgefahr Baubeschreibung: Wasserversorgung, Entwässerung, Wohlfahrtseinrichtungen und verschiedene Schwachstromanlagen Baubeschreibung: Bauausführung Baubeschreibung: Baukosten Kommentar: Die beiden neuen Häuser
das grosse haus im nationalsozialismus
078
Die Vertreibung der Juden aus der Oper 1933–1945
der umbau des grossen hauses 1956
084 092 093
Die Modernisierung des Großen Hauses 1956 1956: Neugestaltung von Foyer und Zuschauerraum des Großen Hauses Was geschah im Großen Haus
1984: alter glanz in stuttgarts opernhaus
096 104 107 108 109
Die Wiederherstellung des Littmann-Theaters Littmanns Großes Haus – ein programmatischer Theaterbau Die Quellenanlage für die Restaurierung Der Theaterpavilion Bericht über Restaurierung und technischen Ausbau des Großen Hauses
100 jahre grosses haus
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Eine Geschichte in Bildern
werkstätten 148 158 170 182
Die Modisterei Die Damen-Maske Der Malsaal Die Herrenschneiderei
gespräche 196 208 218 226 234
Helene Schneidermann und Liviya Flamme: Kind eines Opernstars Xavier Zuber: Wenn die Oper die Bühne verlässt Barbara Tacchini: Oper für die Jugend – von der Jugend Tamas Detrich: 35 Jahre im Dienste des Stuttgarter Balletts Michael Bayer: Ein unmusikalischer Opernliebhaber
impressum 240 Text- und Bildnachweise 242 Danksagung 243 Impressum
inhaltsverzeichnis
VORWORT 100 JAHRE GROSSES HAUS STUTTGART
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VORWORT
Noch vor dem ersten Treffen mit unserem Professor Gerwin Schmidt erreichte mich eine Mail, in der er das Thema für das Buchprojekt, welches mich die nächsten zwei Semester begleiten sollte, vorstellte. „Das Thema für euch wird jetzt sein, ein Buch über irgendeinen Platz oder eine Institution in Stuttgart als Dokumentarprojekt zu entwerfen.“ Sofort macht man sich Gedanken welches Thema interessant ist, und auch nach zwei Semester noch spannend sein kann. Aus gegebenen Anlass waren meine Gedanken schnell bei den Staatstheatern Stuttgart. Durch meine Arbeit für die Oper Stuttgart und das Stuttgarter Ballett, kannte ich schon ein paar Menschen, die im Haus arbeiten, was ich für einen sehr guten Standpunkt hielt. Zudem finde ich es sehr spannend, was alles hinter den Kulissen des größten Drei-Sparten-Theaters der Welt passiert und welcher Aufwand betrieben wird um ein Stück auf die Bühne zu bringen. Mehr oder weniger zufällig, ist im Jahr 2012 das 100-jährige Jubiläum des Großen Hauses, das der Münchener Architekt Max Littmann 1909 anfing zu bauen und 1912 fertig stellte. Die Anfänge der Staatstheater Stuttgart liegen allerdings schon weit länger zurück, als das Jubiläum des Großen Hauses dieses Jahr. Bevor es zum Württembergischen Staatstheater wurde, war es das Königliche Hoftheater, unter König Wilhelm II., das im Neuen Lusthaus – an dessen Stelle heute der Württembergische Kunstverein zu Hause ist – Opern und Schauspiele aufgeführt wurden. In der Nacht auf den 20. Januar 1902 brannte das Haus, mit allen darin befindlichen Kulissen, Kostümen und Requisiten, ab. König Wilhelm II. wollte aber nicht auf sein kulturelles Vergnügen verzichten, woraufhin es eine lange Diskussion gab, in welcher Form und auf welchem Platz das neue Opern- und Schauspielhaus für den König und die Stuttgarter Bürger gebaut werden sollte. Während in verschiedenen Interimstheatern gespielt wurde entschied der Architekt Max Littmann, mit seinem Entwurf eines Doppelhauses, den ausgeschriebenen Wettbewerb.
Mit den nun 100 Jahren, die das Große Haus und das Verwaltungsgebäude auf dem Buckel haben, gehören sie zu einer relativ jungen Gattung an Theaterhäusern, wenn man sie mit anderen, wie zum Beispiel dem Gran Teatro La Fenice di Venezia, vergleicht, das bereits im Jahre 1792 seine Tore öffnete. Im zweiten Weltkrieg fiel nur das kleine Haus den Bomben der Alliierten zum Opfer. Das Große Haus blieb komplett verschont und konnte somit in der Gestalt, wie es auch heute noch im Schloßpark steht, überleben. Der Umbau des Großen Hauses 1956 ist als einziger Tiefpunkt anzusehen, den das Haus erfahren musste, als die Fassade Littmanns verdeckt und eine kalte Atmosphäre geschaffen wurde. Um so erfreulicher war der Fund der Originalpläne von Max Littmann in München, als 1982 das Große Haus für Renovierungsarbeiten geschlossen wurde. Durch die Pläne konnte der Grundstein gelegt werden konnte, das Große Haus im Originalzustand und somit in altem Glanz auferstehen zu lassen. Neben allem uns Öffentlichen, gibt es aber noch weitaus mehr zu entdecken. Im Inneren arbeiten täglich über 3000 fleißige Hände um den Betrieb und damit unser kulturelles Vergnügen zu verwirklichen. Ein riesiger Apparat an Menschen arbeitet Hand in Hand um klassische, wie auch moderne Kunst auf die Bühne zu bringen. Neben der Geschichte des Hauses, sowie dem Einblick hinter die Kulissen, war es für mich auch sehr interessant mit Menschen zu reden, die nicht nur zum Vergnügen in die Oper gehen, sondern ein Teil dessen sind. In fünf spannenden Gesprächen wird so manches Geheimnis gelüftet, verblüffende Geschichten aus der Opernwelt erzählt und darüber gesprochen was für unterschiedliche Typen es an Opernbesuchern gibt. Auf den nächsten 236 Seiten ist all dies niedergeschrieben. Bilder zeigen das Haus wie es war und wie es ist. Ein eindrücklicher Gebäudekomplex, der uns mit Sicherheit noch viele weitere Jahre begeistern wird.
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GESCHICHTE DES GROSSEN HAUSES FEUER IM THEATER AM 19.01.1902
18.2.1902 — Die erste Strecke der Berliner U-Bahn zwischen Warschauer Brücke und Nollendorfplatz wird eröffnet
16.3.1902 — Kuba wird unabhängig
18.3.1902 — Gründung des Fußballvereins Real Madrid 19.5.1902 — Der Deutsche Tennisbund wird in Berlin gegründet
geschichte des grossen hauses
DIE BRANDKATASTROPHE DES
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NEUEN LUSTHAUSES Dann aber kam der 19. Januar 1902. Die Sonntagabend-Vorstellung gegen 3 Uhr ein, als der Wind sich drehte und mit den Flammen einen der Meistersinger war ohne Zwischenfall beendet; das Publikum hatte sprühenden Glutregen nach dem Residenzschloss hintrieb. Etwa eine das Theater verlassen, ebenso das gesamte Bühnenpersonal bis auf die Stunde zuvor hatte Branddirektor Jacoby die Freiwillige Feuerwehr nächtliche Brandwache. Heslach alarmieren lassen, um noch einen weiteren Schutz für das in Um 12 Uhr 29 Min. Nachts lief auf der Hauptfeuerwache die Mel- größter Gefahr schwebende Residenzschloss zu erhalten. Sofort nach dung ein: Feuer im Hoftheater! Für eine derartige Feuermeldung be- deren Eintreffen erteilte er dem Kommandanten, Architekt Biel, die steht ein Dienstbefehl, wonach ohne weiteres beide Wachen abrücken Direktive zur Aufstellung seiner Mannschaft. Mit 17 Stahlrohren wurund in der Zeit von Abends 6 Uhr bis Morgens 6 de nun auf dieser Seite gegen das andrängende Uhr die Reservefeuerwehr und die dienstfreie verheerende Element gekämpft, und den vereinten Mannschaft der Berufsfeuerwehr, welche sämtlich ungeheuren Anstrengungen gelang es in der Tat, Weckeranschluss haben, alarmiert werden. Dieser die Flammen wieder in den Mittelpunkt des Theagroße Alarmdienst vollzog sich mit größter Präziters, den Zuschauerraum, zurückzutreiben. sion. Als die Feuerwehr sich dem Hoftheater näInzwischen hatte sich der König auf der Brandherte, lief ihr auch schon der im Theater dienststätte eingefunden und war, nachdem er sich vom tuende Nachtposten, der Berufsfeuerwehrmann Branddirektor hatte Rapport erstatten lassen, mit Entemann, entgegen, ihr zurufend, dass Feuer sich diesem, trotz der herrschenden Gluthitze und der vom Malersaal aus verbreite. In wenigen Augenblidrohenden Gefahr, in das brennende Parterre des cken schon trat die unterwegs angeheizte DampfTheaters eingetreten, um einen Blick in den zerspritze in Tätigkeit. Branddirektor Jacoby und seine störten Zuschauerraum zu werfen. Fast zwei Stunden Leute machten sich, auf dem Boden kriechend, mit lang beobachtete der König die Vorgänge auf dem drei Hydrantenrohren an den Feuerherd heran, Brandplatz, und erst nachdem er sah, dass die um von hier aus die Flammen abzuschneiden. schwerste Gefahr abgewendet war, begab er sich in Aber es war bereits zu spät. Donnernd stürzten den Wilhelmspalast zurück. Morgens gegen 9 Uhr schon brennende Kulissenteile und der heiße Inendlich konnte die Feuerwache 2 zur Wachbereithalt der an dem Aufzug hängenden Sandsäcke auf schaft wieder einrücken. Für eine etwa eintreffende Branddirektor Jacoby die Feuerwehrleute herab, diese beinahe erstiweitere Feuermeldung stand in der Theaterstraße ckend. Branddirektor Jacoby erkannte sofort, dass ein Zug zur Abfahrt bereit. […] In musterhafter die Flammen nach der Ostseite, dem Königlichen Residenzschloss hi- Weise unterstützten die Feldwebel und Oberfeuerleute ihren Branddinüber drückten. Er ließ daher unverzüglich auf dieser Seite die rektor, der trotz seiner erlittenen Verletzungen 20 Stunden im Dienst Dampfspritze Nr. 1 Aufstellung nehmen, während die Dampfspritze blieb. Die Mannschaften gingen mit größter Bravour und Ausdauer Nr. 2 zur Deckung des Marstalls und des Königin-Olgabaus an der vor und verließen die ihnen angewiesenen Posten ungeachtet der herWestseite die Flammen zurückzudrängen suchen musste. Die Dampf- abstürzenden Brandstücke und dem unerträglichen Rauch keinen spritze Nr. 3 deckte die Front des Hoftheaters. 37 Stahlrohre bekämpften Augenblick. Drei Mann wurden bewusstlos von dem Feuerherd wegnun von allen Seiten das Flammenmeer. Die Taktik des Branddirek- getragen und mittels Sanitätswagen in ihre Wohnungen gebracht. tors, das Feuer in die Mitte des Baues zu bannen, konnte nur mit dem Auch die Heslacher Feuerwehr hat die ihr gestellt Aufgabe mit großem Aufgebot eines wahren Heldenmutes von Seiten der Löschmannschaf- Opfermut glänzend gelöst. Außer den 56 Berufsfeuerwehrleuten waren ten gelingen, da diese bei ihrem Vordringen unter dem erstickenden 100 Reservemannschaften zur Stelle. Der Riesenbrand, der ein ganzes Rauch, der fürchterlichen Hitze und den abstürzenden Mauerteilen Stadtviertel bedrohte wurde von 260 Feuerwehrleuten bewältigt. entsetzlich zu leiden hatten. Der gefährlichste Moment trat Morgens
Brand des Königlichen Hoftheater am 20. Januar 1902 / kolorierte zeitgenössische Postkarte, TWS
geschichte des grossen hauses · die brandkatastrophe des neuen lusthauses
Königliches Hoftheater; eröffnet 1846 / Foto: R. Schuler , um 1900 TWS
020 / 021 Brand des Königlichen Hoftheater am 20. Januar 1902 / Foto: Ludwig Schaller, 1902 TWS
Die lokale Presse berichtete selbstverständlich ausführlichst über das Geschehen; noch in der Brandnacht erschienen zwei Sonderausgaben der Schwäbischen Kronik. Aber auch die überregionale Presse stand nicht zurück. Pikanterweise erwähnte die Magdeburgische Zeitung unter der Rubrik Vermischte Nachrichten den Stuttgarter Theaterbrand unmittelbar nach der Mitteilung, dass im neuerbauten Berliner Krematorium in Anwesenheit eines Geistlichen die erste Leiche verbrannt worden sei. Glücklicherweise hatte es in Stuttgart keine Toten gegeben. Der Personenschaden beschränkte sich auf zwanzig Feuerwehrleute, die bei den Lösch- und Rettungsarbeiten verletzt worden waren. Zunächst ging man davon aus, dass ein Kurzschluss in der elektrischen Leitung des Brand verursacht habe; jedoch blieben bei dieser Version zu viele Fragen offen. Eine ungeklärte Brandursache lässt fast zwangsläufig den Verdacht entstehen, dass es sich möglicherweise um Brandstiftung handeln könne, und auch hier dauerte es nicht lange, bis die Vermutung kursierte, das Feuer sei von einem Bühnenmitglied gelegt worden, das kurz zuvor entlassen worden war. Doch bei der Vermutung blieb es auch. Nun verlangt aber die Öffentlichkeit bei Ereignissen von der Größenordnung des Stuttgarter Theaterbrandes nach einem Schuldigen. Das problematische Gebäude dafür zu erklären bliebe zu anonym, und jede Personalisierung hätte letztlich zum Monarchen selbst führen müssen, als dem eigentlichen Verantwortlichen für das Haus. So
konzentrierte sich die Suche nach dem Schuldigen zunehmend auf die angeblich unzulängliche Brandbekämpfung in Person des Branddirektors Jacoby. Jacoby hatte schon in der Vergangenheit wiederholt ein offenes Wort über Mängel bei der Feuerwehr gesprochen und sich damit verständlicherweise Feinde geschaffen. So wurde nun – vornehmlich in der Fachpresse – eine giftige Debatte zwischen Anklägern und Verteidigern von Jacoby geführt, eine Kontroverse, in die er mehrfach auch selbst eingriff. Über folgende Fragen wurde dabei gestritten: Wer wann wo das Feuer entdeckt und gemeldet habe? Ob und gegebenenfalls warum nicht von Anfang an die Brandleitung alle verfügbaren Löscheinheiten eingesetzt habe? Warum die Freiwillige Feuerwehr Heslach zur Unterstützung erst gegen Morgen angefordert worden sei? Und schließlich: Ob die Brandleitung die richtige Strategie bei der Brandbekämpfung verfolgt habe, ja ob es überhaupt eine Strategie gegeben habe und nicht die unkoordinierten Löschaktionen nachträglich erst zu einer solchen aufgebaut wurden? Alles Fragen, die man mit viel Polemik ausführlich diskutierte, die aber erwartungsgemäß zu keiner eindeutigen Antwort führten. Branddirektor Jacoby konnte jedenfalls darauf verweisen, dass im der Monarch bereits am folgenden Tag ausführlich gedankt habe.
Sehr geehrter Herr Branddirektor! Seine Königliche Majestät haben sich heute Nacht persönlich davon überzeugt, mit welcher Umsicht und welch unerschrockenem Opfermut Sie bei dem Brande des Königlichen Hoftheaters die Löschungs- und Bergungsarbeiten geleitet haben. Ihrer Tatkraft, sowie der Schulung und der vor keiner Gefahr zurückschreckenden Disziplin der unter Ihrer Leitung stehenden Leute ist es zu danken, dass trotz der unglaublichen Schnelligkeit, mit der das Feuer um sich griff, doch eine verhältnismäßig große Zahl von Gegenständen gerettet werden konnte, sowie dass das Unglück keinen größeren Umfang angenommen hat und insbesondere das zu Anfang schwer bedrohte Residenzschloss vom Feuer nicht ergriffen worden ist. Ihnen, geehrter Herr Branddirektor, und Ihrer trefflichen Mannschaft hierüber Allerhöchste Ihnen gnädigsten Dank und rückhaltlose Anerkennung auszusprechen, ist Seiner Königlichen Majestät Bedürfnis, und Allerhöchstdieselben haben mich daher zu beauftragen geruht, Ihnen Vorstehendes zu erkennen zu geben mit dem Ersuchen, hiervon sämtlichen Ihrer Befehlen unterstehenden Personen Eröffnung zu machen. Mit hochachtungsvollen Gesinnungen der Kabinettschef: Gemengen. Stuttgart, den 20. Januar 1902. Auch hatte der König seinem Ensemble sogleich versichert, dass alle Verträge, die normalerweise sofort mit einem solchen Fall beendet waren, weitergeführt würden. Nur, um Theater zu spielen, braucht man ein Theater, Dekorationen, Kostüme usw. Hilfe bzw. Hilfsangebote kamen von allen Seiten. Das Hoftheater in München half mit Kostümen und Requisiten; allerorts wurden in Deutschland dem Stuttgarter Hoftheater Gastspielmöglichkeiten gegeben. Aus Dresden kam das Model eines Interimstheaters. Als erstes Stuttgarter Ausweichquartier bot sich das WilhelmaTheater an, dass jedoch nur bis Mai zur Verfügung stand, da es dann bereits an ein privates Operetten-Unternehmen verpachtet war. Schließlich wurde innerhalb von sieben Monaten nicht unweit der
Brandstätte ein Interimstheater gebaut, dass von Oktober 1902 bis zur Eröffnung des neuen Hauses im Jahre 1912 bespielt wurde. Bald nach dem Brand hatte Intendant zu Putlitz Kontakt zu dem damals führenden Theaterarchitekten Max Littmann wegen eines Neubaus aufgenommen. Littmann schlug eine Doppelanlage mit Großem und Kleinem Haus vor, zu der er mehrere voneinander abweichende Entwürfe vorlegte. Schließlich wurde 1908 ein Wettbewerb ausgeschrieben, aus dem Littmanns Projekt als Sieger hervorging. Bald darauf begannen die Bauarbeiten, und am 14. und 15. September 1912 konnten die beiden neuen Häuser des Königlichen Hoftheaters eröffnet werden.
geschichte des grossen hauses · die brandkatastrophe des neuen lusthauses
Brandruine des Königlichen Hoftheater / zeitgenössische Fotografie, TWS
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geschichte des grossen hauses 路 die brandkatastrophe des neuen lusthauses
GESCHICHTE DES GROSSEN HAUSES MAX LITTMANN – EIN PORTRAIT
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MAX LITTMANN
23.3.1903 — Die USA pachten für 99 Jahre die Bucht von Guantánamo als Marinestützpunkt
17.12.1903 — Erster gesteuerter Motorflug der Brüder Wright
24.5.1903 — Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club wird gegründet 16.6.1903 — Die Ford Motor Company wird gegründet 1903 — Henriette Arendt wird erste Polizistin Deutschland in Stuttgart
geschichte des grossen hauses
Max Littmann, der mit vollständig bürgerlichen Namen Bernhard Max Littmann hieß wurde am 3. Januar 1862 in Schloßchemnitz geboren und war ein deutscher Architekt, der für die Reform des Bühnenbaus und dem Bau des Münchner Hofbräuhauses bekannt war. Littmann erhielt seine Ausbildung an der Gewerbeakademie Chemnitz und der Technischen Hochschule Dresden. 1885 siedelte Max Littmann nach München über, wo er sich nach Studienreisen nach Italien und Frankreich 1888 als freischaffender Architekt niederließ. Von 1891 bis 1908 war er Teilhaber am Baugeschäft seines Schwiegervaters Jakob Heilmann, der Heilmann & Littmann oHG mit dem Arbeitsschwerpunkt des Entwurfs. Er trat nun vor allem durch die Erstellung von repräsentativen Bauten wie Theatern, Warenhäusern und Kurhäusern hervor und ergänzte dadurch sich mit seinem auf Wohnungs- und Hausbau spezialisierten Schwiegervater. Mit markanter künstlerischer Handschrift hat er sich im Bild mancher deutschen Stadt verewigt; besonders aus der neueren Baugeschichte seiner Wahlheimat München ist sein Wirken nicht wegzudenken. Max Littmanns Theaterbauten sind seine Hauptschöpfungen, die auch in Zukunft seinen Namen und seine Bedeutung hinübertragen. Zum Theaterbaumeister gehört nicht nur Neigung und Beruf, nicht nur das allgemeine architektonische Können, sondern ein überaus gründliches, theoretisches Wissen um alle Dinge und Fragen der Schaubühne vom Repertoire und der Inszenierung angefangen bis zu den subtilsten bautechnischen und Ingenieur-Angelegenheiten. Wenigstens sind diese Kenntnisse Erfordernis für einen Theaterarchitekten, der sich nicht damit begnügt, Fassade und Logenhaus zu gestalten, sondern der das Ganze des Theaterbaus, also auch das Bühnenhaus mit seinen technischen Notwendigkeiten, mit Beleuchtung und szenischem Apparat in seinen Pflichtenkreis einbezieht. Seine gestalterischen Einflüsse gewann Max Littmann aus den Theaterarchitekten Schinkel und Gottfried Semper, deren Schaffen für ihn vorbildlich waren. Er studierte die Bauten und Schriften dieser Baukünstler, sowie die antiken Theater und Gespräche mit berufenen Theaterfachleuten, Direktoren und Maschinenmeistern. Einen entscheidenden Einschnitt, in die Einstellung zum Theaterbau, machte Max Littmann mit dem Fund von Entwurfskizzen für den Umbau des alten Berliner Nationaltheaters, die ihm wie „eine Offenbarung“ erschienen. Der Gedanke, dass die Mission des Theaters nicht darin liegen kann, nur für
eine angeregte Gesellschaft der höheren Stände da zu sein und dieser Zeitvertreib zu bieten, sondern dass die Schaubühne, wie es Schiller tat, als moralische Anstalt zu betrachten ist und dass es infolgedessen auch im Zuschauerraum gesellschaftliche Staffelung und Rangeinteilung nicht geben darf, die mit dem Logenhaus zusammenhängt. Das Amphitheater betont die Gleichheit aller vor dem Kunstwerk, wie es in der Antike auch geschah. Wo immer es die Umstände erlaubten, errichtete Max Littmann amphitheatralische Theaterräume. Max Littmann war als erster Theaterbaumeister in der Lage, den Zuschauerraum vom Mittelpunkt des Proszeniums zu entwickeln. Schinkel, der dies schon früher anwenden wollte, viel in das Missfallen des Intendanten wodurch die seine Überlegung bis zur Anwendung von Max Littmann Wieder ins Dunkel rückten. Max Littmann entwickelte das Proszeniums -->1 einerseits in Richtung zum Zuschauerraum unter besonderer Berücksichtigung der Notwendigkeiten des Orchesters, andererseits entwickelte er es in Richtung der Bühne. Indem er hier den fatalen Perpektivenverhältnissen der alten Guckkastenbühne erfolgreich zu Laibe rückte und neue Beleuchtungsmöglichkeiten, zumal durch Verwendung der Scheinwerfer, aufwies. Eine große Leistung war die Erfindung des „variablen Proszeniums“, das die störenden Erscheinungen in unseren Theatern beseitigen soll, wurde Symbol und Motiv von Littmanns theater-architektonischem Schaffen. Das „variable Proszenium“ ist vielseitig, ohne an innerer Einheit zu verlieren. Es dient den Notwendigkeiten und Gegebenheiten der heutigen Schaubühne. Ebenso dient es dem Tondrama Wagners mit der Forderung des versenkten und überdeckten Orchesters und der großen italienischen Oper. Es ist nicht zuviel gesagt, dass Littmanns Wirken auf diesem Gebiet einen Wendepunkt im deutschen und europäischen Theaterbau bedeuten. -->1
Das Proszenium war im alt-griechischen Theater der fassadenartige Vorbau vor der eigentlichen Bühne, der auch als Kulisse genutzt wurde. Im modernen Theater ist das Proszenium das Bühnenportal, der Vorderteil der Bühne zwischen Vorhang und Orchester.
geschichte des grossen hauses · die person max littmann
DIE PERSON MAX LITTMANN
6.1.1904 — Das Bayer-Kreuz wird als deutsches Warenzeichen eingetragen
21.5.1904 — In Paris wird der Weltfußballverband FIFA gegründet
22.3.1904 — Die Zeitung Daily Illustrated Mirror erscheint das erste Mal mit einem Farbfoto 8.9.1904 — Theodore Roosevelt wird als Präsident der USA wiedergewählt
Eine bekannter Bau und gleichzeitig sein erster Theaterbau war das Prinzregenten-Theater in München. Er hatte bei diesem Bau allerdings eine feste Marschroute, da Wagners eigene Forderungen an ein Opernhaus, an einen Tempel der Musik, zu erfüllen waren. Trotz diverser Problematiken erschuf Max Littmann ein massives Theater, das allen Vorschriften, Maßnahmen und Erkenntnissen, die der Wiener Ringtheater-Brand von 1879 zur Folge hatte, dienstbar gemacht. Er schuf mit dem Prinzregenten-Theater ein Haus, das auch in den praktischen Dingen der Beleuchtung, Heizung, Lüftung, der maschinellen Anlagen im Bühnenhaus, der Garderoben für die Künstler und das Publikum ein Vorreiter für die Zukunft sein sollte. Einen weiteren entscheidenden Schritt nach vorne tat Littmann mit dem Bau des Schiller-Theaters in Charlottenburg 1905 bis 1906. Es sollte „ein einfaches, in würdigen Formen gehaltenes Haus“ sein. Der Zuschauerraum sollte mindestens 1400 Sitzplätze enthalten. In meisterlicher Lösung des schwierigen Situationsproblems und in wirtschaftlichster Weise den Raum für eine möglichst große Besucherzahl disponierend, schuf Max Littmann die Basis für das neue Volkstheater, einen neuen Typ, der in Gegensatz zu dem hergebrachten Luxustheater treten sollte. Bei der Klärung der Frage ob ein Amphitheater oder ein Rangtheater den Typus eines Volkstheaters besser zum Ausdruck bringt, stand für Littmann fest, dass nur im Amphitheater jene Form geben sein in der alle Rang- und Klassenunterschiede aufgehoben sind. Ebenso ist das Amphitheater nicht ausschließlich für das musikalische Festspiel, sondern auch für das gesprochene Wort geeignet. Dies war das Resultat aus intensiven Studien und Versuchen, die Max Littmann anstellte. Das Charlottenburger Theater war in jeder Hinsicht, künstlerisch, theatertechnisch und wirtschaftlich ein Erfolg. Für Max Littmann bedeutete es einen Meilenstein in der Theaterbaugeschichte. Lediglich ein Hoftheater fehlte Max Littmann noch um alle Arten des Theaterbaus abzudecken. Hierzu bekam er im Jahr 1905 die Gelegenheit, als Littmann in Weimar, das neue Hoftheater bauen sollte. Ein Hoftheater kann natürlich nur ein Rangtheater sein – es erfordert rechtlich Räume, die der höfischen Repräsentation gewidmet sind, denn ein solches Theater war eben ein Attribut des Herrscherhauses. Als technische Neuerung wurde hier zum ersten Mal mit großem Erfolg das „Variable Proszenium“ eingebaut, das um so notwendiger war, als man im Weimarer Haus jede Gattung der Oper von Wagner bis Donizetti und das Drama von Shakespeare bis zum modernen Lustspiel zu pflegen hat. Am letzten Tag des Jahres 1907 war das Theater vollendet und wurde am 11. Januar 1908 feierlich eröffnet.
Der nächste Theaterbau Littmanns war das Stadttheater Posen, welches in den Jahren 1909 und 1910 erbaut wurde. Es war noch nicht vollendet, als Max Littmann seinen größten Theaterbau, vielleicht überhaupt an sein Hauptwerk, herantrat. Die Königlichen Hoftheater in Stuttgart. Mit den neuen Hoftheatern in Stuttgart wurden zum ersten Male zwei Theater gleichzeitig in engem, organischem Zusammenhang nach künstlerischen Grundsätzen errichtet und damit ein neuer Typus geschaffen. Im September 1909 begann der Bau des Doppelhauses und wurde komplett am 1. August 1912 fertiggestellt. Aber dieser sensationelle Bau bedeutete allerdings nicht das Ende für Max Littmann. Die neue große Staatsoper in Berlin sollte neu gebaut werden und Max Littmann entschied den Wettbewerb für sich. Das fantastische Bauprojekt war mit einer verfügbaren Bausumme von 40 Millionen Mark budgetiert und übertrumpft damit bei weitem die mit 7,5 Millionen Mark teuren Häuser in Stuttgart und ebenso die Pariser Oper. Unerwartet, mitten aus vollem Schaffen heraus, ist Professor Max Littmann, kurz vor Vollendung seines 70. Lebensjahres, in einer Münchner Klinik nach ganz kurzer Krankheit, am 20. September 1931, verstorben.
Stadttheater Hildesheim, 1908–1909
Oben: Großherzogliches Hoftheater Weimar, 1906–1908 Unten: Königliches Opernhaus Berlin, 1910: 1. Preis
30.5.1905 — Albert Einstein veröffentlicht seinen Artikel zur Relativitätstheorie
1906 — Die Krankheit Alzheimer wird das erste Mal diagnostiziert
21.3.1907 — Großbritanien lehnt den Vorschlag eines Tunnelbaus unter dem Ärmelkanal ab 27.3.1907 — Das KaDeWe öffnet seine Pforten
1907 — Das Unternehmen Shell wird gegründet
1900–1901: prinzregententheater mit theater-restaurant in münchen-bogenhausen (teilweise zerstört) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 1900–1901: planung des aussenbaus der münchner kammerspiele · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·· · · · · 1904–1905: königliches kurtheater in bad kissingen · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 1905–1906: schiller-theater mit theater-restaurant in berlin-charlottenburg (weitgehend zerstört) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 1906–1907: grossherzogliches hoftheater, seit 1919 „deutsches nationaltheater“ in weimar (verändert) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 1907–1908: „künstlertheater“ der kunstgewerbe-ausstellung münchen, 1908 (zerstört) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 1908–1909: stadttheater in hildesheim (stark verändert) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 1909–1910: stadttheater in posen (poznan, polen) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 1909–1912: königlich württembergische hoftheater in stuttgart (kleines haus 1944 zerstört, grosses haus 1956 & 1984 restauriert) · · · · · · · · · · · · · · · · 1913–1918: stadttheater in bozen (südtirol, italien) (1943/1944 zerstört) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 1926–1928: landestheater (1949–1990 „friedrich-wolf-theater“, jetzt „landestheater mecklenburg“) in neustrelitz (erheblich verändert) · · · · · · · · · ·
geschichte des grossen hauses · die person max littmann
max littmanns theaterbauten
GESCHICHTE DES GROSSEN HAUSES 1902–1912 ZEHN JAHRE DER PLANUNG UND DES BAUS
034 / 035
5.4.1908 — Erstes Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft
16.9.1908 — General Motors wird gegründet
25.7.1909 — Louis Blériot überquert als erster mit einem Flugzeug den Ärmelkanal
14.12.1911 — Roald Amundsen und vier Begleiter erreichen als erste Menschen den geografischen Südpol
geschichte des grossen hauses
VORGESCHICHTE DES BAUES
Anderthalb Jahrhunderte hatte das auf den Grundmauern des alten Lusthauses erbaute Königliche Hoftheater in Stuttgart seine Bestimmung erfüllt, als es in der Nacht vom 19. zum 20. Januar 1902 einer verheerenden Feuersbrunst zum Opfer fiel. Bei den unmittelbar darnach aufgenommenen Beratungen kam man bald zu der Erkenntnis, dass zunächst als Ersatz des abgebrannten Hauses sofort ein Interimtheater zu errichten sei, damit Zeit gewonnen würde zur Klärung der Platzfrage, über deren Schwierigkeit man sich von vornherein im klaren war, zur Ordnung der rechtlichen Verhältnisse und zur Feststellung eines weitausschauenden Programms. Im April 1902 wurde auf dem Platze bei der Hofwaschküche mit dem Bau des Interimtheater nach Plänen von Eisenlohr & Weigle begonnen, und schon am 12. Oktober desselben Jahres konnte das mit einem Kostenaufwand von Mark 680000 errichtete Haus eröffnet werden. Bei den Beratungen im Königlichen Finanzministerium stand dann die Frage eines definitiven Ersatzes zur Diskussion, und der Verfasser, der Anfang März als Sachverständiger zugezogen wurde, gab damals schon die Anregung, den Ersatz des alten Hauses nicht durch ein Haus, sondern durch zwei Häuser zu beschaffen, die in innigem Zusammenhang stehen sollten. So kühn auch der Vorschlag für eine Stadt mit damals 181000 Einwohnern klang, so waren seine Gründe doch durchschlagend. Von den beiden Häusern sollte aber nicht das eine „Opernhaus“ und das andere „Schauspielhaus“ sein, sondern ihre Unterscheidung sollte vielmehr, entgegen dem gewöhnlichen Gebrauch, nur in ihrer räumlichen Ausdehnung liegen, und es soll deshalb hier kurz ausgeführt werden, auf welchen künstlerischen Erwägungen architektonische Grundgedanke des nach Jahren auch zur Ausführung gekommenen Vorschlages beruhte. Die landläufige Trennung in „Opern-“ und „Schauspielhaus“, wie wir sie in viele Hof- und manchen Stadttheatern sehen, ist keine zufällige und natürlich wohlbegründet. Sie ist vielfach da entstanden, wo man infolge der beträchtlichen gewachsenen Zahl der Theaterbesucher zur Errichtung eines zweiten Hauses – oft in großer Entfernung vom alten – gezwungen war und wo auch die Zahl der Bevölkerung die gleichzeitige Füllung zweier großer Häuser möglich erscheinen ließ. Neben dem reinen Kassenerfolg sprachen für eine solche Trennung auch gewichtige verwaltungstechnische Gründe – eine reinliche
Scheidung zweier Sparten, die sich nicht immer sehr freundlich gegenüberstehen, behebt viele Schwierigkeiten, die in dem umfangreichen Apparat selbst liegen. Der Vorteil, einer jeden ihre eigenen Probenräume stets zur Verfügung stellen zu können, enthebt den Leiter mancher Sorge über Dispositionen von Raum und Zeit. Aber was ist die Folge solcher Trennung? Ist das Opernhaus groß, so ist es nie und nimmermehr in der Lage, die Feinheiten z.B. Mozartoper in ihrer Originalbesetzung zur Wirkung kommen zu lassen. Der Vokalpart muss dem großen Raum angepasst werden und kann nicht mehr den Intentionen des Komponisten gerecht werden. Das gleiche Missverhältnis wird im großen Schauspielhaus sich entwickeln, in dem unmöglich die zarten Stimmungen des modernen Seelendramas oder eines fein abgestimmten Lustspiels zur Geltung kommen können. Vom rein künstlerischen Standpunkt benötigt man für das große Tondrama Richard Wagners und für die große Oper ebenso ein großes Haus, wie für feierliche Tragödien und das monumentale Wortdrama. Dagegen kann man für die Spieloper ein kleines Haus eben so wenig entbehren, wie für intime Dichtungen. Ein Haus, dass für die Tonmassen einer mit hundert und mehr Musikern besetzten Ringaufführung gebaut ist, kann unmöglich für Coiì fan tutte sich eignen, und ein Haus in dem Scribe‘s Das Glas Wasser zu künstlerischer Wirkung gelangt, würde erdrückend sein für die Shakespeare‘schen Königsdramen. Diese Erkenntnis ist nicht neu und hat in München – wo neben dem 1832 Personen fassenden Hof- und
geschichte des grossen hauses · vorgeschichte des baues und situierung
UND SITUIERUNG
1.1.1912 — Die Mongolei und Tibet erklären ihre Unabhängigkeit 10.4.1912 —Die Jungfernfahrt der Titanic beginnt
14.9.1912 — Feierliche Eröffnung des Großen Hauses in Stuttgart
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2.4.1912 — Gründung des VfBStuttgart 15.4.1912 — Untergang der Titanic mit über 1500 Toten
Nationaltheater noch das einzigartige Kleinod aus kurfürstlichen Zeiten, das Residenztheater Cuvilliè‘s steht – seit langem zu einer entsprechenden Verwendung der beiden Häuser geführt. So wird es nicht verwunderlich erscheinen, dass der Vorschlag des Verfassers den Wünschen des Herrn Generalintendanten Baron zu Putlitz begegnete und in diesem einen so überzeugten Vertreter fand, dass er auch bald an Allerhöchster Stelle gutgeheißen und gefördert wurde. Mit Vertrag vom 15. resp. 16. August 1902 wurde dem Verfasser von der Königlichen Hofkammer der Auftrag erteilt, „Vorprojekte eines Doppelhauses mit 1400 beziehungsweise 800 Sitzplätzen“ aufzustellen, um die „an ein solches Haus zu stellenden Anforderungen klären“ und einen „vorläufigen Kostenvoranschlag“ aufstellen zu können. Dabei wurde ihm als in Frage kommende Bauplätze der Waisenhausplatz mit Karlsplatz, der Botanische Garten und der Alte Hoftheaterplatz bezeichnet. Nachdem die verschiedenen Programmpunkte in eingehendsten Beratungen mit der Königlichen Intendanz in allen Einzelheiten festgestellt und die ersten Ideenskizzen aufgestellt waren, zeigte sich alsbald, dass vom Alten Hoftheaterplatz und vom Botanischen Garten, dessen Vergrößerung durch Hinzuziehung der Königlichen Adjutantur damals noch nicht ins Auge gefasst war, wegen ihrer räumlichen Beschränkung abgesehen werden musste. Es wurde infolgedessen vorerst die Skizze eines Doppeltheaters für den Waisenhausplatz bearbeitet, und nach dem Langhans‘schen Vorbilde des Viktoriatheaters in Berlin wurden die beiden Häuser in einer Längsachse mit Rücken gegen Rücken an einander gestellt, nur durch einen Isolierraum getrennt und die Betriebsräume zu beiden Seiten der Häuser angeordnet. Den großen Vorteilen eines solchen Projektes, die Betriebsräume für die beiden Häuser in der Hauptsache gemeinsam zu gestalten und daher nur einmal zu beschaffen, und bei größeren Vorstellungen die Bühne des Kleinen Hauses zur Aufstellung von Zügen und dergleichen zuziehen zu können, stand freilich in unserem Falle das gewichtige Bedenken entgegen, dass die gewaltigen, zusammengezogenen Massen der beiden Theater auf die niedrigen Gebäudetrakte der reizvollen Alten Akademie sowie auf die nahe Residenz und das Alte Schloß erdrückend wirken mussten. Bei dem infolgedessen sich anschließenden Versuche, die Gebäudemassen zu gliedern, kam der Verfasser auf jene Parallelstallung der Theater, die – in betriebstechnischer Beziehung von allen Theaterfachleuten als mustergültig anerkannt – in dem jahrelangen, wechselvollen Verlauf der Stuttgarter Theaterfrage immer wieder zur Basis der verschiedenen Projekte gemacht, auch der Konkurrenz von 1908 zu Grunde gelegt wurde und schließlich zur Ausführung kam. Die Gruppierung der verschiedenen Gebäude bietet eine Zusammenfassung des Betriebes, der sich wesentlich billiger stellen muss, als das bei getrennt von einander stehenden Häusern möglich ist, da er nicht nur eine bedeutende Schonung des Materials gewährleistet, sondern auch die Möglichkeit gibt, dasselbe ohne weite Transporte in beiden Häusern zu verwenden.
Bei dem ersten Projekt einer Parallelstellung für den Waisenhausplatz wurde das Große Haus an die Neckarstraße und in seiner Längsachse parallel zu dieser, das Kleine Haus nach Süden neben das Alte Schloß gestellt, und die Verbindung beider Häuser durch einen Längsbau erzielt, der die gemeinsamen Räume, wie z.B. alle Verwaltungsbüros, die großen Garderoben für Chorherrenm Chordamen, Statisten und Statistinnen, die Ballettsäle, Chorprobesaal, Rüstkammern, die Malerateliers und Bibliotheken aufzunehmen hatte. Das im Februar 1903 eingereichte Projekt, das im Sommer desselben Jahres noch durch ein Modell erläutert wurde, bildete die Grundlage einer im Mai 1904 an den Landtag geleiteten Vorlage. Das Projekt hatte mittlerweile die verschiedenartigste Beurteilung gefunden; seine Gegner wendeten ein, dass auch hier das Kleine Haus auf das Alte Schloß drücke, dass der von der Alten Stadt über die Dorotheenstraße nach Westen geleitete Verkehr unterbunden würde, vor allem aber, dass mit diesem Projekt auf Jahre hinaus ein unschöner Torso geschaffen würde, da damals noch keinerlei Aussicht war, die Geldmittel zur Errichtung des Kleinen Hauses zu beschaffen. Es bestand kein Zweifel darüber, dass von Seiten des Landtages nur die Mittel für den Ersatz des abgebrannten Hauses mit dem zugehörigen Verwaltungs- und Magazingebäude bewilligt würden. Die ganze Frage wurde deshalb noch nicht für spruchreif erachtet, es kam nicht zu förmlichen Beschlüssen und bei den maßgebenden Stellen wurde versucht, die Angelegenheit durch weitere Studien zu klären. So stellte der Verfasser im Februar 1904 im Auftrage des Königlichen Finanzministeriums ein Projekt für ein Kompromisshaus mit 1600 Zuschauern auf, um zu erörtern, ob nicht mit einem selchen die Bedürfnisse gedeckt werden könnten. Selbstverständlich konnten sich die Vorzüge eines solchen Projektes nur auf finanzielle Gebiete bewegen, und wie früher schon eine an die hervorragendsten deutschen und österreichischen Theaterfachleute ergangene Rundfrage deren unbedingte Stellungnahme für die Errichtung zwei Häuser ergeben hatte, so kam man immer wieder auf das Doppeltheater zurück, und es galt nur zu erörtern, ob eine Lösung möglich war, bei der die gegen das große Projekt am Waisenhausplatz ausgesprochenen Bedenken kein Geltung haben würden. In diesem Bestreben wurde im September 1904 vom Verfasser ein Projekt aufgestellt, bei dem zunächst nur das Große Haus auf dem Waisenhasplatz mit der Front nach dem Alten Schloß – aber von diesem möglichst abgerückt – errichtet zu werden brauchte, so dass später in Verbindung mit demselben das Kleine Haus auf einem Teil des Areals der Alten Akademie errichtet werden konnte. Als im Herbst 1904 der damalige Finanzminister an den Landtag den früheren Gesetzentwurf in unveränderter Form wieder einbrachte, lagen nun vier Entwurfskizzen für den Waisenhausplatz vor, die „als Grundlage für den nach dem Entwurf auszuschreibenden Wettbewerb“ dienen sollten. Zur Erörterung der Platzfrage wurde aber von der Königlichen Domänendirektion noch eine ganze Reihe von Studien ange-
2.2.1913 — Die Grand Central Station in New York wird eingeweiht und ist seitdem der Weltgrößte Bahnhof. 21.12.1913 — Das erste Kreuzworträtsel der Welt erscheint
stellt, die sich mit dem Projekt der Unterbringung des Theaters auf dem Botanischen Garten, auf dem Areal der Eberhardsgruppe in den Anlagen, auf dem Platz des Leibstalles, auf dem Platz des Alten Theaters unter Hinzuziehung des oberen Marstallterritoriums beschäftigten, die aber alle als ungeeignet wieder verworfen werden mussten. Kurz bevor die Finanzkommission sich mit all diesen Projekten befassen sollte, wurde von Oberbaurat von Reinhardt (Stuttgart) Ende 1904 ein Projekt vorgelegt, das die Errichtung eines Großen Hauses auf dem Terrain des Alten Theaters unter Benützung des Königlichen Privatgartens vorsah. Die Beschlussfassung in der Theaterfrage wurde daraufhin vertagt. Vielerlei Bedenken, die gegen die Vernichtung jenes einzigartigen Gartens sprachen, ließen aber auch dieses Projekt zu Fall kommen, wie so manchen anderen Vorschlag der im Laufe des Jahres 1905 auftauchte. Da beschlossen im Januar 1906 die bürgerlichen Kollegien von Stuttgart „zur Erbauung eines Kleinen Hauses für den Fall der Abgängigkeit des Interimtheaters, spätestens aber innerhalb 20 Jahren Mark 1 200000 zu leisten“; und als dann am 23. Januar desselben Jahres die Kammer der Abgeordneten für ein neues Hoftheater einschließlich des Inventars Mark 4000000 – wovon freilich Mark 3000000 auf die Ergänzung des durch den Hoftheaterbrand zerstörten Mobiliarfundus entfielen – bewilligte, eine Summe, die durch Zinsenzuwachs von diesem Tage an erhöht werden sollte, da war wenigstens die finanzielle Grundlage für eine würdige Lösung der schwebenden Theaterfrage gefunden. Die Sorge um die Stuttgarter Bahnhofsanlagen hielt dann die Erörterung der Theaterfrage auf; sie kam erst wieder in Fluss, als im Frühjahr 1907 die „Kommission für die Aufstellung eines Programms über die Stadtentwicklung“ den Auftrag erhielt, zu untersuchen, welche Plätze des Krongutes sich zur Errichtung zweier Theater eignen möchten. Auch in dieser Kommission wurde eine ganze Reihe von Projekten durchberaten, für zwei derselben aber zeichnerische Grundlagen geschaffen. Oberbaurat von Reinhardt legte die Situationsskizze einer Prallelstellung auf dem Platze des Botanischen Gartens vor, zu dessen Vergrößerung mittlerweile das Grundstück der Königlichen Adjutantur zur Verfügung gestellt worden war, während Professor Theodor Fischer den Vorschlag unterbreitete, in der Achse der Großen Auffahrtsallee auf dem Platze der Eberhardsgruppe, nördlich von der neuen, durch die Anlage zu legenden, Schillerstraße das Große Haus, wesentlich von demselben, mit dem Eingang nach dem neuen Bahnhof, das Kleine Haus und östlich davon das Verwaltungs- und Magazinsgebäude zu errichten. – Dieser Vorschlag erschien so ausgezeichnet, dass auch der Verfasser ein – wenn auch etwas anders gedachtes – Projekt für diesen Platz aufstellte, bei dem er die Bühne des kleinen Hauses ohne Oberbühne projektierte, um die Massen desselben mit denjenigen des Magazinsgebäudes in Übereinstimmung zu bringen. Die Unmöglichkeit jedoch, hier einen guten Betrieb
zu organisieren, da alles Dekorationsmaterial für das Kleine Haus über die Bühne des Großen Hauses hätte transportiert werden müssen, die erhöhten Baukosten, die hier durch die noch schwierigere Fundation und die Ausgestaltung größerer Fassadenflächen bedingt waren, sowie der Mangel eines geeigneten Hinterlandes zur Erbauung von weiteren Magazinen in einer späteren Zukunft, ließen auch dieses Projekt nicht befriedigend erscheinen. Auf Antrag einer Unterkommission, welcher die Verfasser der beiden Situationsskizzen angehörten, gelangte schließlich im Sommer 1907 die Gesamtkommission einstimmig zu dem Beschluss , in erster Linie für die fernere Behandlung der Hoftheaterfrage den Botanischen Garten nebst dem Areal der Königlichen Hofgärtnerei und der Königlichen Generaladjutantur, unter Bezugnahme auf den Voranschlag des Oberbaurats von Reinhardt, als Bauplatz der künftigen Hoftheater vorzuschlagen, wobei als maßgebendster Gesichtspunkt für diesen Plan gewürdigt wurde, dass hier die Anlagen doch in weitgehendster Weise geschont werden könnten, dass der Hauptzug des Parks, der See, die Platanenallee und das lange grüne Band talabwärts, unversehrt erhalten bleibe, und dass eine Änderung nur insofern eintrete, als der oberste Teil der Anlagen mehr den Charakter eines übrigens wohl in großartiger Weise zu gestaltenden Vorhofes gewinne. Im November 1907 genehmigte Seine Majestät der König diesen Vorschlag der Kommission, und damit waren die Vorbedingungen zur Ausschreibung einer Konkurrenz erfüllt. Im Frühjahr 1908 erfolgte die Ausschreibung des Bauwerkes für die in Württemberg ansässigen oder gebornen Architekten, zu denen noch „eine beschränkte Anzahl im Theaterbauwesen erfahrener deutscher Architekten“ (Dülfer (Dresden), Eisenlohr & Weigle (Stuttgart), Littmann (München), Moritz (Köln) und Bruno Schmitz (Berlin)) besonders aufgefordert wurden. Das Preisgericht bestand nach dem Ausscheiden des zum Finanzminister ernannten Herrn Vorsitzenden von Geßler, Exzellenz, Stuttgart, aus dessen Nachfolger, Herrn Hofkammerpräsident Staatsrat von Scharpff, Stuttgart, als Vorsitzenden, und den Herren: Oberbaurat Berger bei der Domänendirektion, Stuttgart, Maschineriedirektor Hofrat Brandt, Berlin, Professor Theodor Fischer, Stuttgart, Oberbaurat von Reinhardt, daselbst, Stadtbaurat H. Seeling, Charlottenburg, Professor Dr. ing. Gabriel von Seidl, München, Baurat Manfred Semper, Hamburg und den nicht technischen Mitgliedern: Oberbürgermeister von Gauß, Kammerpräsident von Payer, Hofintendant Baron zu Putlitz und Präsident Dr. von Schwarz, Vorstand der Domänendirektion, sämtliche zu Stuttgart. Von den 24 eingelaufenen Entwürfen wurden 23 zum Wettbewerb zugelassen und am 19./20. Oktober 1908 die Preise in folgender Weise verteilt: 1. preis: professor max littman, münchen · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 2. preis: regierungsbaumeister moritz, köln · · · · · · · · · · · · · · · · · · 3. preis: professor schmohl & stähelin, stuttgart · · · · · · · · · · · · ·
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16.11.1915 — Auf die Coca-Cola-Flasche wird ein US-Patent erteilt 30.4.1916 — Deutschland führt als erstes Land die Sommerzeit ein 7.3.1916 — BMW wird gegründet
10.1916 — Die Strecke der Transsibirischen Eisenbahn wird fertiggestellt. 11.2.1919 — Friedrich Eber wird erster Präsident der Weimarer Republik
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11.11.1918 — Der erste Weltkrieg wurde beendet. Es gab über 9 Mio. Tote. 12.11.1918 — Deutsche Frauen erhalten das aktive und passive Wahlrecht
Mit Vertrag vom 24./25. November 1908 wurde der Verfasser zur weiteren Bearbeitung des Projektes beauftragt. Hatte er auch in seinem Konkurrenzentwurf den Grundrissgedanken und die Idee des Aufbaues so entwickelt, wie sie später in der Hauptsache zur Ausführung kamen, so ergaben sich doch noch einige wesentliche Verbesserungen, nachdem im Laufe des Novembers durch die Königliche Hofkammer das Anwesen Neckarstraße Nr. 5 erworben worden war. Nunmehr konnte die Hauptsache des Großen Hauses nach Norden nahezu in diejenige des Anlagensees gerückt werden. Die Stellung der Gebäude untereinander, die Anordnung der Höfe und die mit derselben gegebene freie Lage jedes einzelnen Gebäudes verblieb. Das Große Haus stand an der Schloßgarten- und Neckarstraße mit ihrem lebhafteren Verkehr; auf seiner Südseite war nun Raum für einen größeren Wagenhalteplatz gewonnen worden. Das Kleine Haus in den Anlagen wurde durch eine neue, von der Schillerstraße aus geführte Straße für den Wagenverkehr zugänglich gemacht, und die Materialzufuhr zu dem Verwaltungs- und Magazingebäude von der Neckarstraße aus zugeleitet. Mit dieser Stellung der Gebäude ist die Möglichkeit gegeben, ein großartiges Forum zu schaffen, das, wenn einmal nach Jahren eine Neupflanzung in der Nähe des Anlagensees zur unabweisbaren Notwendigkeit geworden – und erst dann – das fertige Bild gewährt wird, wie es nebenstehende Ansicht zeigt. Die Möglichkeit einer späteren Durchführung des Forumgedankens erscheint nunmehr auch dadurch gesichert, dass für die Bebauung des Marstallareals ein von Oberbaurat Jassoy und Architekt Fritz entworfenes, in nebenstehender Situation aufgenommenes Projekt zu Grunde gelegt werden soll, das bei dem im Herbst 1910 entschiedenen Wettbewerb mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde.
» AN DAS STUTTGARTER HOFTHEATER KNÜPFEN SICH FÜR MICH NUR ERINNERUNGEN FREUNDLICH HEITERER UND LIEBER ART. ICH HABE DAS SCHÖNE STUTTGART IN DEN ACHTZIGER JAHREN ZUM ERSTEN MAL – UND DANN NOCH ZWEIMAL – BESUCHT UND DENKE MIT VERGNÜGEN AN DEN ÜBERAUS WARMEN BEIFALL ZURÜCK, MIT DEM DAS LIEBE STUTTGARTER PUBLIKUM MICH AUFNAHM. SIE KÖNNEN SICH DENKEN, DASS ICH DER STUTTGARTER HOFBÜHNE, DIE SO VIEL ZUM GLANZE DES DEUTSCHEN THEATERS ÜBERHAUPT BEIGETRAGEN, AUCH IM NEUEN HAUSE EINE GLORREICHE ZUKUNFT WÜNSCHE, IN DIE ICH ZUGLEICH AUCH DAS SCHÖNE STUTTGART EINBEZIEHE. « (ALEXANDER GIRARDI, WIEN)
26.6.1919 — Die Daily News erscheint als erste Tageszeitung in New York 1919 — In Stuttgart wird die Eduard Züblin & Cie. AG gegründet 24.2.1920 — Gründung der NSDAP im Münchener Hofbräuhaus
3.3.1923 — Das TIME-Magazin erscheint das erste Mal
geschichte des grossen hauses ·
14.6.1919 — Erster Non-Stop-Flug über den Atlantik
Plan der neuen Theateranlage aus der Vogelperspektive
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28.4.1923 — Das Wembley-Stadion wird eröffnet
21.1.1924 — Lenin stirbt 12.2.1924 — Die Deutsche Reichsbahn wird ein staatliches Unternehmen
27.2.1925 — Neugründung der NSDAP 16.6.1925 — Volkzählung in Deutschland: 62,5 Mio. Einwohner
28.6.1926 — Fusion von Benz und Daimer zur Daimler-Benz AG
geschichte des grossen hauses
VORBEMERKUNGEN
Seit im Sommer 1901 das Haus Richard Wagners im Münchner Prinzregenten-Theater seine Wiedergeburt erfahren hatte und von den begeisterten Anhängern des Meisters in übertriebenem Enthusiasmus an die zweite Errichtung eines modernen Amphitheaters die Hoffnung geknüpft wurde, von hier aus müsse die Entwicklung des deutschen Theaters in neue Bahnen lenken, ist die Frage des Amphitheaters bei den Freunden und Gegnern dieser Theaterform nicht mehr zur Ruhe gekommen. Und die Diskussion wurde immer wieder belebt, äks es darnach dem Verfasser vergönnt war, auch das Schiller-Theater in Charlottenburg – ein reines Volkstheater für das Schauspiel – und später das Münchner Künstlertheater – ein kleines Haus für das gesprochene und gesungene Wort – als Amphitheater zu errichten. Diese drein Amphitheater dienen ganz verschiedenen Zwecken; sie haben die an sie gestellten Anforderungen erfüllt und sie scheinen den blinden Anhängern dieser Theaterform durchaus recht zu geben. Bedenkt man jedoch, mit welch verschiedenen Absichten, Wünschen und Hoffnungen ein Theater besucht wird, so leuchtet ein, dass die Frage der Stellung der Zuschauer zueinander nicht so einfach liegt, sondern so vielgestaltig ist, wie unser gesamtes modernes Leben, und dass es unter so vielen Gesichtspunkten betrachtet werden muss, als die Zahl der recht divergierenden Kunstgattungen beträgt, die heute von unserer Bühne gepflegt werden. Das Amphitheater, wie es die Antike entwickelt hatte, und wie es an verschiedenen Orten in wohl erhaltener Weise auf uns überkommen ist, diese Theaterform, die noch zur Zeit der Renaissance gepflegt wurde, wie sie das heute noch erhaltene 1579 von Palladio erbaute teatro Olimpico in Vicenza zeigt, hat zweifellos den Vorteil, dass sie allen Plätzen die besten Bedingungen für gutes Sehen und Hören gewährt, aber – und das ist‘s was immer vergessen wird – nicht allein durch die Form des Zuschauerraums, sondern ganz wesentlich unterstütz durch die geringe Tiefe der Szene. Viele dieser guten Eigenschaften sind dann von dem modernen Amphitheater übernommen worden, das wir eben so gut als „deutsches Amphitheater“ bezeichnen können, da Deutschland der einzige Boden war, wo die Ideen der Alten wieder aufgegriffen, und neuen Verhältnissen entsprechend, entwickelt wurden. In den Skizzen Schinkels von 1815, die der unsterbliche Klassiker nach dem Brande des Berliner Schauspielhauses für die Wiedererrichtung desselben aufstellte, in dem Entwurfe Sempers für das Festspielhaus in München, in
dem Wagner-Theater in Bayreuth und seinen Nachfolgern sind viele Mängel vermieden, an denen das konventionelle Rangtheater erkrankt. Und dennoch eine so langsame Entwicklung dieser Idee und trotz der Mitarbeit unserer besten Meister lässt sich das ohne weiteres durch die Lethargie der Massen erklären oder sind doch in dem Rangtheater Ideen lebendig; an die wir gebunden? Als im 17. Jahrhundert italienische Hofhaltungen sich Bühnen einrichteten und zu berauschenden Festen gesteigerte Ansprüche an das Bühnenbild gestellt wurden, da vertiefte Giambattista Alleotti – ein Schüler Palladios – in dem von ihm 1618-28 erbauten teatro Farnese zu Parma die Szene. Er schuf damit die Kulissenbühne und war nunmehr gezwungen – wollte er einem möglichst großen Teil der Besucher einen Blick über die Szene gewähren – den Zuschauerraum gleichfalls nach der Tiefe zu entwickeln. Es war nur logisch, da auch der Tiefenentwicklung des Zuschauerraums aus optischen Gründen ihre Grenzen gesetzt waren, dass nun die Zuschauer übereinander – in Rängen – untergebracht wurden. Und tatsächlich wurde schon 1639 in Venedig in dem teatro San Casiano das erste Rangtheater errichtet. Mit der Kulissenbühne war aber die Grundlage für die wundervolle, ebenmäßige Anordnung der Zuschauer wie im antiken Amphitheater vernichtet. Die Fortentwicklung des Rangtheaters mag dann später ebenso durch die leichtere Konstruktion der in einem nördlichen Klima nicht zu umgehenden Überdeckung des Zuschauerraums, wie durch die völlig veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse gefördert worden sein. Ganz zweifellos hat das Rangtheater den nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass es auf kleinerer Grundfläche mehr Menschen fasst, als ein Amphitheater. es ermöglicht eine Teilung der Besucher, wo sie von höfischer Etikette oder gesellschaftlichen Einrichtungen verlangt wird und es ermöglicht diese erst recht, wenn das Rangtheater wenigstens teilweise mit Logen versehen ist. Und darin dürfte die Hauptursache liegen, die dem Rangtheater seine Daseinsberechtigung gibt und solange geben wird, als nicht unsere ganzen sozialen Verhältnisse geradezu radikale Umwandlungen erfahren haben. In seinem so oft zitierten Aufsatz über die Schaubühne sagt Schiller: „Die Schaubühne ist die Stiftung, wo sich Vergnügen mit Unterricht, Ruhe mit Anstrengung, Kurzweil mit Bildung gattet, wo keine Kraft der Seele zum Nachteil der anderen gespannt, kein Vergnügen auf
geschichte des grossen hauses · vorbmerkungen · amphitheater oder rangtheater
AMPHITHEATER ODER RANGTHEATER?
1.1.1927 — Gründung von REW 1.6.1927 — Der Hindeburgdamm zwischen dem Festland und Sylt wird eröffnet
3.12.1928 — Die Rüsselsheimer Opelwerke werden in eine AG gewandelt 8.7.1928 — Das Luftschiff LZ 127 wird auf den Namen Graf Zeppelin getauft
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18.6.1917 — Einweihung des Nürburgrings 7.1.1928 — Mickey Mouse wird erfunden
Beispiel eines Amphitheater: Künstlertheater München
Unkosten des Ganzen genossen wird. wenn Gram an dem Herzen nagt, wenn trübe Laune unsere einsamen Stunden vergiftet, wenn uns Welt und Geschäfte anekeln, wenn tausend Lasten unsere Seelen drücken und unsere Reizbarkeit unter Arbeiten des Berufes zu ersticken dritt, so empfängt uns die Bühne – in dieser künstlichen Welt träumen wir die wirkliche hinweg –, wir werden uns selbst wiedergeben, unsere Empfindung erwacht, heilsame Leidenschaften erschüttern unsere schlummernde Natur und treiben das Blut in frischeren Wallungen.“ Das klingt etwas anders als die Forderungen die moderne Überästhetiker an den Theaterbesuch stellen. Es ist unmöglich, an jedem Abend des Jahres Festspiele zu veranstalten, unmöglich für den Gebenden, wie für den Empfangenden. Neben der Aufgabe des Theaters, zu bilden und zu erheben, steht gleichberechtigt die zu unterhalten und zu zerstreuen. Je mehr eine Stadt zur Großstadt sich entwickelt, und ihre Bewohner zu hastiger, nervenpeitschender Arbeit mit fortgerissen werden, desto mehr wird sich am Abend das Bedürfnis nach Ruhe oder harmloser Zerstreuung geltend machen. Diese wird aber für viele in einem Rangtheater, dessen Logen auch einen Spätkommenden gastlich aufnehmen, besser gefunden werden, als in einem Amphitheater, wo jeder im Kontakte mit der Masse aller Besucher seine Eindrücke gewinnen muss. Es ist nötig, dieser Wahrheit ins Gesicht zu sehen, da sie sich mit bloßen Wortgeplänkel nicht aus der Welt
schaffen lässt. Hier heißt es, den tatsächlichen Bedürfnissen des Publikums entgegenkommen, da sonst die Abwanderung ins Varieté, den Zirkus und das Lichtspieltheater schließlich gefährlich werden könnte. Wenn nun aber jede der Theatertypen ihre besonderen Vorzüge hat, wo und in welchen Fällen hat jede einzelne ihre Daseinsberechtigung? Nach dem Gesagten dürfte es nicht schwer sein, die Grenzen zu bestimmen. Ein Amphitheater gehört überall dorthin, wo das große Drama – sei es das Wort- oder das Tondrama – ausschließlich gepflegt werden soll, das eine monumentale Entwicklung des Auditoriums erfordert, und wo das Haus zu periodischen Festaufführungen benutzt wird, bei denen es sich – wie in Bayreuth und im Münchner PrinzregentenTheater oder im Münchner Künstlertheater – darum handelt, die ganze Aufmerksamkeit der Besucher auf die Bühne zu konzentrieren und den die Besucher gemeinsam verbindenden Gedanken auch in der Einheit der Plätze zum Ausdruck bringen. Das Amphitheater ist schließlich da am Platze, wo – wie im Volkstheater – alle Rang- und Klassenunterschiede fallen, und das demokratische Prinzip durch die Einheit der Plätze versinnbildlicht werden soll. Und in dieser Beziehung dürfte es noch vor einem großen Entwicklungsgang stehen. Überall da aber, wo es sich um ein Repertoire-Theater handelt, das den verschiedensten Kunstgattungen zu dienen hat und bei dem die schon früher bezeichnete Art der wiederzugebenden Dichtungen
17.1.1928 — Popeye erscheint erstmals 29.1.1929 — Registrierung des Warenzeichens Tempo Taschentücher
11.2.1929 — Der Vatikan wird unabhängig
30.7.1930 — Uruguay holt im eigenen Land den ersten Fußball-Weltmeisterschaftstitel
Beispiel eines Rangtheaters: Großes Haus, Stuttgart
und Kompositionen einen intimen Raum verlangen, da, wo eine Teilung der Besucher aus gesellschaftlichen oder anderen Gründen wünschenswert erscheint, oder wo eine sehr beschränkte Baustelle zur Verfügung steht und wo – wie bei einem reinen Geschäftstheater – die Baukosten auf ein Minimum herabgedrückt werden müssen, all da wir der Architekt nicht umhin können, immer wieder bei Rangtheater anzuknüpfen. Das, was wir im Amphitheater so wohltätig empfinden, das völlig freie Gesichtsfeld zur Szene, kann auch im Rangtheater geschaffen werden. Hatte der Verfasser schon früher Königlichen Theater in Bad Kissingen zum ersten Male dem Parkett eine bis dahin für ein Rangtheater ungewöhnliche Steigung gegeben, so hat er dieselbe auch später bei dem Bau des Hoftheaters in Weimar und den Rangtheatern in Hildesheim und Posen mit besten Erfolg verwendet, so dass allen Parkettbesuchern ein Überblick über die ganze Szene gewährleistet wird. Die Proszeniumslogen, die unser deutsches Amphitheater nicht kennt, und die den, das Bühnenbild fassenden Proszeniumsrahmen in seiner Ruhe stören und nur schlechte Plätze gewähren, können in einem Rangtheater durch bessere seitliche Logen ersetzt werden, und man wird mit diesen den Vorteil einer ruhigen Bühnenumrahmung gewinnen. Die schlechten Plätze der seitlichen Ränge, die früher zum eisernen Bestand eines Rangtheaters gehörten, sind recht wohl zu vermeiden, wenn die Ränge nicht bis zum Proszeniumsrahmen geführt
werden. Ein so gebautes Haus wird zwar etwas mehr überbaute Fläche in Anspruch nehmen, als ein konventionelles Rangtheater, es wird aber nur Plätze mit guten Sehfeldern haben. Wird ein Rangtheater unter solchen Gesichtspunkten errichtet, so verdient es gewiss nicht mehr von vielen mit Verachtung ausgesprochenen Namen eines „Welschen Logenhauses“ und es darf nach seiner Entstehungsart recht wohl als ein „Deutsches Haus“ angesprochen werden. Bei der Wahl einer Theaterform wird sich aber der Architekt immer darüber im Klaren sein müssen, dass nicht er seinen Volksgenossen die Sitten zu diktieren hat, sondern dass sein Werk nur den Ausdruck für die künstlerischen und gesellschaftlichen Forderungen unserer Zeit finden soll. Es ist das unzweifelhafte Verdienst Seiner Exzellenz des Herrn Generalintendanten Baron zu Putlitz, dass er von Anfang an diese Verhältnisse klar erkannte, in seinem Programm berücksichtigte und auch in der weiteren Gestaltung der Bauaufgabe nachdrücklichst zur Geltung zu bringen half.
geschichte des grossen hauses · vorbmerkungen · amphitheater oder rangtheater
24.10.1929 — Beginn der Weltwirtschaftskrise
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Grundrissplanung nach Max Littmann, 1908
1931 — Die Wirtschaftskrise erreicht in Deutschland ihren Höhepunkt mit 6 Mio. Arbeitslosen 1932 — Mahatma Gandhi wird festgenommen und tritt in den Hungerstreikt 1.5.1931 — Das Empire State Building in New York wird eröffnet
22.3.1932 — 100 Todestag Goethes 20.5.1932 — Amelia Earhart überfliegt als erste Frau im Alleinflug den Atlantik
geschichte des grossen hauses
BAUBESCHREIBUNG
das grosse haus: Der Zuschauerraum sollte völlig vom Proszenium aus entwickelt werden, und deshalb wurden zunächst alle Bedingungen für das Orchester festgesetzt, das nach der in einem Modell-Orchester veranstalteten Sitzprobe auf 136 qm für die Besetzung von großen Tondramen mit 106 Musikern und auf 116 qm für die gewöhnliche Besetzung mit 76 Musikern angelegt wurde. Die von dem Generalintendanten und dem Leiter der Stuttgarter Oper, Herrn Generalmusikdirektor Dr. Schillings und Herrn Oberregisseur Gerhäußer an dem variablen Proszenium in Weimar und in dem versenkten Orchester des Prinzregenten-Theaters, hier unter Mitwirkung von Felix Mottl, Richard Strauß und Baurat Unger, Hannover angestellten Studien führten zu der einstimmigen Anschauung, dass in unserem Falle -->1 das Orchester zu versenken -->1 und mit Die Versenkung des Orchesters wird irrtümlicherweise als eine Erfindung Richard einem wenigstens für die im Parkett SitWagners betrachtet. Schon das vom Kurzenden und die meisten Besucher des fürsten Johann Georg II. von Sachsen erbaute und 1667 eröffnete Komödienhaus in Dres1. Ranges deckenden Wagnerschirm zu den hatte ein versenktes Orchester; für die versehen, und dass auch ein – im PrinzVersenkung trat Mitte des 18. Jahrhunderts Gretry (Lüttich) ein; sie wurde 1817 von regenten-Theater erstmals installierter – Schinkel gezeichnet und auch von Gottfried horizontaler Schalldeckel einzurichten Semper in verschiedenen seiner Entwürfe dargestellt. sein, der vor- und rückwärts verschiebbar, die Aufgabe hat, in gewissen Fällen die Tonmassen des Orchesters zu „decken“. Dagegen sollte nach den mancherlei gemachten Erfahrungen das Orchester etwas mehr geöffnet, d.h. nicht zu tief unter die Bühne geschoben und von der Einrichtung des Wagnerischen doppelten Proszeniums (dem zwischen Bühnenumfassung und einem nach dem Zuschauerraum vorgebauten Proszeniumsrahmen gelegenen Hohlraum) abgesehen werden. Eine unter der Rampe stehende, versenkbare Wand ermöglicht eine Verkleinerung des Orchesters in Fällen, wo nur mit 76 Musikern besetzt ist. Waren damit die Bedingungen für die Ausgestaltung des Orchesters festgelegt, so fehlte noch die Ausbildung des Proszeniums bei einer Verwendung des Hauses für das gesprochene Wort, denn unmöglich konnte ein leeres Orchester ein würdiger Rahmen für das Schauspiel sein; es musste als völlig unmotiviert störend wirken und trug als Schallfänger noch große akustische Gefahren in sich. Um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, ordnete der Verfasser unter den vorderen Parkettreihen große horizontale verschiebbare Tafeln an, die – her-
ausgezogen – das Orchester überdecken und gleichzeitig Platz zur Aufstellung von weiteren Sitzgelegenheiten gewähren, so dass nichts mehr an ein Opernhaus erinnert. Nach dem Vorgänge des Münchner Künstlertheaters, dass im Sommer 1908 durch Aufstellung der „Türme“ eine Reihe neuer Möglichkeiten geschaffen, wurde auf der Bühne ein innerer Proszeniumsrahmen aufgestellt, der für das größte Bühnenbild eine Breite von 12 m und eine Höhe von 8,50 m, für da kleinste eine Breite von 8 m und eine Höhe von 5 m bietet. Von dem Proszenium aus steigt nun das Parkett im Verhältnis 1:6,4 (=15,6%) an; es ist völlig als Amphitheater durchgebildet, hat nur seitliche Ausgänge und lediglich rückwärts eine kleine Loge für Regisseure. Der 1. Rang zeigt in der Mitte die große Königliche Galaloge, an die sich hinter zwei Sperrsitzreihen links und rechts je 7 Logen anreihen. Als Ersatz für Proszeniumslogen liegen vor dem Proszenium rechts die Logen für die Majestäten, diesen gegenüber Logen für die Königlichen Prinzen und den Intendanten. Der 2. Rang hat nur Sperrsitzreihen; von ihnen sind vorne zwei offene Logen für die Mitglieder der Königlichen Theater abgetrennt. Der 3. Rang erscheint lediglich als eine amphitheatralische Fortsetzung des 2. Ranges und ist rechts und links flankiert von zwei geschlossenen Logen für die Mitglieder von Chor und Ballett auf der einen und für die Offizinalen und Diener des Hofes auf der anderen Seite. Im ganze fasst das Haus 1452 Sitzplätze, die sich in folgender Weise verteilen: parkett: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 729 sitze 1. rang: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 126 sitze hoflogen: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 56 sitze 2. rang (inkl. künstlerlogen): · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 230 sitze 3. rang · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 311 sitze zusammen: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 1452 sitzplätze Die Zugänge für die zu Fuß Kommenden liegen im Portikus an der Seeseite, währet der Wagenverkehr zur Vermeidung von Kreuzungen an die südliche Seite – Schloßgartenseite – gelegt ist; die Anfahrt der Majestäten erfolgt unter dem Portikus des südlichen Querflügels, die Anfahrt der Königlichen Prinzen in dem zwischen Verwaltungsgebäude und Großen Hause gelegten Hof. Die vier an die Außenfront gelegten Treppen für zweiten und dritten Rang sind direkt
geschichte des grossen hauses · baubeschreibung · grundrissplanung
GRUNDRISSANL AGE
30.1.1933 — Adolf Hitler wird Reichskanzler
20.1.1934 — Fuji Photo Film wird gegründet 9.6.1934 — Donald Duck tritt das erste Mal im Fernsehen auf
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27.2.1933 — Das Reichstagsgebäude in Berlin brennt 1.1.1934 — Alcatraz wird zum Bundesgefängnis umfunktioniert 10.6.1934 — Italien gewinnt im eigenen Land die Fußball-Weltmeisterschaft
vom Kassaflur aus zugänglich und haben Ausgänge, die direkt ins Freie führen, die rechten Treppen vom 1. und 2. Rang direkt zur Anresp. Abfahrt. Der Parkettumgang liegt horizontal, damit auch er als Wandelgang benutzt werden kann; von ihm führen an den oberen und unteren Eingängen Differenzstufen zu dem Parkett und zwei größere Treppen zum 1. Rang. Auf der rechten Seite desselben nach dem Proszenium zu, sind dann die von einer besonderen Königstreppe aus zugänglichen Salons der Majestäten angeordnet, mit einem Foyer als Vorraum der hauptsächlich benützten Königlichen Seitenlogen; auf der linken Seite die Salons der Königlichen Prinzen und des Intendanten mit einer eigenen nach dem Hof zuführenden Treppe. Von einer, ohne dies nicht allzu häufig benutzen, direkten Verbindung zwischen den Königlichen Seitenlogen und der großen Galaloge wurde – wie in vielen anderen Hoftheatern – abgesehen, da bei Galavorstellungen die Besucher des 1. Ranges ohnedies nur aus geladenen Gästen rekrutiert werden. Der 2. Rang, von dessen Umgängen aus man einen Blick nach dem Foyersaal gewinnt, hat auf der rechten Seite ein kleines Foyer für die Mitglieder der Königlichen Theater, während auf der linken Seite ein Erfrischungsraum für die Besucher des 2. Ranges Platz gefunden hat. Der 3. Rang hat auf beiden Seiten Platz für Büfetts und bietet seinen Besuchern noch für die warmen Sommerabende den Austritt auf eine über dem Portikus angelegte Terrasse mit dem Blick auf die unvergleichlich schönen Anlagen. Bei den Garderoben treffen auf jeden Meter Tischlänge im Parkett 16, im 1. Rang 7, im 2. Rang 14 und im 3. Rang 16 Personen. Die Garderobennummern sind identisch mit den Sitznummern. Das Bühnenhaus zeigt zwei die Bühne stützende Querbauten, in deren nördlichem die Seitenbühne mit darüber gelegenem Requisitenmagazin von 3475 cbm und drei Magazine mit 3492 cbm für gerolltes Material untergebracht sind, welch letztere wegen des kurzen Wegen zur Bühne ganz besonders den Betrieb erleichtern und zur Schonung der Prospekte beitragen werden. Die Bühne selbst hat bei 28 m Breite und 21,50 m Tiefe eine Höhe von 31,40 m von Kellersohle bis Rollboden, die Hinterbühne eine Breite von 20 m bei 10 m. Um die Hinterbühne gruppieren sich die Künstlergarderoben, bei denen Herren- und Damenabteilung je zwei Treppen erhalten haben, so dass eine Treppe für die von und nach der Straße, die andere für von und nach der Bühne gehenden zu benützen ist. Eine fünfte Stiege vermittelt den Verkehr zu den Magazinen über der Seitenbühne. Für das Personal ist in weitgehendster Weise gesorgt; neben einem 103 qm großen Chorkonversationszimmer ist noch ein Foyer für die Musiker in unmittelbarer Nähe des Orchesters mit 149 qm eingerichtet. Als Proberäume wurden vorgesehen ein Chorprobesaal mit 266 qm, eine Probebühne, ein Ballettsaal, ein Ensembleprobezimmer und drei Kapellmeisterzimmer.
das kleine haus: Für die Anlage des Kleinen Hauses, die Anfahrten und Zugänge, für die Durchbildung des Zuschauerraumes, die Anlage der Ränge, die Logen, die Königstreppe waren dieselben Gesichtspunkte maßgebend, wie beim Großen Haus, doch durfte es keinesfalls eine verkleinerte Kopie des Großen Hauses sein, da es seinen eigenen Bedingungen zu erfüllen hat. Der Zuschauerraum: Das Orchester ist als offenes Orchester mit einer Größe von 53 qm für eine Maximalbesetzung von 46 Musikern durchgebildet. Auch hier wird bei Verwendung der Bühne das Schauspiel die Orchesterbrüstung herabgelassen und das Orchester, wie im Großen Haus, überdeckt, um neben einer Verbesserung der äußeren Erscheinung auch noch Platz zur Aufstellung von Orchestersesseln zu gewinnen, und auch hier wurde ein innerer Proszeniumsrahmen aufgestellt, der ein größtes Bühnenbild von 8 m Breite und 6 m Höhe und ein kleinstes Bühnenbild von 6 m Breite und 5 m Höhe fasst. Die veränderte Ausbildung des Orchesters bedingt eine andere Neigung des Parketts. Dieses steigt hier nur im Verhältnis 1:10 (=10%), ist aber sonst wie im Großen Haus durchgebildet bis auf zwei vordere seitliche Logen, die – als Prinzenloge und für den Generalintendanten bestimmt – hier untergebracht wurden. Da die Abonnenten des Hoftheaters in diesem Kleinen Hause ebenso wie im Großen gesetzt werden müssen, war es wichtig, auch im 1. Rang rechts und links von der Galaloge je sieben Logen unterzubringen und auch hier für eine gewisse, wenngleich nicht so große Zahl von Sperrsitzreihen zu sorgen, deren der 2. Rang nur zwei hat. Von den 837 Sitzplätzen des Hauses entfallen auf: parkett: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 441 sitze hoflogen: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 10 sitze 1. rang: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 108 sitze hoflogen: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 26 sitze 2. rang: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 252 sitze zusammen: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 837 sitzplätze Auch hier sind die Zugangswege für Fußgänger und Wagen getrennt. Diese fahren an dem nördlichen Risalit vor, während die zu Fuß Kommenden die Eingänge des Portikus und des südlichen Risalits benutzen. Die Anfahrt der Majestäten erfolgt durch die Anlagen auf der Südseite, diejenige der Königlichen Prinzen auf der Nordseite. Kassaflur, Treppen und Umgänge sind – wenn auch in ihren Abmessungen viel bescheidener – nach denselben Gesichtspunkten disponiert, wie im Großen Haus. Dem Foyer, das nur als Wandelgang zu dienen hat, sind zwei Erfrischungsräume vorgelegt, und an gleicher Stelle auch im 2. Rang vorgesehen. Ein Salon der Königlichen Seitenlogo mit eigener Zugangstreppe befindet sich auf der
24.1.1935 — Die erste Getränkedose kommt auf den Markt
10.6.1935 — Gründung der Anonymen Alkoholiker
22.2.1935 — Die Comedian Harmonists werden verboten 28.4.1937 — Nach vier Jahren Bauzeit wird die Golden Gate Bridge fertiggestellt
rechten Seite, die Logen für die Königlichen Prinzen mit Treppe auf der linken Seite im 1. Rang. Die Garderoben für das Publikum sind im Prinzip wie im Großen Haus angeordnet. Hier entfallen auf jeden Meter Tischlänge im Parkett 15, im 1. Rang 10 und im 2. Rang 20 Personen. Das Bühnenhaus hat, wie im Großen Hause, so auch hier, zwei Querflügel erhalten, in deren nördlichem die Seitenbühne mit dem 1932 cbm fasenden dreiteiligen Prospektmagazin untergebracht ist. Unter und über der Seitenbühne, und in den oberen Geschossen des südlichen Querflügels, sind die Requisitenmagazine mit einem Fassungsvermögen von 1905 cbm untergebracht. Die Bühne hat eine Breite von 20,60 m bei einer Tiefe von 16 m und einer Höhe von 27,39 m von Kellersohle bis Rollenboden Oberkante; die Hinterbühne 12,50 m Breite bei 7 m Tiefe. Rechts und links von der Bühne laufen Flügelbauten mit den Künstlergarderoben nach rückwärts; ihr Zugang befindet sich in dem zwischen Verwaltungsgebäude und Kleinem Haus gelegenen Portikus. An die Hinterbühne schließt sich – lediglich durch einen Korridor getrennt – ein Abstellraum von 188 qm an, der die Verbindung mit dem rückwärts gelagerten Magazingebäude herstellt; unter diesem ist die Kaschierwerkstatt untergebracht.
das verwaltungs- und magazingebäude: Das Verwaltungs- und Magazingebäude ist so zwischen das Große und das Kleine Haus gestellt, dass die mannigfaltigsten Verbindungen zwischen den drei Gebäuden erzielt werden können. Das Verwaltungsgebäude enthält im Hochparterre die Zimmer des Intendanten, des Regiesitzungszimmer, die Verwaltungs-Büros und die Opern- und Schauspiel-Bibliothek. Zwei Treppen führen zum 1. Obergeschoss, von wo aus man durch die über den beiden Portiken gelegenen Übergänge sowohl zum Zuschauerraum des Großen, als auch zum Zuschauerraum des Kleinen Hauses gelangen kann, während im Erdgeschoß und im 2. Obergeschoss (von den Garderobenmagazinen aus) ein gedeckter Gang zum Bühnenhaus des Großen Hauses führt. Im 1., 2. und 3. Obergeschoss befinden sich die Magazine für die Garderoben mit 1585 qm, für Waffen und Lederzeug mit 113 qm und Herren- und Damennähstuben mit zusammen 195 qm. Im Souterrain des Verwaltungsgebäudes findet ein Restaurant mit Nebenräumen Platz, das durch einen unter dem Portikus gelegenen Tunnel mit dem Großen Hause verbunden ist und auch einen Zugang hat von dem an das Kleine Haus sich anschließenden Portikus. Das Restaurant ist nicht als Tages-Restaurant für das Publikum gedacht; es dient vielmehr tagsüber als Erfrischungsraum den Künstlern und (in einer besonderen Kantine) dem zahlreichen technischen Personal. Es öffnet sich eine Stunde vor Beginn der Vorstellungen dem Publikum, das auch durch den südlichen Portikus von der Staße aus
eintreten kann, dient aber vornehmlich den Theaterbesuchern als Erfrischungsraum in den Pausen, womit wenigstens aus dem Foyersaal des Großen Hauses der einer Kunst-Stätte recht unwürdige Wirtschaftsbetrieb entfernt, dafür aber an eigener Stelle auch – besonders für langdauernde Vorstellungen – erweitert werden konnte. Das Magazingebäude – parallel zum Verwaltungsgebäude gestellt – liegen mit dem Boden ihren Hauptgeschosses auf gleicher Höhe wie die Bühnen beider Häuser, um den Transport möglichst zu erleichtern. Dieser erfolgt nach dem Großen Hauses durchlaufenden Schwebebahn bis zur Bühnenumfassungsmauer und führt als auch direkt zur Seitenbühne. Das Magazin des Großen Hauses ist eingeteilt für hohe (8,5 m), mittlere und kleine Setzstücke und fasst 9985 cbm, das des Kleinen Hauses 7890 cbm. Über dem Magazinen liegen die zur Auflage von 3 Prospekten bestimmten Malersäle(großer=545 cbm, kleiner=286 cbm) mit Nebenräumen (Farbküchen und Kammer, Nähstuben, Atelier für den Vorstand, Wasch- und Garderobenräumen), unter den Magazinen die Schreinerei mit anschließender Schlosserei, alle drei durch Prospektaufzüge miteinander verbunden, sodass ein rationeller Betrieb gewährleistet ist. Das Magazin des Großen Hauses und das Verwaltungsgebäude umschließen einen Hof, dessen Unterkellerung des Kesselhaus für die gesamte Anlage und einen Kohlenkeller aufnimmt.
» FREMD, WURDE ICH DOCH VOM ERSTEN TAG AN ALS FREUNDIN IN STUTTGART EMPFANGEN, SO KÖNNTE ALLES, WAS ICH SAGE, NUR ALS HÖFLICHKEIT AUFGEFASST WERDEN. INDESSEN IST DIE WÜRDE, DIE HERR VON PUTLITZ DER ARBEIT DES THEATERS ZU VERLEIHEN VERSTANDEN HAT, SO GROSS, DASS ICH IN STUTTGART BESONDERS DEN REIZ DER BÜHNE GENIESSE, MEHR ALS IN VIELEN ANDEREN STÄDTEN. WENN SICH DIE TECHNISCHE SEITE EINES THEATERS ZU SOLCHEM GRADE VERVOLLKOMMNET HAT, KANN DIE SCHAUSPIELERIN AUGENBLICKE GÖTTLICHER TRUNKENHEIT GENIESSEN UND DAS IST SO SELTEN, DASS ES DIE DANKBARKEIT SAGEN UND BEZEUGEN MUSS. IN DER BESTEN ERINNERUNG. « (SUZANNE DESPRES, PARIS)
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1.4.1938 — In der Schweiz wird erstmals Instantkaffee verkauft 1.8.1939 — Beginn des zweiten Weltkriegs 1.1.1942 — Gründungserklärung der Vereinten Nationen 28.4.1938 — Italien wird wieder Fußball-Weltmeister 7.12.1941 — Angriff auf Pearl Harbor
geschichte des grossen hauses
BAUBESCHREIBUNG
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DER AUFBAU UND DER KÜNSTLERISCHE SCHMUCK DES ÄUSSEREN Einem von Allerhöchster Stelle ausgesprochenen Wunsch zufolge sollte das Äußere der Bauten sich in schlichtesten Formen bewegen und der Architekt ging umso lieber darauf ein, als die Schönheit der umgebenen Anlagen schon dem Ganzen einen durch Menschenhand nicht zu überbietenden Schmuck verleihen musste. In der Gestaltung der Massen legte der Verfasser einen besonderen Wer darauf, dass das Kleine Haus nicht als eine Verkleinerung des Großen erscheine. Während im Großen Hause die amphitheatralische Gestaltung des Parketts mit seinem geschwungenen Sitzreihen auch nach außen in dem gerundeten Portikus einen Ausdruck fand, wurde die sehr viel schmälere Front des Kleinen Hauses gradlinig durchgeführt, und während hier das Bühnenhaus mit einem tunlichst niedrige gehaltenen Zeltdach abgedeckt wurde, erhielt die große Bühne ein Satteldach. Wurde so auf eine möglichste Differenzierung der beiden Häuser hingearbeitet, so konnte die Aufgabe des Verwaltungsgebäudes nur sein, zwi-
schen beiden Häusern als drittes in größter Ruhe vermittelnd aufzutreten; während tatsächlich alle drei Gebäude in Bezug auf Feuersicherheit getrennt sich – die Verbindungen erfolgen nur durch feuersichere und feuersicher abgeschlossene Übergänge – wurde für seine äußere Erscheinung das Verwaltungsgebäude mit den beiden Häusern durch eingefügte Portiken zusammengezogen. Auf niederem Granitsockel erheben sich in einfachen Formen die Fronten in Maulbronner Sandstein; der plastische Schmuck derselben beschränkt sich auf wenige Masken und nur das Zuschauerhaus des Großen Hauses erhielt nach der Seeseite zu einen reicheren Schmuck durch Figuren. Sie wurden nach Bewegungsskizzen von Professor Ludwig Habich entworfen und stellen neben der „Technik“ diejenigen Künste dar, die bei der Schaffung szenischer Vorgänge in Tätigkeit treten; es sind von links nach rechts: „Plastik“, „Architektur“, „Technik“, „Dramatik“, „Mimik“, „Gesang“, „Lyrik“, „Musik“, „Schauspielkunst“ und „Malerei“.
16.1.1944 — Adolf Hitler zieht sich dauerhaft in den Führerbunker zurück
22.4.1944 — Einzug französischer Truppen in Stuttgart
Plastik
Architektur
Technik
Dramatik
Mimik
Gesang
Lyrik
Musik
Schauspiel
Malerei
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geschichte des grossen hauses · baubeschreibung · der aufbau und der künstlerische schmuck des äusseren
9.3.1944 — Die USA werfen Bomben auf Tokio ab – es sterben über 100000 Menschen 26.6.1945 — Gründung der Vereinten Nationen in San Francisco
6.8.1945 — Atombombenabwurf auf Hiroshima 9.8.1945 — Atombombenabwurf auf Nagasaki
1.1.1946 — Der Flughafen Heathrow in London wird eröffnet 4.1.1947 — Die erste Ausgabe des Magazins Der Spiegel erschein
10.12.1948 — Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
geschichte des grossen hauses
BAUBESCHREIBUNG
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DER INNERE AUFBAU UND DER KÜNSTLERISCHE SCHMUCK DER INNENRÄUME Den unermüdlichen Bemühungen Seiner Exzellenz des Herrn Generalintendanten Baron zu Putlitz, dessen sehnlichster Wunsch es war, in dem Schmuck der neuen Hoftheater ein Abbild der Kunst unserer Tage zu sehen, danken wir es, dass eine ganze Reihe an Stiftern gewonnen wurde, deren Munifizenz dem Architekten größerer Mittel für die innere Ausschmückung zur Verfügung stellte. Das Große Haus: Es dient der großen Oper, dem großen Drama! Beide erfordern eine monumentale Linie; der Raum muss groß und weit erscheine. Aber immer von dem Gedanken ausgehend, dass die Aufmerksamkeit des Theaterbesuchers auf die Bühne gelenkt werden soll, wurde auch der Zuschauerraum mit einer gewissen Zurückhaltung geschmückt. Grau, Gelb und Silber ist der Dreiklang, in dem die farbige Stimmung des Raumes gehalten ist. Auf grauer, bis unter den 1. Rang gehenden Ahornvertäfelung – als akustischen und praktischen Gründen gewählt – sitzen die durch lichtgraue Pilaster geteilten, mit einem Damast in Altgold gespannten Wandflächen. Über einen Fries mit bemalten Kartuschen spannt sich die tief kassettierte Decke, die eine Flachkuppel trägt, auf welcher Julius Mössel die Sternbilder darstellt; teppichartige, ruhig wirkende Bilder, die lediglich die Aufgabe haben, den Raum in leichter, nicht drückender Weise harmonisch nach oben zu schließen. Ein an der Außenwand umlaufender Kranz von Lüstern gibt dem Raume jede gewünschte Beleuchtungsstimmung; seidene Wandbespannungen und Portieren in den Logen werden den bevorzugten Plätzen jene Behaglichkeit verleihen, die für viele unzertrennlich ist von dem vollen und ungeteilten Genuss eines Kunstwerkes. Das mit gelbem Wollkord überzogene Gestühl in dunklem, fast schwarzem Holz erhöht die farbige Wirkung des Raumes, der nach der Bühne zu von einem stark kassettierten Proszeniumsrahmen durch eine violette Zuggardine in Seidenplüsch mit Applikationsstickerei abgeschlossen wird. Bedeutend anders konnte der künstlerische Schmuck außerhalb des Zuschauerraums aufgetreten; er erfährt seine höchste Steigerung in dem in Höhe des 1. Ranges gelegenen Foyer, das in seiner Grundform der geschwungenen Rückwand des Zuschauerraumes folgt und durch zwei Genosse reicht. Sieben mächtige Fenster gewähren Ausblick nach dem See; sechs Paar gekuppelte Säulen in einem warm getonten Stuckmarmor auf der konkaven Seite und eine mit lichtgelbem Stuckolustro bekleidete Wand an dere konvexen Seite tragen einen
fein gegliederten weißen Plafond, unter dem sich ein Fries mit dynonysischen Darstellungen von den Meisterschülern Professor Habich’s rings um den Raum zieht. Wände und Säulen ruhen auf einem Sockeln von grünem Marmor („Wert des Alpes“). Die konvexe Wand ist von sechs mit Goldmosaik bekleideten Nischen durchbrochen, darin den Heroen der Literatur: Shakespeare, Goethe, Schiller, und der Musik: Mozart, Beethoven und Wagner in Form von Härmen in weißem Lasser Marmor von Emil Apple ein Denkmal gesetzt wurde. Der Boden ist mit einem blauen Smyrnateppich deckt, der von einem Fries in gelben Marmor („Seine unito“) umrahmt wird. Eine etwas reichere Ausschmückung haben dann noch die für die Majestäten bestimmten Räume auf der rechten Seite des Hauses erhalten: das vor den Königlichen Seitenlogen gelegene Foyer mit einer blaugrünen Wandbespannung und weißen Freistellungen mit Supraporten in Flachsreliefs von Daniel Stocket und acht ovalen Blumenstücken von Professor Paul Lang; das Speisezimmer mit Bildern von Professor Haug und Strich.Cahpell und einer von Plastik von Pötzelberger, sowie das in weiß lackiertem Pappelholz vertäfelten Speisezimmer mit Mobiliar in Mahagoni und einem Bild von Lebrecht. Die Umgänge sind naturgemäß einfach gehalten. Im Parkett und 1. Rang zeigen ihre auf blauem Smyrnateppich stehenden hellen Stuckolustrowänden Felderteilungen die in 1. Rang mit kleinen Groteskmalereien von Sachse & Rothmann geschmückt sind.
das kleine haus Die Differenzierung der beiden Häuser musste auch in der künstlerischen Ausstattung zum Ausdruck kommen. Hier muss wiederum das Intime betont werden. Der Zuschauerraum darf kleiner erscheinen als wirklich ist. Der ganze Raum ist in dunklem Kirschbaumholz vertäfelt; auf dessen mattem warmen Rotbraun beruht die koloristische Wirkung, die durch eine grüne Brokatbespannung der über dem 2. Rang umlaufenden Felder; durch die Seidenbespannung der Logen, die Portieren der Hoflogen, den grünseidenen Vorhang mit farbiger Applikationsstickerei und den grauen Bezug des Gestühls noch besondern hervorhoben wird. Ein schwach abgetönter, mit Schmuckleisten geteilter Plafond, der nur durch eine mächtige Lichtkrone eine Unterbrechung erfahren hat, schließt den Raum. Eine starke Verwen-
4.4.1949 — Gründung der NATO 24.5.1949 — Das deutsche Grundgesetzt tritt in Kraft 7.9.1949 — Die Deutsche Bundesbahn wird gegründet 12.9.1949 — Theodor Heuss wird erster Bundespräsident
dung von Holz klingt in den Umgängen des 1. Ranges des Parkettes wieder und wiederholt sich in dem Foyersaal, dessen Farbakkord in den warmen Tönen einer bis zum Plafond reichenden Wandvertäfelung in kanadischer Birke und in einem satten Grün des Bodenteppichs die Grundnoten für einen nute dem Planfond sich hineinziehenden Fries von Professor Adolf Münzer gibt,der in fünf Bildern „Gesang“, „Drama“, „Tanz“, „Komödie“ und „Musik“ behandelt. Jugendliche Gestalten darstellende Bronzen von Professor Habich zu beiden Seiten der zum Salon der Galalogo führenden Türen vollenden des Schmuck des Saales, dem zwei niedere ebenfalls in kanadischer Birke vertäfelte Erfrischungsräume vorgelagert sind, die durch Wand-
6.1950 — VfB Stuttgart wird deutscher Fußballmeister 22.8.1950 — Gründung des THW
bilder von Professor Hölzer und dem Kunstmalern Starker, Pellegrini und Leo Bauer zu erhöhter Wirkung kommen. Außerdem haben aber auch alle hier nicht besonders genannten Salons der Majestäten und der Königlichen Prinzen, der großen Galaloge und der Logo des Intendanten künstlerischen Schmuck durch eigens für die Räume hergestellte Plastiken von Professor H. Fritz, von Hugo und E. Kiemlen und durch Bilder von den Kunstmalern Th. Bohnenberger, Professor C. Grethe, Professor Chr. Landenberger, Professor Karl Schickhardt, Professor Reinhold Schmidt und Professor Schmoll von Eisenwerth erhalten.
geschichte des grossen hauses · baubeschreibung · der aufbau und der künstlerische schmuck der innenräume
14.5.1950 — Uraufführung von Don Juan und Faus an der Staatsoper Stuttgart
29.6.1951 — Eröffnung der ersten Richard-Wager-Festspiele nach dem Krieg 31.8.1951 — Die erste Langspielplatte wird von der Deutschen Gramophon vorgestellt. 6.2.1952 — Elisabeth II. wird Königin von Großbritanien
25.4.1952 — Baden-Württemberg wurd gegründet
24.6.1952 — Erstes erscheinen der Bild-Zeitung
geschichte des grossen hauses
BAUBESCHREIBUNG
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TECHNISCHE AUSFÜHRUNG gründung: grosses haus und verwaltungsgebäude: Die Lage der Baustelle im Talkessel an den Hängen des alten Nesenbachbettes ließ von Anbeginn einen Untergrund voraussehen, der sich im Laufe der Jahrhunderte durch Anschwemmungen des Baches und Abspülungen der begrenzenden Berghänge aus lehmartigem und schlammigem Material, durchsetzt mit Keupermergel und Auffülllungsmassen, gebildet gatte und nun in hier Schicht den gewachsenen Boden bedeckt. Um Aufschluss über die Stärke, Beschaffenheit und Tragfähigkeit dieser Schichten zu erhalten wurde im Dezember 1908, sowie im Juli und Dezember 1909 durch die Generalunternehmung eingehende Bohrungen und Rahmungen von Holzpfählen, außerdem durch die Materialprüfungsanstalt der Technischen Hochschule in Stuttgart auch Belastungen des Baugrundes an verschiedenen Stellen und in unterschiedlichen Tiefen vorgenommen, deren Resultate die Notwendigkeit einer Pfahlgründung ergaben. Mit der Ausführung der Gründungsarbeiten wurde die AktienGesellschaft für Beton- und Monierbau, Stuttgart, betraut. die zunächst selbst noch durch eine Reihe von Probegruben, Bohrlöchern und im November 1909 begonnene Proberammungen in der mittlerweile ausgehobenen Baugrube versuchte, die Bodenbeschaffenheit des Geländes zu erforschen, und auf Grund dieser Versuche die Tiefe des unbedingt tragfähige und zuverlässigen Baugrundes nachzuweisen. Dabei zeigte sich jedoch, dass abgesehen von dem Geländeteil längs der Neckarstra0e, wo offensichtlich die gewachsene Keuperformation zutage trat, die Untergrundverhältnisse derart unzuverlässig und unberechenbar waren, dass in den meisten Teilen der höher gelegenen Baugruben selbst mit den größtmöglichen Betonpfählen tragfähiger Baugrund nicht erreicht werden konnte. Veranlasst durch diese überraschenden Tatsachen wurde zur weiteren Klarlegung der Untergrundverhältnisse im Bühnenkeller, der tiefstgelegenen Stelle des Großen Hauses, ein neues Bohrloch niedergetrieben. Durch diese Bohrung wurde festgestellt, dass unter der als „guter Baugrund“ angesprochenen Mergelschicht, die oberhalb derselben vorgefundenen Ablagerungen sich in unregelmäßigen Schichtstärken wiederholen, bei 24 m unter Terrain von einer circa 50 cm
starken Süßwasserkalkbank durchzogen werden, um endlich bei 27 m unter Terrain auf gewachsene Formation aufzulagern. Es musste daher andere Mittel und Wege ausfindig gemacht werden, um für die Gebäude einen einwandfreien und sicheren Stand zu schaffen. Ein Vergleich der Probe-Belastungen von sieben Pfählen an den verschiedensten Punkten des Geländes ergab, dass der Reibungswiderstand der Außenflächen der Pfähle mit dem umgebenden Erdreich bei dreifacher Sicherheit durchschnittlich 1,4 kg/qm betrug. Dann wurde an sieben verschiedenen Punkten die Tragfähigkeit des Baugrundes untersucht und nachgewiesen, dass derselbe bei dreifacher Sicherheit mit 0,75 kg/cbm ohne weiteres belastet werden kann. Diese beiden Ergebnisse der Belastungs-Möglichkeit von reinen Bodenplatten einerseits und der Pfähle für sich allein andererseits, wurden durch Belastungsproben von Bodenplatten mit Pfahlunterstützung noch weiterhin bestätigt. Hieraus ergab sich, dass durch eine gleichzeitige Beanspruchung von Platte und Pfahl Druckübertragung eine dreifache Sicherheit erreicht werden kann, und dass eine gleichmäßige Verteilung der Lasten auf die beiden Konstruktionselemente „Platte und Pfahl“ nach Maßgabe dieser dritten Art von Belastungsprobe zulässig erscheint. Unter Zugrundelegung dieser Erkenntnis wurde die Gründung neu projektiert und zwar derart, dass an den Stellen, an welchen der Baugrund Pfahlgründung notwendig machte, eine sogenannte „schwimmende Pilotage“ mit breiten Banketten angeordnet wurde, d.h. die von den Pfählen zu übernehmende Last wurde nicht mehr – wie vorher – nach der Brix’schen Rammformel, sondern nach dem durch die Versuche ermittelten Reibungswiderstand errechnet, während für die Bemessung der Bankettbreiten eine zulässige Höchstbeanspruchung des Baugrundes von 1,5 kg/qm zu Grunde gelegt wurde. Nur für das Bühnenhaus entschloss man sich, mit Rücksicht auf die hohen Lasten und später einzubauenden, zum Teil recht empfindlichen Maschinen, deren einwandfreies Funktionieren schon durch die geringsten Setzungen in Frage gestellt werden kann, mit 14–16 m langen Pfählen bis auf den Baugrund, das heißt bis auf die 50 cm starke Süßwasserkalkbank hinabzugehen.
4.7.1954 — Die deutsche Fußballnationalmannschaft holt in der Schweiz ihren ersten Weltmeistertitel 29.7.1954 — Der Herr der Ringe wird in England veröffentlicht
4.12.1954 — Das erste Burger-King-Lokal eröffnet
6.5.1955 — Die BRD tritt der NATO bei
Die Fundierung der beiden Bauwerke wurde demnach wie folgt durchgeführt: 1. grosses haus: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · a. reine pfahlfundierung: im bühnenhaus · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · b. schwimmende pilotage: suschauerhaus und die das bühnen- · · · haus seitlich begrenzenden bauteile · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · c. fundierung mit eisenbetonplatten, höchste bodenpressung · · · 0,5 kg/qcm: die grosse freitreppe nach dem schlossgarten zu,· · · sowie die niederen anbauten gegen die schlossgartenstrasse · · d. gewöhnliche bankettfundierung mit eiseneinlagen bei 1,5-2,5 kg bodenpressung: der gegen die neckarstrasse zu gelegene bauteil. 2. verwaltungsgebäude: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · a. reine pfahlfundierung: das kesselhaus · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · b. schwimmende pilotage: der ganze übrige bau · · · · · · · · · · · · · · · · · · Infolge der ganzen Umgestaltung der Fundierung mussten die Arbeiten im Dezember 1909 eingestellt werden und konnten erst, nachdem durch die umfangreichen Versuche die Sachlage geklärt war, Ende Februar 1910 wieder aufgenommen werden. Mit großer Energie wurde dann, um die verlorene Zeit wieder einzubringen, die Arbeit mit vier Dampframmen betrieben, und in ungefähr drei Monaten zu Ende geführt. Insgesamt waren ca. 12 580 laufende Meter Eisenbetonpfähle notwendig.
kleines haus: Bei der erst im Frühjahr 1910 begonnenen Gründung des Kleinen Hauses, die ca. 4880 laufende Meter Pfähle beanspruchte, wurde statt der schwimmenden Pilotage eine reine Pfahlgründung, die sich auf Vorbau, Zuschauerraum und Bühnenhaus beschränkte, durchgeführt, da Proberammungen mit 14–16 m langen Pfählen einwandfreie Resultate ergeben hatten. Auch hier konnten, wie beim Großen Hause, die der Neckarstraße zunächst liegenden Bauteile des Banketts mit 1,5 kg Bodenpressung beggründet werden. Einige Schwierigkeiten machte die Überbauung des Nesenbachs, der das Gebäude beim Orchesterraum in der Querrichtung durchzieht. Auf gruppenweise angeordneten Pfählen ruhen starke Eisenbetongurten, welche die Hauptlasten des aufsteigenden Mauerwerks übernehmen, so dass das alte Nesenbachgewölbe in einer keiner Weise durch den Bau belastet wird. Auch das zwischen diesen Bögen liegende alte Gewölbe wurde mit einem Eisenbetongewölbe überspannt, um den Nesenbach einzuhüllen und hiermit jedes Eindringen übelriechender und ungesunder Dünste in das Haus zu verhindern. Begonnen wurde mit den Rammarbeiten des Kleinen Hauses anfangs Oktober 1910, beendet waren sie Mitte November des gleichen Jahres, während die übrigen zur Fundierung gehörigen Arbeiten, durch den Winter unterbrochen, im Frühjahr 1911 ihre Fertigstellung fanden.
5.2.1956 — Eröffnung des Stuttgarter Fernsehturm
abdichtung gegen grundwasser: Der höchste Grundwasserspiegel liegt im Mittel auf Kote – 5 m · · · · · · · · · · · (0=Bühnenboden). · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · Unterhalb dieser Kote liegen folgende Bauteile: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 1. im Großen Haus: die Unterbühne auf Kote – 6,20 m · · · · · · · · · · · · · · · · (Oberkante Fußboden) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 2. im Verwaltungsgebäude: das Kesselhaus auf Kote – 8 m · · · · · · · · · · · · (Oberkante Fußboden) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 3. im Kleinen Haus: die Unterbühne auf Kote – 6 m · · · · · · · · · · · · · · · · · · · (Oberkante Fußboden) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · Für diese Räume war eine absolut zuverlässige Dichtung zu schaffen. · · · · · Die Absenkung des Grundwassers bot bei dem teilweise undurchlässigen Untergrund keine weitere Schwierigkeiten; sie konnte in jedem Bauteil durch eine 1½ ˝ elektrisch betriebene Zentrifugalpumpe bewältigt werden. Die Dichtung wurde in der Weise erreicht, dass auf der Bausohle eine mit Beton waagrecht abgeglichene Steinpackung ausgeführt wurde. Auf diesen Platten wurden ringsum 25 cm starke Abschlusswände in Zementmauerwerk bis zu absolut grundwasserfreier Höhe aufgeführt. Die so geschaffenen Räume wurden dann innen an Boden und Wänden mit zwei- und dreifachen Lagen von Bitumitektpatten, die wieder untereinander mit Bitumen verklebt sich, bis zu Kote – 4,10 m ausgekleidet. Auf diese Auskleidungen wurden dann die weiteren Betonund Eisenbetonkonstruktionen der Böden und Wände gebracht. Durch die Bitumitektplatten wurde die Wasserdichtigkeit erreicht, während die Betonkonstruktionen mit Eiseneinlagen die Gewalt des Wasserauftriebes – teils durch ihre Biegungsfestigkeit, teils durch das Eigengewicht zurückgedrängt hatten.
aufbau: Über den Banketten erhebt sich das Fundamentmauerwerk der Umfassungen durchweg in Beton; während die inneren Kellermauern aus Ziegelmauerwerk in Zementmörtel bestehen ist der Sockel des Gebäudes, alle äußeren Stufen, insbesondere die Freitreppe des Großen Hauses nach der Seeseite zu, aus Schwarzwälder Granit, diejenige des Kleinen Hauses aus Metener Granit hergestellt. Die Fassadenflächen sind in der Hauptsache mit gelbem Maulbronner Sandstein, zum Teil mit Heilbronner Sandstein verkleidet, der auch für die bis zu 4,92 m langen monolithen Architrave der niedrigeren Poetiken verarbeitet wurde. Die Fassadenflächen der Höfe sind in Terranova verputzt.Die Decken sind durchwegs massiv, teils als Raebeldecken zwischen eisernen Trägern, mit und auch ohne Rabitzunterdecken, teils in Eisenbeton konstruiert. Die Rangkonstruktions-Konsolträger auf Unterzügen an durchgehenden eisernen Ständern, die amphitheatralischen Böden des Par-
geschichte des grossen hauses · baubeschreibung · technische ausführung
054 / 055 Großes Haus, Bühnenaufnahme
ketts und die Dachstühle über Bühnen- und Zuschauerhäusern wurden in Eisen, die über Verwaltungsgebäude und den Malersälen in Eisenbeton konstruiert, während die Dachstühle über den niedrigen Trakten in hölzernen Gespärren auf massivem Dachgebälk errichtet wurden. Die Dächer sind hauptsächlich in Kupfer eingedeckt, doch musste für die Magazinbauten Zinkblech verwendet werden. Die Treppen in den Bühnenhäusern, im Verwaltungsgebäude, auch für den 2. und 3. Rang, sowie die Treppe des Herzogs Albrecht im Großen Hause wurden in Kunststein, die 2. Rangtreppen im Kleinen Hause in Granit, die Treppen für die Königlichen Logen, für den Herzog Albrecht im Kleinen Hause und die 1. Rangtreppe in Eisenbeton mit Marmor- bzw. Eichenholzbelag ausgeführt. Stufen und Wandsockel im Kassaflur des Kleinen Hauses wurden aus grauem Marmor „Zola Reppen“ hergestellt, die Königstreppe des Kleinen Hauses mit „Untersberger Hofbruch“, die des Großen Hauses und die 1. Rangtreppen mit „Botticino“ belegt, während die Wangen und Sockel der letzteren in „Estrellante“ gearbeitet wurden. Die Fußböden wurden in der Hauptsache mit Linoleum auf Betonestrich belegt, die Zuschauerräume erhielten durchwegs – ebenso wie der Chorprobensaal – einen eichenen Riemenboden, der Ballettsaal einen Langriemenboden von „Oregon Pine“, die Umgänge des
Parketts und der 1. Ränge, sowie die Foyersäle Smyrnateppiche auf Linoleumunterlage, während der Kassaflur des Großen Hauses mit Platten von Jura-Marmor, derjenige des Kleinen Hauses mit Mosaikplatten, und die Windfänge und Treppenvorplätze mit Terrazzo belegt wurden.
» ICH KANN DER KÜNSTLERGENOSSENSCHAFT DES STUTTGARTER HOFTHEATERS, WENN SIE NUN DAS SCHÖNE NEUE HAUS BEZIEHT, NICHTS BESSERES VON HERZEN WÜNSCHEN, ALS DASS DIE GNÄDIGEN GÖTTER IHR VERLEIHEN MÖGEN, SICH TREU ZU BLEIBEN, TREU DEM GROSSEN SINN, IN DEM SIE BARON ZU PUTLITZ FÜHRT, DAS UNVERGÄNGLICHE DER VERGANGENHEIT MIT EHRFURCHT VERWALTEND, ABER AUCH JEDEN EHRLICHEN WILLEN DER EIGENEN ZEIT HILFREICH EMPFANGEND. « (HERMANN BAHR, WIEN)
9.2.1956 — Der erste Opernball in Wien findet nach dem Zweiten Weltkrieg statt
4.9.1957 — Die Sowjetunion bringt den Satelliten Sputnik in die Erdumlaufbahn
1.6.1958 — Charles de Gaulle wird französischer Ministerpräsident
29.7.1958 — Gründung der
geschichte des grossen hauses
BAUBESCHREIBUNG
grosses haus: Nach den vom Generalintendanten Baron zu Putlitz festgesetzten Richtlinien für die Einrichtung der Bühne sollte diese „in dekorativer Beziehung ebenso ein bis ins kleinste realistisch ausgestaltetes Szenenbild, wie auch eine stilistisch vereinfachte Dekoration“ ermöglichen. Von vornherein war von der Konstruktion einer für eine Repertoirebühne wenig geeigneten Drehbühne abgesehen worden und zur Erzielung eines schnellen Szenenwechsels eine Seitenbühne angeordnet worden, auf der – wie auf der Hinterbühne – fahrbare Bühnenwagen aufgestellt werden können. Mit dem Entwurf der gesamten Bühneneinrichtung wurde Herr Königlicher Hofrat Schick, der langjährige technische Leiter des Königlichen Hoftheaters in Wiesbaden, betraut, während die Ausführung der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG, Werk Gustavsburg, übertragen wurde. Die feste Bühnenmaschinerie besteht aus dem Schnürboden, 3 Arbeitsgalerien auf jeder Längsseite der Bühne und sechs quer über die Bühne gehenden Laufstegen. Abweichend vom üblichen sind die Arbeitsgalerien außergewöhnlich hoch gelagert und zwar 1 m über Prospekthöhe, um die Einrichtung für die Wandeldekorationen mehr von der zum Spiel nötigen Fläche der Bühne anzubringen und dadurch den Betrieb zu erleichtern und um andererseits die Möglichkeit zu schaffen, ganze Prospekte als Panorama unter die Arbeitsgalerie hängen zu können. Unter der ersten Arbeitsgalerie hängen die für Effektbeleuchtungen dienenden Beleuchtungswagen, welche das zeitraubende Transportieren der schweren Scheinwerfer auf der Maschinengalerie ersparen. Die bewegliche Obermaschinerie setzt sich zusammen aus: 3 Vorhangzügen, 83 Dekorationsaufzügen, 8 Beleuchtungszügen, 7 Gitterträgerzügen, 6 Panorama- und 4 Planhorizontzügen, welche an Stelle des sonst üblichen Rundhorizontes angeordnet wurden. Ferner sind vorhanden: 2 feste Flugbahnen, 3 an beliebiger Stelle einzubauende Schwimmwerke, und 3 fahrbare Walzenpaare ermöglichen Wandeldekorationen an beliebiger Stelle quer über die Bühne zu ziehen. In einer für den Betrieb offensichtlich sehr praktischen Weise sind die Züge hier nicht – wie allgemein üblich – an die Seitenwände der Bühne gelegt, sondern mit einem Abstand von 1,5 m abgerückt, wodurch hinter den Zügen, auf die ganze Tiefe der Bühne sich erstreckende,
Gänge gewonnen sind, die zum Aufenthalt der Künstler dienen können, so dass bei Umbauten die Bühne für das technische Personal völlig frei bleibt. Mit den Seitenwänden der Bühne parallel laufende Monierwände bilden den über diesen Gängen kiekenden Raum zu einem Schacht aus, der – im Winter durch Heizung erwärmt – zur Rauchabführung dient. Die 6,20 m tiefe Unterbühne ist in drei Etagen geteilt und besitzt an maschinellen Einrichtungen sechs hydraulisch betriebene Versenkungen mit einer Tischgröße von 12:1 m, eine große Plateauversenkung mit 18:5,50 m und eine kleinere mit 18:2,75 m. Diese Plateauversenkungen ruhen auf je vier Stück Spindeln, können 2,20 m tief versenkt werden und sind mit elektrischem Antrieb versehen; sie können zusammen gekuppelt werden, so dass eine Öffnung von 18:8,25 m geschaffen werden kann. Der Apparat kann ohne jegliche Vorbereitung jederzeit sofort in Betrieb geätzt werden und ist so konstruiert, dass das Plateau in jeder Stellung bis zum tiefsten Stand unbedingt feststeht , ohne zu sinken. 24 Kulissenwagen laufen innerhalb des Bühnengebälkes, so dass die Unterbühne frei begehbar ist. Der Mechanismus der Kassetten – oder Gitterklappen – ist so angeordnet, dass die Klappen vom Bühnenpodium aus zu bedienen sind, damit der Bedienende das zu öffnende Feld jederzeit übersehen kann und dadurch in der Lage ist, eventuelle Unglücksfälle zu verhüten. Die großen Gitterträger, die über das Bühnenpodium hinaus bis zum Schnürboden in Drahtseilen geführt werden, sind im Bereiche der Unterbühne in festen Führungen, damit sie auch als Versenkungen für einzelne Personen oder kleinere Lasten benutzt werden können. Der Betriebsdruck für die hydraulischen Versenkungen beträgt 20–25 kg/qcm und wird in einer besonderen Druckzentrale erzeugt, die aus zwei Kesseln von je etwa sechs Kubikmeter Inhalt mit einer durch einen Elektromotor angetriebenen Presspumpe besteht. Zum Transport der Bühnenrequisiten und der Möbel, der Praktikables, Prospekte, Musikinstrumente, Garderobestücke und für die Bequemlichkeit der Musiker sind insgesamt sechs Aufzüge auf der Bühne, respektive in den sich anschließenden Nebenräumen installiert. Die Anlage für Dampfeffekte ist an einen Hochdruckkessel mit einem maximalen Betriebsdruck von vier Atmosphären angeschlossen.
geschichte des grossen hauses · baubeschreibung · maschinelle einrichtungen der bühnen
MASCHINELLE EINRICHTUNGEN DER BÜHNEN
12.4.1961 — Der erste bemannte Weltraumflug
4.7.1961 — Erstaustrahlung der Sportschau 17.4.1961 — Invasion in der Schweinebucht 13.8.1961 — Baubeginn der Berliner Mauer
4.1.1962 — Die New Yorker Subway verkehrt erstmals 26.6.1963 — John F. Kennedy hält die denkwürde Rede vor dem Rathaus Schöneberg, „Ich bin ein Berliner“
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kleines haus Im Kleinen Hause, dessen Bühne auch Bühnenwagen auf Seiten- und Hinterbühne aufnimmt, ist die Bühneneinrichtung unter gleichen Gesichtspunkten ebenfalls nach den Entwürfen von Herrn Königlicher Hofrat Schick und zwar von der Maschinenfabrik Wiesbaden GmbH ausgeführt. Die feste Obermaschinerie besteht aus dem Rollenboden, sechs auf den Längsseiten der Bühne angeordneten Arbeitsgalerien, zwei längs und fünf quer über die Bühne gehenden Laufstegen. Die bewegliche Obermaschinerie enthält 3 Vorhangzüge, 6 Beleuchtungszüge, 68 Prospektzüge, 2 Panoramazüge, 1 Rundhorizont, 1 Wandelhorizont und 3 Flugwerke. Außerdem sind noch in den ersten drei Gassen 3 Plafondzüge montiert, die schwenkbare Plafonds tragen. Diese neuartige Konstruktion hat die Aufgabe, die schlechten
akustischen Verhältnisse einer jeden Bühne mit Oberbühne zu verbessre, und den Ton der gesungenen und gesprochenen Wortes zu reflektieren. Die maschinellen Einrichtungen der 6 m tiefen, in zwei Geschosse geteilten Unterbühne setzen sich zusammen aus: einer großen Plateauversenkung von 14:7,90 m mit elektrischem Antrieb durch Schneckenrad-Hubspindeln, zwei hydraulischen Versenkungen und zwei Handversenkungen. Zur Heben von Lasten und Personen sind auf der Bühne und den Bühnenbetriebsräumen sechs Aufzüge eingerichtet.
» …ZWEI SCHLÄGE UND EIN HERZ, ZWEI BÜHNEN UND EIN BETRIEB! VON DEN ZUSCHAUERRÄUMEN DES DOPPELHAUSES KANN MAN MIT UHLAND SAGEN: ›DER EINE FURCHTBAR PRÄCHTIG, DER ANDERE SÜSS UND MILDE!‹ ES SAGEN ZWAR VIELE NÖRGLER: ›WARUM DENN ZWEI THEATER, WENN‘S BISHER IN EINEM GEGANGEN IST?‹ DOCH DEM ENTGEGEN ANTWORTEN DREI WICHTIGE GRÜNDE. ERSTENS : ES IST NICHT GUT TUNLICH, DIE SCHUSTERATMOSPHÄRE EINES LUMPACI MIT DEM BLÜTENDUFT EINES ROSENKAVALIERS ZU VERMENGEN. ZWEITENS: GROSSE MUSIKWERKE UND DRAMATISCHE DICHTUNGEN LASSEN SICH EBENSOWENIG IN KLEINEN BIEDERMEIERRÄUMEN UNTERBRINGEN, WIE SICH ANDERERSEITS DIE BEHAGLICHKEIT DER HEITEREN BÜHNENWERKE NICHT IN GROSSE HALLEN EINQUARTIEREN LÄSST, DENN DER HUMOR VERHUNGERT, WENN ER ZU GROSSE STRECKEN DURCHWANDERN MUSS, UM DAS HERZ UND OHR DES ZUHÖRERS ZU ERREICHEN. DRITTENS : DAS HOFTHEATER IST AUCH NATIONALEIGENTUM DES GANZEN VOLKES, UND ES KANN SOWOHL DER HOHE KUNSTBEGEISTERTE, WIE DER EINFACHE MANN FÜR SEIN GENRE DEN GEEIGNETEN RAUM VERLANGEN. – EIN UNGEEIGNETER RAHMEN VERDIRBT DAS SCHÖNSTE BILD. – MIT DIESEM GETEILTEN SYSTEM SIND ABER DIE PASSENDEN RAHMEN GESCHAFFEN. EIN PUBLIKUM, DAS MIT SEINEM KUNSTSINNIGEN KÖNIG DIE GROSSEN OPFER GEBRACHT HAT, EIN THEATERBAUWERK ZU SCHAFFEN, WIE ES WOHL ÄHNLICH NICHT EXISTIERT, WIRD AUCH DAFÜR SORGEN, DASS DER GLANZ DIESES HAUSES STETS ERHALTEN BLEIBE! « (KONRAD DREHER, MÜNCHEN)
6.8.1945 — Atombombenabwurf auf Hiroshima 9.8.1945 — Atombombenabwurf auf Nagasaki
1.1.1946 — Der Flughafen Heathrow in London wird eröffnet 4.1.1947 — Die erste Ausgabe des Magazins Der Spiegel erschein
10.12.1948 — Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
geschichte des grossen hauses
BAUBESCHREIBUNG
Der Vorentwurf der gesamten Heizungs- und Lüftungsanlage, sowie das Detailprojekt und die Ausführung im Großen Hause lag in den Händen der Firma Emhardt & Auer, München-Stuttgart; das Detailprojekt und die Ausführung der Heizungs- und Lüftungsanlage im Kleinen Hause und Verwaltungsgebäude wurden von der Firma E. Möhrlin GmbH, Stuttgart, besorgt. Mit Rücksicht auf einen ökonomischen Betrieb wurde für den ganzen Gebäudekomplex eine Kesselzentrale unter dem Hofe des Verwaltungsgebäudes errichtet, in der sowohl die Niederdruckdampfkessel für die Heizungs- und Warmwasserbereitungsanlage, als auch der Hochdruckkessel für die Bühnendampfanlage Aufstellung fanden. Der in sieben schmiedeeisernen Niederdruckkesseln von je 55 qm erzeugte Dampf mit 0,2 Atmosphären Betriebsdruck für die Theater und 0,1 Atmosphären für das Verwaltungsgebäude wird durch zwei Hauptleitungen den Ventilstöcken n beiden Theatern zugeführt. Von diesen aus erfolgt die der räumlichen Benutzung entsprechende Gruppenteilung, die mit Rücksicht auf den Wärmebedarf und die Benutzungsdauer einheitlich in beiden Häusern und im Verwaltungsgebäude durchgeführt ist.
grosses haus: Die Heizung besteht aus einer Niederdruckdampfluftheizung für den Zuschauerraum und aus einer Niederdruckdampfheizung mit lokalen Heizkörpern für alle übrigen Räume. Die frische Lust für die Dampfluftheizung des Zuschauerraumes wird über dem Haupteingänge an der Seeseite entnommen, mittels zwei elektrisch angetriebener Zentrifugalventilatoren durch eine Luftfilteranlage in die Heizkammer gedrückt und ozonisiert. Die Heizflächen in dieser sind in drei Gruppen angeordnet, wovon zwei Gruppen eine selbsttätige Temperaturregelung besitzen, um ein Überschreiten der nötigen Einströmungstemperatur von plus 22 °Celsius zu vermeiden. Die Regelung selbst erfolgt durch Thermostaten, die mittels Druckluft die Dampfabsperrverntile selbsttätig öffnen oder schließen. Damit der von beheizten Räumen umgebene Zuschauerraum, der fast keine Abkühlungsflächen besitzt, nicht innerhalb kurzer Zeit bei vollbesetztem Hause durch die Wärmeabgabe der Theaterbesucher eine wesentliche Temperatursteigerung erfährt, veranlasst der mit einer
stündlichen Luftzufuhr von 50 000–100 000 cbm vorgesehene große Luftwechsel eine geeignete Wärmeableitung. Die Lüftung erfolgt von unten nach oben in der Weise, dass die frische Lust durch die in der Stirnwand der Stufen des stark ansteigenden Parketts, der Ränge und der großen Galaloge angeordneten Öffnungen eintritt. Zur Abführung der verbrauchten bzw. durch die Besucher stark erwärmten Luft dienen Abluftkanäle, welche jedoch nur unter den Rängen, wo eventuell eine Stagnation der schlechten Lift eintreten könnte, ständig geöffnet sein sollen. Im übrigen soll die Luft dich die Türen und Undichheiten entweichen aber nur in dem Maße, dass im Zuschauerraum selbst stets Überdruck herrscht, so dass Zugerscheinungen beim Öffnen und Schließen der Türen nicht eintreten können. Für kräftige Durchlüftung, welche zum Beispiel nach einer Nachmittagsvorstellung mit baldiger Folge einer Abendvorstellung, sowie im Sommer erforderlich ist, sind auch Abluftöffnungen in der Decke des Zuschauerraumes vorgesehen, die durch eine Trommel geöffnet, bzw. geschlossen werden können. Die Bedienung dieser Trommel erfolgt vom Regulierraum aus. Außerdem besteht aber noch die Möglichkeit, diese Trommel, sowie die beiden großen Ventilatoren an zwei weiteren Stellen, auf und außerhalb der Bühne, zu bedienen, um im Falle eines Brandes auf der Bühne möglichst viel frische Luft indem Zuschauerraum blasen zu können. Um den Betrieb der Anlage möglichst einfach und übersichtlich zu gestalten, ist im Regulierraum unter dem Zuschauerhause eine große Schalttafel vorgesehen, von welcher aus die Bedienung sämtlicher Apparate für die Heizungsanlage, wie Hauptabsperrventil, Klappen, Ablufttrommel und Ventilatoren usw. erfolgt. Eine Fernthermometeranlage zeigt dem Maschinisten auf dieser Tafel die Temperatur an 20 verschiedenen Stellen des Zuschauer- und Bühnenraumes an. Zudem ist der Feuchtigkeitsgehalt der Frischluft ersichtlich und auch durch Anordnung eines automatisch wirkenden Humistaten die Möglichkeit gegeben, diesen auf einer ganz bestimmten Höhe zu erhalten.
geschichte des grossen hauses · baubeschreibung · heizung und lüftung
HEIZUNG UND LÜFTUNG
21.2.1965 — Malcom X wird in New York City ermordet
9.1966 — TV-Premiere der Serie Star Trek in den USA
1.5.1967 — Elvis Presley heiratet Priscilla Beaulieu
1.12.1966 — Kurt-Georg Kiesinger beginnt seine Arbeit als Bundeskanzler
1.10.1967 — Das erste Lustige Taschenbuch erscheint 9.10.1967 — Che Guevara wird erschossen
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kleines haus Im Kleinen Haus beruht die Heizung auf denselben Grundsätzen, welche im Großen maßgebenden waren. Ein prinzipieller Unterschied besteht nur bei der Lüftungseinrichtung des Zuschauerraumes, der eine reine Abwärtslüftung erhielt. Hier war infolgedessen geringeren Höhe der einzelnen Stufen die Einführung frischer vorgewärmter Luft (40–60 cbm stündlich pro Besucher) durch einen unter dem Plafond herumlaufenden Fries geboten. Der außerordentlich große Wärmebedarf für beide Häuser nebst Verwaltungsgebäude, – zusammen rund 240 000 WE – erforderte auch außerordentliche Vorkehrungen für die Zuführung des Brennmaterials. Dasselbe wird in einem unter dem Hof des Verwaltungsge-
bäude liegenden Kohlenraum neben der Kesselanlage gefördert, der zirka 20 Waggon Kohle fasst, und von dort mittels einer Kohlentransportbahn den Kesseln zugeführt. Zur Erzeugung des Bühnendampfes ist ein Hochdruckkessel von 25 qm Heizfläche vorhanden, der in der Lage ist, in sehr kurzer Zeit 300 Kilo Dampf bei einem Druck von drei Atmosphären abzugeben; zu Erzeugung des warmen Gebrauchswassers und des Gebrauchsdampfes für die Malersäle und die Schreinerei, ferner für den Betrieb der Wäscherei-Einrichtung wird ein gusseiserner Gliederkessel von 12,5 qm Heizfläche gefeuert, falls keiner der übrigen Kessel im Betrieb ist.
DAS GEBÄUDE WIRKT WIE EIN TEMPEL, STEHT EHRWÜRDIG IN DER PARKANLAGE, KLASSISCH IM LOOK. XAVIER ZUBER
8.1.1968 — Quelle bietet als erstes Warenhaus Tiefkühlkost an 4.4.1968 — Attentat auf Martin Luther King in Memphis 5.6.1968 — Ermordung von John F. Kennedy 11.10.1968 — Die Apollo 7 ist der erste bemannte Flug eines Appolo-Raumschiffes 31.12.1968 — Jungfernflug des ersten Überschall-Passagierflugzeuges Tupolew Tu-144
geschichte des grossen hauses
BAUBESCHREIBUNG
Die im Großen und im Kleinen Hause von der „Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft GmbH in München“ unter Mitwirkung der Firma Wilhelm Reißer, Stuttgart, und die im Verwaltungsgebäude von der Maschinenfabrik Esslingen (Elektronische Abteilung Cannstatt) ausgeführten elektrischen Anlagen erhalten ihren Strom (Gleichstrom 2:110 Volt) von dem Städtischen Elektrizitätswerk durch eine auf dem Terrain des Katharinenstiftes errichtete Unterstation.
fasst 220 zur Raumbeleuchtung mit verwendete ARG Metalldrahtlampen von je 10 NK und wird in neun Gruppen von dem Bühnenhaus aus, geschaltet. Für den motorischen Betrieb der maschinellen Bühneneinrichtung, der Orchestereinrichtung, der Druckzentrale, der Orgel, der Ventilatoren, der Aufzüge, des Vakuumreinigers und dergleichen sind 26 Elektromotoren von 0,5 bis 42 PS installiert.
grosses haus
kleines haus
Das Große Haus besitzt zwei Hausanschlüsse, die mit einem Verbindungskabel im Inneren des Gebäudes so verbunden sind, dass bei Versagen eines Hausanschlusses, das Theater jederzeit noch mit Strom versorgt wird. Vom Hausanschluss an der Südseite geht ein Hauptkabel direkt zu Bühnenschalttafel, von welcher aus die gesamte Beleuchtung der Bühne und des Zuschauerraumes geschaltet werden kann. die nach dem vierfarbensystem ausgeführte beleuchtung der bühne · · umfasst: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 823 weisse aeg metalldrahtlampen à 50 kerzen · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 457 blaue aeg metalldrahtlampen à 25-50 kerzen · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 400 rote aeg metalldrahtlampen à 25-50 kerzen · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 400 gelbe aeg metalldrahtlampen à 25-50 kerzen · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · zusammen 2809 glühlampen in festen beleuchtungskörpern · · · · · · · · · und in beweglichen Beleuchtungskörpern 190 weiße Lampen und 360 Lampen in den anderen Farben. Außerdem sind noch für die Beleuchtung mit Bogenlicht 6 Bühnenscheinwerfer à 25 Ampère mit entsprechenden Projektionseinrichtungen, Farbenscheiben usw. installiert. Der Zuschauerraum wird erhellt durch 14 Lüster und 75 unter den Rängen angebrachte Lampen, deren Leuchtkraft 400 bis zu 10 000 Kerzen gesteigert werden kann. Außerdem sind aber noch für die Beleuchtung des Zuschauerhauses, der Garderoben, des Orchesters und für die Außenbeleuchtung weitere 1400 AEG Metalldrahtlampen von 25–50 Kerzen und 6 Bogenlampen installiert. Die Notbeleuchtung wird durch eine besondere Batterie gespeist, welche in der Unterstation im Katharinenstift aufgestellt ist; sie um-
Im Kleinen Haus sind die elektrischen Anlagen unter Beobachtung derselben Sicherheitsvorkehrungen wie im Großen Hause eingerichtet. die ebenfalls nach dem vierfarbensystem eingerichtete beleuchtung · · der bühne enthält: · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 416 weisse aeg metalldrahtlampen à 50 kerzen · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 322 blaue aeg metalldrahtlampen à 25-50 kerzen · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 230 rote aeg metalldrahtlampen à 25-50 kerzen · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 230 gelbe aeg metalldrahtlampen à 25-50 kerzen · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · zusammen 1198 glühlampen in festen beleuchtungskörpern · · · · · · · · · · und in beweglichen Beleuchtungskörper 180 weiße Lampen und 300 Lampen in den anderen Farben. Für die Beleuchtung mit Bogenlicht sind 4 Scheinwerfer à 25 Ampère eingerichtet. Die Beleuchtung des Zuschauerhauses, der Garderoben, des Orchesters und die Außenbeleuchtung erfolgt durch 700 AEG Metallfadenlampen von 16-50 Kerzen und 4 Bogenlampen. Die Notbeleuchtung ist an dieselbe Batterie angeschlossen, welche das Große Haus versorgt, und umfasst 140 AEG Metalldrahtlampen à 10 Kerzen. Die Kraftanlage weist 17 Motoren von 1 bis 30 PS auf. Im Verwaltungs- und Magazingebäude besteht die Beleuchtungsanlage aus 10 Bogenlampen zu 15 Ampère mit halb indirekter Beleuchtung für de Malersaal, 500 Glühlampen diverser Kerzenstärke in den übrigen Räumen und 15 Notlampen. Für den Betrieb der Aufzüge der Schreinerei, Schlosserei, Wäscherei, Entstaubungsanlage, Kühlanlage der Restauration und für verschiedene Ventilatoren haben 20 Elektromotoren mit zirka 42 PS Verwendung gefunden.
geschichte des grossen hauses · baubeschreibung · elektrisches licht und kraftanlagen
ELEKTRISCHES LICHT UND KRAFTANL AGEN
30.1.1969 — Die Beatles spielen ihr letztes öffentliches Konzert 2.3.1969 — Erstflug eines Prototyps des Überschall-Verkehrsflugzeuges Concorde 20.7.1969 — Erste bemannte Mondlandung von Apollo 11 3.10.1969 — Der Berliner Fernsehturm am Alexanderplatz wird eröffnet 1.4.1970 — Start der Apollo 13 Mission 10.4.1970 — Trennung der Beatles 29.11.1970 — Der erste „Tatort“ wird ausgestrahlt
geschichte des grossen hauses
BAUBESCHREIBUNG
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SICHERUNG GEGEN FEUERSGEFAHR Neben den feuersicheren Konstruktionen der Gebäude sind zur Sicherung gegen Feuersgefahr umfangreiche Schwachstromanlagen, Feuermelder- und Wächterkontrolleinrichtungen und ein ausgedehntes Netz von Lösch-Vorrichtungen (Sprinkler, Hydranten und Regenapparate) angelegt. Die Feuermeldeanlage ermöglicht von einem in den Gebäude ausgebrochenen Feuer sofort die Theaterfeuerwache resp. die städtische Hauptfeuerwache zu benachrichtigen. Zu diesem Zwecke sind an verschiedenen Stellen des Theaters, die dem Publikum und den Angestellten leicht zugänglich sind, 60 Feuermelder angebracht, während in den Räumen, die seltener vom Personal betreten werden, 485 selbsttätige Feuermelder (Thermometer) zur Aufhängung angebracht sind, die eine auf Temperatursteigerung reagierende Kontakteinrichtung enthalten. Die Wächterkontrollanlage ist zur Kontrolle der Nachwächter eingerichtet. 49 über den ganzen Gebäudekomplex verteilte Melder registrieren bei Ingangsetzung vollständig automatisch durch den zugehörigen, in der Feuerwache aufgestellten Registrierapparat vermittelst Zeitstempelaufdruck die Rundgänge der Wächter. Zur Löschung eines ausgebrochenen Feuers sind in den Malersälen und in den
Dekorationsmagazinen des Großen Hauses, sowie in den Magazinen, Abstellräumen, in der Kaschierwerkstätte und in der Hinterbühne des Kleinen Hauses an den Decken insgesamt zirka 800 Grinell Sprinklerbrausen installiert, deren Verschluss bei einer Temperaturerhöhung bis zu 70 °Celsius aufschmilzt, so dass die unter der Brause liegende Fläche mit Wasser überschüttet wird. Die beiden Bühnen sind mit Regenapparaten und hinter de Vorhängen mit Wasserschleiern versehen; außerdem sind aber noch im Großen Haus 34, im Kleinen Hause mit den zugehörigen Magazinen 43 und im Verwaltungs- und Magazingebäude 17 Hydranten so verteilt, dass bei Brandgefahr alle Räume unter Wasser gesetzt werden können. Zur Sicherung des Publikums dienen, als wesentlichstes Glied in der Reihe alle Sicherheitsvorkehrungen, vor allem die hydraulisch betriebenen eisernen Vorhänge, die die Bühnen von den Zuschauerhäusern abschließen, und die in den Umfassungswänden der Bühnenhäusern angeordneten maschinell beweglichen Fenster, die in ihrem Querschnitt reichlich bemessen, im Falle eines Brandes durch Notauslösung auf den Bühnen und außerhalb derselben bedient werden können und dem Rauche ungehinderten Abzug in Freie gestatten.
7.12.1970 — Bundeskanzler Brandts Kniefall von Warschau 28.2.1971 — Uraufführung des Balletts Carmen von John Cranko 4.8.1971 — In München findet der erste Banküberfall mit Geiselnahme statt 4.12.1971 — Eröffnung der ersten McDonald‘s-Filiale in München 7.12.1972 — Start der Apolle 17, der letzten Mond-Mission
geschichte des grossen hauses
BAUBESCHREIBUNG
Der gesamten Wasserversorgung-Anlage stehen drei getrennte und an verschiedene Hochreservoire angeschlossene Wasserleitungen zur Verfügung: 2 städtische Leitungen mit je 5 bzw. 10 Atmosphären und eine staatliche Leitung mit 3 Atmosphären. Die städtischen Leitungen sind für Betriebs- und Feuerlöschzwecke herangezogen, die staatliche Leitung bringt ausschließlich Gebrauchswasser. Die städtische Leitung mit 5 Atmosphären speist eine den ganzen Gebäudekomplex umziehende Ringleitung, an welche 8 Überflurhydrantenangeschlossen sind, sowie die inneren Feuerleitungen des Verwaltungs- und Magazinsgebäudes und eine Feuerleitung des Gr. Hauses. Die zweite städtische Leitung mit 10 Atmosphären speist 6 Feuerleitungen im Großen Hause und eine Anschlussleitung zum Regenapparat über der Bühne desselben. Die Warmwasseranlage setzt sich zusammen aus vier gleichartigen, selbstständigen Einzelanlagen, von denen jede einen durch Dampf zu erwärmenden Wasserboiler erhält, die in den Kellerräumen der Zuschauer- und Bühnenhäuser im Großen und Kleinen Hause und auch im Verwaltungsgebäude aufgestellt sind und von hier aus die Waschtische der Büros, der Künstlergarderoben, der Toiletten und die Brausebäder mit Warmwasser versorgen. Entwässerung: Für Abführung der täglich anfallenden Gebrauchs- und Abortwässer kam der in unmittelbarer Nähe liegende „Nesenbach“ in Betracht. Da jedoch die gesamten Abwässer vor der Einleitung einer Klärung unterworfen werden müssen, wurden vier biologische Kläranlagen eingebaut, denen die Gebrauchs- und Abortwässer zugeführt werden. Von allen Fäulnisprodukten gereinigt, werden die Abwässer von hier aus durch selbsttätige Pumpen in den höher liegenden Nesenbach gehoben. Wohlfahrtseinrichtungen: Wurde schon durch geräumige und helle Konverstaionszimmer für Chor und Orchester in einer bisher unbekannten Weise gesorgt, so wurde auch noch durch Einrichtung von Brausebädern für Künstler und Bühnenarbeiter eine in den heißen Sommermonaten Stuttgarts gewiss sehr erwünschte Fürsorge getroffen. In gewissem Sinne gehört hierher auch der Einbau von drei stationären Vakuum-Entstaubungsanlagen – je eine im Großen, im Kleinen Hause und im Verwaltungsgebäude – nach dem System der Maschinenfabrik Esslingen, die eine gründliche und hygienisch einwandfreie Entstaubung des Inneren der Theater, der Bühnen, Garderoben, des Inventars usw. gewährleisten. Die Gesamtlängen
der drei festen, unter sich getrennten Stahlrohrnetze beträgt zirka 420 m mit zusammen 43 Absaugstellen.
verschiedene schwachstromanlagen: Uhrenanlage: Zu einer gleichmäßigen Zeitangabe für Publikum und Angestellte erstreckt sich über alle Gebäude eine elektrische Uhrenanlage, die aus einer zentralen Hauptuhr und 32 Nebenuhren besteht. Privat-Telefonanlage: Für den Verkehr der Beamten innerhalb der Gebäude ist eine Privat-Telefonanlage mit zirka 45 Sprechstellen ausgeführt. Lautsprechanlage: Um den großen Anforderungen, die man an ein moderne Theater hinsichtlich der Bühnentechnik stellt, voll und ganz gerecht zu werden, ergab sich die Notwendigkeit, alle Vorgänge auf der Bühne, wie Beleuchtungsübergänge, Verwandlungen und sonstige Effekte während der Proben durch den Regisseur direkt vom Zuschauerraum aus leiten zu können. Hierfür findet der bekannte Lautfernsprecher der Siemens & Halske AG weitgehendste Verwendung, mit dessen Hilfe eine Übermittlung der Sprache in fast unveränderter Lautstärke möglich ist. Mittels eines transportablen Apparates, der an jede Stuhllehne angehängt werden kann und sowohl im Parkett als auch im 1. Rang einschaltbar ist, lassen sich Befehle zum Inspizienten, nach der Betriebsloge und dem Beleuchter geben und von diesen Stellen auch Meldungen entgegennehmen. Von der Intendantenloge aus können jederzeit nach der Betriebsloge und dem Beleuchter Anweisungen übermittelt werden. Weitere Sprechverbindungen sind vom Inspizienten zum Kapellmeister und nach dem Restaurant für die Bühnenansgestellten eingerichtet. Der Beleuchter ist in der Lage, auch während einer Vorstellung, nach dem Marinescheinwerfer über dem Zuschauerraum des Großen Hauses und nach der Obermaschinerie Zurufe zu geben; desgleichen kann auch von der Betriebsloge nach letztgenannter Stelle gesprochen werden. Von der Beamtenloge aus ist die Möglichkeit gegeben, mit dem Beleuchter und der Beriebsloge in telefonischen Verkehr zu treten und ferner zum Inspizienten zu sprechen, der auch durch einen auf der Bühne hinter den Kulissen aufgestellten transportablen Lautsprecher verständigt werden kann.Für den Betrieb der Lautsprecheranlage dient eine aus drei Zellen bestehende Akkumulatorenbatterie, von der sämtliche Apparate gespeist werden.
geschichte des grossen haues · baubeschreibung · wasserversorgung, entwässerung, wohlfahrtseinricht. und versch. schwachstomanlagen
WASSERVERSORGUNG, ENTWÄSSERUNG, WOHLFAHRTSEINRICHTUNGEN UND VERSCHIEDENE SCHWACHSTROMANLAGEN
3.4.1973 — Erstes Telefongespräch über ein Mobiltelefon 4.4.1973 — Eröffnung des World Trade Centers in New York 12.6.1973 — Helmut Kohl wird Vorsitzender der CDU 24.4.1974 — Geiselnahme von Stockholm durch das RAF-Kommando
1974 — Der Sears Tower in Chicago wurde fertiggestellt und bis 1998 der höchste Wolkenkratzer der Welt war
geschichte des grossen hauses
BAUBESCHREIBUNG
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BAUAUSFÜHRUNG Das Königliche Finanzministerium hatte von der vornherein bestimmt, dass dieAusführung der Bauten in Generalenterprise zu vergeben sei. Zur Übernahme derselben verbanden sich die Firma Baugeschäft Heilmann & Littmann GmbH in München – in welcher der Verfasser dieses schon seit Sommer 1908 nicht mehr tätig war – und die Stuttgarter Architektenfirma Professor P. Schmohl & G. Staehlin zu einer Zweckgemeinschaft „General-Unternehmung für die Neubauten der Königlichen Hoftheater in Stuttgart“ und verpflichteten sic mit Vertrag vom 11. August 1909 zur Ausführung des Großen Hauses und des Verwaltungs- und Magazingebäudes im Generalakkord. Sie übernahmen in gleicher Weise laut Vertrag vom 31. Dezember 1910 mit der Königlichen Hofkammer die Ausführung des Kleinen Hauses, als die Stadt Stuttgart sich bereit erklärt hatte, den von ihr für den Bau des Kleinen Hauses in Aussieht gestellten Betrag von 1 200 000 übersteigenden Kosten wurden im wesentlichen durch Krondomanialgelder gedeckt, die Seine Majestät der König in hochherziger Weise zur Verfügung gestellt hatte wozu noch namhafte Stiftungen von Kunstfreunden kamen, die eine reichere künstlerische und technische vollkommenere Ausstattung des Theater ermöglichten.
In den Verträgen mit der Generalunternehmung war ausdrücklich festgesetzt, dass „bei der Vergebung der Arbeiten in Unterakkorde vorzugsweise Angehörige des Königreichs Württemberg zu berücksichtigen“ seien, und für das Kleine Haus erfuhr diese Bestimmung insofern noch eine Beschränkung, als „hierbei in erster Linie Stuttgart Künstler, Gewerbetreibende und Handwerker“ zu bevorzugen waren. Mit der Überwachung der Bauausführung wurde von der Königlichen Domänendirektion Herr Baurat Albert Held beauftragt, während mit der Bauoberaufsicht Herr Oberbaurat Albert von Beger, der schon früher durch eine ganze Reihe von Situationsskizzen zur Lösung der Platzfrage der Königlichen Hoftheater ganz wesentlich beigetragen und das außerordentlich klar entwickelte Programm für den Wettbewerb bearbeitet hatte, sowie Herr Oberbaurat Hermann von Gsell betraut wurden, der seit langem schon die Frage der Fundation und Bodenuntersuchungen zu seinem besonderen Studium gemacht hatte.
Der Fortgang der Bauarbeiten gestaltete sich in folgender Weise: es wurde begonnen
grosses haus
verwaltungs- und magazingebäude
13. Septemeber
Erdaushub
Erdaushub
4. Oktober
Neue Bohrproben der A.G. für Beton- und Monierbau
6. Oktober
Fabrikation der Eisenbetonpfähle an der Baustelle
13. November
Einrammen der ersten Probepfähle und Probebalastungen. Bis 3. Dezember waren 40 Probepfähle an verschiedenen Stellen eingeschlagen.
kleines haus
1909
1910 31. Januar
23. Februar
Wenngleich das definitive Projekt für das Kleine Haus noch nicht fertiggestellt war, so wurde doch jetzt schon die Baugrube ausgehoben, um die Vorteile einer von der Firma Baresel hergestellten Förderbahn genießen zu können, welche das gesamte Erdreich auf kürzestem Wege durch Königlichen Anlagen zu den Auffüllungen der neuen Bahnhofsanlagen transportierte Betonieren der Fundamente
11.3.1975 — Der Europäische Rat tritt das erste Mal zusammen 1975 — Bill Gates und Paul Allen gründen Microsoft
1975 — Niki Lauda holt seinen ersten Weltmeistertitel
1.4.1976 — Steve Jobs und Steve Wozniak gründen die Firma Apple 26.4.1976 — In Ost-Berlin eröffnet der Palast der Republik 4.7.1976 — 200. Jahrestag der Unabhängigkeit der USA
grosses haus
28. Februar
Mauerarbeiten
20. Juni
Verlegen der ersten Trägerrostefür die Ständer
21. Juni
Einrammen der letzten Pfähle
verwaltungs- und magazingebäude
29. August
Einschalen der Eisenbetonbinder über den Malersälen
12. September
Einschalen der Eisenbetonbinder über dem Verwaltungsgebäude
7. Oktober
kleines haus
Rammarbeiten, um die von auswärts bezogenen Ramm-Maschinen noch ausnützen zu können.
15. Oktober
Dächer fertig betoniert
11. November
Aufschlagen der Dachstühle über den Seitentrakten des Bühnenhauses
14. November
Aufschlagen der Dachstühle über dem 3. Obergeschoß des Bühnenhauses
25. November
Aufschlagen des Dachstuhles über der Probenbühne
8. Dezember
Rammarbeiten beendet
13. Dezember
Einmauerung der Dampfkessel fertiggestellt
17. Dezember
Montage der Dachbinder über Zuschauerhaus
30. Dezember
Montage der Dachbinder über der Bühne
1911 5. Januar
Betonieren der Fundamente
21. Januar
Aufbringen der Sparren (Bühnenhausdach)
26. Januar
Aufbringen der Sparren (Zuschauerhausdach)
9. März 11. März
Mauerarbeiten Montage der Bühnenmaschinerie
Mitte Juni
Übergabe der Malersäle
24. Juli 1. August
Aufschlagen des Dachstuhls über dem Zuschauerhaus Beginn der Stukkateurarbeiten
14. August
Aufschlagen des Dachstuhls über der Bühne
25. September
Montage der Bühnenmaschinerie
1912 27. Januar
Beginn der Malerarbeiten
17. Februar
Beginn der Marmorarbeiten
19. April
Montage von Schreinerarbeiten im Zuschauerraum
20. Mai
Vertäfelung im Foyersaal
31. Mai
Abnahme der Bühnenmaschninerie
3. Juni
Aufstellung des Gestühls
19. Juni
Beziehen der Büros und Magazine
24. Juni 20. Juli
Aufstellung des Gestühls Übergabe des Bauwerks
1. August 14. September 15. September
Übergabe des Bauwerks Übergabe des Bauwerks
Feierliche Eröffnung Feierliche Eröffnung
geschichte des grossen haues · baubeschreibung · bauausführung
es wurde begonnen
25.5.1977 — Premiere von Sar Wars in den USA 17.8.1945 — Der Eisbrecher Arktika erreicht als erstes Schiff den Nordpol 10.9.1977 — Letzte Hinrichtung mit der Guillotine in Frankreich 8.5.1978 — Reinhold Messner besteigt als erster Mensch den Mount Everest ohne Sauerstoffgerät 25.7.1978 — In London wird das erste Retortenbaby geboren 4.11.1978 — Uraufführung des Balletts Kameliendame
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BAUBESCHREIBUNG
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BAUKOSTEN Nach dem heutigen Stande der Abrechnung werden sich die Kosten der gesamten Bauanlage einschließlich derjenigen für den Wettbewerb, die Möblierung, den äußeren und inneren künstlerischen Schmuck und das Architektenhonorar auf rund Mark 7 454 000 belaufen. Bei den 7 454 000 Mark handelt es sich um Goldmark. Eine Umrechnung in Euro ergibt, dass die Gebäude der damals Königlichen Hoftheater rund 133 Mio. Euro gekostet haben.
diese kosten verteilen sich auf die einzelnen objekte in folgender weise: · · · · · · · · · · · · · 1. kosten des wettbewerbs · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 69 000 2. grosses haus: (92184 m3 umbauter raum) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 3 993 500 3. kleines haus mit verbindungsbauten nach dem verwaltungs- · · · · · · · · · · · · · 2 163 500 und magazingebäude (54730 m3) ····················································· 4. verwaltungs- und magazingebäude, mit verbindungsbauten · · · · · · · · · · · · · 1 106 000 nach dem grossen hause (38303 m3) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 5. nebenanlagen (strassenherstellung, beleuchtungsmasten, etc.) 122 · · · · · · · · · · 000 ohne den von der hofgartendirektion ausgeführten · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · gärtnerischen schmuck · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · gesamt 7 · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · 454 000
12.12.1979 — NATO-Beschluss zur Nachrüstung von Atomwaffen
21.1.1980 — Die Chinesische Mauer wird unter Denkmalschutz gestellt
wenn es hier zum ersten male möglich war, einen neuen theater-typus zu schaffen, der weit abweicht vom althergebrachten und der auch den bedürfnissen einer ferneren zukunft gerecht werden will, so ist das in erster linie der unermüdlichen fürsorge und den grossmütigen zuwendungen zu danken, deren sich unser werk durch SEINE MAJESTÄT DEN KÖNIG WILHELM II. zu erfreuen hatte. der könig und die königin bekundeten ihr lebhaftes interesse durch wiederholte besuche am bau und liessen sich über alle details vom architekten vortrag halten. neben den königlichen majestäten haben eine beträchtliche zahl freigebiger mäzene das werk in dankenswerter weise unterstützt. durch ihre reichlichen gaben war es erst möglich, die ausschmückung der vielen räume auf eine höhere künstlerische stufe zu heben. in aufrichtiger dankbarkeit sei auch der mitwirkung der vielen staats- und hofstellen gedacht, deren stete hilfsbereitschaft die durchführung der grossen aufgabe in der kurzen bauzeit von drei jahren ermöglichte, und der stadt stuttgart, deren grosszügige subvention die errichtung des kleinen hauses gestattete, vor allem aber der unermüdlichen mitarbeit seiner exzellenz des herrn generalintendanten joachim gans, edler herr zu putlitz, der seit der brandkatastrophe im jahr 1902 seine ganzen kraft die projekte der neuen theaterbauten gewidmet und in einer ausserordentlich anregenden art mit seinen grossen erfahrungen den architekten unterstützt hat, so dass für diesen die lösung der grossen aufgabe sich zu einer steten quelle freudebringender arbeit gestaltete. MAX LITTMANN
geschichte des grossen haues · baubeschreibung · baukosten
8.12.1980 — John Lennon wird von einem geistig verwirrten Attentäter Mark Chapman in New York vor dem Dakota Building erschossen
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KOMMENTAR die beiden neuen häuser paul wittko Dem Menschenherzen eingeboren ist die Sehnsucht nach einer seinem dunklen Erdenleben fernen schönen Welt der lichten Ideale. Die Natur schuf das Korn und schuf die Rose. Wo Natur und Menschengeist einander vollkommen durchdrangen, ward das Schöne, ward die Kunst. Immer wird der Mensch bestrebt sein, Tempel zu errichten einer Kunst, die alle Künste in sich vereint, Wirrnisse des Lebens entwirrt und deutet, Schrulliges belächelt und Verstösse, Irrtümer und Fehler strafend richtet, das Herz in seinen Tiefen uns erregt. Ein neuer Tempel solcher Art ragt nun empor aus unserm Häusermeer, stolz und prächtig, vornehm erdacht und sorgsam durchgeführt. Weit über die Erwartungen hinaus, was ehrliche Kunstfreunde in stiller Sehnsucht seit einem Jahrzehnt erträumten, was die Entwicklung unserer Residenzstadt ebenso wie die Entwicklung der dramatischen Künste längst forderte, hat sich gestaltet: wir besitzen nun einen Doppeldom der Bühnenkünste, mächtig und jugendschön, eine kunstgeweihte Musenstätte, berufen, zu wirken für das grosse und heilige Gut des Volkes, für die Kunst. Festgegründet in seiner Maulbronner Quadersteine zyklopischer Fügung, wie für die Ewigkeit, steht der Riesenbau da, einer der höchsten Glanzpunkte in Stuttgarts stattlichem Städte bilde. Ein Denkmal königlichen Hochsinns. An Stelle eines dem Aufenthalte der Musen nachgerade doch unwürdig gewordenen Interimbaues hat des Königs weiser Wille, des Königs Erkenntnis der hohen Kulturmission der Künste, des Königs Opferwille und Kunstliebe, tatkräftig unterstützt von Landes- und Stadtvertretung, einen Tempel errichtet, der, nach einem Ausspruche eines der ersten Theaterfachmänner unserer Zeit, dem Ausspruche Max Reinhardts, „das schönste Theater der Welt“ sein soll, einen Tempel, der auch von dem nicht an die Posaunentöne ständiger Ekstase Gewöhnten eingeschätzt werden wird als der hervorragendste moderne deutsche Theaterbau. Für Württembergs Haupt- und Residenzstadt bedeutet diese Dreihäusereinigkeit, um deren Erstehen sich der Generalintendant Baron v. Putlitz ein Verdienst errungen hat, das seinem Namen dauernden Platz in der deutschen Theatergeschichte einräumt, einen der prononziertesten Wendepunkte im weiteren Aufstiege des Gemeinwesens, zugleich einen Triumph- und Merkstein in der kulturellen Entwicklungsgeschichte des Landes. Sie ist zugleich ein Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwunges von Stadt und Land, der Erkenntnis des Nutzens einer weiteren Steigerung der allgemeinen Bildung, der Erkenntnis der Notwendigkeit, die Allgemeinheit mehr als bisher teilnehmen zu lassen an den Schöpfungen der Künste. Der neue Stuttgarter Hoftheater bau ist entstanden mit einem Aufwand Großes Haus von der Konrad-Adenauer-Straße aus, 1912 von rund sieben Millionen Mark, von denen ca. fünf auf das Grosse Haus mit Magazin-
geschichte des grossen haues · kommentar: die beiden neuen häuser, paul wittko
und Verwaltungsgebäude und zwei auf das Kleine Haus kommen, nach Plänen und unter Leitung von Professor Max Littmann in München. Anfang Februar 1908 war eine Aufforderung zu einem Wettbewerb für den Neubau des Kgl. Hoftheaters erlassen worden. Das Preisgericht zur Entscheidung über die eingegangenen Entwürfe trat Ende Oktober 1909 unter Vorsitz von Staatsrat v. Scharpff hier zusammen. Oberbaurat Beger, Stadtbaurat H. Seeling, Professor Dr.-Ing. Gabriel v. Seidl, Baurat Manfred Semper, ferner als Nichttechniker der damalige Stuttgarter Oberbürgermeister v. Gauss, Kammerpräsident v. Payer, Generalintendant Baron v. Putlitz und Präsident Dr. v. Schwarz, waren die Preisrichter. 23 Architekten hatten sich an dem Wettbewerb beteiligt. Schwierig war die Lösung der Platzfrage, die Ortsbesichtigung erforderte. Das grässliche alte Waisenhaus an der Planie als Theaterbaustätte ward bald als nicht geeignet erkannt. Den ersten Preis erhielt Professor Littmann, den zweiten der Erbauer des Kölner neuen Stadttheaters, Reg.-Baumeister Moritz in Das Große Haus während dem Bau, 1912 Köln, und den dritten die Stuttgarter Architekten Prof. P. Schmohl & G. Staehelin. Als Bauplatz stellte der König den botanischen Garten zur Verfügung, an der Schlossgartenstraße rechts vom Eingange des Schlossgartens gelegen, ein entzückendes Fleckchen Erde, dicht am schönen, baumschmuckumrahmten Schlossgartensee. Auf diesem durch geschmackvolle Gartenkunst ungewöhnlich reizvoll sich präsentierenden Platze sollten zwei Theatergebäude, verbunden durch ein Verwaltungsgebäude, errichtet werden, das eine für die grossen Opern und die heroischen Dichtwerke, das kleine für Spielopern und für Dichtungen, bei denen eine intime Wirkung ein Unerlässliches ist. Nach dem Programm waren für das grosse Haus 1400, für das kleine 800 verkäufliche Plätze vorgesehen. Als Architekt und Leiter für das gesamte Bauwesen wurde Professor Littmann als erster Preisträger bestellt. Die Ausführung der Bauten wurde in Generalakkord einer Gesellschaft (Generalunternehmung für die Neubauten der Kgl. Hoftheater in Stuttgart) übertragen, die sich aus der Münchner Baufirma Heilmann & Liftmann und der Stuttgarter Architektenfirma Prof. P. Schmohl & G. Slaehelin gebildet hatte. Den Stuttgarter Hoftheaterneubau begann Littmann, der auf Grund seiner reichen technischen Erfahrungen wohl wie nur wenige andere sonst zur Lösung der zahllosen technischen Schwierigkeiten berufen schien, im September 1909. In gewaltigen Ausmessungen erhebt sich nun im leuchtenden Sandsteingelb unser stolzes Hoftheatergebäude. Selten wohl lässt sich für ein Theater ein so prächtiger Platz finden. Wenn man sich ihm vom Schlossplatze her naht, scheint es in dunkles Grün mächtiger Kastanienbäume gebettet, aus dessen hüllender Decke sein Antlitz freundlich hervorlugt, das sich, kokett wie ein minniglich Mägdlein, einen blitzblanken Seespiegel vor die hellen Augen hält. Schon äusserlich macht die Front der beiden Häuser den Eindruck des Festlichen. Und zwar in erheblich erhöhtem Grade die des Kleinen Hauses. Hier spricht der hohe, feierliche Ernst, der die antiken Völker erfüllte bei der Errichtung einer der Kunst gewidmeten Stätte unsterblichen Ruhmes. Gliederung und Formensprache, sowie der symbolisierende plastische Schmuck, auch die Steingötterreihe auf der Attika des Grossen Hauses -->1 verstärken diese -->1 Empfindung. Schinkel mit seinem berühmten Berliner Kgl. Schauspielhaus war auch Diese Figuren. die alle von Stuttgarter Künstlern stammen. sind, in der Reihenfoldiesmal wieder Littmanns Lehrmeister. ge von links nach rechts gesehen. folgende: An der halbmondförmig sich ausbuchtenden Schauseite des Grossen „Plastik“ von Prof. Adolf Fremd, „Architektur“ von Emil Kiemlen. „Technik“ von Prof. Hauses dominieren die sechs ionischen Säulenpaare, die auf „‘hoher Freitreppe kühn Theodor Bausch, „Dramatik“ von Melchior If. in die Höhe streben, um zwischen sich Raum zu lassen für sieben Eingangspforten Hugo, „Mimik“ von Prof. Ludwig Habich, „Gesang“ von Prof. Robert Pötzelberger, „Lyund darüber für sieben mächtig hohe Fenster, und um einen breiten freien Umgang rik“ von Prof. Adolf Donndorf, „Musik“ von zu tragen, von dem aus man einen entzückenden Blick auf den See und die villenDaniel Stocker, „Schauspielkunst“ von Karl Gimmi, „Malerei“ von Prof. Fremd. besäten grünen Rebenhügel rings geniesst. Das weit über die Fluchtlinie des Grossen Hauses und des den beiden Bühnenhäusern durch je einen dorischen Portikus angegliederten Verwaltungsgebäudes hinausdringende, ganz den antiken Tempelstil pathetisch zur Schau tragende Kleine Haus hat drei Eingangstüren, die von vier prächtigen korinthischen Säulen flankiert werden, und darüber ein schlichtes kahles Giebelfeld. Nicht eigentlich massig ist trotz seiner Riesenausdehnung (das Verwaltungsgebäude zwischen den bei den Tempeln misst allein 54 ½ Meter) der Gesamtbau, nicht schwerfällig, sondern im Ganzen von einfacher Harmonie. Auf der Schauseite des rechten Seitenflügels, an der Schlossgartenstraßenseite, befind en sich zwei Wagenanfahrten; die für die höchsten Herrschaften hat die Gestalt eines von dorischen Säulen getragenen Vorbaues. der aus dem durch Pilaster gefälliger gestalten, etwas hervortretenden Mitteltrakt wuchtig herausspringt. Beide Häuser haben noch eine zweite Zufahrt für die hohen
Herrschaften auf dem linken Flügel, und bei beiden reguliert sich der Eintritt nach dem nämlichen Prinzip: für die Fußgänger ist er vorn, für die Wagen sich Nahenden an den Seiten, beim Großen Haus rechts, beim Kleinen Haus links. Im übrigen sind die Seitenfluchten und mehr noch die nur durch ein Wiesen-Halbrondel zu ihren Füßen gefälliger gestaltete Rückseite an der Neckarstaße von geradezu spartanischer Einfachheit, passen sich jedoch unauffällig der Front an. So atmet denn der Gesamtbau in seinem Äußeren Geschlossenheit, Einheitlichkeit und Ruhe. Zur Beurteilung des Innern des Gesamtgebäudes muss man eine Scheidung eintreten lassen zwischen den Teilen, die den Zuschauern nur für kurze Zeit zum Aufenthalte dienen, und denen, innerhalb deren der komplizierte Apparat der Bühnenleitung tätig ist. Sieben eichenlasierte Doppeltüren von anheimelnder grünlicher Farbe (man begegnet ähnlichen Türen im ganzen Bau allenthalben) vermitteln den Zutritt zum Großen Hause vom Anlagensee her. Sofort empfängt man schon in der Kassenhalle den Eindruck des Weiten, Bequemen, Geräumigen, ja des unbeschränkten Raumes. Wir wissen sooft: es erwartet uns Großes und Großartiges, Glänzendes, Strahlendes. An der Außenwand befinden sich die beiden Kassenstände. Zwischen diesen sind zwei Tafeln in die Wand eingelassen, die in aller Kürze die Geschichte der württembergischen Hoftheatergebäude zusammenfassen. Sie wurden von der Württembergischen Metallwarenfabrik in Geislingen in Galvanobronze ausgeführt. An der Innenwand erhebt sich eine stattliche Reihe von schmucken Kandelabern. Schon hier beginnen sich die Wege nach den verschiedenen Rängen zu trennen, sowie nach rechts und links, entsprechend der Platzverteilung im ganzen Zuschauerraume. Ein paar Stufen führen zur zweiten Rotunde, in der sich, wie auch in den drei oberen Stockwerken, die Garderobenstände von einer Ausdehnung befinden, wie sie ein zweites deutsches Theater bisher wohl nicht kannte, jedenfalls geht der Massstab dieser Räumlichkeiten noch weit über die neuesten preussischen polizeilichen Theater-Raumvorschriften hinaus. Rechts und links ist wieder eine Treppe, der pompöse Aufgang zum ersten Range und zum Foyer, sowie auf der rechten, der Schlossgartenstraßenseite, der dreitorige Eingang für das in Wagen anfahrende Publikum, sodass also Fussgänger mit Wagen niemals kollidieren. Wir steigen an goldbronzenem Geländer eine der prachtvollen breiten, sandfarbenen Marmortreppen, deren zartgelbe Wände in stucco lustro zierliche Malereien in pompejanischer Art tragen, zum Foyer empor. Vom ersten Podest der linken Treppe führt ein kurzer Verbindungsgang zum Verwaltungsgebäude, unter der ersten Rangtreppe ein eigener Zugang zum Restaurant. Was uns im Foyer zunächst freudig überrascht, das ist die vornehme Farbenharmonie. Von der Decke hängt in kleinen Zwischenräumen in verschwenderischer Fülle eine lange Reihe von kostbaren kristallenen, blendenden und blitzenden Glaslüstern von grosser Eleganz und ruhiger Vornehmheit, die von dem blendend weissen, vielfeldrig gegliederten Plafond Ströme von Licht herab gießen. Dieser weniger als Erfrischungs-, denn als Wandelraum dienende langgestreckte halbmondförmige Saal ist das Hauptrepräsentationsstück des ganzen Riesenbaues. Festlichen Prunk trägt er demgemäss zur Schau, ohne überladen oder gar protzig zu wirken. Sechs auf goldgelbem Marmorboden sich erhebende altgolden gemaserte Säulenpaare mit dunkelgrünen, hellgemaserten echten Marmorsockeln und reich vergoldeten Kapitälen flankieren die Fenster. Ihnen gegenüber stehen in sechs korrespondierenden goldgrundierten Nischen meisterliche Marmorhermen von zartestem Weiss. Schöpfungen des in München ansässigen schwäbischen Bildhauers Emil Epple, Schiller, Goethe, Shakespeare, Wagner, Beethoven, Mozart darstellend. Epple offenbart sich hier als ein Plastiker von höchster geistreicher, feinsinnig und schöpferisch zugleich überragende Künstler-Individualitäten
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Das Verwaltungsgebäude
Das Große Haus von der Konrad-Adenauer-Straße, 1912
Deckengemälde von Julius Mössel
geschichte des grossen haues · kommentar: die beiden neuen häuser, paul wittko
Zuschauerraum im Großen Haus, 1912
nachfühlender Charakteristiken. Der prachtvolle blaue Smyrnateppich, der den Fussboden des ganzen Raumes bedeckt, die schweren und kostbaren gelben Vorhänge. die in dunkelgrünen Marmor eingelassene mattgoldene Supraporta zur Kgl. Loge, die von goldenem Lorbeer umrahmten Porträtköpfe des Königspaares darstellend, von Professor Ludwig Habich, dIe schönen. weissmarmornen, antik wirkenden Wandfriese der Habich-Schüler, die starken und trutzigen 34 Pilaster und manches andere noch verleihen dem Saale vielfache Reize. In hellen, leuchtenden Grundtönen gehalten, wirkt er üppig und glänzend zugleich. In seiner Gesamtheit ist er das splendide Erzeugnis der Munifizenz der Familie v. Siegle. Für das Publikum am interessantesten jedoch ist der Zuschauerraum des majestätischen Musenheims. Mehr noch als in den übrigen Räumen erhält man hier den Eindruck des Großzügigen, des Zeremoniösen. Dieser ganze Raum strotzt förmlich von feierlicher Herrlichkeit. Es ist eine brillante architektonische Farbensymphonie in silberfarbigem Clair-obscur, in reichem und geschmackvoll abgetöntem Licht, das aus dem 14 lüstrigen Lichtring mild und wohltuend herniederrieselt. Dieser eminent festliche Raum schliesst sich wohl ziemlich wesensähnlich den grandiosen historischen Staatsaktionen Schillers, überhaupt den grossen heroischen Tragödien der Weltliteratur, der erhabenen Kühnheit Beethovens und Wagners gewaltiger Nibelungentrilogie an. Auch die Stimmung der kühlen, formalästhetisierenden Dramen der jungen Neoromantiker zu wecken, scheint er mir berufen. Und das ist insofern von Wert, als ja unsere Jüngeren in Dichtung und Musik viel mehr der Hilfe der anderen Künste untertan sind, als die Klassiker der Poesie und Tonkunst. Des Silbers gleissendes Grau herrscht hier, wie gesagt, vor. Alle drei Ränge tragen durchweg Versilberung. Dazu tritt ein vornehmer matter Altgoldton. Die Wände tragen üppige Goldbrokatbespannung, und mattgelb ist die Polsterung des schwärzlichen Gestühls. Auch das Proszenium hat eine breite, prunkende, durch Kassetten unterbrochene Silberumrahmung. Das in Tempera ausgeführte, nächtlichblaue, figurenreiche Nässelsche Zodiakallichtbild der Decke bildet zu dem Silbergrau des Gesamtraums und zu dem Gold der plastischen Gurten eine im Lichte sich auflösende Antithese, für Laien mag übrigens interessant sein, dass man ungefähr 50 Schritte um das Bild herum zu machen hätte. Die drei vornehm wirkenden Proszeniumsvorhänge in Applikationsstickerei wurden von Otto Nerz in Ravensburg hergestellt. Der Bühne gegenüber befindet sich in der Mitte des Parterres die Regieloge, in der Mitte des ersten Ranges die grosse Kgl. Hofloge und zu beiden Seiten von dem Proszenium im ersten Range die Kgl. Logen. Diesen beiden, das Königswappen tragenden Logen, von denen rechts die des Königspaares, links die des Herzogs Albrecht ist, sind noch zu beiden Seiten je zwei weitere kleinere Logen angegliedert. Sie sind bestimmt für den Herzog von Urach, für Königliche Gäste und den Intendanten. Der Königlichen Loge schliessen sich nach hinten zu reservierte Zimmer nebst einer Küche mit elektrischem Kochherd an. Diese Räume erhielten eine besonders vornehme und an künstlerischem Schmuck reiche Ausstattung. Der Intendant hat gleichfalls zwei Zimmer hinter seiner Loge, ein Erfrischung- und ein Arbeitszimmer. von dem aus eine Tür auf die Hinterbühne führt. Ausserdem schliesst sich an die mit pompejanischer Wandmalerei geschmückte rechte Wandelhalle des ersten Ranges ein dem Publikum verborgener direkter Gang nach dem Kleinen Hause. Die übrigen 14 Logen sind auch allesamt hübsch und anheimelnd eingerichtet. Allenthalben haben die fast amphitheatralisch ansteigenden Sitze, auch die hintersten im dritten Range, eine behagliche Breite und Armstützen. Eine weitere Annehmlichkeit ist der Umstand, dass erstens, was den meisten Theatern immer noch fehlt, alle 1452 Plätze des Großen und 802 des Kleinen Hauses Sitzplätze sind, und zweitens, dass wohl von jedem Platze aus in den hufeisenförmig sich ausbuchtenden Zuschauerräumen der beiden Häuser, in denen in schönen Linien sich die Ränge schwingen, zum mindesten der allergrösste Teil der Bühnen übersehen werden kann. Auch die Säulen im dritten Range des Großen Hauses hindern den freien Ausblick nicht, denn die ungewöhnlich breiten und darum ausserordentlich bequemen Ausladungen des ersten und des zweiten Ranges werden nicht gestützt. Der ganze Raum misst 24:21 Meter. In das durch elektrische Vorrichtung leicht zu verengernde Proszenium ist ein kleiner Raum eingebaut. in dem die elektrisch betriebene Orgel sich befindet. Der Organist ist durch ein verstecktes Fensterchen von seinem Sitze aus der Winke des Kapellmeisters gewärtig. Da die Orgelpfeifen in den obersten Teilen des Proszeniums untergebracht sind, werden sich gewiss die herrlichsten Orgelklangwirkungen erzielen lassen. Das geräumige Orchester lässt sich durch leicht funktionierende Vorkehrungen für Schauspielvorstellungen überbauen. wodurch zwei Sitzreihen mehr geschaffen werden. Betroffen und bezaubert wird, wer das Kleine Haus betritt. Die strenge Klassik seines Äusseren lässt auf kühle vornehme Würde, wohl gar auf gemessene, lineare Steifheit schliessen. Doch man schreitet durch ein freundliches Vestibül, den Kassenraum, und hat im Innern sofort das Gefühl des Intimen, Heimeligen, Anmutig-Gefälligen. Hier vermag man nicht in strotzender Galakleidung zu stolzieren, aber ebenso wenig in den Gewändern des Werktags; hier möchte man heiter
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gewandet sein, schmucklos, aber hell und licht. Denn lustig ist es hier zu wandeln. Überraschendere Kontraste als das Innere des Grossen und des Kleinen Hauses sind nicht denkbar. Wie nahe lag für den Architekten die Gefahr, sich in beiden Häusern, entsprechend dem notwendiger weise einheitlichen Äusseren, sich auch, ohne Not, im Innern einfach zu wiederholen. Und wie glücklich hat er diese Wiederholung vermieden! Hier ist, im Gegensätze zu der pompösen und reichen und, dem Stil und der Aufgabe entsprechend, etwas steifen Emphase des Grossen Hauses alles anmutsvoll, zierlich, leicht, von runder, flotter Eleganz. Dort alles Stuck, Stein, Marmor, hier allenthalben Holz. Das scheint feuergefährlich, doch drunter ist alles Eisenbeton. Die Fenster tragen freundliche Kunstverglasung. Der Zuschauerraum ist ein allerliebstes altväterisches Schmuckkästlein, ein „Puppenheim“, um einen neuklassischen Ausdruck zu wählen, Architektur gewordene Melodie, geschaffen wie zur Heimstatt Mozarts, Molières, – und Mörikes. Schelmisches und Treuherziges liegt in diesem bauchig behaglichen Biedermeier-Räume. etwas. was an Landomnibus und Extrapost. an altertümlich befrackte Hagestolze und spitze Vatermörder, an kokette Häubchen und gebauschte Röckchen, an die Poesie des biederen deutschen Familienlebens erinnert. Die farben- und formengefälligkeit wird erzeugt durch die reizende, Urväterhausrat nachahmende Kirschholzverkleidung der beiden Ränge, durch den weissen Putzton der Decke, durch das Mattgold des grossen, den Raum krönenden Lüsters. das leuchtende Grün des italienischen Brokatss das die Wände deckt. Die reich gestickte grünseidene Zuggardine schuf Margarete v. Brauchitsch. Die gleiche festlich frohe Stimmung erzeugt das entzückende kleine Foyer in seinem glänzenden polierten Gewande aus gemasertem amerikanischem Birkenholz, seinen prachtvollen fünf Wandgemälden von Adolf Münzer, seinen 28 Lüstern. Propheten rechts. Propheten links, das Weltkind in der Mitten. Zwischen diesen Häusern dehnt sich, praktisch gelagert und gestaltet, das architektonisch nüchterne Verwaltungsgebäude mit den umfangreiche Telefon- und Mikrofonsysteme beherbergenden Kanzleiräumen einschliesslich der Bibliotheken im Erdgeschoss und den Garderobemagazinen in den Obergeschossen. Da drängen sich auf einem Raum von insgesamt 1600 qm im Feuerversicherungswerte von 520 000 Mk. Schränke an Schränke,. Riegel an Riegel, vollgefüllt und behängt mit Garderobestücken aller Art. Da knistert hell leuchtende Seide in allen Nuancen, sichtbar bestimmt für die grossen Schiller‘schen Staatsaktionen, da schimmert Samt in den tiefsten, sattesten Farben, da glänzt steifer Brokat, in malerischen Farben drapieren sich dort Damastgewänder, während hier weiche Pelzröcke sich eng zusammenschmiegen. In diesen weiten Räumen gleisst es und glitzerts, blitzt es und blinkt es nicht nur sondern der Reichtum an Kostümen erstreckt sich auch auf eine Unzahl alter verschlissener Sachen, für Vagabunden und raue Krieger, man sieht besudelte Reiterkoller und zerfetzte Bettlerlumpen und dergleichen. Von der Rüstkammer, der Möbelniederlage und all den anderen Speichern, sowie von den grossen,. musterhaft belichteten Malersälen, der Schneiderei, der Schusterei, der Schreinerei etc. zu sprechen, mangelt es hier an Raum. Nur ein paar Worte noch vom Keller des Verwaltungsgebäudes. Darinnen winken uns, nach Apolls und seiner Musen splendiden Spenden, der Ceres und des Bacchus Gaben, die wahrlich auch nicht zu verachten sind. Im tiefen Keller sitzt man hier bei einem Glas voll Reben. Es ist ein höchst wohliges, artig ansprechendes, zum Verweilen lockendes Restaurationslokal, das täglich 1 ½ Stunden vor Beginn der Vorstellung geöffnet werden und bis 12 Uhr nachts auch für Nichttheaterbesucher zugänglich sein wird. An einer der Wände dieses Lokales sollte Rückerts Spruch stehen: „die seele vom genuss, o freund, ist dessen kürze. ein tor klagt übern schmaus, dass er zu früh sei aus; ein weiser isst sich satt und geht vergnügt nach haus.“ Die Urgemütlichkeit dieses fünf Abteilungen umfassenden Lokals, das direkte Zugänge zu bei den Häusern hat, wird erzeugt einmal durch die braune Täfelung oder den blaugrünen Anstrich der Wände, durch die geräumigen und lauschigen Nischen, durch die keineswegs drückende Niedrigkeit der Räume, durch die ulkigen, altfränkische Strassenlaternen oder uralte Ritterschlosskronleuchter nachahmenden Beleuchtungskörper, durch das dunkle, bequeme, graubraun gepolsterte Gestühl, die netten, schwäbische Städte darstellenden Freskomalereien von Sachse und Rothmann. Die Bühne des Grossen Hauses ist von ausserordentlichen Dimensionen. Sie misst 21½:28 Meter (die des Kleinen Hauses 11 : 20.6 Meter). Zu schwindelnder Höhe (39 Meter) erhebt sich der Schnürboden, und darunter befindet sich ein verwickeltes Versenkungssystem mit seinen unzähligen unterirdischen Eisenstangen und Drähten. Hinter- und Seitenbühne bieten offenbar reichen Raum zu den schwierigsten Szenenvorbereitungen am Vorstellungsabend. Auf diesen
Besucherparkplatz vor dem Haupteingang des Großen Haus
geschichte des grossen haues · kommentar: die beiden neuen häuser, paul wittko
beiden Nebenbühnen, mit denen übrigens auch das Kleine Haus versehen ist, lassen sich ganze Szenenbilder während der Aufführung aufs exakteste herstellen, die dann nur nach dem Aktschluss elektrisch auf die Vorderbühne gefahren zu werden brauchen, worauf sofort der nächste Akt beginnen kann. Diese Schiebebühnen entsprechen also im wesentlichen praktisch der Drehbühne. Die Bühne ist nach allen Seiten mit starkem Mauerwerk und eisernen Türen abgeschlossen; ebenso die unmittelbar an die Bühne anstoßenden schmalen aber riesenhohen Räume für die Prospekte, die mit elektrischen Aufzügen, Stuttgarter Konstruktion, versehen sind, in denen sich die Bedienung schnell und prompt abspielen kann. Die großen Versatzstücke, die sich bis zur Turmhöhe dehnen, werden aus ihrem nahen Kolossalspeicher auf einer Schwebebahn zur Bühne gebracht. Die parallel zu dem Verwaltungsgebäude stehende, durch Seitenflügel mit ihm verbundene Kulissenhaus gliedert sich unmittelbar seitlich an das Große Haus an. So entstand ein lauschig verschwiegener Innenhof von besonderen Reizen. Maschinell ist dieses Riesengebäude so eminent praktisch ausgestattet, dass z.B. fortan der Ausfall einer Opernvorstellung durch plötzliche Erkrankung oder dergleichen nahezu ausgeschlossen ist. Auf die einfachste, unkomplizierteste Weise lässt sich der ganze dekorative Apparat jeder beliebigen Repertoire-Oper einschieben, die an die Stelle der abzusagenden ohne weitere technische Schwierigkeiten treten kann. Hier ist auch das mächtige Kesselhaus. Groß und hell und luftig sind die Garderobenzimmer der Künstler, geradezu imposant und wohl einzig in ihrer vorbildlichen Größe die Probenräume für die Oper, Schauspiel, Chor und Ballett. Es ergibt sich aus der Darstellung der Innenausstattung unseres neuen Königlichen Hoftheaters, dass wir in diesem Neubau so reiche Anregungen aus dem Gebiete der bildenden Künste erhalten, dass man fast zu der Meinung kommen könnte, es würde den Darstellern, die doch eigentlich das erste Wort zu reden haben, schwer werden, ihre Kunst immer auf die gleiche Stufe eines neuartigen Interesses zu bringen. Aber auch nach dieser Richtung wollen wir das beste hoffen! Mögen in den neuen Häusern alle Künste sich dazu vereinen, das Publikum zu lehren, dass die Kunst das vornehmste Vergnügen ist, ein Genuss des Geistes, der nach dem Höchsten und Edelsten begehrt.
GESCHICHTE DES GROSSEN HAUSES DAS GROSSE HAUS IM NATIONALSOZIALISMUS
12.8.1981 — Das US-amerikanische Unternehmen IBM stellt den ersten Personal Computer (PC)
16.4.1982 — Das erste deutsche Retortenbaby wird geboren 24.4.1982 — Nicole gewinnt den Eurovision Song Contest mit dem Lied „Ein bisschen Frieden“ 1.10.1982 — Helmut Kohl wird Bundeskanzler
geschichte des grossen hauses
DIE VERTREIBUNG DER JUDEN
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AUS DER OPER 1933–1945 1920–1924: spielräume und grenzen
Das 1912 von Max Littmann neu erbaute Königliche Hoftheater in Stuttgart galt als Deutschlands schönster und zweckmäßigster Theaterbau. 1918 begann für das Haus unter dem neuen Namen Württembergisches Landestheater auch eine neue Ära: Der Staat hatte die Trägerschaft übernommen und teilte sich die Kosten mit dem Theater und der Stadt. Das Große Haus war ab jetzt meist der Ort der Oper, das Kleine Haus der des Schauspiels. Das Ensemble zählte 500 Personen. In den zwanziger Jahren galten die Staatstheater in Berlin, Dresden und München als die führenden deutschen Bühnen, Stuttgart nahm mit Hamburg, Köln und Frankfurt einen geachteten zweiten Rang ein. Das bezeugen die 50 Uraufführungen, die im Schauspiel, und die 20, die in der Stuttgarter Oper in der Zeit von 1920 bis 1933 stattfinden. Verantwortlich für diese herausgehobene Stellung war Albert Kehm. Ursprünglich Schauspieler, danach ins Regiefach gewechselt und zuBuchcover Karl Grunsky: letzt Direktor des Stadttheaters Bern, hatte der Geistesleben und Judentum, 39-jährige Kehm 1920 die Leitung des WürttemHamburg 1920 bergischen Landestheater übernommen. Mit Rücksicht auf ein weitgehend konservatives Publikum erweiterte er das klassische Repertoire um dadurch Spielraum für Neues zu schaffen. Unterstützung fand er bei seinem Generalmusikdirektor Fritz Busch, der von 1918 bis 1922 am engagiert war. Buch verantwortete eine bahnbrechende, weil die Regieanweisungen Wagners missachtende Aufführung von Der Ring der Nibelungen. Im Juni 1921 folgte ein weiteres Experiment: Hindemiths Einakter Mörder, Hoffnung der Frauen und Das Nasch-Nuschi, nach Texten von Oskar Kokoschka und Franz Blei. Das Bühnenbild und die Kostüme stammten von Oskar Schlemmer, dessen Triadisches Ballett ein Jahr später uraufgeführt wurde. Hindemiths Einakter führten wegen der angeblichen „Obszönität“ der Texte und eines „unverschämten“ Zitats aus Wagners Tristan und Isolde zu einem Aufschrei und der Absetzung der Inszenierung. Das Gleiche geschah, als wenige Tage später die Komödie Der Kuhhandel wegen angeblicher Beleidigung der religiösen Gefühle der Bevölkerung durch den der Demokratischen Partei angehörenden
Kultusminister Johannes Hieber vom Spielplan genommen wurde. Kehm und Busch boten ihren Rücktritt an, der nur durch Vertrauenserklärungen von Minister und Theaterausschuss abgewendet werden konnte. Im Jahr 1924 kam es bei der Premiere von Büchners Dantons Tod zu Tumulten, als textgetreu einige Takte der Marseillaise erklangen. Das sei, wütete die Süddeutsche Zeitung, während französische Truppen das Ruhrgebiet besetzt hielten, eine „Attacke auf den Vaterlandstolz deutschfühlender Menschen“. Die deutschnationale Bürgerpartei formulierte eine parlamentarische Anfrage und der völkische Schriftsteller Georg Schmückle sprach der Theaterleitung „die nationale Ehre“ ab. Als Kehm und seine Mitstreiter dagegen gerichtlich vorgingen, unterlagen sie – wegen fehlendem „nationalen Taktes“. Diese Theaterskandale waren, wie die vorangegangenen Proteste gegen die Stücke Frank Wedekinds in Hannover und München, Ernst Tollers in Nürnberg und Arthur Schnitzlers in Berlin, kein spontaner Ausbruch des „Volkszorns“. Sie wurden initiiert vom Deutschvölkischen Schutzund Trutzbund, der größten antisemitischen Massenorganisation der ersten Nachkriegsjahre. Der Schutz- und Trutzbund machte die Juden nicht nur für die Niederlage und die Revolution von 1918 verantwortlich, sondern war auch überzeugt, dass der Tempel der deutschen Kultur, wie es der Stuttgarter Musikkritiker Karl Grunsky formulierte, durch die von ihnen initiierte Kunstmoderne „entgeistert und entwürdigt, aufs Diesseits und die jüdischen Genussziele ausgerichtet“ würde.
1924–1930: das gefesselte theater Oper und Schauspiel waren nicht nur vom Publikum, sondern als Staatsbetrieb vor allem von der Politik abhängig. Die 1919 gewählte erste Nachkriegsregierung war eine Koalition aus SPD, der liberalen Demokratischen Partei und dem katholischen Zentrum. Ihr Kultusminister Berthold Heumann sollte der einzige württembergische Amtsträger sein, der rückhaltlos für die Freiheit der Kunst eintrat. Bei den Landtagswahlen 1920 schied die SPD nach hohen Verlusten aus und tolerierte die Minderheitsregierung von Zentrum und Demokraten. Schon im Mai 1924 kam es zu einer weiteren, diesmal dramatischen Zäsur: Ein Drittel der Wähler hatte einem Bündnis der deutschnationalen Zwillinge Bür-
25.4.1983 — Der „stern“ gibt den Fund der Hitler-Tagebücher bekannt
1.1.1984 — Start des Privatfernsehens
24.1.1984 — Apple führt den Macintosh ein
19.5.1984 — Der VfB Stuttgart wird Deutscher Fußballmeister 1.8.1984 — Die Anschnallpflicht in Deutschland wird eingeführt
gerpartei und Bauernbund und -den rechtsradikalen Vaterländischen Verbänden ihre Stimme gegeben. Auch die offiziell verbotene NSDAP gewann drei Sitze. Wilhelm Bazille, der Führer der Bürgerpartei, wurde Ministerpräsident und Kultusminister einer Koalition mit Bauernbund und Zentrum. Für die Freiheit der Kunst verhieß das nichts Gutes. Als Carl Zuckmayers Volksstück Der fröhliche Weinberg 1926 wegen seiner derben Erotik Proteste auslöste, forderten die Regierungsparteien im Namen „der christlichen Moral“ die staatliche Kontrolle des Spielplans. Der Ruf verschärfte sich bei Ernst Kreneks Welterfolg Jonny spiel auf im Februar 1928. Der öffentliche Aufschrei gegen diese Geschichte eines dunkelhäutigen Schelmen und Jazzmusikers, der mit dem Diebstahl einer wertvollen Geige einen irrwitzigen Wirbel von Ereignissen in Gang setzt, war ein Ausdruck von blankem Rassismus. „Ein Sieg der Niggerkultur und des Yankeetums über die alte europäische Kultur“, dröhnte es im Parlament, „ein Nigger, der über die weißen Frauen herfällt“, hetzte die Presse. Im Wahlaufruf der beiden deutschnationalen Parteien und der Vaterländischen Verbände hatte es geheißen: „Die Stärkung und Pflege wahrhaften Deutschtums auf der Grundlage nordisch-germanischer Eigenart und Ausscheidung aller fremdblütigen und artfremden, besonders jüdischer Einflüsse, im Leben und Wesen des deutschen Volkes ist ein Kernstück deutschnationaler Politik.“ Das schien die Plattform zu sein, auf der offensichtlich auch große Teile des Bürgertums ihren Kampf gegen die Moderne ausfochten. Wilhelm Bazille, in der Opposition ein gefährlicher Demagoge, mied als Minister die starken Worte. Er verteidigte das Theater und versuchte, in einer heimlichen Koalition mit dem Intendanten vorab alle Konflikte auszuschalten: Zur verabredeten Aufführung von Georg Bernard Shaws Die Heilige Johanna kam es erst nach Protesten des Autors, die Uraufführung von Friedrich Wolfs Kolonne Hund überließ man anderen Theatern und der Antrag der Bühnengenossenschaft, Ferdinand Bruckners Die Verbrecher in einer geschlossenen Veranstaltung aufzuführen, wurde abgelehnt. Albert Kehm hoffte, durch Nachgeben seinem Haus die Bewegungsfreiheit zu erhalten. Der Spielplan mit den gottsucherischen Traumspielern des Bildhauers Ernst Barlach und den sozialrevolutionären Dramen des Stuttgarter Arztes Friedrich Wolf, mit Stücken von Bertholt Brecht, Bernhard Blume und Günther Weizenkorn gab ihm recht. Und im Großen Haus hatte, in der Regie von Harry Stangenberg, die zeitoper mit Ernst Kreneks Leben des Orest, Paul Hindemiths Cardillac und Kurt Weills und Georg Kaisers Der Protagonist/Der Zar lässt sich fotografieren Konjunktur. 1930 brach das alles ab. Die Wirtschaftskrise erreichte auch das Theater. Und die NSDAP schickte sich an, die Freiheit der Kunst und die Republik zu schleifen.
1930–1932: der angriff Am 10. Juli 1920 wurden in Stuttgart die Ortsgruppe der NSDAP gegründet. Vorausgegangen waren zwei öffentliche Auftritte Hitlers, bei denen er gegen „den Dolchstoß“ von 1918, den „Schmachfrieden“ von Versailles und die dafür Verantwortlichen, die Juden, getzt hatte. Veranstalter war der Deutschvölkerische Schutz- und Trutzbund, aus dem die neue Ortsgruppe auch ihre ersten Mitglieder gewann und deren Geschäftsstelle bis zum Sommer 1921 mitbenutzen durfte. Erst dann begann die Entwicklung der NSDAP zu einer eigenständigen politischen Kraft. 1923 zählte sie in Stuttgart 800 und in Württemberg 6000 Mitglieder. Das nach dem gescheiterten Münchner Putsch erfolgte Parteiverbot konnten die württembergischen Nazis dank der Duldung der Polizei zwar unterlaufen, sodass es ihnen 1924 sogar gelang, drei Sitze im Landtag zu gewinnen. Aber als Hitler 1925 im Zuge der reichsweiten Neugründung der NSDAP mehrmals nach Stuttgart kam, traf er auf einen zersplitterten Parteihaufen. Hitler in Stuttgart 1925 Die in der Verbotszeit vom nationalsoziaBildarchiv Preußischer Kulturbesitz listischen Abgeordneten Christian Mergenthaler Berlin / Foto: H. Hoffmann gegründete Nachfolgeorganisation schloss sich erst 1927 wieder der NSDAP an, und der nach dem Rücktritt der Gauleitung 1928 neu ernannte Gauleiter Wilhelm Murr war in persönliche Grabenkämpfe mit Ortgruppenleitern und SA-Führern verstrickt. Bei den Wahlen von 1928 bekam die Partei nur noch ein Drittel der bisherigen Stimmen und lediglich einen Sitz im Stuttgarter Landtag. Erst 1930 gelang es Murr die Parteiorganisation zu stabilisieren und von der auch Württemberg zunehmenden Arbeitslosigkeit wie von der reichsweiten Popularität Hitlers zu profitieren. Als NSDAP bei den Wahlen im September zweitstärkste Fraktion im Reichstag wurde, zeigten auch die Stuttgarter Nazis ihre neue Macht. Erstmals organisierten sie und ihr Kampfbund für deutsche Kultur den AnGauleiter Wilhelm Murr griff auf das verhasste Landestheater. Stadtarchiv Stuttgart Mehr als 400 Parteigänger versuchten am 18. Oktober 1930, mit Stinkbomen und Sprechchören die Uraufführung von Ossip Dymows und Béla Reinitz’ Musical Schatten über Harlem zu sprengen. Die Geschichte vom geplatzten Traum farbiger Angestellter einer New Yorker Absteige, eine autonome Republik zu gründen, war für den Völkischen Beobachter nicht nur ein Beleg für den „Rassenkampf “ der Schwarzen, sondern das Fanal
1985 — Alexey Pajitnov programmiert das Spiel Tetris
7.7.1985 — Boris Becker siegt als erster Deutscher mit 17 Jahren beim Grand-Slam-Turnier in Wimbledon
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19.2.1986 — Die UdSSR schießt das Kernmodul der Raumstation „Mir“ in die Erdumlaufbahn 26.4.1986 — Mit der Expolsion von Block 4 beginnt die Katastophe von Tschernobyl
der „Rache Judas an der weißen Rasse“. Erstmals kam es auf offener Bühne zur Diffamierung jüdischer Schauspieler. Das Stück wurde, nach tagelanger Auseinandersetzungen, unter dem Beifall der meisten Stuttgarter Zeitungen abgesetzt. Mergenthaler forderte im Landtag den Rücktritt der Theaterleitung. Der ab Januar 1931 täglich erscheinende NS-Kurier führte diesen Kampf fort. Sein Chefkritiker Karl Grunsky vermied es zwar, die Juden im Ensemble persönlich zu denunzieren. Aber er propagierte offen die „Ausscheidung des jüdischen Elements“ aus Oper und Theater, gemeinsam mit den Opportunisten, die – das galt Albert Kehm – „mit dem Judentum Freundschaft hielten“. Dieses Szenario der „Ausscheidung“ rückte näher, als die NSDAP im Frühjahr 1932 stärkste Partei im Landtag wurde und die Regierung des Zentrumspolitikers Eugen Bolz nur noch geschäftsführend im Amt blieb. Das Stuttgarter Theater versuchte sich zu retten, indem es statt Alban Bergs Wozzeck und Bertholt Brechts /Kurt Weills Mahagonny die patriotischen Dramen des Hausdramaturgen Walter Erich Schäfer, des Deutschnationalen Sigmund Graff und des Danton-Provokateurs und Nazi Georg Schmückle zur Aufführung brachte. Diese Geste der Anpassung sollte sich als nutzlos erweisen.
1933–1936: die vertreibung Hitler hatte die Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 mit der Ankündigung von Neuwahlen am 5. März verbunden und damit den Schlussakt seiner erfolgreichen Strategie, das demokratische System mit dessen eigenen Waffen zu schlagen, eingeleitet. Gestützt auf das Württembergisches Staatstheater im Schmuck Wahlergebnis, das der NSDAP in der Hakenkreuzfahnen Württemberg einer Verdopplung des Staatsarchiv Ludwigsburg Stimmenanteils auf 42 Prozent eingebracht hatte, hissten SA-Kommandos am 7. März auf dem Landtagsgebäude, dem Rathaus und dem Landestheater die Hakenkreuzfahne. Der dafür verantwortliche SA-Führer Dietrich von Jagow wusste, was er tat: Einen Tag später übertrug ihm die Reichsregierung die vollziehende Gewalt im Land. Die Regierung des Zentrumspolitikers Eugen Bolz, der den Aufstieg der NSDAP großzügig geduldet hatte, war damit am Ende. Am 15. März wurde Gauleiter Murr, gegen die Stimmen der SPD und ohne die schon ausgeschaltete KPD, zum neuen Staatspräsidenten gewählt. Kultusminister wurde der seit Jahren schärfste Gegner des Landestheaters, der „Alte Kämpfer“ und bisherige Landtagspräsident Mergenthaler. Er übernahm im Mai, nachdem Murr Reichsstatt-
halter und somit Staatschef geworden war, auch das Amt des Ministerpräsidenten. Der Landtag wurde im Zuge der Gleichschaltung der Länder Ende November 1933 aufgelöst. Die erste Amtshandlung Mergenthalers zur Neuordnung des Theaters war die am 27. März erfolgte Absetzung der bisherigen Leitung – des Intendanten Albert Kehm, des Verwaltungsdirektors Otto Paul sowie der Oberspielleiter von Oper und Schauspiel Harry Stangenberg und Friedrich Brandenburg. Am gleichen Tag wurde der Nationalsozialist Otto Krauß, der als Oberspielleiter an diversen Opernhäusern, zuletzt an der Städtischen Oper in Berlin, gearbeitet hatte, als neuer Intendant eingesetzt. Er übernahm diejenigen, die zur Mitarbeit bereit waren – den farblosen Generalmusikdirektor Carl Leonhard und den von der Nazipresse als hoffnungsvollen Bühnenautor gefeierten Dramaturgen Walter Erich Schäfer –, und besetzte die frei gewordenen Positionen mit zuverlässigen Parteimitgliedern. Zeitgleich betrieben Kultusministerium und Gauleitung „die Ausscheidung des jüdischen Elements“. Noch vor Inkrafttreten des am 7. April erlassenen Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, das die Entlassung nichtarischer und politisch unzuverlässiger Beamter befahl, wurden die prominenten Juden – die Schauspieler Fritz Wissen und Max Marx sowie die Sänger Hermann Weil und Hermann Horner – Ende März gekündigt. Alle übrigen Ensemblemitgliedern wurden von einem eigens eingesetzten Beauftragten für die Durchführung des Berufsbeamtengesetzes bezüglich ihrer rassischen Herkunft und ihrer früheren politischen Betätigung überprüft. Als Grundlage dienten Fragebögen, die man im Mai und Juli verteilte. Infolge dieser Erfassung wurden im Mai die Balletttänzerin Suse Rosen und der Chorsänger Leon Aschil, im Juli die Schauspielerin Eva Heymann und der Bassist Reinhold Fritz, im November die Chorsängerinnen Else Räder und Erna Both aus rassischen Gründen entlassen. Im September musste der Bühnenarbeiter Eberhard Hermann, weil er aktives KPD-Mitgleid war, gehen. Nur zwei jüdische Ensemblemitglieder, der Chorsänger Max Heinemann und der Kammermusiker Julius Brauer, blieben zunächst verschont – weil man sie noch brauchte. Sie wurden Ende 1935 bzw. im Herbst 1936 vertippen. Bei einer Anfrage des Kultusministeriums vom 11. Februar 1937 „Betr.: Beschäftigung von Juden“ lautete die Antwort des Intendanten: „Fehlanzeige“. Das Württembergische Staatstheater, wie das Haus jetzt hieß, war judenfrei.
Das Große Haus und der Anlagensee nach dem Krieg, 1949 / Fotos: Stadtarchiv Stuttgart
geschichte des grossen haues 路 die vertreibung der juden aus der oper 1933-1945
GESCHICHTE DES GROSSEN HAUSES DER UMBAU DES GROSSEN HAUSES 1956
9.10.1986 — Welturaufführung des Musicals „Das Phantom der Oper“
1.5.1988 — ICE-Rekordfahrt mit 406,9 km/h
12.3.1989 — Geburt von Kai Strömer 18.10.1989 — Erich Honecker tritt zurück 9.11.1989 — Öffnung der Berliner Mauer und innerdeutschen Grenzen
geschichte des grossen hauses
DIE MODERNISIERUNG
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DES GROSSES HAUSES 1956 „DIE GESCHICHTE BESTEHT HAUPTSÄCHLICH AUS ANSCHULDIGUNGEN.“ george bernard shaw
rückschau in die zeitgeschichte Was waren die Hintergründe und Ziele der Modernisierung des Großen Hauses 1956? Einfache Antworten dazu hat es schon mehrfach gegeben – zu einfache. Kritiker, die weder den alten Theaterraum noch den neuen von 1956 kannten, lassen sich genug finden, auch solche, die später verurteilten, was sie damals beklatschten. Wenn sich im Laufe von 30 Jahren Wertvorstellungen so ändern, dass die Gegenwart wieder herstellt, was die Vergangenheit als Hypothek empfand, dann gibt es dafür viele Ursachen, die nicht zuletzt in einer Wandlung des Geschichtsverständnisses liegen. Da man Geschichte nie rückwärts lesen kann, muss man das Heute aus dem Gestern erklären. Ein Blick auf die Nachkriegszeit ist deshalb um so nötiger, als heutige „Fertigmeinungen“ oft durch ein erstaunliches Maß an überheblicher Unkenntnis oder Oberflächlichkeit gekennzeichnet sind und unfreiwillig offenlegen, wie wenig es bisher gelungen ist, das Gestern zu vermitteln. Wenn aber Geschichte bedeutet, dass eine Kultur sich Rechenschaft über ihre Vergangenheit ablegt, dann kann sie diese nicht aus der Gegenwart heraus interpretieren. Der Krieg hatte nicht nur überall die Spuren der sinnlosen Vernichtung hinterlassen; er hatte auch die gesamte geistige und moralische Topographie verändert. Uns Jungen schien damals die vorangegangene Zeit wie der Einbruch des Nichts in die Geschichte. 1945 wurde zu einem „Jahr Null“. Die neue Zeitrechnung begann mit der Sicherung des Überlebens und der Überwindung der existenziellen Not. Das Kulturleben profitierte von dieser Not. Da es nichts zu essen gab, füllte geistiger Hunger die Theater-, Konzertund Hörsäle. Man fühlte sich befreit bei dem Gedanken, dass Deutschland seine politische und wirtschaftliche Macht für alle Zeiten verspielt habe und nun die große Chance hatte, sich kulturell ungehindert entfalten zu können. Die schlechten äußeren Umstände nahm man für diesen Gewinn gerne in Kauf. Das Kleine Haus und die Liederhalle waren dahin. Furtwängler dirigierte im StraßenbahnerWaldeim und Münchinger gab seine ersten Konzerte im Betsaal des Furtbachhauses.
Im Großen Haus hatten die Amerikaner ihren PX-Club eingerichtet. Kaugummikauende GI‘s legten unter den weißen Marmorbüsten von Beethoven, Mozart und Wagner die Füsse auf die polierten Tische im Foyer, wo einst Stuttgarts Theaterpublikum in festlicher Garderobe die Cour machte. Eines Tages ließen sie einen wenigstens wieder ins Parkett zu Vorstellungen am frühen Abend, da man vor der Sperrstunde wieder zu Hause sein musste. Man behielt den Mantel an, weil es keine Garderobe gab, und obwohl man pflichtgemäß sein Holzscheit für die Heizung mitgebracht hatte, fror man wie Mimi auf der Bühne, deren letzte Seufzer durch die im Foyer zu Boden gehenden Ping-Pong-Bälle oder durch die Klänge von „In the mood“ untermalt wurden. Ja, die Amis hatten gesiegt, aber kulturell fühlte man sich doch sehr bestärkt: eine Schande, wie die mit unserem Großen Haus umgehen! Irgendwie schien es entweiht. Die Währungsreform erlaubte, Theaterkarten wieder zu normalen Preisen zu erwerben. Die US-Besatzungsmacht hatte das Haus freigegeben, und 1949, als das Grundgesetz verkündet wurde, begann auch die neue „Ära Schäfer“. Seine Initiative führte zu der grundlegenden Instandsetzung und Modernisierung des Zuschauerraumes 1956, gerade erst ein Jahr nachdem die Bundesrepublik ein souveräner Rechtsstaat geworden war. Noch waren Städte wie Stuttgart durch die Zerstörungen gekennzeichnet. Aber überall war man dabei aufzubauen und durch Neues auch geistige Veränderung sichtbar zu machen. Zur gleichen Zeit entstanden die Liederhalle von Abel und Gutbrod und das Rathaus von Stohrer und Schmohl. Der Wettbewerb für das Kleine Haus war gerade prämiert, aber noch lange nicht entschieden worden; der Wettbewerb für das Landtagsgebäude lief, der zugleich klären sollte, was mit der malerischen Ruine des Neuen Schlosses geschehen sollte, deren Wiederaufbau durchaus umstritten war: schließlich hatte man keinen König mehr – allerdings schon seit 1918. Jede Bauaufgabe stellte eine Herausforderung dar, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und sie an einer neuen Gegenwart zu messen. Moderne und Reaktionäre standen in kämpferischer Haltung gegeneinander und brachten ihre Gesinnung in Bauten zum Ausdruck. Einerlei, ob fortschrittlich oder konservativ gesonnen: Der Zeitgeist scheute auch nicht vor dem Historischen zurück, überall wurde geändert, wie zum Beispiel die hausbackene Raumgestaltung der wiederaufgebauten Stiftskirche zeigt, sei es aus Not, sei es, um eine geistige Haltung zu demonstrieren. Den Neubau beiderer Wohnhäuschen auf
31.1.1990 — Die erste McDonald‘s-Filiale in Moskau wird eröffnet 8.7.1990 — Andi Brehme verwandelt den Foulelfmeter gegen Argentinien und führt Deutschland somit zum dritten Weltmeistertitel
den Trümmergrundstücken der Weißenhofsiedlung empfanden wir als einen bewussten politischen Protest gegen die Moderne, den Abbruch von Mendelsohns Kaufhaus Schocken als deren Eigentor. Der Denkmalschutz hielt sich in;) Abseits und hatte die Orientierung verloren. Die Nachkriegsjahre hatten Züge der Autonomie, auch der Anarchie. Das war die Zeit der Modernisierung des Großen Hauses.
kritik am alten grossen haus Man war in Stuttgart einst nicht nur auf das aktive Theaterleben stolz, sondern ebenso auf die vollendete städtebauliche und architektonische Komposition des Littmann‘schen Doppeltheaters, das einen „genius loci“ schuf, der bis heute lebendig geblieben ist. Aber man differenzierte: beim Großen Haus galt die Sympathie der stattlichen äußeren Erscheinung. Der gelassene Schwung der Eingangsfront mit ihren Doppelsäulen korrespondierte so schön mit dem Oval des ehemaligen Epaulettensees, bis man dieses 1959 aufgab und damit einen wichtigen Bezugspunkt der städtebaulichen Konzeption beseitigte, und an der Neckarstraße freute man sich an dem noblen Künstlereingang mit Donndorfs Schicksalsbrunnen, der die Achse der Eugenstraße aufnahm, bis man auch diese Situation einer hybriden Verkehrsplanung opferte. Beim Kleinen Haus war es weniger die klassizistische Strenge des etwas verloren in den Park vorgerückten Musentempels als der Innenraum, dem die ganze Liebe der Stuttgarter galt, und noch heute geraten alte Theaterbesucher ins Schwärmen, wenn sie von der intimen Harmonie der grünen Stoffbezüge mit dem braunen Kirschbaumholz erzählen, die dem Raum seine besondere Stimmung gaben – ein bisschen Biedermeier-Salon, ein bisschen Hapag-Lloyd-Luxus, gediegen, konservativ und auch ein wenig spießig: man fühlte sich zu Hause. Im Großen Haus dagegen fröstelte man immer etwas. Littmann hatte die schwäbische Mentalität und die des königlichen Bauherrn wohl etwas falsch eingeschätzt. Der eigenartige Farbklang von Grausilber, düsterem Nachtblau und honigfarbenen Stuhl- und Wandbespannungen war riskant und voller Eigenart. Er schuf eine kühle Distanz, die sich gut mit der beabsichtigten monumentalen Wirkung des Innenraumes und seiner überreichen Stuckierung vertrug, sollte doch das Haus dem Drama und der großen Oper vorbehalten bleiben. Aber für die schwäbische Neigung zum Understatement waren der riesige Portalrahmen und der Speichenkranz um Mössels Sternenhimmel doch zu protzig. Die berühmte Sängerin und Schauspielerin Alexandrine Rossi, die mir oft von den alten Zeiten unter Putlitz erzählte, bezeichnete den Zuschauerraum immer als „Krematorium“, und noch 1965 schrieb ein Kritiker von der „kalten Pracht“ des Zuschauerraumes. Doch war er aus einem Guss und unverwechselbar.
Man brauchte ihn nicht zu lieben und konnte ihn dennoch auf eine Art schön finden. Für mich stellte er ein Stück früher Erinnerung dar: an die ersten Opern besuche, an Jahre als Statist auf der Bühne, an viele Nächte der Luftschutzwache. Man kannte die Mängel des Hauses genau und wußte, dass Littmanns Stärke nicht in der Beherrschung der Theatertechnik lag; da hatten die bekannteren Theaterarchitekten wie Fellner und Hellmer mehr Erfahrung. So war schon kurz nach der Eröffnung der erste Umbau im Bühnenbereich nötig. Aus dem Saal heraus fehlte jede Möglichkeit einer Bühnenbeleuchtung. Sie war notdürftig auf den beiden Proszeniumslogen eingerichtet worden, wo man hinter den später aufgestellten Schamwänden die Beleuchter an ihren Scheinwerfern hantieren sah. Der monumentale Portalrahmen mit seinem anspruchsvollen Kassettenstuck trennte nicht nur das Publikum von der Bühne, sondern stellte auch für jeden Bühnenbildner eine erdrückende Hypothek dar: Parsifal oder Aida mochten gehen, aber Cosi fan tutte, Carmen oder Alban Bergs Wozzeck? Wie in Bayreuth brodelten die Klänge mystisch aus dem Erdenschoß des tiefen Orchestergrabens hoch. Das war ganz wagnerianisch. Bei Mozart hätte man das Orchester ja ganz gerne gesehen. Eine Misere waren die Zugänge zum zweiten und dritten Rang nur aus der Kassenhalle über äußerst puritanische Treppenhäuser, und im Olymp blieb man ein Zaungast, denn der dritte Rang war nie in den Zuschauerraum einbezogen, sondern schien wie nachträglich durch die Wand gebrochen. Nun war die „kalte Pracht“ heruntergekommen und verstaubt. Jahrelang war nichts erneuert worden, und die technische Modernisierung war längst überfällig. Die Freigabe des Großen Hauses durch die US-Besatzungsmacht bot die Gelegenheit, mit der Instandsetzung auch die alten Mängel zu beheben, die sich schon in den frühen Kritiken nachlesen ließen. Dies war Anlass und Ziel des Auftrags, den man in die Hände des bekannten Stuttgarter Architekten Paul Stohrer legte. Dieser hatte sich bereits durch die phantasievolle Einrichtung von Werner Fincks Kabarett Die Mausefalle und durch mehrere Theaterwettbewerbe, unter anderem durch einen ersten Preis im Wettbewerb für das Kleine Haus qualifiziert, an denen ich mitgearbeitet hatte. Er galt als ein künstlerischer und einfallsreicher Architekt, dem man zutraute, das Alte zu respektieren und mit dem Neuen harmonisch zu verbinden. Vom Generalintendanten Walter Erich Schäfer sagte man, er habe die Bühne entrümpelt. Auch die Entrümpelung des Zuschauerraumes war in seinem Sinne, obwohl er lieber eine Barockoper daraus gemacht hätte. Aber die Kassen waren leer und vielleicht war das ein Glück.
geschichte des grossen hauses ·die modernisierung des grossen hauses 1956
1.1.1992 — Das Gesetz der Stasi-Unterlagen tritt in Kraft 18.3.1992 — Microsoft veröffentlich Windows 3.1 16.5.1992 — Der VfB Stuttgart wird Deutscher Fußballmeister
2.7.1992 — Die USA haben alle Atomwaffen aus Europa abgezogen 2.11.1992 — Das Großraumflugzeug Airbus A330 startet seinen Erstflug
1.7.1993 — In Deutschland werden fünfstellige Postleizahlen eingeführt 18.12.1993 — Das MGM Grand Hotel in Las Vegas wurde eröffnet
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die konzeption der umgestaltung Es gab genügend Gründe, den Zuschauerraum einer Generalüberholung zu unterziehen: theatertechnische, funktionale, gestalterische und ideologische, zeitgeschichtliche. Das Orchester bekam ein Hubpodium, das auf jede beliebige Höhe eingestellt oder ganz hochgefahren werden konnte und so eine Vorbühne vor dem Eisernen Vorhang für Matinees oder für das Spiel im Raum bildete. Dafür waren seitliche Auftrittsmöglichkeiten nötig, die nur durch den Portalrahmen möglich schienen. Dieser bildet bei allen Theatern die kritische Nahtstelle zwischen Bühne und Zuschauerraum. Man entschloss sich daher zu einer Neutralisierung des trennenden Rahmens, zumal Beleuchter und Regisseure über die starken Reflexlichter auf dem silbrigen Stuck klagten, der gerade hier immer als zu üppig empfunden wurde. So wurde das Portal mit dunkel patinierten Sperrholzplatten verkleidet, die an einem sichtbar belassenen Akanthusstab ansetzten, eine „noble und elegante Lösung“, wie später die Presse vermerkte. Wesentlichen Einfluss auf die Gestalt des neuen Raumes hatte die Forderung, die beleuchtungstechnischen Mängel zu beheben. Die einzige Stelle, die sich für eine optimale Bühnenbeleuchtung aus dem Saal anbot, war der schwere Architrav über der Öffnung zum dritten Rang, der sich als hohl herausstellte und nun zu einem Beleuchtergang ausgebaut wurde. Nun waren allerdings die Kronleuchter im Weg, die in den Deckenkassetten hingen und dem Opernhaus seinen Festsaalcharakter gaben. Außerdem mussten die beiden Proszeniumslogen von den offenen Scheinwerferständen befreit und ein Vorbühnen- und Verfolgungsscheinwerfer eingebaut werden, der nur aus der Saalmitte kommen konnte. Die einen ließen wir in Klappen in den Seitenwänden verschwinden, für die anderen fanden die Theatertechniker einen optimalen Platz in der Abschlusskuppel des Deckengemäldes, in der als Ersatz für die Kronleuchter eine große MittelSonne installiert wurde, deren Gläser eigens von Venini in Murano hergestellt worden waren. Zusammen mit den Lichterketten unter den Rangbrüstungen entstand eine neue festliche Theaterbeleuchtung, die auch Schäfers Vorbild der Wiener Staatsoper entgegenkam und dem nachtblauen Deckengemälde mehr Licht gab, vorausgesetzt, der MitteIleuchter wurde nicht schon vorzeitig abgesenkt, um die Bühnenscheinwerfer freizugeben. Aber das geschah leider immer häufiger, und wohl aus Bequemlichkeit ließ man ihn dann auch in den Pausen abgesenkt, wodurch natürlich das schöne Deckengemälde verdeckt und verschattet wurde. Zusammen mit dem Einbau eines neuen bequemeren Gestühls waren dies die vorrangigen Aufgaben der Innenraumgestaltung. Für diese war ein gestalterisches Gesamtkonzept zu entwickeln, das von dem Grundsatz ausging, den Charakter des alten Hauses zu wahren, ihm aber freundlichere‘ und lichtere Züge zu verleihen. So wurden die grausilbernen Rangbrüstungen mit einem weißgrauen Ton aufgehellt,
anstelle der gelbgoldenen Wandbespannung, die wie der schöne Bezug des Eisernen Vorhangs weder geflickt, noch erneuert werden konnte, trat eine silbergraue Ripsbespannung, und die schweren Speichen der Deckenrosette wurden mit einer weißgrauen Putzfläche zugedeckt, die das angestrahlte Deckengemälde besser zur Geltung brachte. Seine Erhaltung war von uns nie in Frage gestellt worden. Stohrer, der ja auch kein schlechter Maler war und mit mir eine gar nicht zeitgemäße Neigung zur Architektur des späten 19. Jahrhunderts teilte, hätte eben so wenig wie ich dieses Gemälde geopfert; das war bekannt. Was mögen sich nur Leute, wie jener Vertreter des Denkmalamtes gedacht haben, der 1965 die Rettung des Deckengemäldes vor der Zerstörung durch die Architekten für sich reklamierte? Schwere Konflikte gab es jedoch in der Festlegung der Farben für das Gestühl und den Innenraum. Der Generalintendant, dem seine Beraterin, die Bühnenbildnerin Leni Bauer-Ecsy ihre Augen lieh, ließ nicht von seinem Wunschbild vom roten Gestühl ab, das auch dem Geschmack des Opernfreundes Arnulf Klett entsprach. Der Erste Bürgermeister Hirn unterstützte jedoch entschieden die kühle Noblesse der „blauen“ Lösung, die wir in Anlehnung an das alte Farbkonzept entwickelt hatten. Wie so oft sollten die Architekten den Konflikt lösen und eine Stofffarbe finden, die die einen noch als rot akzeptierten, die anderen noch als blau empfanden. Genau das gelang, und dementsprechend sah der Kompromiss auch aus. Das müde Braunviolett des Gestühls hätte jedem deutlich machen können, dass Kunst zu jenen Bereichen gehört, wo der Fachmann alleine entscheiden muss. Sicher gab es noch andere fragwürdige Entscheidungen, wie zum Beispiel die Aufhängung eines leider wieder aufgefundenen weinroten Plüschvorhanges als eine Konzession an den Generalintendanten und an den knappen Bauetat. Ein Verlust war auch die Aufgabe der vertikalen Wandgliederung, die die Decke des Innenraumes optisch abstützte. In meiner Perspektive waren die Pfeiler noch erhalten, verschwanden jedoch während der Durchführung unter der Stoffverkleidung, ohne dass ich es hätte verhindern können. Ich hatte mich mit Paul Stohrer wegen unseres ersten Preises für das Theater in Mönchengladbach überworfen und ihn während der Umbauarbeiten verlassen. Aber insgesamt war das verwirklicht worden, was man sich zum Ziel gesetzt hatte: ein festlich-heller Innenraum, funktional verbessert und befreit vom Ballast des all zu schweren Stucks – und einer all zu schweren Vergangenheit zum verheißungsvollen Beginn einer großen Theater-Ära „im neuen und doch vertraut gebliebenen Haus“.
demokratisierung des theaters Der Theaterbau war eine der aktuellsten Wettbewerbsaufgaben der Nachkriegszeit und spielte eine ähnliche Rolle wie heute wieder der Museumsbau. In Berlin, Gelsenkirchen, Hamburg, Köln, Mannheim, Münster und Recklinghausen entstanden neue Opern und Schauspielhäuser. Zwei Themen beherrschten die Diskussion über diese Bauten: die Verwandlung der Guckkastenbühne zur Raumbühne und die Demokratisierung des Theaters. Die Modernisierung eines Theater-Innenraumes war keinesfalls nur eine Aufgabe dekorativer, funktionaler oder theatertechnischer Raumgestaltung. Vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund sah man die Aufgabe darin, sich mit einer veränderten Gesellschaftsform auseinanderzusetzen und suchte nach sozialpolitischer Legitimation für sein Handeln. Was heute in längst erschöpften Diskussionen anhand von äußerlichen Formen erörtert wird, Architektur als Ausdruck von gesellschaftlichen Systemen, wurde damals anhand von sozialen und politischen Inhalten diskutiert und in die Praxis umgesetzt. So fragte man sich ernsthaft, ob das Neue Schloss als ein Zeugnis der untergegangenen Monarchie wieder aufgebaut werden dürfe, als ob man selbst den König vertrieben hätte. Erst später verlagerten die Funktionalisten die Diskussion auf die formale Frage. Man baute das Stuttgarter Schloss zwar wieder auf, aber ließ die Krone auf dem Mittelbau weg und begrünte den Cour d‘honneur, weil man seine Achse wohl als ein Zeugnis des Absolutismus empfand. Selbstverständlich konnte man dieser Auseinandersetzung beim Theaterbau nicht ausweichen, zumal Theater von jeher eine politische Aufgabe hatte. Richard Wagner war mit dem Bau des Festspielhauses in Bayreuth ein entscheidender Beitrag zum klassenlosen Theater gelungen, gegen den der Littmann‘sche Versuch vom reinen Logentheater ein wenig abzurücken ein recht bescheidener Fortschritt war. Die Vermischung von Logen-, Rang- und Parkett-Theater blieb ein Kompromiss, der letztlich keine Interpretation der sich ändernden Gesellschaftsordnung darstellte. Die zwei Reihen zu beiden Seiten der Königsloge machten noch keinen Rang. Sie drängten nur die Logen etwas zurück, die nun mit ihren Vorhängchen eher an zweifelhafte Chambres separees erinnerten. Die unterschiedliche Ausbildung der drei Ränge entsprach durchaus noch der gesellschaftlichen Rangordnung. Paul Stohrer sprach es unverblümt aus: „Nur das Parkett und
der erste Rang, wo Hof, Adel und vornehme Welt sich trafen, waren architektonisch gut durchgearbeitet. Schon der zweite Rang, dem gehobenen Bürgertum vorbehalten, war einfacher und liebloser gestaltet worden. Und wer die unmöglichen Aufgänge zum dritten Rang und den Olymp selbst gesehen hat, der spürt deutlich, dass das für Soldaten, Dienstmädchen und das übrige Volk gebaut gewesen ist.“ Die Mittelachse des Raumes war deutlich durch die breite Königsloge mit ihrem bekrönten Baldachin hervorgehoben und wurde von einer Querachse gekreuzt, die die beiden seitlichen Prinzenlogen miteinander verband. Zwar konnte man die unglücklichen Rangaufgänge nicht aufheben, aber man war sich mit den Mitgliedern des Verwaltungsrates einig, dass Krone und Baldachin über der Mittelloge – trotz aller Königssympathie – und die beiden etwas eingequetschten Prinzenlogen entfallen müssten, was uns mit Hinblick auf einen grosszügigeren Schwung der Rangbrüstung und ihren besseren Bezug zur Bühne durchaus entgegenkam. Der Ansatz der Brüstungen am Portal wurde jedoch nie verändert, wie ein späterer Chronist fälschlicherweise notierte. Dass eine veränderte Gesellschaftsstruktur ihre Entsprechung auch in einem Umbau finden müsse, das war für alle selbstverständlich. Das Ergebnis spiegelte das politische Ziel wider, aus dem königlichen Hoftheater nun ein bürgerliches Theater für Gleichberechtigte zu machen. Das Gestühl wurde überall gleich, das Foyer des zweiten Rangs wurde aufgewertet. Man öffnete die Türen der Rangaufgänge in das Hauptfoyer. Auch die Presse vermerkte diese Absichten als einen Erfolg demokratischer Bemühungen; sie manifestiere sich im ganzen Haus durch eine einheitlich durchgeführte Bestuhlung, die auch dem Besucher erlaube, im dritten Rang genau so weich zu sitzen wie im Parterre. Das allerdings sollte sich später als nicht sehr vorteilhaft erweisen!
geschichte des grossen hauses ·die modernisierung des grossen hauses 1956
Das Große Haus, Zuschauerraum während dem Umbau, 1956
22.4.1994 — Der Kaufhaus-Erpresser Dagobert wurd festgenommen 25.4.1995 — Der erste Castro-Behälter erreicht Gorleben
24.8.1995 — Veröffentlichung von Microsoft Windows 95
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lob der modernisierung „Man begann schon in den ersten fünf Minuten sich wohl zu fühlen. Ein größeres Kompliment können die Um- und Neugestalter eigentlich nicht verlangen.“ So lobte der für seine streitbare Feder bekannte Lokalredakteur der Stuttgarter Zeitung Richard Glaser die Modernisierung zur festlichen Wiedereröffnung des Großen Hauses am 29.10.1956. Die gesamte Pressekritik über den neuen Innenraum war positiv. Immer wieder wurde dessen frische Festlichkeit der lastenden Würde des alten Raumes gegenübergestellt. Oberbürgermeister Dr. Klett bemerkte in seiner Ansprache: „Wir freuen uns besonders darüber, dass es gelungen ist, die Erneuerung nicht in bilderstürmenden Banausentum, sondern mit behutsamem Takt vorzunehmen durch Schonung der Grundform, die durch die neuen Linien noch besser herausgehoben wird und durch Verzicht auf manches, was sich während der vergangenen Jahrzehnte als schlackenartiger Zusatz herausgestellt hat.“ Ein Fachkritiker der alten Generation schrieb: „Die kalte Pracht des Zuschauerraumes [...] in allen Teilen überwuchert von all zu viel dekorativen Elementen, die uns früher manchmal gestört haben, hat einer ruhig vornehmen Eleganz Platz gemacht.“ Man werde weder die Lisenen an den Seitenwänden vermissen, noch die überladenen Ornamente an den Brüstungen. Ein anderer war zufrieden, dass der
Der Gerüstwald im Zuschauerraum während des Umbaus
1995 — BackRub, der Vorläufer Google wird entwickelt
Rahmen des Proszeniums von seinen schweren Kassetten befreit sei. Von Theaterleuten wurde gelobt, dass die Bühne ihre Guckkastenform weitgehend verloren habe, und nicht zuletzt wurde bewundert, dass dies alles innerhalb von 15 Wochen für nur 1,2 Mio. DM geleistet worden war. Die positive Übereinstimmung von Theaterpublikum und Presse war groß: so hässlich, wie einige Kritiker die Modernisierung später gemacht haben, kann sie wohl nicht gewesen sein, nur, den alten Innenraum werden Viele jetzt zum ersten Mal sehen, die den „neuen“ nie zu Gesicht bekommen haben. Denn seine dubiose Gestalt der letzten 15 Jahre hatte mit der Modernisierung von 1956 so wenig zu tun wie mit dem alten Großen Haus.
akustische überraschungen und überraschende folgen Nach der glanzvollen Premiere der Götterdämmerung im neuen „höchst angenehm renovierten“ Großen Haus schrieb der bekannte Musikkritiker Otto Erich Schilling: „Die orchestrale Akustik ist nach dem Umbau viel feinfühliger, hellhöriger und empfindsamer geworden.“ Das war schließlich auch das Ziel gewesen, das sich der erfahrene Akustiker Prof. Dr. Reiher zusammen mit den Architekten und dem Generalmusikdirektor Leitner gesetzt hatten. Um so erstaunter war das Publikum, als es ein Jahr später aus dem „Spiegel“ erfuhr, dass sich die Akustik durch den Umbau verschlechtert habe und das ganze SoloEnsemble unter seinem Obmann Wolfgang Windgassen seine Verträge kündigen wolle. Der Streitruf hieß: Wir singen in einen Sack! Nun ist sicherlich Akustik eine besonders schwierige Materie, weil sie nur zum Teil ein physikalisches, sehr wesentlich jedoch auch ein psychologisches Problem darstellt. Walter Erich Schäfer, der die tariflichen Zusammenhänge des Sängerstreites mit der Akustik genau kannte, hielt ihn deswegen auch für stark übertrieben. Tatsache war jedoch, dass dem Publikum zwar keinerlei Verschlechterung der Akustik aufgefallen war, wohl aber den Sängern, die sich schon bei den ersten Aufführungen wunderten, warum sie anstelle des wasserfallartigen Rauschens des Applauses eher etwas wie dumpfes Pferdegetrappel vernahmen, schlimmer noch: sie hatten das Gefühl, der Klang der eigenen Stimme sei wie weggeschluckt, so dass auch die Kontrolle über das Ohr gestört war. Die objektive Hörsamkeit im Zuschauerraum hatte nicht gelitten, wie viele Messungen zeigten, ja, es war sogar gelungen, der bekannten „schalltoten“ Reihe unter dem Scheitel der Kuppel, die von Theaterbesuchern gemieden, von Schülern gesucht war, weil man da für wenig Geld im Parkett sitzen durfte, Gehör zu verschaffen. Aber nachdem eben die neue Liederhalle mit richtigen Polstergarnituren ausgestattet worden war, brauchte man auch im Großen Haus hochgepolsterte Sitze, und die hatten die Reflexion des Schalls auf die Bühne gemindert. Außerdem durfte die neue
1995 — Michael Schuhmacher wird zum zweiten Mal Formel-1-Weltmeister 10.2.1996 — DeepBlue besiegt als erster Schachcomputer einen Schachweltmeister
Holzvertäfelung an der Parkettrückwand aus feuerpolizeilichen Gründen nicht angebracht werden. Es wäre zwar eine Kleinigkeit gewesen, diesen Mangel durch ein paar Bühnenlautsprecher aufzufangen, wie sie seit langem schon in der Mailänder Scala installiert waren. Aber die akustische Frage war zur Prestigefrage hochgekocht und ließ sich nicht mehr mit einem vierstelligen Betrag abkühlen: sichtbare Opfer wurden verlangt. So wurde im Sommer 1958 in einer Blitzaktion die geplante Holzverkleidung eingebaut, und man hätte es wohl auch dabei belassen können. Inzwischen waren aber Akustiker und Architekt in Ungnade gefallen und neue Gutachter wurden eingeschaltet, von denen jeder seine eigenen akustischen Vorstellungen und Messmethoden hatte, bis endlich Prof. Keilholz, ein international tätiger Akustiker, einen riesigen Schalldeckel über dem Orchester vorschlug, wie ihn in dieser Größe noch kein anderes Theater der Welt habe. Viele Monate vergingen, bis der offenbar unvermeidbare Schalldeckel ein etwas handlicheres Maß gewonnen hatte. Mittlerweile hatte auch die Technik neue Entwicklungen angemeldet. Funk- und Fernsehkabinen mussten eingebaut werden, ein neues Beleuchterstellwerk im Zuschauerraum wurde nötig. Und da die Gelder immer nur tröpfchenweise genehmigt und alle Arbeiten während der Spielferien durchgeführt werden mussten, schleppte man sich von einem Provisorium zum nächsten, von denen jedes einige Verunstaltungen hinterließ, da sich niemand mehr an einem gestalterischen Gesamtkonzept orientierte. Schließlich wurde ich im Jahr 1967 als künstlerischer Berater des Landes berufen, ohne jedoch irgendeine Entscheidungskompetenz zu besitzen. Die Lichterketten waren demontiert die Wände mehrfach überstrichen worden. Zu allem Überfluss ließ ein provisorischer dunkelgrüner Farbanstrich der Wände den schwelenden Farbenstreit zwischen „Rot-Weiß-Gold“ und „Blau-Weiß-Silber“ erneut aufflammen, wobei die Rollen fest verteilt blieben. Auch dies entsprach der Zeit, dass die Presse den Farbenstreit aufgriff und einem Volksentscheid zuführen wollte. Mit der Überschrift „Wollen Sie einen intimen oder einen festlichen Zuschauerraum?“ war das Chaos vollkommen geworden, zumal die Probleme verschoben und die Fragen nicht zu beantworten waren: „1. Bevorzugen Sie die ‚festliche‘ Lösung in Weiß, Rot und Gold oder die ‚intime‘ in Blau und Beige? 2. Wüssten Sie einen Farbvorschlag, der noch befriedigen der wäre?“ Zwar war nie von einer Blau-Beige-Kombination die Rede gewesen, schon gar nicht davon, dass sie „intim“ sei, und eben so wenig durfte bei einer „Rot“Lösung das dunkelblaue Deckengemälde unerwähnt bleiben. Sicher war nur, dass ein künstlerisch überzeugendes neues Konzept bei so viel Mitsprache nicht mehr durchsetzbar sein würde. Die Staatliche Hochbauverwaltung zog es vor, die Probleme auf lauter Einzelspezialisten zu verteilen, in der Hoffnung, aus der Summe optimierter Einzelergebnisse würde hinterher ein optimales Gesamtergebnis entstehen. Da sich der künstlerische Berater ohnedies mit seiner Meinung in der
Minderheit befand und er angesichts des Verfahrens eigentlich überflüssig war, wurde er einfach nicht mehr eingeladen. Der Zuschauerraum des Großen Hauses war nun wirklich verdorben. Statt in strahlender Festlichkeit saß man in einer undefinierbar düsteren Höhle, in einem Sammelsurium aus halbherzigen Einzelentscheidungen, und es hätte niemanden gewundert, wenn man an PianosteIlen wieder das Pingpong der Tischtennisbälle aus dem Foyer gehört hätte. Die Frage der Wiederherstellung des alten Zustandes war damals schon angesprochen worden. Ich wußte, dass wir große Teile des Originalzustandes unter den Verkleidungen bewahrt hatten und wo die alten Kronleuchter verpackt waren.
bilanz des fortschritts Mit der Fertigstellung des rückgestalteten Zuschauerraumes schließt sich der Kreis. Waren die Versuche einer Modernisierung und die späteren Veränderungen Irrtümer oder ist vielleicht die Zurückholung des Originals angesichts der völlig veränderten technischen und akustischen Anforderungen ein Irrtum? So notwendig seinerzeit eine grundlegende Instandsetzung war, die funktionalen, technischen und spielbedingten Belange waren zwar Anlässe, aber nicht die eigentliche Triebkraft zu einer Veränderung des ehemaligen Zustands. Diese diktierten zwar einzelne Entscheidungen und hatten Konsequenzen auf den Raum. Aber man sah sich auch aufgerufen und berechtigt, die Vergangenheit zu korrigieren. Die repräsentative Feierlichkeit und der monumentale Prunk hatte schon früher nicht das Herz der Stuttgarter erreicht, und es schien unvereinbar mit einer Gesellschaft, die sich um ein neues Selbstverständnis bemühte, alles zu lassen wie es war. Modernisierung war eben keine Mode, sondern eine Demonstration, eine Befreiung von Vergangenheit und insofern eine historische Reaktion. Fachkreise warfen uns sogar vor, wir hätten dem historischen Erbe zuviel Respekt gezollt, wie auch in unserem klassizistisch strengen Wettbewerbsentwurf für das Kleine Haus. Der größte Fehler war sicherlich der Glaube, man müsse alte Bauten dem Geist der Zeit anpassen, ein Missverständnis, das bis in unsere Zeit nichts an Aktualität verloren hat. Ein weiteres Missverständnis war die Meinung, man müsse technische Entwicklungen und Fortschritt baulich nachvollziehen, statt deren Grenzen im Bestand des Gebäudes selbst zu erkennen. Eine von vornherein unglückliche Ausgangslage war es, dass man die Farbkonzeption des Raumes unter den Entscheidungsträgern zur Diskussion stellte, sicherlich eine Überbewertung demokratischer Abstimmungsprozesse, die während der Umbauten der 60er Jahre durch die Einbeziehung der Öffentlichkeit vollends pervertiert wurden. Künstlerische Entscheidungen entziehen sich der Demokratisierung.
geschichte des grossen hauses ·die modernisierung des grossen hauses 1956
22.6.1996 — Nintendo veröffentlicht den Nintendo 64 30.6.1996 — Deutschland wird zum dritten Mal durch das von Oliver Bierhoff erzielt erste Golden Goal der Fußballgeschichten Europameister
24.2.1997 — Das geklonte Schaf Dolly wird der Öffentlichkeit vorgestellt
20.4.1998 — Die Rote Armee Fraktion wird aufgelöst
18.9.1998 — Zusammenschlus der Daimler-Benz AG und Chrysler zur DaimlerChrysler AG 27.10.1998 — Gerhard Schröder wird Bundeskanzler
1998 — Comback von Modern Talking
geschichte des grossen hauses
1956: NEUGESTALTUNG VON FOYER UND
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ZUSCHAUERRAUM DES GROSSEN HAUSES Wenn 1935 verschiedene, durch den „Hoftheaterzweck“ versäumte Bühneneinrichtungen nachträglich eingebaut oder andere erneuert wurden, so wird im Sommer 1956 das Foyer und der Zuschauerraum des Großen Hauses einer radikalen Veränderung unterzogen. Nach Entwürfen der Architekten Paul Stohrer und Max Bächer, in Zusammenarbeit mit Regierungs- und Oberbaurat Schwaderer wird vor allem der Stuck und Prunk des Hoftheater. einer schlichteren Linienführung weichen. Die Brüstungen werden einfacher und klarer gegliedert und Schmuckleisten und Ausbuchtungen entfernt. Die frühere Königsloge in der Mitte des 1. Ranges wird ebenfalls begradigt und sämtliche Baldachine und Atlanten fallen fort. Über die alte Kassettendecke wird eine glatte, radial geteilte Decke gezogen, die die Deckenmalerei stärker zur Wirkung bringen soll. Statt des Kronleuchters wird eine große Kristallsonne angebracht, die hochgezogen werden kann, um die 1935 eingebauten Kuppelscheinwerfer freizugeben. Mit diesen Veränderungen wird allein schon ein Wandel vom höfisch bestimmten zum repräsentativen Volkstheater vollzogen, eine neue Bestuhlung gibt nicht nur dem 1. Rang und den Offiziersreihen im Parkett Polster, sondern jeder Theaterbesucher, ob im 1., 2. oder 3. Rang, kommt in den Genuss dieser Bequemlichkeit. Leider mussten, wahrscheinlich um die Platzzahl durch die neue Polsterung nicht zu sehr zu verringern, die seitlichen Ränge bis zum Proszeniumsrahmen vorgezogen werden. Dies hatte nicht einmal Littmann gewagt, und hier werden wohl in Zukunft mit die schlechtesten Plätze des Theaters zu liegen kommen, wenn das Bühnenbild und die Regie auf diese Seitenplätze nicht gebührend Rücksicht nimmt. Gut ist die geplante Gestaltung des Proszeniums und des Orchesters. Der Proszeniumsrahmen soll vereinfacht und in der Breite verringert werden. Vor dem eisernen Vorhang wird ein neuer Hauptvorhang angebracht, damit der „Eiserne“ in Zukunft dem Publikum verborgen bleibt. Das Orchesterpodium wird hochzufahren sein, sodass einmal eine tiefe Vorbühne gewonnen wird, die nicht nur Matinee- und Kammermusik-Veranstaltungen vor geschlossenem Vorhang, sondern auch einen Wechsel zwischen italienischem und versenktem MozartOrchester und einem versenkten Wagner-Orchester zulässt. Um auch auf dem hochgefahrenen Podium spielen zu können, werden hinter dem Proszeniumsrahmen Scheinwerfer eingebaut. Für Proben und bei Inszenierungen, bei denen Zuschauerraum und Bühne in enge
Verbindung kommen sollen, können fahrbare Regie-brücken angebracht werden, die einen Zu- und Abtritt vom Zuschauerraum aus gestatten. Ebenfalls wird es möglich sein, die Vorbühne mit besonderen Dekorationsteilen auszustatten. Mit der Neugestaltung des Zuschauerraumes und der Proszeniums- und Orchesterzone wird eine Erneuerung des Foyers Hand in Hand gehen. Neue Vorhänge und Beleuchtungskörper werden in Verbindung mit den anderen Veränderungen das Innere des Hauses so verwandeln, dass man in Zukunft tatsächlich von einem neuzeitlich eingerichteten Staatstheater sprechen kann. Auch die Farben, deren Dreiklang grau, gelb und silber das Theater bisher in feierlich-repräsentative Kühle hüllt, werden durch lebendigere Zusammenstellung und Farbwahl an wärme gewinnen. so ist für die Stühle im Parkett und 1. Rang an dunkle rotviolette, im 2. und 3. Rang an blassblau-violette Polsterung gedacht. Die Wände werden mit grauviolettem Rips bespannt, dessen Einfassung aus Silberlitze mit der Silberstickerei des lavendelblauen Hauptvorhanges korrespondieren wird. Der Stimmung des gesamten Raumes hofft man dadurch eine etwas intimere und zurückhaltendere Feierlichkeit geben zu können. Mit den Erneuerungen und Veränderungen im Sommer 1956 wird das Stuttgarter Hoftheater endgültig auch in der Innengestaltung ein Volks- und Staatstheater geworden sein.
1.1999 — Der Euro wird in elf Staaten der EU als Buchgeld eingeführt 23.5.1999 — 50-jähriges Jubiläum der Bundesrepublik Deutschlandtombombenabwurf auf Hiroshima 10.1.2000 — AOL und Time Warner fusionieren 17.2.2000 — Microsoft bringt das Betriebssystem Windows 2000 auf dem Markt 26.3.2000 — Das Schengener Abkommen wird voll umgesetzt
geschichte des grossen hauses
farbe
formgebung
In einem Renaissancetheater, das eine eindeutige Konzeption hat, sind Farbstellungen wie z. B. Rot-Weiß-Gold berechtigt. Das Große Haus jedoch verlangt einen zusammenhängenden Farbklang, der vom Nachtblau der Kuppel auf das Lavendelblau des Vorhangs und weiter zum rötlichen Altviolett des Gestühls überleitet. Das Weiß der Ränge und das dezente Grau der Wände sollen dazu beitragen, den Raum auch farblich abzurunden und gleichzeitig den festlich gekleideten Besucher zum Mittelpunkt werden zu lassen. Ich will gestehen, dass die Umgestaltung des Großen Hauses zu den schwersten Aufgaben meiner Praxis zählt und sie wäre nicht in der gewünschten Form bewältigt worden, hätten nicht die rege Zusammenarbeit mit der staatlichen und der örtlichen Bauleitung dazu beigetragen. Und lobenswert waren auch die Leistungen, die von den Handwerkern vollbracht wurden, unter deren Vielzahl ich besonders die Stuckateure und die Hersteller der Beleuchtungskörper erwähnen möchte. Aber auch alle übrigen Handwerker haben mit wahrem Eifer ihr Können unter Beweis gestellt und ohne ihre Hilfe hätten alle meine Ideen nicht in die Wirklichkeit umgesetzt werden können. Ferner gilt mein besonderer Dank dem künstlerischen und technischen Personal des Staatstheaters für wertvolle Anregungen, die mir den notwendigen Rückhalt gaben.
Wesentliche bauliche Korrekturen waren notwendig, um die theatertechnischen Belange, deren wichtigster Punkt die Veränderung des Proszeniums war, erfüllen zu können. Der frühere Guckkasten wurde in ein Bühnenportal verwandelt. Auf diese Weise erhielt die kritische Zone des Theaters, nämlich der Übergang vom Zuschauerhaus zur Bühne, einen für Bühnenbild und Künstler neutralen und maßstäblichen Rahmen. Der Zuschauerraum, eine Mischung von drei verschiedenen Theatertypen: von Rang-, Logen- und Amphitheater (vergl. 3. Rang), mußte von seinen überladenen Stuckverzierungen befreit werden, ohne durch diese Veränderung verheimlichen zu wollen, das es sich hier um eine typische Schöpfung des Eklektizismus handelt. Ich habe im Gegenteil versucht, seinen eigentlichen Charakter durch eine klare Linienführung der Ränge, der sie begleitenden Stuckaturen und der Lichterketten, noch deutlicher zum Ausdruck kommen zu lassen.
licht Früher wurde der Saal von 15 Lüstern erhellt, die in schweren Deckenkassetten rund um die Kuppel angebracht waren. Somit hatte nur der 2. Rang eine ausreichende Beleuchtung, während der übrige Raum, vor allem die Kuppel, mit ihren Malereien von Julius Mössel im Dämmerlicht verblieben. Mein Bestreben war es, durch die Lichterketten der Rangbeleuchtung den Raum in sich selbst zu schließen und ihn oben in der Kuppel durch eine leuchtende Sonne zu krönen. Ich bin der Überzeugung, dass die echte Theateratmosphäre, die der Besucher fordert und die den Theatersaal vom Kinoraum unterscheidet, im Wesentlichen durch Beleuchtungseffekte erzielt wird; diese wiederum wirken sich auf die Farbstimmung aus.
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WAS GESCHAH IM GROSSEN HAUS
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Das GroĂ&#x;e Haus nach dem Umbau 1956
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GESCHICHTE DES GROSSEN HAUSES 1984: ALTER GLANZ IN STUTTGARTS OPERNHAUS
2.1.2001 — Deutschland beginnt mit der Grundausbildung von Frauen an der Waffe 16.3.2001 — Das deutschsprachige Wikipedia wird gegründet 11.9.2001 — Terroranschläge auf das World Trade Center in New York 1.2.2003 — Deutschland übernimmt den Vorsitz im Weltsicherheitsrat
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DIE WIEDERHERSTELLUNG DES
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LITTMANN-THEATERS die vorgaben Wie bei allen Veränderungen seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges beziehungsweise der umfassenden Neugestaltung des Theaters 1956 bildeten technische Probleme den Ausgangspunkt aller Überlegungen zu dem Programm 1983/84: Das Heizungssystem und die elektrischen und sanitären Installationen – vor allem in den Foyerbereichen – hatten seit 1912 ihren Dienst getan und mussten dringend erneuert werden. Die Heizleitungen waren teilweise bis auf ein Drittel ihres Querschnitts zugewachsen, die Elektroleitungen so schadhaft, dass Kurzschluss- und Brandgefahr bedrohlich zugenommen hatten. Ihre Erneuerung erfordert aber erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz. Schlitze müssen geöffnet, Wände aufgebrochen, die Estrichböden aufgenommen und ersetzt werden – ein Arbeitsumfang, der nur innerhalb einer längeren Schließungszeit bewältigt werden konnte. Aus diesem Grund waren die Durchführung immer wieder verschoben und Dispositionen jeweils nur soweit getroffen worden, als die Realisierung in den Theaterferien, evtl. mit geringer Verlängerung möglich war – also in einem Zeitraum von 8–10 Wochen. Bereits 1956 hatten Schließungszeit, Einnahmeausfall und evtl. Mehrkosten als Beschleunigungszuschlag eine nicht unerhebliche Rolle bei den Entscheidungen des Verwaltungsrats gespielt. Im übrigen stand damals auch der Wiederaufbau des Kleinen Hauses noch bevor; es war noch nicht einmal entschieden, welcher der Wettbewerbsentwürfe ausgeführt werden sollte. Heute wird kaum mehr verstanden, welche Beweggründe zu der Neugestaltung 1956 geführt hatten und vor welchem Hintergrund die Festlegungen getroffen wurden – genauso wie die Veränderungen 1970 nur aus der damaligen Konstellation im Verwaltungsrat begreifbar sind. Weil über diese Veränderungen allzu leicht der Stab gebrochen wird, haben wir einen der Beteiligten von 1956 und 1970 – Prof. Max Bächer – gebeten, die aus den Akten nur bedingt herauszulesenden Fakten aus seiner Erinnerung aufzufrischen und so ein lebendigeres Bild jener Vorgänge zu vermitteln. Die Bauverwaltung hat am 19. Mai 1980 den Verwaltungsrat davon unterrichtet, dass die Erneuerung der Heizung und der Elektroleitungen nicht länger hinausgeschoben werden könne und die Schließung des
Großen Hauses über ein Jahr erfordere. Als günstig erschien der Zeitraum vom Beginn der Theaterferien 1983 bis zu deren Ende 1984 – also von 14 Monaten. Zu diesem Zeitpunkt konnten sowohl die neue Probebühne sowie das Kammertheater auf der anderen Seite der Konrad-Adenauer-Straße fertiggestellt als auch das ehem. Schauspielhaus in der Kleinen Königstraße durch die Stadt in Betrieb genommen werden; damit waren die notwendigen Ausweichspielstätten gewährleistet. Aus unserer Sicht war aber neben den technischen Erneuerungen eine gründliche Auffrischung der Zuschauerbereiche zwingend notwendig. Diese machten, 12 Jahre nach der Umgestaltung des Jahres 1970, bereits wieder einen recht schäbigen Eindruck und waren im übrigen qualitativ nur geringwertig ausgeführt worden. Diese Bescheidenheit hatte wohl auch dazu geführt, dass jeweils zu den Opernbällen in einer Weise dekoriert worden ist, dass die Oberflächen immer größere Schäden aufwiesen. Ein weiteres kam dazu. Der Verwaltungsrat hatte damals quasi in letzter Minute entschieden, dass die Wände des Zuschauerraumes in „silbrigem Fischgrau“ zu streichen seien, entgegen eines in vier Jahren mühseliger Diskussion entwickelten gemeinsamen Konzepts, und obwohl die darauf abgestimmten Bezugsstoffe für die Bestuhlung bereits bestellt waren. Dabei hatten sich in der für die Gestaltfragen gebildeten Kleinen Kommission neben den Prof. Bächer und Wollner seitens des Theaters auch John Cranko und Generalmusikdirektor Leitner beteiligt. Generalintendant Prof. Schäfer hatte wahrscheinlich immer mit inneren Vorbehalten mitgewirkt; für ihn war ein Theater aus historischen Bezügen heraus nur rot, gold und weiß vorstellbar (was Littmann nie gewesen ist), obwohl er gleichzeitig mit entwaffnender Offenheit betonte, dass er ja farbenblind sei. Welch ein Unterschied in der Beurteilung künstlerischer Freiheit und Eigenverantwortung beim Regisseur und beim Architekten – die Erinnerung an jene Sitzung ist für mich jedenfalls ein Trauma! Was blieb, war ein schlechter Kompromiß, und ein in verschiedenen Nuancen auf die Wände aufgestempeltes Weiß. So stellten wir den Antrag für finanzielle Mittel zu einer besseren Oberflächengestaltung, geschätzt auf ca. 4,5 Mio. DM; ein Betrag, der ohne gravierende Eingriffe ausreichen sollte.
10.4.2003 — Der Linienflugbetrieb der Concorde wird im Laufe des Jahres eingestellt 11.8.2003 — Die NATO übernimmt die Kontrolle der afghanischen Militäreinheiten
der wettbewerb
Die Fortschritte im Scheinwerferbau wie in der Beleuchtungstechnik erfordern immer mehr Platz – in Breite und Tiefe. Sowohl die Beleuchtungstaschen beidseits des Bühnenrahmens, wie die Möglichkeiten aus der Beleuchterbrücke und den seitlichen Rangzonen sollten vergrößert werden, was weitere Eingriffe voraussetzte.
war jedoch zweifelsfrei, dass die abgedeckte Kassettendecke ohne große Beschädigung erhalten war und freigelegt werden konnte. Ähnliches galt für die Pilasterordnung der Wände. Die dekorativen, zumeist gegossenen Details konnten nach den vorhandenen Unterlagen ohne allzu große Schwierigkeiten rekonstruiert werden. Angesichts dieser Situation forderte das Landesdenkmalamt die Vorgabe der Freilegung. Wir sahen die Entscheidung darüber jedoch als Teil der Aufgabenstellung, denn: freigelegte Decke, für die Beleuchterbrücke durchlöcherter Architrav, modern – neutrales Proszenium – wie konnte das zusammengebracht werden? In der Auslobung wurde das Problem so beschrieben: „Da im Zuge der Veränderungen nach dem Zweiten Weltkrieg die Originalsubstanz nicht überall ausgetauscht oder entfernt, sondern nur abgedeckt und verkleidet worden ist, soll jedoch die Freilegung dieser Wand- und Deckenbereiche im Rahmen des Gesamtkonzepts mitüberlegt werden. Ziel ist eine Gestaltung, die dem Theater wieder eine festliche Atmosphäre zurückgibt, ohne den historischen Bestand zu stören. Wesentliche Eingriffe in die Bausubstanz bzw. starke plastische Veränderungen dürften danach kaum in Frage kommen.“
akustik
die büffetfrage
Trotz aller Versuche und Verbesserung war die Qualität des Littmann‘schen Zuschauerraumes nicht wieder erreicht worden – die Plastik des Resonanzkörpers fehlte. Zudem sollte der wenig schöne Schalldeckel wieder verschwinden bzw. besser integriert werden. Der Rat unseres Akustikers lautete: keinerlei Verringerung des schon knappen Luftvolumens, stärkere Plastizität und Härte der Wände, steilere Faltung des Portalrahmens zur besseren Schallabstrahlung – damit aber unter Umständen Konflikte mit der Bühnenöffnung.
Schon bei Littmann ungelöst, wahrscheinlich während der Funktion des Hoftheaters noch nicht sehr relevant, war der Zustand für das gesamte Parkett und den ersten Rang mit zusammen etwa 900 Plätzen schon lange mehr als ärgerlich. Ausgerechnet im Königsfoyer war mit besseren Kisten ein Provisorium eingerichtet worden, das der Wertigkeit dieses Raumes in keiner Weise entsprach. Hier musste endlich eine befriedigende Lösung gefunden werden, für die sich als einzige Stelle die Verwendung des sog. „Kalten Ganges“ anbot – des Übergangs und der Terrasse zum Verwaltungsgebäude. Zur Teilnahme am Wettbewerb wurden acht namhafte Architekten aufgefordert, von denen wir annahmen, dass sie für diese Aufgabe in besonderer Weise geeignet sein würden. Sechs Arbeiten wurden abgegeben und vom Preisgericht am 27. November 1981 nach der Erläuterung der Arbeiten durch die Architekten beurteilt. Die Beiträge waren von überraschender Spannweite und zeigten die außerordentliche Schwierigkeit der Auseinandersetzung mit den räumlichen Verhältnissen und den gestellten Forderungen. Zwei Konzepte – die der Architekten von Branca und Prof. Heinz Mohl – führten zu völlig neuen Gestaltkonzepten. Sie versuchten, die Ungereimtheiten des Hauses von 1912 mit seiner Verklebung von monumentaler Pilasterordnung, dekorativ vorgehängten Rängen und eingeschnittenem dritten Rang in eine klare und durchgehende Ordnung zu bringen und den Portalrahmen wie die Beleuchterbrücke zu integrieren. Mohl hob sogar noch die Decke zur Verbesserung der Akustik an.
Nach den Erfahrungen der Vergangenheit war es für uns logisch, dass ein beschränkter Wettbewerb der richtige Weg war, um für den Verwaltungsrat zu Entscheidungs-Alternativen zu gelangen. Verschiedene Konzepte konnten – so war unsere Auffassung – durch die gegebene Vergleichsmöglichkeit zu eindeutiger Meinungsbildung führen. Am 31. Januar 1981 hat der Verwaltungs- und Theaterbeirat die von der Bauverwaltung gewünschte Ermächtigung erteilt. Bei der Vorbereitung wurden vier Probleme intensiv diskutiert:
bühnenbeleuchtung
historischer bestand Eine uneingeschränkte Wiederherstellung des Littmann‘schen Zustandes erschien uns nicht nur aus finanziellen Gründen unrealistisch. Neben den beleuchtungstechnischen Fragen – der Architrav war ja 1956 wegen der unzureichenden Lichtversorgung für eine Beleuchterbrücke aufgebrochen worden und verlor so seine optisch tragende Funktion für die Kassettendecke – stand die Forderung der Bühnenbildner nach möglichst großer Neutralität des Portalrahmens, wollten sie doch die historische Trennung des Bühnengeschehens vom Zuschauer überspielen. Zugegeben: auch für meine Architektengeneration war der totale Schritt zurück in den Wilhelminischen Historismus des Hoftheaters nach den auch geistig begründeten Veränderungen des Jahres 1956 in eine offenere, demokratischere Zeit nicht einsichtig. Von vornherein
geschichte des grossen hauses · die wiederherstellung des littmann-theaters
12.10.2003 — Michael Schuhmacher wird zum sechsten Mal Weltmeister 4.2.2004 — Mark Zuckerberg startet das Unternehmen Facebook
26.4.2004 — Die deutsche Luftwaffe erhält den ersten Eurofighter 1.7.2004 — Gegen Saddam Hussein wird Anklage erhoben 4.7.2004 — Grundsteinlegung des neuen World Trade Center in New York
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21.9.2004 — Baubeginn des Burj Khalifa in Dubai, der höchste Wolkenkratzer der Welt 11.11.2004 — Jassir Arafat stirbt
Zur Arbeit von Branca meint das Preisgericht, „der insgesamt gewonnene Eindruck ist insofern nicht völlig befriedigend, als keine klare Empfindung darüber aufkommt, ob der Raum das Ergebnis einer Rekonstruktion ist oder eines bewussten von der Rekonstruktion unterschiedenen Umbaues…“ Bei der Arbeit Mohl bestehen Bedenken ob der starken Eingriffe; auch wird eine gewisse Stereotypie der sich überall wiederholenden Ornamente festgestellt. Die Innenarchitektin Prof. Herta-Maria Witzemann legte besonderes Gewicht auf die Verbindung der Foyers durch offen durchgehende Treppenhäuser, um die heutige Gesellschaftsordnung zu manifestieren. Für den Zuschauerraum stellte sie den historischen Wand- und Deckenaufbau wieder frei, hat die wünschenswerte Architektur durch dekorative Ergänzungen jedoch eher geschwächt. Der Wiener Architekt Hermann Czech beließ den Raum in seinen wesentlichen Elemente, verbesserte jedoch die Sichtverhältnisse in den Rängen erheblich. Gestalterisch dynamisierte er den Raum zur Bühne hin durch eingehängte Rautenelemente, die er aus der Kassettendecke ableitete. Die Raumsituation würde nach Meinung des Preisgerichts beim dritten Rang und zur Bühne hin allerdings kaum eine Verbesserung des bestehenden Zustand bewirken. Die beiden Venezianer Afra und Tobio Scarpa waren wohl am konsequentesten im Spannungsverhältnis von Modernität und Historie: die Wände wurden durchgehend mit Holz verkleidet und in der Oberfläche mit großer Delikatesse behandelt; die Portalzone neu gefasst und der Schalldeckel als große Schale nach oben gewölbt, dem eine weitere Schale über dem dritten Rang antwortete und so die Beleuchtung ohne Zwang löste. Die zwei Schalen gaben den Deckenspiegel mit den wiederhergestellten Kassetten und ein Stück Architrav und Wandpfeiler frei, ziehen den Vorhang von der Historie weg. Diese Arbeit war zunächst Favorit der Bühnenbildner, brachte sie doch die geforderte Neutralität des Bühnenportals in eine Gesamtkomposition von großer Klarheit ein. Der entscheidende Mangel lag jedoch in einem nicht akzeptablen Verlust an Raumvolumen und damit an akustischer Qualität; nach Meinung des Preisgerichts war auch die Balance zwischen Neu und Alt nicht erreicht. Gottfried Böhme Planung war eine klare Absichtserklärung: Rückgewinnung der Littmann’schen Gestaltelemente überall dort, wo dies möglich erschien; zum Beispiel auch bei der Beleuchterbrücke durch einfaches Ausschneiden der Füllflachen des Architravs. Eigenständige Ergänzungen, wo die Vorraussetzungen für die Littmann-Form fehlten, also im Proszeniumsbereich. Das führte zu einem Bühnenrahmen, der als gitterartige Raumstruktur vor der Rohbauöffnung stand und sich plastisch und malerisch in die Wandfelder zwischen die Pilaster fortsetzen sollte. Bühnenbereich und Zuschauerraum sollten damit eine Verklammerung erhalten, der Gitterrahmen selbst für Spiel und Technik verfügbar sein.
Für die Architekten ein faszinierendes Konzept, für die Vertreter des Theaters ein zu starker Eigenwert der Portalstruktur. Trotzdem stellte das Preisgericht fest, „die Arbeit liefert als Vision in der Verbindung eines historischen Raumes mit den Veränderungen unserer Zeit einen bemerkenswerten und entwicklungsfähigen Beitrag zu gestellten Aufgabe“. Die Lösung der Büffetfrage im Bereich des „Kalten Ganges“ zeigte außerordentliche Schwierigkeiten beim Zugang auf. Die jetzige „Schlupflochverbindung“ über das Podest der Treppe zwischen Parkett und ersten Rang reichte nicht aus; Versuche der Überbrückung vom ersten Rang her ergaben keine günstigen Verhältnisse. Eine Bedienung allein im zweiten Rang, angesichts des dort vorhanden Platzes, hätte die Zwänge verstärkt. Auch hier hat Gottfried Böhm einen zwar aufwendigen, aber in der Zuordnung allein befriedigenden Beitrag geleistet: er stellte einen zweigeschossigen runden Pavillon frei in den anschließenden Hof und verknüpfte ihn über Brücken mit den Foyers des ersten und zweiten Ranges; eine interne Treppe stellte außerdem die Verbindung beider Ebenen her. Nach der Auslobung waren Preise nicht vorgesehen. Alle Teilnehmer erhielten einen angemessenen Kostenersatz; das am ehesten geeignete Konzept sollte zur Weiterbearbeitung empfohlen werden. Nach eingehender Diskussion hat das Preisgericht dem Auslober einstimmig empfohlen, „mit Prof. Böhm die weitere Bearbeitung zu diskutieren, wobei insbesondere die Bedenken der Theaterleitung hinsichtlich des Proszeniumsrahmens zu berücksichtigen sind; hierbei sollte es nicht zu einer Prädominanz des Bühnenrahmens kommen. Bei den Überlegungen zur Restaurierung des Zuschauerbereiches ist eine möglichst umfassende Überprüfung des historischen Bestandes hinsichtlich der Plastik, des Materials und der Farbigkeit vorzunehmen. Die planerischen Vorstellungen müssen hinsichtlich der Ausbildung der Beleuchterbrücke und des notwendigen Architravs als Überleitung zur Decke präzisiert werden“.
30.1.2005 — Die 1000 Folge der Lindenstraße wird in der ARD übertragen 2.4.2005 — Papst Johannes Paul II. stirbt im Alter von 84 Jahren nach fast 27-jährigem Pontifikat
folgerungen und öffentliche diskussion Der Verwaltungs- und Theaterbeirat ist am 29.1.1982 über das Ergebnis des Wettbewerbs unterrichtet worden. Drei Probleme wurden wesentlich für das weitere Vorgehen: die kostenfrage, denn die rekonstruktion des littmann‘schen raumes mit den böhm‘schen ergänzungen war mit den vorgesehenen mitteln keinesfalls zu verwirklichen; · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · die massiven bedenken des theaters zur gestalterischen eigenqualität des portalrahmens mussten ausgeräumt werden; · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · das landesdenkmalamt trat mit grosser entschiedenheit für die völlige rekonstruktion der littmann‘schen urfassung ein. · · · · · · · · · · · · · · Die Bauverwaltung wurde danach beauftragt, unter Beteiligung des Landesdenkmalamts mit Prof. Böhm über eine Änderung seines Wettbewerbsentwurfs zu verhandeln – „mit dem vorrangigen Ziel der Rückführung auf die Littmann‘sche Fassung, soweit dies mit den technischen Erfordernissen eines modernen Spielbetriebs in Einklang zu bringen ist“ und soweit dieses Ziel nicht erreicht werden kann, sollte die Bauverwaltung einen eigenen Entwurf im Einvernehmen mit dem Landesdenkmalamt vorlegen. Außerdem sollte die Gestaltungsqualität bei Einhaltung des bisherigen Kostenrahmens von 4,5 Mio. DM klargelegt werden. Die abschließende Beratung sollte (musste) angesichts des terminierten Zeltbudgets im Juni 1982 erfolgen. Zur Erfüllung der Beschlüsse hat die Bauverwaltung die Sammlung von Unterlagen eingeleitet wie – soweit in dem bespielten Haus möglich – Befunduntersuchungen durchgeführt, um möglichst genaue Aussagen hinsichtlich der Littmann‘schen Gestaltung zu erlangen, was auch zu den Kostenermittlung notwendig war. Hierzu wurde eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Theaters des Landesdenkmalamts und der Projektgruppe des Staatlichen Hochbauamts gebildet. Gespräche mit Prof. Böhm Wurden entsprechend den Beschlüssen aufgenommen. In der Zwischenzeit hatte die örtliche Presse – allen voran Dieter Kölmel von den Stuttgarter Nachrichten – das Thema aufgenommen und mit großer journalistischer Emphase die möglichst originalgetreue Wiederherstellung des Littmann‘schen Zuschauerraumes gefordert. Mit der Wortwahl war man nicht kleinlich – Landesdenkmalamt und Bauverwaltung wurden gegeneinander ausgespielt; dabei ging es wirklich nicht um die Zerstörung denkmalpflegerischen Bestandes, sondern allein darum, ob die Rekonstruktion, also die Neuschöpfung nach alten Vorlagen bis ins letzte möglich sei – und gewollt werde. Es lief ja immer mit der Einschränkung „wobei die technischen Möglichkeiten für den Spielbetrieb gewährleistet sein müssen…“ Aus der Bevölkerung war breite Zustimmung zur Rückgewinnung der Littmann‘schen Raumwirkung zu verzeichnen. Angesichts des großen Interesses schaltete sich der Herr Ministerpräsident selbst
in die Diskussion ein. Von der Landesregierung wurde der Auftrag des Verwaltungsrats bestätigt, „Littmann so weit als möglich“. Ich habe mich dabei gegen einen „Anpassungsentwurf “ der Bauverwaltung für den Portalrahmen gewandt – sondern plädierte für das entweder Littmann oder Böhm. Eine Erleichterung in der Diskussion ergab sich durch die Erklärung des Theaters, seine Anforderungen zugunsten der Angleichung an die Littmann‘sche Fassung einzuschränken, sofern die Breite der Bühnenöffnung erhalten werde, um die vorhandenen Inszenierungen weiterspielen zu können. Im Verfolg dieser Aufträge und zur Absicherung der weiteren Entscheidungen hat das Finanzministerium eine „Große Kommission“ gebildet, in der die Prof. Doll und Gönnenwein vom Theater; Bürgermeister Dr. Lang seitens der Stadt; der Präsident des Landesdenkmalamts, Prof. Dr. Gebessler, Ministerialdirigent Dr. Dr. Rettich vom Ministerium für Wissenschaft und Kunst sowie Regierungsdirektor Müller-Arens vom Staatsministerium und ich selbst beteiligt waren. Hier wurden alle Probleme behandelt, die im Spannungsfeld von technischer Anforderung und gestalterischer Lösung auftraten und in der Arbeitsgruppe selbst nicht eindeutig zu entscheiden waren. Ein Glücksumstand war es dass die Arbeitsgruppe des Bauamts bei der Suche nach Unterlagen im Theatermuseum in München auf die Originalpläne Littmanns stieß. Dieser Fund beseitigte viele Unsicherheiten und ersparte Zeit und Kosten. Insbesondere wurde deutlich, dass die Schale des Littmann‘schen Portalrahmens in etwa der bestehenden Portalbreite entsprach. Damit fiel ein wesentlicher Vorbehalt gegen die Rückführung auf den ursprünglichen Zustand weg. Bei dieser Situation sahen wir keinen Sinn mehr in weiteren Versuchen zur Abwandlung des Böhm‘schen Portalkonzepts und konzentrierten die Bemühungen auf die Verwirklichung des historischen Bühnenrahmens. Beinahe als Randproblem ist festzuhalten, dass die Rückführung auf Littmann auch für die Foyerbereiche gelten musste. Als Konsequenz musste das Büffetproblem für das Parkett und den ersten Rang außerhalb der vorhandenen Räume gesucht werden; der Vorschlag von Gottfried Böhm für den gesonderten Pavillon im Hof III schien die zweckmäßige und dem Anspruch des Littmann-Baues adäquate Lösung. Gegenüber dem vom Verwaltungsrat bislang gebilligten Aufwand von 4,5 Mio. DM für eine „bessere Gestaltung“ ergab sich ein beachtlicher Mehraufwand. Insgesamt mussten für alle mit der Rückführung auf den ursprünglichen Charakter verbundenen Leistungen und den Büffetpavillon 16,5 Mio. DM veranschlagt werden. Der Ministerrat hat am 30. Juni 1982 die Restauration und Rekonstruktion des Littmann‘schen Erscheinungsbildes beschlossen und die Mehrkosten mit der Maßgabe auf das Land übernommen, als die von dem inzwischen gegründeten Förderverein „Alte Oper Stuttgart e.V.“ aufgebrachten Spenden in die Restaurierung einfließen sollten.
geschichte des grossen hauses · die wiederherstellung des littmann-theaters
19.4.2005 — Joseph Ratzinger wird vom Konklave zum neuen Papst Benedikt XVI. gewählt 10.10.2005 — Angela Merkel wird erste Bundeskanzlerein
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Auch wer das Große Haus noch von früher her kennt, wird angesichts der „neuen“ Alten Oper einige Überraschungen erleben, wenn er das Gebäude betritt. Schließlich sind seit den Veränderungen fast 30 Jahre vergangen, und das Haus war nach dem Krieg nicht mehr ganz taufrisch gewesen. Hinter der nur gereinigten Fassade aus dem warmtonigen Sandstein erschließt sich wieder ein dekorativer und farbiger Reichtum, der die Frage nach den Beweggründen zu den Veränderungen 1956 impliziert. Sicher wird heute in den Foyerzonen die Hierarchie des Hoftheaters wieder deutlich, und man stellt fest, wie krass der Unterschied an Oberflächenqualität zwischen dem Parkett und dem ersten Rang einerseits und dem zweiten wie dritten Rang andererseits war – und wieder ist. Musste aber die Demokratisierung soweit getrieben werden, dass das Königsfoyer im ersten Rang völlig isoliert stand und im übrigen ein Purismus vorherrschend wurde, der mit der Welt des Theaters nicht zusammenklang? Wir betrachten es als großen Gewinn, dass durch Farbe und Qualität der Oberflächen die Foyers des Parketts und des ersten Ranges mit dem Königsfoyer wieder eine stimmige und noble Einheit bilden, die in bester Weise mit der Außenerscheinung harmoniert. Auch der zweite und der dritte Rang weisen jeweils einen eigenen farbigen und dekorativen Charakter auf, der auch den Treppenzugang mit einbezieht und so schon hinter der Zugangstüre beginnt. Trotz der größeren Bescheidenheit wird damit wieder eine stimulierendere Wirkung erreicht – und ein einleuchtendes Ordnungssystem für den Besucher. Hinter diesem Auftakt dann das Herzstück, der Zuschauerraum. In seiner Wesenheit ebenso bestimmt durch die starke Plastizität und die reiche Dekoration wie durch die gedämpfte Farbigkeit der SilberGrau-Gelbtönung ist in Verbindung mit der Beleuchtung ein festlicher, nicht unbedingt ein fröhlicher Raum entstanden. Historismus der Wilhelminischen Epoche in bester Weise, mehr Wagner und der heldischen Zeit zugetan als Mozart. Hier kann man wohl Verständnis aufbringen, dass 1956 nicht nur die „Kalte Pracht“ suspekt war, sondern auch Abschied von einer Vergangenheit genommen werden wollte, die geistig nicht erst 1933 begonnen hatte. Nur, zu welchem Ergebnis sie führte, steht auf einem anderen Blatt. Wer an der Farbigkeit Zweifel haben mag: die Befunde waren eindeutig; es wurden neben den zum Teil kolorierten Zeichnungen auch noch Originalstühle und ein Stück der Wandbespannung entdeckt. Das Erscheinungsbild ist also authentisch. Für die Architekten blieben trotzdem die beiden neuralgischen Punkte zu lösen – der Bühnenrahmen und die Beleuchterbrücke, und mich bewegt schon die Frage, ob wir die getroffenen Lösungen guten Gewissens verantworten können.
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hochziehbare archivtravfelder
der grosse littmann und der kleine böhm
hochziehbare lüster
19.5.2006 — Die Mehrwertsteuer wird von 16% auf 19% angehoben 4.7.2006 — Deutschland scheitert im Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft, im eigenen Land, gegen Italien
Decke über dem Zuschauerraum
Denn, um die dekorative Schale zu erreichen, waren Eingriffe in das Gefüge dahinter erforderlich, wenn die „unverzichtbare“ Technik untergebracht werden sollte. Beim Bühnenrahmen mussten beidseits beachtliche Teile des tragenden Mauerwerks herausgenommen und durch eine Stahlkonstruktion ersetzt werden - primär ein konstruktives Problem. Schwerer war die Lösung der Beleuchterbrücke über dem dritten Rang – 1956 mit ein Grund für die Umgestaltung. Der Architrav musste ja wieder hergestellt werden, um die stark kassetierte Decke optisch zu „tragen“; er durfte nicht durchlöchert werden. Wir bemühten uns lange, die Beleuchterbrücke unter und hinter dem Architrav zu installieren, was jedoch für den dritten Rang nicht nur zu erheblichen Platzverlusten geführt, sondern auch erhebliche Beeinträchtigungen zur Folge gehabt hätte. Da der Architrav schon bei Littmann allein formale Bedeutung hatte und insoweit ohne tragende Funktion eine „Lüge“ war, entschlossen wir uns letztendlich zum Belassen der Beleuchtung im Architrav – hinter den geschlossenen Feldern zwischen den Triglyphen, die während der Abdunkelung des Raumes hochgefahren werden, was auch für die in den Lichtstrahlen hängenden Lüster gilt.
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9.3.2007 — Der Bundestag verabschiedet entgegen den Protesten der Gewerkschaften die Rente mit 67 Jahren 8.6.2007 — In Heiligendamm geht der G8-Gipfel zu Ende 2007 — Die beiden rechsten Menschen der Welt besaßen mehr Geld, als die 45 ärmsten Länder zusammen
Legitim oder nicht – ein Kompromiss wäre in jedem Fall notwendig gewesen, und die „Ehrlichkeit“ der letzten Jahrzehnte hat uns an manchen Stellen auch architektonisch wenig überzeugende Lösungen beschert. Für die Bürger ist dies sicher belanglos – sie haben ihre „Alte Oper“ wieder, deren Rückgewinnung ihnen so viele und große finanzielle Spenden wert war. Die Architekten mag es befriedigen, dass nach der Kriegszerstörung des Kleinen Hauses wenigstens im Großen Haus der württ. Staatstheater das Werk des Architekten Max Littmann wieder als gesamtkünstlerische Leistung sichtbar ist und insoweit eine Wiedergutmachung erfahren hat. Die Bauverwaltung ist aber auch erfreut darüber, dass die Architektur unserer Zeit innerhalb dieser Aufgabe einen Niederschlag gefunden hat – mit dem zur Entlastung des historischen Hauses unerlässlichen Büffetpavillon von Gottfried Böhm. Ich bin überzeugt, dass mit dieser Zufügung nicht eine „Beeinträchtigung“ des Littmann-Baues entstanden ist, sondern eine in der architektonischen Qualität adäquate Ergänzung. Das Glashaus auf der Terrasse mit der optischen Verbindung zum Park, seine Verknüpfung mit dem zweigeschossigen Rundbau im Hof und dessen Anschluss wie kommunikative Verbindung zum ersten wie zum zweiten Rang – dies war ein Gedanke, der die Verwirklichung gelohnt hat. Ich bin sehr froh, dass Gottfried Böhm nach dem Wettbewerb sich mit dieser kleinen Aufgabe begnügt und uns ein räumliches Erlebnis gebaut hat, das den prosaischen Inhalt fast vergessen lässt.
nachklang In der Einführung wird deutlich, dass die Rückgewinnung des historischen Raumgefüges Teil einer wesentlich umfangreicheren Baumaßnahme gewesen ist. Daneben waren die Heizung, Elektro- und Sanitärinstallationen zu erneuern, weitere Verbesserungen im Bühnenbereich durchzuführen und nach der Verlagerung des Kammertheaters und der Probebühne in den Neubau erhebliche Umbauten in den Personal- und Übungsbereichen an der Neckarstraße vorzunehmen. Die Reinigung der Fassaden und die Instandsetzung des Umfeldes kamen dazu. Insgesamt sind für dieses vom Verwaltungsrat am 30. Juni 1982 beschlossene Programm Gesamtkosten in Höhe von 43,15 Mio. DM entstanden. Von dieser Summe konnten vor der Schließung des Theaters für Vorwegmaßnahmen rund 3 Mio. DM ausgegeben werden. Während der 14 Monate Schließungsdauer waren also Leistungen in der Größenordnung von rund 40 Mio. DM auszuführen. Dies bedeutet bei 250 Arbeitstagen Tag für Tag den stolzen Betrag von 160 000 DM.
Eine solche Leistung bedarf nicht nur der präzisen Planung wie der terminlichen und finanziellen Projektsteuerung. Sie erfordert auch über den zeitlichen Einsatz aller Beteiligten eine Identifizierung mit der Aufgabe, die das uneingeschränkte Engagement, ja die Begeisterung verlangt. Diese waren in hohem Maße gegeben. Es ist mir deshalb ein Bedürfnis, allen zu danken, die am Gelingen mitgewirkt haben. Ich darf voranstellen meine eigenen Mitarbeiter vom Staatlichen Hochbauamt I und dessen Projektgruppe, welche die ganze Verantwortung für die Koordinierung und die Durchführung zu tragen hatte und von deren Einsatz die Termineinhaltung abhing. Dem Theater, das unter den Arbeiten zu leiden hatte und das neue alte Haus nutzen und mit Leben erfüllen soll, sind wir für die Hilfe und das partnerschaftliche Verhältnis besonders verpflichtet. Ich möchte weiter hervorheben die gute Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt bei den Untersuchungen, der Abklärung aller denkmalpflegerischen Einzelheiten wie der kollegialen Austragung hier und da entstandener Probleme. So komplexe und komplizierte Aufgaben dieses Umfangs sind nicht realisierbar ohne „Sonderfachleute“ – die Ingenieure für Statik, Haustechnik, Beleuchtungs- und Bühnentechnik, und besonders für Akustik, die alle einen wichtigen Beitrag zur Lösung geleistet haben. Auch eine Restaurierung oder Rekonstruktion muss genehmigt werden und erfordert die Einhaltung von Belangen des Brandschutzes wie der Sicherheit. Im Sinne der Sache haben die Städtischen Dienststellen, insbesondere die Branddirektion, in positiver Weise mitgewirkt. In der Abwägung zwischen denkmalpflegerischen Belangen und baurechtlichen Vorschriften hat das Regierungspräsidium mit seinen Entscheidungen wesentlich beigetragen, dass einschränkende Auflagen vermieden wurden. Bei diesem Planungs- und Entscheidungsprozess haben auch die Oberfinanzdirektion Stuttgart wie die beteiligten Ministerien mitgeholfen; hier darf ich auch die Tätigkeit der „Großen Kommission“ nennen. Schließlich: ohne vieler Hände Arbeit, ohne das Mitdenken und Mithandeln der zum vollen Einsatz ihrer Kräfte beteiligten Firmen und die Bereitschaft ihrer Mitarbeiter wäre das Werk nicht in dieser Qualität und in dem engen Zeitrahmen zustande gekommen. Der Leistung aller, jeder in seinem Gewerk und an seinem Platz, vom Maurer und Schlosser bis zum Stukkateur und Restaurator, gebührt hohe Anerkennung. Möge das Haus nun in seinem neuen alten Glanz gepflegt und bewahrt werden und in einer friedlichen Zeit seinen Dienst tun – zur Freude der Besucher und zur Befriedigung der darin Arbeitenden.
geschichte des grossen hauses · die wiederherstellung des littmann-theaters
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geschichte des grossen hauses
LITTMANNS GROSSES HAUS
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EIN PROGRAMMATISCHER THEATERBAU Nach dem Brand des alten königlichen Hoftheaters bemühte man sich als erstes um einen neuen Standort für ein neues Hoftheater, nachdem sich rasch herausstellte, dass für die neue Bauaufgabe der alte Standort neben dem Alten Schloss zu klein war. Eine Planmappe im Archiv des Hauses Württemberg in Altshausen mit großformatigen Lageplänen der Stuttgarter Innenstadt und zahlreichen in Pappe geschnittenen Grundrissfiguren von Vorentwürfen für Stuttgart, aber auch von anderen Theaterbauten in Deutschland und Europa belegen nicht nur, dass man sich intensiv, geradezu generalstabsmäßig auf die Suche nach einer Lösung der Standortfrage begeben hatte, sondern auch, dass der Horizont der Theaterbauten, von denen man sich anregen lassen wollte, weit gesteckt worden war.
theaterbau im späten 19. jahrhundert In der Tat war der Theaterbau im späten 19. Jh. zu einer international beachteten und vergleichbaren Bauaufgabe geworden: Zu den Fürstenhäusern als bisherige Auftraggeber der Residenztheater waren die Städte, aufstrebende Kurorte, sogar private Theaterbau-Gesellschaften als neue Bauherren aufgetreten. Zwischen 1871 und 1896 soll sich die Zahl der TheaterUnternehmungen im damaligen Deutschland von ca. 200 auf mehr als 600 verdreifacht haben. Zudem erlebte die Disziplin des Theaterbaus vielfältige Neuerungen vorrangig im technischen Bereich: Neuen, 1889 in Preußen erlassenen Brandschutz-Regeln waren viele alte in Holz errichtete Theater nicht mehr gewachsen. Neue Bühnen-, Heizungs- und Belüftungstechniken, neue Beleuchtungstechniken und Bautechniken wirkten sich geradezu revolutionierend auf die Neubauten aus. Die meisten deutschen Theaterbauten des späten 19. Jahrhunderts waren von nur wenigen Architekturbüros erbaut worden, die sich für diese Bauaufgabe spezialisieren konnten: martin dülfer aus dresden (6 bauten) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · kaufmann aus berlin (9 bauten) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · karl moritz aus köln (7 bauten) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · heinrich seeling aus berlin (12 bauten) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · bernhard sehring aus berlin (5 bauten) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · fellner + hellmer aus wien (47 bauten) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · max littmann aus münchen (11 bauten) · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Die Hauptaufgabe bei den Theaterbauten war für den gestaltenden Architekten eine zeitgemäße Anlage des Zuschauerraums und sein Verhältnis zur Bühne; dabei traten zwei im Grunde gegensätzliche Theaterbau-Tendenzen, jede mit Vor- und Nachteilen verbunden, miteinander in Konkurrenz: Rangtheater und Amphitheater Das überkommene – barocke – Rang- oder Logentheater erlaubte, die Zuschauer auf kurzer Distanz zur Bühne „übereinander zu stapeln“, wobei durch die notwendigen Abstützungen Sichtbehinderungen und durch die Logeneinteilung auch eine Teilung der Zuschauerschaft notwendig waren. In den Zeiten, als ein Theaterbesuch eine der Möglichkeiten zur Zerstreuung eines Hofstaats war und sich während der Aufführung das Publikum angeregt unterhalten konnte, war das Logentheater die geeignetste Theaterform. Je mehr die Theater im Verlauf des 19. Jahrhunderts aber dem bürgerlichen Publikum geöffnet wurden und den Charakter einer Bildungsanstalt gewannen, traten neue Gesichtspunkte auf. Die „Neuigkeit“ bestand darin, dass man auf eine antike Theaterbauform zurückgreifen wollte, welche man „Amphitheater“ nannte; ein Theater mit regelmäßig ansteigenden bogenförmigen Sitzreihen, als ebenso klassisches wie klassenloses Theater, wie es in der Renaissancezeit bereits wieder aufgegriffen, im höfischen Barock untergegangen, und um 1800 von der europäischen Architekten-Avantgarde (welche kaum zum Bauen kam) wiederentdeckt, aber nicht durchgesetzt worden war. Vor der Jahrhundertwende wurden diese Reformgedanken nur an wenigen Stellen aufgegriffen, so bei Brückwalds Bayreuther Festspieltheater 1872–1874, dem 1900–1902 das Münchner PrinzregentenTheater als erster Ableger folgte; sein Architekt hieß Max Littmann. Gleichwohl hielt man im Verlauf des 19. Jahrhunderts. überwiegend am Rangtheater fest. Bis in die Übernahme des barocken oder Rokoko-Dekors zeigte sich das Interesse des Festhaltens am Überkommenen. Die Vorteile des Rangtheaters haben es sogar bis in unsere heutige Zeit bei großen Häusern als einzig diskutablen Grundtyp qualifiziert, was das Interesse der Reformer gegen Ende des 19. Jahrhunderts, jedoch nicht behinderte.
20.1.2009 — Vereidigung von Barack Obama zum Präsidenten der USA 23.5.2009 — Der VfL Wolfsburg wird erstmals Deutscher Meister
reformtheater Durch Wegnahme von Logenwänden versuchte man mehr Plätze bei gleicher Fläche zu schaffen, zumal der Bedarf an Einzel-Logen deutlich sank. Doch war die Anzahl der Sitzreihen hintereinander beschränkt, wenn die Höhe der Ränge die der Logen nicht überstieg. Mit größerer Höhe der Rangöffnungen ließen sich zwar wesentlich mehr Sitzreihen unterbringen, es stellte sich aber damit das technische und formale Problem einer befriedigenden architektonischen Lösung, wenn auch auf Logen mit niedrigen Öffnungen nicht ganz verzichtet werden konnte. Um 1900 erfasst der stilistische Wandel in der europäischen Architektur auch den Theaterbau. Die meist dem Barock oder dem Rokoko entlehnte bisweilen schwelgerische Gestaltung der umlaufenden Ränge vieler Theaterbauten vor der Jahrhundertwende beschränkte sich noch vielfach auf hochdekorative Brüstungen und verbindende eher dekorative Stützmotive (z.B. Karyatiden) zwischen den Logen. Die Decken der Zuschauerräume erscheinen körperlos als dekorativer Plafond über kleinteilig gegliederten Logen- oder Rangöffnungen. Solche Theaterbauten in spätwilhelminischer Pracht oder mit Renaissance und Barockzitaten treten nach 1900 zugunsten von bescheidener gestalteten Bauten in den Hintergrund. Es entstehen Theaterbauten in eher zeitlosen „deutschen“ Architekturformen, beeinflusst von den Heimatarchitektur-Tendenzen der Jahrhundertwende; parallel hierzu finden sich Theaterbauten in aktuelleren Jugendstilformen (eher als städtische oder private Theater ohne staatlichen Anspruch, wie das Dülfersche Theater in Dortmund von 1903). Eine dritte Gruppe findet zu einfachen klassischen antiken Formen zurück, bei denen das Dekorative in den Hintergrund tritt. Zu dieser dritten Gruppe ist Littmanns Großes Haus zu zählen. Mit seinem preisgekrönten Entwurf entwickelte Littmann für Stuttgart einen Theaterbau, dessen Kern, der Zuschauerraum, im Gegensatz zu den meisten vorausgegangenen Theaterbauten architektonisch durchgeformt und im Bereich der Dekoration wesentlich leiser war.
die entwurfsidee Littmann ging von der Grundidee einer ovalen, im rückwärtigen Bereich halbrunden Rotunde aus mit klar artikulierten von kräftigen Pilastern gegliederten Wandflächen, die ein mittelschweres Gebälk tragen. Die Einzelheiten dieser antikisierenden Architektur wurden aber unakademisch zusammengesetzt: Einen Architrav gibt es nicht. Der Fries gliedert sich in dorische und jonische Elemente. Die Pilaster besitzen keine Basen und nur knappste Andeutungen von Kapitellen. Vor dieser Raumschale schwebt stützenlos der erste Rang mit einer umlaufenden differenziert geschwungenen Brüstung, die sich vor der mittleren Königsloge und den beiden seitlichen Prinzenlogen kanzel-
12.1.2010 — Bei einem Erdbeben in Haiti sterben etwas 220 000 Menschen
ähnlich sanft vorwölben. Zwischen diesen drei Prunklogen sind zwei durchlaufende Sitzreihen angeordnet, hinter denen die 14 Logen des Theaterbaus so im „zweiten Glied“ stehen, dass ihre Öffnungen kaum vor die Ebene der „Raumschale“ hinaustreten; so werden die HofLogen angemessen akzentuiert und mit den zwei Sitzreihen eine gestalterische Verbindung zwischen den Sitzreihen im Parkett zum ebenfalls stützenfrei vorspringenden zweiten Rang hergestellt, der mit nur drei bis vier Sitzreihen vergleichsweise bescheiden dimensioniert ist: Der wie der erste noch umlaufende Rang schließt mit der Raumschale ab, die letzte Sitzreihe ist zwischen die Wandpilaster gestellt, welche von hier aufsteigend die Decke des Zuschauerraums tragen. Nur die vordersten beiden Pilaster vor dem Bühnenbogen fußen in der Höhe des ersten Rangs und stellen damit den Bezug zu den hölzernen Wandvertäfelungen im Parkett her, die als Sockel für die Architektur der Wand interpretiert werden können. Aus architektonischen wie aus praktischen Erwägungen (an der Seite wären die Plätze sehr ungünstig gewesen) öffnet Littmann nur im rückwärtigen Bereich den Raum zum siebenreihigen dritten Rang, der sich über einer etwa zwei Meter höheren Brüstung in drei breiten und zwei schmalen Wandfeldern öffnet, mit vier Freistützen in Form der benachbarten Pilaster. Es wäre dem Entwerfer wohl problemlos möglich gewesen, den zweiten und dritten Rang räumlich zusammenzuziehen und die Sitzreihen durchlaufen zu lassen. In Vergleichsfällen mit solch großen zusammenhängenden Rängen sieht man aber, wie die Tragstützen zwischen den Sitzreihen „ertrinken“. Für Littmann war also der schmale Wandstreifen zwischen den beiden Rängen sehr wichtig, er unterstrich den Zusammenhang der Raumschale und gab den Pfeilern einen wichtigen Halt. Die von schlanken Pilastern und Pfeilern eingefasste Rotunde – möglich geworden durch Verzicht auf einen umlaufenden dritten Rang – ist Littmanns planerisches Leitmotiv, welches sich an der Decke im großen Kreis und den kreisförmig angeordneten Kassetten widerspiegelt, die den »Ausblick« in den von J. Moessei gemalten nächtlichen Sternenhimmel rahmend tragen. Mit dieser Entwurfsidee, die sich bereits in den ersten Studien zeigt, präsentiert sich Littmann als Tektoniker. Im rangfreien Bayreuther Festspielhaus hatte Brückwald solch „große Architektur“ an den Wänden vielleicht vorbildhaft für Littmann vorgebildet. Für ein Rangtheater war dieses Thema aber neu und nur dadurch zu erreichen, dass die Ränge Teile der Wand freiließen. Während Littmann im Gegensatz zu den zeitgenössischen Theatern an den Wänden Architektur zeigt, nimmt er im Bereich des Proszeniums, gerade dort, wo frühere Opernhäuser pathetische Vollsäulen-Architekturen inszenierten, seine gestalterischen Register zurück und zeigt einen zwar schwer kassettierten und attraktiven, aber untektonischen „neutralen“ Bühnenbogen, zeigt Sekundärarchitektur. Diese „Hand-
geschichte des grossen hauses · littmanns grosses haus, ein programmatischer theaterbau
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1.3.2011 — Karl-Theodor zu Guttenberg tritt nach der Plagiatsaffäre von allen bundespolitischen Ämtern zurück
schrift“ zeigt ein bewusstes Spielen mit den Erwartungen seiner Zeitgenossen, was (siehe vergleichbare Phänomene an Sterlings Architektur der Neuen Staatsgalerie) Ausweis einer avantgardistischen oder anspruchsvollen Architektur ist.
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nach der wiederherstellung Seit der „Befreiung“ der mit ihrer Verkleidung 1956 unsichtbar gewordenen Wandpilaster und der mit ihnen korrespondierenden DeckenKassetten hat der Innenraum des Zuschauerhauses seine wesentliche Charakteristik und den Maßstab wiedergewonnen, ist Littmanns „tragende“ Idee wieder ablesbar geworden. An vielen Punkten war dies nur mit technischen Kniffen und Sonderlösungen möglich, um auf den in der Zwischenzeit gestiegenen technischen Standard Rücksicht nehmen zu können. Erst wenn das Licht verlöscht und sich der Vorhang öffnet, wird die Technik ihren bei hellem Saal unsichtbaren Platz, den man ihr 1956 einräumte, wieder einnehmen können. Eine deutliche Veränderung erfuhren auch die Foyers in den verschiedenen Rängen. Obgleich die Rang-Unterschiede weiterhin deutlich bleiben, haben die billigen Ränge in ihrer Littmann-Gestalt wieder wesentlich an Festlichkeit gewonnen. Es ist zu hoffen, dass das überzeugende, wiedergewonnene Gesamtkunstwerk des Großen Hauses zukünftigen Wandlungen des Zeitgeschmacks gegenüber besser bestehen kann als 1956, 44 Jahre nach seiner Fertigstellung, zu einer Zeit, als alles Ornamentale immer noch bekämpft worden war.
↑ Modifizierter Originalplan der Lüster ← Unter der Verkleidung erhaltene Stuckkassetten über dem Zuschauerraum
12.3.2011 — Nach dem Tōhoku-Erdbeben kommt es im japanischen Kernkraftwerk Fukushima I zu einer folgenschweren Unfallserie. Weitere Stör- oder Unfälle ereignen sich in den AKWs Onagawa, Tōkai und Fukushima II. 2.5.2011 — Der Terrorist Osama bin Laden wird durch US-Spezialtruppen im Rahmen der Operation Neptune’s Spear in Abbottabad getötet.
geschichte des grossen hauses
Mit den ersten Überlegungen, statt einer dritten Veränderung durch die Korrektur der beiden Veränderungen nach 1956 den früheren Zustand des Großen Hauses wieder herzustellen, musste man sich fragen, ob aufgrund der noch vorhandenen Substanz und der Quellenlage eine halbwegs schlüssige Wiederherstellung nicht nur zu finanzieren, sondern auch fachlich zu verantworten sei. Neben einigen Fotografien, beschreibenden Texten in den Sonderveröffentlichungen zur Fertigstellung der königlichen Hoftheater 1912 stand zunächst das Gebäude selbst zur Verfügung: Unter Abhängungen der Decke im Zuschauerraum kamen bei einer Sondierung die tiefen stuckierten Kassetten wieder zum Vorschein. Auch Teile der Wandpilaster waren unter den nachträglichen Verschalungen erhalten geblieben; die Farbgebung in den Foyers war unter späteren Anstrichen noch nachweisbar. Dagegen war der kassettierte Bühnenbogen restlos entfernt worden, ebenso die Friese unter der Decke im Zuschauerhaus, der zentrale Kuppelaufsatz und viele andere Details. Einige originale Klappstühle aus dem Zuschauerraum hatten jedoch auf einer Beleuchterbrücke überlebt, im Theaterfundus die in Holz geschnitzte Krone über einer Seitenloge und einige LittmannSpiegel. Diese eher ungünstige Quellenlage stand der Entscheidung zugunsten einer großen Restaurierung aber nicht im Wege. Die Suche nach Unterlagen ging daher weiter. Mit Hilfe der Presse fragte man – leider vergeblich – nach dem Verbleib der alten Lampen, den Atlanten der Königsloge und nach Stoffen. Neben kleinen Stofffetzen von Wandbespannungen in Nebenräumen, die der Arbeitsgruppe frühzeitig zur Verfügung gestellt wurden, fehlte lange Zeit über ein Originalbeleg für den Damast der Wände zwischen den Pilastern im Zuschauerraum. Doch noch kurz vor der endgültigen Festlegung der Garne und der Webart tauchte auch hierfür ein kleiner Stoffrest auf, der hinter einer Podesterhöhung im zweiten Rang überlebt hatte. Zu spät wurde dagegen der Ausführungsentwurf von Julius Moessel für das Kuppelbild bekannt, aus dem hervorgeht, dass die Schuppung des nach Schwarzweiß-Fotos rekonstruierten zentralen Kuppelaufsatzes nicht grau, sondern goldfarben war. Schriftquellen des Stuttgarter Stadtarchivs und des Ludwigsburger Staatsarchivs wurden nicht benutzt; im Archiv des Hauses Württemberg in Altshausen waren nur Dokumente zur Vorplanung des Theaterbaus zugänglich.
Die fotografischen Dokumente des Zustands zwischen 1912 und 1956 – ausschließlich Schwarzweiß-Aufnahmen – erfassten nicht jeden der Bereiche des Gebäudes, in denen sie als Antwort zur Frage nach der früheren Situation benötigt worden wären.
der fund der werkpläne in münchen Damit wäre die Planung darauf angewiesen gewesen, die verlorenen Dekorationen, Profile, die Lampen und das Mobiliar als Annäherungslösungen neu zu entwerfen. Doch es kam anders: Durch Zufall wurde ein Faden nach München zum Deutschen Theatermuseum zum zweiten Mal aufgegriffen, welches vom Staatlichen Hochbauamt schon 1981 im Vorfeld aller Entscheidungen (noch vor dem Wettbewerb 1981) mit der Frage angeschrieben worden war, ob Unterlagen zum Stuttgarter Staatstheater vorhanden seien. Doch war dieses Rundschreiben ohne Antwort geblieben. Anfang 1982 wurde bekannt, dass es aber Zeichnungen zu Stuttgart in München gebe: zwei Schubladen eines Stahlschranks voll. Das Planungsteam reagierte sofort und fuhr nach München, wo die Gruppe im Museum erfuhr, dass über die mit Aquarellen und Studien gefüllten Schubladen hinaus noch ganze Stöße großer Planmappen auf dem Dachboden im Magazin lagerten, welche einen weitgehend kompletten Satz aller Werkzeichnungen zu Stuttgart enthielten, etwa 2000 Blätter, davon etwa die Hälfte zum Großen Haus. Die offensichtlich nie benutzten, zum Teil riesigen ausfaltbaren Blätter zeigten alle Bauteile, Dekorationen, Lampen und Möbel im großen Maßstab, bis hin zu 1:1 und ließen hinsichtlich einer schlüssigen Umsetzung der verloren gegangenen Details keine Wünsche mehr offen. Man darf vermuten, dass diese Zeichnungen als Beleg-Exemplare für die den Bau leitenden Architekten Schmohl/Staehelin nach Stuttgart übersandten Werkpläne in München verblieben. Die für die Wissenschaft weitgehend wertlosen, weil zu großmaßstäblich und damit zu unübersichtlichen Blätter erlebten ihre „Auferstehung“ gerade noch rechtzeitig: Mit dem sensationellen Fund dieser Zeichnungen war das anfängliche Wagnis der Wiederherstellung eines in vielen Details nicht mehr vorhandenen Gesamtkunstwerks kein fachliches Problem mehr. Die Wiederherstellung des Littmann-Konzepts war nahezu ohne Abstriche in der ursprünglichen Form möglich geworden und die Träume der Planungsgruppe hatten sich mehr als erfüllt!
geschichte des grossen hauses · quellenanlage für die restaurierung
DIE QUELLENL AGE FÜR DIE RESTAURIERUNG
4.12.2011 — Evakuierung in Koblenz wegen der Entschärfung einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg 1.1.2012 — 10. Jahrestag der Einführung des Euro als Zahlungsmittel
17.2.2012 — Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff tritt vom Amt des Bundespräsidenten zurück.
geschichte des grossen hauses
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DER THEATERPAVILLON
Professor Gottfried Böhm hätte sehr gerne seinen gesamten im Wettbewerb prämierten Entwurf für die Umgestaltung des Zuschauerhauses verwirklicht. Nachdem die Entscheidung zugunsten einer exakten Restaurierung der Littmann‘schen Fassung gefallen war, blieb jedoch die interessante kleine Aufgabe, ansprechende Räume für die Erfrischung des Publikums während der Pausen zu schaffen. Hierfür war von G. Böhm im Rahmen seiner Wettbewerbsarbeit eine besonders überzeugende Lösung im angrenzenden Hof vorgeschlagen worden. Nach der Idee des Architekten entstand der Plan für einen Pavillon, der in sich eine Zusammensetzung eigenständiger Formen bot, welche untereinander und mit dem Großen Haus harmonisch verschmelzen. Ein zweistöckiger Kuppelbau, ein vorgelagertes Glashaus und ein ein-
gestellter Treppenturm werden von zwei Foyers des Hauses erschlossen. Eine eingehängte Galerie im Kuppelbau kann vom Foyer 2. Rang begangen werden. Sie bietet einen reizvollen Überblick über den gesamten Innenraum, in dessen Mitte ein rundes Büffet eingebaut ist. Es lag dem Architekten daran, die klare Form des Raumes mit einer zurückhaltenden Ausgestaltung zu steigern. Eine adäquate Ergänzung bilden die illusionistische Wandbemalung und die Verwendung von spiegelnden opalisierenden Gläsern an Fenstern und in der Kuppel, beide nach eigenen Entwürfen Gottfried Böhms gearbeitet. Die große Freude des Architekten und seiner Mitarbeiter an der Planung für dieses Bauwerk wird sicherlich allen Besuchern spürbar werden.
18.3.2012 — Wahl von Joachim Gauck zum 11. Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland
19.5.2012 — Finale „dahoam“ für den FC Bayern München in der Champions-League
8.6.2012 — Beginn der 14. Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine
geschichte des grossen hauses
BERICHT ÜBER RESTAURIERUNG UND TECHNISCHEN
vorbereitung Die Vorbereitungen für den Umbau des Großen Hauses 1983/84 wurden bereits seit Februar 1982 intensiv betrieben. Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus den Fachleuten des Theaters, des Landesdenkmalamtes und des Staatlichen Hochbauamtes I, hat die Anforderungen des Theaters, der Denkmalpflege sowie ihre bautechnische Durchführbarkeit präzisiert und miteinander in Einklang gebracht. Gleichzeitig wurden Untersuchungen durch einen Restaurator vorgenommen, um noch vorhandene Farbreste, Ornamente usw. festzustellen. Der gegenwärtige Zustand und darunter verborgenen Stuckaturen, Profile, Farbschichten, Beschläge usw. aus der Erbauungszeit sind in einem Raumbuch dokumentiert. Zu diesem Zeitpunkt gelang es dem Staatlichen Hochbauamt I, zusammen mit dem Landesdenkmalamt und dem Theater, sämtliche noch erhaltene Originalpläne Littmanns für die Stuttgarter Theater im Theater-Museum München aufzuspüren. Parallel zu diesen Arbeiten wurden schrittweise die Kosten ermittelt. Alle Ergebnisse der Vorplanung sind der sogenannten „Großen Kommission“ vorgetragen und von ihr gebilligt worden. Am 30. Juni 1982 hat der Verwaltungs- und Theaterbeirat und anschließend der Ministerrat des Landes beschlossen, über die ursprünglich vorgesehene technische Sanierung hinaus auch die vollständige Restaurierung des Großen Hauses durchzuführen und zusätzlich einen Pavillon für die Versorgung des Publikums mit Erfrischungen – nach dem Entwurf des Architekten Gottfried Böhm – zu bauen. Das Hochbauamt erhielt nun den Auftrag, die Baumaßnahmen durchzuführen.
planung und durchführung Die planerischen Überlegungen konzentrierten sich in erster Linie auf die Entwicklung von Lösungen für den Einbau einer modernen Bühnenund Beleuchtungstechnik in die historische Architekturform. Besonders kritische Bereiche waren die Wiederherstellung des Littmann‘schen Bühnenportals, an dem nun außer fünf Vorhängen zahlreiche Lautsprecher und die Bühnen-Seitenbeleuchtung vorgesehen werden mussten, und die hintere Architravzone über dem dritten
Rang. Hier ist die Beleuchterbrücke (Z-Brücke) für die zentrale Bühnenbeleuchtung eingebaut. Auf der Grundlage von genauen Bestandsaufnahmen aller technischen Anlagen wurde deren Erneuerung und Verbesserung projektiert, und alle Anforderungen für Brandschutz und Sicherheit nach den heute geltenden Vorschriften eingeplant. Bedingt durch die Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit von nur 14 Monaten (= eine Spielperiode) gewann die exakte Terminplanung eine besondere Bedeutung. Der Bauablauf wurde in einer Kombination von Netz- und Balkenplan präzise terminiert. Bereits acht Wochen vor Baubeginn waren die Aufträge für sämtliche Arbeiten vom Abbruch bis zur Schlussreinigung erteilt. Mit Ende der Vorstellung am 18. Juli 1983 begannen noch in der gleichen Nacht die Bauarbeiten. Gestühl und später angebrachte Decken- und Wandverschalungen wurden demontiert, noch vorhandene Stuckaturen freigelegt, der Zuschauersaal eingerüstet. 250 Bauarbeiter schafften gleichzeitig im Bau.
folgende gewerke wurden sofort in angriff genommen : rekonstruktion der stuckaturen nach den originalplänen von littmann, teils als vorgefertigte teile, teils durch das ziehen der profile an ort und stelle.· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · wiederherstellen der stuccolustrowände in den foyers von parkett und ersten rang durch eine neue spachteltechnik mit anschliessendem wachsen. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · originalgetreuer nachbau sämtlicher leuchten in zuschauerraum und foyers anhand von alten plänen und fotos. ein teil der 14 grossen lüster bekam eine höhenverstellbare aufhängung, um die ausleuchtung der bühne durch die scheinwerfer nicht zu behindern. · · · · · · · · · · ausbildung von beweglichen feldern des architravs über dem dritten rang, um bei beginn der vorstellung die scheinwerfer der beleuchterbrücke freizugeben. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · umbau des bühnenportals. massive wandteile des portals wurden herausgebrochen, um genügend raum für seitliche beleuchtungsrinnen und tiefe vorhangnischen zu schaffen. die standsicherheit der ausgemagerten tragenden konstruktion wurde durch den einbau von horizontalen stahlträgern gefestigt. dadurch ergab sich gleichzeitig die unterkonstruktion für scheinwerferstände und für die portalverkleidung.
geschichte des grossen hauses · bericht über restaurierung und technischen ausbau des grossen hauses
AUSBAU DES GROSSEN HAUSES
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rückverlegung der bühnenseitigen portaltürme und der portalbrücke und die neuverkabelung von teilen der bühnentechnik. · · · · · · · · · · · · · · erneuerung des gesamten bühnenbodens. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · erneuerung der hubvorrichtung des orchesterpodiums (stufenlos einstellbarer elektrischer antrieb) mit einbau eines versenkbaren dirigentenpultes und souffleurkastens.· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · wiederherstellung der wandbespannungen nach vorhandenen stoffresten und der teppiche in den foyers, parkett und ersten rang. · · · · · · · anfertigung des gestühls nach mustern aus der erbauungszeit. neueinrichtung der wc-anlagen auf allen geschossen und von duschräumen für künstler. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · umfangreiche malerarbeiten in allen räumen zur wiederherstellung der historischen farbgestaltung. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · umbau des ehemaligen kammertheaters in einen ballettübungssaal. vergrösserung des chorprobenraumes und ausstattung mit neuem gestühl. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ······································································ die gebäudetechnischen anlagen wurden in der gleichen zeit umfassend saniert, bzw. neu eingebaut. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
heizung alle zuleitungen und radiatoren der völlig veralteten, aus den jahren 1910–1912 stammenden niederdruck-dampfheizung wurden ausgewechselt und eine warmwasserheizung mit anschluss an das fernwärmenetz eingebaut, die warmwasserversorgung auf zweikreisbrauchwassererwärmer über fernheizung umgerüstet.· · · · · · · · · · · · · · · ebenfalls wurde ein gasbefeuerter niederdruckdampfkessel für die wäscherei und ein schnell-dampferzeuger (10 bar) für die effektendampferzeugung eingebaut.· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
sanitäranlagen die rohrsysteme in den wcs, vorräumen, teeküchen usw. waren instandsetzungsbedürftig und wurden neu installiert. · · · · · · · · · · · · · · · · die feuerlöschzuleitungen wurden entsprechend den neuesten vorschriften auf 10 bar verstärkt und schlauchkästen installiert.· · · · · · · ·
be- und entlüftung die alte klimaanlage wurde gegen eine neue anlage mit modernster steuerung ausgewechselt. der bühnenbereich wird jetzt zusätzlich durch eine eigene kleine lüftungsanlage versorgt, um die zugerscheinungen zu vermindern und für bessere belüftung der bühne zu sorgen. ·
ebenso erhielten der neue theaterpavillon, die regiekabine und die sanitärräume gesonderte belüftungsanlagen. eine rauchklappensteuerung wurde eingebaut. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ······································································
elektrotechnik fast das gesamte stark- und schwachstromnetz musste ersetzt werden. eine notstromanlage mit 200 kva (160 kw) dieselaggregat versorgt das theater bei stromausfall. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · folgende schwachstromanlagen wurden eingebaut: · · · · · · · · · · · · · · · · · zentrale brandmeldeanlage · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · elektroakustische brandsignalanlage · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · aufzugssignalanlage · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · vollelektronische fernsprechanlage · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · rechnergesteuerte lichtstellanlage · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · inspizientenrufanlage · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · bühnenmeistersprechanlage · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · bühnenregieanlage· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · schwerhörigenanlage · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · fernsehanlage für zuspätkommer · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · gemeinschaftsantennenanlage · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · wächterkontrollanlage · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · zuschaltungen für ard und zdf · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · tonmischanlage mit pult und trägergeräte· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · mikrofon- und lautsprecheranlage · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · die gesamte beschallungsanlage für bühne und zuschauerraum wurde erneuert. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
bühnentechnik bereits früher begonnene verbesserungsarbeiten wurden weitergeführt, wie: verstärkung der unterkonstruktion der bühne, erneuerung der untermaschinerie, modernisierung der prospektzüge und der portaltürme. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · zur abrundung der restaurierungsarbeiten im inneren des theaters konnten mit zusätzlich genehmigten mitteln noch rechtzeitig vor wiedereröffnung die fassaden und aussenanlagen hergerichtet werden. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · der persönliche einsatz und die vorbildliche zusammenarbeit aller beteiligten mitarbeiter des hochbauamtes, der ingenieurbüros und der ausführenden firmen haben die fristgerechte fertigstellung der umfangreichen bauaufgaben ermöglicht. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · beim umbau im jahre 1956 wurde der stuckrahmen entfernt und durch mit stoff bespannte sperrholzelemente auf einer stahlrohrkonstruktion ersetzt, um platz für scheinwerfer zu erhalten. der ver-
kürzte rahmen gab den blick auf die wandzunge der konstruktiven bühnenöffnung frei, die noch vor den vorhängen und dem verstellbaren bühnenportal sichtbar wurde. ein treppchen führte vom zuschauerraum zur bühne. der ursprüngliche stuckrahmen ist wieder hergestellt. er wird jetzt von einer stahlkonstruktion getragen und
liegt nicht mehr auf dem mauerwerk auf. dieses ist teilweise entfernt. dadurch konnten trotz der alten form die heute notwendigen scheinwerfer wieder installiert werden. die lautsprecher sind hinter den stuckkassetten eingebaut. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Blick aus der Königsloge in den eingerüsteten Zuschauerraum zu Beginn der Restaurierungsarbeiten 1983
GESCHICHTE DES GROSSEN HAUSES 100 JAHRE GROSSES HAUS
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WERKSTÄTTEN DIE MODISTEREI HÜTE MACHEN KÜNSTLER
Mein eigenes Debüt in den Werkstätten der Staatstheater Stuttgart war in der Modisterei. Für alle drei Sparten fertigen die sechs Mitarbeiter der Werkstatt, unter der Leitung von Eike Schnatmann, Kopfbedeckungen an, die auf der Bühne benötigt werden. Vom einfachen Strohhut bis hin zu Kappen mit Tierohren aus Pelz. Bei Hüten sind die Gestaltungsmöglichkeiten sind so gut wie keine Grenzen gesetzt, was mir Eike Schnatmann, Doris Buirel, Katrin Männer, Marianne Wolf und die Auszubildende Anika Roll eindrücklich gezeigt haben. Zudem klären sie auf welche Tücken es in ihrem Beruf gibt.
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was sind modisten eigentlich genau?
sechs mitarbeiter für drei sparten.
Hüte für die Oper Die glückliche Hand / Schicksal
Ein Modist wurden früher auch Putzmacher genannt. Modisten fertigen heutzutage Kopfbedeckungen insbesondere für Damen und sind insofern das Pendant zum Hutmacher. An den Staatstheatern Stuttgart wird der Überbegriff Modisterei benutzt, wenn es darum geht Hüte oder andere Kopfbedeckungen auf die Bühne zu bringen. Das der Beruf des Modisten überwiegend von Frauen ausgeübt wird, zeigt eine Statistik des Bundes, in der hervorgeht, dass alle Ausbildungsverträge 2010 mit Frauen abgeschlossen wurden. Man kann fast behaupten, dass der Beruf des Modisten seit vielen Jahren außerhalb des Theaters am Aussterben ist. In den 60er Jahren war der Beruf stark betroffen, da keiner mehr seine Haare mit einem Hut schmücken wollte, sondern die Haare lang und offen trug um sie zu präsentieren. Es gibt in der Modisterei immer genügend zu tun. Wie in anderen Werkstätten auch, geht es hier nicht nur um die Neuproduktion von Hüten, sondern ebenso um die Aufarbeitung alter Produktionen für Wiederaufnahmen und Reparaturen von Hüten, die auf der Bühne in Mitleidenschaft gezogen wurden. Wenn es hart auf hart kommt, werden zum Beispiel Näharbeiten an die Schneiderei gegeben oder Hüte bestellt, die dann angeliefert werden. Die Weiterverarbeitung findet natürlich in der Modisterei statt, aber die Basis des Hutes ist schon vorhanden. Aktuell waren drei Schauspiele und Ballette, sowie eine Oper in der Vorbereitung. An sich sind die Produktionen zeitlich gut geplant, so dass man die Arbeit gut bewältigt. Kritisch wird es immer dann, wenn durch Lieferschwierigkeiten Verzögerungen auftreten. Änderungen kurz vor der Premiere bereiten dann den meisten Stress bei den Mitarbeitern der Modisterei. Bei einer Oper wurde der komplette Chor in Nonnenkostüme eingekleidet, was für die Modisterei bedeutete 30 Nonnenhauben herzustellen. Kurz vor der Premiere kam dann die Hiobsbotschaft. Der Stoff aus dem die Hauben gefertigt wurden war zu steif um gut singen zu können. Da die Sänger in der Probe die Hauben verschoben, war es dort kein Problem. Auf der Bühne konnten die Kostüme so aber nicht getragen werden, was zur Folge hatte, dass die Modisterei bis kurz vor der Premiere die Hauben aus anderem Stoff neu nähten.
wie läuft der arbeitsprozess für ein stück ab? Eine Figurine ist ein gezeichneter oder modellierter Kostüm- oder Modeentwurf. Dieser kann unterschiedlich detailliert sein und einen Ansatz geben, wie das spätere Kostüm auszusehen hat. Oftmals können bestimmte Details nicht betrachtet werden sie entstehen dann in der Entwurfphase in Zusammenarbeit mit dem Kostümbildner. -->1
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Wie in jeder Kostümwerkstatt gibt es auch hier Figurinen -->1, die einen groben Überblick geben, wie eine Kopfbedeckung aussehen soll. In einem Gespräch mit dem Kostümbildner werden dann noch weitere Details abgeklärt, welche Materialien verwendet werden sollen, was dafür bestellt werden muss oder was in der Werkstatt geleistet werden kann. Anhand der Figurine wird dann ein Prototyp gebaut, der eine erste Richtung vorgibt. Die Kostümbildner entscheiden dann, wie weiter gearbeitet werden muss, damit er letztendlich in das künstlerische Gesamtkonzept der Produktion passt. Sobald die Hüte fertig sind, werden sie bei Kostüm- und Bühnenproben von den Künstlern aufprobiert und getestet, ob man damit beispielsweise tanzen kann. In der ersten Kostümprobe ist es wichtig, dass die Modistinnen dabei sind, da sie kurzfristig noch kleine Änderungen machen können und auch hier schon den Garderobieren zeigen können, wie sie die Hüte später auf dem Kopf des Künstlers setzen müssen. Je nach Aufwand begleiten die Modistinnen das Produktionsteam bis zur Premiere um die Hüte perfekt auf den Künstler anzupassen. Neben der reinen Neuproduktion von Hüten geht es auch darum, Reparatur- oder Anpassungsarbeiten zu leisten. Hüte von Stücken, die als Wiederaufnahme auf die Bühne kommen, werden aus dem Kostümfundus der Staatstheater Stuttgart geholt. Da meistens nicht die gleichen Künstler die Rollen spielen, muss hier sehr viel angepasst werden. Das betrifft die Kostüme wie auch die Hüte. Damit der Hut bei der Aufführung nicht verrutscht oder gar vom Kopf fällt, wird der Hut erweitert, also der Kopfumfang vergrößert, oder der Kopf des Künstlers ist kleiner und der Hut muss entsprechend verkleinert werden. Auch müssen Hüte und Kopfbedeckungen von alten Stücken, gerade vom Ballett, auch neu produziert werden, da sie über die letzten 50 Jahre so in Mitleidenschaft gezogen wurden, dass man sie nicht mehr reparieren kann. Dass Hüte auf der Bühne kaputt gehen, ist es in der Oper und im Ballett eher selten. Die Garderobieren achten auch darauf, dass die Hüte ordentlich auf- und abgesetzt werden, so dass man, nicht zwischen zwei Aufführungen etwas flicken muss. Ebenfalls sind die Garderobieren dafür zuständig die Kostüme zu pflegen und kleinere Dinge, die während der Vorstellung abgefallen sind wieder anzubringen. Wenn sich allerdings Nähte lösen oder andere modistenspezifische Sachen anfallen, wird die Werkstatt aufgesucht. Im Schauspiel kommt es öfter vor, dass die Hüte nur eine kürzere Lebensdauer haben, da die Schauspieler sehr emotional spielen
Das komm auf den Hut an. Aktuell wurden Schafsköpfe für das neue Ballett des Hauschoreographen Marco Goecke hergestellt. Nach Absprachen mit dem Kostümbildner wurde der Prototyp insofern modifiziert, dass das von der Maske aufgetragene Kunstblut wieder entfernt wurde und nur noch mit Stoff gearbeitet wurde. Die Rüstmeister haben ein Drahtgestell hergestellt, auf das ein Tüll aufgezogen wird. Hierauf werden kleingeschnittene Stoffstücke aufgeklebt. Die Arbeitszeit für einen Schafskopf beträgt, nur in der Modisterei, ungefähr zwei Tage. Für die sieben Schafsköpfe werden also fast drei Arbeitswochen benötigt. Alles was für die Künstler in Serie produziert werden muss ist zeitlich aufwendiger, da die Masse bewältigt werden muss. Für ein Schauspiel mussten für 40 Statisten Hüte angefertigt werden. Für diese Menge an Hüten müssen circa vier Monate eingeplant werden. Es kann aber auch vorkommen, dass die Basis der Hüte schon besteht. Für das Schauspiel kauft man beispielsweise manchmal bei bekannten Kleiderkaufhaus-Ketten Kleidung, aber auch Mützen und Hüte ein, da gesellschaftsaktuelle Themen im Stück aufgegriffen werden. Dies hat sowohl einen finanziellen Vorteil als auch eine Reduzierung der Arbeitszeiten für die Herstellung.
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wie lange dauert die produktion von hüten?
Oben: Die Figurine eines Schafskopf als Kopfbedeckung, für ein Ballettstück von Marco Goecke. Rechts: Vier Schafsköpfe aus der Produktion
wie viel material wird für einen hut benötigt?
Genau wie bei der Produktionsdauer hängt dies von der Art des Hutes ab. Für die sieben Schafsköpfe, für das Ballett, werden insgesamt ungefähr 15 Meter Stoff verbraucht. Wenn eine Serie produziert wird, kann es sich auch um wesentlich mehr handeln. Für 250 Kappen wurden nach Wunsch des Kostümbildners mehrere 100 Meter Stoff gewebt. Anschließend wurden daraus die Kappen produziert.
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WERKSTÄTTEN DIE DAMENMASKE MASKEN MACHEN KÜNSTLER
Die zweite Werkstatt, die ich während meiner Tour durch die Staatstheater Stuttgart unter die Lupe nahm, war die Damenmaske. Wenn man zum Künstlereingang des Opernhauses hineingeht, biegt man links ab, geht durch die Tür ins Treppenhaus. Ein Stockwerk nach oben, die Tür gegenüber der Treppe hat die Aufschrift Damenmaske. Pascal Wagner und Uwe Wagner, beantworteten meine Fragen und zeigten mir die tägliche Arbeit eines Maskenbildners.
Ein Maskenbildner ist für Maske und Frisur der Darsteller verantwortlich. Im Einzelnen umfasst das Arbeitsgebiet der Maskenbildner alle manuellen und künstlerischen Tätigkeiten der Maskengestaltung. Hierzu zählen das Anfertigen von Entwurfsskizzen, Entwurfszeichnungen und Modellen, das Anfertigen und Kleben von Perücken, Haarteilen, Toupets, Gesichts- und Körperbehaarung sowie von starren und flexiblen Masken. Das Schön-, Charakter-, Alt- und Rassenschminken gehört ebenso dazu wie das Schminken von Tier- und Phantasiegestalten. Während der Aufführung steht der Maskenbildner zudem für die Darsteller bereit, um ihnen bei raschen Änderungen zu helfen.
wie sieht der arbeitstag eines maskenbildners aus?
Im Grunde genommen gibt es für einen Maskenbildner immer eine Mischarbeit aus Aufbereitung laufender Produktionen und einer Vorbereitung neuer Produktionen. Die Perücken und Haarteile, der letzten Vorstellungen müssen auffrisiert werden. Das bedeutet, genau wie beim Menschen auch, dass die Haare gewaschen werden und mit Haarkuren gepflegt werden. Anschließend werden sie auf Köpfen aufgespannt und in die Ursprungsform, wie es vom Produktionsteam geplant war, zurückgebracht. Das bedeutet, dass je nach Haarteil oder Perücke Lockenwickler eingedreht werden und die Haare durch Hitze versteift werden. Wenn es in der Perücke vorgesehen ist, werden anschließend noch weitere Accessoires eingefügt, wie zum Beispiel Perlenketten, Haarklammern oder Ähnliches. Für Neuproduktionen müssen oftmals neue Perücken geknüpft werden. Auch dies gehört zum normalen Tagesgeschäft des Maskenbildners. Abends vor den Vorstellungen werden dann die Künstler geschminkt und die Perücken aufgesetzt.
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berufsbeschreibung maskenbildners
Ganz am Anfang geht es um den Kopf des Künstlers. Gerade in der heutigen Zeit ist es sehr wichtig, dass Perücken und Haarteile perfekt zum Kopf passen. Früher wurden Perücken auf Holz- oder Gipsköpfen geknüpft. Der große Nachteil an diesen war, dass die Perücken den Künstlern zwar passten, allerdings nicht immer richtig gut. Jeder Mensch hat einen unterschiedlich hohen oder tiefen Haaransatz. Wenn eine universell passende Perücke aufgesetzt wird, verschiebt sich immer einer der Ansätze des Künstlers. Soll der Ansatz an der Stirn passen, verschiebt sich der Ansatz am Hinterkopf entsprechend nach oben oder unten. Dadurch konnte es passieren, dass Künstler durch den falschen Ansatz ein affenähnliches Aussehen bekamen.
viele arbeitsschritte bis zu einer fertigen perücke.
Gezählt haben sie die Mitarbeiter aus der Damenmaske bisher noch nicht. Aber es ist vergleichbar mit dem menschlichen Kopf -->1. Früher wurden Perücken geknüpft, indem man viele Haare auf einmal verknotet, wodurch man teilweise die Knoten in den Perücken sehen konnte. Heutzutage wird nur mit jeweils einem Haar geknüpft. Da sieht man den Unterschied zu einer menschlichen Frisur nicht.
wie viele haare benötigt man für eine perücke? Wie viele Haare ein Mensch hat, hängt von verschiedenen genetischen Faktoren ab, die bei jedem Menschen unterschiedlich sein können. Zusätzlich schwankt die Anzahl der Haare je nach Haarfarbe innerhalb bestimmter Bereiche. So haben Blonde durchschnittlich 150000, schwarzhaarige 110000, brünette 100000 und rothaarige Menschen 75000 Haare. Das bedeutet, dass der Mensch im Durchschnitt ungefähr 200 Haare auf einem Quadratzentimeter besitzt. -->1
Es wird ausschließlich Echthaar benutzt. Bisher hat man noch keine Kunsthaare entwickeln können, die sich formen und bearbeiten lassen wie Echthaar. Schon alleine bei der Reinigung fallen Probleme beim Kunsthaar an. Waschen, föhnen, einlegen, färben oder eine Dauerwelle machen ist schwierig, während dies beim Echthaar überhaupt kein Problem darstellt. Die Haare, die für Perücken genutzt werden, bestellen die Staatstheater Stuttgart bei Firmen mittels einer Farbkarte. Diese Firmen beziehen die Haare aus dem asiatischen Raum. Bevor die Haare verkauft werden, müssen sie für den europäischen Markt aufgearbeitet werden. Da das Haar der Asiaten dicker ist werden sie chemisch geteilt und die Schuppenschicht abgelöst. Dieser Vorgang wird so oft wiederholt, bis das Haar der europäischen Norm entspricht. Anschließend wird es eingefärbt und kann dann bestellt werden.
was für haare werden für perücken benutzt und wie lang sind sie?
werkstattbericht · die damen-maske
DAS TOLLE AM MASKENBILDNER IST, DASS MAN MEHR VERÄNDERN KANN ALS NUR HAARE SCHNEIDEN UND DAUERWELLEN MACHEN. DER TEMPORÄRE ZUSTAND IST ES, DASS MAN SICH MEHR TRAUT UND GRENZEN ÜBERSCHREITEN KANN.
Um diesem Problem aus dem Weg zu gehen, wird heute von jedem Künstler ein exakter Abdruck den Kopfes gemacht und der Ansatz um den Kopf herum markiert. So ein Abdruck wird mit einer Masse angefertigt, den auch UWE WAGNER, MASKENBILDER DER DAMEN-MASKE OPER/BALLETT Zahnärzte für Abdrücke nützen. Der daraus entstandene Abdruck ist praktisch endlos verwendbar und bietet immer den perfekten Komfort und viele Anpassungsmöglichkeiten für die Perücken. Der Aufwand, alte Perücken gut an den Kopf des Künstlers anzupassen, ist wesentlich größer als die Perücke direkt für ihn zu knüpfen. Gerade bei Balletten, die schon lange im Repertoire sind, werden oftmals Perücken neu geknüpft, da die Haarnetzte, oder andere Teile kaputt gegangen sind.
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Da es sich um Echthaar handelt, ist die Qualität und somit auch die Haltbarkeit der Haare sehr hoch. Wenn Haare nicht verbraucht werden, könnten sie lichtgeschützt im Schrank sehr lange überdauern. Haare die in einer Perücke verknüpft wurden, brauchen natürlich Pflege. Damit die Haarfarbe bestehen bleibt, werden auch fertige Perücken in Schränken aufbewahrt, damit die Sonne die Haare nicht ausbleicht. An den Staatstheatern Stuttgart gibt es Perücken, die über 50 Jahre alt sind und immer noch auf der Bühne benutzt werden können.
wird für solisten mehr zeit investiert als für künstler aus dem chor?
Die Zuschauer legen natürlich ihr Augenmerk auf die Solisten, während der Chor meistens nur im Hintergrund auftritt. Das heißt aber nicht, dass bei den Masken und Perücken für den Chor gepfuscht wird oder dass sie eine wesentlich schlechtere Qualität haben. Bei der Oper Die Nachtwandlerin gab es nicht nur für die Solisten, sondern auch für jeden Sänger aus dem Chor eine Figurine, auf der genau beschrieben war, wie die Perücke eines jeden Künstler auszusehen hat. Bei der ersten Bühnenprobe stellte das Produktionsteam dann fest, dass die Bühne mit 30 Sängerinnen und Sänger aus dem Chor zu voll war. Also wurde vier Rollen gestrichen. Die Perücken sind dann direkt in den Fundus gegeben worden. Vielleicht kann man sie für ein Stück, das später aufgeführt wird, weiterverwenden.
kommt es vor, dass künstler mit ihren echten haaren auf die bühne gehen?
Das kommt schon vor. In der Oper Faust singt die Hauptdarstellerin in drei Akten. Im ersten Akt hat sie nur ihre eigenen offenen Haare. In der Pause werden ihre Haare hochgesteckt und zusätzlich das Haarteil in die Haare eingearbeitet. Die komplette Pause verbringt die Sängerin in der Maske. Kurz vor dem Ende des zweiten Aktes wird ihr das Haarteil wieder herausgenommen und ihre Haare geöffnet. In der Vorbereitung des Stücks ist das natürlich wesentlich angenehmer für die Maskenbildner, da sie keine Perücke knüpfen müssen. Wenn das Stück gespielt wird, ist der Aufwand aber deutlich größer. Was sonst vormittags passiert, muss dann vor der Vorstellung direkt vorgenommen werden. Die Haare müssen in Form gebracht werden, um letztendlich auf der Bühne entsprechend auszusehen. Der Aufwand zwischen Männern und Frauen ist nur minimal unterschiedlich. Wenn beispielsweise eine Kurzhaarperücke geknüpft wird, muss das trotzdem mit langen Haaren passieren. Die kurzen Haare sind zu unhandlich. Anschließend werden die Haare auf geschnitten und weiterverarbeitet.
gibt es für solisten eine ersatzperücke?
Das Haarteil, dass die Solistin in Faust im zweiten Akt trägt.
Man könnte annehmen, dass für die Solisten auf der Bühne eine weitere Perücke hinter der Bühne bereitliegt, falls eine kaputt gehen sollte. Da im Theater vieles ramponiert von der Bühne kommt, liegt es also nahe, dass auch hier Nachbesserungen geleistet werden müssen. Dies ist aber nicht Fall. Die Perücken gehören zu den wenigen Teilen im Theater, die so gut wie nie kaputt gehen. Zum einen hängt dies da mit zusammen, dass im Gegensatz zu den Kostümen nicht weiter gearbeitet wird, darauf getreten werden kann oder sie sich einklemmt. Die Perücken und Haarteile werden sogut am Kopf der Künstler befestigt, dass es praktisch unmöglich ist, dass sie während der Vorstellung abfallen. Bei Bärten oder Kotletten kommt dies öfter vor, da sie lediglich aufgeklebt werden. Gerade bei Opernsängern lösen sich Bärte infolge der ausdruckstrarken Mimik und Gestik ab. Der Perückenfundus befindet sich in Wandschränken in den Gängen. Diese Wandschränke sind so vom Architekten Max Littmann angelegt worden. Die Schränke dürfen nicht verändert werden, weder vom Aufbau noch von der Farbe. Viele der Perücken in den Schränken gehören dem Fundus an, werden also derzeit nicht verwendet.
was passiert im gipsraum?
Der Gipsraum ist ein weiterer wichtiger Raum für die Maske. In diesem Raum werden, wie der Name schon sagt, Masken gegipst. Auf die Gipsmasken können dann, genau wie bei den Künstlern, verschiedene Massen gegeben werden, damit ein tragbarer Abdruck entsteht. Zusätzlich gibt es im Gipsraum eine Maschine, die dafür genutzt wird, Glatzen herzustellen. Über den Kopf werden bestimmte Stoffe gegeben, die nach einer gewissen Zeit fest sind. Die Glatzen können dann von den Köpfen gezogen und anschließend weiterverarbeitet werden. Sollte jeder Sänger im Chor eine Glatze brauchen, wird mit Einheitsköpfen gearbeitet. Für Solisten wird dann noch etwas mehr Aufwand betrieben und der
angefertigte Abdruck des Kopfes genutzt um eine perfekt sitzende Glatze herzustellen. Das Highlight des Gipsraumes ist die Original-Büste von Richard Cragun, die in einem äußerst guten Zustand über den Gipsraum wacht.
was macht ein maskenbildner noch ausser perücken und glatzen?
werkstattbericht · die damen-maske
Im Grunde genommen ist der Maskenbildner auch für alles zuständig, was auf dem Körper des Künstlers passiert. Das heißt, dass zum Beispiel Tattoos überschminkt werden müssen. Solange kein hochauflösendes Foto für ein Plakat oder Ähnliches gemacht wird, ist dafür auch kein großer Aufwand nötig. Die Distanz von den Sängern und Tänzern bis zur ersten Zuschauerreihe reicht aus, um das menschliche Auge, selbst bei wenig Schminke ausreichend zu täuschen. Ein anderes Gebiet, ist das Anbringen von Wunden. Wunden werden ebenfalls aus Gips gefertigt und anschließend mit einer heißen Masse übergossen. Nach dem diese getrocknet ist, kann man die Wunde bemalen Wenn die Wunde mit einem Beutel mit Kunstblut verbunden wird, kann man wunderbar blutspritzende Verletzungen inszenieren. Das Kunstblut gibt es an den Staatstheatern in verschiedenen Konsistenzen und Farben. Das reicht von sehr flüssig und hellrot bis hin zu dickflüssig und sehr dunkel. Sogar Kunstblut mit Geschmack gibt es, wenn ein Künstler eine Blutkapsel im Mund aufbeißt.
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werkstattbericht 路 die damen-maske
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werkstattbericht 路 die damen-maske
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geschichte des grossen hauses 路
WERKSTÄTTEN DER MALSAAL KULISSEN MACHEN KÜNSTLER
Meine dritte Station in den Werkstätten der Staatstheater Stuttgart war der Malsaal. Der Werkstattleiter Maik Sinz und seine Stellvertreterin Lisa Fuß führten mich durch den eindrucksvollen Saal und erklärten mir die Arbeitsweise und Aufgabengebiete eines Bühnenmalers. In dem 25 Meter breiten, 50 Meter langen und 8 Meter hohen Malsaal werden die Kulissen und Prospekte für alle Produktionen des Opernhauses und Schauspielhauses angefertigt. Durch das seitliche Tageslicht und das zuschaltbare Oberlicht bekommt man eine optimale Lichtsituation. In der unteren Etage werden die Kulissenteile bemalt und bearbeitet. In der oberen Etage findet man die technischen Büros mit den jeweiligen technischen Leitern und Betreuern. Die Mitarbeiter hier erstellen die Pläne, was wie angefertigt werden muss, damit es später auf der Bühne funktioniert. Im größten Saal des kompletten Gebäudekomplexes der Staatstheater Stuttgart können bis zu sieben Produktionen gleichzeitig bearbeitet werden. Dies ist allerdings das absolute Maximum, bei dem auch jeder Mitarbeiter an zwei Stücken gleichzeitig arbeiten muss, um die Menge an Bühnenteilen fertigstellen zu können. Grundsätzlich kann jeder Mitarbeiter des Malsaals für jede Produktion eingesetzt werden und die entsprechenden Kulissen oder Prospekte bemalen. Trotzdem hat jeder natürlich seine Spezialgebiete, die besonders gut und schnell gehen. Wenn es die Situation verlangt, dass es sehr schnell gehen muss, dann wird der entsprechende Bühnenmaler hierfür abgestellt. Generell werden fertiggemischte Farben benutzt, aber auch mit Pigmenten eigene Farben gemischt. Dies passiert in der Farbküche in der auch alle Pinsel, Eimer und andere Werkzeuge gereinigt werden. Der Vorteil von Farben, die mit Pigmenten gemischt sind, ist, dass sie eine deutlich höhere Brillanz haben, intensiver und kontrastreicher sind als fertiggemischte Farben.
bühnenmalerei – eine mischung aus erfahrung, ausprobieren und scheitern.
Wer sich für die Bühnenmalerei entscheidet, muss sich darüber im klaren sein, dass es eine Vielzahl an Kulissen- und Malstilen gibt. Ein bekanntes Sprichwort sagt „nobody is perfect“. Ähnlich verhält es sich im Malsaal. Jedem Lehrling wird mit auf den Weg gegeben, dass man seine eigenen Unzulänglichkeiten vertuschen können muss. Diese hat man und wird man auch nicht verlieren. Fehler sind in diesem Beruf mit das Wichtigste was einem passieren kann, da man aus diesen lernt und Erfahrungen für die Zukunft mitnimmt. Ein aktuelles Beispiel ist, dass es einen Prospekt gibt, bei dem die Kulissenmaler eine schwarzweiße Vorlage bekommen haben, die auch Brauntöne enthielt. Diese wurden exakt so nachgemischt. Die Assistentin sah das dann und machte darauf aufmerksam, dass ein neutrales schwarz-weiß ohne zusätzliche Schattierungen gemeint war. Da nicht genug Zeit war neu anzufangen, hat man dann einen Weg gefunden sich durchzubeißen und alles auf schwarz-weiß umzuarbeiten. Man muss in diesem Beruf immer etwas riskieren und oftmals entsteht dann etwas aus der laufenden Arbeit.
wie läuft die herstellung einer kulisse ab?
In der Anfangsphase einer Produktion hat der Bühnenbildner eine bestimmte Vorstellung, was auf der Bühne passieren soll und wie dies durch Bühnenelemente dargestellt werden soll. Mit diesen Ideen und Vorstellungen trifft sich der Bühnenbildner mit den Bühnenmeistern und den technischen Leitern. In dieser Runde werden auch Themen wie das Gewicht der Kulissen besprochen, da die Bühne nur eine bestimmte Traglast hat. Durch verschiedene Methoden der Gewichtsverlagerung kann man allerdings fast jedes gewünschte Bühnenbild herstellen. Diese Dinge werden von Ingenieuren berechnet, bevor die Bühnenteile hergestellt werden. Sobald dann die Teile zum Beispiel aus der Schreinerei kommen, können die Bühnenmaler beginnen die einzelnen Teile zu bemalen.
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was ist der malsaal und was passiert hier?
Durch die Größe der Kulissen brauchen die Maler einen Überblick über das Werk. Im Stehen ist der Überblick besser als im Sitzen. Desweiteren kann im liegenden Zustand der Kulissen die Farbe nicht verlaufen. Würden die Maler immer im Sitzen malen, würden sie schon nach einer Produktion erhebliche Rückenbeschwerden haben. Alle Werkzeuge im Malsaal sind aus diesem Grund mit langen Stielen ausgestattet. Natürlich gibt es immer kleinere Details und Feinheiten, die nicht im Stehen gemalt werden können.
viele bühnenmaler sieht man im stehen arbeiten. was hat das für einen grund?
Das hängt auch wieder von der Art der Kulisse ab. Prospekte können zusammengerollt und wenn nötig noch zusammengefaltet werden. Kulissen aus Holz werden auf die entsprechende Größe geschnitten und so verstaubar und transportierbar gemacht. Es kann hierbei vorkommen, dass beim Zusammensetzen der einzelnen Holzelemente kleine Nähte entstehen, die das Bühnenbild nicht ganz perfekt aussehen lassen. Landschaftsbilder werden deshalb meistens auf Prospekte gemalt, da hier keine Nähte entstehen können. In fast allen Fällen verschwimmen die Nähte in den Kulissen über die Distanz von der Bühne bis zum Zuschauerraum. Das Publikum hat den Eindruck eines einheitlichen Bildes.
wenn eine kulisse fertig ist, muss sie auf die bühne kommen. wie funktioniert der transport der kulissen?
Kulissen sind bedingt haltbar. Ballett-Stücke von John Cranko, wie zum Beispiel Schwanensee, sind teilweise 50 Jahre alt. Gerade durch den ständigen Auf- und Abbau, sowie den Transport, wenn Stücke auf Tournee und Gastspiele gehen, kann es schon passieren, dass eine Kulisse komplett oder teilweise zerstört wird. Die betroffenen Kulissen müssen dann geflickt oder neu gemalt werden, je nachdem wie groß der Schaden der Kulisse und die vorhandene Zeit bis zur nächsten Aufführung ist.
wie haltbar ist eine kulisse, wenn man bedenkt, dass sie regelmässig auf und abgebaut werden?
werkstätten · der malsaal
Die Materialien auf denen die Kulissen gemalt werden, kommen aus dem Handel und werden für die entsprechenden Kulissen konfektioniert. Da der Leinwandstoff nur in Größen von 2–8 Meter vorhanden ist, wird das Nähen auf die benötigte Größe in der Dekorationsabteilung übernommen. Bühnenmaler sprechen von einer Normalgröße bei 17×12 Meter und einer Kleingröße bei 9×8 Meter. Wenn eine Kulisse aus Stoff bemalt wird, redet man von einem Prospekt, der in der Obermaschinerie aufgerollt verstaut werden kann. Unten ist eine Holzlatte eingearbeitet, damit das Gewicht der Latte den Stoff gerade und gespannt nach unten hängen lässt. Eine andere Möglichkeit ist zum Beispiel eine Wand zu bemalen oder eine Tapete herzustellen, die auf die Wand aufgezogen wird. Es kann auch vorkommen, dass eine Betonstruktur gemalt werden muss wie es bei der Oper Parsifal der Fall war. Aber auch Holzmaserungen, Madonnenportraits, Landschaftsbilder und vieles mehr können von den Malern hergestellt werden. Neben den großen Kulissen sind die Bühnenmaler aber auch für alles andere Zuständig, was auf der Bühne ist und farblich bearbeitet werden muss. So kann es ebenfalls vorkommen, dass aus der Requisite Möbel, Bohrmaschinen, Waffen oder andere Gegenstände kommen, die anschließend bemalt werden.
Ebenso kann es vorkommen, dass ein Kulissenteil während einer laufenden Vorführung einen Schaden nimmt. Ein Beispiel ist hier ein Prospekt, bei dem kurz vor einer Vorstellung die Aufhängung wegen Materialermüdung abriss und der deshalb nicht eingesetzt werden konnte. Das ist zum einen äußerst gefährlich, zum anderen ist ein oder zwei Tage später die nächste Vorstellung, was bedeutet, dass hier schnell gehandelt werden muss. Entweder wird es provisorisch geflickt oder neu hergestellt – wobei das Flicken hier sinnvoller war. Ungefähr kann man aber feststellen, dass etwa 10% der Kulissen, die im Malsaal sind, repariert, geflickt oder gerade neu gemalt werden. Wie bei dem Beispiel von Schwanensee gibt es noch viele weitere Kulissen, die im Magazin der Staatstheater aufbewahrt werden. Hier werden alle Kulissen gelagert, die gerade nicht als Produktion laufen und auch schon mehrere Jahre nicht mehr auf der Bühne waren. Wenn ein Stück dann wieder aufgenommen wird, werden die entsprechenden Kulissenteile aus dem Magazin zum Opernhaus gebracht, wo sie zunächst auf der Bühne aufgebaut werden, um den Zustand der einzelnen Teile zu sehen. Der Bühnenmeister und der Magazinmeister wissen meistens schon im Vorhinein, in welchem Zustand Kulissen sind, aber durch den hohen Anspruch wird hier auf Nummer sicher gegangen. Auf der Bühne wird dann auch die entsprechende Beleuchtung zugeschaltet um eine möglichst vorstellungsnahe Situation zu erzeugen. Selten kommt es vor, dass Kulissen aus dem Magazin so gut in Schuss sind, dass sie direkt auf der Bühne verwendet werden können.
warum werden die kulissen nicht direkt im malsaal aufgebaut und überarbeitet?
Im Malsaal fehlt zum einen die Bühnenbeleuchtung, zum anderen ist der Malsaal mit seinen Maßen zwar lang und breit genug, allerdings reichen die 8 Meter Höhe nicht aus. Ein weiteres Problem ist der Mangel an Zugstangen im Malsaal. Wenn es sich um ein spezielle Stück handelt, so wie Schwanensee, wird hier auch eine ältere Bühnenform verwendet – die Gassenbühne -->1. Bei dieser Art Bühne werden oftmals mehrere Prospekte oder weitere Kulissen verwendet, die Mittels Zugstange auf die Bühne gebracht werden. Die eine Zugtange die es im Malsaal gibt, reicht daher nicht aus, um alle Prospekte zusammen hängen zu können. Deshalb wird für solche Wiederaufnahmen ein Tag auf der Bühne eingeplant, an dem man alle Mängel entdecken und diese dann im Nachhinein ausbessern kann. Da im größten Drei-Sparten-Haus die Belegung für die Bühne ein Jahr im Voraus jeden Tag geplant ist, kann es durchaus schwer sein für Kulissen aus dem Magazin einen Tag zu bekommen, an dem man alles aufbauen, begutachten und wieder abbauen kann. Dies muss auch in den restlichen Probenplan integriert werden könne, da es hier feste Vorgaben gibt, wie viele Bühnenproben für welches Stück veranschlagt sind und wann das Orchester noch dazukommt. Das wird langfristig disponiert. Wenn alles sehr gut läuft, kann man auch Kulissen, die zum Beispiel in Schwanensee gebraucht werden, in der Obermaschinerie verstecken, solange das Opernstück, beispielsweise Faust, am nächsten Tag diese nicht braucht. Wenn die gleichen Zugstangen allerdings gebraucht werden, muss alles abgehängt werden und hinter Bühne an einer freien Stelle verstaut werden, bis es wieder auf die Bühne muss.
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wo werden kulissen gelagert, die nicht für eine produktion gebraucht werden?
Die Gassenbühne wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entwickelt. Sie ist in Gassen eingeteilt, die von versetzt hintereinander angeordneten, bemalten Seitenkulissen gebildet werden. Die Gassenbühne kann schon als Guckkastenbühne bezeichnet werden. Die moderneren Guckkastenbühnen versuchen jedoch nicht mehr den Eindruck unendlicher Tiefe zu erzeugen, sondern klare räumliche Begrenzungen anzuzeigen. -->1
wie lange dauert aufund abbau der kulissen einer kompletten produktion? Ein schräger Bühnenboden ist für die Bühnentechnik sehr aufwendig, da alle Bodenplatten passgenau aneinander gesetzt werden müssen, so dass keine Lücken entstehen, an denen die Künstler stolpern können. Anschließend werden die im Malsaal bemalten Bodenplatten ausgelegt und befestigt. Der Sinn eines schrägen Bühnenbodens ist, dass der Zuschauer eine bessere Sicht auf das Geschehen hat durch die verbesserte Perspektive. Oftmals wird zusätzlich durch eine Gassenbühne eine Verjüngung nach hinten geschaffen, wodurch man mehr Tiefe erzielt. Es gibt ebenfalls Bühnen, die generell einen schrägen Boden haben. Das Bolschoi-Theater in Moskau hat beispielsweise – auch nach dem Umbau 2011 – eine Bühne mit 4° Steigung. -->2
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Wenn es sich um eine neue Produktion handelt wird auch hierfür ein Tag veranschlagt. Das nennt man in der Theaterwelt die „Technische Einrichtung“ oder kurz „TE“. An so einem Tag schwirren die Techniker in den Malsaal und holen die schon im Vorhinein mobil gemachten Kulissen ab und bringen sie mit dem Frachtenaufzug zur Bühne. Je nach Stück und Vorgaben des Bühnenbildners wird dann begonnen die einzelnen Elemente aufzubauen. Bei manchen Stücken kommt es vor, dass es einen schrägen Bühnenboden -->2 gibt. Dieser macht es gerade für die Bühnenmaler spannender, da sie den Boden zusätzlich zur restlichen Kulisse farblich bearbeiten können und so in das Stück einpassen. Nach dem Aufbau des Bodens werden dann die Wände und weiteren Kulissen aufgebaut. Das ist ein sehr anspruchsvoller logistischer Aufwand. Daher brauchen die Techniker bei einem komplett neuen Bühnenbild das erste Mal 12 Stunden für den Aufbau. Für die Bühnenmaler kommt dann auch immer der spannende Moment, ob alle Teile zusammenpassen und aufbaubar sind. Wenn in der Technischen Einrichtung alles aufgebaut wurde, wird das erste Mal auch das Zusammenspiel mit der Beleuchtung getestet. Wenn alles getestet wurde und für die Techniker klar ist, welche Kulisse wo auf- und abgebaut werden muss, dann sieht die normale Planung vor, dass man zwischen 13 Uhr und 17:30 Uhr, also bis circa eineinhalb Stunden vor der Abendvorstellung, alle benötigten Kulissen für eine Produktion auf die Bühne bringen kann. Noch ein kurzes Wort zum schrägen Bühnenboden: Es ist für die Künstler sicherlich sehr gewöhnungsbedürftig auf einer solchen Bühne zu spielen oder zu tanzen. Je nach Stück variiert die Steigung der Bühne. Auch in klassischen Balletten kommt es vor, dass es einen schrägen Boden gibt. Auch für die Opernsänger ist es eine andere Situation in der Schrägen zu laufen. Aber sowohl Tänzer als auch Sänger sind Profis genug, um sich mit dem gegebenen Bühnenboden zu arrangieren. Ein ebenfalls oft vorkommendes Problem ist, dass ein Boden zu rutschig sei. Je nach Zeitpolster gibt es dann verschiedene Möglichkeiten, das Problem der rutschigen Bühne zu beheben. Eine Möglichkeit ist die Schuhe der Künstler zu ändern, so dass die Sohle nicht rutscht. Wenn dies nicht geht, müssen die Bühnenmaler sich Gedanken machen, wie man die Bühne rutschfest machen kann. Wenn das Bühnenbild vorsieht, dass der Boden hochglänzend sein soll und zusätzlich noch Wasser darauf verschüttet wird kann man es nur schwer erreichen, dass es nicht rutscht. Ein Trick der dann gerne eingesetzt wird, damit es wenigstens ein bisschen weniger rutscht, kommt aus der Seefahrt. Bei diesem Trick wird feiner Quartz-Sand in die Farbe gemischt, der dann wie eine Art Schleifpapier wirkt und so den Künstlern ein wenig Haftung gibt. Sollte ein Opernsänger sich dann nackt auf dem Boden wälzen müssen, werden zwangsläufig Schrammen und Schmerzen entstehen. Dann funktioniert das schon wieder nicht mehr, es ist also immer eine Abwägung der Möglichkeiten und der Vorkommnisse im Stück. Häufig muss sich das künstlerische Team zum Beispiel für den matteren aber nicht so glatten Boden entscheiden. Die Sicherheit der Künstler steht hier im Vordergrund.
Eine regelmäßige Aufgabe ist die Herstellung von Tapeten. Bei diesen kommt es auf die einfache und schnelle Produktionsart an. Man kann Schablonen nutzen, Siebdruck-Siebe, einen Stempel oder eine Musterwalze anfertigen lassen, oder sie komplett per Hand malen. Im nebenstehenden Bild wird aktuell eine Tapete gemalt, bei der man mit Schablonen arbeiten wollte. Der Mittelton wurde auch mit einer Schablone aufgetragen, allerdings waren die hellen und dunklen Töne zu fein. Die Arbeit mit einer Schablone wäre sehr kleinteilig geworden, weshalb man sich dazu entschied, die hellen und dunklen Töne mit der Hand zu malen. Generell ist es immer eine Frage des Budgets und der Zeit, was möglich ist. Nachdem festgestellt wurde, wie viel Zeit man für eine Blume gebraucht hat, wird dies auf die gesamte Fläche hochgerechnet. Ebenfalls wird nach möglichen Fehlerquellen Ausschau gehalten und wie es generell den schönsten Effekt für die Produktion hat.
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werkst盲tten 路 der malsaal
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werkstätten · der malsaal Bei der Abstreutechnik wird die zu bespielende Kulisse, in der Regel eine Leinwand, mit Kork bestreut. Der Kork deckt alle Stellen der Leinwand ab, die im weiteren Verlauf nicht mit Farbe besprüht werden wollen. Wenn das komplette Bild mit Kork abgestreut wurde, wird mittels einer Sprühpistole Farbe auf die Leinwand aufgetragen. Nachdem die Farbe trocken ist, wird der Kork von der Leinwand gefegt. Der hier beschriebene Vorgang kann je nach Tiefe des Bildes – also den vorhandenen Schattierungsstufen – beliebig oft wiederholt werden. Das besondere an abgestreuten Bildern ist, dass sie verwechselnd ähnlich zu den real existierenden Szenen oder Gegenständen sind. Durch die einzelnen Farbaufträge entsteht zudem eine Tiefenwirkung, die ein Druck auf Leinwand niemals erzeugen könnte.
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WERKSTÄTTEN DIE HERREN‑ SCHNEIDEREI KLEIDER MACHEN KÜNSTLER
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An meinem letzten Tag durch die Werkstätten war ich in der Herrenschneiderei. Die Werkstattleiterin und Gewandmeisterin Anna Volk hat mir hierbei viele Eindrücke vermittelt und von vielen Erlebnissen, die bei der Schneiderarbeit an den Staatstheatern Stuttgart zum Alltag gehören, erzählt. Ein kleiner Überblick der Werkstatt: Diese setzt sich zusammen aus zwei Gewandmeisterinnen (Anna Volk und Johanna Kaelcke), sowie fünf Schneiderinnen und Schneidern (Gebro Alp, Tatiana Cerulla, Karin Reiter, Daniela Rossa und Johannes Santangelo).
was ist der unterschied zwischen einem gewandmeister und einem schneider?
Jeder Gewandmeister hat zuvor eine normale Schneiderlehre abgeschlossen. Die Schneiderlehre ist ein anerkannter und klassischer Handwerksberuf. Schneider erlernen hierbei aber nur die Verarbeitung von Textilien zu Bekleidung. Maßschnitte anzufertigen ist in dieser Ausbildung nicht enthalten, sondern bedarf einer zusätzlichen Ausbildung zum Schneidermeister oder zum Gewandmeister. Neben der Anfertigung von Maßschnitten haben Gewandmeister in der Ausbildung Einblicke in die Kostümgeschichte, Opern- und Schauspieldramturgie, Philosophie und allgemein gestalterische Fächer, wie Farbenlehre oder Plastik, bekommen.
wie läuft die arbeit in der herrenschneiderei ab?
Wenn ein Stück neu inszeniert wird, gibt es vom Kostümbildner Vorstellungen, wie ein Kostüm für das Stück auszusehen hat, damit es in das künstlerische Gesamtkonzept passt. Hilfreich sind hierbei sogenannte Figurinen. Anhand dieser Figurinen erarbeiten die Gewandmeister einen Kostümentwurf, der in Zusammenarbeit mit dem Kostümbildner entworfen wird. Die Gewandmeister beraten sich mit den Kostümbildnern um theoretische Überlegungen später in die Praxis umzusetzen. Es kann sein, dass die Figurine eine grobe Richtung darstellt, wie der Kostümbildner eine bestimmte Stimmung, eine Epoche oder Gesellschaftsschicht darstellen will. Details wie beispielsweise die Rückseite der Hose oder Jacke aussehen soll, sind nicht vorhanden und werden dann entworfen. Wenn der Schnitt und der Look eines Kostüms besprochen wurden, wird dieses angefertigt und für die erste Kostümprobe provisorisch zusammengeheftet. Bei der Anprobe werden Änderungen aufgenommen, die anschließend an dem wieder auseinandergenommenen Kostüm durchgeführt werden. Je nachdem was für ein Kostüm es wird, kommt es dann in die Färberei, wo das Kostüm bemalt, bedruckt oder gefärbt wird. Danach kommen die Einzelstücke wieder in die Schneiderei, wo sie dann zum fertigen Kostüm zusammengenäht werden. Hin und wieder kann es vorkommen, dass es Verzögerungen in der Fertigung gibt, da die Regie sich in manchen Punkten noch nicht im Klaren ist, wie das Kostüm aussehen soll. Im Probenprozess entstehen oft die letzten Details, weil dort klar wird, wie das Stück gespielt wird. Wenn sich Kostümbildner und Gewandmeister in der Mitte treffen, bleibt eine realistische Chance, die Kostüme in der vorhandenen Zeit umzusetzen.
Figurine für eine Produktion des Schauspiel Stuttgarts
steigt vor einer premiere die arbeitszeit spührbar an?
Generell ist der Anspruch im Theater sehr hoch, egal ob es sich um Kulissen, Maske oder die Kostüme handelt. Die Arbeit die die Gewandmeister und Schneider leisten, ist äußerst hochwertig. Man könnte Teile, die hier geschneidert werden, ebenso gut in den Modemetropolen der Welt verkaufen, wenn es rein um die Qualität gienge. Besucher der Führungen durch die Staatstheater sind immer wieder verwundert, was für eine Qualität die Kostüme haben. Manchmal sind Anzüge auch mit Rosshaareinlagen verarbeitet, was sehr viel Handarbeit bedeutet. Dies hat einen ganz einfachen Grund: Die Kostüme werden sehr viel stärker beansprucht als im normalen Leben. Wenn man sich beispielsweise einen normalen Anzug vorstellt. Dieser wird im Büro und auf wichtigen Anlässen getragen. Das schlimmste was hier passieren könnte, wäre das man sich mit Essen bekleckert. Im Theater ist dies anders. Auf der Bühne passiert wesentlich mehr und alles was ein Schauspieler oder Sänger auf der Bühne macht, wird leicht übertrieben dargestellt, damit eine Stimmung bei den Zuschauern ankommt. Normale Anzüge sind hierfür eigentlich nicht ausgelegt. Ebenso werden die Kostüme, unter dem starken Bühnenlicht, sehr stark verschwitzt und auch andere Flüssigkeiten wie Theaterblut, Spucke, Erbrochenes, ANNA VOLK, WERKSTATTLEITUNG UND GEWANDMEISTERIN Apfelmus, Dreck, oder auch mal Fleischkäse können den Weg auf das Kostüm finden. Dies beansprucht die Faser des Kostüms sehr, weshalb es im Theater noch wichtiger ist, qualitativ hochwertige Stoffe und eine exzellente Verarbeitung durch die Schneider zu erhalten. Trotzdem kommt es immer wieder vor, gerade im Schauspiel, dass ein Kostüm nachdem ein Stück abgespielt wurde nicht mehr verwendet werden kann. Die Kostüme werden da ordentlich „abgerockt!“ Der Anspruch an ein Kostüm kann aber auch ein ganz anderer sein. Nicht tadellos und als Top-Anzug zu fungieren, sondern auf der Bühne ganz bewusst zerstört zu werden. Auch dies kann, von Kostümbildner und Regisseur, gewollt sein. Der Anzug ist an der gewünschten Stelle präpariert, so dass der Schauspieler ohne große Mühen den Anzug beispielsweise zerreißen kann. Nach jeder Vorstellung findet der Anzug dann wieder den Weg in die Schneiderei, wo er wieder zusammengenäht und für die nächste Vorstellung vorbereitet wird. Wenn für ein Stück eine Serie an Kostümen hergestellt werden muss, zum Beispiel für den Opernchor, liegen hier die gleichen Grundsätze zu Grunde wie bei Kostümen für die Solorollen. Alle Kostüme werden hochwertig verarbeitet. Der einzige Unterschied ist die sogenannte Theaterverarbeitung. Bei dieser werden die Teile innen nicht abgefüttert, sondern mit viel Einschlag änderungsfreundlich „offen“ gearbeitet. Diese Methode ist einfacher und nützlicher, wenn es Änderungen gibt. Grundsätzlich hat dies aber nichts mit der Qualität zu tun.
was sind die ansprüche an ein kostüm für das theater?
Dazu gibt es ganz generell unterschiedliche Meinungen. Jedoch steht fest, dass durch die unterbewusste Wahrnehmung auch Kleinigkeiten an den Kostümen auffallen, die für das Verständnis und die Inszenierung wichtig sind. Man kann natürlich nicht auf jedes Detail achten, genauso kann man Details bewusst weglassen und durch diesen Bruch eine vermeintliche Militäruniform zu etwas anderem umfunktionieren. Unterbewusst wird der Zuschauer aber trotzdem auch an eine Uniform denken. Solch ein Bruch kann gezielt vom Regisseur und der Kostümbildnerin gewollt sein. Ebenso kann es sein, dass es in dem Stück um Menschen am Abgrund der Gesellschaft geht. Diese sollen dann Kostüme anhaben, die sehr alt, schon leicht kaputt und verbraucht aussehen. So werden auch solche Kostüme neu hergestellt. Sie durchlaufen den selben Prozess, wie alle anderen Kostüme, werden aber nach der Fertigstellung in der Färberei zu dem gemacht, was sie darstellen soll. So kann es vorkommen, dass neue Kostüme mit Gewichten behangen werden oder Taschen mit Tennisbällen
können die zuschauer kleinste details an den kostümen überhaupt wahrnehmen?
ALLES WAS HIER GENÄHT WIRD SIND ZUM GROSSTEIL UNIKATE. SELTEN GIBT ES SERIEN FÜR OPER ODER BALLETT, ABER DAS MEISTE GIBT ES NUR EINMAL!
werkstätten · die herrenschneiderei
Kurz vor der ersten Vorstellung kann es immer noch etwas hektisch werden. Dies betrifft nicht nur die Herrenschneiderei. Nachtschicht und Akkordarbeit sind hier nicht gang und gäbe. Durch das Arbeitsschutzgesetz ist nach spätestens zehn Stunden erst einmal Schluss. Trotzdem kann es vor den Endproben, die circa zehn Tage vor der Premiere sind, schon mal richtig stressig werden. Letzte Änderungen und die Endfertigung stehen dann an und zu diesem Zeitpunkt denkt man, dass man es auf keinen Fall schaffen kann, aber es klappt trotzdem irgendwie immer. Wenn ein Stück auch zeitlich gut geplant ist, kann man auch schon früher und stressfreier fertig werden – dies ist jedoch eher selten.
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gefüllt werden und diese in der Wäsche die Taschen ausbeulen. Farbe und Dreck erledigen den Rest, dass aus neu alt und verbraucht wird. Auf der Bühne kommt zudem immer der Aspekt des Bühnenlichts hinzu. Die intensiven Strahlen der Scheinwerfer lassen Details anders erscheinen als es bei normalem Tageslicht sein würde..
was sind wirklich besondere kostüme?
Sobald ein Kostüm eine bestimmte Funktion haben muss, sind sie etwas Besonderes. Es gab mal ein Kostüm mit einer aufklaffenden Wunde. In so einem Fall arbeitet die Herrenschneiderei mit der Maske zusammen. In enger Zusammenarbeit, auch mit dem Künstler, wird eine zweite künstliche Bauchdecke hergestellt, die durch Vertiefungen eine dreidimensionale Wirkung auf den Zuschauer hat. Unter der Bauchdecke lassen sich Schläuche und auch Blutbeutel verstecken, die in der gewünschten Szene, durch einen Knopf am Kostüm, das Blut aus der offenen Wunde pulsieren lassen. So etwas ist aber eher eine Seltenheit.
wo sind die grenzen der kostüme, dass sie vom künstler noch getragen werden können?
Grenzen auszureizen gehört in der Herrenschneiderei dazu. Zusammen mit dem Kostümbildner und dem Regisseur werden die Kostümkonzepte entwickelt. Bei der Konzeptionsprobe geht es auch um die Möglichkeiten des Kostüms. Natürlich wissen aber auch die Künstler was auf sie zukommt, wenn sie eine bestimmte Rolle in einem Stück annehmen. Trotzdem gibt es auch sehr grenzwertige Kostüme, die die Künstler an die Grenzen des machbaren und des zumutbaren bringen können. Als Beispiel wurde hier genannt, dass es im Schauspiel ein Stück gab, in dem die Schauspieler komplett in LatexAnzügen eingekleidet wurden. Mit der Wärme auf der Bühne, die von den Scheinwerfern kommt und den sehr intensiven und heftigen Bewegungen war es schon eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, die den Schauspieler aufgebürdet wurde. Bei diesem Stück versuchte man schon während der Probenphase Latex-Anzüge für die Schauspieler zu besorgen, damit sie sich daran gewöhnen konnten, was auf der Bühne auf sie zukommen wird. Vor den Verstellungen haben die Künstler dann sehr viel getrunken und Mineralien zu sich genommen, damit sie während des Stückes nicht dehydrieren und kollabieren. Witzig wurde es, als manchmal auf der Bühne aus einem Ärmel oder dem Dekolleté einer Schauspielerin ein Schwall Wasser herauskam. Die Künstler halten aber extrem viel aus und sind professionell genug um auch so eine Rolle spielen zu können. Einen anderen Fall gab es mal bei einem Stück für Kinder. In diesem Stück gab es ein Tierkostüm und der Schauspieler hatte das Kostüm an, dass innen mit einer Art Watte gefüllt war. Mit dem Kopf hatte er auch hier dann noch eine Einschränkung, so dass er nicht frei atmen konnte. Auch in diesem Fall ging es wieder um die Hitze, die der Schauspieler auszuhalten hatte. Hier konnte die Schneiderei allerdings etwas tricksen und es dem Schauspieler etwas angenehmer gestalten. Es wurden Taschen in das Kostüm genäht, in die man Kühlakkus stecken konnte, so das eine kleine Kühlung eingebaut wurde. Trotzdem stand dem Schauspieler neben der Bühne immer sofort ein Garderobier zur Seite, der ihm den Kopf abnahm und das Kostüm öffnete und ihm bis zum nächsten Auftritt kalte Luft zufächelte.
was passiert, wenn ein kostüm tatsächlich zu schwer ist?
Zuallererst muss man sagen, dass die Künstler immer versuchen mit den Gegebenheiten des Kostüms zu leben und zu spielen. Aber man muss, gerade im Ballett, darauf achten, dass ein Kostüm nicht zu schwer wird. Balletttänzer sind Hochleistungssportler, die auf der Bühne alles geben und sich oftmals nach dem Auftritt hinter der Bühne auf den Boden schmeißen und erst einmal wieder nach Luft schnappen. Das ist wirklich vergleichbar mit einem 100 Meter Sprinter, der für diese Strecke alles gegeben hat und sich danach ebenso erholen muss. Daher wird hier in der Planung schon auch immer darauf geachtet, dass es nicht zu schwer wird. Allerdings gab es bei dem Stück Nussknacker eine Hose, auf die mehrere hundert Walnusshälften genäht wurden. Die Hose wog dann ungefähr fünf Kilo. In diesem Fall hat alles funktioniert. Ansonsten hätte man kurzfristig die Hose ändern müssen oder sie hätte eben neu genäht werden müssen mit entsprechenden Änderungen. Dann kann es vorkommen, dass die Hose aus der Schneiderei direkt in die Garderobe kommt und von dort aus auf die Bühne geht.
gibt es noch andere probleme die auftreten können?
Viele Faktoren können Probleme bereiten, wenn es um die Kostüme geht. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei – wie so oft – das Licht. So kann es sein, dass sowohl das Bühnenbild als auch die Kostüme schwarz sein sollen. Im besagten Stück ging es hierbei um eine sehr große Krinoline, unter der sich auch weitere Künstler verstecken konnten. Nach Stoffauswahl und viel Arbeit war die Krinoline fertig. Bei der ersten Probe auf der Bühne hatte der Rock dann einen sehr klaren Rotstich. Das war für den Regisseur nicht akzeptabel, woraufhin das Licht geändert werden sollte, so das das Schwarz der
Eine Krinoline ist ein Reifrock. Er ist ein durch Reifen aus Holz, Fischbein oder Federstahl gespreizter Unterrock. Je nach Form und Epoche unterscheidet man Verdugado, Panier, Krinoline oder Tournüre. Die Krinoline war nach 1830 als Unterrock aus mit Rosshaar verstärktem und geformten Gewebe, das das bis dahin übliche Tragen mehrerer Stoffunterröcke ablöste. Ab 1856 setzte sich eine englische Konstruktion aus Federstahlbändern durch. Um 1868 erreichte die Krinoline mit einem Saumumfang von sechs bis acht Metern ihre üppigste Weite. -->2
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Krinoline -->2 auch als reines Schwarz sichtbar ist. Dies war nicht möglich. So gab es nur eine weitere Möglichkeit: eine neue Krinoline nähen. Daher wurden viele verschiedene in Frage kommende schwarze Stoffe bestellt und in langen Bahnen auf die Bühne gehängt und mit Licht angestrahlt um zu sehen, welcher Stoff tiefschwarz ist. Als man den entsprechenden Stoff gefunden hatte, musste der Rock innerhalb von zwei Tagen genäht werden. Die Qualität der Künstler soll sich auch im Bühnenbild und im Kostüm widerspiegeln möchte und das bekommen auch die Zuschauer mit. Es gibt hier eine große Erwartungshaltung gegenüber der höchsten Qualität und das nicht nur bei den Zuschauern, sondern auch bei den Mitarbeitern der Werkstätten und beim Produktionsteam, wie Regisseur und Kostümbildner. Natürlich wird dabei auf die Kosten geachtet, aber es geht immer um das bestmögliche Ergebnis für die Kunst.
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IM GESPRÄCH MIT… HELENE SCHNEIDERMAN UND LIVIYA FLAMME
im gespräch mit… helene schneiderman und liviya flamme
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tochter eines opernstars
↑ Helene Schneiderman ist in Flemington, New Jersey geboren und begann ihre Gesangsausbildung am Westminster Choir College in Princton. Ihren Masterabschluss in Voice Performance erwarb sie an der University of Cincinnati College of Music. 1981 erhielt sie Ihr Opernsängerdiplom. 1982 wurde sie Mitglied im Heidelberger Opernensemble und seit 1984 hat sie ein Engagement an der Stuttgarter Staatsoper. Neben ihren dortigen Auftritten hatte sie zahlreiche Gastrollen auf den internationalen Bühnen. 1998 wurde sie zur Kammersängerin der Oper Stuttgart und ist damit die jüngste Sängerin, der diese Ehre zuteil wurde.
↑Liviya Flamme ist die ältere der zwei Töchter von Helene Schneiderman und Ehemann Michael Flamme. Schon im Kindesalter war Liviya im Kinderchor der Staatsoper Stuttgart aktiv und sang verschiedenste Rollen. Mit dem Abitur beendete sie ihre Zeit im Opernchor und begann ein Studium der Logopädie und trat somit nicht in die Fußstapfen ihrer Mutter. Das ihre Mutter sie trotzdem geprägt hat, sieht man an der Leidenschaft, mit der Liviya auch heute noch singt und sich in kleineren Produktionen der Musical Academy Tübingen einbringt.
es war ein grosser aufwand einen termin zu finden an dem sowohl der opernstar helene schneiderman als auch tochter liviya flamme zu hause waren und eine dreiviertel stunde zeit für mich hatten. am 28. dezember 2011 um 14 hhr fand ich mich im haus der familie schneiderman-flamme ein. der familienhund war aufgeregter als ich und liess nicht vom unbekannten besuch ab. einen kaffee, um die kalten glieder aufzuwärmen und dann begann das erste gespräch für das buch „vom grossen haus in stuttgart – 100 jahre littmann bau“:
helene schneiderman: Ich bin aus einem kleinem Theater aus Heidelberg gekommen. Als Amerikanerin habe ich dort Mal, als du in das Opernhaus gegangen zwei Jahre gearbeitet und mich dann unter anderem in bist, was war das für ein Gefühl? · · · · · · Stuttgart beworben. Hier habe ich dieses wunderschöne Theater am See gesehen. Das war in der Spielzeit 1984. Die Staatstheater hatten gerade davor das Große Haus geschlossen, wie demnächst auch wieder, um zu renovieren. Eigentlich gab es damals einen Wettbewerb, wie der Umbau aussehen soll. Es war ein 50er Jahre Theater. Nach dem Krieg hatten sie ein ganz anderes Theater gebaut. Für mich war es nicht gerade wunderschön. Und mit Beginn meiner Spielzeit war das Große Haus quasi vollkommen neu auf alt gemacht. Sie hatten die Originalpläne von Max Littmann wiedergefunden und konnten dann auch die alten Fassaden freilegen. Für mich war das dann wie für eine Prinzessin, die zum Ball geht. Ich habe mich sofort unglaublich wohl gefühlt. Heidelberg war wesentlich kleiner, ein Sprungbrett und Stuttgart war wirklich prinzessinnenhaft. In Heidelberg hatte ich mich verliebt und wir sollten dann nach Stuttgart ziehen. Das hat alles zu dieser Aura des Großen Hauses gepasst. 100 Jahre Großes Haus. Das ist eine lange Zeit. Wenn du zurückdenkst an das erste
helene: Zuallererst muss man sagen, dass man mit einem festen Engagement in einem deutschen Theater und einem hattest du manchmal den Drang doch festen Wohnsitz etwas bekommt, was man nirgends sonst auf wo anders hinzugehen und zu singen, der Welt bekommt. Man bekommt ganz einfach ein festes Mowie zum Beispiel New York, London natsgehalt, man hat seine festen Partien und seine Abende, an oder Berlin?· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · denen man auftreten muss. In Stuttgart suchten sie damals einen Mezzosopran. Ich hatte mich aber parallel noch in Frankfurt beworben. Stuttgart war dann am Ende schneller als Frankfurt und sie luden mich nach dem ersten Vorsingen direkt ein zweites Mal ein. Da waren dann noch zwei weitere Sängerinnen da und es gab eine Art Wettsingen. Da musste ich dann wieder meine Arien abliefern und letztendlich haben sie sich für mich entschieden und damit wurde es hier meine neue Heimat. Es war Zufall, nicht geplant, dass es Stuttgart wird. Hätte Berlin 1984 einen Mezzosopran gesucht, wäre ich vielleicht in Berlin gelandet. ment hier zur Heimat geworden, oder
Ich stelle mir das mal vor wie beim Profisport. Kommen auch andere Theater auf dich zu und wollen dich abwerben? Also hast du es nie bereut nach Stuttgart gekommen zu sein? · · · · · · · · · · · · · ·
helene: Ja das kommst schon vor. Herr Liebermann aus Hamburg wollte mich mal abwerben. Aber ich musste ihm eine Absage erteilen, da ich mich hier in Stuttgart zu wohl fühle. helene: Nein, ich habe es nie bereut nach Stuttgart zu kommen und hier auch zu bleiben.
helene: Es war im Grunde genommen eigentlich kein Problem. Mein Mann ist Grafiker, hat dann aber seinen Beruf auf Eis ner Familie unter einen Hut zu bringen? gelegt, um für die Kinder da sein zu können, wenn ich weg bin. So konnte ich viele Angebote wahrnehmen und er war bei den Kindern. Es gab aber eine Zeit von so zehn bis zwölf Jahren, in denen ich gar nicht aus Stuttgart weg bin. Ich hatte hier viel zu tun und war international noch nicht so gefragt. Als die Kinder älter geworden sind, bin ich aktiver geworden. Ich singe jetzt ganz viel im Ausland und gehe auch gerne weg. Meine Kinder sind jetzt ja auch weg und studieren. Es tut mir gut und ich genieße die Gastspiele jetzt mehr, als zu der Zeit als meine Kinder kleiner waren. Wenn es dann ein Gastspiel in einer anderen Stadt gab, wie war das mit dei-
liviya flamme: Ja ich bin in der Tat dort ein Stück weit aufgewachsen. Für mich gab es daher nie so ein Gefühl wie Babytagen an im Opernhaus. · · · · · · · · · „oh, jetzt bin ich in der Oper in Stuttgart“. Dadurch das wir mit Helene immer zu verschiedenen Hintereingängen oder Seiteneingängen ins Opernhaus gegangen sind, kannte ich schon als kleines Kind die verstecktesten Ecken. Aber den großen Haupteingang mit den Säulen habe ich erst später wahrgenommen, als ich größer war. helene: Sie war sogar schon auf der Bühne, da war sie noch nicht mal auf der Welt. Ihren ersten Auftritt hatte sie unter anderem in Carmen. Zurück zur ersten Frage. Wie war es für
dich Liviya? Du warst ja praktisch von
im gespräch mit… · helene schneiderman und liviya flamme · tochter eines opernstars
Ist für dich Stuttgart mit dem Engage-
Liviya, es war für dich also mehr ein gewohntes Gebäude, in dem du einen Teil
liviya: Genau. Und es war der Ort, an dem meine Mutter arbeitet.
deiner Zeit verbracht hast? · · · · · · · · · · ·
liviya: Nein gar nicht. Ich habe meine erste Oper gesehen als ich schon älter war. Ich kann mich an die Oper selber nicht mehr erinnern. helene: Es war eine Mozart-Oper. Es war so, dass euer Vater euch mitgenommen hat und wenn ich geprobt habe, wart ihr öfter draußen und habt am See die Schwäne gefüttert. liviya: Stimmt, dass weiß ich noch. Das Opernhaus war mein zweites Zuhause, aber für mich als kleines Kind nicht so interessant. Es war eben nur die Oper. Ich habe damals nicht gesehen wie schön das Haus von außen eigentlich ist.
Dann hast du deine Mutter regelmäßig auf der Bühne gesehen? · · · · · · · · · · · · · ·
liviya: Das war so mit sieben oder acht Jahren. Da war ich dann im Kinderchor. Das hatte schon eine andere Bedeutung, auf der Bühne zu stehen? · · · · · · · · · · · · als zu der Zeit, als ich als Kleinkind im Großen Haus war. Ein Highlight war für mich, als ich mit meiner Mutter zusammen in Hänsel und Gretel -->1 auftreten durfte. Aus dem Kinderchor bin ich dann in den Erwachsenenchor gegangen, womit ich aber mit dem Ende meiner Schulzeit aufgehört habe. Zwischenzeitlich war ich auch noch in der Statisterie. Da gab es auch eine eine amüsante Geschichte. Es war im Stück Turandot -->2. Da sollte ich ein kleines rothaariges Mädchen spielen und einen nackten Prinzen von der Bühne führen. Niemand aus der Statisterie durfte diese Rolle spielen, da alle Eltern es ihren Kindern nicht erlaubt haben. Meine Mutter hatte mich gefragt ob ich Lust auf die Rolle hätte und ich meinte nur „Ja, das mache ich“. (lacht) Wurde das Große Haus für dich interes-
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sant, als du angefangen hast selber
helene: Das war überhaupt kein Problem. Meine Kinder Problem, dass dein Kind einen nackten dürfen nackte Prinzen von der Bühne führen, so lange nichts Prinzen von der Bühne führt? · · · · · · · · · Vulgäres passiert. Die Oper hatte mir gesagt, dass sie den Prinzen nur an der Hand führen muss und sonst nichts passiert. Also warum nicht. Und dazu kommt, dass es eine wirklich wunderschöne Szene in Turandot ist und ich war wirklich stolz auf sie, dass sie es gemacht hat. liviya: Später, als ich zu alt war, hat es dann meine Schwester Lara gemacht, da es ein vorpubertäres Mädchen sein musste, das die Rolle spielt. War das für dich, Helene, wirklich kein
liviya: Ich glaube das waren zu viele, als dass ich mich an alle tollen Rollen erinnern kann. In König Arthur -->3 hatte ich lich viel Spaß gemacht haben? · · · · · · · · eine schöne Sprechrolle, habe aber auch im Chor gesungen. helene: Ich weiß noch, dass du auch bei Blaubart eine schöne Sprechpartie hattest. Da musstest du sagen „Ich habe Angst! Ich habe Angst!“. Du hattest wirklich viele schöne Rollen und hast an tollen Stücken mitgewirkt.
Hänsel und Gretel ist eine spätromantische Oper in drei Akten, die in den frühen 1980 Jahren entstand. Die Musik stammt von Engelbert Humperdinck, das Libretto ist von seiner Schwester Adelheid Wette nach dem Märchen Hänsel und Gretel der Brüder Grimm. Das Stück würde am 23. Dezember 1893 in Weimar am Hoftheater unter Richard Strauss als Dirigent uraufgeführt. Die Oper gehört heute zum häufig gespielten Repertoire von Opernhäusern und wird besonders in der Adventszeit aufgeführt. -->1
Turandot ist die letzte Oper von Giacomo Puccini, das Libretto stammt von Guiseppe Adami und Renato Simoni nach dem gleichnamigen Theaterstück von Carlo Gozzi. Fertiggestellt wurde die Oper von Franco Alfano nach Skizzen und Aufzeichnungen Puccinis. Die Uraufführung fand am 25. April 1926 in der Mailänder Scala statt. Turandot ist die Prinzessin in einer Erzählung aus der orientalischen Sammlung tausendundein Tag, die jeden Freier köpfen lässt, der ihre Rätsel nicht lösen kann. -->2
Wenn wir mal bei deinen Rollen bleiben, gab es noch andere, die dir wirk-
liviya: Im Grunde genommen jede Rolle, bei der ich mit Maske und Kostüm auf der Bühne stand. König Arthur mochte ich am meisten, da ich in dem Stück vier verschiedene Rollen spielen konnte. Erst war ich mit vier anderen Mädchen in der Rolle der Blumenmädchen. Da hatten wir schöne Kleider an. Und nach der Rolle wurde ich zu einem alten Mann gemacht. Ich bekam eine Glatze aufgesetzt mit ein ganz wenigen grauen Haaren und wurde auch sonst auf alt geschminkt. Dazu habe ich noch ein Schwert bekommen. Das war ein tolles Stück, dass im Kleinen Haus mit Oper und Ballett zusammen gespielt wurde. Es war schön in verschiedenen Rollen, unabhängig von einander auf der Bühne zu stehen, immer als jemand anderes. Auch eine Lieblingsrolle war das Mädchen, dass ich in Turandot gespielt habe. Es war ein tolles Gefühl so wichtig zu sein, da alle wussten, das ich das Mädchen bin, das den nackten Prinzen von der Bühne bringt. Und der nackte Prinz war auch immer eine sehr hübscher Typ. Ich fühlte mich sehr wohl in der Rolle. Es war zwar nicht viel was ich machen musste, aber es war sehr wichtig und gerade deswegen machte es so viel Spaß.
Deine absolute Lieblingsrolle? · · · · · · · ·
König Arthur ist eine Semi-Oper von Henry Purcell zu einem Schauspiel von John Dryden in fünf Akten mit einem Prolog. Die Uraufführung des englischen Originals war im Jahre 1691 im Queen’s Theatre in London. -->3
liviya: Also ich wollte immer das Schmetterlings-Mädchen aus Hänsel und Gretel sein. Ich wurde es leider nie. Das dere Bedeutung. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · Kostüm war wunderschön und hatte ganz tolle Flügel. Es war das gefragteste Kostüm bei den Kindern, weil es nur zwei Schmetterlinge gab. Engel gab es 14, daher wollte ich immer ein Schmetterling sein. helene: Das war so eine Art Hauptrolle der Kinder. Da die Inszenierung von Hänsel und Gretel so alt ist, spielen die Kinder die Rollen, in die Kostüme sie gerade passen. Die ganz kleinen Kinder spielen erst die Engel. Und wenn sie größer sind, spielen sie in den SchwesternKostümen. Der größte Junge wurde in das Trommler-Kostüm gesteckt und so wurden die Rollen verteilt. Und wir hofften immer, dass Liviya nächstes Jahr in das Schmetterlings-Kostüm passt. Und dann war sie plötzlich zu groß für das Kostüm. Und wenn du zu groß für das Kostüm bist, dann wirst du jemand anderes. Ich weiß noch in Hänsel und Gretel gab es ein Kostüm, da wurdet ihr alle in Alufolie eingewickelt. Ich stand neben der Bühne und dachte mir nur „meine armen Kinder“. Als sie von der Bühne runter kamen und die Folie abgemacht wurde waren alle ganz rot im Gesicht. Ich denke mal, dass es eigentlich nicht so gut ist, Kinder in Alufolie einzuwickeln. Das muss sich auf der Bühne mit den Lichtern anfühlen wie ein Braten im Ofen. liviya: Ich fand das lustig. Wir wurden alle in die Folie eingerollt und mussten dann hinter der Bühne so stehen, bis wir unseren Auftritt hatten. Das war insgesamt so eine Stunde, bis wir die Folie wieder ausziehen durften. Und dein Lieblingskostüm? Als Kind ha-
helene: Ich war manchmal hinter der Bühne und habe zugesehen, mehr aber nicht. ner Kinder, oder warst du mit Eifer daliviya: Echt, du warst manchmal da? bei und hast sie auch kritisiert? · · · · · · · helene: Ja. Weißt du noch als du ein Engel bei Hänsel und Gretel warst und ich an dem Abend nicht singen musste? Da stand ich seitlich neben der Bühne und habe gezittert, ob alle gut geht oder ob sich die Engel versingen. Und plötzlich sehe ich während einer wunderschönen Szene, wie sich ein Kind am Rücken kratzt. Und ich dachte nur „Meine Tochter ist die einzige, die sich falsch bewegt“. Das war dann im Nachhinein aber auch lustig. Ich habe immer für meine Kinder mitgefiebert, wenn sie auf der Bühne waren. Ich war wirklich nervöser wenn sie auf der Bühne waren, als wenn ich Auftritte habe. War es für dich als Mutter und gestandene Opernsängerin nur ein Hobby dei-
helene: Für mich ist es anders. Es ist nie wirklich eine Routine da. Man ist schon immer nervös, aber wenn die eigenen Kinder auf der Bühne sind, hat man immer Angst, dass etwas passieren könnte. Zum Beispiel, dass die Kinder in den Orchestergraben fallen. Das war bei Lara der Fall in Wozzeck -->4, da hatte sie eine wirklich gute Rolle. Sie war das Kind und das Bühnenbild war bei der Inszenierung so, dass sie, wenn sie mit ihren fünf oder sechs Jahren den falschen Weg genommen hätte, tief in den Graben gefallen wäre.
Das liegt dann an der Routine und Erfahrung? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Wie war das als Kind? Hat man sich da auch schon professionell auf die Aufführung vorbereitet oder habt ihr kurz
liviya: Also wir haben schon viel gespielt im Kinderchor und hingen in den seltsamsten Ecken rum. helene: Und im Dunkel, hinter der Bühne.
vor der Vorstellung noch Verstecken um Haus gespielt? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
liviya: Nein gespielt haben wir dort nicht richtig. Wir hatten auch immer einen Aufpasser bei uns, damit niemand aus spielt? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · Versehen auf die Bühne rennt. Es war für uns Kinder mehr ein Spiel als ein Job. Aber sobald man hinter der Bühne war, wussten auch wir, dass es gleich losgeht. Und es war immer spannend, man musste leise sein und daher war es auch sehr aufregend hinter der Bühne zu stehen. helene: Und dann gibt es noch die Bühnenmäuse. Ihr wart während den Vorstellungen hinter der Bühne und habt dort ge-
Wie bitte, Bühnenmäuse? · · · · · · · · · · · ·
helene: Ja, die gibt es in jedem Theater.
Wozzeck ist eine Oper in 3 Akten mit 15 Szenen von Alban Berg. Das Libretto beruht auf dem deutschsprachigen Dramenfragment Woyzeck von Georg Büchner. Die Uraufführung war am 14. Dezember 1925 in der Staatsoper Unter den Linden in Berlin statt. -->4
im gespräch mit… · helene schneiderman und liviya flamme · tochter eines opernstars
ben solche Kostüme sicherlich eine an-
helene: Ich habe es auch erst einmal erlebt, obwohl ich wirklich viel auf der Bühne bin. Aber plötzlich lief da einmal eine Maus über die Bühne. Aber die Mäuse laufen eher seitlich an der Bühne. Dass sie von der einen zur anderen Seite laufen, habe auch ich noch nicht mitbekommen.
Die habe ich bisher leider noch nicht gesehen. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
liviya: In den Treppenhäusern waren wir viel, da wir dort laut sein und viel rennen konnten. Die Kantine war auch dass ihr viel in den verschiedensten immer ein guter Warteraum, weil es dort Pommes gab (lacht). Ecken wart, welche war deine LiebAber am liebsten bin ich zur Maske gegangen. Man hat sich lingsecke? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · danach einfach so toll gefühlt und wusste, dass es gleich losgehen wird. Und dann gab es da noch einen Balkon, aber an den kann ich mich nicht mehr so richtig erinnern. Für mich war das als Kind zu verwinkelt. Und natürlich war ein Lieblingsort die Garderobe meiner Mutter. Da war es schön weil die ganzen Masken da waren und ich die Lippenstifte ausprobieren durfte. Und es gab ein Keyboard. helene: Micha hat manchmal die Kleine in der Oper gebracht während den Proben, damit ich sie stillen kann. Und das habe ich natürlich in der Garderobe gemacht und danach gab es dann ein „Ciao, bring sie wieder nach Hause“ zum Abschied. Nein ganz so hart war es nicht. liviya: Auf der Seitenbühne gibt es auch noch einen schönen Platz, da sitzt auch immer die Feuerwehr, von dort aus kann man wundervoll auf die Bühne schauen. helene: Ja das ist ein guter Platz um sich zu verstecken. Mein Mann hat sich da öfter auf den Bauch gelegt und hat von der Seite aus zugeschaut. Liviya, lassen wir die Bühnenmäuse
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mal aus dem Spiel. Wenn du sagst,
helene: Irgendwie ist es meine Arbeitsstelle und man weiß, das man dort arbeiten muss, man ist nervös, ob mit der Stimme alles gut ist. Ich weiß nicht ob man daher sagen kann, dass es wirklich Lieblingsorte sind. Aber es gibt Orte die mir sehr gut gefallen. Da gibt es so viele. Es beginnt schon mit dem Eintreten in das Opernhaus. Der Geruch beim Pförtner im Eingangsbereich ist so ein bestimmter Theatergeruch, den es sonst nirgends gibt. Auch ein sehr beliebter Ort ist die Kantine, da sie symbolisiert, dass die Vorstellung vorbei ist, es eine gute Vorstellung war und ich jetzt etwas essen und trinken kann und ich wieder ich selbst sein kann.
Gleiche Frage an den Star. Was ist dein
Lieblingsort? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
helene: Das kann man so nicht sagen. Alles was vor der Bühne kommt, die Umkleiden, die Maske und so weiter sowie die Bühne, das ist mein Arbeitsplatz in dem Höchstleistung von mir gefordert wird. Da kann ich nicht sagen, dass die Bühne mein Lieblingsort ist und mich glücklich macht. Es gibt sicherlich Sänger, die nur glücklich sein können, wenn sie auf der Bühne sind. Aber ich bin am glücklichsten, wenn ich weiß, dass die Aufführung gut war, alle ihr Bestes gegeben haben. Ich bin lieber nach der Vorstellung in der Kantine mit Freunden, nachdem die Perücke und die Schminke abgenommen wurde. Daher ist es wohl die Kantine, die ich wirklich als Lieblingsort ansehe.
Also ist die Bühne kein toller Ort für dich? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
helene: ch bin meistens zwei Stunden vor einer Aufführung im Haus. Die Maske braucht circa 30 bis 60 Minuten. Das lung bist du im Großen Haus und bereikommt auf die Rolle an. Dann muss man sich noch einsingen, test dich vor? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · man trinkt einen Tee, man schaut noch einmal in den Klavierauszug, vielleicht will der Dirigent noch mit dir sprechen. Dann kann es vorkommen, dass eine Rolle von jemand neuen gespielt wird, den man noch nicht kennt und dann geht man noch zu demjenigen und redet mit ihm. Es sind immer noch viele Dinge vor eine Vorstellung zu erledigen. Und ich kann es nicht leiden, auf den letzten Drücker zu kommen. Bleiben wir kurz beim Thema Perücke
und Maske. Wie lange vor einer Vorstel-
Und nach der Aufführung alles wieder abgenommen zu bekommen dauert dann wie lange? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
helene: Zuerst kommt die Perücke runter. Wenn die Frau von der Garderobe da ist und nicht schon bei jemanden ist, der früher in der Garderobe war. Wenn man warten muss,
zieht man sich um und macht sich die Schminke runter. Dann sitzt man da und wartet in Straßenkleidung darauf, dass man die Perücke runter bekommt. Aber ich muss dazu sagen, dass ich mittlerweile als erste die Perücke runtergenommen bekomme, da ich die dienstälteste Sängerin bin. Sie stürzen sich förmlich auf meinen Kopf und kommen schneller zu mir als zu den jüngeren Sängern. helene: Ja, ich habe eine feste Garderobe. Aber die ist nicht nur für mich, manchmal sind wir zu dritt. Ich habe in der Garderobe meinen Schrank und bin daher an sie gebunden. Wenn ich jedoch eine sehr große Rolle habe, dann habe ich meistens die kleinste Garderobe, die aber sehr nah an der Bühne ist. Aber eigentlich bin ich zu 90% in der gleichen Garderobe.
Hat man als Dienstälteste seine eigene Garderobe? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
helene: Es genießen und sagen „technische Probleme“. Was soll ich als Sängerin auch groß machen, ich kann ja nur die Anfangsszene einer Oper und der warten. Einmal ist es mir sogar schon passiert. Es war eine Vorhang geht nicht auf. Was würdest Vorstellung von Die Zauberflöte -->5 und die haben alles mit du machen? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · dem Computer gesteuert. Und dann gab es ein Problem mit dem Computer. Es musste dann der Abenddienst vor den Vorhang treten und dem Publikum mitteilen, dass sich der Beginn der Vorstellung um 30 bis 60 Minuten verzögern wird. Alle hinter der Bühne waren entsetzt. Es war eine total stressige Spannung hinter der Bühne bei den Technikern zu spüren. Die Zauberflöte ist generell ein langes Stück und bis es dann losging verging noch mal einige Zeit. Kommen wir von der Garderobe zur Aufführung. Nehmen wir an, du spielst
krankt? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
helene: Es ist dein Job auf der Bühne zu stehen und zu singen. Wenn etwas nicht funktioniert weil die Technik nicht weil es Probleme gibt. Was macht man mitmacht, ist das nicht dein Revier. Dafür gibt es die Techniker, dann als Sänger? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · die das Problem in den Griff bekommen müssen. Natürlich ist man enttäuscht, da man sich vorbereitet hatte, eine gute Stimme hat und geschminkt wurde. Es bleibt aber in so einer Situation nicht anderes übrig, als zu warten und sich die Zeit in der Kantine zu vertreiben. Am meisten tut es mir immer für das Publikum leid. Sie kommen und zahlen viel Geld um uns zu sehen und da hat man eine gewisse Verantwortung. Man war in der Maske, hat die Kostü-
me an und kann nicht auf die Bühne,
liviya: Nein, ganz im Gegenteil, meine Mutter meinte immer, dass ich nur das machen muss, was ich will. Also kam von hat, die man als Opernstar bezeichnen Seiten meiner Mutter kein Druck, dass ich in den Kinderchor kann, ist es dann für das Kind vorgemuss. Aber da ich meine Kindheit ein Stück im Großen Haus schrieben, dass du auch in den Chor verbracht, meine Mutter als Sängerin gesehen und die ganzen gehst und singst? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · schönen Kostüme und Masken gesehen habe, wurde in mir auch das Interesse geweckt, dass ich singen möchte. So bin ich in den Kinderchor gekommen. Ich habe auch gerne erzählt, dass ich im Chor singe. Ich wollte das alles machen, es hat Spaß gemacht. Und ich war richtig nervös vor den Auftritten. Da war man irgendwie abgegrenzt. Man hat die Zuschauer nie gesehen, wegen der Beleuchtung der Bühne. Daher war das eher so, dass man auch in den jungen Jahren stolz darauf war, dass man auf der Bühne ist und ein wenig Geld verdienen konnte. Kommen wir nun zu einem etwas an-
deren Thema. Wenn man eine Mutter
helene: Das war nicht viel. Es drehte sich immer so zwischen 10-12 Mark, damals ja noch, pro Aufführung. liviya: Auch wenn es nicht viel war, ich fand das cool, dass ich Geld bekommen habe, singen und auf der Bühne stehen, ein Engelchen sein konnte.
Wie viel Geld hat man denn als Kind für einen Auftritt bekommen? · · · · · · · · · · · ·
im gespräch mit… · helene schneiderman und liviya flamme · tochter eines opernstars
helene: Da kenne ich auch eine Geschichte. Ein Sänger hatte in der Pause einen Allergieanfall bekommen und konnte nicht weitersingen. Das Problem war, dass er eine große Rolle in dem Stück hatte. Es gab dann eine Stunde Verzögerung, bis man einen Ersatz gefunden hatte, der die Rolle singen konnte.
Und wenn ein Sänger kruzfristig er-
Die Zauberflöte ist eine Oper in zwei Aufzügen, die am 30. September 1791 im Freihaustheater in Wien uraufgeführt wurde. Das Libretto stammt von Emanuel Schikaneder, die Musik komponierte Wolfgang Amadeus Mozart. Das circa zweieinhalbstündige Werk zählt zu den weltweit bekanntesten und am häufigsten inszenierten Opern. -->5
liviya: Es war eher so, dass meine Mutter nicht wollte, dass ich in ihre Fußstapfen trete. du in der Zukunft machen willst. War helene: Nein, das stimmt nicht. Ich weiß, wie hart der Beruf deine Mutter sauer, als du nicht in ihre ist und wie abhängig man von seiner Stimme und den EngageFußstapfen getreten bist? · · · · · · · · · · · · ments ist. Und als Gesanglehrerin sage ich allen meinen Studenten, dass sie einen Plan B haben müssen. Zu meiner Zeit, in den 80er Jahren, gab es nicht so viele wirklich gut ausgebildete Sänger. Nicht das ich jetzt schlechter bin als andere, aber es gab nicht die Konkurrenz, wie es sie heute gibt. Liviya, als du älter wurdest kam die Zeit
als du dich entscheiden musstest, was
helene: Ja sicherlich, man sieht ja wie die Jugend darauf anspringt. „Everybody wants to be a singer“. Und das klingt tatsächlich nach X-Factor oder so. Aber ich kenne meine Kinder und ich weiß was auf sie zukommen würde. Natürlich ist es ein anstrengender aber auch spannender Beruf und es ist wirklich Zufall, dass ich es so weit geschafft habe. Ich habe wirklich nicht gedacht, dass ich Opernsängerin werde.
Hängt das auch mit den vielen Casting-
Shows von heute zusammen? · · · · · · · ·
helene: Ich habe viel gesungen bei meinen Eltern im Restaurant. Sie hatten so ein Hamburger-Restaurant und ich habe wohl immer gesungen, zumindest sagten das meine Eltern, ich habe das nicht gemerkt. Und meine Gesanglehrerin sagte zu mir, dass ich gut bin und ich nach Europa gehen soll. In Deutschland gäbe es viele Opernhäuser und ich solle dort vorsingen. Und das habe ich dann gemacht. Bei meinen Kindern musste es sich aber genau so entwickeln wie bei mir. Sie mussten von sich aus singen und von sich aus sagen, dass sie das, was ich da auf der Bühne mache so toll finden, dass sie es genauso machen wollen. Hätte ich das gewusst, hätte ich sie gefördert.
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Wie hat es sich bei dir entwickelt, dass du Sängerin geworden bist? · · · · · · · · · ·
helene: So kann man das nicht sagen. Sie haben immer gerne gesungen. Aber sie waren mehr in Richtung Popmusik orientiert. Aber das singen sie beide übrigens fantastisch. Manchmal besser als ich, habe ich das Gefühl. Gerade du Liviya, du singst manchmal oben wunderschön.
Das heißt deine Kinder hatten nie den Wunsch ein Opernstar zu werden? · · · ·
liviya: Wir, meine Schwester und ich, wussten, dass wir einen Plan B haben sollen. Und ich dachte, dass ich sowieso keine nis in die Fußstapfen deiner Mutter zu Opernsängerin werde. Ich singe sehr gerne und will mir das treten? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · auch für die Zukunft offen halten. Aber eine Opernsängerin speziell würde ich nicht sein wollen. Meine Idee davon ist, dass ich auf Hochzeiten singe, nebenher damit etwas Geld verdienen kann. Singen ist und bleibt ein Hobby, dass mir sehr viel Spaß macht. helene: Daher habe ich mich um so mehr gefreut, als sie nach dem Abitur ein Studium für die Logopädie angefangen hat, da es dort auch um die Stimme geht. Um auf die Frage von vorhin zurückzukommen. Du hattest nicht das Bedürf-
liviya: Ja, irgendwie schon. Ich will später auch vermehrt mit Stimm-Patienten arbeiten, wie Sängern, denen ich etwas beibringen kann. helene: Und ich werde die erste Kundin sein (lacht).
Also bleibst du deinen Wurzeln, mit der Stimme zu arbeiten, doch treu. · · · · · · · ·
helene: Ja sie will schon singen, aber man muss bei ihr sagen, dass sie jetzt 19 ist und ich 16-jährige Studenten habe, gen? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · die viel weiter sind. Aber das heißt noch nichts. Ich hatte meine erste Gesangstunde mit 18. Insofern könnte daraus doch noch was werden. Aber es hängt viel damit zusammen, ob man in dieser Art singen will. Dann kommen auch wieder so Faktoren dazu wie der Vergleich von Mutter und Tochter. Wenn die Mutter ziemlich weit in diesem Beruf gekommen ist, wird dieser Vergleich aber zwangsweise stattfinden. Und sehr oft kommt es dann vor, dass die Kinder nicht so gut sind wie ihre Eltern und dann Stimmen im Hintergrund sagen, dass sie die Rollen nur Wie sieht es mit der jüngeren Tochter
Lara aus, will sie später beruflich sin-
wegen ihrer bekannten Eltern bekommen haben. Aber mich würde es nicht stören, wenn eine meiner Töchter die nächste Anna Netrebko geworden wäre. Ich würde mich freuen und wäre sehr stolz auf sie. Ich bin zu alt um auf der Bühne der Metropolitan Opera in New York zu singen, wobei eine kleine Rolle mir sehr Spaß machen würde, weil das einfach in der Nähe meiner Heimat ist. helene: Ich habe keine Lieblingsrolle in dem Sinne. Es gibt Partien von Rossini, die mir sehr gestanden haben. Wie zum lingsrolle? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · Beispiel die Rolle in La Cenerentola -->6. Man hat da diese wunderschönen Kostüme an und du spielst eine wunderschöne Rolle. Aber auch Hänsel hat mir sehr viel Spaß gemacht. Insgesamt hatte ich einfach zu viele Rollen, als das ich eine Lieblingsrolle daraus herausziehen könnte. Ich habe die Frage vorhin schon Liviya
gestellt, nun dir. Welches ist deine Lieb-
helene: Das ist eine sehr gute Frage. Es gibt viele Rollen von Händel, die ich gerne spiele würde, da ich gerne seine Opern singe. Aber außer dieser Eventualität bin ich so zufrieden, wie es ist. Und so lange ich noch arbeiten und auf der Bühne stehen kann und will, singe ich jede Rolle die ich singen darf. Auch wenn es nur eine kleine Partie ist, bei der man sagt, dass ich es für die kleine Rolle wirklich gut gemacht habe. Manchmal ist es besser eine kleine Rolle sehr gut zu spielen als eine große Rolle mittelmäßig zu singen.
La Cenerentola ossia La bontà in trionfo ist eine Oper in zwei Akten von Gioachino Rossini auf der Basis des Märchens Aschenputtel. Das Libretto stammt von Jacopo Ferretti. Die Uraufführung von La Cenerentola war am 25. Januar 1817 im Teatro della Valle in Rom. -->6
Dann frage ich anders. Was wäre eine
helene: Man darf nur sehr wenig reden. Man gibt auch keine Interviews, wie jetzt. Ich gebe eigentlich sehr ungern Interder Plan für die nächsten Monat ausviews, da ich generell zu viel rede. Das macht meinen Mann sieht, hast du da ein Geheimrezept, wie nervös, wenn ich soviel rede, weil er sich dann von mir immer du deine Stimme schonen kannst? · · · · · · anhören darf, dass ich wieder Halsweh habe. Ich bin heute auch mit Halsweh aufgewacht, aber zum Glück habe ich keine Aufführung sondern nur sieben Stunden Probe. Und zwei Proben habe ich noch vor mir. Man muss seine Stimme dann schonen. Das geht nicht anders. Man geht früh ins Bett, man trinkt keinen Alkohol, man besucht keine Partys. Es ist schon ein anderer Lebensstil, wenn man eine professionelle Opernsängerin ist. Für dich als Opernsängerin bedeutet deine Stimme alles. Wenn man weiß, wie
helene: Die gewöhnt sich daran. Die Kinder wissen das auch. Ich habe ein extra eingerichtetes Zimmer, damit ich nachts nicht von den Kindern geweckt werde. Das ist zwei Stockwerke unter den anderen Schlafzimmern. Und dieses Zimmer war tabu für meine Kinder. Sie konnten, als sie kleiner waren, bei meinem Mann im großen Bett schlafen, aber mein Zimmer war eine Art Sperrzone. Wenn sie krank waren, war das natürlich anders. Aber sonst hat das Michael immer gemacht.
Was bedeutet das für die Familie, wenn
man wenig bis gar nicht reden darf? · · · ·
liviya: Es war manchmal schon sehr dramatisch. Wenn meine Mutter gedacht hat, dass sie krank wird, aber in zwei Tagen eine Vorstellung hat, dann hat sie manchmal geweint. helene: Deine Stimme ist eben dein Kaptial. Eine Erkältung ist dann für dich, wie wenn jemand Krebs hat. Das ist ein harter Vergleich, aber im übertragenen Sinne kann man es so darstellen.
Wie hat man das als Kind wahrgenommen? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
liviya: Es war mir als Kind eigentlich immer ziemlich egal. Je älter man wird, desto mehr achte ich darauf, dass ich nicht schon auf seine Stimme oder wird da, krank werde. Aber im Kinderchor muss man auch nicht so viel wie jedes andere Kind es tut, auch rumsingen und schon gar nicht alleine. Also konnte man einfach geschrieen? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ein bisschen weniger singen, wenn man ein Kratzen im Hals hatte. Jetzt bin ich da wesentlich nervöser. Auch gerade mit der Ausbildung zur Logopädin. Jetzt beschäftige ich mich mehr mit meiner Stimme und analysiere warum ich heiser bin. Wenn man ein Kind ist und im Kinderchor singt, achtet man da auch
im gespräch mit… · helene schneiderman und liviya flamme · tochter eines opernstars
Rolle, die du gerne noch spielen würdest?
nur dazu da, den Betrieb funktionieren zu lassen. Einer muss sagen, ob die Ampel rot ist oder grün. Das ist die Hierarchie. Jeder darf stoppen und jeder darf fahren, je nach dem was die Ampel anzeigt. Ist die Ampel grün müssen alle fahren. Wenn einer nicht fährt, wenn es grün ist, kommt wieder die Hierarchie und sagt „Du musst jetzt fahren. Die anderen fahren auch.“ Ganz einfach also eine funktionale Sache. Es gibt immer Sturköpfe, die im Theater in diesen Bereichen unglaublich viel ihrer eigenen Enttäuschung gepaart mit der Eitelkeit, dass man Künstler ist, und der Angst einflechten. Das bewirkt ein ungutes Klima. Es ist sehr schwer ein gutes Betriebsklima unter den Künstlern aufrecht zu erhalten. Du musst alle persönlichen Enttäuschungen, als deine persönliche Enttäuschung sehen und diese nicht auf den ganzen Betrieb abfärben lassen. Die Probleme sind immer deine eigenen Probleme und man muss dann mit der jeweiligen Person, die das Problem verursacht hat, das Gespräch zu suchen. Man darf nicht das Gesamte dafür verantwortlich machen. Das ist immer so, aber im Theater ist es viel heftiger. Da wird jede Enttäuschung potenziert mit Faktor 10, da jeder mit seiner eigenen emotionalen Reserve arbeitet.
Und wenn doch jemand die Handbremse
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einlegt bei grüner Ampel? · · · · · · · · · · · ·
Bleiben wir bei deinen eigenen Emoti-
Auf der Bühne.
onen. Ein paar kurze aber knackige Fragen zum Schluss, rund um das Große Haus. Was ist dein Lieblingsort im Opernhaus? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · Aber als Dramaturg steht man ja eigentlich nicht auf der Bühne. · · · · · · · · ·
Doch. Auf der Hinterbühne. Das ist ein ruhiger Ort. Weil alle auf die Bühne achten. Und ich bin oft hinter die Bühne gegangen, ins Dunkle, während Aufführungen oder während
Proben, um nachzudenken. Was sagt man dir als Dramaturg nach?
Man sagt mir nach, dass ich energisch sei, emotional, manchmal ungeduldig, unberechenbar vielleicht.
Eigentlich eine Frage, die ich anders
Menschen. Am liebsten Menschen, mit denen ich gerne weiter zusammenarbeiten würde. Da gibt es bestimmte Sänger, bestimmte Mitarbeiter im Hintergrund, mit denen ich noch weiter gerne gearbeitet hätte.
stelle, aber du hast das Opernhaus schon verlassen. Welche drei Dinge hättest du gerne mitgenommen? · · · · ·
Da ist eine Geschichte aus Parsifal von Wagner, von Matthias Hölle, der eigentlich gar nicht singen wollte. Er ist ein alter Bayreuth-Sänger, der eine große Karriere hatte und noch in Stuttgart im Ensemble ist. Er war bereit die Rolle des Titurel zu singen und hatte dann tatsächlich einen gigantischen Auftritt. Er stand oben auf der Brücke und singt von dem Gral. Alle Sänger, der ganze Chor, einfach alle hörten ehrfürchtig zu, als er das erste Mal gesungen hat. Das war in dem Moment ein magischer Moment, wenn jemand mit einer solchen Vergangenheit auf der Bühne singt. Da er nur noch wenig auftrat, hatte man ihn schon fast vergessen und selbst andere große Sänger, wie Gronemann, kannten ihn nur vom Hörensagen und dann singt er leibhaftig. Das war ein großer Moment. Eine Verneigung von allen anderen Stars, vor diesem alten Recken, vor diesem großartigen Künstler, der aus der alten Schule kommt.
Deine Lieblingsgeschichte aus dem Opernhaus? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Wir sind am Ende. Vielen Dank für deine Zeit und deine Antworten. · · · · · ·
Vielen Dank.
zeitoper xi, the art of deleting im aer Club, Stuttgart
im gespräch mit… · xavier zuber · wenn die oper die bühne verlässt
IM GESPRÄCH MIT… BARBARA TACCHINI
im gespräch mit… barbara tacchini
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oper für die jugend von der jugend
↑ Barbara Tacchini studierte Germanistik, Musikwissenschaft und Nordistik an den Universitäten Basel und Freiburg i.Br. Von 1999 bis 2001 war sie als Mitarbeiterin im Theaterpädagogischen Zentrum Theaterplus am Theater Basel tätig und betreute außerdem als freie Dramaturgin verschiedene musikalische Uraufführungen. Im Schweizer Pavillon auf der Expo 2000 in Hannover arbeitete sie als Regisseurin und hatte die musikalische Betriebsleitung inne. Von 2001 bis 2006 war sie als Dramaturgin an der Staatsoper Hannover mit Schwerpunkt Konzert, Oper und Theaterpädagogik engagiert. Dort realisierte sie u.a. Konzepte und Regie diverser Konzerte und inszenierte die Zeitoper Notstrom im Heizkraftwerk Linden Hannover. Außerdem wirkte sie als Initiatorin von Kinder- und Jugendkompositionsworkshops. Seit der Spielzeit 2006/07 ist Barbara Tacchini Dramaturgin und Leiterin der Jungen Oper der Oper Stuttgart.
barbara tacchini und ich trafen uns am 11. januar in der kantine der staatstheater stuttgart. da es für mich mein debüt in der kantine war, half mir ein netter pförtner den weg zum essen zu finden. wie immer musste ich viele verwinkelte gänge nehmen, bis ich zu einer unscheinbaren türe gelangte, auf der kantine steht. die kantine ist modern eingerichtet, was auch damit zusammenhängt, dass erst vor kurzem ein neuer catering-service die kantine übernommen hat und es daher alles neu und modern wirkt. ich war als erstes da und wartete noch kurz auf barbara, die wohl den einfachereren weg genommen hatte und durch den kantineneigenen eingang kam. um 11 uhr kamen schon die ersten mitarbeiter der staatstheater um sich ihr wohlverdientes mitagessen zu gönnen. wir suchten uns im hinteren teil einen ruhigen platz.
Das war 2006, als ich das erste Mal die Oper Stuttgart besucht habe. Ich wusste damals, dass ich hier eine Stelle ab der nächsten Spielzeit haben werde und wollte mir deswegen im Vorfeld ein paar Stücke anschauen um abschätzen zu können, was hier in Stuttgart so läuft. Ich muss jedoch gestehen, dass Der Freischütz --> 1 , welches mein erstes Stück in Stuttgart war, mir nicht besonders gut gefallen hatte. Das zweite Stück Neither --> 2 von Morton Feldmann war da wesentlich besser. Es war eine Inszenierung mit dreidimensionalen Filmprojektionen und wunderbarer Musik.
Barbara, kannst du dich an deinen ersten Opernbesuch in Stuttgart erinnern?
Der Freischütz ist eine romantische Oper in drei Aufzügen von Carl Maria von Weber, die am 18. Juni 1821 in Berlin uraufgefürht wurde. --> 1
Neither ist eine Oper in einem Akt von Morton Feldman. In der Oper wird sehr viel mit Video-Lichtinstallation gearbeitet. --> 2
Ich mag den Zuschauerraum sehr, da er wieder im Originalzustand ist, wie es der Architekt geplant hatte. Die Kuppel mit dem Gemälde finde ich sehr schön und auch die Tatsache, dass es eine Königsloge gibt.
Was war dein Eindruck vom Opernhaus?
Ich bin in Basel aufgewachsen und mochte auch das Theater dort sehr. Damals habe ich im alten Theater mein erstes Stück deren Häusern auf dich? · · · · · · · · · · · · · gesehen und da war es dort noch sehr „plüschig“. Das Theater in Hannover ist von außen sehr imposant, da es alleine auf einem Platz steht und komplett für sich ist. Der Zuschauerraum ist dafür nicht ganz so schön. Das Interessante am Stuttgarter Haus ist, dass es im Park steht und dadurch etwas Königliches bekommt, was es früher auch hatte. Aber das mit Abstand imposanteste Opernhaus ist für mich in Budapest. Das ist ein richtig großes Haus, mit vielen Logen. Das ist bei mir alles nicht so gefühlsverbunden. Hinzu kommt, dass der Arbeitsplatz der Mitarbeiter der Jungen Oper nicht sich da etwas am Eindruck des Hauses? im Opernhaus oder im Verwaltungsgebäude ist. Wir haben ein eher minimalistisches Büro, das Richtung „freie Szene“ geht. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass die Junge Oper eine kleine Institution ist, die im Gegensatz zum großen Bruder ein sehr viel kleineres Budget hat. Wenn man als Mitarbeiter die andere
Seite des Hauses kennenlernt, ändert
Die Junge Oper ist eine Institution, die es seit 15 Jahren gibt, von Klaus Zehelein gegründet wurde und der Oper Stuttgart Kannst du das Konzept dahinter kurz unterstellt ist. Der Auftrag der Jungen Oper ist es, Kinder und vorstellen? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · Jugendliche für Oper zu begeistern, an die Oper heranzuführen und eben auch Oper für Kinder und Jugendliche zu produzieren. Von Anfang an war es so geplant, dass die Junge Oper ihr eigenes kleines Budget hat, um ganz bewusst mit jungen Künstlern zu arbeiten. Hierbei geht es um Halbprofis, aber auch Laien von der Straße, die Lust haben an einer Oper mitzuwirken. Du hast gerade mehrmals von der Jun-
gen Oper geredet, die du auch leitest.
Ja, auf jeden Fall. Für viele der heutigen Generation spielt Oper, Theater, Kunst, oder einfach Kultur keine Rolle mehr. Oper Kultur zu begeistern? · · · · · · · · · · · · · · · · · · bietet den Jugendlichen mehr, da es Konzert und Schauspiel verbindet. Es ist gerade für die Jugendlichen und Kinder ein anderer Umgang mit Zeit. Da gesungen wird, dauert das gesprochene Wort länger als normalerweise. Hinzu kommt die oftmals poetische Struktur in Opern. All das ist total gegenläufig zu dem, was Kinder heutzutage als Zeitgefühl vermittelt bekommt. Heute passiert alles Schlag auf Schlag, Kinder und Jugendliche wollen immer mehr, sind wissensbegierig. Die Medien, wie Fernsehen, Video und Computerspiele tuen den Rest, dass immer alles schneller geschehen muss und der Rhythmus der Schnelligkeit immer mehr zu Gewohnheit wird. Ebenso lernen Kinder in Computerspielen, dass man immer in Situationen eingreifen kann, beim Fernsehen kann man zappen, beim Video vorspulen. Die Oper ist das krasse Gegenteil von all dem. Ist es sehr schwer in der heutigen Zeit Kinder und Jugendliche für Oper und
Was unternimmst du dann konkret um Jugendliche für das Projekt zu begeistern? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Im Grunde genommen geht es immer um die Frage, wie kann ich das Feuer in den Kindern und Jugendlichen entfachen. Ein kleiner Teil geht da auch über Kooperationen mit Schulen, die sich das Stück dann zumindest mal anschauen. Daher überlege
im gespräch mit… · barbara tacchini · oper für die jugend von der jugend
Wie wirkt das Haus im Vergleich zu an-
ich mir zu Anfang immer sehr genau, was Kinder und Jugendliche interessieren könnte. Es soll nicht um Erwachsene mit Eheproblemen gehen, sondern um die Klärung der Frage „Wie soll ich leben?“. Nehmen wir als Beispiel das Stück Gegen die Wand --> 3, bei dem es um ein deutsch-türkisches Mädchen geht, das ihre Freiheit will. Das sind Themen die auch heutzutage aktuell sind und den Nerv der Jugendlichen treffen können. Zum anderen muss auch die Musik die Jugendlichen begeistern. Auch hier ist Gegen die Wand wieder ein ideales Beispiel. Durch die türkische Musik sind sehr viel Rhythmus und spannende Emotionen entstanden, die die Kids angesprochen hat und diese dann auf die Gefühle eingestiegen sind. Bei klassischen Stücken, wie von Mozart, würde es ihnen wesentlich schwerer fallen sich auf die kunstvolle musikalisch ausgeschmückten Emotionen einzulassen. Das kommt drauf an ob sie mitmachen oder die Oper nur besuchen. Das ist schon ein großer Unterschied. Wenn ein Jugendlicher kommt und an einem Workshop teilnimmt, dann geht es darum, seine Sinne zu aktivieren und dann zu schärfen, dass er die Kunst wahrnehmen kann. Nicht jeder lebt das von klein auf und weiß, wo die Unterschiede zwischen den Epochen sind. Viele der Jugendlichen stehen dann vor einer Art Rätsel, weil sie etwas verstehen sollen, aber sie wissen nicht was. Und das wollen wir in der Jungen Oper schulen. Das erreicht man in dem man, zum Beispiel Schlüsselszenen eines Stückes mit verschiedenen Musikstücken unterlegt und die Kinder und Jugendlichen darauf reagieren sollen und ein Gefühl dafür bekommen, wie man Emotionen unterschiedlich darstellen kann. Anschließend reflektiert man über das, was geschehen ist und schult so die Empfindungen und Sinne. Wenn man dann in andere Opern geht, hat man Anknüpfungspunkte und versteht besser, was auf der Bühne geschieht. Für die Produktion der Jungen Oper, in der ein Chor gecastet wird, der auch aus Laien besteht, werden dann um die 30 Jugendlichen genommen, die später auf der Bühne stehen. Oftmals kommen da dann auch schon diejenigen, die sowieso im Kopf haben später einen künstlerischen Beruf auszuüben. Ich behaupte mal, dass ein Viertel der Jugendlichen, die in der Jungen Oper singen, später an der Aufnahmeprüfung für die Hochschule für Gesang teilnehmen und später als Solisten wiederkommen. Manchmal trifft man auch Kids, die bei einem Workshop waren, so in der Oper wieder. Und die, würde ich sagen, gehören zu der Gruppe, die tatsächlich Blut geleckt haben und Oper als etwas ansehen, das zu ihrem Leben gehört.
Kommen Kinder und Jugendliche öfter,
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wenn sie einmal da waren? · · · · · · · · · · · ·
Das kommt schon vor, aber es sind relativ wenige, die man sonst in schwarzen Klamotten im Schloßgarten oder mit risch arbeiten wollen, gibt es dann auch tiefhängender Hose an der Bushaltestelle sieht. Vor jedem Jugendliche, die rein optisch so gar nicht Stück gibt es aber auch ein Casting, in dem uns die Jugendlizur Opernwelt passen? · · · · · · · · · · · · · · · · chen etwas vorsingen müssen. Je nach Stück gibt es unterschiedlich leichte und schwierige Gesangsstücke. Die Anforderungen sind da aber immer die gleichen. Bei Gegen die Wand muss man die sängerischen Anforderungen betrachten. Andere Theater, wie das in Bremen, haben für das Stück komplett mit Profis gearbeitet, die durch den Gesangsunterricht in die entsprechenden Tonlagen kommen. Das engt natürlich ein wenig den Kreis an Jugendlichen ein, die in Frage kommen und oftmals sind es dann eher die aus dem Bildungsbürgertum kommen und entsprechend die Zeit aufbringen um Gesang zu lernen. Jeder trifft hier verschiedene Entscheidungen in seinem Leben, aber man muss auch aus den Regeln ausbrechen und das Leben an sich ran lassen. Wenn du sagst, dass man bei manchen erkennt, dass sie später auch künstle-
Das beginnt meistens so ein dreiviertel Jahr vor der ersten Aufführung. Das ist aber immer ein wenig unterschiedlich, je mit den Jugendlichen das ganze Stück nach dem wie unsere Planung ist. Aktuell sind wir kurz vor noch einstudieren muss? · · · · · · · · · · · · · · einem Casting, das am 21. Januar stattfindet. Im März beginnen dann die Proben und im Juni ist Premiere. Da es in diesem Stück keine große Choreographie gibt, ist dass zeitlich aber vollkommen in Ordnung. Für andere Stücke sollte man ein halbes Jahr Arbeit mit dem Chor einplanen. Am Anfang trifft man sich an einem Abend die Woche in der man musikalische Proben und Schauspieltraining Wann beginnt so ein Casting für ein Stück, wenn man bedenkt, dass man
Gegen die Wand ist eine von Ludger Vollmer komponierte Oper, die dem Drehbuch des Films Gegen die Wand basiert. Die Oper wurde am 28. November 2008 am Theater Bremen uraufgeführt. --> 3
mit den Jugendlichen macht. Ungefähr sechs bis acht Wochen vor der Premiere kommt der Regisseur dazu und dann werden auch die Proben etwas intensiver gestaltet. In dieser Zeit gibt es drei Proben die Woche. Und meistens sind vor der Premiere Herbst- oder Pfingstferien in denen dann sehr intensiv geprobt wird. Wenn ein Mädchen oder ein Junge gecastet wurde, sie oder er ist aber sehr schüchtern. Wie geht man damit um? ·
Genau dafür gibt es dieses halbe Jahr, in dem man mit denen intensiv arbeitet und etwas bisher verborgenes hervorholt. Sie müssen das Verborgene spüren und zulassen.
Die Junge Oper plant da grundsätzlich etwas kurzfristiger als die Oper im Opernhaus. Da wir kein eigenes Ensemble was geplant werden muss. Wann behaben, können und müssen wir bei jedem Stück casten. Die ginnt hier für dich die Arbeit? · · · · · · · · · ersten Überlegungen mache ich mir ungefähr zwei Jahre vor der eigentlichen Aufführung. Ein Jahr vorher sollte der Regisseur feststehen und genau wie bei den Laien auch ein dreiviertel Jahr vorher werden die semiprofessionellen Sänger gecastet und die Verträge geschlossen. Abgesehen vom Chor, der aus Laien be-
Die Jugendlichen, ob im Chor oder Solisten, arbeiten genauso wie die Profis. Nur bei den Sängern in der normalen Oper ist der Zeitplan wesentlich anders gestrickt. Professionelle Sängerinnen und Sänger erhalten zwei bis drei Monate vor Probenbeginn die Noten und sollten diese bis zum Beginn auswendig können. Es gibt hier natürlich die Möglichkeit mit jemanden aus dem Opernhaus zu arbeiten, aber ein großes Stück ist das Eigenstudium, so dass der Regisseur mit den Sängern arbeiten kann. Aber hier gibt es genau wie bei der Jungen Oper Gesetze, die beachtet werden müssen. Ein Opernsänger muss seine Stimme auch schonen können. Ein Schauspieler könnte auch mit leichter Heiserkeit noch seine Rolle sprechen. Generell sind für Opernsänger zwei mal drei Stunden Probe pro Tag angesetzt. Dazwischen sollten dann vier Stunden Pause liegen und eine Nachtruhe von elf Stunden. Ähnlich ist es mit den Jugendlichen. Bis sie 15 Jahre alt sind, müssen sie vor Beginn der Proben ein Gesundheitszeugnis vom Arzt, eine Erlaubnis der Schule und der Erziehungsberechtigten bei uns abgeben. Auch hier gibt es Regelungen wie lange geprobt werden darf und nur bis spätestens 20 Uhr.
Wo ist der unterschied in der Probenzeit zu normalen Oper? · · · · · · · · · · · · · ·
Ich würde sagen, dass die Jugendlichen, mit denen wir arbeiten, schwieriger zu handhaben sind als angehende Profis, die oder angehenden Profis? · · · · · · · · · · · · · wissen was sie tun. Den Solisten geht es bei der Arbeit in der Jungen Oper auch nicht darum, ihre Starallüren zur Schau zu stellen, sondern an sich und an der Rolle zu arbeiten. Wer sich als Sternchen darstellt ist bei uns falsch aufgehoben. Es geht darum mit den Sängern, auch aus dem Chor, und dem Regisseur ein Zusammenspiel entstehen zu lassen. Es gibt nicht einfach eine Choreographie und die Jugendlichen müssen das dann so machen. Ein Sänger, der einen Vertrag hat, der weiß, dass er singen muss und er hat es sich auch so ausgesucht. Die Jugendlichen bei uns kommen und bekommen als Gegenleistung, dass sie auf der Bühne stehen dürfen, das Coaching, den Gesangs- und Schauspielunterricht und die Einblicke in die Opernwelt. Aber sie machen es trotzdem freiwillig. Mit wem ist es schwieriger zu arbei-
ten: mit „Jugendlichen von der Straße“
Das große Problem bei den gecasteten Jugendlichen ist die Disziplin, wirklich durchzuhalten und das Projekt zu Ende zu bringen. Logischerweise haben alle Jugendlichen noch andere Dinge im Kopf, aber wenn man sich dazu entscheidet hier mitzumachen, dann müssen sie sich dafür auch motivieren können. Es darf nicht jedes Mal passieren, dass jemand zu spät kommen oder am Samstag nicht kommen möchte. Zudem kommt, dass die Kids mit dem Kopf wesentlich mehr dabei sein müssen als beim Film beispielsweise. Im Film zu Gegen die Wand gibt es einen Schnitt und man ist vom Wohnzimmer auf die Straße gekommen. Die Situation ist jedem Zuschauer klar. Den gleichen Schnitt gibt es auch auf der Bühne, allerdings verändert sich rein optisch nichts. Die Jugendlichen müssen wirklich mitdenken, wir müssen unglaublich viel vermitteln
Wo ist dann die Schwierigkeit? · · · · · · · ·
im gespräch mit… · barbara tacchini · oper für die jugend von der jugend
steht, gibt es ja noch vieles weiteres,
und dann kommt es immer vor, dass eine Gruppe hinten auf der Bühne lieber redet, die Konzentration bei einigen nachlässt. Dann muss man auch mal ein wenig strenger sein und ein Machtwort sprechen. Das ist wie im Sportverein auch. Naja, manchmal muss man schimpfen. Das geht nicht anders. Gerade in unser heutigen Gesellschaft ist das ein Problem bei vielen, da ganz viele Dinge die man macht, keine Konsequenzen haben. Und daher erlauben sich die Jugendlichen manchmal zu viel, da sie meinen sie sind die stärkeren. Da darf man dann nicht nachlassen und ihnen ihre Grenzen zeigen. Sollte jemand noch zwei Mal unentschuldigt fehlen ist derjenige raus.
Was machst du als „Trainer“ in einer solchen Situation? · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Das kommt in jeder Produktion vor. Aber es ist meistens wirklich nur ein Einzelner. Der Rest benimmt sich besser oder wird durch das Aufzeigen der Grenzen ein wenig eingeschüchtert.
Gab es so einen Fall schon mal? · · · · · · ·
Das kommt drauf an, in welchem Stadium man sich befindet. Man muss von vornherein genügend Jugendliche casten. Man befindet sich da in einem Gruppenprozess, in dem stetig weitergearbeitet wird. Es kann immer vorkommen, dass jemand auf Grund der Schulnoten nicht mehr weitermachen kann. Man verliert immer ein paar von ihnen.
Wenn jemand gehen muss, wird dann 226 / 227
Ersatz für ihn gesucht? · · · · · · · · · · · · · · ·
Ich habe schon immer beides gemacht. Wobei sich der Schwerpunkt auf die Jugend verlagert hat. Trotzdem finde ich es Jugendlichen als mit gestandenen wichtig auch weiterhin mit Erwachsenen zu arbeiten. Die Opernsängern? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · Arbeit in der Jungen Oper ist aber etwas anders. Man kann Dinge machen, die den Jugendlichen aber auch einem selber gefallen. Zudem finde ich die Unhöflichkeit der Kinder und Jugendlichen sehr toll. Du hast dich dazu entschieden, die Jun-
ge Oper zu leiten. Arbeitest du lieber mit
Wenn man in einer normalen Oper ist und die Inszenierung nicht besonders gut war, klatscht man am Ende trotzdem und wenn man sagen muss wie einem das Stück gefallen hat, dann war es ganz nett oder in Ordnung. Bei Kindern und Jugendlichen ist das anders. Wenn etwas bei der Vorstellung nicht funktioniert oder es langweilig ist, dann reden die Zuschauer, rufen etwas rein oder gehen einfach raus. Auch wenn etwas total besonderes passiert oder etwas ganz Tolles auf der Bühne zu sehen ist wird es lauter im Publikum. Das ist ein Statement. Die äußern ihre Begeisterung oder Enttäuschung und das, finde ich, ist eine Vorraussetzung für Theater.
Was ist an Unhöflichkeit toll? · · · · · · · · ·
Ganz genau. Erst dadurch kann man erfahren was Jugendliche beobachten, was sie denken. Mich interessiert diese Kindernehmen. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · sicht total. Sie ist etwas naiv. Diese Denkweise, dass eine neue Stadt erst einmal hässlich ist, aber nach einem halben Jahr schon ganz okay geworden ist. Und das fasziniert mich, dass Kinder an noch nichts gewöhnt sind. Die können total staunen oder etwas ablehnen. In dem Stück Smiling Doors --> 4 haben Kinder und Jugendliche auch die Produktion übernommen. Die Aussage des Stückes war eben gerade, dass wir uns an nicht alles gewöhnen sollen. Es gibt ja das Sprichwort „Zeit heilt alle Wunden“ und danach kommt eine Gleichgültigkeit auf. Ein wenig später ist dann alles wieder in Ordnung. Aber mann muss tiefer gehen. Das sind alles Dinge, die auch auf Erwachsene übertragbar sind und dort für die Auslösung sehr schwerwiegender Prozesse verantwortlich sein können. Deswegen finde ich die Arbeit mit Jugendlichen so toll. Gerade durch die Kommunikation sieht man bei Jugendlichen wie sie etwas auf-
Welches sind deine Lieblingsstücke, die du mit auf die Bühne gebracht hast? · · · Gibt es eine Thematik oder ein Stück, das du noch inszenieren möchtest? · · · ·
Das waren bis jetzt Der unsichtbare Vater --> 5, das ich selber mitentwickelt habe und Gegen die Wand. Ja, da gibt es ein paar Stücke. Aber über die darf ich dir nichts erzählen, da diese in der nächsten Spielzeit auf die Bühne kommen.
Smiling doors ist ein Projekt mit an Krebs erkrankten und gesunden Jugendlichen. Bei dem Stück arbeiten die Kinder und Jugendlichen an der Idee und dem Text der Oper mit. Es wurde am 16. Dezember 2011 uraufgeführt. --> 4
Der unsichtbare Vater ist eine Mitmach-Oper für Kinder. Es gibt keinen Zuschauerraum, sondern die Kinder nehmen aktiv am Geschehen der Oper teil, wobei die drei Gruppen nicht wissen, was und wann die anderen Gruppen einsetzen. --> 5
Noch ein paar Fragen, die nur dich betreffen. Wo ist dein Lieblingsort im
Hinter der Bühne, da es dort einen ganz speziellen Geruch hat, der in allen Theaterhäusern ähnlich ist.
Opernhaus? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Da gibt es eine Geschichte, die in einer Vorstellung von Pinocchios Abenteuer --> 7. Da hatte sich etwas in einer Kulisse nen sollte? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · verhakt und wir mussten die Vorstellung dann unterbrechen. Es war aber eine sehr witzige Situation, da man innerhalb kürzester Zeit mit dem Bühnenmeister, dem Inspizienten und dem Abenddienst Kontakt aufnehmen muss, wie man weiter verfahren soll. Da die Sänger so etwas oftmals nicht merken, blieb uns keine andere Wahl als den Vorhang runter zu lassen. Ich ging dann vor den Vorhang und auch erst dann hat das Orchester die Situation verstanden und hat aufgehört zu spielen. Nach zehn Minuten ging es dann weiter. Witzig war die Geschichte deshalb, weil viele im Publikum dachten, dass es zur Vorstellung gehört. Hast du eine Lieblingsgeschichte aus Stuttgart, die im Opernhaus jeder ken-
nach? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · Wenn du einen Tag mit einer Opernpersönlichkeit tauschen könntest, wer würdest du sein wollen? · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Meine Regisseure sagen mir nach, dass ich einen sehr genauen Blick habe, den sie sehr schätzen, der aber auch nerven kann. Ich würde einen Tag mit Jonas Kaufmann tauschen. Zum einen würde ich gerne wissen, wie es ist ein Mann zu sein, zum anderen würde ich gerne einen Tag so eine wahnsinnig geniale Stimme haben.
Vielen Dank für das spannende Gespräch und den Einblick in deine Arbeit. · · · · · · ·
Projektarbeit an dem Stück Gegen die Wand
Projektarbeit
im gespräch mit… · barbara tacchini · oper für die jugend von der jugend
Was sagt man dir als Dramaturgin
Pinocchios Abenteuer ist eine Familienoper in zwei Akten von Jonathan Dove, die am 27. Januar 2010 in Stuttgart Premiere hatte. --> 6
IM GESPRÄCH MIT… TAMAS DETRICH
im gespräch mit… tamas detrich
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35 jahre im dienste des stuttgarter balletts
Tamas Detrich ist Amerikaner ungarischer Herkunft und wurde in New York geboren. Er erhielt seinen ersten Ballettunterricht zunächst an der National Academy of Ballet and Theater Arts, später unter David Howard am Harkness House of Ballet in New York und schließlich an der John Cranko Schule in Stuttgart, wo er 1977 seinen Abschluss machte. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied des Stuttgarter Balletts, wo seine technischen und darstellerischen Fähigkeiten schnell Beachtung fanden: Im Jahr 1980 wurde er zum Solisten befördert, ein Jahr später zum Ersten Solisten. In den 25 Jahren beim Stuttgarter Ballett tanzte er alle Hauptrollen in John Crankos Balletten und begeisterte die Zuschauer weltweit mit seinen Darstellungen. Zu Beginn der Spielzeit 2001/02 wurde er, zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Tänzer, Ballettmeister beim Stuttgarter Ballett. Am Ende der Spielzeit verabschiedete sich Tamas Detrich von der Bühne; ab der Spielzeit 2002/03 wirkte er ausschließlich als Ballettmeister. Im Jahr 2004 ernannte Ballettintendant Reid Anderson ihn außerdem zum Stellvertretenden Künstlerischen Leiter des Stuttgarter Balletts. Die Ernennung zum Stellvertretenden Ballettintendanten folgte im Jahr 2009.
am freitag den 30. märz war ich mit tamas detrich um 17 uhr im opernhaus verabredet. pünktlich um 16:55 betrat ich das haus durch den künstlereingang. der pförtner grüsste nett und ich ging den bekannten weg zu den büros des stuttgarter balletts. durch den eingang rein, nach links bis zum treppenhaus. die treppe ganz hochgehen, durch die tür, wieder links und am ende des ganges noch einmal links. da es noch nicht 17 uhr war vertrieb ich mir die zeit am schawrzen brett und unzähligen artikeln über die compagnie in verschiedensten tageszeitungen. um 17:03 uhr kam tamas aus dem ballettsaal und ging ganz in gedanken an mir vorbei in das zimmer, in dem wir uns treffen wollten. kurzes händeschütteln dann direkt weiter zum eigentlichen thema:
Für mich war es weniger ein kaltes Haus. Es war für mich ein Opernhaus, es sieht auch aus wie ein Opernhaus. Ich liest erfährt man, dass du schon sehr lange bin aus New York nach Stuttgart gekommen und natürlich am Stuttgarter Ballett bist. Du bist seit 1977 sind dort alle Theater riesengroß, viel größer als in Stuttgart, in der Compagnie. Du hast damals das aber sie sind auch alle relativ neu und nicht 100 Jahre alt. Opernhaus in einem Zustand kennengeIch war sehr beeindruckt von der äußeren Gestalt des Hauses. lernt, den viele als kalt und trist beschrieVom Zuschauerraum habe ich nicht so viel gesehen, da ich ben haben. Wie ist dir das Opernhaus als meistens hinter oder auf der Bühne war und man von dort junger Tänzer damals vorgekommen? · · · · aus nicht gut in den Zuschauerraum blicken kann, wegen den Scheinwerfern. Aber ich weiß natürlich wie es aussah und dass der ganze Schnörkel, den der Architekt geplant hatte, abgedeckt wurde. Hallo Tamas, danke, dass du für mich Zeit hast. Wenn man sich deine Biografie durch-
Als das Große Haus 1983 umgebaut wurde und in der Spielzeit 84/85 wieder öffnete, dachte ich mir nur „wow, so sah hast? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · das hier früher aus, wer kann so etwas abdecken“. Ich habe dann erst im Nachhinein gemerkt, wie viel schöner und eindrucksvoller es sein kann, beziehungsweise ist. Es war vor dem Umbau ein schönes Theater mit See davor. Aber nach dem Umbau war es ein fantastisches Theater mit See. Was hast du gedacht, als du das Opern-
Ja absolut. Gleich nachdem ich gesehen habe, was da eigentlich an Substanz da war. Wie konnte man so etwas nur diesen kühlen, trübseligen Zustand geabdecken? Ich war immer beeindruckt von diesem Haus. bracht hat? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · Ich habe es natürlich nie wie ein Architekt anschauen können, aber als Künstler. Und als Künstler nimmt man in dem Haus so viel Wärme war, durch das Publikum, den vollen Zuschauerraum, geglückte Aufführungen, es war immer eine ganz besondere Atmosphäre. Und wenn man dann den neuen – besser gesagt den ursprünglichen – Zustand des Hauses kennenlernt, bleibt immer die Frage offen, wie man diesen ersten Umbau machen konnte. Also war auch bei dir die Frage aufgekom-
men, warum man 1956 das Opernhaus in
Es war in erster Linie für mich ein Job. 1975 war die Stuttgarter Compagnie in New York. Sie haben am Metropolitan war für dich der Beweggrund aus dem groTheatre getanzt. Jeden Abend war das Haus mit 4000 Plätzen ßen New York, in dem es viele Theaterhäuausverkauft. Und ich war Student an einer Ballettschule in ser gibt, in das kleine Stuttgart zu kommen? New York und war als Statist auf der Bühne und habe mitgewirkt. Und als ich Romeo und Julia --> 1 und Onegin --> 2 gesehen habe dachte ich mir, dass das unglaublich ist, was die da machen. Ich beschloss ganz spontan vorzutanzen und drei Wochen später war ich in Stuttgart. Ich habe zuerst geplant ein Jahr zu bleiben, etwas Neues erleben, mich mehr auf Tanz zu fokussieren. Und dann bin ich geblieben – bis heute. Du bist aus New York nach Stuttgart ge-
kommen, wie du gerade erwähnt hast. Was
Doch, sicherlich. Als New Yorker denkt man New York ist das Zentrum der Welt, auch das Tanzzentrum der Welt. Es rückzugehen und Stuttgart den Rücken gab mal Stimmen in meinem Kopf, die sagten, ich soll zuzudrehen? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · zurückgehen. Ich hatte auch die Möglichkeiten gehabt dies zu tun, aber mir ging es hier in Stuttgart immer zu gut. Mit 21 Jahren habe ich Romeo getanzt, anschließend alle weiteren großen Solorollen. Wir waren sechs Wochen in Südamerika, in Japan, in Israel, in den USA auf Tourneen und ich habe auch so viel gesehen und in der Welt getanzt. Ich hatte nie den Plan Stuttgart zu verlassen. Ich dachte, irgendwann vielleicht mal, aber es war hier auch einfacher. Dann gab es für dich nie einen Grund zu
beschließen wieder nach New York zu-
In Amerika war es in den 80er Jahren so, dass man eine Saison von vielleicht 25 bis 30 Wochen hatte. Und die restliche Zeit war frei. Wenn du in dieser Zeit nicht gut warst, konntest du irgendwo als Kellner arbeiten oder warst arbeitslos. Als Solist hätte man vielleicht noch eine Chance gehabt, in einer anderen Compagnie als Gast zu tanzen. Aber ich war immer sehr glücklich und zufrieden in Stuttgart und deswegen bin ich geblieben.
Inwiefern war es als Tänzer in Stuttgart einfacher? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Romeo und Julia ist ein Ballett in drei Akten nach William Shakespeare, von John Cranko. Die Musik stammt von Sergej Prokofiev, der die Musik 1935 schrieb. Uraufgeführt wurde das Ballett, in der Stuttgarter Version, am 2. Dezember 1962. --> 1
Onegin ist ein Ballett in drei Akten und sechs Szenen von John Cranko. Von ihm stammt nicht nur die Choreografie, sondern auch das Libretto. Die Uraufführung der ersten Fassung war am 13. April 1965 am Stuttgarter Ballett. --> 2
im gespräch mit… · tamas detrich · 35 jahre im dienste des stuttgarter balletts
haus im umgebauten Zustand gesehen
Angefangen zu tanzen habe ich mit zehn. Meine Schwester hatte an einer Schule für Musik, Drama und Tanz War es schon damals dein Traum Tänzer vorgetanzt und die Verantwortlichen haben meine Mutter zu werden, oder bist du in diese Rolle gleich gefragt, ob sie auch einen Sohn hätte. Sie würden mir mehr so reingerutscht? · · · · · · · · · · · · · · · · ein Stipendium geben, ohne mich vorher gesehen zu haben. Zu der Zeit hatten sie sehr wenige Jungen die getanzt haben und auf die Schule gegangen sind. Es wurden auch normale Fächer unterrichtet, was bedeutet, man hätte später auch etwas Anderes machen können. Aber der Fokus lag natürlich auf Tanz. Und da ich ein paar Jungen kannte, die auf die Schule gingen, dachte ich mir „why not?!“ und dann habe ich angefangen zu tanzen. Wir sind dann nach Manhattan umgezogen und mein ganzen Leben hat sich geändert. Gehen wir einen Schritt weiter zurück und
reden über den kleinen Jungen Tamas.
Mit 14 oder so, mitten in der Pubertät, wollte ich mehr Baseball spielen. Es war schwer als Teenager und man macht etwas Anderes machen möchtest? · · · · · · · sich oft Gedanken, ob man wirklich tanzen will. Meine Mutter sagte, ich soll noch bis zum Sommer weitermachen und mich dann entscheiden was ich möchte. Und im Sommer gab es dann Sommerkurse mit sehr bekannten und guten Tänzern aus den USA, die extra für die Kurse nach New York gekommen sind. Das war sehr spannend und da habe ich dann die Entscheidung getroffen, was ich in meinem Leben machen will. Hattest du während deiner gesamten
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Ausbildung nie das Gefühl, dass du lieber
Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern, dass ich einen Traum hatte. Es ist dann eben so gekommen und da bin ich auch sehr glücklich drüber. Ich habe mit meiner Frau zwei Jungs, die sind inzwischen 19, fertig mit dem Abitur. Einer studiert nun. Aber diesen Mittelpunkt, wie ich ihn mit zehn Jahren hatte, haben sie nicht. Sie haben ihn nicht im Ballett aber im Sport und das ist auch wichtig. Ich glaube jeder Mensch braucht seinen Fokus. Man muss Fehler machen dürfen um zu merken, was für einen das Richtige ist und was nicht. Letztendlich muss man aber diesen Mittelpunkt finden. Denn Zeit zu verschwenden ist genauso schlimm wie keinen Fokus zu haben. Bei mir war es allerdings – glaube ich – außergewöhnlicher mit so jungen Jahren so konzentriert an einer Sache zu bleiben. Aber ich habe immer das Licht gesehen und das war der Tanz auf der Bühne.
Hattest du davor als Kind dann keinen
Traum, was du später werden wolltest? · ·
Nein. Meine Frau war auch Erste Solistin. Als sie Kleinkinder waren, dachte jeder wenn Mama und Papa tanzen, dann werden sie auch tanzen. Ich dachte mir, dass ich auch erst mit zehn angefangen habe zu tanzen und dass das auch gereicht hat. Hätten sie wirklich Interesse gehabt, kein Problem, super toll. Aber ich weiß auch wie schwer das ist und man muss das wirklich von sich aus wollen. Sie hatten oft genug die Gelegenheit, haben uns auch oft auf der Bühne gesehen, was sie toll fanden. Aber sie haben dann mit Fußball angefangen.
Dann wollten deine Frau und du auch den Fokus eurer Kinder nicht auf Ballett legen?
Oh Gott, als junger Tänzer war es sicherlich Romeo. Das war auch meine erste große Rolle. Es war ein Traum diese Hauptrolle getanzt, die man tanzen kann. Rolle zu tanzen. Ich habe damals Richard Cragun und Wenn du an die Zeit als Tänzer zurückMarcia Haydée in New York gesehen und es war eine Sendenkst, was war damals deine Lieblingssation. Erstmal die Choreografie, dann die Produktion an rolle? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · sich und als leidenschaftlicher Junge – das war fantastisch für mich. Aber auch ich habe mich geändert, bin reifer geworden. Onegin war das letzte Stück, das ich getanzt habe, daher ist es auch eine Art Lieblingsrolle. Es gab in der Richtung einfach zu viele tolle Rollen und Ballette. Auch die Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Choreografen war klasse. Jiří Kylián --> 3 hat für mich choreografiert. Das war noch mal spannender und aufregender als andere Produktionen. Diese Kombination aus Klassikern und Neukreationen hat es hier in Stuttgart ausgemacht, warum es so toll ist und ich mich nie von Stuttgart trennen konnte. Wie du gerade erzählt hast, hast du hier am Stuttgarter Ballett so ziemlich jede
Jiří Kylián ist ein 1947 in Prag geborener Balletttänzer und Choreograf. Nach der Ausbildung an der Royal Ballet School in London war er Tänzer am Stuttgarter Ballett und wurde durch den Zuspruch John Crankos selbst choreografisch tätig. --> 3
·
Ich glaube, ich muss da auch mit meinem Herz sprechen, wenn ich sage, dass Onegin mein Lieblingsstück ist. Das ist ters hier am Stuttgarter Ballett übernomsehr tief in mir drin. Das Erlebnis auf der Bühne die Rolle men hast, in der du immer noch tätig bist, zu tanzen ist mir sehr nahe. Sonst spreche ich eigentlich hat sich da etwas an deinem Lieblingsnicht über meine Lieblingsstücke. Jedes Stück, wenn wir es stück geändert? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · neu einstudieren, ist das wo ich bin und was ich mache. Und darauf liegt meine volle Konzentration. Egal, ob es hier in Stuttgart ist oder an einer anderen Compagnie. Und es ist auch etwas ganz arg Schönes, einen Teil von dem weiterzugeben, was ich getanzt habe. Und das ist für mich der Punkt, warum ich immer noch so großen Spaß daran habe. Auch die Entwicklung von jungen, neuen, talentierten Tänzern zu verfolgen macht sehr viel Spaß. Als du später nicht mehr als Tänzer aktiv
warst, sondern die Rolle des Ballettmeis-
Ich arbeite meistens mit den Solisten. Wenn wir beispielsweise Schwanensee nehmen, dann gibt es normalerweise ren? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · einen Ballettmeister, der mit der Gruppe in einem Ballettsaal arbeitet und einen weiterer Ballettmeister, der in einem anderen Ballettsaal parallel mit den Solisten anfängt zu arbeiten. Und später kommt man wieder zusammen und stimmt es zusammen ab. Ich habe da aber auch einen Überblick über alles und kann, wenn es sein muss, auch die Gruppe betreuen. Es ist unterschiedlich. Aber meistens fokussiere ich mich mehr auf die Solorollen im Stück, da ich diese getanzt habe und ich die Informationen sehr oft direkt vom Choreografen oder aus erster Hand habe – eben von Marcia Haydée, Richard Cragun oder Reid Anderson, die wiederum mit John Cranko gearbeitet haben. Wie ist die Arbeit mit der Compagnie,
im gespräch mit… · tamas detrich · 35 jahre im dienste des stuttgarter balletts
wenn man beginnt ein Stück einzustudie-
Der Choreograf überlegt sich was getanzt wird, welche Schritte aufeinander folgen. Es ist immer sehr spannend mit Choreografen zusammenzuarbeiten. Oftmals sind sie aber auch offen für meine Ideen, da ich viel Erfahrung habe. Und meine Arbeit, also die des Ballettmeisters, ist das zu lernen, was sich der Choreograf überlegt hat und dies wiederum auf Video festzuhalten, so dass man am nächsten Tag daran anschließen kann. Heute ist es durch die Videokamera sehr viel einfacher geworden, da man nicht mehr alles im Nachhinein aufschreiben muss. Als Ballettmeister muss man aber auch darauf achten, dass die Tänzer die Schritte richtig machen und alle auf der Linie stehen, besonders wenn das Stück in der darauffolgenden Spielzeit wieder aufgenommen werden soll und der Choreograf nicht mehr da ist. Auch hier ist das Video sehr hilfreich.
Wo unterscheidet sich die Arbeit des Choreografen von der eines Ballettmeisters? ·
Also ist der Choreograf der Cheftrainer und die Ballettmeister gehören zu seinem Trainerstab? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Nein, es ist mehr so, dass der Choreograf ein Komponist ist. Er schreibt ein Stück, er hat die Musik im Kopf und schreibt seine Ideen dazu auf. Und jemand anderes – also die Ballettmeister – werden das Stück später dirigieren.
Nehmen wir ein aktuelles Beispiel. Das Fräulein von S. --> 4 , Stück zwar schreibt, aber mit den Tänzern das Christian Spuck choreografiert hat. Natürlich war er auch direkt nicht arbeitet? · · · · · · · · · · · · · · · · · · im Ballettsaal dabei und hat sich das Training angeschaut. Es waren immer zwei Ballettmeister dabei, die Christians Ideen mit der Compagnie umgesetzt haben. Und solange das Stück nicht fertig ist, muss ein Choreograf natürlich auch weiterarbeiten und das Stück fertig choreografieren. Ein Ballettmeister studiert dann das schon Bekannte weiter ein, was in der letzten Woche entstanden ist. Das bedeutet, dass der Choreograf das
Das kann in jeder Compagnie passieren. Egal ob hier in Stuttgart, an einem anderen Ballett in Deutschland, in den sam vorankommt? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · USA oder sonst irgendwo. Jeder Tänzer ist ein eigener Charakter, das ist ja auch so etwas Schönes an meiner Arbeit. Es gibt immer Unterschiede in der Körpergröße, in der Technik. Ein Tänzer ist vielleicht stärker in der Technik, aber nicht so ausdrucksvoll. Das ist dann meine Arbeit, aus den Tänzern alles heraus zu kitzeln bis die gewollte Leistung erbracht wird. Was passiert wenn eine Gruppe lange probt und trainiert, aber nur sehr lang-
Das Fräulein von S. ist ein 2012 uraufgeführtes Ballett des damaligen Stuttgarter Hauschoreographen Stuttgarts Hauschoreografen Christian Spuck nach der Novelle „Das Fräulein von Scuderi“ von E.T.A. Hoffmann. --> 4
Dann muss ich den Tänzer nach dem Training zur Seite nehmen und mit ihm reden, dass er falsch besetzt wurde. schlichtweg nicht tanzen kann? · · · · · · · · · Wir haben gedacht, das er der Richtige für die Rolle ist, das er die Rolle tanzen kann. In der Probe hat sich dann aber herausgestellt, dass es leider nicht funktioniert. Da macht man sich natürlich auch seine Gedanken. War es die Schuld des Choreografen oder des Ballettmeisters, die den Tänzer für die Rolle wollten oder es liegt am Tänzer selbst. Es ist ein Prozess, deswegen steht auf dem Besetzungszettel auch immer „Änderungen vorbehalten“. Es kann immer vorkommen, dass jemand krank ist oder ein Choreograf seine Meinung ändert. So etwas passiert nicht oft, aber man muss damit leben. Wenn es vorkommt, sind es meistens die jüngeren Tänzer. Alle hier sind natürlich talentiert, aber die Rolle ist vielleicht für sie noch nicht die Richtige. Ein oder zwei Jahre später ist dann die Zeit gekommen, dass auch sie die Rolle tanzen können. Und wenn die Leistung von einem Tänzer nicht erbracht werden kann, er die Rolle
Das ist einfach für mich zu beantworten. In den Ballettsälen. Das ist mein Leben, nicht meine Arbeit. Generell muss ich Jahre am Stuttgarter Ballett. Wo fühlst du aber sagen, dass ein Opernhaus ein toller Ort ist. Schon dich nach all der Zeit am wohlsten an den wenn man reinkommt, hört man in einem Proberaum Staatstheatern Stuttgart? · · · · · · · · · · · · · · einen Sänger oder einen Geiger proben. In den Garderoben war ich früher auch gerne. Es ist das Gesamtpaket Opernhaus. Wenn ich hier hereinkomme, ist es wie wenn man in einem anderen Leben ist. Ich kann den ganzen Frust, der in der Welt herrscht, vergessen und mich auf das konzentrieren, was ich gerne mache. It’s being in an opera house, that for me, you know, is like feeling at home. Es ist egal wo. Hier in Stuttgart bin ich schon sehr lange, aber auch in anderen Häusern ist das Gefühl das gleiche, es ist dann Teil meines Lebens. Du hast 1977 deinen Abschluss an der John
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Cranko Schule gemacht. Das sind nun 35
Marcia Haydée. Auf jeden Fall. Sie hat mich hier 1977 aufgenommen, als ich mit 16 aus der John Cranko Schule deinen Jahren hier doch sicherlich auch kam. Ich habe mich gefühlt wie ihr kleiner Sohn. Sie steht viele Menschen begegnet. Welche Person mir und meiner Familie auch heute noch sehr nahe. liegt dir davon besonders am Herzen? · · · · Richard Cragun war auch eine bedeutende Person. Jetzt ist es sicherlich Reid Anderson, weil er mich zu dem geformt hat, was ich jetzt bin. Früher waren Reid und ich – beide Erste Solisten in der Compagnie – in der gleichen Garderobe. Er war mein Kumpel. Wir wurden zusammen geschminkt, haben uns gemeinsam umgezogen. Wir waren viel zusammen. Dann ging Reid weg vom Stuttgarter Ballett und ist dann später als mein Direktor wiedergekommen. Es war zwischen uns immer eine besondere Beziehung und der Kontakt ist zwischen uns nie abgebrochen. Wenn für dich das Gesamtpaket Opern-
haus schon so viel hergibt, dann sind dir in
Das wäre aber ein trauriger Tag. Aber ich würde eine offene Tür mitnehmen, dass ich immer wieder zurückkommen Dinge würdest du mitnehmen? · · · · · · · · · · kann und mir Vorstellungen anschauen kann. Dann nehme ich auf jeden Fall alles mit, was ich hier gelernt habe. Ich kann darüber sicherlich ein Buch schreiben. Und die Freundschaften zu allen, zu den Opernleuten, zu den Ballettleuten, zu den Mitarbeitern, die würde ich auch mitnehmen. Nehmen wir an, heute wäre dein letzter Tag am Stuttgarter Ballett. Welche drei
Also willst du nichts Materielles mitnehmen? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Nein. Materielles ist materiell und ersetzbar. Aber alles andere ist etwas, was tief in meinem Herzen sitzt.
Früher gab es noch Opernbälle. Da war einmal Plácido Domingo hier in Stuttgart. Er war der Star-Gast und alle Welches ist deine Lieblingsgeschichte? · · · Tänzerinnen haben für ihn geschwärmt. Er sang an dem Abend Das Nachtlager in Granada --> 5 und es war ein ganz wunderbarer Abend. Opernbälle waren eigentlich immer sehr cool. Gerade für einen Tänzer wie mich, der aus dem Westen gekommen ist und in so einem großartigen Opernhaus tanzt. Bis fünf Uhr morgens haben wir gefeiert und getanzt. Und nach dem Opernball durften wir den Blumenschmuck mit nach Hause nehmen. Wir waren junge Tänzer, mit nicht viel Geld und da waren so toll dekorierte Blumensträuße etwas ganz Tolles. Das waren schöne Abende. Wenn man so lange an einem Haus ist, kennt man sicherlich ein paar Geschichten.
Das Nachtlager in Granada ist eine romantische Oper in zwei Akten von Conradin Kreutzer. Die Handlung basiert auf einer Sage, nach der der spätere Kaiser Maximilian II. einmal bei einer Jagd in einer Hütte bei Granada übernachtet habe, wo er ermordet werden sollte, jedoch gerettet wurde. --> 5
Das war in der kompletten Anfangszeit von mir. Also in den 70er und 80ern. Unter Walter Erich Schäfer und Stuttgart nicht mehr. · · · · · · · · · · · · · · · · · · · Hans-Peter Doll. Später dann auch unter Wolfgang Gönnenwein, als er Intendant war. Er hatte auch Domingo nach Stuttgart geholt. Einmal gab es auch einen Opernball unter Reid Anderson. Ich weiß leider nicht mehr was der Anlass war. Aber es ist eine sehr aufwendige Sache, so ein Opernball. Man muss das Theater für ein paar Tage schließen, die komplette Bestuhlung im Parkett entfernen und zu einer ebenen Fläche umbauen. Das ist ein riesiges Ding und teuer ist es auch. Wann gab es in Stuttgart Opernbälle?
Heutzutage gibt es sie zumindest hier in
Wir haben es geschafft. Willst du nun noch irgendetwas loswerden, was ich vergessen habe zu fragen? · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Habe einen Fokus, ein Ziel, in deinem Leben und wenn du ihn hast, dann gib nicht auf. Es ist manchmal hart, aber es ist das schönste etwas zu machen, was man liebt, an das man glauben kann. Alles andere wird auch so funktionieren. In diesem Sinne danke ich dir und viel Spaß bei deinem Projekt.
im gespräch mit… · tamas detrich · 35 jahre im dienste des stuttgarter balletts
Vielen Dank für deine Antworten Tamas.
Annie Mayet und Tamas Detrich in Dörnröschen Foto: Hannes Kilian
IM GESPRÄCH MIT… MICHAEL BAYER
im gespräch mit… michael bayer
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ein unmusikalischer opernliebhaber
↑ Michael Bayer wurde 1964 geboren – 82 Jahre nach der Uraufführung des Parsifal. Erste musikalische Frühprägung in situ während der Schwangerschaft, erster Opernbesuch mit 6 Jahren in Hänsel & Gretel. Später massive Ausweitung des musikalischen Spektrums. Seine favorisierte Komponisten sind: Wagner, Bruckner, Bach, Pärt, Lennon/McCartney, Robert Smith sowie Lemmy Kilmister. Michael Bayer verdient seinen Lebensunterhalt als Diplomkaufmann.
ich muss hier einfach betonen, dass michael bayer ein grosses stück dazu beigetragen hat, dass ich mir genau dieses thema für mein buch aussuchte. im gleichen zug wurde er als gesprächs-kandidat auf die liste der auserwählten geschrieben. am 13. mai trafen wir uns auf sechs doppelte espresso (pro person) und natürlich ein – wie im vorhinein vermtutet – ausserordentlich interessantes und amüsantes gespräch. weshalb michael bayer ein kenner der oper und des opernhauses in stuttgart ist, wird auf den nächsten seiten deutlich werden.
Zeitlich kann ich das nicht ganz genau sagen, aber es ist knapp 30 Jahre her, dass ich in Stuttgart meine erste Oper gesehen stellung erinnern, die du im Opernhaus habe. Grund hierfür war ein Familientreffen und da mein Onkel gesehen hast? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · damals schon an der Oper Stuttgart beschäftigt war und wir generell eine musikbegeisterte Familie sind, bot es sich an das Treffen mit einem Opernbesuch zu verbinden. Gesehen haben wir damals, meiner Erinnerung nach, Fidelio --> 1. Du bist ein leidenschaftlicher Operngänger. Kannst du dich an die erste Vor-
Das heißt der Treffpunkt war, durch die
Fidelio ist die einzige Oper von Ludwig van Beethoven. In der Endfassung besteht die Oper aus zwei Akten. Die Uraufführung der endgültigen Fassung des Fidelio fand am 23. Mai 1814 im Kärntnertortheater Wien statt.
Beschäftigung des Onkels in der Oper,
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Nein, nicht direkt. Wir haben uns bei meinem Onkel --> 2 und meiner Tante getroffen. Die hatten damals ein großes Haus mit auch im selbigen Haus? · · · · · · · · · · · · · · ebenso großem Garten bei Stuttgart und da gab es einmal im Jahr ein großes Familientreffen. Meistens waren wir so zwischen 15 bis 18 Personen und gelegentlich ergab sich die Möglichkeit eines gemeinsamen Opernbesuchs.
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Michael Bayers Onkel ist der Sänger Roland Bracht. Studium an der Musikhochschule seiner Heimatstadt München und Mitglied im Opernstudio der Bayerischen Staatsoper. 1973 wurde er an die Staatsoper Stuttgart engagiert, 1985 erfolgte seine Ernennung zum Kammersänger.
Zuallererst muss ich sagen, dass ich fast aus einer OpernsängerFamiliendynastie komme. Mein Großvater, der Vater meines der Oper Stuttgart singt, gab es für Onkels, hat schon als Opernsänger auf der Bühne gestanden. dich nie den Gedanken, dass du das Er hat seinerzeit in Dortmund in einer Art Comedian Harmoauch möchtest? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · nists Truppe gesungen und ist dann irgendwie in den Opernbetrieb hineingeschlittert. Bei meinem Vater war es ähnlich. Probiert zu singen habe ich dann auch, allerdings ohne Erfolg. Wenn deine Familie sehr musikbegeis-
im gespräch mit… · michael bayer · ein unmusikalischer opernliebhaber
tert war und dein Onkel noch immer an
Nun, anscheinend überspringt das Talent eine Generation – vielleicht klappt es ja mit der Folgegeneration. Bei mir lag es definitiv an der Stimme. Mit einer Stimme à la Udo Lindenberg kann man in der Opernwelt sehr wahrscheinlich kaum Karriere machen.
Woran ist es gescheitert? · · · · · · · · · · · ·
Also ich muss zuerst sagen, dass ich keine Noten lesen kann – Theorie hat mich noch nie so richtig interessiert. Aus dieser Familie wenigstens ein musikalisches Perspektive kann ich also nicht über richtig oder falsch entGehör mitbekommen? · · · · · · · · · · · · · · · scheiden. Aber ich bilde mir ein, dass ich mit der Zeit ein Gespür dafür bekommen habe, ob jemand falsch oder richtig singt – was man mittlerweile von den meisten Opernbesuchern nicht mehr sagen kann. Hast du durch die Vielzahl der Opernbesuche oder vielleicht auch aus der
In einem Gespräch mit Xavier Zuber sagte dieser, dass es passieren kann, dass Sänger plötzlich ihre Stimme verlieren und dann dementsprechend Arien übersprungen werden müssen. Wür-
Ich bereite mich nicht gezielt auf Aufführungen vor, aber bei den klassischen Werken, speziell bei Wagner, würde es mir mit Sicherheit auffallen, wenn bekannte Arien fehlen würden. Wobei mir übersprungene Arien bisher noch nicht untergekommen sind – wohl aber Textaussetzer oder Textverdrehungen.
de es dir auffallen? · · · · · · · · · · · · · · · · · Du kennst dich bei Wagner gut aus, welche sind deine Lieblingsstücke? · · · ·
Meine Lieblingsoper ist Parsifal. Sehr gerne höre ich auch Tristan und Isolde --> 3.
Tristan und Isolde ist ein Musikdrama von Richard Wagner, der das Werk selbst als „Handlung in drei Aufzügen“ bezeichnete. Die Uraufführung fand am 10. Juni 1865 im Königlichen Hof- und Nationaltheater in München statt. --> 3
Ja – wobei das für mich mehr von der Inszenierung als von der Musik abhängt. Wenn ich Stuttgart betrachte, muss ich sagen, dass ich mit den Inszenierungen von Calixto Bieito wenig anfangen kann. Das liegt wohl an seiner Vorliebe für den Einsatz von viel Blut, Vergewaltigungen und nackten Sängerinnen und Sängern auf der Bühne. Für mich ist das einfach nur kalkulierte „Provokation“. Ist wohl notwendig, um gute Kritiken zu bekommen.
Gibt es auch Stücke, die du nicht magst?
Nun, ein aktuelles Beispiel: Am 12. Mai war ich in der Premiere von Wozzeck --> 4 und das ist ein Stück, bei dem die Musik alles andere als leicht ist, das aber von Anfang bis Ende gut durchgearbeitet war und auch eine großartige Personenregie gab. Auch das Bühnenbild war logisch mit in sich greifenden Abfolgen gestaltet und passte sehr gut zur Inszenierung. So muss für mich eine Oper sein. Am Tag darauf
Tatsache oder deine Theorie? · · · · · · · · ·
Wozzeck ist eine Oper in 3 Akten mit 15 Szenen von Alban Berg. Das Libretto beruht auf dem deutschsprachigen Dramenfragment Woyzeck von Georg Büchner. Die Uraufführung fand am 14. Dezember 1925 in der Oper unter den Linden in Berlin statt. --> 5
habe ich die erste Kritik gelesen, die eher etwas schlechter ausfiel. Daher meine Theorie, dass man in Richtung Bieito Regie führen muss um gute Kritiken zu bekommen. Da kann ich mich an zwei Ereignisse erinnern. Beides war in der Oper Die Italienerin in Algier --> 5. Bei der Oper gab es auf der Bühne verzichten kannst. Fallen einige nicht vorgesehene Ereignisse. Fast schon eine Art dir spontan Vorstellungen ein, bei denen Running-Gag war, dass die Türen, die am Rande des Bühnenetwas auf der Bühne passiert ist, was bilds des öfteren geklemmt haben, so dass sich die Sänger mit besser nicht hätte passieren sollen? · · · · relativer Gewalt gegen die Türen drücken mussten, um diese zu öffnen. In einem Fall musste eine Türe sogar eingetreten werden. In einer anderen Vorstellung ist eine Sängerin dann noch zur falschen Seite weggelaufen und frontal in die Kulisse geprallt. Die Zuschauer haben das nicht wirklich wahrgenommen. Da ich die Oper drei Mal gesehen habe, wusste ich das hier was falsch gelaufen ist. Nackte Sänger, Vergewaltigung und Blut scheinen Sachen zu sein, auf die du
Die Sänger haben einfach weitergespielt. Das Orchester hatte es da schon schwerer. Da ich relativ weit vorne saß, konnte ich miterleben, wie die Musiker sich vor lachen gekrümmt haben. Meine Hochachtung an alle, die in der Vorstellung im Orchestergraben saßen, dass sie es trotzdem geschafft haben, die musikalische Leistung weiterführen zu können.
Wie haben die Sänger und Musiker re-
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agiert auf solche Vorkommnisse? · · · · ·
Ich muss sagen, dass mein Onkel nicht der einzige Sänger ist, den ich an der Oper Stuttgart kenne. Meine Wohnung der Oper sehen? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · beispielsweise habe ich über die Frau einer seiner Kollegen bekommen. Also man kannte den ein oder anderen Sänger und war dadurch des öfteren mal in der Kantine. In München, wo mein Vater sehr lange an der Oper gesungen hat, habe ich nie einen Blick hinter die Kulissen werfen können. Warst du immer nur Zuschauer oder
konntest Du auch hinter die Kulissen
Es ist ein ganz anderer Eindruck als der, den man als normaler Zuschauer bekommt. Als solcher sieht man das Foyer und den Seite steht? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · Zuschauerraum und eben das, was auf der Bühne gezeigt wird. Man ist festlich gekleidet und freut sich auf einen schönen Opernabend. Ab der Bühne sieht man dann die Leute, die den ganzen Betrieb zusammen halten. Die ganzen Techniker, unzählige Mengen an Geräten und Materialien. Da ist mir das erste Mal bewusst geworden, wie viel Arbeit tatsächlich dahinter steckt, einen reibungslosen Ablauf, im wahrsten Sinne des Wortes, über die Bühne zu bringen. Was war das für dich für ein Eindruck, wenn man dann mal auf der anderen
Das Opernhaust ist sehr traditionell, sowohl innen als auch außen. Ich berufe mich aber bei den Vergleichen aber mehr für dich das Stuttgart Gebäude? · · · · · · auf die Innenausstattung. München, wo ich ja herkomme, hat ebenfalls ein sehr traditionell ausgestattetes Haus. Das ist mir persönlich auch immer etwas angenehmer. Die Opéra Bastille, das Festspielhaus in BadenBaden oder auch das Opernhaus in Mannheim sind für mich kalte Beton-Architektur-Bauten. Klassische Opernhäuser passen mit ihrem etwas „antikeren“ Umfeld besser zur Oper als – sorry – Mehrzweckhallen. Wenn du andere Häuser mit dem Opern-
haus vergleichen würdest, wo punktet
Ich habe das Gefühl, dass eine sehr offene Atmosphäre zwischen allen Menschen herrscht, die im Opernhaus arbeiten. In stattung? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · München zum Beispiel gab es in der Kantine feste Gruppen, die immer als geschlossene Gesellschaft kommen und gehen. Hier in Stuttgart ist das anders gewesen. Da sitzen die Sänger neben einem Musiker und einem Garderobier. Die Atmosphäre gefällt mir hier besser. Was magst du sonst noch am Opernhaus außer der klassischen Innenaus-
Kann man dann in der Kantine die Weltstars kennenlernen? · · · · · · · · · · · ·
große Karriere gemacht hat.
Jein. Die richtig großen Stars haben glaube ich eher meine Eltern in München erlebt. Ich habe viele Sängerinnen und Sänger kennengelernt – z.B. Eva-Maria Westbroek , die eine
L’Italiana in Algeri ist eine Opera buffa in 2 Akten. Die Uraufführung war am 22. Mai 1813, im Teatro di San Benedetto in Venedig. --> 6
Nun, es gibt unglaublich viele Personen, die Prägendes hier am Haus geleistet haben. Eine der beeindruckendsten Künstler war und ist für mich Achim Freyer, der bis heute unglaubliche Inszenierungen auf die Bühne bringt. Er schafft unglaubliche Bilder, die man beim ersten Sehen gar nicht alle erfassen kann. In der Philip-Glass-Trilogie war ich zum Beispiel in jeder Inszenierung mehrere Male. Als sprachbegeisteter Mensch war für mich der frühere Intendant Klaus Zehelein beeindruckend. Er hatte die Gabe Reden zu halten, die man direkt in den Druck hätte geben können. Und dabei hat er frei gesprochen, ohne Manuskript und konnte trotzdem auf einzelne Leistungen oder die Vorgeschichte Bezug nehmen. Nah gegangen ist mir der familäre Hintergrund von Helene Schneiderman und Ihrer Familie. Ich habe da einen Film gesehen, in dem es um Alterswohnsitze in Florida ging. Und da tauchte plötzlich Helene Schneiderman mit ihren Eltern auf und im Verlaufe des Berichts wurde klar, dass ihre Eltern der Shoah entkommen waren. Und Ihre Tochter singt als Jüdin für die Enkel und Kinder der Mörder in Deutschland und auf Deutsch. Wie sie mit dieser gesamten Situation umgeht, beeindruckt mich sehr.
Wen verbindest du sonst noch mit dem
Im Prinzip überall im Zuschauerraum. Aber bitte ohne Zwangshuster, Papier-Raschler, Handlungserklärer, sowie dich dein Lieblingsort im Opernhaus? · Nicht-Stillsitzern. Manchmal scheint es mir so, dass es eine Korrelation von Hustenintensität und besonders leisen, intimen Stellen gibt. Mimi stirbt – begleitet von einem Chor von dramatischen Hustenanfällen. Wenn man beide Seiten des Opernbetriebes kennengelernt hat, wo ist für
Und wie ist es mit den Papier-Raschlern?
Ein weiterer Klassiker – Bonbons werden häufig mit atemberaubender Langsamkeit bei gleichzeitiger guter Durchhör-
barkeit ausgewickelt. Husten muss man – klar. Aber manche Leute behaaren selbst dann auf ihr Kartenrecht, wenn sie eine wirklich schwerwiehusten, oder? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · gende Erkältung haben. Ich finde es falsch, das Publikum an seiner Krankheit Anteil haben zu lassen. Wenn ich krank bin, dann gehe ich nicht in die Oper. Ich habe schon einige Aufführungen ausfallen lassen, da ich nicht zu den Zwangshustern gehören wollte. Manche scheint das aber nicht zu interessieren. Nett ist es auch, wenn die Bühnenhandlung beginnt und neben dir jemand sitzt, der seinem Partner eine Kurzhandlung der Oper parallel zur beginnenden Musik nahelegt. Oftmals kommen auch Fragen wie „Wer von denen ist jetzt Parsifal?“. Ich kann in der Hinsicht König Ludwig II. --> 6 gut verstehen – manchmal würde ich auch gerne eine Einzelvorführung genießen (lacht). Das Rascheln ließe sich verhindern. Aber manchmal muss man einfach
Das Haus ist leer. Du hast freie Platzwahl. Welchen Sitz würdest du dir aus-
Ich würde Platz Nummer 131 oder 132 nehmen. Das ist im Parkett, fünfte Reihe in der Mitte. Da ist der Klang am besten.
suchen? · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·
Was mir als erstes einfällt ist „mein zweites Wohnzimmer“. Heute ist es das nicht mehr, aber in meinen Anfangsjahren hier in Stuttgart bin ich eine Zeit lang 30 Mal pro Spielzeit in die Oper gegangen. Auch direkt nach der Arbeit. Es war für mich pure Entspannung und ich konnte in der Oper richtig abschalten. Das funktioniert aber seit einigen Jahren nicht mehr – man braucht einen freien Kopf um Musik und Gesang auf sich wirken zu lassen – ich brauche mittlerweile unter der Woche knapp 30 Minuten, bis ich tatsächlich im Stück drin bin.
Zum Abschluss: Was fällt dir spontan ein, zu: Das Opernhaus in Stuttgart? · ·
Ich benutze mal ein abgewandeltes Zitat von Loriot. Er sagte das in Bezug auf Möpse: Ein Leben ohne Möpse ist möglich, aber sinnlos. Und das selbe würde ich für mich in Bezug auf klassische Musik und Oper sagen.
Was ist Oper dann für dich? · · · · · · · · · ·
Vielen Dank für deine Zeit, Michael.
König Ludwig II. von Bayern wurde auch als Märchenkönig bezeichnet, durch seine Vorliebe für Opern und Theater. Seine Faszination treibt den König zu immer größer werdenden Schulden, die 1884 rund 7 Mio. Mark beliefen. Durch eine Bankleihe konnte König Ludwig II. in seiner illusionären Welt weiterleben. Dies tat er gerne in völliger Einsamkeit und Ungestörtheit. Immer mehr Einzelvorstellungen müssen im Hoftheater abgehalten werden. Nur gelegentlich dürfen Ehrengäste daran teilnehmen. --> 7
im gespräch mit… · michael bayer · ein unmusikalischer opernliebhaber
Opernhaus, außer Eva-Maria Westbroek?
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BILD- UND TEXTNACHWEISE
bildnachweise
Großes Haus von der Rosengarten-Seite (S. 56): Stadtarchiv Stuttgart / F Nr. 42091, Foto: Joachim Schlenker, März 1986
Titel: Martin Sigmund
Der Eiserne Vorhang im Opernhaus der Staatstheater Stuttgart (S. 58): Martin Sigmund
Zuschauerraum des Opernhauses (S. 9): Martin Sigmund
Plan vom Gebäudekomplex des Königlichen Hoftheater (S. 62, 63): aus Max Littmann. 1862-1931. Text von Georg Jacob Wolf. München: Knorz & Hirth 1931
Ein Tag vor dem Opernhaus (S. 10, 11): Kai Strömer Portrait Branddirektor Jacoby (S. 16): Branddirektion Stuttgart Königliches Hoftheater; eröffnet 1846 / Foto: R. Schuler , um 1900 (S.17): Theaterwissenschaftliche Sammlung, Universität Köln Brand des Königlichen Hoftheater am 20. Januar 1902 / kolorierte zeitgenössische Postkarte (S.17): Theaterwissenschaftliche Sammlung, Universität Köln Brand des Königlichen Hoftheater am 20. Januar 1902 (S.18): Theaterwissenschaftliche Sammlung, Universität Köln, Ludwig Schaller Brandruine des Königlichen Hoftheater / zeitgenössische Fotografie (S. 19): Theaterwissenschaftliche Sammlung, Universität Köln Brandruine des Neuen Lusthauses, aus: Vom Brand des neuen Lusthauses (S. 20–24): Carl Ebner Portrait Max Littmann (S. 26): aus Max Littmann. 1862-1931. Text von Georg Jacob Wolf. München: Knorz & Hirth 1931 Theaterbauten und Entwurfsarbeit von Max Littmann (S. 28, 29): aus Max Littmann. 1862-1931. Text von Georg Jacob Wolf. München: Knorz & Hirth 1931 Aufnahme des Großen Hauses nach dem Bau 1912 (S. 32): aus Littmann, Max: Die Königlichen Hoftheater in Stuttgart; Darmstadt: Koch, 1912. Brand des Königlichen Hoftheater am 20. Januar 1902 (S.33): Theaterwissenschaftliche Sammlung, Universität Köln, Ludwig Schaller Plan der neuen Theateranlage aus der Vogelsicht (S. 36, 37): aus Littmann, Max: Die Königlichen Hoftheater in Stuttgart; Darmstadt: Koch, 1912. Zuschauerraum des Großen Hauses (S. 38): aus Littmann, Max: Die Königlichen Hoftheater in Stuttgart; Darmstadt: Koch, 1912. Zuschauerraum des Künstlertheater München (S. 40): aus Max Littmann. 1862-1931. Text von Georg Jacob Wolf. München: Knorz & Hirth 1931 Zuschauerraum des Großen Hauses, mit Sicht auf die Bühne (S. 41): aus Amtsblatt der Stadt Stuttgart; Nr. 43, vom 25.10.1984 Grundrissplanung nach Max Littmann (S. 42): aus Littmann, Max: Die Königlichen Hoftheater in Stuttgart; Darmstadt: Koch, 1912. Illustriert vonKai Strömer Großes Haus, zeitgenössische Fotografie (S. 41): Stadtarchiv Stuttgart / F Nr. 15998 Statuen auf dem Opernhaus (S. 47): Kai Strömer Foyer 1. Stock, Großes Haus (S. 49): Stadtarchiv Stuttgart / F Nr. 11285, Foto: Illenberger Vorstellung im Großen Haus (S. 52): aus Amtsblatt der Stadt Stuttgart; Nr. 43, vom 25.10.1984
Originalpläne des Großen Hauses von Max Littmann (S. 64–71): Steffen Knöll Fotografien des Großen Hauses von der Konrad-Adenauer-Straße (S. 72–74): Stadtarchiv Stuttgart / F Nr. 2039/162; F Nr. 3132/24; F Nr. 4243; F Nr. 6213 Zuschauerraum des Großen Hauses (S. 75): aus Finanzministerium Baden-Württemberg (Hg.): Das Große Haus der Württembergischen Staatstheater Stuttgart. Die Restaurierung 1983–1984; Stuttgart: 1984. S. 19 Deckengemälde von Julius Mössel (S. 75): 70 Jahre Stuttgarter Oper: wie sie war, wie sie ist. Wie sie werden soll! / Hrsg. vom Förderverein Alte Oper Stuttgart e.V. – Stuttgart: Kohlhammer, 1983 Autos vor de Großen Haus (S. 77): Stadtarchiv Stuttgart / F Nr. 13/1468 Oper im Nationalsozialismus (S. 80-82): aus Verstummte Stimmen: die Vertreibung der „Juden“ aus der Oper 1933 bis 1945; der Kampf um das Württembergische Landestheater Stuttgart / Berlin: Metropol-Verl., 2008 (S. 81-84) Das Große Haus nach und vor dem Krieg (S. 83): Stadtarchiv Stuttgart / F Nr. 2322/1; F Nr. 93; F Nr. 11578 Umbau des Großen Hauses 1955 (S. 89): Staatsarchiv Ludwigsburg / EL 221/10 Foto: Hannes Kilian Bauarbeiten des Umbaues 1956 (S. 90): aus Publikation der Staatstheater Stuttgart, 1956 Voller Zuschauerraum im renovierten Haus (S. 93): Stadtarchiv Stuttgart / F Nr. 13/355 Zuschauerraum des Großen Hauses, nach Umbau 1956 (S. 94, 95): Staatsarchiv Ludwigsburg / EL 221/10 Foto: Ludwig Windstosser Planzeichnungen zum Umbau 1984, Arbeiten am Stuck, Blick aus der Königsloge (S. 102, 106, 108, 111): aus Finanzministerium Baden-Württemberg (Hg.): Das Große Haus der Württembergischen Staatstheater Stuttgart. Die Restaurierung 1983–1984; Stuttgart: 1984. S. 21, 40, 41, 53, 54 Bilder der Umbauarbeiten 1983–1984 (S. 112, 113): aus Hans-Peter Doll: Stuttgarter Theaterarbeit (1972–1985) Hrsg. von den Württembergischen Staatstheater Stuttgart Bilder aus dem Opernhaus der Staatstheater Stuttgart (S. 117–145): Martin Sigmund Bilder aus der Modisterei (S. 150–157): Kai Strömer Bilder aus der Damen-Maske Oper/Ballett (S. 160–169): Kai Strömer Bilder aus dem Malsaal (S. 172, 173, 175–180): Kai Strömer Bilder aus dem Malsaal (S. 173, 181): Martin Sigmund Bilder aus der Herrenschneiderei Schauspiel (S. 184–193): Kai Strömer
textnachweise
Helene Schneiderman (S. 207): Martin Sigmund
Vorwort: Originalbeitrag v. Kai Strömer
Liviya Flamme (S. 207): Fotos aus dem Privatbesitz der Familie Schneidermann/Flamme
Die Brandkatastrophe des Neuen Lusthause: Buck, Elmar: Thalia in Flammen. Theaterbrände in Geschichte und Gegenwart; Erlensee/Köln: EFB, 2000. S: 96–105.
Zeitoper IX, „the art of deleting“ (S. 217): Kai Strömer Projektarbeit zum Stück „Gegen die Wand“ (S. 225): Kadir Memiş Projektarbeit Junge Oper (S. 225): Martin Sigmund Annie Mayet und Tamas Detrich in Dörnröschen (S. 233): Hannes Kilian
Die Person Max Littmann: aus Max Littmann. 1862-1931. Text von Georg Jacob Wolf. München: Knorz & Hirth 1931. Geschichte 1902–1912 – Planung und Bau der Häuser: Littmann, Max: Die Königlichen Hoftheater in Stuttgart; Darmstadt: Koch, 1912. Kommentar Die beiden neuen Häuser, von Paul Wittko: Die neuen Königlichen Hoftheater zu Stuttgart – Herausgegeben [...] von Gerneral-Intendaten Baron Joachim zu Putlitz, 1912, Stuttgart, Verlag des neuen Tagblatts S. 17–33 Die Vertreibung der Juden aus der Oper: Veltri, Giuseppe: Verstummte Stimmen: Die Vertreibung der Juden aus der Oper 1933–1945, S. 80–84 Die Modernisierung des Großes Hauses 1956: Finanzministerium Baden-Württemberg (Hg.): Das Große Haus der Württembergischen Staatstheater Stuttgart. Die Restaurierung 1983–1984; Stuttgart: 1984. S. 42–50 1956: Neugestaltung von Foyer und Zuschauerraum des Großen Hauses: Vom Stuttgarter Hoftheater zum Württembergischen Staatstheater,Jürgen-Dieter Waidelich, 1956, S. 62–64 Was geschah im Großen Haus: Württembergische Staatstheater, Großes Haus, Verantwortlich. Eckart von Naso, 1956 Die Wiederherstellung des Littmann-Theaters: Finanzministerium Baden-Württemberg (Hg.): Das Große Haus der Württembergischen Staatstheater Stuttgart. Die Restaurierung 1983–1984; Stuttgart:1984. S. 13–24 Littmanns Großes Haus ein programmatischer Threaterbau: Finanzministerium Baden-Württemberg (Hg.): Das Große Haus der Württembergischen Staatstheater Stuttgart. Die Restaurierung 1983–1984; Stuttgart:1984. S. 35–39 Die Quellenanlage für die Restaurierung: Finanzministerium Baden-Württemberg (Hg.): Das Große Haus der Württembergischen Staatstheater Stuttgart. Die Restaurierung 1983–1984; Stuttgart: 1984. S. 40, 41 Der Theaterpavilion: Finanzministerium Baden-Württemberg (Hg.): Das Große Haus der Württembergischen Staatstheater Stuttgart. Die Restaurierung 1983–1984; Stuttgart:1984. S. 51, 52 Bericht über Restaurierung und technischen Ausbau des Großen Hauses: Finanzministerium Baden-Württemberg (Hg.): Das Große Haus der Württembergischen Staatstheater Stuttgart. Die Restaurierung 1983–1984; Stuttgart: 1984. S. 54–57 Werkstattberichte sowie Gespräche (S. 146–239) Originalbeiträge v. Kai Strömer
bild - und textnachweise
Illustration Helene Schneiderman und Liviya Flamme (S. 198), Xavier Zuber (S. 210), Barbara Tacchini (S. 220), Tamas Detrich (S.228), Michael Bayer (S. 236): Tayara Kauper
DANKE
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an meinen betreuenden professor gerwin schmidt, an das staatstheater stuttgart, besonders allen mitwirkenden mitarbeitern und allen personen, die mir mit rat und tat zur seite standen.
Namentlich genannt möchte ich all diesen Menschen für ihre Unterstützung und Mithilfe danken: Zuallererst danke ich den Staatstheatern Stuttgart für die freundliche Unterstützung und dem Zugang in das Große Haus und dessen Werkstätten. Vor allem gilt hier der Dank Bernhard Utz und Thomas Sonner vom Staatstheater, sowie Claudia Brüninghaus vom Stuttgarter Ballett für die viele Hilfe und Kommunikationsbrücke. Ein weiterer Dank geht an die Leiter und Mitarbeiter der Werkstätten für Modisterei, der Maske, des Malsaales und der Herrenschneiderei, dass ich herumstöbern, Fragen stellen und fotografieren durfte. Namentlich genannt sind das aus der Modisterei: Eike Schnatmann, Doris Buirel, Katrin Männer, Marianne Wolf und Anika Roll. Aus der Maske: Jörg Müller, Jürgen Siegert, Marion Bleutge, Natalie Diehm, Jenny Drechsler, Sigrid Einhäuser, Heiko Hartmann, Anjelina Hauser, Marek Jagiello, Lola Khourramova, Dana Kutschke, Barbara Lehmann, Michail Michailov, Mareike Nenner, Edda Rabus, Roman Rädcher, Christa Reuscher-Graf, Birgit Tappenbeck, Christian Vaczi, Pascal Wagner, Uwe Wagner, Petra Warden, Maya-Ann Mayer, Luisa Böcherer, Beate Wagner und Sina Müllner. Aus dem Malsaal: Maik Sinz, Lisa Fuß, Jan Borsdorf, Anette Deutschmann, Julia Greenaway, Patricia Heubischl, Christian Horn, Ines Köster, Christoph Maier, Christoph Schmidt, Barbara Kohm, Frank Duregger, Tobias Keller, Barbara Vogel und Tobias Frey. Und aus der Herrenschneiderei: Anna Volk, Johanna Kaelcke, Gebro Alp, Tatiana Cerulla, Karin Reiter, Daniela Rossa und Johannes Santangelo Ich danke allen Gesprächspartnern, die sich für mich und das Buch Zeit genommen haben und mit ihren Antworten dem Buch Leben eingehaucht haben. Dies sind: Helene Schneidermann und Liviya Flamme, Xavier Zuber, Barbara Tacchini, Tamas Detrich und Michael Bayer. Ebenfalls danken möchte ich Martin Sigmund für die Bereitstellung vieler Fotos aus dem Opernhaus, ohne die dieses Buch so nicht hätte entstehen können. Jan-Henrik Arnold danke ich für die Bereitstellung seiner entwickelten Schrift Libre, die in diesem Buch ihre Verwendung gefunden hat. Das Aufnahmegerät, das in allen Gesprächen und Werkstattbesuchen treue Dienste erwiesen hat stammt von Natascha Kauper – vielen Dank. Bei den Illustrationen der Gesprächspartner hat mir Tayara Kauper unter die Arme gegriffen. Viele weitere Informationen kamen von Jens Strömer. Auch für die Hilfe meines ehemaligen Gemeinschaftskunde-Lehrer Dominik Braun bedanke ich mich. Verpackungstechnisch danke ich Tim Eisele, der mir mit Rat und Tat zur Seite stand. Ein kleiner Dank an die Hochschule der Medien in Vaihingen für die Nutzung des Schneideplotters und der Siebdruck-Maschine. Pit und Peter und allen anderen von Discodoener danke ich für alles was sie mir in den letzten drei Jahren mitgeben konnten. Ihr seid die Besten! Für Kritik, Anmerkungen und Ratschläge danke ich: Tayara Kauper, dem H19 (Moritz Hahn, Steffen Knöll und Sven Tillack), Edzard Strömer, Jens Strömer, Anna Asholt, Michael Bayer und Andreas Novko.
auflage / 25 herausgeber Kai Strömer betreuender professor Professor Gerwin Schmidt Dieses Buch enstand im Rahmen des Semesterprojekts der Klasse Professor Gerwin Schmidt im 3./4. Semester Kommunikationsdesign an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart. verwendete schriften Libre von Jan-Hendrik Arnold / Minion Pro von Robert Slimbach (Adobe Type) papier (buch) Umschlag: Bilderdruck-Papier Matt + Mattfolie / 350g/m2 Inhalt: Munken Print Creme 1,5 / 90g/m2 papier (packung)
Cromo-Duplex-Karton / 380g/m2
druckerei (buch)
Laser-Line, Berlin
druckerei (packung) Akademie der Bildenden Künste Offset-Werkstatt Hochschule der Medien, Werkstatt für Verpackungstechnik format
205 × 270 mm
seiten
244 Seiten
abbildungen
249 Bilder
wörter/zeichen
57849 Wörter / 396754 Zeichen
equipment MacBook Pro, Canon 5D Mark II (Canon EF24–105mm f/4, Canon EF17–40mm f/4), Nikon D90 (Nikon 18–200mm f/3.5–5.6), Nikon D5000 (Nikon 18–55mm f/3.5–5.6), iPhone, ZOOM H1 Handy Recorder, HP ScanJet 2400, viel Muse und Motivation kontakt Kai Strömer / herr.s@kreativkreatur.de Balinger Straße 11 / 70567 Stuttgart
impressum
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Das Große Haus in Stuttgart verschohnt geblieben von den Bomben des zweiten Weltkriegs, steht das Opernhaus in voller Pracht und nahezu im Originalzustand – wie es sein Schöpfer Max Littmann entworfen hat – im Herzen Stuttgarts. Dieses Buch bietet einen Einblick in die Geschichte blickt aber auch hinter die Kulissen des größten Drei-Sparten-Hauses der Welt und gibt auch Aufschluss darüber, was Mitarbeiter und Künstler tagtäglich leisten um uns zu begeistern.