Arbeitshilfe kommunale Planung
Rahmendokument
Kanton Schaffhausen Planungs- und Naturschutzamt
Impressum Herausgeber Kanton Schaffhausen Planungs- und Naturschutzamt (PNA) Beckenstube 11 8200 Schaffhausen Tel. +41 52 632 73 23 E-Mail pna.planung@ktsh.ch
Erarbeitung, Konzept und Gestaltung EBP Schweiz AG Mühlebachstrasse 11 8032 Zürich Andrea Meier Jonas Hunziker Reto Nebel Le-Wan Tran
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir auf die Nennung der männlichen und weiblichen Form verzichtet. Es sind selbstverständlich immer beide Geschlechter gemeint. Die Arbeitshilfe ist in elektronischer Form erhältlich auf www.sh.ch.
Stand: 20.05.2019
Übersicht Was finde ich wo? In einer Gemeinde gibt es verschiedene Akteure, die unterschiedlich in eine Planung involviert sein können. Je nach Aufgabe und Funktion in der Gemeinde findet ein Leser in der Arbeitshilfe Informationen von besonderer Wichtigkeit. Leseempfehlung
Kapitel
Kurzbeschreibung
Seite
1
Einleitung
Hintergrund und Zweck sowie Aufbau und Inhalt der Arbeitshilfe
2.
Räumliche Entwicklung des Kantons
9
2.1
Raumplanerischer Stufenbau
Zusammenspiel der Planungen von Bund, Kanton und Gemeinden.
9
2.2
Bevölkerungs- und Beschäftigtenentwicklung
Prognosen für Einwohner und Beschäftigte.
12
2.3
Raumkonzept Kanton Schaffhausen
Angestrebte räumliche Entwicklung und Leitlinien für die Raumentwicklung. Angestrebte Verteilung des Bevölkerungs- und Beschäftigtenwachstums.
12
2.4
Kantonaler Richtplan Schaffhausen
Paradigmenwechsel mit revidiertem RPG und Richtplan.
14
6
Erläuterung zentraler neuer Inhalte des revidierten Richtplans und Ausrichtung der kantonalen und kommunalen Planungen.
3.
Kommunale Raumplanung
16
3.1
Interdisziplinäre Aufgabe und ständiger Entwicklungsprozess
Rolle der Gemeinde in der Raumplanung und erhöhte Anforderungen.
16
3.2
Aufgaben der kommunalen Planung
Beschreibung der planerischen Aufgaben. Leitfragen für die Auseinandersetzung mit der kommunalen Siedlungs-, Verkehrs- und Landschaftsentwicklung.
19
3.3
Der kommunale Planungsprozess
Erläuterungen und Leitfragen zur Organisation des Planungsverfahrens. Bedeutung von Bevölkerungsmitwirkung.
24
3.4
Instrumente der kommunalen Planung
Übersicht und Kurzbeschreibung der kommunalen Planungsinstrumente und deren Wirkungen. Benennung rechtlicher Grundlagen und Zuständigkeiten.
27
Zentrale Akteure der kommunalen Planung und ihre Aufgaben Gesamtgemeinderat / Präsidium
Strategie vorgeben / Lead / entscheiden
Baureferat / Bausekretariat
Planung organisieren / vorbereiten
Planungskommission
Planung beraten / mitentscheiden
Externes Planungsbüro
Planung erarbeiten / entwerfen
Inhalt
1
Einleitung
6
2
Räumliche Entwicklung des Kantons
9
3
Kommunale Raumplanung
16
1 Einleitung Mit dem revidierten Raumplanungsgesetz (RPG), das seit 1. Mai 2014 in Kraft ist, haben sich die Rahmenbedingungen für die kantonale und kommunale Planung verändert. Ziele der Gesetzesänderung sind ein haushälterischer Umgang mit dem Boden, die Begrenzung der Siedlungsausdehnung sowie das Schaffen von kompakten Siedlungen. Dörfer und Städte sollen qualitätsvoll nach innen weiterentwickelt werden. Dies beinhaltet die Erhaltung wertvoller Landschaften, das Schaffen von qualitätsvollen Freiräumen im Siedlungsgebiet, verdichtetes Bauen, das Schliessen von Baulücken oder die Umnutzung von Brachen. Damit soll der Verlust von Kulturland eingedämmt und hohe Kosten für die Erschliessung mit Strassen, Strom, Wasser und Abwasser vermieden werden.
Neue gesetzliche Rahmenbedingungen
Mit dem revidierten RPG und den damit verbundenen Bundesvorgaben steht ein eigentlicher Paradigmenwechsel in der Raumplanung an. Die Kantone werden verpflichtet, die Gesamtgrösse und die Verteilung des Siedlungsgebiets für die nächsten 20-25 Jahre im kantonalen Richtplan abschliessend festzulegen. Zudem müssen die Kantone sicherstellen, dass die Bauzonen der Gemeinden den Anforderungen der Raumplanungsgesetzgebung (insbesondere Art. 15 RPG sowie Art. 30a RPV) entsprechen. Die Ausscheidung neuer Bauzonen ist nur noch punktuell und mit erhöhten Auflagen möglich. Die Siedlung muss sich in Zukunft in erster Linie im Bestand entwickeln. Dies ist eine kommunale Aufgabe, die deutlich anspruchsvoller ist, als die Entwicklung «auf der grünen Wiese», wie sie bisher möglich war.
Paradigmenwechsel in der Raumplanung bringt neue Anforderungen in der kommunalen Planung
Der kantonale Richtplan (KRP) wurde zur Anpassung an die Bundesgesetzgebung revidiert und vom Bundesrat am 10. April 2019 genehmigt. Ebenso wurde das kantonale Baugesetz (BauG) revidiert sowie das Mehrwertabgabegesetz (MAG) erarbeitet. Beide sind per 1. Januar 2019 in Kraft gesetzt.
Anpassung KRP und BauG
Der Kanton will mit der vorliegenden Arbeitshilfe den Gemeinden des Kantons Schaffhausen eine Hilfestellung bieten für eine qualitätsvolle Siedlungs-, Verkehrs- und Landschaftsentwicklung. Die Arbeitshilfe richtet sich an die Baureferenten sowie die mit Bau- und Planungsvorhaben betrauten Mitarbeitenden und die beratenden Planungsbüros. Die Arbeitshilfe ist so aufgebaut, dass sie den Gemeinden praktische Unterstützung bietet.
Praxisnahe Hilfestellung für Gemeinden
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Arbeitshilfe kommunale Planung: Rahmendokument – Stand: 20.05.2019
Aufbau und Inhalt der Arbeitshilfe Die Arbeitshilfe bietet eine Übersicht über die in der kommunalen Planung zu bearbeitenden Fragestellungen und Inhalte. Sie schafft einen Überblick über die Verfahren und Fristen, die rechtlichen Grundlagen und Zuständigkeiten der kommunalen Planung. Weiter werden Mindestanforderungen an die Planungsinstrumente der Gemeinden erläutert und Angaben zu den dem Kanton einzureichenden Planungsunterlagen gemacht.
Überblick über Aufgaben, Zuständigkeiten, Mindestanforderungen
Die Arbeitshilfe beinhaltet Übersichten, Ablaufschemen und Checklisten. Sie ist modulartig aufgebaut und kann bedürfnisgerecht erweitert werden. Sie umfasst vier unterschiedliche Arten von Hilfestellungen: «Rahmendokument», «Module», «Merkblätter» und «Mustervorlagen».
Modularer Aufbau
Abbildung 1
Modulartiger Aufbau der Arbeitshilfe
Im vorliegenden Rahmendokument werden übergeordnete Vorgaben erläutert, Aufgaben der Gemeinden und Instrumente in der kommunalen Planung beschrieben. Es richtet sich an sämtliche in die Planung involvierten Akteure, insbesondere auch an Exekutiven und Baureferate.
Module beinhalten umfassende Informationen zur Umsetzung einer kommunalen Planungsaufgabe. Angefangen bei der strategischen Raumplanung (Siedlungsentwicklungsstrategie) über die Bauordnung und den Zonenplan, die Quartierplanung bis hin zu spezifischen Instrumenten (z. B. Planungszone) werden Anforderungen, Verfahrensschritte und Zuständigkeiten erläutert. Die Module unterscheiden sich im Umfang. Sie richten sich in erster Linie an Bausekretariate und Planungsbüros, teilweise aber auch an Baureferate oder die zuständigen Stadt-/Gemeinderäte.
Arbeitshilfe kommunale Planung: Rahmendokument – Stand: 20.05.2019
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Vier Elemente der Arbeitshilfe
Merkblätter sind Anleitungen, welche die technischen oder formellen Anforderungen an die Nutzungsplanung konkretisieren (z. B. zur Verwendung von Baubegriffen). Die Merkblätter beinhalten spezifische Informationen und Hilfestellungen, die sich primär an die Bausekretariate und Planungsbüros richten.
Schliesslich werden Mustervorlagen zur Verfügung gestellt, (z. B. Mustertitelblätter). Auch diese richten sich an die Bausekretariate und Planungsbüros.
Darüber hinaus bestehen verschiedene weitere Planungshilfen, die teilweise auch von Dritten erarbeitet wurden (z. B. von der Agglomeration Schaffhausen).
Auf der Webseite des Kantons sind alle Module, Merkblätter sowie Mustervorlagen digital aufgeschaltet und es wird auf weitere Planungshilfen verwiesen. Die aktuellen Dokumente sind als PDF-Dateien aufgeschaltet. Bei Änderungen an den Hilfestellungen wird die neue Version auf der Webseite publiziert und die Gemeinden werden über die Anpassung per Mail informiert.
Weiterführende Grundlagen und Links Download weitere Dokumente der Arbeitshilfe (Module, Mustervorlagen, Merkblätter): www.sh.ch
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Digital und aktuell
2 Räumliche Entwicklung des Kantons
2.1 Raumplanerischer Stufenbau Raumplanung ist eine öffentliche Aufgabe. Bund, Kantone und Gemeinden sind verpflichtet, zusammenzuarbeiten und ihre raumwirksamen Tätigkeiten zu koordinieren.
Das «Raumkonzept Schweiz» enthält gemeinsame räumliche Entwicklungsvorstellungen von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden, hat aber keine rechtliche Verbindlichkeit. Der Bund koordiniert die raumwirksamen Aufgaben, für die er zuständig ist, mittels Sachplänen (z. B. Sachplan Fruchtfolgeflächen, Militäranlagen, Nationalstrassen, Eisenbahnen oder Tiefenlager) und Konzepten. Er muss dabei seine Vorhaben räumlich abstimmen und mit den Entwicklungsvorstellungen der Kantone koordinieren.
Das Steuerungs-, Planungs- und Koordinationsinstrument des Kantons ist der behördenverbindliche kantonale Richtplan. Diesem ist als strategischer Orientierungsrahmen das kantonale Raumkonzept vorangestellt. Der kantonale Richtplan ist die Drehscheibe der räumlichen Koordination und das raumplanerische Scharnier zwischen Bund, Nachbarkantonen und Gemeinden. Er macht verbindliche Vorgaben für die Gemeinden.
Die Gemeinden sind für eine kommunale Raumentwicklungsstrategie (im Kanton Schaffhausen ist im Minimum eine kommunale Siedlungsentwicklungsstrategie gefordert) sowie für die parzellenscharfe und grundeigentümerverbindliche Nutzungsplanung (Bauordnung und Zonenplan sowie Quartierpläne, Baulinienpläne, etc.) und weitere Instrumente (z. B. kommunale Inventare) verantwortlich.
Die Raumplanung funktioniert nach dem Gegenstrom- und Subsidiaritätsprinzip. Der kantonale Richtplan berücksichtigt die Nutzungspläne der Gemeinden und die Sachpläne des Bundes. Er formuliert Handlungsanweisungen an die Nutzungsplanung der Gemeinden und belässt ihnen dabei den notwendigen Handlungs- und Anordnungsspielraum. Der kantonale Richtplan wird ausserdem vom Bund berücksichtigt, wenn dieser seine Sachpläne erarbeitet. Sämtliche Planungen haben die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die übergeordneten Vorgaben zu berücksichtigen.
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Raumplanung als Aufgabe von Bund, Kantonen und Gemeinden
Gegenstrom- und Subsidiaritätsprinzip
Abbildung 2
Raumplanerischer Stufenbau
Die in Abbildung 2 aufgeführten Planungen haben alle innerhalb des gesetzlichen Rahmens zu erfolgen. Neben dem eigentlichen Raumplanungsrecht müssen die Gemeinden auch die Gesetzgebung betreffend Umweltschutz, Natur- und Heimatschutz, Gewässerschutz, Wirtschaft und Regionalpolitik berücksichtigen. Ebenso sind die übergeordneten Planungen und Konzepte sowie Inventare zu berücksichtigen.
Wichtige Gesetze und Grundlagen des Bundes Gesetze und Verordnungen Gesetz über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (EG zum ZGB, vom 27.4.1969) Bundesgesetz über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG, vom 22.6.1979). Hinweis: Ist teilrevidiert in Kraft seit 1. 5. 2014, nächste Teilrevision (RPG-2) anstehend. Raumplanungsverordnung (RPV, vom 28.6.2000)
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Berücksichtigung gesetzlicher Rahmen
Bundesgesetz über den Umweltschutz (USG, vom 7.10.1983) Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG, vom 1.7.1966) Vollziehungsverordnung zum Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG) vom 11. 12. 2018 Gewässerschutzverordnung (GschV vom 28.10.1998) Sachpläne Sachplan Fruchtfolgeflächen des Bundes Weitere Sachpläne des Bundes: Schiene, Strasse, Luftfahrt, Militär, Übertragungsleitungen, Geologische Tiefenlager, Asyl Strategien und Konzepte Raumkonzept Schweiz (Dezember 2012) Biodiversitätsstrategie Schweiz Inventare ISOS - Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung BLN - Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (IVS)
Wichtige kantonale Gesetze und Grundlagen Gesetze und Verordnungen Verfassung des Kantons Schaffhausen (vom 17. 6. 2002) Gesetz über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen (BauG, vom 1.12.1997, revidiert am 2.7.2018) Kantonale Verordnung zum Baugesetz (BauV, vom 15.12.1998)
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Kantonales Mehrwertausgleichsgesetz (MAG, vom 2.7. 2018) Gesetz über den Natur- und Heimatschutz im Kanton Schaffhausen (NHG) Verordnung über den Naturschutz (Naturschutzverordnung, vom 6. 3. 1979) Planungen und Konzepte Richtplan Kanton Schaffhausen (Stand 10. 12. 2018, Kantonsratsbeschluss) Raumordnungskonzept für die Kantone im Metropolitanraum Zürich (Metro-ROK, 15. 6. 2015) Inventare Kantonales Naturschutzinventar Kantonales Denkmalschutzinventar (Art. 6 NHG SH)
2.2 Bevölkerungs- und Beschäftigtenentwicklung Das Bundesamt für Statistik (BFS) prognostiziert für den Kanton Schaffhausen eine Zunahme der Einwohner und Beschäftigten bis zum Jahr 2040 um 19%1. Dies bedeutet, dass ca. 15'000 Einwohner und 6'000 Beschäftigte (Vollzeitäquivalente) zusätzlich Platz finden müssen. Die Prognosen des Bundes werden regelmässig überprüft und bei wesentlichen Änderungen angepasst.
Bevölkerungs- und Beschäftigtenprognosen für den Gesamtkanton
2.3 Raumkonzept Kanton Schaffhausen Das Raumkonzept ist Bestandteil des kantonalen Richtplans und zeigt die angestrebte räumliche Entwicklung des Kantons auf und formuliert die aus gesamtkantonaler Sicht bedeutsamen Leitlinien für die Raumentwicklung.
1
Bevölkerungsszenario mittel (Referenzszenario 2015-2045) des Bundesamtes für Statistik (2016).
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Leitlinie für die Raumentwicklung
Abbildung 3
Raumkonzept (Auszug aus dem kantonalen Richtplan, Kapitel Raumkonzept)
Zentrale Zielaussagen des Raumkonzepts sind:
Angestrebte Entwicklung
Siedlungsentwicklung konzentrieren, innere Entwicklungspotenziale ausnutzen
Siedlungsentwicklung und Verkehrsangebot aufeinander abstimmen
Beanspruchung von Natur und Landschaft minimieren, zusammenhängende naturnahe Gebiete schonen, ökologische Vernetzung fördern
Charakter der Kulturlandschaften erhalten
Räume gemäss deren Potenzialen und Qualitäten unterschiedlich weiterentwickeln
Beziehungen zu Nachbarn pflegen und ausbauen
Neben der angestrebten räumlichen Entwicklung zeigt es die vorgesehene Wachstumsverteilung nach Raumtypen auf. Das zukünftige Bevölkerungs- und Beschäftigtenwachstum soll in erster Linie im Agglomerationskernraum, in zweiter Linie in den regionalen Zentren und
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Räumliche Steuerung des künftigen Wachstums
erst in dritter Linie im ländlichen Raum stattfinden. Tabelle 1 zeigt, welchen Anteil des erwarteten Wachstums die drei Raumtypen bis 2040 aufnehmen sollen, wie vielen Einwohnern und Beschäftigten dies entspricht und auf wie viele Gemeinden sich diese je Raumtyp verteilen. Für die Gemeinden bedeutet dies, dass sie die Voraussetzung dafür schaffen müssen, dass das prognostizierte Wachstum an den dafür vorgesehenen Lagen aufgenommen werden kann.
Raumtyp
Verteilung des Wachstums bis 2040 Anteil des Wachstums
Einwohner Anzahl und Gemeinden Beschäftigte im Raumtyp
Agglomerationskernraum
73,5%
15‘800
4
Regionale Zentren
6,5%
1400
2
Ländlicher Raum
20%
4300
20
Tabelle 1
Angestrebte Wachstumsverteilung nach Raumtypen (Kantonaler Richtplan Schaffhausen, 2019)
2.4 Kantonaler Richtplan Schaffhausen Der kantonale Richtplan (KRP) ist das strategische Führungsinstrument des Kantons für die Koordination und Steuerung der langfristigen räumlichen Entwicklung. Er gibt den Rahmen vor für die kommunale Planung und dient der Interessensabwägung auf übergeordneter Stufe. Vorhaben mit gewichtigen Auswirkungen auf Raum und Umwelt benötigen einen Eintrag im kantonalen Richtplan (Art. 8 Abs. 2 RPG). Kriterien für solche Vorhaben können sein: eine grosse Flächenbeanspruchung, das Erzeugen grosser Verkehrsströme oder ein hoher räumlicher oder organisatorischer Abstimmungsbedarf. Letzteres ist dann der Fall, wenn verschiedene Behörden und unterschiedliche planerische Ebenen an einem Vorhaben beteiligt sind. Beispiele für solche Vorhaben sind Einkaufszentren, grosse Freizeitanlagen, Kiesgruben oder Deponien.
KRP als Führungs- und Koordinationsinstrument
Aufgrund des revidierten Raumplanungsgesetzes wurde der kantonale Richtplan im Teil Siedlung teilrevidiert und damit der Paradigmenwechsel in der Raumplanung auch für den Kanton Schaffhausen vollzogen. Das Zeitalter der Innenentwicklung hat damit das Zeitalter der Einzonungen definitiv abgelöst (vgl. Kapitel 1.1). Siedlungsentwicklung im Bestand ist eine anspruchsvolle Aufgabe, welche hohe Anforderungen an die Siedlungsqualität stellt. Den Gemeinden kommt eine entscheidende Rolle zu, können sie doch mit einer strategischen Planung und
Zeitalter der Siedlungsentwicklung nach Innen hat begonnen
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Arbeitshilfe kommunale Planung: Rahmendokument – Stand: 20.05.2019
der Nutzungsplanung entscheidend dazu beitragen, dass eine qualitätsvolle Innenentwicklung gelingt. Der Kantonale Richtplan:
Zentrale Richtplaninhalte
macht Vorgaben für die Entwicklung von Siedlung, Verkehr und Landschaft.
legt als langfristigen Rahmen das Siedlungsgebiet gesamtkantonal auf maximal 2445 ha fest und hält fest, dass dieses gesamtkantonal nicht vergrössert werden darf.
zeigt auf, wie der Kanton Siedlungs- und Verkehrsentwicklung aufeinander abstimmt. Der öffentliche Verkehr (ÖV), der motorisierte Individualverkehr (MIV) und der Fuss- und Veloverkehr (LV) will der Kanton komplementär entwickeln, wobei insbesondere in der Agglomeration dem ÖV Priorität eingeräumt wird.
zeigt auf, wie der Kanton den Natur- und Landschaftsraum vom Siedlungsdruck entlasten will. Ein wichtiges Ziel liegt darin, offene Landschaft, Wald und Gewässer als Lebensräume zu erhalten und pflegen.
macht Vorgaben in den Bereichen Ver- und Entsorgung sowie öffentliche Bauten und Anlagen.
Der Kanton legt mit dem rechtskräftigen Richtplan (2019) mehr Gewicht auf eine gesamträumliche Betrachtung des Gemeindegebietes als bisher. Die Gemeinden sind gefordert, eigene planerische Ziele und Strategien zu entwickeln und damit eine aktivere gestaltende Rolle einzunehmen in der Planung.
Rahmen für die kommunale Planung neu definiert
Den Gemeinden wird empfohlen, jeweils frühzeitig den Austausch mit dem Kanton zu suchen. So können bereits zu Beginn gemeinsam tragfähige und zweckmässige Lösungen gesucht und Überraschungen in der Genehmigungsphase vermieden werden.
Frühzeitige Absprache Gemeinde / Kanton empfohlen
Weiterführende Grundlagen und Links Kantonaler Richtplan (Karte und Text): www.sh.ch Erläuterungsbericht zur Richtplanteilrevision (2018): www.sh.ch
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3 Kommunale Raumplanung
3.1 Interdisziplinäre Aufgabe und ständiger Entwicklungsprozess Die Rolle der Gemeinden in der Raumplanung ist zentral. Im Rahmen übergeordneter Vorgaben definieren sie ihre eigenen Entwicklungsvorstellungen und sorgen für eine grundeigentümerverbindliche Umsetzung bis hin zum Vollzug der geltenden Vorschriften durch die örtliche Baubehörde. Dabei sorgen sie auch für die Abstimmung raumplanerischer Aussagen mit denjenigen der Finanzund Investitionsplanung sowie weiteren Gemeindeaufgaben (wie zum Beispiel der Schulraumplanung).
Rolle der Gemeinde in der Raumplanung
Von entscheidender Bedeutung für das Gelingen ist, dass sich die Entscheidungsträger in der Gemeinde dieser Chance bewusst sind und einer aktiven Rolle verpflichten. Gemeinden mit einer ganzheitlichen, differenzierten und reflektierten eigenen Vorstellung der kommunalen Entwicklung sind im Vorteil. Sie können sowohl gegenüber den Grundeigentümern und der Bevölkerung als auch gegenüber dem Kanton mit guten Argumenten überzeugen. Damit übernehmen sie massgeblich Verantwortung für die Gestaltung des Lebensraumes.
Grosser Einfluss der Gemeinden auf die Lebensraumgestaltung
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Abbildung 4
Raumplanung als Gesamtschau (Quelle: Baudirektion Kanton ZH, angepasst)
Die Vorgaben seitens Bund und Kanton sind strenger geworden. Von einer Gemeinde wird heute in der Raumplanung erwartet, dass sie sich gesamtheitlich mit ihrer Entwicklung beschäftigt. Diese Aufgabe ist als Chance für die Gestaltung des Lebensraumes in den Gemeinden zu verstehen. Mit der strategischen Gesamtschau soll die Planung nicht unnötig verkompliziert werden. Im Gegenteil: sie soll dazu dienen, Eckwerte der Entwicklung bereits in einer frühen Phase festzulegen und die spätere (grundeigentümerverbindliche) Planung so zu vereinfachen.
Strategische Gesamtschau als Neuerung mit grossem Mehrwert
Eine Schlüsselrolle in der kommunalen Planung kommt dabei der Exekutive zu. Sie ist es, welche die Zielrichtung der Gemeindeentwicklung unter Einbezug der Bevölkerung vorgibt (vgl. Kap. 3.3). Sie kann und soll eine aktive, gestaltende Rolle in der kommunalen Planung übernehmen. Wichtige Aufgaben der Exekutive sind:
Aufgaben der Exekutive
Entwicklung einer realistischen Zukunftsvorstellung
Verabschiedung einer konsolidierten, ganzheitlichen und abgestimmten strategischen Planungsgrundlage (z. B. räumliches Entwicklungskonzept, kommunale Siedlungsentwicklungsstrategie)
Umsetzung der strategischen Grundlage in der Nutzungsplanung
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Abbildung 5
Kommunale Planung als Entwicklungsprozess
Während bis anhin die meisten Gemeinden ungefähr alle 15 Jahre im Rahmen einer Gesamtrevision den Zonenplan und die Bauordnung angepasst haben, sind die Herausforderungen komplexer geworden und verlangen eine neue Herangehensweise und ein neues Grundverständnis der kommunalen Planung.
von der Gesamtrevision der Nutzungsplanung alle 15 Jahre…
Die kommunale Planung muss heute als ständiger Entwicklungsprozess betrachtet werden. Idealtypisch können im wiederkehrenden Planungszyklus einer Gemeinde fünf Phasen unterschieden werden (vgl. Abbildung 4). Basierend auf einer fundierten Analyse und einer ganzheitlichen Betrachtung von Siedlung, Landschaft und Verkehr wird eine Entwicklungsstrategie erarbeitet. Diese zeigt die mittel- und langfristigen Entwicklungsvorstellungen der Gemeinde auf und dient als Richtschnur für die Übersetzung in den formellen Planungsinstrumenten, allen voran in der Bauordnung und dem Zonenplan sowie in Quartierplänen. Die dritte Phase besteht in der Umsetzung der formellen Planungen in weiterführenden planerischen Verfahren (z. B. Landumlegung) oder in konkreten Bauprojekten. Im gesamten Planungszyklus gilt es, vorhandene Planungsinstrumente auf veränderte Rahmenbedingungen und neue Zielvorstellungen anzupassen und gegebenenfalls um neue Instrumente zu ergänzen. In der letzten Phase des Planungszyklus, der Controlling-Phase wird diesem Aspekt besondere Beachtung geschenkt.
… zu laufender Planung in einem wiederkehrenden Zyklus
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Arbeitshilfe kommunale Planung: Rahmendokument – Stand: 20.05.2019
3.2 Aufgaben der kommunalen Planung Siedlungsentwicklung Mit der Raumplanung haben die Gemeinden einen wesentlichen Einfluss darauf, welche Siedlungsentwicklung wo und in welcher Art stattfindet. Eine wichtige planerische Aufgabe der Gemeinden ist das Bereitstellen von baulichen Entwicklungsmöglichkeiten an geeigneten Standorten (Bauzonendimensionierung und -anordnung), wobei dies im Rahmen der Vorgaben des Raumplanungsgesetzes (Art. 15 RPG) sowie des kantonalen Richtplanes erfolgen muss. Der Fokus ist dabei in allen Gemeinden auf eine Siedlungsentwicklung nach innen (durch Erneuerung, Umnutzung, Umstrukturierung) sowie das Erhalten der ortsbaulichen Qualitäten zu legen. Der Ortsbildschutz ist dabei eine gesetzlich vorgegebene Pflicht der Gemeinden (vgl. Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz sowie Gesetz über den Natur- und Heimatschutz im Kanton Schaffhausen). Als Grundlage für die Bauzonendimensionierung ist eine intensive Auseinandersetzung mit den aktuellen Qualitäten der Gemeinde und ihrer Quartiere notwendig, um darauf basierend eine realistische Entwicklungsvorstellungen zu erarbeiten. Der kantonale Richtplan gibt vor, dass die Gemeinden ihre kommunalen Entwicklungsvorstellungen in einer Siedlungsentwicklungsstrategie festhalten als Grundlage für eine Revision der Nutzungsplanung (vgl. Kapitel 3.4.)
Leitfragen zur Siedlungsentwicklung Wie ist die Gemeinde innerhalb des Kantons positioniert (Agglomerationskernraum, regionales Zentrum oder ländlicher Raum)? Wie wird sich die Einwohnerzahl und die Zahl der Beschäftigten in der Gemeinde voraussichtlich entwickeln (Prognosen)? Welches Wachstum wird für die Gemeinde unter Berücksichtigung der kantonalen Vorgaben angestrebt? Welches sind die Ziele der Siedlungsentwicklung? Wo besteht Handlungsbedarf? Welche Qualitäten und Defizite weisen die einzelnen Quartiere auf? Welche Quartiere und Areale eignen sich für eine Aufwertung, Erneuerung, Weiterentwicklung oder Transformation? Welche sollen bewahrt werden?
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Fokus Siedlungsentwicklung nach innen
Wie können ortsbauliche Qualitäten erhalten oder gestärkt werden? Welche Vorgaben aus dem Ortsbildschutz sind zu beachten? Sind ausreichend Grün- und Freiflächen im öffentlichen Raum verfügbar? Wie steht es um deren Qualität und Vernetzung, sind Aufwertungen notwendig? Wie kann die Siedlungsentwicklung das Mikroklima positiv beeinflussen (z. B. durch die Stellung der Baukörper zur optimalen Durchlüftung sowie Vermeidung von Wärmeoder Kälteinseln)? Besteht Handlungsbedarf betreffend Anordnung oder Grösse der Arbeitszonen? Passen Nachfrage und Angebot zusammen? Welche Auswirkungen hat die beabsichtigte Entwicklung auf den Verkehr sowie auf den Infrastrukturbedarf (Schulhäuser, öffentliche Gebäude, Strassen…) und die Gemeindefinanzen?
Verkehrsentwicklung Eine Herausforderung und wichtige Aufgabe der kommunalen Planung besteht in der Abstimmung der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung. Es ist genau zu überlegen, wo Innenentwicklung oder auch Neueinzonungen aus verkehrlicher Sicht vertretbar sind und wo nicht. In der Siedlungsentwicklungsstrategie ist deshalb der Umgang mit allfälligem Mehrverkehr aufgrund einer Innenentwicklung zu behandeln.
Leitfragen zur Verkehrsentwicklung Wie ist die Gemeinde innerhalb des Kantons positioniert (Agglomerationskernraum, regionales Zentrum oder ländlicher Raum)? Wie wird sich die Einwohnerzahl und die Zahl der Beschäftigten in der Gemeinde voraussichtlich entwickeln (Prognosen)? Welches Wachstum wird für die Gemeinde unter Berücksichtigung der kantonalen Vorgaben angestrebt? Welche Qualitäten und Defizite bestehen in den verschiedenen Gemeindeteilen bezüglich der Erschliessung mit dem ÖV, für den MIV sowie für den Fuss- und Veloverkehr?
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Abstimmung Siedlung und Verkehr
Wie kann Verkehr vermieden werden und wie kann der verbleibende Verkehr möglichst siedlungsverträglich abgewickelt werden? Welchen Einfluss haben die bestehenden oder geplanten Nutzungsvorgaben in bestimmten Gebieten auf den Verkehr aus (z. B. bei Einkaufsnutzungen)? Welche Ziele bestehen für die Verkehrsentwicklung – u. a. hinsichtlich Qualität, Modal Split, Lärmbelastung der Quartiere, Gestaltung, etc.? Mit welchen Massnahmen können diese Ziele in welchem Zeitraum erreicht werden? Genügt die Erschliessung den kantonalen Vorgaben gemäss Art. 7 der Bauverordnung? Welche Erschliessungsmassnahmen sind im Zusammenhang mit der beabsichtigten Siedlungsentwicklung notwendig? Welche Konsequenzen ergeben sich aus der verkehrlichen Situation für die Entwicklung einzelner Quartiere und umgekehrt? Sind stellenweise Reduktionen von Parkplätzen möglich? Sind die Möglichkeiten des öffentlichen Verkehrs, des Fuss- und Veloverkehrs und des motorisierten Individualverkehrs optimal aufeinander abgestimmt? Werden die Strassenräume und insbesondere die Ortsdurchfahrten den Ansprüchen der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer (sowohl Motorfahrzeuge, Fahrräder, Fussgänger, etc.) gerecht? Sind sie als wichtige öffentliche Räume siedlungsverträglich gestaltet? Sind die Haltestellen des öffentlichen Verkehrs behindertengerecht gestaltet und optimal ans Fuss- und Veloverkehrsnetz angebunden?
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Landschaftsentwicklung Die Aufgabe der Gemeinde besteht in der Erhaltung und Aufwertung der Landschaft. Der Natur- und Landschaftsraum soll vom Siedlungsdruck entlastet werden. Offene Landschaften, Wald und Gewässer sollen als wichtige Lebensräume erhalten bleiben und gepflegt werden.
Leitfragen zur Landschaftsentwicklung Sind die Planungsgrundlagen ausreichend? Ist das kommunale Naturschutzinventar zu aktualisieren? Welche Qualitäten und Defizite weist der Natur- und Landschaftsraum auf? Welche Nutzungsansprüche bestehen an den Natur- und Landschaftsraum (Erholung, Naturschutz, Landwirtschaft, etc.)? Wo bestehen Nutzungskonflikte? Welche Ziele bestehen für die Landschaftsentwicklung? Wo besteht Handlungsbedarf? Welche wertvollen Lebensräume sollen geschützt und/oder untereinander vernetzt werden? Wie kann eine Zerschneidung von wertvollen Landschaftskammern vermieden oder reduziert werden? Gibt es genügend ökologisch wertvolle Flächen? Mit welchen Massnahmen können diese gestärkt werden? Sind die bestehenden Lebensräume bereits ausreichend geschützt? Dabei sind die kommunalen, kantonalen und Bundesinventare zu berücksichtigen. Welche Lebensräume sollen über das Nutzungsplanungsverfahren grundeigentümerverbindlich geschützt werden? Wurde an die Umsetzung der Schutzzonen des Richtplans als (überlagernde) Naturschutzzone im Zonenplan gedacht? Mit welchen Massnahmen kann den Nutzungskonflikten begegnet werden? Sind besondere Naturschutzmassnahmen angezeigt (z. B. ökologische Ausgleichsmassnahmen, Biotopschutzmassnahmen, Massnahmen zur Erhaltung von Trockenwiesen, Wasser- und Zugvogelreservaten oder Wildtierkorridoren)?
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Arbeitshilfe kommunale Planung: Rahmendokument – Stand: 20.05.2019
Landschaft erhalten und weiterentwickeln
Ver- und Entsorgung Die kommunale Planung muss sicherstellen, dass die Ver- und Entsorgungsinfrastrukturen (Wasser, Abwasser, Energie, Abfälle) effizient organisiert sind und für die angestrebte Entwicklung ausreichende Kapazitäten aufweisen. Sie trägt dazu bei, dass die übergeordneten Energie- und Klimaziele erreicht werden.
Ausreichende Ver- und Entsorgung
Leitfragen zur Ver- und Entsorgung Sind die Versorgungs- und Entsorgungsinfrastrukturen für die angestrebte oder prognostizierte Entwicklung von Einwohnern und Arbeitsplätzen ausreichend? Welche Auswirkungen werden durch die Siedlungs- und Verkehrsentwicklung auf den Energie- und Ressourcenbedarf erwartet? Besteht eine Strategie zur nachhaltigen Energieversorgung? Wurden Möglichkeiten zur Versorgung mit erneuerbaren Energien geprüft (z. B. Wärmeverbünde)?
Öffentliche Bauten und Anlagen Die kommunale Planung stellt letztlich sicher, dass die Flächen für öffentliche Bauten und Anlagen (ÖBA) mit dem künftigen Bedarf übereinstimmen (z. B. hinsichtlich Schulraum).
Leitfragen zu den ÖBA Reicht das Angebot an Flächen für öffentliche Bauten und Anlagen (Werkhof, Schulhäuser o.ä.) für die angestrebte bzw. erwartete Entwicklung aus? Besteht z. B. eine langfristige Schulraumplanung basierend auf einer Schülerprognose? Reichen die Kapazitäten der bestehenden Schulhäuser aus, die erwartete Nachfrage zu decken? Können. überdimensionierte öffentliche Bauten und Anlagen, die langfristig nicht mehr benötigt werden, einer anderen Nutzung zugeführt werden?
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ÖBA-Bedarf abschätzen und decken
3.3 Der kommunale Planungsprozess Organisation des Verfahrens Mit kommunalen Planungsprozessen sind unterschiedliche kommunale wie auch kantonale Behörden und Gremien betraut. Die kommunalen Planungsprozesse müssen darum zweckmässig und effizient organisiert werden. Stolpersteine sind früh zu identifizieren. Entscheidungen müssen sorgfältig vorbereitet und von den zuständigen Stellen getroffen werden. Ein allgemeingültiges Rezept für das Verfahren gibt es nicht. Dieses ist abhängig von der konkreten Fragestellung und der planerischen Aufgabe zu konkretisieren.
Leitfragen zur Organisation des Planungsverfahrens Welche Planungsinstrumente sind für die verbindliche Festlegung der planerischen Absichten zu erarbeiten? Wie kann der Planungsprozess effizient und zielführend organisiert werden? Soll zur Klärung dieser Frage vorgängig eine externe Beratung eingeholt werden? Welche Grundlagenarbeiten sind notwendig, um die Planung in Angriff zu nehmen? Ist das notwendige Fachwissen bei den zuständigen Akteuren vorhanden oder ist es sinnvoll, externe Spezialisten einzubeziehen? Dabei sind je nach Komplexität und Fragestellung andere Fachkreise bzw. Fachleute gefragt. Welches Planungsbüro soll beauftragt werden, ist eine Ausschreibung der Planerleistungen notwendig/sinnvoll? Welcher finanzielle Rahmen (Planungskredit) ist erforderlich, um sämtliche prozessuale Anforderungen zu erfüllen? Welcher Zeitrahmen ist notwendig bzw. sinnvoll, um innert nützlicher Frist alle relevanten Inhalte zu erarbeiten und diese mit allen relevanten Akteuren abstimmen zu können? Sind die relevanten kommunalen Stellen (kommunale Verwaltung, Baureferat, Exekutive) in die Erarbeitung der Planung einbezogen?
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Arbeitshilfe kommunale Planung: Rahmendokument – Stand: 20.05.2019
Auf konkrete Aufgabe abgestimmtes Verfahren
Sind die politischen Entscheidungsträger (Exekutive sowie ggf. Parlament oder Stimmbevölkerung) so in die Erarbeitung eingebunden, dass eine genügend breite Abstützung erreicht wird? Sollen weitere Interessenvertreter (z. B. Verbände) punktuell eingebunden werden? Welche Behörden müssen welche Entscheidungen treffen? Welche Entscheidungen können von der Verwaltung gefällt werden? Wie kann die Genehmigungsfähigkeit der Planung frühzeitig gewährleistet werden (etwa durch frühzeitiges Standortgespräch mit der Prüfbehörde PNA oder durch Einbezug der Stimmbevölkerung im Rahmen eines Partizipationsprozess)?
Mitwirkung der Bevölkerung Kommunale Planung betrifft unterschiedlichste Anspruchsgruppen. Gerade die Siedlungsentwicklung nach innen im bereits bebauten Gebiet erfordert mehr als früher eine klare und verständliche Vermittlung der Planungsinhalte sowie die Einbindung der Betroffenen (Grundeigentümer, Bevölkerung, Gewerbe, Verwaltung, Verbände) mit ihren Anliegen. Die Mitwirkung dient dazu, die Öffentlichkeit über Ziele und Inhalt einer Planung zu informieren. Das Baugesetz gibt vor, dass «in geeigneter Weise» eine Mitwirkung der Bevölkerung erfolgen muss.
Mitwirkung der Bevölkerung als Pflicht
Art. 3 Baugesetz 1
Der Kanton und die Gemeinden unterrichten die Öffentlichkeit über Stand, Ablauf, Inhalt und Ziele der Richt- und Nutzungsplanungen und ermöglichen in geeigneter Weise eine rechtzeitige Mitwirkung der Bevölkerung. 2
Die Behörden nehmen Anregungen und Einwände entgegen, prüfen diese bei der weiteren Bearbeitung und beantworten sie in geeigneter Form.
Für die formellen Planungen bedeutet dies, dass im Minimum die Pläne öffentlich aufgelegt werden müssen und ein Einwendungsverfahren durchzuführen ist.
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Minimum: Einwendungsverfahren gemäss BauG
Unter Partizipation wird dagegen der mehrfache und umfassende Einbezug von Akteuren (z. B. der Öffentlichkeit) im Rahmen eines Planungsverfahrens verstanden, sofern er über das im Baugesetz vorgeschriebene Minimum der formellen Mitwirkung hinausgeht. Indem die Meinung betroffener oder interessierter Akteure in einer frühen Phase der Planung abgeholt wird, wird Verständnis und Akzeptanz geschaffen und die Chance auf eine erfolgreiche Umsetzung der Planung erhöht. Partizipative Prozesse tragen in der Regel wesentlich zur Abstützung eines Planungsvorhabens bei. Dies kann sehr wichtig sein, insbesondere wenn z. B. eine Abstimmung an der Gemeindeversammlung ansteht.
Leitfragen zur Mitwirkung der Bevölkerung Welche Anspruchsgruppen sind durch die beabsichtigte Planung betroffen? Wie können deren Interessen und deren Wissen in die Planung einfliessen? Welches sind geeignete Formen und passende Zeitpunkte eines Einbezugs der verschiedenen Anspruchsgruppen? Ist es sinnvoll, einen partizipativen Prozess mit engerem Einbezug der Bevölkerung und Anspruchsgruppen durchzuführen oder reicht die gesetzlich vorgesehene Mitwirkung aus? Kann der Partizipationsprozess ergebnisoffen geführt werden? Was ist genau verhandelbar, was nicht? Die Beteiligten müssen bereit sein, ihre Präferenzen zu Gunsten anderer, besser bewerteter Optionen zurückzustufen. Gleichzeitig ist ein klarer Rahmen für die Diskussion unerlässlich. Welches Ziel wird genau mit der Partizipation verfolgt? Aus dem Ziel des Verfahrens leiten sich die Wahl der Methode und die Auswahl der Teilnehmenden ab. Steht der Gemeinderat hinter dem Partizipationsprozess? Wer ist verantwortlich und führt den Prozess (in der Regel die Exekutive)? Sind die notwendigen Ressourcen zur Durchführung der Partizipation und für die Öffentlichkeitsarbeit eingestellt? Sollen externe Fachleute mit der Aufgabe betraut werden, den Partizipationsprozess zu konzipieren und zu moderieren?
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Partizipation ist mehr als formelle Mitwirkung und erhöht die Erfolgschancen
Wie sollen die Ergebnisse der Partizipation gesichert werden? Wie konkret müssen die Ergebnisse sein, um sinnvoll ins vorgesehene Planungsinstrument überführt werden zu können? Wie können die Inhalte der Planung allgemeinverständlich vermittelt werden?
3.4 Instrumente der kommunalen Planung Die nachfolgende Tabelle beschreibt die Instrumente der kommunalen Planung, deren Zweck und erwünschte Wirkung. Weiter wird die rechtliche Grundlage eines Instrumentes (wo vorhanden) genannt und die Zuständigkeiten und Verbindlichkeiten werden aufgezeigt. Für weitergehende Informationen zu den einzelnen Instrumenten wird auf die verschiedenen Module der Arbeitshilfe kommunale Planung auf der Webseite des Kantons verwiesen.
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Überblick kommunale Planungsinstrumente
Typ
Instrument
§
Kurzbeschrieb
Formelle strategische Instrumente
Siedlungsentwicklungsstrategie
KRP 2-31/1
Grundlage für Genehmigung kommunaler Planungen (insbesondere Bauordnung und Zonenplan)
Mittel- bis langfristige Entwicklungsvorstellungen und Umsetzungsstrategien
Zeigt insbesondere auf, wie eine hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen erreicht werden soll
Berücksichtigt Vorgaben des KRP
Zur Organisation der technischen/finanziellen/zeitlichen Durchführung der Erschliessung
Unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der Erschliessung mit öffentlichen Verkehrsmitteln
Die Erschliessung eines Quartiers wird vom Gemeinderat nach Bedarf durch eine Landumlegung oder durch die öffentliche Auflage von Baulinien- oder Quartierplänen in die Wege geleitet
Kommunaler Erschliessungsrichtplan
Art. 28 BauG
Kommunaler Strassenrichtplan
Art. 27 Strassengesetz
Teilt Gemeindestrassen in unterschiedliche Strassentypen ein
Enthält das Netz der bestehenden und künftigen Gemeindestrassen, getrennt nach Einteilung, und die wichtigsten Knotenpunkte sowie die Radrouten und Wanderwege
Informelle strategische Instrumente
Masterplan / Gebietsplanung
-
Integrierender Gesamtplan für bestimmtes Planungsgebiet
Thematisch umfassend, berücksichtigt alle relevanten Aspekte
Wird von betroffenen Akteuren gemeinsam und koordiniert erarbeitet
Grundordnung / Rahmennutzungsplan
Bauordnung und Zonenplan
Umsetzung der Vorgaben aus der kantonalen Richtplanung sowie der strategischen Planungen der Gemeinde
Regelung Art und Mass der Bodennutzung, Unterscheidung von Bau- und Landwirtschafts- sowie Schutzzonen
Art. 6-11 BauG
Festsetzung / Beschluss (*)
Genehmigung (*)
Verbindlichkeit
Stadt-/Gemeinderat bzw. Gemeindeversammlung
Keine (Kenntnisnahme durch Planungs- und Naturschutzamt)
Keine (Selbstverpflichtung)
Stadt-/Gemeinderat
Keine (Kenntnisnahme Planungs- und Naturschutzamt)
Behördenverbindlich
Stadt-/Gemeinderat
Regierungsrat
Behördenverbindlich
Stadt-/Gemeinderat
-
Keine (Selbstverpflichtung)
Gemeindeversammlung / Parlament
Regierungsrat
Grundeigentümerverbindlich
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Typ
Instrument
§
Kurzbeschrieb
Weitere Instrumente der kommunalen Nutzungsplanung
Quartierplan
Art. 17 BauG
Regelt Erschliessung oder Gestaltung eines Teilgebietes der Gemeinde
Zweck: spezifisches Gebiet mittels besonderer dem Ort angepassten Bauvorschriften qualitätsvoll weiterentwickeln
Ermöglicht Abweichungen von der Bauordnung (ausser Zweck der Zone, zulässige Abweichungen sind in Bauordnung festzulegen)
Quartierplanpflicht: Festlegung im Zonenplan
Baulinien bezeichnen Mindestabstand der Bauten und Anlagen von öffentlichen Verkehrs- und Versorgungsanlagen oder Wäldern
Begrenzen Bebauung und dienen insbesondere der Sicherung bestehender und geplanter Anlagen und Flächen sowie der baulichen Gestaltung
Können auch zur Erfüllung gestalterischer, ästhetischer, naturoder landschaftsschützender Aufgaben erlassen werden (z. B. zur Festlegung von Stellung und Grundriss von Gebäuden in schutzwürdigen Gebieten)
Unter Angabe des besonderen Zwecks sind auch andere Baulinien möglich (z. B. Innenbaulinien, Sekundärbaulinien, Katastrophenbaulinien)
Kann angeordnet werden, wenn die Durchführung einer Planung oder die zweckmässige Nutzung oder Erschliessung eines Gebiets gemäss Bauordnung, Zonen-, Baulinien-, oder Quartierplan erschwert sind
Regelt Grundeigentum neu (teilt Parzellen neu zu)
Erfordert i.d.R. parallele Erarbeitung eines Quartierplans
Baulinienpläne
Landumlegungsplan
Art. 12 BauG
Art. 19-22 BauG
Festsetzung / Beschluss (*)
Genehmigung (*)
Verbindlichkeit
Stadt-/Gemeinderat
Baudepartement
Grundeigentümerverbindlich
Stadt-/Gemeinderat
Baudepartement
Grundeigentümerverbindlich
Stadt-/Gemeinderat
Baudepartement
Grundeigentümerverbindlich
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Typ
Inventare
Genehmigung (*)
Verbindlichkeit
Stadt-/Gemeinderat (i.d.R.)
Baudepartement
Grundeigentümerverbindlich
Naturschutzinventar, Denkmalpflegeinventar, Grundlagenplan Landwirtschaft
Regierungsrat
-
Behördenverbindlich
Naturschutzinventar, Denkmalinventar
Stadt-/Gemeinderat
Regierungsrat
Behördenverbindlich
Generieren und Abwägen von Lösungsvorschlägen für eine konkrete Aufgabe
-
-
-
Wettbewerb: in der Regel mit Siegerprojekt, das weiterbearbeitet wird
Ideenwettbewerb: Weitere Planung/Auftrag nicht zwingend
Studienauftrag: Planungsauftrag, ev. mit Dialog, weitere Planung / Auftrag nicht zwingend
Testplanung
z. B. Ortsbildkommission als beratendes Gremium des Gemeinderats
-
-
Beratung bei Fragen der Ästhetik und der Einpassung von Bauten ins Siedlungsgebiet
z. B. Prüfung von Baubegehren in gestalterischer Hinsicht, Überprüfung von Bebauungsplänen oder Tiefbauprojekte auf ihre städtebauliche und architektonische Qualität.
Kann in BZO grundeigentümerverbindlich verankert werden
§
Kurzbeschrieb
Grenzbereinigung
Art. 23 BauG
Zur Behebung von ungünstigen (d.h. zweckmässige Bebauung verhindernden) Grenzverläufen zwischen Grundstücken
Resultat des Verfahrens: baureife und für zweckmässige Überbauung geeignete Parzellen
Kantonale Inventare
-
Kommunale Inventare Qualitätssichernde Verfahren
Festsetzung / Beschluss (*)
Instrument
Ideenwettbewerb, Testplanung, Studienauftrag
Begleitgremium zur Qualitätssicherung
-
-
(*) Die zuständigen Organe der Exekutive oder Legislative können in einzelnen Gemeinden auch anders bezeichnet sein. Hier sind die Bezeichnungen verwendet, die in den meisten Gemeinden gelten.
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