Arbeitshilfe Kommunale Planung Modul Quartierplan

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Arbeitshilfe Nutzungsplanung Modul Quartierplan


Impressum: Kanton Schaffhausen Planungs- und Naturschutzamt (PNA) Beckenstube 11 8200 Schaffhausen Tel. +41 52 632 73 23 E-Mail pna.planung@ktsh.ch Aus Gr체nden der besseren Lesbarkeit haben wir auf die Nennung der m채nnlichen und weiblichen Form verzichtet. Es sind selbstverst채ndlich immer beide Geschlechter gemeint. Die Arbeitshilfe ist in elektronischer Form auf www.sh.ch erh채ltlich.


Was ist ein Quartierplan?

Ein Quartierplan regelt die Erschliessung, Gestaltung und Überbauung eines Areals. Der Quartierplan ist aber vor allem ein Werkzeug, um Qualität zu sichern und Rechtssicherheit für die Bauherrschaft zu schaffen. An wen richtet sich dieses Heft? Mit der vorliegenden Broschüre sollen die Anforderungen an die Quartierplanung näher beleuchtet werden. Adressaten der vorliegenden Arbeitshilfe sind insbesondere Planer, Projektverfasser, Bauherrschaften als Auftraggeber, und Gemeindebehörden. Die Broschüre richtet sich aber auch an übrige Interessierte und Betroffene aus der Bevölkerung, welche sich über das Planungsinstrument der Quartierplanung informieren wollen.

Was ist ein Quartierplan? Ein Quartierplan ist ein Sondernutzungsplan. Er ist mit seinem höheren Detaillierungsgrad eine Ergänzung zum Zonenplan. Er dient dazu, die Erschliessung, Gestaltung und Überbauung eines Teilgebietes einer Gemeinde festzulegen. In einem Quartierplan ist der haushälterischen Nutzung des Bodens, dem

umweltschonenden, energiesparenden Bauen, den architektonisch und ästhetisch guten Bauten, der Einbettung der geplanten Überbauung in die Dorfsstruktur und Landschaft, der Gestaltung der Fussgänger- und Veloverbindungen und der Erschliessung mit öffentlichen Verkehrsmitteln besondere Beachtung zu schenken. Zu einem Quartierplan gehören besondere Bauvorschriften, verschiedene Pläne und ein Planungsbericht. Oft ist es so, dass ein Gebiet, über das ein Quartierplan erstellt werden soll, nicht optimal parzelliert ist. Dann kommt es vor der Erstellung des Quartierplans oder mit der Erstellung des Quartierplans zu einer Landumlegung.

Welche Anforderungen muss ein Quartierplan erfüllen? Mit der Quartierplanung soll, neben dem Erreichen der technischen Baureife, unter anderem eine hohe Qualität beim öffentlichen und privaten Aussenraum erzielt werden. Dabei ist es wichtig, die Überbauungsdichte, die Quartierstruktur, die Strassen- und Freiräume aufeinander abzustimmen. Weiter ist es wichtig die örtliche Umgebung sowie die Landschaft zu berücksichtigen. So kann ein wesentlicher Beitrag zur Siedlungsqualität geleistet werden. Falls vorgesehen, gelten für

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Was ist ein Quartierplan?

die Ersteller der Quartierpläne im Gegenzug Sonderregelungen. Ein Quartierplan erlaubt es, mehr oder weniger höher und dichter zu bauen als die Regelbauweise das erlaubt. Ein Quartierplan ist bei Überbauungen, die raumplanerisch besonders bedeutsam sind, anzuordnen.

In welchem Mass darf der Quartierplan von der Regel abweichen? Sofern vorgesehen, kann mit einem Quartierplan von der Regelbauweise abgewichen werden. Man kann eine höhere Ausnützung der Grundstücke beanspruchen. Allenfalls kann höher gebaut werden. Eine Mindernutzung kann ebenfalls Ziel einer Quartierplanvorschriften sein. Abweichungen setzen jedoch voraus, dass die Abweichungen von der Regelbauweise in der Bauordnung verankert sind. Fehlen diese Angaben in der Bauordnung, so gilt die Regelbauweise. Die geplante Überbauung muss in die Umgebung eingepasst werden und sie muss architektonisch und gestalterisch eine hohe Qualität aufweisen. Fehlen diese Voraussetzungen, so kann nicht von der Regelbauweise abgewichen werden. Vom Zweck der Zone darf nicht abgewichen werden.

Welche Interessen können in einem Quartierplan verfolgt werden? Öffentliche Interessen, zum Beispiel Strassenverbindungen, Langsamverkehrswege, Aussichtsbereiche, Quartierfreiräume, der ökologischer Ausgleich oder auch der öffentliche Verkehr, werden im Rahmen der Quartierplanung abgeklärt, formuliert und räumlich festgelegt. Ebenso festgelegt werden kann in einem Quartierplan die Überbauungsdichte. Der Quartierplan soll sich nach den Grundsätzen, die im Siedlungsentwicklungsleitbild formuliert wurden, ausrichten. In einem

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kommunalen Richtplan festgehaltene Rahmenbedingungen werden ebenfalls in die Quartierplanung übernommen. Im Rahmen eines Planungsprozesses werden sämtliche öffentliche und privaten Interessen gegeneinander abgewogen.

Welche Vorteile hat ein Quartierplan? Ein Quartierplanverfahren soll eine qualitätsvolle Entwicklung der Quartiere gewährleisten. Diese öffentlichen Interessen werden räumlich festgelegt und nachvollziehbar dargestellt. Durch die höheren Anforderungen gegenüber der Regelbauweise kann mit einem Quartierplan gerade auch bei dicht genutzten Gebieten die notwendige Qualität sichergestellt werden. Der Quartierplan gibt der Bauherrschaft und den Anwohnern Aufschluss über die zu erwartenden Veränderungen und Entwicklungen. Ebenfalls gibt der Quartierplan Auskunft über allfällige Einschränkungen. Der Quartierplan schafft ein hohes Mass an Rechtssicherheit. Empfehlenswert ist eine freiwillige Vorprüfung des Quartierplans durch das Baudepartement.

Wie läuft das Verfahren ab? Das Verfahren wird auf Gesuch eines Privaten oder durch den Gemeinderat angestossen. Die Unterlagen zu einem Quartierplan werden an den Gemeinderat gesandt. Dieser beschliesst den Quartierplan. Die vom Gemeinderat beschlossenen Unterlagen - das sind Pläne, Bauvorschriften und der Planungsbericht - werden während 20 Tage zur Einsicht aufgelegt und im Amtsblatt publiziert. Die betroffenen Grundeigentümer sind davon mit eingeschriebenem Brief in Kenntnis zu setzen. Innerhalb der Auflagefrist können gegen einen Quartierplan beim Gemeinderat schriftlich Einsprachen erhoben werden. Der Gemeinderat entscheidet über

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Was ist ein Quartierplan?

die Einsprachen, sofern sie nicht auf gütlichem Wege erledigt werden können. Der weitere Rechtsweg richtet sich nach dem Gesetz über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen. Anschliessend an die öffentliche Auflage und an die allfälligen Erledigungen von Einsprachen, werden die Unterlagen an das Planungs- und Naturschutzamt (PNA) des Kantons gesandt. Dieses führt die kantonsinterne Vernehmlassung durch und erstellt anschliessend die Verfügung zu Handen des Baudepartementes. Mit der Genehmigung durch das Baudepartement wird ein Quartierplan verbindlich. Sind im Quartierplan Landumlegungen integriert, so setzt der Gemeinderat nach der Genehmigung des Baudepartementes den Zeitpunkt des Vollzuges der Landumlegung fest und meldet die sich aus dem Umlegungsplan ergebenen Eintragungen beim Grundbuchamt an.

Quartierplanverfahren Ablauf Beschluss Je nach Vorgabe der Bauordnung kann der Gemeinderat für ein genau bezeichnetes Gebiete Quartierpläne erstellen. Der Gemeinderat beschliesst den Quartierplan. Vorprüfung Ein Quartierplan kann beim Planungs- und Naturschutzamt (PNA) zur Vorprüfung eingereicht werden. Öffentliche Ausschreibung Der Quartierplan ist im Amtsblatt auszuschreiben. Die Planunterlagen und der Planungsbericht mit den entsprechenden Vorschriften sind in der Gemeinde während 20 Tagen öffentlich zur Einsicht aufzulegen. Die betroffenen Grundeigentümer sind davon mit eingeschriebenem Brief in Kenntnis zu setzen. Einspracherecht Innerhalb der Auflagenfrist von 20 Tagen kann gegen einen Quartierplan beim Gemeinderat schriftlich Einsprache erhoben werden. Der Gemeinderat entscheidet über die Einsprachen. Genehmigung Der Quartierplan wird beim Planungs- und Naturschutzamt zur Genehmigung eingereicht. Das Baudepartement (Baudirektor) entscheidet über die Genehmigung. Wird gegen einen Quartierplan Rekurs erhoben, so erfolgt die Genehmigung durch den Regierungsrat. Rekursrecht Den Betroffenen steht das Rekursrecht zu. Sie können bis spätestens 20 Tage nach Erhalt der schriftlichen Verfügung Rekurs gegen den Entscheid einlegen. Voraussetzung ist, die Betroffenen haben bereits beim Gemeinderat Einsprache erhoben. Rekurse werden durch den Regierungsrat behandelt. Anmerkung Der gleiche Verfahrensablauf gilt für die Landumlegung und den Baulinienplan.

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Gesetz über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen (Baugesetz)

Quartierplanung

Landumlegung

Art.17 1 Der Gemeinderat legt mit dem Quartierplan die Erschliessung oder Gestaltung eines Teilgebietes der Gemeinde fest. Der haushälterischen Nutzung des Bodens, dem umweltschonenden, energiesparenden sowie architektonisch und ästhetisch guten Bauen und der Gestaltung der Fussgänger- und Fahrradverbindungen ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. 2 Auch für überbaute Gebiete können Quartierpläne und besondere Vorschriften erlassen werden. 3 In Neubauquartieren und bei Überbauungen, die raumplanerisch besonders bedeutsam sind, ist vor Erteilung einer Baubewilligung ein Quartierplanverfahren anzuordnen, in dem auch die Möglichkeiten der Erschliessung mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufzuzeigen sind. 4 Wenn in einer Materialabbauzone die Bodenschätze durch mehr als ein Unternehmen abgebaut werden sollen, erlässt der Gemeinderat einen Quartierplan, der die Abbauetappen sowie allfällige weitere Vorschriften für Erschliessung, Abbau und Wiederherstellung enthält.

Art. 19 1 Der Gemeinderat kann eine Landumlegung anordnen, wenn die Durchführung einer Planung oder die zweckmässige Nutzung oder Erschliessung eines Gebiets gemäss Bauordnung, Zonen-, Baulinien- oder Quartierplan erschwert sind. 2 Zusammen mit der Landumlegung ist in der Regel ein Quartierplan zu erlassen. 3 Von jedem eingeworfenen Grundstück ist ein nach Massgabe seiner Fläche festzulegender Anteil für Verkehrsanlagen, Grünflächen und Gemeinschaftsanlagen abzutreten, welche zu gemeinschaftlichem Eigentum zugeteilt werden können. 4 Die neuen Parzellen sind in der Weise zuzuteilen, dass alle Beteiligten im Verhältnis des jeweils eingeworfenen Teiles zum Ganzen einen dem bisherigen möglichst gleichartigen und wertgleichen Anteil wieder erhalten. Eine Entschädigung in Geld kann erfolgen, wenn Realersatz aus besonderen Gründen nicht zweckmässig ist. Sie ist von jenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern zu entrichten, die bei der Neuzuteilung der Grundstücke besondere Vorteile erlangen.

Art. 18 1 Im Quartierplan können die Bau-, Schutz-, Gestaltungsund Nutzungsvorschriften der Bauordnung geändert, ergänzt oder ausser Kraft gesetzt werden. Vom Zweck der Zone darf nicht abgewichen werden. 2 Die zulässigen Abweichungen von Vorschriften über Gebäudemasse, Abstände und die Ausnützung des Baugrundes (Art. 7 Abs.1 Ziff. 3 - 5) sind in der Bauordnung festzulegen. 3 Weiter können Vorschriften erlassen werden über die Energiestandards der Gebäude, die Art der zur Wärmeerzeugung in Haushalten zugelassenen Energieträger und die Pflicht zur Einrichtung und zum Betrieb gemeinsamer Energieversorgungsanlagen oder zum Anschluss an Energieverteilungsnetze oder zentrale Wärmeerzeugungsanlagen. 4 Die Kosten der Gemeinde für den Erlass oder die Änderung eines Quartierplans können von den beteiligten Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern in der Regel im Verhältnis der Flächen ihrer Grundstücke eingefordert werden. Besondere Verhältnisse sind zu berücksichtigen. 5 Im übrigen finden die Verfahrensbestimmungen über den Baulinienplan auf das Quartierplanverfahren sinngemäss Anwendung.

Art. 20 1 Die Anordnung der Landumlegung, die über die Ausdehnung des in die Umlegung einbezogenen Gebiets Auskunft gibt, ist als rekursfähige Verfügung im Amtsblatt auszuschreiben und den betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern und dinglich Berechtigten schriftlich anzuzeigen. 2 Im übrigen richtet sich das Verfahren über den Landumlegungsplan nach den Vorschriften über die Baulinienpläne (Art. 14). Nach der Genehmigung durch das Baudepartement setzt der Gemeinderat den Zeitpunkt des Vollzuges der Landumlegung fest und meldet die sich aus dem Umlegungsplan ergebenden Eintragungen beim Grundbuch an. Art. 21 1 Ist der Landumlegungsplan rechtskräftig, beschliesst der Gemeinderat den Verteiler, in dem die Kosten und allfällige Entschädigungen auf die Grundstücke verteilt werden. 2 Die Kosten der Landumlegung sind von den Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern im Verhältnis ihres Vorteils an der Umlegung zu tragen. 3 Nach Durchführung des Einspracheverfahrens kann gegen den Entscheid des Gemeinderates innert 30 Tagen

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Gesetz über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen (Baugesetz)

Baulinienplan die Kommission für Enteignungen, Gebäudeversicherung und Brandschutz angerufen werden. Das Verfahren richtet sich nach den Bestimmungen des kantonalen Enteignungsgesetzes. Art. 22 1 Kosten und Entschädigungen werden fällig, nachdem der Kostenverteiler in Rechtskraft erwachsen ist. Die Entschädigungen dürfen nur mit Zustimmung der Grundpfandgläubigerinnen und Grundpfandgläubiger ausbezahlt werden. 2 Für die Kosten sowie für die Entschädigungen hat die Gemeinde ein gesetzliches Pfandrecht im Sinne von Art. 836 ZGB und Art. 119 EG zum ZGB, das spätestens sechs Monate nach Eintritt der Fälligkeit im Grundbuch zu Lasten desjenigen Grundstückes einzutragen ist, für welches die Kosten und Entschädigungen geschuldet sind.

Grenzbereinigung Art. 23 1 Behindert der ungünstige Verlauf der Grenze zwischen zwei oder mehreren Liegenschaften die zweckmässige Überbauung der Grundstücke, kann der Gemeinderat auf Antrag einer Grundeigentümerin oder eines Grundeigentümers die Grenzen verlegen, sofern den Nachbargrundstücken daraus keine nennenswerten Nachteile entstehen. 2 Die aus einer Grenzbereinigung entstehenden Vor- und Nachteile sind auszugleichen. 3 Die Verfahrensgrundsätze der Landumlegung sind sinngemäss anwendbar.

Art. 14 1 Die Baulinienpläne sind mit den notwendigen Erläuterungen im Amtsblatt auszuschreiben und während 20 Tagen zur Einsicht auf-zulegen. Die betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümersind davon mit eingeschriebenem Brief in Kenntnis zu setzen. 2 Innerhalb der Auflagefrist können gegen die Baulinienpläne beim Gemeinderat schriftlich Einsprachen erhoben werden. 3 Über die Einsprachen entscheidet der Gemeinderat, sofern sie nicht auf gütlichem Wege erledigt werden können. Der weitere Rechtsweg richtet sich nach dem Gesetz über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen. 4 Mit der Genehmigung durch das Baudepartement werden die Baulinienpläne verbindlich. Sind Rekurse gegen den Baulinienplan beim Regierungsrat hängig, entscheidet der Regierungsrat über den Rekurs und die Genehmigung in einem Entscheid. Art. 15 1 Bei der Änderung oder Aufhebung von Baulinienplänen ist das in Art. 14 vorgeschriebene Verfahren durchzuführen. 2 Bei kleinen Änderungen kann mit Zustimmung der von der Änderung Betroffenen und mit Genehmigung des Baudepartementes auf die öffentliche Planauflage verzichtet werden.

Private Quartierplanung Art. 24 Verlangt die Mehrheit der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer eines Planungsgebietes oder verlangen mehrere Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer, denen mehr als die Hälfte des in Betracht fallenden Bodens gehört, die Durchführung oder Änderung einer Baulinien-, Quartier- oder Landumlegungsplanung, hat der Gemeinderat einen rekursfähigen Beschluss über die Einleitung oder Nichteinleitung eines entsprechenden Verfahrens zu fällen. Der Einleitungsbeschluss ist im Amtsblatt auszuschreiben und den betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern schriftlich mitzuteilen. 6

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Quartierplan Qualitätsmerkmale

Ziel und Zweck jeder Quartierplanung ist anders. Welche Themen für die jeweilige Planung relevant und damit eingehender zu berücksichtigen sind, ist fallweise zu beurteilen. Quartierplan: Qualitätsmerkmale Es gibt Inhalte, die bei jeder Quartierplanung berücksichtigt werden müssen. So zum Beispiel die zweckmässige Erschliessung oder die Einbettung der Architektur in die Umgebung und Landschaft. Weiter ist bei einem Quartierplan stets darzulegen, in welcher Weise die besonderen Qualitäten, die eine Abweichung zur Regelbauweise rechtfertigen, erreicht werden sollen. Zu den Qualitäten zählen beispielsweise eine höhere bauliche Ausnützung, die mit einem grossen Aussenraum kompensiert wird. Dies kann durch eine gute Anordnung der Baufelder sowie eine professionelle Umgebungsgestaltung sowie dem Bau einer Tiefgarage erreicht werden. Aber auch die Festlegung von öffentlichen Fusswegen, die durch das Quartierplangebiet führen, kann eine besondere Qualität darstellen. Die folgende Zusammenstellung der Themen bietet den Gemeinden sowie den Erstellern von Quartierplänen ein

Grundgerüst für die Planung. Sie soll ihnen das Erstellen sachgerechter und zweckmässiger Quartierpläne und Planungsberichte erleichtern. Darüber hinaus ermöglicht die Zusammenstellung eine Kontrolle, ob alle entscheidenden Aspekte, die für eine vollständige und zweckmässige Planung nötig sind, berücksichtigt wurden. Damit kann die Vollständigkeit und auch die Qualität verbessert werden.

Öffentlicher Verkehr (ÖV) Verkehr und Siedlung müssen optimal aufeinander abgestimmt werden. Gute Anschlüsse an den öffentlichen Verkehr in Kombination mit der Förderung des Langsamverkehrs sind Voraussetzung für weniger Autoverkehr, weniger Lärm und damit mehr Qualität in den Quartieren. Insbesondere verdichtete Siedlungen sollten vorzugsweise an ÖV-Knoten gebaut werden, um der zunehmenden Motorisierung und den damit verbundenen unerwünschten Auswirkungen entgegenzuwirken. Ziel ist es, dass ein Grossteil der Wohnungen und Arbeitsplätze mit Bahn, Bus und Velo erreichbar ist. Ein weiteres Ziel ist es, alle Bushaltestellen behindertengerecht einzurichten. Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 1979 (Stand am 1. Januar 2016) (RPG)

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Quartierplan Inhalte - Qualitätsmerkmale

Art. 3 Abs. 3 Bst. a und b sowie Art. 3 Abs. 4, Bst. b und c.

Wegnetz Ein vielfältiges und abwechslungsreiches Wegnetz für alle Verkehrsteilnehmer ist ein wesentlicher Bestandteil einer Ortschaft. Ein abwechslungsreiches Wegnetz, das die Quartiere mit dem Gemeindezentrum sowie mit den Naherholungsgebieten vernetzt, schafft attraktive Verbindungen zwischen den Quartieren. Bei der Gestaltung von Wegnetzen und der Gestaltung der Strassenräume ist auf die Schliessung von Netzlücken zu achten. Zudem sind Wege und Wegverbindungen effizient zu gestalten. Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 1979 (Stand am 1. Januar 2016) (RPG) Art. 3 Abs. 3 Bst. c.

Velowege In einer Siedlungsentwicklung sollten nicht nur die Bedürfnisse der Autofahrer berücksichtigt werden. Attraktive Langsamverkehrsverbindungen zwischen den Quartieren müssen gezielt gefördert werden, um die Lebensqualität in der Gemeinde zu verbessern. Abwechslungsreiche Velowege durch die Gemeinde laden Quartierbewohner ein, sich regelmässig draussen zu bewegen. Vernetzte Wege tragen viel zur Attraktivität einer Gemeinde bei. Sie können Teil der touristischen Infrastruktur ausmachen. Raumplanungsge-

Landschaft Die Landschaft ist Teil der Identität einer Gemeinde. Darum muss eine Überbauung sorgfältig in die Umgebung eingebettet werden. Geachtet werden muss auf die Anordnung, die Form, die Materialwahl und die Farbgebung. Ebenfalls dazu gehört die Gestaltung des ganzen Quartierplangebietes und der Siedlungsränder. Berücksichtigt werden müssen beispielsweise besondere topografische Geländeformen oder auch Baumbestände und andere typische Bepflanzungen.Ebenso zu beachten ist die ökologische Durchlässigkeit und Vernetzung. Ein besonderes Augenmerk gilt in diesem Zusammenhang dem Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) und den historischen Verkehrswegen der Schweiz (IVS). Raumplanungsgesetz vom

22. Juni 1979 (Stand am 1. Januar 2016) (RPG) Art. 3 Abs. 2 Bst. b und d.

Aussichtspunkte

setz vom 22. Juni 1979 (Stand am 1. Januar 2016) (RPG) Art. 3 Abs. 3 Bst. c.

Prominente und wichtige Aussichtspunkte, die den Bewohnern zur Erholung dienen, müssen beachtet werden. Aussichtspunkte sind ein wichtiger Bestandteil der Grün- und Freiraumstruktur einer Gemeinde. Aussichtspunkte sind ortsspezifische Merkmale, die es zu pflegen und zu bewahren gilt. Aussichtspunkte sind, wenn möglich, in ein übergeordnetes Fusswegnetz einzubinden.

Fusswege

Ortsbild

Ein dichtes Netz von abwechslungsreichen und sicheren Fusswege fördert die tägliche Mobilität zu Fuss. Bei der Gestaltung von Wegnetzen ist auf die Schliessung von Netzlücken sowie die Anbindung an den öffentlichen Verkehr zu achten. Raumplanungsge-

Ortsspezifische Merkmale müssen im Quartierplan berücksichtigt werden. Das sind beispielsweise prägende Dorfsilhouetten, Brunnenplätze oder auch Vor- und Obstgärten, die zum historischen Dorfbild gehören. Ein besonderes Augenmerk gilt dem Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder

setz vom 22. Juni 1979 (Stand am 1. Januar 8

2016) (RPG) Art. 3 Abs. 3 Bst. c.

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Quartierplan Inhalte - Qualitätsmerkmale

der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) und den historischen Verkehrswegen der Schweiz (IVS). In einem Quartierplan ist die Gestaltung der Bauten, des Strassenraumes und der privaten Vorplätze und Vorgärten auf das Gesamtbild abzustimmen.

Strassenraum Strassen sind zentrale Räume auf dem Gemeindegebiet. Sie sind wichtig für das öffentliche Leben und für die Vernetzung der Freiräume. Sie werden heute durch den motorisierten Verkehr dominiert. Das führt zu unattraktiven Aussenräumen, die nicht zum Verweilen einladen. Mit einer guten Strassenraumgestaltung kann die Verträglichkeit von Verkehr und Strassenumgebung wesentlich verbessert werden. Die Gestaltung der Strassenräume ist auf die angrenzende Bebauung und Nutzung abzustimmen. Quartierspezifische und strassenraumprägende Merkmale wie alte Vorgärten, Baumbestände und magere Böschungen sollen erhalten werden.

Parkplätze Um eine Überbauung gut in bestehende Quartierstrukturen integrieren zu können, gehört eine sorgfältige Parkplatzplanung für Autos, Mofas und Velos in den Quartierplan. Geprüft werden sollte, ob die benötigten Parkplätze in Tiefgaragen untergebracht werden könnten. Nach Möglichkeit soll darauf geachtet werden, dass die Freiräume nicht gänzlich versiegelt werden. Bei grösseren Bauvorhaben ist es notwendig, mit einem Verkehrsgutachten die Verträglichkeit mit dem umgebenden und übergeordneten Verkehrsnetz nachzuweisen. Wie viel Parkplätze für eine Überbauung nötig sind, richtet sich nach dem kommunalen Recht.

Plätze Auf öffentlichen Plätze werden unter anderem Feste gefeiert und Märkte veranstaltet. Sind sie gut gestaltet, laden sie zum Verweilen ein und sind Treffpunkt für die Bevölkerung. Plätze sind ein wesentlicher Baustein für eine nachhaltige Ortsentwicklung. Sie geben einer Gemeinde eine unverwechselbare Identität. Öffentliche Plätze sind ein wesentlicher Bestandteil der räumlichen und sozialen Struktur eines Ortes. Darum sollte den öffentlichen Plätzen wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Darüber hinaus soll auf eine naturnahe und klimafreundliche Gestaltung geachtet werden.

Architektur Im Quartierplan können die Rahmenbedingungen für die Architektur und die Gestaltung festgelegt werden. Dazu gehören Aussagen zur ortsbaulichen Einordnung und zur Ausnützung der Parzelle. Weiter werden mit Baulinien, Baubereichen und Baufeldern die Lage der Bauten bestimmt. Ebenfalls festgelegt werden Masse, Geschosse, Dachformen, Grenz- und Gebäudeabstände. Falls nötig sollten im Quartierplan auch Fragen zur Materialisierung und Farbgebung beantwortet werden.

Lärm/Ruhe Vielerorts wächst die Bevölkerung und der Verkehr nimmt zu. Die Ruhe – ein wertvolles Gut – kommt damit unter Druck. Das gilt vor allem in Siedlungen. Bei Orts- und Nutzungsplanungen und bei Bauvorhaben muss verstärkt auf die Lärmproblematik geachtet werden. Mit der angestrebten Innenentwicklung wird in der Ortsplanung eine gute Aufenthaltsqualität mit Ruheorten und ruhigen Siedlungsgebieten vermehrt eine Rolle spielen. Ruhe ist eine wertvolle Ressource gewor-

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Quartierplan Inhalte - Qualitätsmerkmale

den und für die Qualität eines Wohnortes ein wichtiges Kriterium. Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 1979 (Stand am 1. Januar 2016) (RPG) Art. 3 Abs. 4 Bst. c.

Freiraum Grün- und Freiräume sind ein wesentlicher Bestandteil der räumlichen Struktur. Sie schaffen Raum für Erholung und für Aktivitäten. Bei der Wohnstandortwahl stehen sie weit oben auf der Wunschliste der Bevölkerung. Darum sollten sie die gleiche Aufmerksamkeit und die gleiche planerische Verantwortung wie die bebauten Räume geniessen. Zu den Grün- und Freiräumen gehören auch bestehende Grünflächen, wie beispielsweise Obstgärten, die erhalten werden sollen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Gestaltung der Übergänge vom öffentlichen zum privaten Raum. Weiter ist dem ökologischen Ausgleich, einer naturnahen Gestaltung und der Förderung der Biodiversität Rechnung zu tragen. Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 1979 (Stand am 1. Januar 2016) (RPG) Art. 3 Abs. 2 Bst. d und e.

Bepflanzung Eine Vielfalt von Bäumen, Büschen und wenig versiegelten Flächen, die mit Krautund Wiesenpflanzen bepflanzt sind, fördern die Artenvielfalt und verschönern das Ortsbild. Die Bepflanzung und Begrünung einer Gemeinde sollte standortgerecht und grösstenteils einheimisch sein. Prägende Gehölz- und Baumbestände und die Vernetzung der Strukturen sollen erhalten bleiben. Die Gestaltung soll an den typischen Umgebungscharakter der Vorgartenzonen, Baumgärten und Siedlungsränder anknüpfen. Die Gestaltung soll in Inventaren, Nutzungsund Bepflanzungskonzepten festgehalten werden. Ökologische Aspekte sind bei der Gestaltung ebenfalls zu beachten. 10

Erschliessung Im Quartierplan können Werkleitungen, Erschliessungsstrassen, Fuss- und Velowege, Entsorgungsstellen, Parkplätze sowie die Ausstattung und Ausrüstung gemeinschaftlicher Anlagen festgelegt werden. Ebenso kann in einem Quartierplan der Kostenverteiler geregelt werden. Oft wird parallel dazu Land um- oder zusammengelegt und neu eingeteilt. Ein Grundstück kann erst überbaut werden, wenn eine hinreichende, rechtlich gesicherte, Zufahrt besteht und die Versorgung mit Energie gesichert ist. Gewähleistet werden muss darüber hinaus eine Versorgung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser und genügend Löschwasser. Eine einwandfreie Abwasser- und Abfallbeseitigung gehört ebenfalls dazu.

Energie In einem Quartierplan können Massnahmen zur sparsamen Nutzung der Energie oder für die Förderung von erneuerbaren Energien festgelegt werden. Im Quartierplan können zudem Vorschriften über die gewünschten Energiestandards der Gebäude und die Art der Wärmeerzeugung für die Haushalte erlassen werden. Festgelegt werden kann auch die Pflicht zur Einrichtung und zum Betrieb gemeinsamer Energieversorgungsanlagen oder die Pflicht zum Anschluss an Energieverteilungsnetze oder an zentrale Wärmeerzeugungsanlagen.

Kunstlicht Kunstlicht in Aussenräumen ist zu einem unverzichtbaren Bestandteil unserer Kultur geworden. Es vermittelt Sicherheit und Wohlstand. Doch die zunehmenden Lichtemissionen zeigen auch negative Begleiterscheinungen. Die nächtliche Dunkelheit verschwindet zusehends und bereits geringe Lichtmengen

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Quartierplan Inhalte - Qualitätsmerkmale

im Aussenraum stören das natürliche Verhalten von nachtaktiven Tieren wie Insekten, Fledermäusen oder Vögeln. Qualität heisst dafür zu sorgen, dass auf unnötige Lichtemissionen verzichtet wird, ohne das Sicherheitsbedürfnis des Menschen einzuschränken. Sinnvoll ist, die Beleuchtung in das Nutzungs- und Bepflanzungskonzept zu integrieren. Eine durchdachte Aussenbeleuchtung und damit ein nächtliches Zeitfenster für Ruhe und Regeneration sind für die Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität von Mensch, Flora und Fauna wichtig.

Ergänzende Unterlagen: Merkblatt «Licht und Transparenz», 2014. «Aktivierung von Innenentwicklungspotentialen», 2015. «Arbeitshilfe Nutzungsplanung Modul Planungszone», 2016. «Freiräume der Wohnumgebungen. Sammlung guter Beispiele zur Unterstützung der Innenentwicklung», 2017. «Arbeitshilfe Zur Stärkung der Freiräume in der Planung», 2017. «Ruhe bitte!», Lärm Merkblatt, 2017. Diese ergänzenden Unterlagen sind in elektronischer Form auf www.sh.ch erhältlich.

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Quartierplan Zwei Beispiele

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Privater Quartierplan «Wirbelwies»

Blick in die Mehrfamilienhaussiedlung, die entlang des Baches gebaut wurde. Bild: PNA

Grosse Qualität hat im Hemmental die Landschaft. Das ist wertvoll für eine Wohnumgebung. Darum wurde der Umgebung in dieser Quartierplanung besonere Aufmerksamkeit geschenkt. 2008 bis 2014 wurde das langgestreckte Areal im Hemmental in Schaffhausen, östlich des Hemmentaler Baches, in zwei Etappen überbaut. Im nordwestlichen Teil des Areals entstanden 16 Einfamilienhäuser im südöstlichen Teil fünf Mehrfamilienhäuser. Das Hauptaugenmerk lag nebst der hohen Qualität der Überbauung im Erhalt der zusammenhängenden Landschaft. Denn die Eigenheit des Ortes ist durch die Natur geprägt. Aus diesem Grund musste beispielsweise mindestens die Hälfte des Areals als Grünfläche gestaltet werden. Weiter wurden die Mehrfamilienhäuser so platziert, dass sie vollständig von der Landschaft umgeben sind. Darüber hinaus hatte sich die Terraingestaltung dem natürlichen Verlauf des Geländes unterzuordnen und die Umgebung musste nach ökologischen Grundsätzen bepflanzt und bewirtschaftet werden. Sämtliche Vorschriften für die Aussenräume wurden in einem Umgebungs- und Bepflanzungskonzept festgehalten, das Teil des Quartierplanes ist. Weiter planten die Projektverantwortlichen 14

Blick in die Einfamilienhaussiedlung, die in der ersten Etappe umgesetzt wurde. Bild: PNA

mit dem Quartierplan gute Voraussetzung für eine nachhaltige Energienutzung und einen insgesamt geringen Energiebedarf zu schaffen. Grundlage für den Quartierplan «Wirbelwies» (2008) war ein Vorprojekt, welches das Architekturbüro «ERP Architekten AG» ausgearbeitet hat. Im selben Zeitraum wurde der Hemmentaler Bach renaturiert, der über einen Fussweg auch heute noch öffentlich zugänglich ist. Umgesetzt wurde die Überbauung und Landschaftsgestaltung von der «ERP Architekten AG» aus Baden und der «Hager Partner AG» aus Zürich. Bauherrin war die «AXA Leben AG» aus Winterthur. Die Ausarbeitung wurde eng durch die Stadtbildkommission begleitet und von dieser in mehreren Phasen überprüft.

Qualitäten Quartierplan «Wirbelwies» Erhalt der vorhandenen landschaftlichen Qualitäten. Gute Gestaltung der Übergänge zum Wald und Bach. Naturnahe Gestaltung der Umgebung. Fusswegnetz durch das Areal mit öffentlichen Wegen. Nachhaltige Energieversorgung. Quartierplan - Qualitätsmerkmale Siehe auch Seite 7 bis 11 Quartierplan «Wirbelwies» Auf Anfrage können die Pläne im Planungs- und Naturschutzamt (PNA) besichtigt werden.

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Privater Quartierplan «Wirbelwies»

2008 bis 2014 wurde das Areal im Hemmental in Schaffhausen in zwei Etappen überbaut. Grosse Aufmerksamkeit wurde in dieser Quartierplanung dem Erhalt der Landschaft geschenkt. Bild: PNA.

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Privater Quartierplan «Felsenstieg»

Blick auf den Park zwischen den Neubauten und der alten Strassenzeile Bild: PNA

Baulich Verdichten und trotzdem Wohnqualität schaffen. Dieser Quartierplan bringt eine höhere bauliche Ausnützung und eine qualitätsvolle Umgebungsgestaltung ins Gleichgewicht. Mit dem privaten Quartierplan «Felsenstieg» (2011) wurden die notwendigen Rahmenbedingungen und Regeln für eine städtebaulich gute Überbauung auf dem Felsenstieg auf der Breite in Schaffhausen erarbeitet. Die Planung, die eine hohe städtebauliche Qualität aufweisen musste, ermöglichte eine Überbauung mit Neubauten in einem Quartier, das unter Quartierschutz steht. Angestrebt wurde von den Projektverantwortlichen eine Überbauung mit einer höheren baulichen Ausnützung als es die Regelbauweise erlaubt hätte. Gleichzeitig kam dem Aussenraum eine hohe Bedeutung zu. Das zeigt sich im Quartierplan durch die geschickte Anordnung der Baufelder und dem Bau einer Tiefgarage, die einen grossen parkähnlichen Aussenraum realisierbar machten. Ferner wurde im Quartierplan festgehalten, dass die bestehenden grossen Einzelbäume und die Fusswege, die das Quartier mit den Nachbarsquartieren verbindet, erhalten werden sollen. Auch diese Entscheidung trug zur guten Qualität des Gesamtprojektes bei. 16

Dieser Fussweg führt vom Mühlental zur neuen Überbauung «Felsenstieg». Bild: PNA

Grundlage für diese Planung war ein Architekturwettbewerb (2008) aus dem das Richtprojekt des Schaffhauser Architekturbüros «Meyer Stegmann Architekten AG» und des Büros «Balliana Schubert Landschaftsarchitekten AG» als Siegerin hervorgegangen ist. Bauherrschaft war die Immobiliengesellschaft «Felsenstieg». Begleitet wurde die Quartierplanung durch die Stadtplanung der Stadt Schaffhausen. Zudem wurde der Quartierplan mehrmals durch die Stadtbildkommission geprüft und anschliessend dem Planungs- und Naturschutzamt des Kantons zur Vorprüfung vorgelegt.

Qualitäten Quartierplan «Felsenstieg» Höhere bauliche Ausnützung in Kombination mit folgenden drei Qualitätsmerkmalen: Grosser parkähnlicher Aussenraum, der professionell gestaltet wurde. Öffentlicher Pfad durch die Gesamtüberbauung. Erhalt von den bestehenden grossen Einzelbäumen und Fusswegen. Verbindung zu den Nachbarsquartieren. Quartierplan - Qualitätsmerkmale Siehe auch Seite 7 bis 11 Quartierplan «Felsenstieg» Auf Anfrage können die Pläne im Planungs- und Naturschutzamt (PNA) besichtigt werden.

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Privater Quartierplan «Felsenstieg»

Der Quartierplan ermöglichte eine neue Überbauung in einem Quartier, das unter Quartierschutz steht. Mit Fusswegen wurden neue Verbindungen zu den Nachbarschaftsquartieren geschaffen. Bild: PNA

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Was ist eine Quartierplanpflicht?

Ein wichtiges Areal, eine gemeinsame Energieversorgung, grössere Neubaugebiete oder Quartiere, die besonders gut gestaltet werden müssen. Es gibt verschiedene Gründe um ein Gebiet oder Areal mit einer Quartierplanpflicht für eine spätere Quartierplanung zu sichern. Was ist eine Quartierplanpflicht? Die Quartierplanpflicht ist im Gegensatz zum Quartierplan Teil eines Nutzungsplanungsverfahrens. Die Nutzungsplanung einer Gemeinde muss vom Gesamtregierungsrat genehmigt werden. Eine Vorprüfung durch das Planungs- und Naturschutzamt ist in diesem Fall obligatorisch. Der Quartierplan hingegen wird im Rahmen eines Quartierplanverfahrens vom Baudepartement bewilligt. Eine Vorprüfung ist fakultativ. Weiter kann eine Quartierplanpflicht im Gegensatz zum Quartierplan nur vom Gemeinderat initiiert werden. Eine Quartierplanpflicht kann für bebaute und unbebaute Gebiete und Areale festgelegt werden. Unabhängig davon, dass eine Quartierplanpflicht in der Bauordnung festgelegt werden kann, sieht das kantonale Baugesetz für die im Artikel 17 Absatz 3

aufgeführten Bauvorhaben vorgängig einen Quartierplan vor (BauG Art. 17 Abs. 3).

Quartierplanpflicht: Ziel und Zweck Mit einer Quartierplanpflicht werden im Zonenplan Gebiete oder einzelne Areale bestimmt, die nur aufgrund eines Quartierplanes bebaut werden dürfen. Der Massstab eines Quartierplans erlaubt eine viel genauere Festlegungen als dies im Zonenplan möglich ist. Es macht daher Sinn, eine detaillierte Auseinandersetzung mit einem bestimmten Gebiet als Voraussetzung für die Baureife vorzuschreiben. Das heisst, die Gemeinde legt mit einer Quartierplanpflicht fest, dass vor der Erteilung der Baubewilligung ein Quartierplanverfahren anzuordnen ist. Ziel und Zweck der Quartierplanpflicht wird im Planungsbericht der Nutzungsplanung in den Grundzügen festgelegt. Ziel und Zweck kann auch in die Bauordnung der Gemeinde einfliessen. Dies dient als Grundlage für den Inhalt eines Quartierplans oder mehreren Quartierplänen im Quartierplanpflichtgebiet.

Wann ist eine Quartierplanpflicht sinnvoll? Eine Quartierplanpflicht ist sinnvoll, wenn die Überbauungen eines Gebietes oder Areals

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Was ist eine Quartierplanpflicht?

einer gewünschten Entwicklung der Gemeinde entsprechen soll. Das wäre beispielsweise für Überbauungen in Neubauquartieren oder auch bei Überbauungen, die raumplanerisch besonders bedeutsam sind. Letzteres sind beispielsweise Quartiere und Areale, welche sehr gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen sind und aus diesem Grund dichter bebaut werden sollten. Ein weiteres Beispiel sind Quartiere, die besonders gut gestaltet werden müssen, weil dies das historische Ortsbild oder die Landschaft verlangt. Auch eine besonders gute Gestaltung von Fussgänger- und Veloverbindungen oder das Ziel ökologisch nachhaltig zu bauen und die Errichtung einer gemeinsamen Energieversorgungsanlage kann ein Grund sein, um eine Quartierplanpflicht zu erlassen. Da sich die Massnahmen der Quartierplanung direkt auf die Wohn- und Arbeitsplatzumgebung auswirken, ist es zu empfehlen, diese im Dialog mit den Betroffenen zu erarbeiten.

Auf diesem Areal (rote Linie) in Beringen sollen die Voraussetzungen für verdichtetes Bauen und Wohnraum für ältere Bewohner geschaffen werden.

2013 beschloss die Gemeinde Wilchingen, dass ein grosses Gemeindegebiet (grüne Linie) an die gemeindeeigene Heizzentrale angeschlossen werden soll.

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FAQ - Häufig gestellte Fragen

Kann eine Änderung des Baulinienplans und ein Quartierplan, der sich auf diese neuen Baulinien stützt, gleichzeitig geprüft werden? Antwort: Änderungen der Nutzungsplanung müssen Grundsätzlich mit demselben Verfahren erfolgen wie die Festlegung. Die alten Baulinien müssen aufgehoben werden, bevor die neuen Baulinien festgelegt werden können. Grundsätzlich können die neuen Baulinien auch in einem Quartierplan festgelegt werden. Wenn der ursprüngliche Baulinienplan auch Grundstücke tangiert, die ausserhalb des Quartierplangebietes liegen, können diese nicht ohne Ersatz aufgehoben werden.

Welche Regelung gilt für eine Quartierplanrevision? Antwort: Das Verfahren für einen neuen Quartierplan und eine Quartierplanrevision ist dasselbe. Zu beachten ist dabei die Planbeständigkeit.

Kann eine Landumlegung und ein Quartierplan gleichzeitig genehmigt werden? Antwort: Ja. Das Verfahren kann parallel laufen.

Immer öfter werden Quartierpläne für einzelne Bauprojekte erstellt. Kann ein solcher Quartierplan gleichzeitig mit einem Baugesuch abgehandelt werden? Antwort: Öffentlich kann das Baugesuch erst aufgelegt werden, wenn der Quartierplan genehmigt ist.

Könnte das Bauvorhaben nicht vorbehaltlich genehmigt werden? Antwort: Das geht nicht. Es gibt keine öffentliche Auflage für vorbehaltliche Angelegenheiten. Zeit gewinnt die Bauherrschaft damit nicht. Wenn der Quartierplan abgelehnt wird und geändert werden muss, gilt das auch für das Baugesuch. Damit macht man doppelte Arbeit.

Wenn die Vorprüfung eines Quartierplans positiv ausfällt, müsste es doch möglich sein, ein Bauvorhaben vorbehaltlich zu genehmigen? Antwort: Nein. Eine positive Vorprüfung, die übrigens freiwillig ist, führt nicht automatisch zu einer positiven Verfügung des Baudepartementes. Darauf wird jeweils am Anfang der Vorprüfung hingewiesen.

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Häufig gestellte Fragen

Darf ein Quartierplan, der angefochten, danach sistiert und etwas später geändert wurde, ohne öffentliche Auflage nochmals zur Genehmigung eingereicht werden? Antwort: Nein. In diesem Fall geht man wie folgt vor: Der sistierte alte Quartierplan wird aufgehoben. Damit wird der Rekurs, der gegen den alten Quartierplan vorliegt, gegenstandslos. Danach wird der geänderte neue Quartierplan neu beschlossen und öffentlich aufgelegt. Nach Ablauf der Einsprachefrist wird er zusammen mit dem Protokoll des Gemeinderatsbeschlusses beim Kanton zur Genehmigung eingereicht. Falls die Beschwerdeführer mit dem geänderten Quartierplan noch nicht einverstanden sind, müssen sie nochmals Rekurs erheben.

Kann die Gemeinde das Titelblatt dieses Quartierplanes einfach mit einem neuen Datum abstempeln ohne das Titelblatt des Planes zu ändern? Antwort: Nein. Auf keinen Fall.

Müssen Einwendungen an die Ersteller des Quartierplanes geschickt werden? Antwort: Ja. Einwendungen müssen auch den Grundeigentümern, welche Land im Quartierplanperimeters besitzen, zugestellt werden. Das gilt auch für Grundeigentümer, die den Quartierplan weder bearbeitet noch in Auftrag gegeben haben.

Das Quartierplangebiet soll für Fussgänger über einen privaten Weg, der über die Nachbarschaftsgrundstücke führt, erschlossen werden. Müssen die Nachbarn über die geplante Wegnutzung informiert werden? Antwort: Wenn im Rahmen des Quartier20

plans Dienstbarkeiten geändert werden sollen, die zu Gunsten oder zu Lasten von Grundstücken lauten, die nicht im Quartierplangebiet liegen, so sind die betroffenen Grundeigentümer ebenfalls in das Quartierplanverfahren einzubeziehen. In einen Quartierplan müssen auch Eigentümer von Flurwegen, die durch das Quartierplangebiet führen, einbezogen werden. Mit dem Instrument Quartierplan können Wegrechte nicht verbindlich festgesetzt werden. Dazu braucht es zwingend ein Grundbucheintrag sowie einen entsprechender Vertrag.

Für die Abfallentsorgung einer neuen Überbauung sind am Strassenrand drei Abfallcontainer geplant. Ist das zulässig? Antwort: Die Bauherrschaft kann die Platzierung der Abfallcontainer im Quartierplan festlegen, solange diese Container im Perimeter des Quartierplans liegen. Werden die Abfallcontainer ausserhalb des Quartierplangebiets platziert, beispielsweise auf öffentlichem Grund, muss die Bauherrschaft diese Angelegenheit mit der Gemeinde regeln.

Kann eine Quartierplanpflicht oder ein Quartierplan nach kurzer Zeit wieder aufgehoben werden? Antwort: Nutzungspläne werden in der Regel alle 10 bis 15 Jahre überprüft und nötigenfalls angepasst. Vorher können Änderungen nur in Betracht gezogen werden, wenn sich die Verhältnisse erheblich geändert haben. Man bezeichnet das auch als Planbeständigkeit. Sie begründet sich durch die Rechtssicherheit, das heisst durch das Recht der Betroffenen, dass ein Plan nach seiner Genehmigung für eine gewisse Zeit bestehen bleibt und nicht gleich wieder geändert werden kann. Für die Beurteilung der Planbeständigkeit massgebend sind hauptsächlich

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Häufig gestellte Fragen

das Alter des betreffenden Plans (Genehmigungsdatum des Regierungsratsbeschlusses), der Nachweis, dass sich die Verhältnisse seit der Genehmigung erheblich geändert haben sowie die Auswirkungen, die eine Planänderung haben würde. Massgebend ist: Je jünger eine Quartierplanpflicht oder ein Quartierplan ist, desto höher liegt die Schwelle für eine Planänderung.

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Anhang

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Vorlage Titelblatt Quartierplan

Kanton Schaffhausen

Gemeinde ............................

Quartierplan Gebiet ... Situation 1 : 1'000

Beschlossen durch den Gemeinderat am: ............ Öffentliche Auflage vom ................bis ................ Einschreiben an Betroffene vom: .......................... Namens des Gemeinderates Der/die Gemeindepräsident/in

Der/die Schreiber/in

..................................................

..................................................

Vom Baudepartement des Kantons Schaffhausen genehmigt im Sinne der Verfügung vom .............................. .........................................................

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Vorlage für die öffentliche Auflage im Amtsblatt

Gemeinde ...... Öffentliche Auflage des Quartierplanes Gebiet xxx Gestützt auf Art. 14 sowie 17 und 18 des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht (Baugesetz) vom 1. Dezember 1997 werden folgende Unterlagen vom ... bis ... auf der Gemeindekanzlei öffentlich aufgelegt. ......................... ......................... ......................... Wer vom oben genannten Quartierplan berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse daran dartut, kann innert der Auflagefrist schriftlich Einsprache beim Gemeinderat xxx erheben. Die Einsprache muss einen Antrag und seine Begründung enthalten und ist zu unterzeichnen. (Gemeinde), Datum Gemeinderat ...............

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