Unterrichtskonzept von V. Böttger, T. M. Lesch, S. Müller und S. Nekola
Grenzerfahrungen und steinerne Zeugen in Guben/Gubin, der einstigen Perle der Niederlausitz, der größten Hutfabrikation Europas, der Wilhelm-PieckStadt Guben und Europastadt im Aufbruch Das nachfolgende Unterrichtskonzept wurde von den oben aufgeführten Autoren entwickelt und im Gymnasium Stift Neuzelle (Brandenburg) vom 28.2.2011 bis zum 2.3.2011 mit 20 Schülerinnen und Schülern der 9., 10. sowie 11. Jahrgangsstufe umgesetzt.
Projektidee Dem Konzept liegt die Idee zugrunde, an das lokale Umfeld von S. anzuknüpfen, die in der unmittelbaren Nähe der deutsch-polnischen Grenze aufwachsen. Das Beispiel der Stadt Guben/Gubin, die nach ihrer Trennung durch eine Staatsgrenze in zwei Teile sowohl Phasen einer stärker als auch einer schwächer werdenden Abschottung voneinander erlebte, soll den S. dazu dienen, die Geschichte der sich verändernden Beziehung zwischen Deutschland und Polen im 20. Jahrhundert zu verstehen und ihre eigenen Erfahrungen in einer Grenzregion historisch einzuordnen. Relevanz Das Thema ist für die S. interessant, weil sie in ihrem Alltag selbst mit Grenzerfahrungen befasst sind, diese jedoch kaum in der Schule reflektiert werden. Zudem ist es für sie anschaulicher, wenn sie am Beispiel bestimmter Orte die Entwicklung der (geteilten) Stadt nachvollziehen können. Denn die ehemals durch eine nur schwer passierbare Staatsgrenze geteilte Stadt Guben eignet sich perfekt dazu, die Entwicklung der Grenze und deren Wirkung auf die Bewohner auf verschiedenen Ebenen nachzuvollziehen, da einerseits noch viele »steinerne Zeugen« etwa in Form von Brücken, stillgelegten Industriebauten oder ehemaligen Erholungsorten daran erinnern. Andererseits lebt Gubens Geschichte auch in den von Grenzerfahrungen geprägten Le-
bensgeschichten der Menschen fort, was es besonders spannend macht, allgemeines Wissen über die deutsch-polnische Geschichte mit deren persönlichen Erzählungen zu vergleichen. So haben die S. die Möglichkeit, mit Zeitzeugen zu sprechen, die die historischen Einschnitte in der Stadtgeschichte miterlebt haben. Methode und Produkt Das Konzept kombiniert deshalb eine Exkursion mit fotografischer Spurensuche nach den »steinernen Zeugen« mit Oral History, d. h. der Begegnung mit Zeitzeugen sowie Kurzinterviews mit Bewohnern der Städte Guben und Gubin. Die S. sollen ihren in der Einführung erworbenen historischen Überblick über die verschiedenen Phasen der Stadtentwicklung vor Ort anhand der physischen Spuren nachverfolgen. Dabei ist es wichtig, die Selbstständigkeit der S. zu fördern und sie zum Nachdenken anzuregen. In Kleingruppen arbeitend sollen die S. lernen, eigenständig Entscheidungen zu treffen und verschiedene Ansichten der einzelnen Gruppenmitglieder zu einem Gruppenergebnis zusammenzutragen. Das Produkt soll eine Dokumentation der verschiedenen Zugänge in Form einer Ausstellung sein. Weil sowohl die fotografische Spurensuche als auch die Arbeit mit Zeitzeugen zentrale Inhalte des Konzeptes sind, werden im Folgenden zwei Handlungsvorlagen vorgestellt, die sowohl miteinander kombiniert, als auch getrennt funktionieren.
Abkürzungen S. = Schülerinnen und Schülern P. = Beteiligte im Projektteam
Projekt: Studenten machen Schule – deutsche Kulturgeschichte im östlichen Europa
Unterrichtskonzept von V. Böttger, T. M. Lesch, S. Müller und S. Nekola
Verlauf in Phasen a) Unterrichtskonzept: Spurensuche vor Ort 1.Tag Phase
Inhalte
Feinziele
Methode
Einführung (30min)
Assoziationen zu Guben, Gruppierung verschiedener Themen/Aspekte (Großgruppe)
gegenseitiges Kennenlernen der S., Annäherung an die Thematik und ihre verschiedenen Aspekte
Mindmap
Vorbereitung der historischen Spuren-suche im Stadtraum (1h 45min)
Feststellung von Veränderungen des Stadtnetzes in verschiedenen historischen Epochen anhand von Stadtplänen
Rekapitulierung und Vermittlung von Wissen in Form eines Wettbewerbs; Erschließen von Indikatoren des Zeitgeistes am Beispiel der Veränderung von Straßennamen; Anregung, sich in das Alltagsleben der Menschen zu den verschiedenen Phasen einzufühlen in Form einer kurzen Erzählung
Stadtpläne, Schreiben einer fiktiven Geschichte über die Grenzproblematik, Quiz, Stadtpläne ohne Jahreszahlen in die richtige Reihenfolge bringen mit Zusatzaufgaben pro Gruppe zu je einer der 5 geschichtlichen Phasen (4-5 Personen pro Gruppe)
2.Tag Phase
Inhalte
Feinziele
Methode
Spurensuche (1h 30min)
Aufsuchen verschiedener Orte und Denkmäler mit Hilfe historischer Fotos und alter Stadtpläne; Neuaufnahme mit dem Fotoapparat (selbstständige Arbeit der S. in Dreiergruppen)
Fotos alt/neu (die neuen auf historischen Spuren die Fotos werden von den S. Stadt (neu) kennenlernen, geschossen) einmal auf die andere Seite der Grenze gehen, Stadt als ein ehemaliges Ganzes erkennen, Kontrast früher/heute in bildlicher Form begreifen
Recherche (1h 30min)
Informationen zu den gegebenen Orten in der Bibliothek sammeln (Dreiergruppen)
sich innerhalb von kurzer Zeit einen Überblick verschaffen und die wichtigsten Informationen zusammentragen
Textbearbeitung, selbstständige Recherche der verschiedenen Orte und ihrer Bedeutung im Internet, hauptsächlich auf Basis von den zuvor durch die S. bearbeiteten vorgegebenen Texten
Befragungen (1h 30min)
Geschichten und Meinungen zu den gegebenen Orten sammeln (Dreiergruppen)
Kontakt zu Bewohnern v.a. von Gubin herstellen, evtl. Sprachassymmetrie (Verständigungsprobleme) erfahren; Möglichkeit, persönliche Assoziationen und Ereignisse den Orten zuordnen
Kurzinterviews strukturiert durch Beispielfragen
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Unterrichtskonzept von V. Böttger, T. M. Lesch, S. Müller und S. Nekola
3.Tag Phase
Inhalte
Feinziele
Methode
Auswertung der Gruppenarbeiten (45min)
einzelne Ereignisse/Orte in offenes Gruppengespräch Bericht der einzelnen Gruppen über ihre Ausarbei- dt.-poln. bzw. geschichtlichen Kontext einordnen tungen, Möglichkeit Fragen und Unklarheiten zu klären, Gegenüberstellung von historischen Fakten und erzählter Geschichte
Feedback der Gruppen (45min)
Feedback: Kritik und Verbesserungsvorschläge durch die S.
Reflektion der vergangenen Tage
Stuhlkreis
Fertigung der Ausstellung und Präsentation der Ergebnisse (3h)
Fertigung von 2 Plakaten, eines mit einer blinden Karte von Guben/Gubin und den Orten, mit denen sich die S. beschäftigt haben
Erlerntes kreativ darstellen
Plakate für eine Ausstellung, vorgegeben ist ein Grundriss von Guben/Gubin, darauf markieren die S. mit Reiszwecken oder Magneten, je nach Stelltafel, ihre Orte, verbinden sie mit den alten/neuen Fotos und ihren erstellten Texten, Tabellen, Zitaten und anderen Materialien
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b) Unterrichtskonzept: Grenzstädte und ihre Bewohner (Zeitzeugen) 1.Tag Phase
Inhalte
Feinziele
Methode
Einführung (45min)
Vorstellung der Gruppenmitglieder untereinander, Vorstellung des weiteren Ablaufs der Projekttage und der Lernziele, Einführung in die Grenzthematik mit dem Schwerpunkt »(Alltags-) Leben in einer Grenzstadt«
gegenseitiges Kennenlernen, Formulierung der Lern- und Arbeitsziele, Hinführung zum Thema
Kennenlernspiel, Folien mit Ablauf und Lernzielen, Arbeitsblätter mit kurzen Texten und Kreativaufgaben
Grundlagenvermittlung (25min)
Einführung in die Methode des Interviews
Kennenlernen der InterviewMethode, versch. Arten des Fragens und des Vorgehens bei der Interview-Durchführung
Hinführungstext zu versch. Fragearten und zur Interviewdurchführung
Erarbeitungsphase (50min)
Erarbeitung von Interviewfragen für zwei ausgewählte Zeitzeugen, die die Grenzöffnung und -schließung miterlebt haben, durch die S.
Eigenreflektion der S.: Was interessiert mich an dem Thema? Welche Antworten erwarte ich von den Zeitzeugen?
Gruppenarbeit
Erarbeitungsphase II (45min)
Fertigstellen der Fragen für die anschließenden Interviews, gegenseitige Vorstellung der erarbeiteten Fragen
Ergänzungen, Ordnen der Fragen
Präsentation durch die S.
Phase
Inhalte
Feinziele
Methode
Durchführungsphase (1h pro Interview)
Durchführung der zwei Interviews durch die S. zu einem vereinbarten Termin in der Gubener Stadtbibliothek
Sammeln von Erfahrungen im Interview-Durchführung Umgang mit Zeitzeugen allein durch S., Notizen machen
Auswertungsphase (30min)
Interviewauswertung
Reflexion des Gehörten
Arbeitsblatt, mdl. Ergänzungen
Erarbeitungsphase III (45min)
Bearbeitung des Themas »Grenzstädte – Chancen und Probleme«
Herausstellen von positiven und negativen Aspekten von Grenzstädten u. a. aus den Interviews, Erarbeitung von Lösungsansätzen zu den Problemen einer Grenzstadt
Gruppenarbeit, Präsentation
2.Tag
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3.Tag Phase
Inhalte
Feinziele
Methode
Phase der kreativen Umsetzung (2h)
Erarbeitung einer kreativen Präsentation der Probleme und Lösungen in Grenzstädten sowie einem FrüherHeute-Vergleich der Lebenssituation von Jugendlichen mit Hilfe der Zeitzeugeninterviews
selbstständig kreativ werden, das Erarbeitete abstrahieren
Gruppenarbeit
Feedback (45min)
Feedback an den Lehrenden
Reflexion der vergangenen Tage
Arbeitsblätter und verbales Feedback
Erfahrungsbericht: Unsere Konzepte führten wir an drei Tagen im Februar und März in dem Gymnasium im Stift Neuzelle durch. Die Schüler können dort nicht nur Englisch und Französisch als Fremdsprache erlernen, sondern auch Polnisch. Wie wir an den Reaktionen der Schüler erkennen konnten, hat ihnen das Projekt genauso viel Freude bereitet wie uns. Nichtsdestotrotz sind uns bestimmte Dinge aufgefallen, auf die bei der Planung und Umsetzung der Konzepte besonders geachtet werden sollte. Das Projekt sollte unbedingt im Sommer stattfinden, weil der Erfolg des zweiten Tages, an welchem sich die S. draußen aufhalten, stark an eine milde Witterung gebunden ist. Bei der Einteilung der Gruppen sollte darauf geachtet werden, dass die Gruppen weitestgehend geschlechtlich gemischt sind. Das kann beispielsweise mit Losen erreicht werden. So wird das Risiko gemindert, dass sich innerhalb der Gruppe kleine »Cliquen« bilden. Dennoch ist uns aufgefallen, dass sich die Grüppchenbildung nicht vollständig vermeiden lässt, insbesondere wenn man mit S. verschiedener Klassen und somit auch Altersstufen arbeitet. Desweiteren sollte darauf geachtet werden, dass in der Schule genügend passende Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Orte wie Kantinen,
Schulhöfe, etc. enthalten zu viele Ablenkungsmöglichkeiten, wie wir festgestellt haben. Im Hinblick auf die Geeignetheit des Konzeptes für die verschiedenen Lerntypen (auditiv, motorisch, visuell und kommunikativ) gibt es keine Einschränkungen, weil wir uns bei der Zusammenstellung der Unterrichtseinheiten darum bemüht haben, alle Elemente, die für die diversen Lerntypen von Bedeutung sind, zu verarbeiten. Dies ist uns auch positiv bei der Umsetzung aufgefallen. Besonders bei der Arbeit mit S. unterschiedlicher Klassenstufen, wie es bei uns der Fall war, ist es wichtig, die unterschiedlichen Lesegeschwindigkeiten zu berücksichtigen und sich ggf. vorab »Beschäftigungsaufgaben« für die S. zu überlegen, die schneller lesen können. Außerdem sollte beachtet werden, dass Texte schülergerecht sind und nicht zu viele Details enthalten. Da es manchen S. schwer fällt, die wesentlichen von den eher peripheren Informationen zu unterscheiden, ist es sinnvoll, auf spezifische Texte zurückzugreifen oder bestehende Texte umzuformulieren. Zu lange Texte eignen sich ebenfalls nicht gut, weil die Konzentration der S. ab der zweiten Seite stark nachlässt. Daher sollten die jeweiligen Texte diesen Umfang nicht wesentlich überschreiten. Desweiteren sollten Texte nur an Stellen verwendet werden, an denen
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sie unumgänglich sind. Besonders gute Erfahrungen haben wir mit Kreativaufgaben gemacht (z. B. Konzept a): Spurensuche, Konzept b): Einführung), mit denen wir mehr erreicht haben als ein Text allein hätte leisten können. Diese Aufgaben führten häufig zu erwünschten Diskussionen. Während einer solchen Diskussion sollte der Lehrende sich auf die Rolle des Diskussionsleiters beschränken und die S. unterstützen, das Argumentieren zu erlernen/üben. Außerdem wird so vermieden, dass die S. zu sehr auf die Äußerungen des Lehrenden fixiert sind. Die Aufgabenstellungen sollten präzise formuliert sein. Es ist uns mehrmals aufgefallen, dass unsere Aufgabenbeschreibungen für die S. zu ungenau waren. Vor allem bei der Fantasieaufgabe, bei der die S. eine kurze Geschichte schreiben sollten, war ihnen nicht klar, dass es bei dieser Aufgabe um kreatives Schreiben ging. Deshalb haben sie die Frage in einem Satz beantwortet. Daher mussten wir die Aufgabenstellung an vielen Stellen mündlich präzisieren. Bei der Aufgabe zu den Stadtplänen würde es sich anbieten, eine kurze Übersicht zu erstellen, auf der die wichtigsten Ereignisse der deutschpolnischen Beziehungen und ihres Einflusses auf die Grenze vermerkt sind, weil die S. in unserem Fall ein stark unterschiedliches Vorwissen hatten. Eine solche Übersicht könnte beispielsweise mit Hilfe eines Tafelbildes erfolgen, auf dem fünf Phasen mit Zeitabschnitten und den jeweils zwei wichtigsten Ereignissen sowie eine verbildlichte Charakterisierung der Grenze (geschlossen, durchlässig, nicht vorhanden) dargestellt sind. Das Tafelbild könnte erstellt werden, nachdem die Stadtpläne von den S. in die chronologisch richtige Reihenfolge gebracht wurden. Bei der Spurensuche vor Ort ist uns aufgefallen, dass weniger motivierte Gruppen dazu neigen, die Zeit zu nutzen, um in gastronomische Einrichtungen einzukehren und anschließend mit dem Hinweis »wir haben das Gebäude nicht gefunden« Fotos von irgendwelchen Häusern abzugeben. Deshalb ist es ratsam, viele unter-
schiedliche aufeinander aufbauende Aufgaben einzuplanen. Daher haben wir den S. verschiedene Aufgaben gegeben, bei denen sie Informationen besorgen mussten (im Stadtarchiv, in der Touristeninformation etc.). An dem Ort, an dem sie die Informationen bekommen haben, haben sie dann den nächsten Hinweis und einen Gegenstand erhalten, der ihnen später dabei half, eine Schatztruhe voller Süßigkeiten zu öffnen. Dies motivierte die Schüler/innen zusätzlich. Eine Schatzsuche in Form einer Schnitzeljagd (an einer Station gibt es die Information, die zur nächsten Station führt) erfordert zwar Einiges an Vorbereitung, wie beispielsweise das Knüpfen von Kontakten und die Zusammenarbeit mit mehreren Partnern vor Ort, bietet aber eine wunderbare Gelegenheit, die S. spielerisch zu motivieren. Bei der Planung des Arbeitsaufwandes sollte außerdem bedacht werden, dass es für die Konzipierung der Spurensuche unerlässlich ist, mehrere Ansprechpartner vor Ort zu haben um an Informationen, Bildmaterial etc. zu gelangen. Die Zusammenarbeit mit den Gubener Institutionen (unter dem Punkt »Kontakte« aufgeführt) verlief sehr positiv. Bei der Durchführung von Kurzinterviews/Befragungen sollte bedacht werden, dass sie gut vorbereitet werden müssen. Wir haben etwas zu wenig Zeit dafür eingeplant, sodass die Ausführung nicht wie gewünscht erfolgte. Desweiteren müssen die S. bei der Ausführung umfassend betreut werden, weil bei einigen von ihnen die Hemmschwelle, fremde Menschen anzusprechen, sehr hoch ist. Zudem wäre ein Diktiergerät sinnvoll gewesen, weil einerseits der Umgang damit vor allem für die S. professioneller wirkt und es andererseits damit einfacher ist, das Gesprochene zu rekapitulieren. Bei der Arbeit mit Zeitzeugen sollte ein Vorgespräch mit ihnen stattfinden. Darin sollte überprüft werden, ob die Zeitzeugen bereits Interviews durchgeführt haben und falls nicht, sollten Hinweise gegeben werden. Auch ist zu überprüfen, ob es bestimmte Themen gibt, über
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die die Person gar nicht sprechen möchte. Vor, bei und nach dem Interview sollte Verpflegung für die Zeitzeugen bereitstehen. Auch über ein kleines Geschenk freut sich die befragte Person sehr (z. B. Pralinen). Wenn eine Institution bei der Vermittlung der Zeitzeugen geholfen hat, sollte auch sie beim Dank nicht vergessen werden. Wir haben Interviews mit zwei Zeitzeugen aus Guben darüber geführt, wie sie die Grenzöffnung/schließung erlebt und welche Folgen sich daraus für ihr (Alltags-)Leben ergeben haben. Die Interviewpartner wurden uns durch den Gubener Heimatbund e. V. vermittelt. Im Hinblick auf die Ausstellungsvorbereitung sollte man bereits am zweiten Tag darauf hinarbeiten, dass die Texte und andere Materialien zu den einzelnen Plakaten feststehen. So bleibt am dritten Tag mehr Zeit für die Auswertung. Für die Auswertung sowohl einzelner Phasen als auch der gesamten Tage sollte unbedingt ausreichend Zeit eingeplant werden. Auch sollte auf eine Methode zurückgegriffen werden, die es den S. erleichtert, komplexe Zusammenhänge strukturiert zu ordnen und eventuell bildlich darzustellen. Wir haben die Methode der Reflexion in einem offenen Gespräch gewählt, bei der sich allerdings herausstellte, dass sie ungünstig war. So passierte es, dass die S. einem Ausstellungsteil den Titel »Guben als Grenzstadt« geben wollen, obwohl in den letzten drei Tagen betont wurde, dass Guben und Gubin, ebenso wie Deutschland und Polen, eine gemeinsame Geschichte haben, die grenzübergreifend ist. Vermutlich haben wir den S. den Zusammenhang zwischen der Geschichte verschiedener Orte und dem Grenzverlauf nicht ausreichend verdeutlicht. Um dem entgegenzuwirken, könnte man beispielsweise die gesammelten Bilder, Anekdoten und Materialien den eingangs verwendeten Stadtplänen zuord-
nen, um so die verschiedenen Zeitabschnitte sowie wichtige Ereignisse zu besprechen und sie anschließend um die gewonnenen Erkenntnisse zu ergänzen. Im Hinblick auf den zeitlichen Rahmen, sollten mindestens vier Tage zur Verfügung stehen. Wir haben festgestellt, dass der erste Schultag für das Kennenlernen und die Einführung in das Thema zwar gut bemessen war, jedoch der zweite Tag allein für die Anwendung des Gelernten sehr knapp war. Deutlich zu wenig Zeit blieb uns auch am dritten Tag für die Sichtung und Auswertung der Ergebnisse sowie das Erstellen und die Durchführung der Präsentation. Deshalb blieb auch kaum Zeit für das Feedback an uns. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Umsetzung unserer Konzepte ein Erfolg war, sowohl für die S., insofern wir das beurteilen können, als auch für uns. Obwohl nicht alles wie geplant verlaufen ist, haben wir unsere Ziele bei den S. größtenteils erreicht.
Projekt: Studenten machen Schule – deutsche Kulturgeschichte im östlichen Europa
Unterrichtskonzept von V. Böttger, T. M. Lesch, S. Müller und S. Nekola
Schülerarbeiten/Produkte: mehrere Plakate mit Fotos und kleinen Texten, ein Memory-Spiel Benötigte Materialien: Plakate, Stifte, Leim, Schere, schülergerechte Texte und Arbeitsblätter (siehe angefügte Materialien), Folien, Anleitung für das Erarbeiten von Interviewfragen und die Durchführung von Interviews mit Zeitzeugen bei Exkursionen: technische Infos zur Vorbereitung für den Exkursionsleiter (für Ortsfremde sehr wichtig!), unbekannten Ort vorher einmal besuchen, Institutionen vor Ort (z. B. Vereine, NGO’s, etc. »» unbedingt vorher einmal treffen) Konzept a): Stadtpläne: Aufgabe Beispiel 1 – Thema offene Grenze zwischen 1972-1980 Aufgabe Beispiel 2 – Thema Grenz- und Bevölkerungsstrukturveränderung nach dem 2. Weltkrieg Zum Vergleich haben wir Stadtpläne/Stadtkarten aus unterschiedlichen Quellen und Zeiten/ (Epochen) (1900, 1927, 1939, 1984 und 2008) genutzt. 1900 Stadtübersichtsplan in: Gander, Karl: Führer durch Guben und Umgebung, Guben, 1900 [Besitznachweis: Staatsbibliothek Berlin, Sig.: Td 6273] 1927 Historischer Gubener Stadtplan von 1927 (Reprint). Vierfarbig, Größe: 70 x 76 cm; Maßstab: 1:10.000, ISBN: 3-935881-22-3 1939 Verkehrsplan der Stadt Guben 1939 (Reprint). Mehrfarbig, Maßstab 1:10.000; Größe 75 x 57 cm, ISBN: 978-3-935881500 1984 Topographische Karte 1:10.000, DDR: herausgegeben vom Ministerium für Nationale Verteidigung, Militärtopographischer Dienst, M-33-6-A-b-4: DDR Bezirk Cottbus, VR POLEN
Wojew zielonogórskie, Landesvermessungsamt, Ausgabe 1985 – Stand 1983, Potdam, 1985 [Besitznachweis: Staatsbibliothek Berlin, Sig.: Kart. 29620-M,33,6,A,b,4<1985>] 2008 Touristenkarte des Marketing und Tourismus Guben e.V., Guben, 2008 [kostenlos beim Verein] Spurensuche: Beispiel 1: Religiöses Leben in Guben – Stadtund Hauptkirche sowie Synagoge Schatzkarte (Wegbeschreibung auf altem Stadtplan) Umschlag mit Rechercheaufgaben (Stadt- und Hauptkirche sowie Synagoge auffinden, neu fotografieren und recherchieren) Text zur Recherche 1 (aus Broschüre »Juden in Guben« herausgegeben vom Stadt- und Industriemuseum) Text zur Recherche 2 (Online-Artikel zum Aufbau der Stadt- und Hauptkirche von Andreas Peters) Befragungsaufgaben (Fragen die mit Hilfe der Interwiews geklärt werden sollen) Befragung (Beispiel einer von S. durchgeführten Befragung) Beispiel 2: Stadt als Perle der Niederlausitz Umschlag mit Rechercheaufgaben (Arbeitsaufträge und Leitfragen) Konzept b): Arbeitsblatt zur Einführung: Text mit Kreativaufgabe zur Geschichte der Grenze Text zur Grundlagenvermittlung Interview Arbeitsblatt zur Interviewauswertung Arbeitsblatt mit Feedbackregeln Feedbackbogen zum Ausfüllen Einführende bzw. weiterführende Literatur/ Links: Asmuss, Burkhard u.a.: Deutsche und Polen, Abgründe und Hoffnungen. Dresden: Sandstein Verlag, 2009. Becher, Ursula u.a. (Hg.): Deutschland und Polen
Projekt: Studenten machen Schule – deutsche Kulturgeschichte im östlichen Europa
Unterrichtskonzept von V. Böttger, T. M. Lesch, S. Müller und S. Nekola
im zwanzigsten Jahrhundert, Analysen –Quellen – didaktische Hinweise. Hannover: Verlag Hahnsche Buchhandlung, 2001. Hartmann, Kinga (Hg.): Geschichte verstehen – Zukunft gestalten, Ausgewählte Aspekte der deutsch-polnischen Beziehungen in den Jahren 1933–1949. Dresden/Wrocław: Neisse Verlag, 2009. Jajesniak-Quast, Dagmara / Stoklosa, Katarzyna: Geteilte Städte an Oder und Neiße, Frankfurt (Oder)–Slubice, Guben–Gubin und Görlitz–Zgorzelec 1945–1995. Berlin: Berlin Verlag, 2000. Lausitzer Heimatzeitung: Damals war’s. In: http://www.cga-verlag.de/Damals_wars/ damals. php?name=damals_2011_06.php. Metaversa e.V.: Ein Leitfaden zur Durchführung von Interviews mit ZeitzeugInnen. In: www.zeitzeugengeschichte.de/pdf/EG-Leitfaden.pdf (letzter Zugriff: 15.02.2011). Stokłosa, Katarzyna: Grenzstädte in Ostmitteleuropa, Guben und Gubin 1945 bis 1995. Berlin: BWV Berliner Wissenschaftsverlag, 2003. Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Interviews mit Zeitzeugen z. B. http://www.buendnis-toleranz.de/cms/beitrag/10028150/425760/ (letzter Zugriff: 15.02.2011) oder »» Institutionen vor Ort Verschiedene Broschüren, z.B. »Juden in Guben« und »Guben Lexikon« (erhältlich in der Touristeninformation bzw. beim Stadt- und Industriemuseum) Kontakte vor Ort: Stadtarchiv Frau Richter Gasstraße 4 03172 Guben stadtarchiv@guben.de »» eine Menge alter Fotos und Expertise, Frau Richter ist sehr hilfsbereit und erfahren im Umgang mit Schülerprojekten
»» alle Ausgaben des Heimatkalenders, weitere Literatur über Guben und Umgebung »» gute Arbeitsatmosphäre für die Projekttage »» Konferenzräume Tourist-Information Frankfurter Straße 21 03172 Guben »» freundlich und hilfsbereit, haben auch Material (Stadtpläne u. ä.) in Schulklassenmengen Niederlausitzer Verlag Inhaber: Andreas Peter Frankfurter Straße 12 03172 Guben »» Herr Peter ist ausgewiesener Experte zur Geschichte der Stadt/der Region (»Stadtwächter von Guben«), gibt gerne Hinweise und veröffentlicht in seinem Verlag Publikationen zur Region, auch auf polnischer Seite. Gubener Heimatbund e.V. Vorstand: Lutz Materne Gasstraße 13 03172 Guben »» ein großer Verein, der sich um Gubens Geschichte kümmert. Kontaktadresse für viele Zeitzeugen Förderverein zum Wiederaufbau der Stadtund Hauptkirche in Gubin e.V. Gasstraße 4 03172 Guben »» Tausende von historischen Fotos und engagierte Mitarbeiter; kümmern sich hauptsächlich um die Kirche in Gubin, sind aber geschichtlich sehr sattelfest und haben auch Interesse an Mitarbeit bei Jugendprojekten
Stadtbibliothek Gasstraße 6 03172 Guben
Projekt: Studenten machen Schule – deutsche Kulturgeschichte im östlichen Europa
Unterrichtskonzept von V. Böttger, T. M. Lesch, S. Müller und S. Nekola
Infos über die Autoren/innen: Vanessa Böttger wurde 1989 in Karl-Marx-Stadt geboren. Sie studiert European Studies mit dem Schwerpunkt Ostmitteleuropa an der Technischen Universität Chemnitz. Sarah Nekola studierte in Leipzig, Paris und Berlin Neuere deutsche Literatur, Kunstgeschichte sowie Neuere/Neueste Geschichte. Tina Marie Lesch wurde 1988 in Oschatz geboren. Sie studiert den Bachelor Plus, Programm European Studies, mit dem Schwerpunkt Ostmitteleuropa an der Otto-von Guerricke Universität in Magdeburg sowie an der Uniwersytet Łódzkie in Łódź (Polen). Stephan Müller, 1972 in Oberhausen geboren, studierte Soziologie und Geschichte an der Technischen Universität Berlin mit den Schwerpunkten Antisemitismus und Stadtgeschichte.
Projekt: Studenten machen Schule – deutsche Kulturgeschichte im östlichen Europa