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Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst

Der Herkules: Daten eines Wahrzeichens • Errichtung des Oktogons: 1701 – 1711 • Errichtung der Pyramide: 1714 – 1715 • Konstruktion der Herkulesfigur: 1713 – 1717 • Höhe über N.N.: 527 Meter • Höhe des Oktogons: 33 Meter • Durchmesser des Oktogons: 68,50 – 73,50 Meter • Höhe der Pyramide: 30 Meter • Höhe der Herkulesfigur: 8,30 Meter (ohne Sockel) 11,30 Meter (mit Sockel)

Ich bedanke mich im Namen der Landesregierung sehr herzlich bei der Kasseler Bevölkerung, die die Investitionen des Landes durch einen namhaften Spendenbeitrag unterstützt. Dies signalisiert auch, dass alle an einem Strang ziehen, um Kassel neuen Glanz zu verleihen.

Eva Kühne-Hörmann Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst

Museumslandschaft Hessen Kassel Postfach 410 420, 34066 Kassel www.museum-kassel.de

Bildnachweis Titelfoto: Arno Hensmanns, mhk; Herkules Totale: Verwaltung Staatliche Schlösser und Gärten Hessen; alle weiteren Fotos: Arno Hensmanns, mhk; Herkules-Stich: Graphische Sammlung, mhk

Information zur Museumslandschaft Hessen Kassel Nr. 1.2

Das Land Hessen ist sich aber auch der internationalen Bedeutung seines Kasseler Erbes bewusst. Unter dem Titel „Wasserkünste und Herkules im Bergpark Wilhelmshöhe“ betreibt die Landesregierung die Aufnahme dieses einzigartigen Beispiels für fürstlichen Repräsentationswillen des Absolutismus in die Welterbeliste der UNESCO. Über den Antrag wird voraussichtlich 2013 entschieden.

Kontakt Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Rheinstraße 23-25, 65185 Wiesbaden www.hmwk.hessen.de

Eine Sanierung mit Symbolkraft

Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Hessischen Landesregierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahl­werbern oder Wahlhelfern während eines Wahl­­­­­kampfes zum Zwecke der Wahl­werbung verwendet werden. Dies gilt für Landtags-, Bundestags- und Kom­mu­nal­wahlen. Missbräuchlich sind insbesondere die Verteilung auf Wahl­ver­anstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Ein­legen, Auf­drucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwer­bung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Die genannten Beschränkungen gelten unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Druckschrift dem Empfänger zuge­gangen ist. Den Parteien ist es jedoch gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu ver­wenden. 11/2011

Die Instandsetzung des Herkules-Monuments als eines der ersten Projekte der Neuordnung der Museumslandschaft Kassel mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 200 Millionen Euro hat Symbolcharakter. Sie bildet den Auftakt für eines der größten Kulturinvestitionsvorhaben in Deutschland. Es geht nicht nur darum, das kulturelle Erbe Hessen-Kassels und das Wahrzeichen der Stadt für die Bevölkerung zu erhalten und für die Zukunft zu bewahren. Die Investition soll auch der touristisch oft unterschätzten Region Nordhessen größere Strahlkraft verleihen und dazu beitragen, mehr Besucher nach Nordhessen und Kassel zu locken. Somit geht es bei diesem Projekt nicht nur um Kultur- sondern auch um Wirtschaftsförderung.

Weiterführende Informationen: • Von Herkules gekrönt. Die Idealprospekte Jan und Rymer van Nickelens für Landgraf Karl. Katalog bearbeitet von Agnes Tieze, Monographische Reihe, Band 13, Kassel 2004 • Thomas Ludwig, Der Herkules im Schlosspark Wilhelmshöhe. Historische Baudenkmäler, Parks und Gärten in Hessen, Broschüre 22, Regensburg 2004 • Das Herkulesbauwerk im Bergpark Wilhelmshöhe. Berichte zur Restaurierung. Arbeitshefte des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, Band 18, Stuttgart 2011

Herkules – lebendiger Mythos

Liebe Leserinnen, liebe Leser, es gibt Bauwerke, die eine hohe Symbol­kraft entwickeln und Identifika­tions­punkte für Städte, Regionen oder Länder sind. Das Herkulesbauwerk im Bergpark KasselWilhelmshöhe zählt zweifellos zu dieser Kategorie. Seit fast 300 Jahren überragt es am Ostrand des Habichtswaldes die Stadt Kassel und ist, weithin sichtbar, zu ihrem prägenden Wahrzeichen geworden. Das Herkules-Monument, ein Symbol in sich ruhender Stärke, ist praktisch seit seiner Vollendung ein „Pflegefall“. Sorgen bereitet dabei vor allem das Oktogon, auf dem die Pyramide mit der bekrönenden Herkulesfigur gründet. 1951/52 gab es schon einmal umfangreiche Sanierungsarbeiten. Dass man diese Anstrengungen kurz nach Kriegsende auf sich nahm, zeigt, welchen Stellenwert die Wiederherstellung des Kasseler Wahrzeichens hatte. 55 Jahre später wurde die aktuelle, grundlegende Instandsetzung eingeleitet, denn aus Kostengründen konnten seinerzeit nicht alle notwendigen Arbeiten vorgenommen werden. Die Restaurierung der Herkulesfigur selbst wurde bereits 2008 weitgehend abgeschlossen. Die Landesregierung ist entschlossen, die Generalsanierung des Bauwerks konsequent und umfassend fortzuführen. 2015/2016 soll auch das Oktogon restauriert sein. Jeder Aufschub würde einen verantwortungslosen Umgang mit einem einmaligen kulturellen Erbe bedeuten. Dies wäre auch kaum vor der Kasseler Bevölkerung zu rechtfertigen, die sich nicht nur ideell, sondern auch finanziell für „ihren“ Herkules engagiert hat.


Oktogon und Herkules

Halbgott auf brüchigem Grund

Symbol fürstlichen Gestaltungswillens

Seit 300 Jahren Dauerbaustelle

Herkules – der mutige, starke, kluge und

vor allem tugendhafte Held der griechi­schen Mythologie, der aufgrund seiner Verdienste in den Götterhimmel aufgenommen wurde und dadurch Unsterblichkeit erlangte – hatte für einen Fürsten, der seinen Untertanen Vorbild sein und sich selbst ein Denkmal setzen wollte, ganz beträchtliches Identifikationspotenzial.

Die Kasseler Figur stellt den antiken Halbgott jedoch nicht als kämpfenden Helden dar; vielmehr entschied sich Auftraggeber Landgraf Karl 1713 für einen Herkules, der nach erfüllten Aufgaben in sich ruht und gelassen im Bewusstsein seiner Stärke neuen Herausforderungen entgegen blickt. Eben so, wie sich der Landgraf nach Beendigung des Spanischen Erbfolgekrieges selbst sah: als siegreicher und vorausschauender Landesherr. Inspiriert zu seinem Entschluss hatte den Landgrafen während seiner Italienreise

von 1699 – 1700 die in der Hofloggia des römischen Palazzo Farnese aufgestellte Herkules-Skulptur. Der Kasseler Herkules ist indes mit einer Höhe von 8,30 Metern etwa dreimal so groß wie sein antikes Vorbild. 1900 entdeckte man unter der Schädeldecke des Herkules eine runde Plakette, die den Augsburger Goldschmied Johann Jakob Anthoni als Schöpfer der Monumentalstatue auswies. Sie wurde zwischen 1713 und 1717 von Anthoni aus einzelnen getriebenen Kupferblechen errichtet, die messinghart miteinander verlötet und vernietet wurden. Montiert wurden die filigranen, nur knapp drei Millimeter starken Bleche über einem stabilen schmiedeeisernen Gerüst, das in der als Sockel dienenden steilen Pyramide verankert wurde. Der Herkules ist damit eine der frühesten in Europa verwirklichten überlebensgroßen Monumentalstatuen aus Kupferblechen.

Ursprünglich war die riesige Anlage auf dem Karlsberg ohne den auf seiner

Pyramide stehenden Herkules geplant worden: Der Entwurf von Baumeister Giovanni Francesco Guerniero aus Rom sah vielmehr eine zentrale Kaskaden­ achse vor, die sich von einem oktogonalen Grottenbauwerk mit Belvedere­ geschoss auf dem Berggipfel über eintausend Meter bis zu einem neuen Schloss erstrecken sollte. 1701 – 1711 konnten aufgrund finanzieller Engpässe jedoch lediglich das Oktogon und das obere Drittel der Kaskaden vollendet werden. Um dem Bauwerk einen würdigen Anstrich zu geben, fiel 1713 die Entscheidung, das Oktogon mit einer Herkulesfigur zu krönen.

Das verschärfte die von Anfang an bestehenden konstruktiven Probleme, deren Ursache der teilweise sehr schlechte Baugrund, die Verwendung von verwitterungsanfälligem Tuffstein aus dem Habichtswald als Baumaterial und andere Bau- und Planungsfehler waren. Schon ab 1715 mussten zur Stabilisierung des Oktogons Jahr für Jahr eingefallene Bauteile, einsturzgefährdete Gewölbe und abgesenkte Wände neu gegründet, wieder aufgebaut oder durch Verstärkungseinbauten stabilisiert werden. Dadurch wurde der einst deutliche Kontrast zwischen dem felsenartigen Grottenunterbau und dem filigranen, transparent wirkenden Belvederegeschoss abgeschwächt. Er ist heute kaum noch erkennbar.

Das monumentale Herkulesbauwerk ist längst nicht so unerschütterlich, wie es

wirkt: Bereits kurz nach seiner Vollendung 1715 traten so erhebliche Schäden auf, dass es hieß, Baumeister Guerniero habe es vorgezogen, Kassel schleunigst den Rücken zu kehren.

Nicht nur einige Baufehler waren dem Italiener unterlaufen – wenn auch zu

Zeiten, als statische Berechnungen noch in ferner Zukunft lagen. Hinzu kam, dass der Baugrund dem enormen Gewicht des Oktogons nicht gewachsen war, insbesondere der auf klüftigem Basaltgestein gründende östliche Bereich an der Hangkante. Zudem erwies sich der als Baumaterial verwendete Habichtswälder Tuff als wenig druckfest und extrem witterungsanfällig gegenüber Feuchtigkeit, Frost und Wind: insgesamt keine gute Basis für den Herkules.

Bisherige Sanierungsarbeiten mussten nicht zuletzt auch aus finanziellen Gründen Stückwerk bleiben. Die aktuelle Grundinstandsetzung verfolgt nun das Ziel, das Bauwerk nachhaltig konstruktiv zu ertüchtigen, um seine Standsicherheit möglichst dauerhaft zu gewährleisten. Besonders problematisch dabei ist die akute Rückwitterung des Tuffs. Zahlreiche geschwächte Steine müssen ausgetauscht werden. Doch die Kapazitäten des letzten Tuffsteinbruchs im Habichtswald sind begrenzt; der Einsatz anderer Gesteine ist technisch problematisch. Daher wird an der Entwicklung eines künstlichen Tuffs gearbeitet, um die knappen natürlichen Ressourcen zu schonen. Auch Größe und Masse des gigantischen „Riesenschlosses“, wie es auch ge-

nannt wird, sind eine große, kostentreibende Herausforderung: Allein 70 Kilometer Fugen sind zu sanieren! Und immer wieder erleben die Planer unliebsame Überraschungen: Die Hoffnung, dass das Bauwerk irgendwann einmal „fertig“ ist, erscheint daher illusorisch. Es bedarf vielmehr, großen Domen und ihren Bauhütten vergleichbar, ständiger Pflege. Die aktuellen Instandsetzungs­ arbeiten werden bis voraussichtlich 2015/2016 dauern.

Die Herkulesfigur selbst trotzte der Zeit besser als ihr monumentaler Unterbau.

Dennoch waren auch hier schon in der Vergangenheit Restaurierungen erforderlich. Dokumentiert sind die Arbeiten der Jahre 1900 und 1951 – 1952. Die jetzige Sanierung erfolgt seit 2007 auf Basis einer umfangreichen Schadens­bestandsaufnahme. Dabei hatten sich erhebliche Schäden an der Kupferhaut und der schmiedeeisernen Innenkonstruktion gezeigt. Die Haut wies lokale Verschwärzungen und Krustenbildungen, feinere Risse und Löcher, alte Flickstellen und mangelhafte Nietverbindungen auf – viele kleinere Schäden, die in mühevoller Arbeit behoben wurden. Im Inneren waren die eisernen, an der Innenseite der Kupferhaut verlegten Bänder aus den fünfziger Jahren so stark korrodiert, dass sie komplett ersetzt werden mussten. Dazu wurde korrosionsbeständiger Edelstahl eingesetzt, ebenso wie für die zusätzlichen Verankerungen, welche die Statue für wachsende Windlasten stabilisieren sollen. Überdies wurde die Blitzschutzanlage erneuert; eine bessere Durch­lüftung und Entwässerung soll das Korrosionsrisiko spürbar reduzieren.

Im August 2008 wurde mit dem Wiederaufsetzen des zwischenzeitlich abgenommenen Kopfes die Instandsetzung der Herkulesfigur symbolkräftig vollendet.


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