Land & Berge - Heimat Küche

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Köstliche Rezepte aus der Landküche

Lust auf Sommer FH133_001_Titel.indd 1

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Kaiserschmarren im Paradies

Logenplatz auf der Winklmoosalm: Hier will man sich hinsetzen, ausruhen – und das Panorama genieĂ&#x;en

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Frauenpower auf der Alm: Jeannette mit ihren beiden Töchtern Celine (l.) und Mercedes (r.)

Ein Traum wurde wahr: Kurz entschlossen zog Jeannette Lorenz mit ihren Töchtern auf die Winklmoosalm – und übernahm die Traunsteiner Hütte. Jetzt verwöhnt sie Wanderer mit regionalen Spezialitäten und einem sündig-süßen Nachtisch …

W Fotos: Kathrin Thoma-Bregar

enn Jeannette Lorenz abends auf ihrer Hüttenterrasse sitzt und der Sonne beim Untergehen zuschaut, fällt der Trubel des Tages schlagartig von ihr ab. Die letzten Wanderer sind längst zurück ins Tal. Eine Handvoll Übernachtungsgäste spielt noch eine Partie Karten in der heimeligen Stube. Hin und wieder klingt ihr fröhliches Lachen hinaus. Ansonsten hat sich eine friedliche Abendruhe über die Winklmoosalm gelegt.

Ein Familienprojekt

Seit drei Jahren lebt Jeannette Lorenz zusammen mit ihren beiden jüngsten Töchtern oben auf der Alm und betreibt die Traunsteiner Hütte. „Das wollte ich schon immer, so eine Berghütte. Aber mit Kindern und ohne Mann ist das nicht einfach.“

Viele Bewerbungen schrieb sie, viele Absagen erhielt sie zurück. Bis der Zufall mitspielte: Die Traunsteiner Alpenvereinssektion brauchte ganz kurzfristig einen neuen Pächter. Innerhalb von drei Wochen organisierte die Mutter den Umzug von Mittenwald nach Reit im Winkl und kündigte ihre Arbeitsstelle. „Zuvor bin ich mit meinen Mädchen zusammen hergefahren, wir haben uns alles angeschaut und gemeinsam entschieden, dass wir es machen.“ Das war Ende Januar 2010. Innerhalb von nur ein paar Tagen machte die 48-Jährige den Betrieb auf der Traunsteiner Hütte startklar und meldete Mercedes (13) und Celine (14) in der neuen Schule an. Jeden Morgen fährt sie die beiden hinunter ins Tal zum Schulbus und holt sie am Nachmittag wieder ab. Das ist zwar manchmal etwas umständlich, aber zurück wollen sie alle drei nicht.

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Nicht nur die Aussicht auf die Berge, auch die auf den Kaiserschmarren von Wirtin Jeannette locken Urlauber und Einheimische gleichermaßen hoch zur Winklmoosalm. Die Eierspeise bereitet die Wirtin in ihrer kleinen Hüttenküche aus Dinkelmehl, Milch von Almkühen und Eiern von glücklichen Hühnern zu. Serviert wird der Kaiserschmarren mit Rosinen, Mandelblättchen und Puderzucker

Auf der Hüttenterrasse genießen Wanderer den ganzen Tag lang Sonnenschein

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So kommen Sie auf die Alm

Die Hütte gehört der Alpenvereinssektion Traunstein. Wer will, kann hier auch übernachten

Kaiserschmarren Zutaten für 1 Portion 3 Eier, 3 EL Zucker, etwas Vanillezucker, 3 EL Dinkelmehl (Type 812), etwas Milch, nach Geschmack Rosinen oder Mandeln, etwas Zucker und Butter zum Karamellisieren Zubereitung Eier trennen. Eiweiß zu steifem Schnee schlagen. Eigelb mit Zucker und Vanillezucker schaumig rühren. Das Mehl über die Eigelbmasse geben und mit etwas Milch unterrühren. Den Eischnee vorsichtig unter den Teig heben und leicht vermengen. Wer will, kann Rosinen oder Mandeln zugeben. In der Pfanne bei niedriger Hitze von beiden Seiten goldbraun anbraten. Sobald der Teig fertig gebacken ist, die Masse etwas zerteilen und mit dem Zucker und der Butter karamellisieren.

Die Mädchen fühlen sich zwischen Almkräutern, Bergwald und Kühen pudelwohl. Auch wenn sie an den Wochenenden und in den Ferien kräftig mit anpacken müssen. „Sonst würde es nicht funktionieren“, sagt Jeannette. An Spitzentagen geht es in der kleinen Hüttenküche nämlich rund, dann müssen bis zu 120 Essen zubereitet werden. Das Alpenvereinshaus ist bei Urlaubsgästen und Einheimischen gleichermaßen beliebt. Dabei liegt es versteckt und abseits der sonst gut besuchten Winklmoosalm. Dass sämtliche Plätze trotzdem stets gut belegt sind, hat seinen Grund: Eine ehrliche, authentische Küche war der Wirtin von Anfang an wichtig. Die gelernte Hotelfachfrau hat lange in einer Metzgerei gearbeitet und ein Auge für Qualität entwickelt. „Bei mir bekommen die Gäste nur das, was ich auch selbst gerne esse: gutes Fleisch vom Bauernhof, Käse aus einer benachbarten österreichischen Sennerei, Eier vom Hühnerhof in Grabenstätt und Mehl aus einer Mühle bei Traunstein.“

Zu Fuß geht es vom Parkplatz Seegatterl (zwischen Reit im Winkl und Ruhpolding) auf einem leichten Wanderweg (Nr. 111/112) durchs Dürrnbachtal in eineinhalb Stunden hinauf zur Alm. Im Winter ist diese Aufstiegsroute auch für Skitourengeher geeignet. Außerdem fährt ein öffentlicher Linienbus (9507) von Reit im Winkl. Mit dem eigenen Pkw kommt man ebenfalls auf die Winklmoosalm, die Mautgebühr beträgt allerdings sieben Euro. Im Winter ist die Straße für den Verkehr gesperrt, dafür läuft die Gondelbahn. Mountainbiker können vom Seegatterl-Parkplatz über den Schwarzlofer-Graben fahren (rund 50 Minuten) oder von der österreichischen Seite durch das schattige Unkenbachtal (rund 3,5 Stunden).

Leberknödelsuppe bis zum Wurstsalat kann der Gast auf der Traunsteiner Hütte aus einer ganzen Reihe von klassischen Almgerichten wählen. Wer sich allerdings einmal für den „Kaiserschmarren nach Omas Geheimrezept“ entschieden hat, wird ihn immer wieder bestellen. Goldgelb wie die Sommersonne kommt er daher, luftig und leicht, ein Hauch von sündiger Süße, garniert mit Rosinen und Mandelblättchen. „Eigentlich ist ein guter Kaiserschmarren gar nicht schwer zuzubereiten. Viele machen allerdings den Herd zu heiß“, erklärt sie. Wichtig sei es außerdem, das Eiweiß vom Eigelb zu trennen und es aufgeschlagen und ganz behutsam unter die Masse zu heben. Bevor der fast fertige Kaiserschmarren aus der Pfanne auf die Teller kommt, gibt Jeannette noch eine ordentliche Portion Butter drauf und Zucker, den sie karamellisieren lässt. Nicht nur für den Kaiserschmarren, für alle Mehlspeisen verwendet die Köchin helles Dinkelmehl, weil es gesünder ist und fein schmeckt.

Ein Traum hat sich erfüllt

Außer den beiden Töchtern packt noch Bedienung Kerstin auf der Traunsteiner Hütte mit an. Die Damen sind ein eingespieltes Team. Jeannette schätzt das sehr, auch wenn manchmal kräftige Männerhände fehlen. Gut, dass es Bauer Josef vom Oberschmied-Hof gibt. Seine Almhütte steht gleich neben der Traunsteiner Hütte. Seit Generationen ist sie in Familienbesitz. Wenn Not am Mann ist, packt Josef gerne an, repariert Hüttenklappstühle auf der Terrasse oder was sonst so anfällt. Und zur Jause kommt Josef sowieso am liebsten auf die Traunsteiner Hütte. „Jeannette macht etwas, was es sonst fast kaum mehr gibt, nämlich Handarbeit. Sie kauft keine Spätzle in Dosen, keine vorpanierten Schnitzel und keine gefrorenen Kuchen. Und die wahre Qualität einer Hüttenköchin erkennt man sowieso am Kaiserschmarren“, weiß der Bauer. In der lauen Abenddämmerung und vor dem Zubettgehen streift Jeannette Lorenz gerne noch eine kleine Runde über die Winklmoosalm. Für die dunkle Jahreszeit hat sie sich sogar extra eine Stirnlampe zugelegt. Ihr altes Leben im Tal vermisst sie nicht, ihr Traum von der Berghütte hat sich ganz erfüllt. Kathrin Thoma-Bregar

Fotos: Kathrin Thoma-Bregar

Kaiserschmarren vom Feinsten

Da ist es nur logisch, dass die Traunsteiner Hütte ein Mitgliedsbetrieb der Deutschen-Alpenverein-Kampagne „So schmecken die Berge“ ist. Rund 70 Berghütten im gesamten Alpenraum nehmen daran teil. Auch die Österreicher und die Südtiroler haben sich der Kooperation zwischen Hüttenwirten und regionalen Erzeugern von Lebensmitteln angeschlossen. Von Kasspatzen bis zum üppig garnierten Brotzeitteller, von

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INFO Traunsteiner Hütte, Jeannette Lorenz, Dürrnbachhornweg 14, 83242 Reit im Winkl, Tel.: 0 86 40/81 40, www.traunsteinerhuette.de. Weitere Auskünfte erteilt die Tourist-Info Reit im Winkl, Tel.: 0 86 40/8 00 27

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