>> Leseprobe Claus Küsters "SCHULE AUS" KUUUK ISBN 978-3-96290-034-2 <<

Page 1


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

Claus Küsters Schule aus

1 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


Ein Englisch- und Sportlehrer, der als J oder Johannes und in weiteren Variationen auftritt, wirft den Blick auf das Ganze. Sein Kopf ist voller Wissen, betankt mit der Vielfalt kluger Bücher. Zudem leitet er die Theatergruppe. Es tauchen Schüler auf, die verunsichern. Dazu blasse Lehrpersonen und saftlose Vorgesetzte. Das Bild von Schule wird hier vollkommen ungewohnt gezeichnet. Nach und nach wird klar, wie dieser Mann sich der Welt gegenübersieht, aber sein Ich auch mehr und mehr vom „normalen“ Alltag abtrennt. Das ist eine Art von Rebellion. Seine Zweifel an allem Geschehen, die genaue Beobachtung von Menschen, das stete Verarbeiten, dazu immer wieder sein scharfer Blick auf unterschiedlichste Themen, machen diesen modernen Roman, genauer: diesen roman­artigen Bericht, zu einer Form von Abrechnung, zugleich aber auch Weltdurchleuchtung. Johannes hadert mit dem Organismus Schule. Er gerät vielfach in Konflikte mit dem System ... und dem Ablauf des Lebens überhaupt. Es tauchen auch mehrere Frauen auf: Barbara, Maria, Carmen, der Mix von Anziehung, Liebe, Abstoßung, losen Gefühlen. Und Gestalten, die das Leben auf seltsamen Wegen bestreiten. Darunter: der Obdachlose, der Großkotz, die Angepassten. – „Schule aus“ schöpft aus langen Schul-, Lebens- und Lesejahren. Aufregend, wütend, zweifelnd, weitsichtig. Der Autor Claus Küsters wurde noch im Zweiten Weltkrieg – 1942 – im rauchigen Duisburg geboren. Zog mit den Eltern dann nach Essen, wo er Abitur machte, um darauf in Bonn und Köln Englisch, Diplom-Sportlehrer, Literatur und Kunstgeschichte in vollen Hörsälen zu studieren. Danach wollte er ins Grüne – Umgebung bei Pforzheim –, wo er als Gymnasiallehrer dreißig lange Jahre seine Fächer unterrichtete. Dann pensionierte er sich vorzeitig. Zur Zeit schreibt und malt er anderer und sein Leben. Das Leben anderer ist das Interessantere. 2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

Claus Küsters

SCHULE AUS Romanartiger Bericht

K|U|U|U|K VERLAG MIT 3 U

3 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek erfasst diesen Buchtitel in der Deutschen Nationalbibliografie. Die bibliografischen Daten können im Internet unter http://dnb.dnb.de abgerufen werden. Alle Rechte vorbehalten. Insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen und Medien – auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere neuartige Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. HINWEIS: Deutsch ist überaus vielschichtig und komplex. Der Verlag versucht, nach bestem Wissen und Gewissen alle Bücher zu lektorieren und zu korrigieren. Oft gibt es allerdings mehrere erlaubte Schreibweisen parallel. Da will entschieden werden. Zudem ergeben sich immer wieder Zweifelsfälle, wozu es oft auch keine eindeutigen Antworten gibt. Schlussendlich haben auch die Autorinnen und Autoren ureigene Sprach- und LayoutPräferenzen, die sich dann bis in die Zeilenabstände, in die Zeichensetzung (u. a. Bindestrich-Setzung), Wortwahl und manche Schreibung auswirken.

| Coverfoto © Claus Küsters | Hauptschrift des Buches: Charis SIL | | Lektorat: KUUUK | ISBN 978-3-96290-034-2 Erste Auflage Juni 2022 KUUUK Verlag und Medien Klaus Jans Königswinter bei Bonn Printed in Europe (EU) K|U|U|U|K – Der Verlag mit 3 U www.kuuuk.com Alle Rechte [Copyright] © Claus Küsters © KUUUK Verlag | info@kuuuk.com

4 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

Für Chr.

5 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

6 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

Also treiben wir weiter – er injizierte langsam – werden wir vom eigenen Hirn getrieben, was nicht mehr „unseres“ ist in eine Denk- und Handlungsrealität, die wir auch für wirklich halten, denn wirken tut sie. In uns selbst erschafft sich scheinbar ein Sekundärreales, das stört, weil es so mächtig in uns rumort. Meine Spritzen – So, fertig! – dämpfen jetzt den Lärm hoffentlich. – Johannes: Danke für Ihre kurze Aufklärung, die das Hirn zwar gehört hat, aber sich nächstens nicht danach richten wird. Und Metaphysik ist die nahe Schwester der Utopie, aber sie vertragen sich nicht immer. Außerdem scheinen beide ja bei wachem Verstand vor sich zu gehen. Beide waren sie abgedriftet ins Überpsychotische, aber jetzt trat er auf die Straße, und alles fühlte sich wieder nach Sowieso an, nirgendwo Tiefe, Heiterkeit – nur pedantische autofahrende Tatsachen, geräuschvoll wortlos. Gibt es denn gegen das tägliche Blabla keine Spritze? Gegen den nichtigen Druck der Banalität! Die läuft, passiert, nichts geschieht, aufrechter Gang, verschlossene Gesichter. Da fiels ihn an, dass unerwartet jemand, eine weibliche Person, auf ihn einstürzte, nur weil sie gestolpert war, ein herausragendes Ereignis, in welchem die Person sich das Knie sehr geschmerzt hatte. So lagen sie sich in den Armen, als seien sie ein Liebespaar. Ein banaler Unfall als ansehnliche Ausnahme. Er hielt sie fest, dass sie nicht noch tiefer falle, sie vermochte außerdem nicht mehr schmerzlos zu laufen. Doch sie hielt fest seinen galanten Unterarm bis in fünf langsa75 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

men Minuten zu seinem Auto im Parkhaus. Der Notarzt verband das Knie, „bitte eine Woche keine Bewegung, dann kommen Sie wieder“, John brachte sie erstmal nach Hause. Sie gefiel ihm auch humpelnd, behinderte Schönheit, die Nase barbarastreisandähnlich. Man trank eine Tasse Kaffee – was sonst? – und wollte sich morgen für die nötigen Einkäufe wieder treffen, er kann sowas. Sein Gesichtskreis war durch einen begrenzenden Unfall lieblich-Schmerzlich erweitert worden! Da verging ihm sämtlicher Witz: In dieser Enge, geistigen Enge, die er in seiner Dorfnachbarschaft wiederfand. Zu viel von Zuwenig – als Substantiv das Gegenteil von Etwas, etwas Befriedigendem. Sie lebten und dachten nur Wiederholbares, lebendig in ihren Kästen, Faulholz, keine Art von Esprit, stumpfstumme Zufriedenheit. Ihr entfernt euch, meine Flucht in die Weite, die ich suche, ihr verpappt in eurem Schleimhaus. Ihr werdet immer kleiner, ich nenne euer Verhalten (extra für euch erfunden!): Ex­ trem egopoietisch perseverierende Assoziationsredundanz! Mein Fluchtfremdgewörtel, das euch anhängt. Ich kann nicht mal über euch lachen. Ich flüchte tagtäglich, lehre locker und gehe für die gestolperte Frau einkaufen. Sie kann nun doch nicht laufen bis auf Weiteres, ich moderner Sanitäter. Gäbe es doch mehr von diesen Tätern! Zweimal am Tag erscheint der hygienische Arbeitersamariterbund mit Extra­ schlüssel. Sonst sitzt sie im Rollstuhl. Ihre gewohnten Tätigkeiten vermag sie nicht auszuführen, aber ich bin ihr guter Unterhalter und Rollstuhlschieber. 76 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

Möglicherweise hat der Arzt eine weitere Verletzung übersehen, aber das Thema vermeide ich, weil sie diese Möglichkeit aus der Fassung brachte. Eine Röntgenuntersuchung steht noch an. Von „Beruf“ haben wir bisher nicht gesprochen, wir sind bloß zwei einander wenig bekannte Figuren, die sich langsam dem anderen annähern. Der Herr Röntgen stellte fest: Kleinere Knochenabsplitterung am Kniegelenk, Krankenhaus will ich nicht, sagte sie, das gibt sich wieder, sagte ich. Laientherapie aus Abneigung. Hoffen auf Heilung in Allmählichkeiten. Bisher hatte er alles bezahlt, gleichsam stellvertretender Privatpatient. Reich war er nicht, aber wohlund genughabend. Er zahlte automatisch, obwohl nur seine Netzhaut – sein Bewusstsein noch nicht – den prekären Zustand ihrer Wohnung – Bleibe – mitgekriegt hatte. Ihr Zimmer mit Couchbett, Küchenzeile, kleines Duschbad, alles zirka zwanzig Jahre schon im Verfall begriffen. Ihre deutsche Sprache dagegen im Lernaufstieg, oft charmanter- und rustikalerweise falsch, (was im hiesigen Bericht ins Hochdeutsch geglättet werden muss). Sie kommt aus Rumänien, wo es nichts für sie zu verdienen gibt. Muss sich also in Europa rumtreiben, zwecks Verdienst, seit letzter Woche in Deutschland. Sie erzählt mit Wut: Ceaușescu hatte das Land runtergewirtschaftet, wovon es sich immer nocht nicht erholt hat. Die „Rumänischen Revolutionen“ von 1989 und 2017 richteten sich gegen die Begnadigung von Amtsmissbrauchern, Hunderte! 2018 versuchte die Regierung die Unabhängigkeit der Justiz einzuschränken, und heute gilt das Land 77 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

als „defekte Demokratie“ sowie „mäßig korrupt“. Die Roma werden weiter diskriminiert, die Verwaltung ist ineffizient, die Wirtschaft wächst, aber mit Außenhandelsdefizit von drei Milliarden Euro. Trotz mancher Verbesserungen, müssen viele, wie ich, Arbeit im Ausland suchen, denn ein Fünftel der Bevölkerung zählt zu den „Working Poor“. Korruption ist Alltag, und wir haben dreißig verschiedene Redewendungen für „Schmiergeld“. Woher sie das weiß? Hat Geschichte und Volkswirtschaft studiert, aber keine Arbeit gefunden. – Jetzt liege ich hier und sollte eigentlich putzen gehen. Bei einem Konzern. Immerhin Mindestlohn. Vor einer Woche war sie hier angekommen mit wenig Geld, allein und leer, zuvor in Spanien und Italien. „Das Leben schmeißt mich rum, aber ich bin hart! Heimat ist da, wo ich genug verdiene, aber in der ersten Nacht lag ich im Obdachlosenheim zwischen Männern und Weibern, da war ich zittrig...“ Weint sie? – Morgens bin ich zur Arbeit mit meinem Koffer, abends ein billiges Hotel; jetzt diese Bude hier, ich bin stark! – Johannes: So wie du könnte ich Kapitalismusverwöhnter gar nicht leben, so ausgefranst. Jetzt verdienst du nix, das ist doch...(Er beherrscht sich, er spürt einen Pflichtdrang zum „Spenden“.) Sie humpelt, stellt sich vor ihn, küsst ihn gekrallt wild, herzzerreißend herzlich. – Ich bin so alleine...was soll ich hier...soll das... Sie lässt ihn nicht los...liebt er sie oder ist’s Mitleid? Mit leiden will er nicht. Küssen und Spenden, aber 78 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

auch nicht in ihrer Nuttenartigkeit, ihrer bedürftigen Hingabe! – Meine Rumreiserei ist kein Tourismus, sondern... – Johannes: Notflucht. – Sie: Wohin? Weshalb? – J: Wegen Geld, Dach überm Kopf und genug Zigaretten. – Sie: Ja. – J: So allein? – Sie: Was soll ich suchen?! Es bleibt mir das Leben als Überleben. Du siehst ja, wie ich wohne. – J: Ohne irgendjemanden. Nicht mal jemand auf dem Gang draußen. – Sie: Allein, ja. – J: Nur Liebe ist die schönste Ursache, die Existenz des Anderen und die eigene als sinnvoll zu empfinden. Nicht mal die Liebe schleicht auf dem Gang rum. – Sie: Eben Leere. – J: Lust. Luft! Ich küsse dich! – Sie. Kann ich dem trauen? – J: Ich lüge nicht. Das war früher. Sie krallte ihn egostark an sich. Ihr „allein“ war Einsamkeit. Allmähliche Kusslösung. Sein Name kam stockend wie der ihre. – Sie: Bar... Barbar... Barbara Sie weinte. Sahen sich an. Sie weinte. – Barbara: Ich will mit dir schlafen...eine Nacht nur so 79 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

zusammenliegen, meine ich. – J: Ja (Nach drei Stunden Johannes ab.)

Was Johannes, den Mitmacher, weiter negativ anmacht. Viele werden oft unbewusst, was sie gar nicht sind, und dann betonen sie, dass sie keine Lehrertypen sein wollen und sind. Eingetrocknete Lehrerinnen sind immer noch gut ausmachbar, und man fragt sich, ob sie immer noch vom längst aufgehobenen Lehrer­ innerzölibat des Deutschen Reiches von 1880 geprägt sind. Schoolmarm hießen die in Amerika als prüde und pedantisch. Man glaubte damit die Frauen geradezu noch zu schützen, bei Heirat o. ä. mussten sie ohne Fortbezahlung den Schuldienst aufgeben, wurden also „rausgeschmissen“. Der sog. Pauker, meint Adorno, wiederholt, sei’s noch so abgeschwächt, etwas vom affektiv höchst besetzten Bild des Henkers. (Das musste erst gründlich mit Verbot und Strafe belegt werden. Seitdem trägt der Lehrer die Schläge der Psyche für sich innen und allein.) Er gilt, der Lehrer, gesellschaftlich nicht ganz vollkommen, erotisch meist uninteressant, unelegant anders als etwa der Jurist oder der Mediziner, der Professor ist die Spitze der Gesellschaft, der Lehrer steht weit niedriger. Der Lehrer ist Erbe des Mönchs, der seine Lehrpraktiken weitgehend verloren hat. So wachsen die unliebsamen Charakteristika des 80 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

Lehrerpaukers. Von einigen Ausnahmen – einigen! – Ausnahmen abgesehen: Fußballspielende und trinkfeste Kerle oder Lehrer, die sich auch mal mit in die Übungen einlassen. Ihnen tritt ja nicht selten ihr IchIdeal, das die Eltern ihnen übermitteln, andichten, oft und neu entgegen, dem sie aber nicht ganz entsprechen können, weil die Lehrer besonderes Produkt eben auch des Konformationszwanges sind. Das verstehen die Kinder nicht. Adorno: (Stichworte, S. 821: „Es werden erweckt diese Archaismen im Verhalten der Lehrers selbst, in Keifen, Querulieren, Schelten... in Reaktionsweisen, die immer nahe an der physischen Gewalt sind, wie sie auch etwas von Schwäche und Unsicherheit verraten. Dagegen hilft nur eine veränderte Verhaltensweise des Lehrers. Aber die Schule hat immer auch die Tendenz, sich zu verhärten, zumal gegen Kritik...Es ergibt sich ja nicht selten eine psychologische Deformation vieler Lehrer... Geistfeindschaft vieler Schulverwaltungen, welch die Lehrer planvoll an wissenschaftlicher Arbeit hindern, was sich als Unwohlsein an den Schülern sich fortsetzt.“ Das Gros der Lehrer ist naiv, faul, zufrieden, beamtenartig enttäuschend. Große Gedanken haben sie nicht, kennen sie wohl, sind aber nur ihre Zitierer und Vertreter. (Der Leser wähle aus oder ab.) Bis auf die...ja wo sind sie denn?

Diese Barbara hat keinen freien Willen (mehr). Sie wird bestimmt von miesem Mischmasch des Lebens, 81 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

Mix aus allen verstärkenden oder auslöschenden Lateralsituationen. Hat keine Familie, kein Haus, keine eigene Bleibe. Sie weint oft, Johannes flucht hilflos. Nicht Übel gilt es auszuhalten, sondern das Sinnlose. In ihrer Zukunft zeigt sich nichts fest Haftendes, sie glitscht bremslos nach vorn. Sie schmilzt dahin, er in wütige Stücke. Entweder sie, dieses Lebensfindelkind, stirbt oder findet Arbeit. Johannes steht mal betrachtend, mal hilfreich an ihrem Lebensrand, sie leiden beide. Nebenher gibt es immer neue Lebensabfälle, überraschend zufällig. Barbara hatte bisher alle ihre Tage weggeschmissen wie zerknüllte Zeitungsblätter. – B: Ich lass mich einfach verhungern...so ohne Kraft. Die Schöpfung passt nicht. Missmut durch meinen ganzen Körper!! Jetzt stand Johannes in der Schwärze ihrer Bedürftigkeit, und das nur wegen ihres zufälligen Stolperns vor Tagen. Irgendwann galt es weiter zu leben, Arbeit zu suchen, da Lohnfortzahlung bei Krankheit nicht immer vorgesehen war. Johannes zahlte fort. Es galt Zufall in Bahnen hinein zu regeln, denn da vorne war noch nichts zu sehen. Seine glatte Beamtenpenibilität stand gegen ihr drohendes Chaos. Das zieht hinab. Johannes war abhängig geworden durch plötzliche Hilfsverpflichtung, ein Überfall, dem er sich so einfach nicht ergeben wollte. Einfach verschwinden, im Verpflichtungsstau abhauen? – Johannes: Ich folge zunächst den Forderungen der nächstliegenden Gegenwart (sagte er mir, der ich auch keine Lösung parat hatte). Ich sehe nichts, denke nichts, meine unreflektierte Routine ist zufallsbehin82 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

dert, ich bin glattbeamtisch Alpha gegen Omega, dazwischen ist nichts. Ich frage dich nicht um Rat, denn du hast keinen. – Ich: (nicke) – J: Du brauchst auch keinen zu haben, sonst dehnte sich mein Zufall wohl noch auf dich aus. Hör mir zu und wende dich ab, das reicht. – Ich: Konform abwenden nun gerade nicht. Sagen wir...ich nehme Anteil, ohne zweiter Mitspieler zu werden, und ich habe nur den Rat, das Geschehene hinzunehmen. Du funktionierst ja noch gut, wenn auch ungern in deinem Job. Die beklagte Routine wird jetzt durchmischt von eurem Zufall. Versteh es als Belebung. – J: Ich höre.

Johannes macht gelegentlich Pause von der Barbarapflege und fragt sich, ob er das darf, da ihm jeder Hilfsbedürftige ins Gewissen zu klagen scheint, dass jede Privatbeschäftigung nichts wert ist. Nur die Sorge um Mitmenschen ist wertvoll. Das hatte ihm auch schon sein Katholizismus vor Zeiten eingebläut. Alles andere sind Selbsttätigkeiten, wie etwa Lesen, seit einer Stunde schon weg und hin in fremde Probleme, wo er doch eigentlich mitmenschlich besorgt tätig sein sollte. Lesen ist Scheintätigkeit, die auch nicht als Aktivität in Text oder Film darstellbar ist. Zu unaktiv für bewegte Medien. Lesen, sagt so mancher, sei egoistisch wie Fernsehen. Bodybuilding ist ego 83 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

und sinnlos zugleich, da heute keine Muskeln mehr nötig sind. Gegenständliches geschieht muskellos auf Knopfdruck, ein muskeliger Body ist geradezu dümmlich obsolet. Auch des Johannes intendierter Roman, denkt er streng weiter, und seine Gedichte sind sinnlos, wenn es ja nur gilt, via Mitmensch sein eigenes Geldschaf zu züchten. Lesen tut er weiterhin. Lexika aber übersteigen jedermanns Erinnerungsumfang, sind also nur partikelweise nützlich oder geben einen Vorsprung für kommende Diskussion (Siehe: Konversationslexikon [Begriff außer Mode, kann aber noch benutzt werden]). Die Praxis urteilt und befiehlt, nur sie, behauptet sie, sei „systemrelevant“. Johannes liest weiter. Ohnehin hat er das Gefühl, dass er „für sich!“ schon alles gesagt, erlebt hat, was sich nur wiederholt und ihm nicht viel Weiteres mehr übrig bleibt. Endstation. Ganz besonders der Organismus sei an sich, für sich allein gesehen, die Spitze des Solipsismus, wobei man wegließ, dass gerade durch diese Ichbezogenheit die Menschheit weitergezeugt wird. Selbst der Papst – wir hörten es bereits – war mal ein Orgasmus. Diese verdrehte Doppelbesetzung von Höchstselbst und allgemeinem Nutzen! Nichts ist ausschließlich, was es ist. Nur eben die Organismuslibido, je neu, will er nicht ändern, denn sie lässt Altes, Früheres immer wieder neu erscheinen.

Johannes hatte sich mit der selbstlosen Barbarapflege durchaus verdient gemacht, war also zur Hälfte gut 84 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

katholisch. Sein loses Ego hatte er hintangestellt und Barbara machte allmählich Anstalten, ihm dieses Sorge dereinst zu versüßen, wenn ihr Geh-wieder Normalwerkzeug geworden war. Das ging voran. „Wie geht’s?“, die typische Frage konnte mehr und mehr vergessen werden, denn sie ging. Autofahren als Auto„wandern“, dann der Großraum eines Museums, dann Pause. Ein Kinobesuch, sitzend. Bis endlich hin zum erwähnten Akt der lustvollsten Egozentrik, die ihnen liebevoll geriet. Das geht, man hatte ihn nur in jungen Jahren prüde einseitig missinformiert. Das muss doch jemand „erfunden“ haben, nicht nur zur Zeugung, das hätten sie gern, sie werden das nie verstehen, die „versaute“ Seite mögen sie ruhig verbieten, die „Eunuchen für das Himmelreich“. – J: Soll ich denn, lachte er böse, nur an Zeugung denken und während der Lust noch beten?! – B: Irgendwie war es so gedacht, These und lustfremde Antithese – was gibt das? Diese zwei Thesebrocken stehen immer noch vereinzelt, lösungslos in der Gegend rum. – J: In meinem Alter ist so manches eingefressen, das nicht mehr ausgefressen werden kann. Ich bin festgezurrt, kann aber immer noch dein unordentliches Leben. Ihr Bein gesundete, sie wiederholte, sie sei eine starke Frau und weinte. Vor der Stolperannäherung an Johannes war sie zwei Jahre in Spanien, drei in Italien und drei Jahre in Österreich gewesen. Nur zwei Wochen in der Heimat Rumänien. Sie konnte das Wort „Heimat“ aussprechen, aber nichts dazu sa85 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

gen. Der Überall-Smartphonekontakt war Heimat. Sie blieb nirgendwo, hoffte auf Berentung in Austria. Das waren ihre komplizierten Bürokratiehoffnungen als Basis. Ubi bene ibi patria. Er hörte, was sie berichtete: Sexuelle Zugrifflichkeiten in Spanien, ab nach Italien. Überall nur Schockkäfige, Sprachbeherrschung galt ja nur, um handarbeitsmäßig zu funktionieren. Sie war fleißig, jetzt musste sie wieder mal neue Arbeit suchen. Johannes machte ihre Hausarbeit, sie weinte, dankbar gerührt wohl, er küsste sie, was nicht half, heute abend vielleicht. Johannes hat Nachmittagsunterricht, Literaturkursarbeiten zu korrigieren. „Ich muss korrigieren“ ist, nebenbei gesagt, für jede Faulheit die gängige Ausrede. Drei Stunden vorzubereiten. In Italien, sagte Barbara, verliebte sich ihr Arbeitgeber in sie, ihre schönen Formen und wurde im dritten Jahr festgenommen, Ende, ihr Lohn für zwei Monate entfiel, also weiter nach Austria, Arbeit gibt’s überall. Sie reiste mit Flixbus, Micro Car, Bahn, Anhalter; ihr schwerer Koffer, „ich bin eine starke Frau!“. Drei Jahre Austria, keine Belästigungen, der Mann dort war blind, seine Schwester alt, schöne Zeit. Man wollte sie weiter behalten („Fleißig!“), aber sie wechselte nach Deutschland wegen besserem Verdienst und als Abwechslung. Sie blieb nie lange an einem Ort. – Und jetzt bin ich bei dir und deiner Hilfe, so bin ich wenigstens nicht alleine. Sie weinte schon wieder. Johannes verspricht, heut abend um neun Uhr zu ihr zu kommen. Sie wird bald Arbeit suchen können, beim vorigen Konzern gab’s keine Lohnfortzahlung 86 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

oder Wiedereingliederung, was ja auch nur das Putzen betraf. Weiter Putzen wäre okay. Schreibmaschine? Computer? Sekretärin? – Johannes: Wir fahren demnächst herum und finden was für dich! Sie weinte viel, war wohl doch nicht so eine „starke“ Praktikerin. Außer Praxisarbeit vermisst sie nichts. Johannes reinigte ihr Zimmer im zweiten Stock. In Parterre knallt die Haustüre. Der zweite Stock ist ungünstig für Fußkranke, da kein Lift. Mit des Johannes Hilfe brauchte sie 15 Minuten bis nach oben. Dann sieben Minuten. Altes Haus, Bröckelputz, ehemalige Waschküche oben unterm Dach, 178 Stufen. Mit des Hannes Autohilfe fand sie den Job als Krankenpflegerin in einem privaten Haushalt, sie wohnt selbst dort, zweiter Stock, 1500,– Euro pro Monat, Tag- und Nachtdienst, Essenbereitung, Putzen, Toilettenhilfe, Dusche, Körperpflege, nötigste Sauberkeit, da die zwei Patienten – Frau 92, Mann 90 Jahre – sich dauernd vollpinkeln und mehr. Johannes sieht wieder – das! –, was er nicht kann! Das Alter häuft einen an mit Behinderung, Krankheiten, da man eh schon halb tot ist. Durch ihren Dauerjob schwindet Barbara allmählich aus Johannes’ engerem Gesichtskreis, doch nicht aus seinem Bewusstsein. Er schleicht für kürzere Zeit ins Behandlungshaus (21 bis 22uhr30 etwa), wenn alles schläft, die Frau der Mann. Des Johannes und der Barbaras Restsex, dafür ist Barbara eigentlich zu müde. Für ihn trotzdem belebend, wie spät auch immer. Er braucht der Libidoautomatik reizvolle Mixtur! Instinktverwandt. Eines Tages drängelt 87 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

hinter ihm ein instinktverseuchter Autohomo, ihn nötigend, obwohl er sehen kann, dass John’s Auto PSstärker ist. John also hält an, steigt aus, packt den Hintermenschen an der Kragengurgel, der gibt sich jammernd schwer verletzt. John haut ihm eine rein, der sackt auf den Beifahrersitz, sodass er bewusstlos John’s Kennzeichen nicht erkennen und notieren kann. John lässt ihn liegen und dessen Auto dort stehen und fährt unerkannt weiter: Ein Idiot, stellvertretend verprügelt für all die anderen! Denn Instinkte sind ubiquitär homoverbreitet, man hat sich nicht in der Hand...wird getrieben...das ES… So träumte er, so hätte er es gerne gemacht, schon hundertmal, aber...lässt es. Der Beamte als Schläger!? Und der Homo s. s. instinktverseucht. Überall: Sensationen, Massenveranstaltungen, Freibier, Beifall klatschen, mitsingen, Fortpflanzung, Kirmes, Flirt, Angelerntes, Trend, Mobbing, Werbung, Nötigung, Nursonnigeswetter, Formel 1, Alltagssprache „Alles klar!“, Aggression, Krieg, Vergessen, Daumenlutschen...Nach Gottes Ebenbild? Kann nach der Gottesdefinition sich nur auf zwei Arme und zwei Beine beziehen. Sonst zuvörderst universale Bosheit. – Sag, Barbara, wie denkst du darüber? Sie hebt, senkt die Schultern, kann das Vaterunser, besser als nix. – Nix ist extrem einsam, so wie ich ohne dich! John bedenkt das Nichts: Wenn vor meiner VerIchung in die Welt für mich nichts war, und nach Exitus ich wieder nicht und nichts bin – welche Qualität hatte dann dieses Intervall-leben? Faktum, vages Et88 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

was in und für sich, Schluss! Wie wurde ich in diese Welt genötigt? Noch eine Inkonsequenz: Wieso wird gezeigt, fragt John den katholischen Priester, dass mit der Verhinderung der Sohnestötung durch Abraham Menschenopfer nicht mehr „nötig“ sind, wenn dann aber doch „am Kreuz“ wieder ein Mensch blutig geopfert wird? Das sind alles keine Eindeutigkeiten (im Gegensatz zum Instinkt), sondern Verschränkungen, differente Uneinheitlichkeiten. – Barbara: Was hast du bloß für Probleme! Ich muss putzen und fertig. Verschiedenheiten so wie diese dauernden Mischungen, die ein eindeutiges Leben behindern. Unlösbarkeiten gibt’s genug, das stimmt, sogar beim „Raumpflegen“. Eine Vereinfachung des Lebens gelingt nicht mal durch Witzeerzählen, denn der Witz vermischt und verwischt ja bereits normal erwartete Eindeutigkeiten. Zerstörung von sinnhaft Erwartetem durch sinnlos Geschehendes. Hannes wird selbst wütig und unberechenbar, ist selbst eine bloße Mixtur. Mixturen sind unbeliebt, verdächtig, beamtisch unordentlich, deshalb seine bezweifelt-nervöse Schwankstellung in diesem Kollegium, wo doch alle Kollegen mit allen „Co“ sein sollten. – Kuck mal, sagte John, wir beide trennen uns bisweilen mit differenten Meinungen, aber wir versichern uns e i n e r Eindeutigkeit, die harmonisch gut tut: Unserer Freundschaft! Also keine vermischten Superpositionen. Wir sind auch kein Kollegium, denn nur „tres faciunt collegium“. Denn nur dann können echte Differenzen entstehen und bleiben. – Ach übrigens, 89 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

noch ne recht unbekannte Vermischung: Der Kuss. Einen Kuss „geben“ ist nur die halbe Tatsache, denn zweitens ist Küssen eine Saugbewegung zur eigenen Stärkung, also ein Kussnehmen. Der Barbara war das neu, aber sie stimmte zu. – Barbara: Du also von Instinktprimitivität zu überall waltender Vermischung! Du bist ein theoretisches Hölzchen und Stöckchen! Ich muss jetzt eindeutige Krankenpflege mit Pipi. – – Johannes: Dann sind wir beide eine typische Mischung. Passt scho!

Man weiß, dass die Jugend – mindestens die fette halbe – zu träge ist. Johannes bestätigt das, Jugend war immer verdächtig für die Alten. Es gibt keine Spielplätze in der Natur mehr, man muss künstliche herstellen, die vielleicht benutzt werden. Der Wald ist rar und vereinsamt, „auf der Straße“ spielt niemand mehr, es geht nicht. Wo denn? John’s Sportunterricht ersetzt alles natürlich Fehlende, er ist Animateur für speckige, lustlose Animatenden. Braucht trendige Überredung mit Stimmeinsatz, dann bewegen sie sich etwas, die Sportnote ist schließlich so wurscht, wie die Wurst zwei uninteressant gleiche Enden hat. Diplomsport-John ersetzt eine Umwelt, die nichts Spannendes mehr bietet, nur Asphalt und Beton. Da sind noch die klassischen Kletterseile oder Stangen, aber auch besonders lange Gerätestraßen für vielfältige Aktionsarten aufzubauen, damit die Kids im Innen90 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

raum der Sporthalle „was erleben“, was sie draußen nicht finden und suchen. Die Geräteansammlung bereitet natürliche Bewegung in künstlichem Umfald. Das glänzt mit Glanzholz, es entstehen keine Splitter mehr: Vielfältige „Kombi“niermöglichkeiten Vom Einzelgerät zum Geräteverbund Kombinieren Sie den „Kombi“-Kasten oder Kasten „Kita“ mit verschiedenen Einhänge-Elementen zu immer neuen Bewegungsstrecken – sportlich und kreativ, jedesmal eine neue Herausforderung...Stabil und strapazierfähig – Hochwertige Verarbeitung für den dauerhaften Einsatz – Sehr flexibel einsetzbar – Extrem leichter Transport – Raumsparend und praxisgerecht – (Auszug aus dem Erfahrungsbericht vom Förderverein Psychomotorik e.V. Bonn…) Durch leichte Modifizierungen und neue Bausteine erhalten Sie mit vorhandenen Normgeräten und Gerätesystemen einen vielseitigen Geräteverbund! Nur kombinierbar mit Sport-T. Sprungkästen. Fremdfabrikate haben ein anderes Verbindungssystem. Die Vorteile des Systems – Ergänzt die didaktisch-methodischen Planungsmöglichkeiten für den Lehrer und Trainer – Vergrößert die selbstständigen Handlungsmöglichkeiten für den Schüler – Kombination mit bereits vorhandenen Geräten bzw. Gerätesystemen – Kinderleichter Transport: Mit passenden Rollbrettern wird der Aufbau zum Vergnügen. Kombi-Turnho91 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

cker lassen sich problemlos übereinanderstapeln ohne ihre Standfestigkeit zu verlieren. – Kompakte Ausmaße. Auch die Matten wurden dem neuen Rastermaß (50x50) angepassst; selbstverständlich in der gewohnten Sport-T. Qualität – Noch viel mehr Möglichkeiten... – Erzi Balance – Spazierweg Spielspaß Maximaler Balance und Spielspaß! Durch die unterschiedlichsten Oberflächen, kleine und große Hindernisse, feste und bewegliche Bestandteile bekommt das Balancieren eine neue Dimension...Toll für barfüßige Expeditionen!… (Preise von 179,95 bis 699, – Euro) Frage Balance: Wofür Balancefähigkeiten – im Leben? Im Wald? In der Stadt? Die Balancefähigkeit bezieht und bewährt sich nur auf den speziellen Parcours in der Turnhalle! Man baut die Bahnen langwierig auf und wieder ab, abenteuerersetzend, mattengepolstert, kurzfristig, Wettkämpfe möglich. Eine gestellte, selbstgemachte Umwelt, die auch notenmäßig überformbar wird (dann wird’s evtl. gefährlich), und der Wald steht schwarz und schweiget, denn er ist bloß Spaziergehölz. Hier aber wird zusammengebastelt kurviger Mist für zwanzigminütige Umweltähnlichkeit. Die gängige, notenträchtige Aufgabenfrage bleibt: Wer kann schneller?! Je schneller desto...da vergeht das Spielerische, jetzt ist alles zielig ausgerichtet, das fördert auch die Disziplin. Das Sportspiel am Ende soll knabengemäß immer Fußball sein, wild systemlos, bloß nix Berechenbares mehr! Toben denn gleich danach wieder die Sitz- und Paukorgie, 92 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

kopflangweilig bewegungsfremd, ja verachtend. Aber sportliches Wiedersehen erst in einer Woche, da lernt man nichts fest, echtes Training ganz unmöglich. John weiß um seine Randstellung als Körperbildner, aber es ist eben nur Körper, der kognitiv und auch sonst überfressen bleibt. Dochdoch: Ein paar, wenige „Sehr Gute“ sind auch dabei, die sich sehr bald speziell vereinsmäßig austoben und hier mäßiger gelangweilt sind. In der Schule sind es dann angeödete, spezialisierte Lichtblicke, die sich selbst motivieren innerhalb der Masse, die unwirsch in Bewegung gezwungen wird. John macht das, er hat es beeidigt versprochen. Der Stundenendgong, glockig schallend, und ab in den Beton. Die schlaffen Theoretiker warten, die schon vom Naserümpfen Muskelkater kriegen. Johns Nachmittag ist erledigt, morgen Literatur, Englisch, Deutsch, deren hauptsächliche Schülerfrage zum Text lautet: What does it mean? Welche Frageverwicklungen des Pädagogen sind dieser jugendlichen Ignoranz gewachsen? Dieser Kollegenpauker G., versteht nichts, sagen die kompetenteren Schüler, und ihr Kopf schüttelt sich verächtlich: „Ein Dummkopf“, der keine Ahnung von Literatur hat, sie aber unterrichten darf. Deutsch, aber stupid wie ein Sportlehrer. „Studierte“ die Vatersprache, weil er eh Deutscher war, das ist die simpelste Motivation. Beim Sport, sagt der Wolf, haben wir immer versucht, ihm den Ball ins Gesicht zu schießen. Manchmal gelang das, er hat sich unsportlich aufgeregt unter seiner idiotischen Frisur. An dem, sagt Wolf, gefiel uns nichts. So richtig gefiel uns niemand, sie waren alle so eingerastet weit weg 93 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

von uns. Deshalb wollte ich auch dich damals bescheißen, aus Verachtung, aber du hast’s genau gemerkt, du Cleverle! – Johannes: Und du – was machst du denn jetzt, schulabgeschossen wie eine Tontaube, wie du so bist? Haste wieder was verbrochen, du mir inzwischen werter Krisikus – Wolf: Großhandelskaufmann. – J: Groß! – W: Demnächst hol ich dich mit meinem Porsche ab. – J: Beruhige dich, ich hab schon dreihundert PS. – W: Das ist ja ganz unbeamtisch viel! Da hast du also bis auf demnächst Weiteres dreihundert mehr als ich Großanfänger. Aber ich hole auf! Des Wolfs Selbstbewusstsein, seine Ich-Stärke war ungebrochen, wie macht der das? Er hält sich autonom fern von allen Umwelteinflüssen, liebt sich selbst, Ferneres liegt ihm nicht. John sieht schon wieder, was er nicht hat und nicht kann. Selbstbewusst ist Wolf auch anderer starker Bewusstseine bewusst, sie übermannen ihn nicht, er ignoriert sie nicht, doch sein eigenes Ich steht masthoch stark darüber. Unlernbar! John dagegen ist außenabhängig, das kostet Distanzierungskraft, so sind die Introvertierten immer. Wolfs Ichkern ist nicht knackbar, ganz leidensunfähig, doch fähig, Leid kalt zuzufügen. Wolf ist John lebensverträglich „über“. – W: Ich werde noch was...wart’s ab...Porsche mit fünfhundert! – J: Ich warte nicht, du „wirst“ nicht, du bist ja schon was mit Selbstgarantie. Du nivellierst alle Kritiker, du 94 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


30 SEITEN LESEPROBE samt COVER aus Claus Küsters SCHULE AUS

Personenhobel. – W: Stimmt. Ich bin ganz Ich. – J: Kapiert. Du rollst über alle hinweg. Kritik schmerzt den Wolf nicht, und ihr Bekanntsein näherte sich der Freundschaft in Differenz. Möglich ist das, aber selten.

Apropos „übermannt“: Über-frau-t waren sie beide, das ist unterhaltsam, abwechslungsgeil, an- und aufregend, gefährlich. Bei Wolf vorerst auch ohne Porsche. Das Thema bleibt bis zur Erfüllung dezent abseitig, es geschieht bisweilen, stolpert eben ein Weib zufällig fallend an unsere Brust und er war plötzlich in einem fremden Leben. Das erheitert, erweitert oder wird lästig. John erkannte, wie nah die Menschen sind, obwohl sie doch wie böse Fremde gegeneinander vorbeilaufen. Öfter Stolpersteine! In offener Gegend beträgt der Grüßabstand zwei Meter fünfzig, in der Stadtmasse wird nicht gegrüßt, es sei denn man stolpert, aber das wird dann kein Gruß, sondern jammeriges Entschuldigen, Weiterhasten oder Haftenbleiben. Wolf hatte sich – wer hätte das gedacht – „für einige Zeit“ in eine dörflich entfernte Wohnung zurückgezogen, da ihm seine Anzahl von Bekanntinnen und Freundinnen zu nahe kam, welch angenehm unangenehmenes Problem hast du da, sagte John. – Wolf: Ich suburbanisiere aus überfrauten Gründen, privateste Stadtflucht, da man auf mich zugreift, will 95 KUUUK Verlag mit 3 U ||| ISBN 978-3-96290-034-2


WEITERE BÜCHER AUS DEM KUUUK VERLAG MIT 3 U

Christian Knull Wir probten die Liebe Ein Ensembleroman 182 Seiten ISBN 978-3-96290-024-3

Funda Agirbas Jan Roman 232 Seiten ISBN 978-3-96290-010-6

Manfred Haferburg Wohn-Haft Roman, Vorwort von Wolf Biermann 440 Seiten ISBN 978-3-96290-012-0

Alissa Carpentier Stark-Sturm Fuerteventura-Roman, Hommage an Camus, 402 Seiten ISBN 978-3-939832-88-1 256


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.