Meine Heimat - Menschen und Geschichten aus der Region

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SONDERBEILAGE

MENSCHEN & GESCHICHTEN AUS DER REGION


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Aus Kuhbach in die Weltspitze Ringer Andreas Steinbach war einer der erfolgreichsten Sportler, die Lahr hervorgebracht hat / Mit ihm stieg der KSV Lahr-Kuhbach vor mehr als 30 Jahren in die Bundesliga auf

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inmal ein Ausnahmetalent unter die Fittiche zu bekommen – das ist der Traum aller Sporttrainer. Für die Trainer beim KSV Lahr-Kuhbach erfüllte er sich eines Abends 1981, als sich Andreas Steinbach bei ihnen vorstellte. Der 16-Jährige war zwei Jahre zuvor mit seinen Eltern aus der Sowjetunion ausgesiedelt und lebte mittlerweile im Internat der Heimschule Ettenheim. Dort erfuhr er von einem Freund, dass es in Lahr einen Ringerverein gibt. Den Sport hatte Steinbach bereits in der Sowjetunion erlernt. Ein Jahr, nachdem er bei Lahr-Kuhbach gefragt hatte, ob er mittrainieren darf, war er deutscher Jugendmeister, zwei Jahre später VizeWeltmeister. Als Erwachsener war der Griechisch-Römisch-Spezialist, der in den Klassen bis 90 und 100 Kilogramm antrat, mehrere Jahre in der Weltspitze. Steinbach gehörte beim KSV Lahr-Kuhbach einer Generation von Ringertalenten an. Mit Eigengewächsen wie Mario Lauer, Dietmar Späth, Michael Pannek, Markus Geiß, Vladimir Schindler und den Sattler-Brüdern stieg der Verein 1987 in die Bundesliga auf. Und natürlich mit Steinbach. »Bei unseren Aufstiegskämpfen gegen Bad Reichenhall war eine Super-Stimmung in der Halle«, erinnert er sich heute an eine schöne Epoche des Lahrer Sports. Was war seine Stärke als Ringer? Die schiere Muskelkraft? »Nein, meine Leidenschaft. Ich war besessen«, sagt Steinbach. Er habe gewusst, was er wollte, nämlich Olympiasieger zu werden. Für dieses Ziel habe er hart trainiert. In Lahr sei er von vielen Menschen unterstützt worden. Besonders seine Ex-Trainer Bernd Enders und Uli Trosowski nennt er, aber auch Kurt Stihler. Der damalige Chef von Stihler Apparatebau, wo Steinbach eine Lehre zum Maschinenbau-Zeichner machte, habe stets Verständnis gehabt, wenn er für den Sport verreisen musste. Steinbach hebt auch Familie Pannek hervor, zu der er zog, nachdem er die Heimschule verlassen hatte. Seine Eltern lebten in Balingen (Zollernalbstadt). Er ging ohne sie nach Lahr und wohnte dann bei den Panneks, weil er hier seinen Trainingsort und seinen Ausbildungsplatz hatte.

»Das Ringen hat meinen Charakter geprägt.« Andreas Steinbach Steinbach blieb auch in Lahr wohnen, nachdem er sich dem KSV Wiesental angeschlossen hatte – viermal in der Woche fuhr er zum Trainieren zu dem Spitzenverein im Landkreis Lörrach. »Dort hatte ich die besseren Sparringspartner«, erklärt er. Das sei für seine sportlichen Ambitionen wichtig gewesen. Steinbach gewann mehrere deutsche Meistertitel, wurde EM-Zweiter und zweimal EMDritter. Zu der von ihm ersehnten olympischen

Ein Kraftpaket wie eh und je: Andreas Steinbach, einst Weltklasse-Ringer, heute Ringer-Trainer bei der RG Lahr. Foto: Schabel Medaille hat es nicht gereicht: 1988 in Seoul fehlten ihm im entscheidenden Kampf sieben Sekunden zum Gruppensieg und dem damit verbundenen Finaleinzug. 1992 in Barcelona traf er in der Vorrunde auf die Weltmeister der beiden letzten Jahre und unterlag beide Male knapp nach Punkten. So wurde er bei seinen beiden Olympia-Teilnahmen jeweils Fünfter. Nach einem BWL-Studium stieg Steinbach in die Baubranche ein. Vor drei Jahren gründete er eine Baufirma, in der er heute zwei Mitarbeiter beschäftigt. Es laufe gut. Mit seiner Familie lebt er in Lahr, er hat vier Kinder und zwei Enkelkinder. Vor einigen Jahren sind auch seine Eltern hierher gezogen. Sein Kampfgewicht hat er nicht ganz gehalten, »heute wiege ich dreistellig«, sagt er schmunzelnd. »Das Essen hat mir schon immer

geschmeckt, früher habe ich aber mehr Kalorien als heute verbrannt.« Und sonst? »Ich bin relativ fit«, so der 53-Jährige, auch wenn der Leistungssport Spuren hinterlassen habe. Er spüre Verschleißerscheinungen in den Kniegelenken und der Wirbelsäule. An seine Zeit als Spitzensportler denkt er trotzdem gern zurück: »Das Ringen hat meinen Charakter geprägt. Ich hatte Erfolge, musste aber auch Rückschläge verkraften.« Heute ist Andreas Steinbach Trainer bei der RG Lahr. Es freue ihn besonders, dass er viele Kinder betreuen darf. Das Ringen fördere Beweglichkeit und Koordination, außerdem würde er seinen Schülern Disziplin und Respekt vermitteln. Werte, die ihnen später im Leben helfen würden, auch wenn aus ihnen keine Weltklasse-Ringer werden. Herbert Schabel


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Gartenfreund von Kindesbeinen an Achim Hentschel war 15 Jahre lang Vorsitzender des Freundeskreises Stadtpark / Er hat sich auf vielfältige Weise für die Entwicklung des Lahrer Kleinods stark gemacht

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in Spaziergang mit Achim Hentschel durch den Stadtpark ist ein Erlebnis. Der heute 79-Jährige war von 2000 bis 2015 Vorsitzender der Stadtparkfreunde. Bereits beim Betreten der Anlage greift er in sein Schatzkästlein an Anekdoten und erinnert daran, wie der Haupteingang 1994 nach Westen verlegt wurde – weg von der Kaiserstraße und hin zu den Parkplätzen. Hentschel macht vor der Info-Tafel Halt, die einen Überblick über das 4,5 Hektar große Gelände liefert. Sie ist vom Freundeskreis bezahlt worden. Nach dem Passieren des Eingangs hält Hentschel sich links, um den Park im Uhrzeigersinn zu durchstreifen. Auf dem Weg erzählt er, dass er bereits als Kind Gärten gemocht und seiner Großmutter dabei geholfen hat, Blumenund Gemüsebeete zu pflegen. Bei der Orangerie angekommen, betont er, dass er sich sehr freue, wie diese einstige Scheune herausgeputzt worden sei. In dem etwa 90 Quadratmeter großen Raum werden heutzutage Konzerte und Ausstellungen veranstaltet, dort können sich aber auch von Mai bis Oktober Brautpaare trauen lassen. Möglich ist das, weil der Freundeskreis den Raum mit Stühlen und Tischen neu möbliert sowie im Anbau eine Küche mit Gläserspülmaschine, Kühlschrank und Schränken eingerichtet hat. Es ist nur eine von vielen Investitionen, die der Verein getätigt hat. Allein während der Amtszeit Hentschels als Vorsitzender hat der Freundeskreis die Stadt mit mehr als einer halben Million Euro bei der Pflege und Verschönerung des Parks unterstützt. Seit der Vereinsgründung 1988 bis jetzt ist die Dreiviertelmillion bereits überschritten. Direkt vor der Orangerie liegt der große Rosengarten, der Hentschels Lieblingsplatz auf der gesamten Anlage ist. Er wurde 1982 bis 1985 vom damaligen städtischen Leiter des Parks, Eckard Riedel, in Anlehnung an den Park »Bagatelle« in Paris mit 250 Rosenarten angelegt. Weiter geht es zu den Gehegen der Äffchen und Erdmännchen, die vor zwei Jahren

»Die Persönlichkeit des Stadtpark-Stifters Jamm fasziniert mich.«

Achim Hentschel ebenfalls mit Hilfe der Stadtparkfreunde erbaut worden sind. Auch an diesem Tag herrscht ein ganz schöner Trubel vor den Gehegen. Vor allem an den Erdmännchen können sich Kinder, aber auch Erwachsene gar nicht sattsehen. Hentschel wurde in Ostdeutschland geboren und kam 1958 nach Lahr. Er studierte Vermessungswesen in Karlsruhe, danach arbeitete er vier Jahre in einem Ingenieurbüro in Frankfurt. 1968 trat er in die Dienste der Lahrer Firma A. E. Hauffe, die Durchschreibpapiere her-

Achim Hentschel im Stadtpark, der für ihn eine Oase der Erholung ist. Im Hintergrund ist die Villa von Christian Wilhelm Jamm zu sehen. Foto: Schabel stellte. Von 1971 bis 1998 lenkte er die Firma als Geschäftsführer. Daneben war er unter anderem im Industrieausschuss der IHK, im Beirat der AOK und ehrenamtlich zehn Jahre Geschäftsführer des Reitervereins Ichenheim. Als Hentschels Frau 1998 schwer erkrankte und die Firma in eine schwere Wirtschaftskrise geriet, beendete er sein Arbeitsleben. Eine neue Erfüllung fand er im Freundeskreis Lahrer Stadtpark. Der Freundeskreis, der heute von Reinhard Teufel geführt wird, hat sehr viel erreicht; der Stadtpark ist das ganze Jahr hindurch eine Oase der Erholung. Hentschel weiß, wem das alles ursprünglich zu verdanken ist. Nachdem er einen Blick auf den großen Spielplatz geworfen hat, auf dem sich einige Kinder tummeln, geht er deshalb zum Denkmal von Christian Wilhelm Jamm, das der Freundeskreis vor dem ehemaligen Wohnhaus des Kaufmanns errichtet hat. Jamm ließ bereits zu seinen Lebzeiten um seine Villa einen Park anlegen mit einem Teich, einer Grotte und einem Pavillon. Vieles von der damaligen Anlage ist liebevoll erhalten worden. Er sei

fasziniert von der Persönlichkeit Jamms, der seinen Garten nach seinem Tod 1875 den Lahrer Bürgern vermachte, sagt Hentschel. Letzte Station des Rundgangs mit ihm ist die Bronzefigur des »Flötenspielers«, die 1992 von Theresia Pfänder gestiftet worden war, der damaligen Vorsitzenden der Stadtparkfreunde. Sie gründete 2007 die »Berger-Pfänder-Stiftung« zugunsten des Stadtparks und stattete sie mit einer Million Euro aus. Neben seiner Arbeit als Vorsitzender hat Hentschel jahrelang Reisen für die Stadtparkfreunde veranstaltet, die zu solch reizvollen Zielen wie Barcelona, Wien oder der Côte d’Azur führten. Die Busfahrten wurden von ihm perfekt organisiert, sodass die Plätze sehr begehrt waren. Heute lässt Hentschel, der mittlerweile Ehrenvorsitzender der Stadtparkfreunde ist, es etwas ruhiger angehen. Sein Wunsch ist es, dass der Freundeskreis mit seinen zurzeit knapp 900 Mitgliedern noch weitere, vor allem jüngere Mitglieder gewinnt. Herbert Schabel


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Die kleine Familienbrauerei mit den groĂ&#x;en Bieren.

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Marc (links) und Frank Vetter erinnern sich sehr gern an die Zeit mit »Scaramouche« zurück.

Foto: Schabel

Den Traum vom Rockstar gelebt Frank und Marc Vetter feierten Erfolge mit der legendären Lahrer Band »Scaramouche« / Die Brüder sind auch danach immer Musiker mit Leib und Seele geblieben

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m Probenraum für Rockbands auf dem Lahrer Flugplatz hängen Konzertplakate von einst, darunter ein Schwarz-Weiß-Poster von »Scaramouche«. Die legendäre Lahrer Band gab es von 1993 bis 2001. Von Anfang bis Ende mit dabei waren Frank und Marc Vetter. Es lief gut, sehr gut sogar. Ihre Bandkollegen Thomas Schwendemann (Bass) und Gert Endres (Gitarre) lebten von der Musik, während die Vetter-Brüder noch Halbtagsjobs nachgingen. Von Dienstag bis Donnerstag arbeitete Marc als Stadtoberinspektor in Freiburg und Frank als Ingenieur bei der Telekom, am Freitag ging es in den Probenraum, am Samstag brachen sie zu Konzerten auf. Übernachtet wurde in Hotels, im Tourbus oder bei Fans, die sie einluden. Dabei hatten sie nicht immer den größten Komfort und manchmal auch gar keinen, wie sie schmunzelnd erzählen. Insgesamt war es eine sehr schöne Zeit für sie, das wird bei einem Gespräch im Probenraum deutlich. »Es war schon irgendwie genial«, sagt Marc Vetter lächelnd. Er ist heute 51, sein Bruder 53 Jahre alt. Die Band hat richtig gute, melodische Rockmusik gemacht, mit der sie nicht nur durch ganz Deutschland tourte. Als Vorgruppe der »Schürzenjäger« trat die Gruppe in Österreich vor 20 000 Zuhörern auf. Insgesamt hat »Scaramouche« etwa 500 Konzerte gegeben. Der Südwestfunk sendete die Musik der Lahrer, die im Radio auch interviewt wurden. Sie hatten weibliche Fans, die sie anhimmelten. Marc spielte Schlagzeug – »ich habe schon als Vierjähriger auf allem herumgetrommelt« –,

sein Bruder war Leadsänger. Worin bestand für sie der Reiz, Teil einer Erfolgsband zu sein? Frank: »Es war der Sound, den wir produzierten. Als Sänger war ich ein Teil davon und bekam unmittelbar mit, wie die Zuhörer darauf reagieren.« Marc: »Mir hat das Zusammengehörigkeitsgefühl gefallen. Wir vier waren wie eine Familie.« Der große Durchbruch war in Reichweite, letztlich hat die Band ihn nicht geschafft. War sie nicht gut genug? Die Vetter-Brüder überlegen keine Sekunde: »Das war bestimmt nicht der Grund«, erwidern beide entschieden. Marc

»Die Band war wie eine Familie.« Marc Vetter sagt: »Uns hat der eine große Hit gefehlt, der immer wieder im Radio gespielt wird. Wir hätten vielleicht auch einen Produzenten gebraucht, der aus unserer Musik ein Produkt macht.« Pech sei hinzugekommen: Der Manager eines Plattenlabels, der auf »Scaramouche« setzte und an das Talent der Musiker glaubte, habe überraschend aufgehört. So sei dieser Kontakt abgerissen und eine weitere Tür zugegangen. »Es heißt, dass man zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein muss, um Erfolg zu haben. Uns hat dieses Glück gefehlt«, blickt Marc Vetter zurück.

Das Aus für »Scaramouche« kam, als Songschreiber Gert Endres nach Köln ging, um dort einen Neuanfang als Musiker zu machen. Das Ende sei hart gewesen, so Marc Vetter, »ich bin in ein Loch gefallen«. Danach kamen Beruf und Familie. Heute sind beide Lehrer, Frank in Lahr und Marc in Freiburg. Was ist geblieben? Jedenfalls kein Groll zwischen den Bandmitgliedern. Sie sind immer noch Freunde, Marc Vetter und Gert Endres spielen sogar wieder zusammen in einer Gruppe namens »Oil«. Auch Frank Vetter ist immer wieder als Sänger auf Konzertbühnen zu erleben. Der Name Vetter hat nach wie vor einen hervorragenden Klang in der hiesigen Musikszene. Geblieben ist die Erinnerung an das Lebensgefühl in den 1980er- und 90er-Jahren, als die Vetter-Brüder bereits mit der Band »Acres Wild« Erfolge feierten, aus der »Scaramouche« hervorging. Diesem Lebensgefühl wollen die Brüder Pirmin und Maik Styrnol nachspüren, die in diesem Jahr einen Dokumentarfilm über »Scaramouche« drehen. Geblieben ist auch die Musik der Band, die drei Alben eingespielt hat. Er werde immer wieder auf die alten Songs angesprochen, »das zeigt doch, dass wir nicht so viel falsch gemacht haben«, stellt Marc Vetter fest. Er blickt gern zurück, ist aber auch im Hier und Heute glücklich. Kürzlich habe sein Sohn ihn gefragt, ob es ihm leid tut, als Rockmusiker nicht steinreich geworden zu sein. Seine Antwort: Eigentlich nicht. Es sei alles gut, so wie es gekommen ist. Herbert Schabel



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Kanada im Herzen: Jürgen und Brigitta Kull zeigen, welches Land sie lieben.

Foto: Schabel

Ein Fenster in eine andere Welt Jürgen und Brigitta Kull haben viel für das Verständnis zwischen Kanadiern und Lahrern getan / Artikel in der Lahrer Zeitung war Auslöser für Gründung eines Freundschaftsclubs

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or 50 Jahren hat Jürgen Kull einen kanadischen Soldaten, der mit seinem Wagen auf der Autobahn liegengeblieben war, mitgenommen. Keiner der beiden konnte die Sprache des anderen, trotzdem verstanden sie sich. Es war eine Begebenheit, die zu einem Spurwechsel in Kulls Leben führte. In den folgenden Jahrzehnten hat er wohl mehr als jeder andere Lahrer für die Freundschaft mit den Kanadiern getan. Kull initiierte und leitete jahrelang den Deutsch-Kanadischen Freundschaftsclub, der von Stammtischen über Feste und Konzerte bis zu Diavorträgen und Busrundreisen durch den Schwarzwald alles Mögliche auf die Beine stellte, um das Verständnis zwischen Kanadiern und Lahrern zu verbessern. Auslöser war 1970 ein Artikel in der Lahrer Zeitung, in dem es der damalige Informations-Offizier der kanadischen Streitkräfte in Lahr, Major Ray, bedauerte, dass es in Lahr keinen neutralen Platz gab, an dem Deutsche und Kanadier sich treffen konnten. LZ-Abonnent Kull ließ sich das nicht zweimal sagen und rief den Club ins Leben, der sich zunächst in Gasthäusern traf und später einen eigenen Raum im Canada-Haus in der Gutleutstraße hatte. Auch die Gründung des CanadaHauses hatte er angeregt. Englisch lernte Kull dank des Zusammenseins mit den Kanadiern praktisch automatisch. Später gab er Deutschkurse bei der VHS, die fast ausschließlich von Kanadiern besucht wurden. Kull ist jetzt 80 Jahre alt, vor seiner Pensionierung war er Einkaufs-

leiter der Lahrer Stadtwerke. Mit seiner Frau Brigitta lebt er in einem gemütlichen Haus, in dem sich viele Erinnerungsstücke an die Zeit der Kanadier in Lahr finden. An einer Wand sind zahlreiche Ehrenzeichen zu sehen – etwa von der kanadischen Militärkapelle (für die Kull Konzerte organisierte), dem kanadischen Square-Dance-Club (dem Kull und seine Frau 1981 als erste Deutsche beitraten) oder dem kanadischen Offiziers-Club, in dem man ihn ebenfalls sehr geschätzt hat. All die Plaketten vermitteln den Eindruck: Die Kanadier sind dankbare Menschen, haben sie es doch gewürdigt, was Kull für sie getan hat. Er selbst schwärmt umgekehrt in den höchsten Tönen von »ihrer Freundlichkeit, Nettigkeit und Offenheit«. Ab 1967 flog die kanadische Luftwaffe von Lahr aus, ab 1970 war die Stadt das Hauptquartier der kanadischen Streitkräfte in Europa. »Als ob ein Fenster in eine andere Welt geöffnet worden wäre« – so beschreibt Kull die Wirkung der Kanadier auf Lahr. Das Leben in der Stadt sei durch sie bereichert worden, nicht nur, weil es jetzt für die Bürger Angebote wie das kanadische Kino, Eishockey, Curling oder später den Square-Dance-Club gab, sondern vor allem auch durch die umgängliche Art der Kanadier. »Frei, offen, weniger engstirnig«, so beschreibt auch Brigitta Kull das Wesen der Gäste aus Nordamerika, mit denen viele Freundschaften entstanden seien. Sie schwärmt noch heute davon, wie rücksichtsvoll die Kanadier im Straßenverkehr waren. »Das gibt es nicht mehr.«

1994 sind die letzten Kanadier aus der Stadt abgezogen. »Das war sehr traurig«, so Brigitta Kull. Natürlich waren sie und ihr Mann später immer wieder in Kanada, und natürlich pflegen sie noch heute Freundschaften mit Kanadiern. Zumal ja auch enge familiäre Verbindungen bestehen: Ihr Sohn hat eine Kanadierin geheiratet und ist nach Kanada ausgewandert. Am liebsten wären sie mit ihm gegangen – in das Land ihrer Träume. Herbert Schabel

Impressum Verlag und Herausgeber Lahrer Zeitung GmbH, Kreuzstraße 9, 77933 Lahr, Telefon 07821/27 83-0 Geschäftsführung und Anzeigenleitung Kirsten Wolf Redaktion Thomas Kroll, Jörg Braun (V.i.S.d.P.) Titelseite Natascha Rachel Druck Druckzentrum Südwest GmbH Villingen-Schwenningen Erscheinungstermin 27. April 2019


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»Den Trend haben wir mitbegründet« Als Quereinsteiger übernahm Martin Brosamer die Familien-Brennerei / Der Schwarzwälder Whisky ist nach Startschwierigkeiten mittlerweile sehr beliebt

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en schottischen Whisky wollte ich nie kopieren«, sagt Martin Brosamer und bringt damit in einem Satz auf den Punkt, worum es in der Biberacher Kinzigbrennerei geht: Neue Wege gehen, aber dabei die Tradition nicht vergessen. Denn während der 41-Jährige mit dem heimischen Whisky eine neue Marktlücke erschlossen hat, hat seine Brennerei selbst eine lange Geschichte. Und die klassischen Brände und Liköre aus heimischem Obst gibt es natürlich auch immer noch. 2001 hat Brosamer die Kinzigbrennerei übernommen. Gegründet wurde sie im Jahr 1937 am gleichen Ort von seinem Großvater und befindet sich noch immer weitgehend im Ursprungszustand. Selbst der Brenner wurde bis Anfang der 2000er-Jahre noch mit Holz befeuert. Eigentlich hat Martin Brosamer, das jüngste von sechs Kindern, Installateur gelernt. In den Betrieb ist er als Quereinsteiger gekommen, das dann aber mit voller Kraft: Der Ausbildung zur Fachkraft im Brennereiwesen folgten die zum Brennmeister und Edelbrandsommelier. Wichtig ist Brosamer, für seine Liköre und Brände Früchte zu nutzen, die aus dem eigenen Betrieb stammen. Dafür baut er beispielsweise auf einem Hektar Topinambur an und kümmert sich um zirka 1500 Obstbäume. Viele von diesen seien halbhoch oder hoch, zudem baut Brosamers Betrieb alte Sorten an. Die seien resistenter, aber insgesamt sei ein Betrieb wie seiner »sehr pflegeintensiv«, erklärt er. »Wir ernten zwischen 50 und 60 Tonnen Äpfel und Birnen, zehn bis 15 Tonnen Steinobst und 15 Tonnen Topinambur.« Für die Whisky-Produktion kommen sieben bis acht Tonnen Getreide dazu, die Brosamer teilweise zukauft. Während in der Brennerei tonnenweise Obst und Getreide verarbeitet werden, ist sie ein reiner Familienbetrieb.

»Den schottischen Whisky wollte ich nie kopieren.« Martin Brosamer Zwei Teilzeitkräfte unterstützen zwar – überwiegend im Servicebereich –, aber den Löwenanteil der Arbeit erledigt die Familie Brosamer. Die weiteste bewirtschaftete Fläche des Betriebs liegt zweieinhalb Kilometer weg. Und der Whisky? Dessen Herstellung hat Brosamer eher als Alternative entdeckt. Denn im Jahr 2000 war relativ wenig Obst geerntet worden. »Das war der Grundstein für die Whiskyproduk-

Martin Brosamer mit einem Tropfen, auf den er besonders stolz ist: Der Single Malt wird in diesem Jahr herausgebracht und ist 15 Jahre alt. Foto: Kleinberger tion«, blickt der Brennmeister zurück. Denn Whisky wird aus Getreidemaische destilliert. Und reift mindestens vier Jahre in Holzfässern. Sein besonderes »Finish« erhält er dadurch, dass er beispielsweise in ehemaligen Sherry-Fässern reift. Und dieses Jahr kommt ein besonderer Tropfen auf den Markt: Ein 15 Jahre alter Single Malt mit Sherry-Finish. Quasi eine »Geburtstagsedition« des Schwarzwälder Whisky. Während englische Kultgetränke wie Whisky oder Gin, die in Deutschland beziehungsweise dem Schwarzwald produziert werden, inzwischen voll im Trend liegen, war der Start ein wenig schwieriger. Trotzdem: »Für den Trend sind wir mitverantwortlich«, sagt Brosamer nicht ohne Stolz, während er im Lager die Holzfässer präsentiert, in denen der gute Tropfen reift. 2012 war er Mitbegründer des Verbands der deutschen Whiskybrenner, der das Ziel hat, den Bekanntheitsgrad und die Akzeptanz des deutschen Whiskys weiter zu steigern. Denn eine reine Kopie des schottischen Vorbilds wollten weder Brosamer noch seine Mitstreiter abliefern. Trotz-

dem: Als Brosamer den ersten Whisky auf den Markt brachte, war der Start schwierig. Deutscher Whisky sei nicht akzeptiert gewesen. Schade findet der Brennmeister, dass viele Betriebe von der Urproduktion weggehen. Sie brennen zwar selbst, bauen aber kein eigenes Obst mehr an. Lisa Kleinberger

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beim Erzeuger: Die Kinzigbrennerei hat ihren Sitz in Biberach, Urbann 2. Dort können die Produkte direkt im Verkaufsraum erworben werden, der dienstags von 14.30 bis 18 Uhr, freitags von 8.30 bis 18 Uhr und samstags von 8.30 bis 16 Uhr geöffnet ist. n Dorotheenhütte: Auch die Dorotheenhütte, ein beliebtes Ausflugsziel in Wolfach, bietet die Produkte an. Die Glashütte ist täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Sie bietet auch Führungen an.


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Mit Plastiktüten gegen Farbverlust Die Hausacher Burgwache verleiht in ihren schmucken rot-weißen Uniformen seit 35 Jahren offiziellen Anlässen in der Stadt unter der Burg einen besonderen Glanz

Die alljährliche Neujahrs-Serenade ist »die« Veranstaltung der Burgwache schlechthin.

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b Neujahrs-Serenade, hoher Besuch oder wichtige Feier: Ist der Anlass offiziell, dürfen sie nicht fehlen. Mit ihren schmucken rot-weißen Uniformen mit dem Hausacher Stadtwappen auf der Brust, dem Federhut und ihrer Hellebarde verleiht die Burgwache jedem Termin Glanz. Ihren ersten Auftritt hatte sie dann auch bei einem für die Stadt äußerst wichtigen: 1984 zelebrierte Hausach seine 725-Jahr-Feier. Kurt Klein, der damalige Vorsitzende des Historischen Vereins und späterer Ehrenbürger Hausach, hatte die Idee, eine Gruppe zu gründen, die quasi als männlicher Gegenpart zu den Burgfrauen in einer an die Landsknechte angelehnten Uniform offizielle Anlässe begleitet. Diese Idee trug Klein dem damaligen Bürgermeister Manfred Kienzle vor. Die Stadt stellte sich als Geldgeber zur Verfügung und versprach, die Kosten für die Uniform und die Ausrüstung zu übernehmen. Dann sprach Klein gezielt Männer an, ob sie Lust hätten, mitzumachen. Bald hatte er 15 Mitglieder zusammen, acht Burgwachen und sieben Reservisten. Obmann war zuerst Klaus Schmid, Klein selbst stand an erster Stelle in der Reserve. Unter den ersten Burgwachen finden sich neben Mayer und Klein, aber auch andere bekannte Hausacher Namen wie Josef Gass und Helmut Meyerhöfer. Gass ritt beim ersten Auftritt der Burgwache im Rahmen des Umzugs anlässlich der 725-Jahr-Feier auf einem Pferd und präsentierte die Standarte der Wache. Vor ihrem ersten Auftritt mussten aber einige Dinge organisiert werden. Die Uniformen – keine historisch korrekte, aber angelehnt an die Kleidung der Landsknechte – wurden bei FischerTrachten auf dem Geisberg in Auftrag gegeben. Die Hellebarde, eine Waffe, die

auch die Schweizer Garde mit sich führt, stellte der Schlosser Alfons Stehle her, der ebenfalls der Gruppe beigetreten war. Bis heute gibt es etwa 25 Stück. Jede Burgwache besitzt eine, einige liegen aber auch auf Lager. Wurden die Uniformen anfangs auf Maß gefertigt, ist das heute selten nötig. »Bekommen wir ein neues Mitglied, schauen wir erst einmal, ob wir noch ein passendes Stück da haben. Das ist meistens der Fall«, erklärt der heutige Obmann Arno Heinz, der seit 2013 dieses Amt ausübt. Immerhin kostet eine Neuanschaffung insgesamt 1000 Euro. Zwar hat jede einzelne Burgwache eine eigene Ausstattung, aber es gibt auch ein Lager

»Ein Anwärter muss einfach ein anständiger Kerl sein, auf den man sich verlassen kann.« Obmann Arno Heinz mit einzelnen Teilen. Denn ab und an ziehen auch andere die Kleidung der Burgwache an: Bei der Neujahrsserenade uniformiert sich die Stadtkapelle, damit die Begleitung der Veranstaltung ein einheitliches Bild abgeben. Auch Klaus Lehmann, der Führungen auf der Burg Husen gibt, zieht für seine Touren das rote Wams, die rote Hose und einen Federhut an. Diese Kombination wurde seit 1984 nicht verändert – bis auf eine Ausnahme: »Zum 50-jährigen Jubiläum des Historischen Vereins habe ich für die Burgwache weiße Handschuhe angeschafft«, berichtet Heinz.

Foto: Reinhard

Der Tragekomfort der Uniform ist übrigens ganz gut – »nur im Sommer kann es schon ziemlich warm darin werden. Als wir 2014 einen Auftritt bei den Burgfestpielen hatten – wir haben die Hexe verhaftet und zum Scheiterhaufen geführt – wurde das schon recht unangenehm«, meint Heinz. Edmund Mayer, der von 1986 bis 2013 Obmann der Gruppe war, fügt hinzu: »Wenn es regnet war das anfangs eine Katastrophe. Die rote Straußenfeder am Hut ist eingefärbt. Wurde sie nass, fielen rote Tropfen vom Hut. Da wir das irgendwann wussten, haben wir die Feder bei schlechtem Wetter in Plastik eingepackt«, erinnert er sich. Heute wie damals verleiht die Wache mit ihrem Auftritt offiziellen Anlässen noch mehr Gewicht. Für ein schönes Bild reichen meistens schon zwei von ihnen. »Erfahre ich zum Beispiel durch eine Anruf vom Rathaus von einem Termin, frage ich bei den Leuten an, ob sie Zeit haben«, erklärt Heinz die Organisation. Doch manchmal kann es sich schon schwierig gestalten, nur ein Paar zusammenzubekommen, denn die Männer haben auch noch eine Arbeit, Familie und andere Hobbys. Bei 16 Mitgliedern kann es da manchmal schon eng werden. Aus diesem Grund würde sich Heinz über mehr Freiwillige freuen, vor allem jüngere. Viele Voraussetzungen müssen Anwärter nicht mitbringen: »Er muss ein anständiger Kerl sein, man muss sich auf ihn verlassen können, er muss sein Amt ernst nehmen und mit dem Herzen dabei sein. Und er sollte volljährig sein, nach oben gibt es keine Altersgrenze«, fassen Heinz und Mayer zusammen. Frauen nimmt die Burgwache allerdings bis heute keine auf. »Dafür gibt es ja schließlich die Burgfrauen«, erklärt Mayer. Charlotte Reinhard


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»Jedes Lied hat seine Berechtigung« Cindy Blum aus Oberwolfach ist Liedermacherin und Trauerrednerin / Im Mai erscheint ihr neues Album »Passwort Heimat«, bei dem sie Gedichte von Thomas Hafen vertont

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as ist eigentlich Heimat? Cindy Blum überlegt kurz, dann lächelt sie. »Heimat ist mehr als ein Ort«, antwortet sie. Das seien auch Glaubensgrundsätze, Lebensprinzipien, Vertrauen. »Und auch Dialekt«, sagte die junge Musikerin. »Zu hören, von wo man kommt, ist etwas ganz Tolles.« Als Liedermacherin sei es ihr wichtig, eine Botschaft zu vermitteln, auf etwas aufmerksam zu machen und zum Nachdenken anregen. Die 32-Jährige, die derzeit an einer Schule beschäftigt ist, ist Autorin und Liedermacherin. Nachdem sie musikalisch bereits Taufen und Hochzeiten sowie Trauerfeiern begleitet hat, wird sie nun unter anderem auch freie Trauerrednerin und Sängerin bei Bestattungen. Wie das zusammenpasst? Für Blum sogar sehr gut. »Die Menschlichkeit steht im Vordergrund«, erzählt sie. »Man wird zurückgeworfen auf die grundsätzlichen Themen«, sagt sie. Schließlich sei mit diesem Thema jeder früher oder später einmal konfrontiert. Trotzdem sei es ihr wichtig, nicht die Trauerrednerin zu sein, die singt, sondern andersherum. Sie wolle als Künstlerin wahrgenommen werden, so Blum. Ein gutes Vorgespräch mit den Angehörigen sei wichtig, denn darin werde geklärt, in welche Richtung die Rede für den Verstorbenen gehen soll. Das Persönliche sei ihr wichtig, darum arbeite sie nicht mit Worthülsen. »Ich habe den Anspruch, dass jeder seine eigene Rede bekommt«, so Blum.Wichtig für eine gute Rede sei auch Zeit. »Alles, was aus Ungeduld entsteht, ist nicht gut«, ist die junge Frau überzeugt. Das gelte freilich auch für ihre Liedtexte. Reden und Singen schlagen eine wunderbare Brücke. Jedes einzelne Wort sei wichtig, gerade bei deutschen Texten. »Es muss eine Tiefe, eine Botschaft haben

»Wenn man Dinge um ihrer selbst willen tut, entwickeln sich die Ziele von allein.« Cindy Blum und sich auch zwischen den Zeilen lesen lassen«, erklärt sie. Der musikalische Werdegang der gebürtigen Gutacherin, die heute in Oberwolfach lebt, begann mit fünf Jahren auf dem Akkordeon. Mit 14 Jahren kaufte sie sich eine Gitarre, brachte sich das Spielen und Singen selbst bei. »Ich genieße es, nicht zu wissen, wie es richtig geht«, sagt Blum mit einem Augenzwinkern, da sie bislang auf professionellen Gesangsunter-

»Ich habe mich weiterentwickelt«, sagt Cindy Blum. Diese neue Reife ließ sie in ihr neues Album fließen, das im Mai erscheint. Darin vertont sie Gedichte von Thomas Hafen. Foto: Beule richt verzichtet hat. Während der Arbeit am neuen Album brachte sie sich auch selbst das Klavierspielen bei. Für ihr neues Album »Passwort Heimat« hat sie sich einer neuen Herausforderung gestellt: Sie hat Texte von Thomas Hafen, wissenschaftlicher Leiter des Freilichtmuseums Vogtsbauernhof, vertont. »Eigentlich ist bei mir zuerst die Melodie da, bevor die Texte entstehen«, erklärt sie. Nun war es genau umgekehrt. »Ich drücke nicht nur mich selbst aus, sondern interpretiere die Texte eines anderen«, erklärt die Sängerin. Und wie viel Heimat steckt drin? »Das Wort selbst kommt nur in zwei Liedern vor«, sagt Blum. Aber es sei ganz viel Schwarzwald herauszuhören. Es gehe aber auch um Heimat im Allgemeinen. Etwas, das mit Sehnsucht verbunden ist. Zwei Jahre Produktionszeit stecken in dem Album – häufig in den Schulferien. Dabei hat sich die 32-Jährige sehr verändert, die Bilder zeigen sie von einer sehr selbstbewussten Seite. »Das ist die

Reife, die ich zeigen möchte: Ich bin nicht mehr das Mädchen, sondern habe mich weiterentwickelt«, sagt sie. Es sei wie ein Plan gewesen, ist sie sich sicher. »Wenn man Dinge um ihrer selbst willen tut, entwickeln sich die Ziele von allein«, sagt sie. »Das ist sehr erfüllend, weil man nicht darauf angewiesen ist, dass andere es gut finden.« Und genau diese Reife fließt in das neue Projekt. Entstanden sei die Idee beim 400-jährigen Bestehen des Vogtsbauernhofs. Hafen hatte ihr für die Feier ein Gedicht zum vertonen gegeben, das sie in der Lichtstube zum ersten Mal sang. Eins kam zum anderen — und das neue Album erscheint schließlich im Mai. Die instrumentale Grundbesetzung der Songs sei zwar immer gleich, trotzdem sei es abwechslungsreich. Es gehe um Liebe, Glück und auch Melancholie. »Es ist echte Musik«, sagt Blum über das Album. Es sei ihr wichtig, ein Album ohne »Lückenfüller« zu erstellen. »Jedes Lied hat seine Berechtigung.« Katharina Beule


n MEINE HEIMAT

»Gutach ist meine Heimat geworden« Jean Philippe-Naudet wohnt seit 20 Jahren im Gutach und engagiert sich dort in mehreren Vereinen / Das Thema Heimat begleitet ihn auf verschiedene Art und Weis in seinem Ehrenamt

Jean-Philippe Naudet ist Vorsitzender des Kunstvereins Hasemann-Liebich. Zudem engagiert er sich in der Feuerwehr und ist Heimatpfleger des Schwarzwaldvereins Gutach. Foto: Stangenberg

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chon als Zwölfjähriger engagierte sich Jean-Philippe Naudet ehrenamtlich: Der Gutacher wuchs im französischen Jura auf und initiierte bereits als Kind Stadtführungen. »Ich war schon immer ein Vereinsmensch«, sagt er. Vor 20 Jahren zog er aus beruflichen Gründen ins Gutachtal – und trat gleich der Gutacher Feuerwehr bei. Bekannt ist Naudet durch sein Engagement im Kunstvereins Hasemann-Lie-

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bich. Der Verein erwarb 2004 das ehemalige Krämerhaus im Herzen von Gutach und richtete das Kunstmuseum ein, das den berühmten Schwarzwaldmalern Wilhelm Hasemann und Curt Liebich gewidmet ist. Zunächst als stellvertretender Vorsitzender übernahm Naudet – der sich übrigens oberhalb des Museums eine Wohnung im Fachwerkbau-Stil einrichtete – vor acht Jahren den Vorsitz von Gutachs Ehrenbürger Ansgar Barth. Naudet konzipiert unter anderem die Ausstellungen, organisiert Vernissagen, gibt Führungen und macht die Pressearbeit – um nur einige seiner Aufgaben zu nennen. Dieses Amt möchte er im kommenden Jahr abgeben, damit der Verein auch ein wenig »Abwechslung« beziehungsweise auch eine neue Richtung erfahren kann, so Naudet. »Aber die Füße hochlegen ist nicht meine Sache«, sagt er. Daher übernahm er kürzlich den Posten des Heimatpflegers im Schwarzwaldverein Gutach. »Das geht im Endeffekt in die selbe Richtung«, erklärt der Gutacher. Er habe sich einige Projekte auf die Fahne geschrieben, wie das Reinigen der Schilder an historischen Gebäuden in Gutach, die vor mehr als 35 Jahren angebracht wurden. »Auch das gehört dazu«, sagt Naudet. Zudem könne er sich vorstellen, die Geschichte der Bauernhöfe, an denen Wanderwege vorbeiführen, auf Tafeln darzustellen. »Das Thema Heimat bewegt mich sehr«, bringt er sein Engagement auf den Punkt. »Ich habe mich schon immer für die Lokalgeschichte der Orte interessiert, in denen ich gewohnt habe«, erklärt Naudet. Als er dann von der Gutacher Malerkolonie erfuhr, die sich Ende des 19. Jahrhunderts mit der Niederlassung der Schwarzwaldmaler Hasemann (ab 1880)

und Liebich (ab 1891, endgültig ab 1896) etablierte und das Bild des Schwarzwalds mit seiner Landschaft, den Bauernhäusern, den Trachten und dem weltbekannten Bollenhut, weit über Deutschland hinaus bekannt machte, wollte er mehr erfahren. Die Malerkolonie existiert bis heute – und ist ein wichtiger Bestandteil der Gemeinde. Dass die Bilder, die in einem kleinen Ort entstanden, mittlerweile sinnbildlich für den Schwarzwald stehen, sei etwas Besonderes. Wenn man das Glück habe in Gutach zu leben, kann man dieses Image, diese Tradition mit viel Behutsamkeit auch rüberbringen, so Naudet. Eine Tracht besitzt er übrigens auch. »Nur trage ich die natürlich nicht an jedem zweiten Tag, sondern zu gewissen Ereignissen, und dann auch mit Stolz«, sagt der Gutacher und lacht. Das Thema Heimat hat mittlerweile kein verstaubtes Image mehr. Künstler wie Jochen Scherzinger zeigen Bilder, auf denen Tracht auch im 21. Jahrhundert von modernen Menschen mit anderen Hauptfarben, Piercings oder Tattoos getragen wird. »Das hat die Welt geöffnet«, findet er. Bei den traditionellen Trachtenträgern würden diese Darstellungen auch auf Kritik stoßen. »Aber warum sollte man die Tracht wegen Tattoos nicht tragen dürfen?«, fragt sich Naudet. »Mit Heimat verbinden viele Menschen den Ort, an dem sie groß geworden sind. Ich kenne in meinem Heimatort nur noch wenige Leute und habe überwiegend Kontakt zu meinen Eltern«, resümiert Naudet. Er verbinde mit der Stadt, in der er aufwuchs, seine Familie, seine Kindheit und viele schöne Erinnerungen. »Gutach ist aber meine Wahlheimat und meine Heimat geworden.« Lena Stangenberg


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