DAS Land Südtirol

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I.R.

DAS LAND

SÜDTIROL

Monatszeitschrift der Südtiroler Landesverwaltung

FALLS NICHT ZUSTELLBAR, BITTE ZURÜCK AN ÖZP BZ. DER ABSENDER VERPFLICHTET SICH, DIE PORTOSPESEN FÜR DIE RÜCKSENDUNG ZU TRAGEN

1-2/2014

Eine neue Ära beginnt

Regierungs­ erklärung

AUTONOME PROVINZ BOZEN - SÜDTIROL

Bildung gegen Arbeitslosigkeit

PROVINCIA AUTONOMA DI BOLZANO - ALTO ADIGE

PROVINZIA AUTONOMA DE BULSAN - SÜDTIROL


Impressum

Inhaltsverzeichnis I.R.

DAS LAND

2 Eine neue Ära

SÜDTIROL

Monatszeitschrift der Südtiroler Landesverwaltung

FALLS NICHT ZUSTELLBAR, BITTE ZURÜCK AN ÖZP BZ. DER ABSENDER VERPFLICHTET SICH, DIE PORTOSPESEN FÜR DIE RÜCKSENDUNG ZU TRAGEN

1-2/2014

I.R.

4 Die Neuen Die Ressorts der neuen Landesregierungsmitglieder

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Eine neue Ära beginnt

Regierungs­ erklärung

AUTONOME PROVINZ BOZEN - SÜDTIROL

Bildung gegen Arbeitslosigkeit

PROVINCIA AUTONOMA DI BOLZANO - ALTO ADIGE

16.0

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PROVINZIA AUTONOMA DE BULSAN - SÜDTIROL

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Zum Titelbild: Zum Titelbild: Luis Durnwalder übergab am 10. Jänner das Amt des Landeshauptmanns an Arno Kompatscher. Foto: Arno Pertl Dieser Ausgabe der Landeszeitung liegt die Beilage „25 Jahre Landeshauptmann Durnwalder“ bei.

6 Regierungserklärung Das Programm von LH Kompatscher im Wortlaut

15 Abschied Luis Durnwalder, Thomas Widmann, Sabina Kasslatter Mur, Roberto Bizzo, Elmar Pichler Rolle

19 Fokus Forschung 352 Projekte stehen 2014 auf dem Programm des Versuchszentrums Laimburg

Redaktionssekretariat: Margit Adami, Claudia Ladurner, Renata Lana, Karin Putzer Kostenloses Abo: Landespressedienst lpa@provinz.bz.it Tel. 0471 412213 Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 21. Januar 2014

26 Ladinia

28 Europa

Verantwortliche Schriftleiterin: Monika Pichler (mpi)

Landtagsteil: Alex Maier, Martina Chiarani

25 Aus Südtirols Museen

27 Euregio

Herausgeber: Südtiroler Landesregierung

Redaktion: Silvana Amistadi (sa) Michele Bolognini (mb) Maja Clara (mac) Paolo Ferrari (pf) Franco Grigoletto (fg) Thomas Ohnewein (ohn) J. Christian Rainer (chr) Angelika Schrott (san) Johanna Christine Wörndle (jw)

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19 21 210 Einsätze Die Landesgeologen ziehen Bilanz

23 Sprachenlernen CLIL-Pilotversuche an der Oberschule starten

24 Jugendarbeitslosigkeit Land setzt Maßnahmen gegen Schulabbrüche und Arbeitslosigkeit

30 Präsident Widmann Das neue Team an der Spitze des Landtags

31 Einer, der zuhört Die Debatte zur Wahl des Landeshauptmanns

32 Kompatschers Team Die Meinungen der Abgeordneten zur Landesregierung und ihrem Arbeitsprogramm Gregor Khuen Belasi

Cove

www.provinz.bz.it/lpa

Arno Kompatscher übernimmt das Amt des Landeshauptmanns

© Die Verwendung von Texten und Bildern aus „Das Land Südtirol“ für nicht auf Gewinn ausgerichtete Zwecke ist nach Rücksprache mit der Redaktion möglich.

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Termine

25. Februar Ausstellung „Frozen Stories“ 28. Februar Einreichetermin für Diplomarbeiten zur Chancengleichheit

Liebe Bürgerinnen und Bürger! S. 22

Christian Jungwirth

15. Februar Tagung „Bildungswelt Kindergarten“

Der Landeshauptmann

S. 25

E S. 18

28. Februar Anmeldeschluss Arge-AlpS. 27 Preis 2014

Brian Boa

9. bis 12. April Euregio-Jugendfestival S. 27

15. April Einreichetermin Flussraum-Wettbewerb S. 20 Brixen 18. April Einreichetermin Arge-AlpS. 27 Preis 2014

s gibt nichts Schöneres als SüdLandeshauptstadt auf eine neue tirol. Nur eines ist schöner: Für Grundlage zu stellen sowie mit der Südtirol zu arbeiten! Nach der grundlegenden Überarbeitung des Wahl zum Landeshauptmann freue Landeshaushaltes zu beginnen. ich mich, die Arbeit konkret aufzuUnser Regierungsprogramm ist nehmen. Bei meiner Regierungsersehr ambitioniert und ich bin zuverklärung im Landtag habe ich eine sichtlich, dass wir vieles, was wir Reihe klar definierter Maßnahmen uns vorgenommen haben, umsetzen aufgezählt, die ich mit meinem Rekönnen. Bei einigen Schwerpunkten gierungsteam umsetzen will. wird sich aber auch herausstellen, Unsere Bemühundass die Ziele angegen sind einem Ziel passt werden müsuntergeordnet: Wir sen und neue Inhalte Mein Ziel ist es, das wollen unser Land dazukommen. aufzuwerten, was schon gemeinsam in eine Mit mir an der Spitjetzt der Gesellschaft nützt. Es ist mir aber auch sichere Zukunft ze der Landesregiewichtig, dass wir uns alle führen. Es geht darung wird es einen gemeinsam auf neue Wege rum, kurzfristigen Wandel, jedoch keieinlassen. Herausforderungen ne Revolution geebenso zu begegnen, ben: weder personell wie darum, den Visionen für eine noch inhaltlich. Die Arbeitsweise langfristige Entwicklung Südtirols wird sich naturgemäß ändern, aber zu folgen. Dabei steht das Thema Bewas bisher schon funktioniert hat schäftigung im Mittelpunkt unserer und Südtirol zu einem fortschrittArbeit. Nach langen Jahren der Volllichen Land gemacht hat, soll im beschäftigung gilt es, den ArbeitsSinne der Bürgerinnen und Bürger markt für die Zukunft zu stärken. Es fortgesetzt werden. Mein Ziel ist es, geht uns aber nicht alleine darum, das aufzuwerten, was schon jetzt Arbeitsplätze zu sichern und neue der Gesellschaft nützt, sie fördert Arbeitsplätze zu schaffen, sondern und weiterbringt. Es ist mir aber neue Perspektiven für Südtirols Juauch wichtig, dass wir uns alle gegend zu entwickeln. meinsam auf neue Wege einlassen. In den ersten 100 Tagen haben wir In diesem Sinne lade ich Sie ein, uns vorgenommen, die Politikkosmit mir die Herausforderungen der ten weiter zu senken, Reformen auf Zukunft anzugehen.  der institutionellen Ebene einzulei Der Landeshauptmann ten, steuerpolitische Akzente zu setzen, im Bereich der Niedrigrenten Verbesserungen einzuführen, die Beziehungen zwischen Land und Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014

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Arno Perl

Titel

Symbolisches Ende einer Ära: Neo-Landeshauptmann Arno Kompatscher übernimmt die Schlüssel zu den Amtsräumen des Landeshauptmanns von seinem Vorgänger Luis Durnwalder.

Eine neue Ära „Einer geht, ein anderer kommt”: Was aus dem Mund von AltLandeshauptmann Luis Durnwalder ganz alltäglich klingt, war für Südtirol das Ende einer Ära: die Übergabe des Amts des Landeshauptmanns an Arno Kompatscher.

D

er Grundstein zum Wechsel im wichtigsten politischen Amt im Land wurde schon am 27. Oktober

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mit den Landtagswahlen gelegt, zu denen der seit 1989 amtierende Landeshauptmann Luis Durnwalder nicht mehr angetreten war. Was folgte, waren Verhandlungen zur Regierungsbildung und schließlich, am Donnerstag, 9. Jänner 2014, die Wahl Arno Kompatschers zum Landeshauptmann durch den Südtiroler Landtag. Bereits einen Tag später wurde der Wechsel im Palais Widmann, dem Amtssitz des Landeshauptmanns, auch augenscheinlich: Durnwalder, nun Landeshauptmann a.D., überreichte seinem Nachfolger Kompatscher einen ganzen Satz an Schlüsseln: jene für das Palais Widmann, jene fürs Büro und für die Garage,

dazu ein Inventarverzeichnis. „Ich kann Dir nur wünschen, dass Du Dich in diesen Räumen wohlfühlst und immer die richtigen Entscheidungen triffst“, so Durnwalder, der Kompatscher zudem wünschte, dass dieser Höhen und Tiefen gleichermaßen bewältigen könne: „Lass Dich von den einen nicht übermütig machen und von den anderen nicht entmutigen“, so der Alt-Landeshauptmann. Kompatscher erinnerte bei der Amtsübergabe daran, dass er – wie viele andere Südtiroler auch – mit Luis Durnwalder als Landeshauptmann aufgewachsen sei: „Ich war gerade einmal volljährig, als Durnwalder Landeshauptmann wurde“,


Thomas Ohnewein

Titel

Abschied: Mit Standing Ovations wurde Alt-Landeshauptmann Durnwalder von „seinen“ Führungskräften verabschiedet, von den Journalisten gab's einen Abschied in Form einer (fast) normalen „Montagspressekonferenz“.

werde gar nicht erst versuchen, in die Fußstapfen von Luis Durnwalder zu treten, sondern den Herausforderungen nach bestem Wissen und Gewissen begegnen“, so der neue Landeshauptmann. Beide Landeshauptleute, der ausgeschiedene wie der neue, betonten bei der Amtsübergabe im Palais

Widmann, dass es sich nicht um einen Bruch handle, der sich in Südtirol vollziehe. „Vielmehr wird es einen fließenden Übergang geben“, so Kompatscher, der dem AltLandeshauptmann alles Beste für die Zukunft wünschte und anfügte: „Mögen wir auch weiterhin verbunden bleiben.“  chr

Thomas Ohnewein

so der neue Landeshauptmann, der betonte, dass die Übernahme der Schlüssel zu seinen Amtsräumen ein bewegender Moment sei. Zudem verwies Kompatscher darauf, dass jener der Amtsübergabe nicht der geeignete Rahmen sei, die Verdienste Durnwalders zu würdigen oder ihm dafür zu danken. „Und ich

Nach der ersten Sitzung der neuen Landesregierung hat LH Kompatscher (Mitte) sein Regierungsteam vorgestellt. Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014

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Politik

Die Neuen Die am 16. Jänner 2014 vom Südtiroler Landtag gewählte neue Landesregierung besteht aus dem Landeshauptmann, seinen beiden Stellvertretern und fünf Landesräten.

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Waltraud Deeg

Richard Theiner

Landesrätin

Zweiter Landeshauptmann-Stellvertreter

Zuständig für: Familie und Verwaltungsorganisation Kurzbiographie: Geboren am 24. Juli 1972 in Bozen, wohnhaft in Bruneck; verheiratet, eine Tochter; Studium der Rechtswissenschaften in Innsbruck und Graz; 2010 bis 2012 Stadträtin von Bruneck für Senioren, Umwelt, Wohnbau und Chancengleichheit.

Zuständig für: Umwelt und Energie Kurzbiographie: Geboren am 17. Mai 1958 in Mals, wohnhaft in Latsch; verheiratet, zwei Kinder, Jurist; seit 1998 im Landtag, zunächst Vizepräsident der Region, seit 2003 Mitglied der Landesregierung (bis 2013 als Landesrat für Gesundheit und Soziales)

Philipp Achammer

Arnold Schuler

Landesrat

Landesrat

Zuständig für: Deutsche Bildung und Kultur, Integration Kurzbiographie: Geboren am 4. Juli 1985 in Brixen, wohnhaft in Vintl; Matura am Realgymnasium Brixen, seit 2004 Studium der Rechtswissenschaften in Innsbruck; 2005 bis 2010 Gemeinderat in Vintl, 2009 bis 2013 Landessekretär der Südtiroler Volkspartei.

Zuständig für: Land- und Forstwirtschaft, Zivilschutz und Gemeinden Kurzbiographie: Geboren am 19. August 1962 in Meran, wohnhaft in Plaus; verheiratet, drei Kinder; Landwirt; 24 Jahre lang Bürgermeister der Gemeinde Plaus, vier Jahre lang Präsident des Südtiroler Gemeindenverbandes, seit 2008 im Südtiroler Landtag.

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Politik

Christian Tommasini

Landeshauptmann

Erster Landeshauptmann-Stellvertreter

Zuständig für: Wirtschaft, Finanzen, Innovation und Außenbeziehungen Kurzbiographie: Geboren am 19. März 1971 in Völs am Schlern; verheiratet, sechs Kinder; Studium der Rechtswissenschaften in Innsbruck und Padua; 2005 bis 2013 Bürgermeister der Gemeinde Völs, 2011 bis 2013 Präsident des Südtiroler Gemeindenverbandes.

Zuständig für: Italienische Bildung und Kultur, Wohnbau und öffentliche Bauten Kurzbiographie: Geboren am 25. März 1975 in Bozen, wohnhaft in Leifers; verheiratet, zwei Kinder; Politikwissenschaftler; 2003 bis 2007 Gemeindereferent in Leifers; Mitglied der Sechser- und Zwölferkommission, seit 2008 Landeshauptmann-Stellvertreter.

Martha Stocker

Florian Mussner

Landesrätin

Landesrat

Zuständig für: Wohlfahrt Kurzbiographie: Geboren am 19. April 1954 in Kematen/Taufers; Studium der Geschichte und Germanistik an der Uni Innsbruck; Oberschullehrerin; Vizepräsidentin der FUEV; seit 1998 im Landtag, bis 2013 Regionalassessorin für Familienpaket und Sozialvorsorge.

Zuständig für: Ladinische Bildung und Kultur, Museen und Denkmäler, Vermögen, Mobilität Kurzbiographie: Geboren am 22. Juli 1951, wohnhaft in Wolkenstein; verheiratet, zwei Kinder; ehemaliger leitender Bankangestellter; seit Dezember 2001 Mitglied der Landesregierung (damals von außen berufen), seit 2003 Abgeordneter zum Südtiroler Landtag.

Gregor Khuen Belasi

Arno Kompatscher

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Das Programm

Thomas Ohnewein

Regierungserklärung

Regierungserklärung von Landeshauptmann Arno Kompatscher gehalten am 9. Jänner 2014 vor dem Südtiroler Landtag Sehr geehrte Frau Präsidentin, Sehr geehrte Abgeordnete zum Südtiroler Landtag,

Koalition

Am 30. Dezember 2013 haben die Fraktionen der Südtiroler Volkspartei und des Partito Democratico – Demokratische Partei eine Regierungserklärung hinterlegt, in welcher sie mich als Kandidaten für das Amt des Landeshauptmanns namhaft gemacht haben. Grundlage für diese Regierungserklärung ist das Koalitionsabkommen, das die Südtiroler Volkspartei und der Partito Democratico-Demokratische Partei am selben Tag unterzeichnet haben. Dieses Koalitionsabkommen ist gleichzeitig auch die Grundlage für das Regierungsprogramm, das ich - im Falle meiner Wahl – noch heute hinterlegen werde. Geschätzte Vorsitzende der Landtagsfraktionen, ich bedanke mich an dieser Stelle für Ihre Entscheidung, dass ich die Regierungserklärung bzw. das noch zu hinterlegende Regierungsprogramm an dieser Stelle kurz erläutern darf bzw. soll, obwohl das von der geltenden Geschäftsordnung des Südtiroler Landtages eigentlich nicht ausdrücklich vorgesehen wäre. Das Regierungsprogramm für die XV. Legislaturperiode (das ihnen als Entwurf gemeinsam mit der Niederschrift meiner Erläuterungen in deutscher und italienischer Sprache vorliegt) rückt die einzelne Bürgerin und den einzelnen Bürger als Gesellschaft in all ihren Facetten in den Mittelpunkt. An deren Bedürfnissen wollen wir unsere Ziele und unser Handeln ausrichten. Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern dabei wieder mehr Freiraum, aber auch die Möglichkeit zur Wahrnehmung einer größeren Eigenverantwortung einräumen. Dasselbe gilt für Vereine, Verbände, Interessensvertretungen und Unternehmen, welche auch Plattformen bzw. Ausdruck von Initiative, Willensäußerung und Konsensfindung in der Südtiroler Gesellschaft sind.

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Regierungserklärung Wir sollten uns nämlich immer bewusst sein, dass die Politik nicht alle Probleme eines oder einer jeden Einzelnen lösen kann – und wir sollten das den Menschen auch nicht vormachen. Wir können den Bürgerinnen und Bürgern die wichtigen Lebensentscheidungen nicht abnehmen – dürfen und wollen das auch gar nicht. Wir haben aber die Aufgabe und die Pflicht, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit eigenverantwortliches Handeln erst möglich wird und damit die Menschen in diesem Land unabhängig von ihrem Stand, ihrem Geschlecht, ihren Veranlagungen oder ihrer Herkunft - selbst Schmiede ihres Glückes sein können. Dafür wollen wir arbeiten, auch im Bewusstsein, dass materieller Wohlstand allein noch nicht mit Wohlbefinden gleichzusetzen ist. Dass „immer mehr“ oft noch keine ausreichende Antwort ist. Zielsetzung all unseres politischen Handelns ist somit eine gerechte Gesellschaft, in der Solidarität und Subsidiarität gelebt werden. Die Frage, „was dafür alles zu tun ist“, kann aus heutiger Sicht gewiss nicht völlig abschließend beantwortet werden. Das knapp 50 Seiten umfassende Regierungsprogramm enthält zwar jede Menge Schwerpunkte, Zielsetzungen und Maßnahmen in den unterschiedlichen Politikfeldern; im Laufe der Legislaturperiode werden jedoch neue Entwicklungen eintreten bzw. weitere Herausforderungen hinzukommen, die zusätzliche bzw. andere Maßnahmen notwendig machen werden. Die Antwort auf die Frage, „wie wir das tun wollen“, gilt aber für jeden Fall: Wir verpflichten uns zu vollständiger Offenheit und zur Kooperationsbereitschaft mit allen Landtagsfraktionen sowie den Institutionen und öffentlichen Interessensvertretungen. Wir wollen den Landtag aufwerten und auch Südtirols Bürgerinnen und Bürger stärker an den Entscheidungsprozessen beteiligen, um den Herausforderungen in unserem Land bestmöglich begegnen zu können. Nun möchte ich die wichtigsten Schwerpunkte des Regierungsprogramms kurz erläutern. Eine umfassende Darstellung sämtlicher Zielsetzungen und Maßnahmen würde den gebotenen Rahmen bei weitem sprengen. Falls erwünscht, bin ich im Rahmen der nachfolgenden Debatte selbstverständlich gerne bereit, auf diesbezügliche Fragen zu antworten und einzelne Zielsetzungen bzw. geplante Maßnahmen auch im Detail zu erläutern. In dieser Legislaturperiode muss das Thema Beschäftigung erstmals seit langem wieder in den Mittelpunkt der Südtiroler Politik rücken. Nach Jahren der Vollbeschäftigung hat nun die Erhaltung bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsmöglichkeiten oberste Priorität, wobei wir das Ergebnis nicht allein an der Zahl der neuen Arbeitsplätze messen wollen, sondern auch an deren Qualität. Nachdem der öffentliche Dienst nicht mehr wie bisher als Puffer für den Arbeitsmarkt dienen kann, gilt es Maßnahmen zu setzen, die den Wirtschaftsstandort Südtirol und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen stärken. Die einzelnen Vorhaben wollen wir im stetigen Austausch mit allen Landtagsfraktionen und den Sozialpartnern umsetzen, um den Maßnahmen ein möglichst breites Fundament zu geben. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, will ich Ihnen nun einige der geplanten wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Maßnahmen nennen:

Beschäftigung

Steuerliche Entlastung wollen wir durch weitere Senkungen der IRAP (allerdings bei gleichzeitiger Kürzung bzw. Streichung von Gießkannenbeiträgen) ebenso wie durch die Nutzung der neuen Spielräume im Bereich der kommunalen Immobiliensteuer erreichen. Die neue primäre Gesetzgebungsbefugnis im Bereich der kommunalen Abgaben und Steuern ist ein autonomiepolitischer Meilenstein!!! Es liegt nun an uns, dieser Verantwortung gerecht zu werden und durch das zu verabschiedende Landesgesetz eine größere Rechtssicherheit, Klarheit und Berechenbarkeit, vor allem aber auch eine größere Gerechtigkeit zu schaffen, in dem wir Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandeln. Ich denke in diesem Zusammenhang beispielweise an einheitliche Definitionen, einen einfacheren Berechnungsmodus und die Entlastung der gewerblich genutzten Immobilien, wobei wir aber gleichzeitig den Grundwohnbedarf steuerfrei halten wollen. Die Entlastung muss vor allem aber auch im Bereich der Bürokratie erfolgen und – verehrte Kolleginnen und Kollegen - dies wird wohl die größte Herausforderung, der wir uns als Gesetzgeber ebenso wie als Verwalter stellen müssen. Die diesbezüglich geplanten Maßnahmen reichen von einem Bürokratie- und Folgekostencheck im Bereich der Gesetzgebung über

Entlastung

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Regierungserklärung den Ausbau des e-Governements bis hin zu Verfahrensvereinfachungen und einem schrittweisen Rückzug der öffentlichen Verwaltung aus einzelnen Sektoren.

Schwerpunkte

Im Bereich der Förderungen wollen wir noch mehr auf Schwerpunktförderung in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Export setzen, wobei diese zunehmend über Darlehen aus Rotationsfonds und weniger über Kapitalbeiträge erfolgen soll; auch im Bewusstsein, dass eine der größten Wachstumschancen der heimischen Wirtschaft und Landwirtschaft im Megatrend hin zu mehr Regionalität und Authentizität liegt, dass also die lokalen Kreisläufe wo immer möglich weiter gefördert werden müssen. Gerade auch deshalb wollen wir unmittelbar nach Erlass der europäischen Vergaberichtlinien - gemeinsam mit Ihnen verehrte Abgeordnete - ein Südtiroler Vergabegesetz erarbeiten, das alle Spielräume zur Förderung lokaler Wertschöpfung und regionaler Kreisläufe ausschöpft.

Ländlicher Raum

In besonderer Weise wollen wir auch im ländlichen Raum qualitativ hochwertige Arbeitsplätze erhalten bzw. soweit möglich neue schaffen. Dazu ist es unter anderem auch notwendig, die Infrastruktur des Landes zu vervollständigen, wo diese noch Lücken aufweist (Breitband) und Dienste der öffentlichen Verwaltung dezentral anzubieten. Derzeit gilt der aktuell angespannten Arbeitsmarktsituation die volle Aufmerksamkeit längerfristig wird aufgrund des demographischen Wandels aber eine möglichst umfassende Übereinstimmung von Arbeitsangebot und -nachfrage die größte Herausforderung sein. Die Schlüsselrolle weisen wir dabei dem Bildungssystem sowie der Berufsorientierung und -beratung zu. Deshalb wollen wir Schule und Arbeitsmarkt enger zusammenspannen, so dass die Erkenntnisse aus der Arbeitswelt stetig in das Schul- und Bildungssystem einfließen und der Ausbildung in den praktischen Fächern und Berufen mehr Gewicht beigemessen wird. Das duale Ausbildungssystem soll weiter aufgewertet werden indem wir vom Staat die vollen Zuständigkeiten einfordern und gleichzeitig alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Betriebe zu entlasten, die Lehrlinge einstellen. Bildung ist jedoch nicht nur der Schlüssel zum beruflichen Erfolg, sondern ist generell eine Grundvoraussetzung für Chancengleichheit und ein selbstbestimmtes Leben. Damit die hohe Qualität der Südtiroler Bildungslandschaft erhalten und weiterentwickelt werden kann, wollen wir - im Rahmen der Weiterentwicklung unserer Autonomie - die volle Bildungshoheit, also die primäre Zuständigkeit im Bereich Schule und Bildung anstreben. Dies wird es uns ermöglichen, besser auf die Bedürfnisse und spezifischen Anforderungen der Schule einzugehen, wobei durch eine vollständige Übernahme des Lehrpersonals gleichzeitig auch die Zuständigkeit für die Ausbildung der Lehrpersonen sowie für Wettbewerbe und Zugangsvoraussetzungen übertragen werden muss. Die Koalitionspartner werden diesbezüglich unmittelbar Verhandlungen mit der italienischen Regierung aufnehmen. Im Mittelpunkt der Bildungspolitik der kommenden fünf Jahre wird auch die Stärkung der Sprachkompetenzen der Südtirolerinnen und Südtiroler stehen. Oberste Priorität wird dabei weiterhin der Qualitätssicherung in der Muttersprache eingeräumt, und zwar sowohl im Unterricht der Kinder und Jugendlichen als auch in der Ausbildung der Lehrpersonen.

Sprachen

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Genauso erachten wir es für notwendig, weitere erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der Kenntnisse in der Zweitsprache zu unternehmen, und zwar durch Maßnahmen gegen den Mangel an Lehrkräften, zur Erhöhung der didaktischen Kontinuität, zur Erhöhung der Effizienz des Unterrichts und zur Qualitätssicherung sowie zur Verbesserung der Ausbildung der Zweitsprachenlehrpersonen. Gleichzeitig soll der Schüleraustausch zwischen deutscher, italienischer und ladinischer Schule in der Oberstufe erleichtert werden. Zusätzlich sollen die außerschulischen Angebote zur Sprachförderung einen besonderen Schwerpunkt darstellen indem beispielsweise auch vermehrt Projekte zur Begegnung zwischen den Kindern und Jugendlichen der verschiedenen Sprachgruppen innerhalb der Europaregion Tirol-SüdtirolTrentino gefördert werden. In Umsetzung von Zielsetzungen zur Mehrsprachigkeit, soll auch der Sachfachunterricht in der Zweitsprache bzw. in einer Fremdsprache (CLIL – Content and Language Integrated Learning) verstärkten Eingang in die Oberstufe finden, jedoch unter zwingender Wahrung des in Artikel 19 des Autonomiestatutes festgelegten muttersprachlichen Prinzips. Die Lehrkräfteausbildung, wollen wir als Euregio-Kooperationsprojekt zwischen den Universitäten Bozen, Trient und Innsbruck auf eine neue Grundlage stellen. Schule muss so gestaltet werden, dass sie den Lernrhythmen der Schülerinnen und Schüler

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Regierungserklärung sowie den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Familien entgegenkommt. Dies muss für eine Weiterentwicklung des Schulkalenders genauso gelten wie für eine Überprüfung des notwendigen und den Kindern und Jugendlichen zumutbaren Schulstundenkontingentes. Durch eine moderne und effiziente Bildungsorganisation und Verwaltung müssen die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass sich Schule wieder vermehrt ihrer eigentlichen Kerntätigkeit, dem Unterricht, der Vermittlung und der pädagogischen Planung widmen kann. Wir streben die Verschlankung der Schulverwaltung an, indem die Personal- und andere Verwaltungen der drei Schulämter und der verschiedenen Berufsbildungsinstitutionen verstärkt zusammengefasst werden. Nicht zuletzt wird es eine zentrale Aufgabe der kommenden Jahre sein, eine verbesserte Abstimmung innerhalb des Bildungssystems des Landes zu erzielen, insbesondere was die Bildung außerhalb der „klassischen“ Schulwelt betrifft. Dazu zählt in besonderer Weise die Zusammenarbeit mit den Musikschulen sowie mit schulexternen Organisationen (z. B. Sportvereinen oder Jugendarbeit). Mir persönlich erscheint eines besonders wichtig: sämtliche angestrebte Reformen im Bildungsbereich müssen in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang gesehen werden und partizipativ und frühzeitig erarbeitet werden, sodass der Schulwelt ausreichend Zeit zum Nachvollziehen und Umsetzen bleibt.

Bildung

Besondere Schwerpunkte wollen wir in dieser Legislaturperiode auch in der Familienpolitik setzen. Die Koalitionspartner verpflichten sich deshalb, alle Maßnahmen zu ergreifen, um für Familien fördernde Rahmenbedingungen zu schaffen und Familienpolitik als Querschnittsaufgabe zu sehen, die weit mehr umfasst als die Kinderbetreuung oder die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, also auch auf Bereichen wie Steuer- und Tarifpolitik, Raumordnung, Wohnbau, Mobilität, usw. fußt. Dies kommt unter anderem auch durch die Schaffung eines eigenen Familienressorts zum Ausdruck, welches alle familienpolitischen Maßnahmen in Absprache mit den Sozialpartnern und der neuen Familienagentur umsetzt und gemeinsam mit dieser alle Maßnahmen, die der Südtiroler Landtag oder die Landesregierung auch in anderen Politikbereichen setzen, zuvor auf ihre Familientauglichkeit hin überprüft. Insbesondere ist es unser Ziel, den Elternschutz bei privaten und öffentlichen Arbeitgebern anzunähern, sowie Maßnahmen zu setzen, die der Wahlfreiheit zwischen Kinderbetreuung zu Hause und in verschiedenen Kinderbetreuungsangeboten förderlich sind. Ebenso streben wir eine bessere Lösung für die rentenrechtliche Anerkennung von Erziehungszeiten an und wollen gleichzeitigt arbeitenden Eltern die Garantie zu geben, dass ihre Kinder während ihrer Arbeitszeit bestmöglich betreut werden. Von zentraler Bedeutung bleibt natürlich, dass die ökonomische Basis für Familiengründung sichergestellt wird: also leistbarer Wohnraum, Arbeit und Einkommen. Neben neuen Akzenten in der Wohnbaupolitik (dazu später) und den bereits beschriebenen Maßnahmen im Bereich Arbeit und Wirtschaft wollen wir auch die Kaufkraft – insbesondere jene der Familien stärken – indem wir beim Zuschlag zur Einkommenssteuer IRPEF an die Einführung einer „no tax area“ also eines steuerfreien Bereiches bis 20.000 Euro für alle Einkommensbezieher denken und gleichzeitig die Kinderfreibeträge beibehalten. Dies wird zu einer spürbaren Entlastung insbesondere auch des arg gebeutelten Mittelstandes führen. Ein besonderes Augenmerk wollen wir bei der Gestaltung unserer Politik den Kinder und Jugendlichen schenken und für ihren individuellen Gestaltungsdrang genügend Raum schaffen, damit aus der jugendlichen Zuversicht von heute der gefestigte Erfolg von morgen werden kann. Dabei wollen wir insbesondere das jugendliche Ehrenamt stärken und den Übergang von der Bildungs- in die Arbeitswelt für junge Menschen unter anderem durch Förderung von Praktika oder durch das Modell des Generationenvertrags im öffentlichen Dienst erleichtern. Unsere Entscheidungen wollen wir grundsätzlich auch unter dem Aspekt der Generationengerechtigkeit abwägen, indem die langfristigen Belastungen für die künftigen Generationen möglichst gering gehalten werden. Der demographische Wandel bringt mit sich, dass den Jungen immer mehr ältere Menschen gegenüber stehen. Es geht uns nicht nur darum, die Lebensleistung älterer Menschen anzuerkennen, sondern auch um Wege, ihre große Lebenserfahrung für die Gemeinschaft zu nutzen. Ältere Menschen verdienen nicht nur die Wertschätzung ihrer nach wie vor vorhandenen Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014

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Regierungserklärung

Renten

Leistungsbereitschaft, sondern auch ein Altern in Würde und Selbstbestimmung. Bei den im Entwurf des Regierungsprogramms angeführten Maßnahmen geht es um eine altersgerechte Arbeitswelt ebenso wie um die Anhebung der Mindestrenten Alleinstehender ohne Vermögen und Einkommen oder um altersgerechte Wohn- und Lebensmodelle und die Sicherung der Mittel für die Pflegesicherung. In Südtirol leben derzeit rund 43.000 Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft. Der Ausländeranteil an der Bevölkerung beträgt damit etwa 8,3 Prozent. Die Zuwanderer stammen aus 136 verschiedenen Nationen, größtenteils aus Europa, sind relativ jung und leben vorzugsweise in den Ballungszentren. Es gilt nun, die Grundlagen für eine bestmögliche Integration der neuen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu schaffen. Das ist eine ebenso politische wie gesellschaftliche Aufgabe und zudem eine Aufgabe für jeden Einzelnen von uns. Diese lösen wir nicht, in dem wir Ängste schüren oder Stimmung gegen Ausländer machen, aber genauso wenig in dem wir die Augen vor tatsächlich vorhandenen Problemen verschließen. Für alle Beteiligten gelten Toleranz, Offenheit und das Wahren von Rechten und Pflichten als Richtschnur des Handelns. Der Schlüssel zur Integration liegt in der Sprachkenntnis. Deshalb wollen wir das Angebot an Sprachvermittlung und -förderung, aber auch zur Vermittlung von Wissen über unser Land, dessen Geschichte, Traditionen und Eigenheiten ausbauen und gegenüber Zuwanderern auch die Forderung nach einem Willen zur Integration erheben indem bestimmte Unterstützungsleistungen auch vom Einsatz etwa beim Erlernen der Landessprachen abhängig gemacht werden sollen. Den Integrationsbeauftragten auf Gemeinde- und Bezirksebene wollen wir inhaltlich und methodische Hilfeleistungen für die Integrationsarbeit vor Ort bieten und die gesellschaftliche Partizipation von Einwanderern auch durch Förderung von Engagement in ehrenamtlichen Vereinen unterstützen. Die Rolle der Sprachzentren und Kulturvermittler in Kindergärten und Schulen müssen eine besondere Unterstützung erfahren, um Kindern den raschen Spracherwerb beim Einstieg in unsere Bildungswelt zu ermöglichen. Nachdem die finanzielle Unterstützungen für Käufer und Mieter von Wohnungen nicht zuletzt auch einen Anstieg der Preise und Mieten zur Folge hatten, wollen wir im Bereich des Wohnbaus künftig verstärkt auf die Angebotsseite einwirken, so dass das Angebot an Wohnungen auf dem Miet- und Kaufmarkt steigt und folglich Mieten und Preise sinken. Das erreichen wir unter anderem, indem wir die Kontrollen zur Einhaltung der gesetzlichen Nutzungsbeschränkung (Konventionierung) verstärken; aber auch indem wir steuerliche Maßnahmen setzen - ich denke hier insbesondere an die bereits erwähnte neue Gemeindeimmobiliensteuer – die jene begünstigen, welche Einheimischen Wohnungen zur Verfügung stellen und jene stärker zur Kasse bitten, welche Wohnungen leer stehen lassen bzw. als Freizeit- und Zweitwohnungen nutzen. Wir wollen gleichzeitig weitere Maßnahmen setzen, die die Nutzung, den Ausbau und die Wiedergewinnung von bestehendem Wohnvolumen der Ausweisung neuer Wohnflächen vorziehen und in diesem Zusammenhang auch die Förderungen fortführen, die es bereits derzeit für Sanierung, Wiedergewinnung und energetische Sanierung gibt.

Soziales

Die Aufgabe, die Schwächeren in der Gesellschaft zu stützen, ist ein Wesensmerkmal einer solidarischen Gemeinschaft und die Klammer, die sie zusammenhält. Niemand soll zurückbleiben, niemand darf alleine gelassen werden. Wir werden uns in dieser Legislaturperiode dafür einsetzen, das soziale Netz weiter zu verbessern und den Herausforderungen der Zukunft anzupassen. Wir kommen nicht umhin, die Sozialausgaben auf ihre Effizienz zu überprüfen und – wo nötig und dank neuer Ideen und Instrumente möglich – auch deren Treffsicherheit zu erhöhen. Klar ist, dass die öffentliche Hand diese Aufgabe nicht alleine stemmen kann. Sie muss auf das Solidaritäts- und Verantwortungsbewusstsein der Bürger zählen können. Ziel ist ein Sozialsystem, das nicht ausschließlich auf Transferleistungen aufbaut, sondern die Fähigkeiten des Einzelnen unterstreicht und ihn in diesen unterstützt. Die öffentliche Hand kann weder die Familie ersetzen, noch ist sie alleiniger Träger des Sozialsystems, dessen Leistungen vielmehr auch von Genossenschaften, Vereinigungen, Privaten, Ehrenamt und Stiftungen übernommen werden. Das Subsidiaritätsprinzip soll damit nicht nur bei der Organisation der Dienste gelten, sondern auch für Anregungen zur Weiterentwicklung. Ziel der im Entwurf des Regierungsprogramms im Detail angeführten

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Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014


Regierungserklärung Maßnahmen – auf die ich hiermit verweise – ist eine bedarfsgerechte Mindestsicherung, die eine Befriedigung der Grundbedürfnisse jedes einzelnen Bürgers vor Augen hat und gleichzeitig eine hohe Treffsicherheit aufweist, so dass Missbräuche weitestgehend ausgeschlossen werden können. Damit unser Gesundheitssystem auch den neuen den Herausforderungen der Zeit gewachsen sein kann, muss es angepasst werden. Dem demographischen Wandel, den epidemiologischen Veränderungen, den geänderten Lebensgewohnheiten bei Bewegung und Ernährung, den sozialen Herausforderungen in Bezug auf post-akute Behandlung und Pflege kranker und älterer Menschen sowie dem wissenschaftlichen und technischen Fortschritt muss im klinischen wie im Pflegebereich Rechnung getragen werden. Im Mittelpunkt stehen dabei selbstverständlich der Mensch und dessen Gesundheit (und nicht die Krankheit). Die Gesundheit muss im Netzwerk aus Allgemeinmedizin und Krankenhäusern geschützt und vor allem – im Sinne eines eigenverantwortlichen Verhaltens auch präventiv gefördert werden, wobei der sportlichen Ertüchtigung und der gesunden Ernährung in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zukommt. Die geplanten Maßnahmen reichen von einer neuen Aufgabenverteilung zwischen den einzelnen Partnern im Gesundheitssystem, hinsichtlich einer wohnortnahen, bedarfsgerechten und hochwertigen medizinischen Versorgung durch eine Stärkung der Basismedizin und durch eine effiziente digitale Vernetzung bis zur Optimierung der Verwaltung des Sanitätsbetriebes. Der Entwurf des Regierungsprogramms enthält in diesem Zusammenhang auch ein klares Bekenntnis zum Fortbestand der sieben Krankenhäuser.

Gesundheit

Die Autonomie Südtirols fußt auf unserer kulturellen Identität. Kultur sorgt für Identifikation und Sinnstiftung. Eine Investition in die Kultur kommt somit einer Investition in die Entwicklung der Gesellschaft und zugunsten der Aufwertung des Landes gleich. Auch dank der Tätigkeit zahlloser Vereine und Verbände, die wir weiterhin fördern wollen, hat die Südtiroler Kulturlandschaft in den vergangenen Jahren eine enorme Entwicklung durchgemacht, sodass die kulturelle Identität heute auf einer soliden Basis ruht. Deshalb stimmen die Koalitionspartner in der Einschätzung überein, eine neue Phase der kulturellen Entwicklung einzuläuten, indem wir noch mehr in kreative Köpfe und weniger in Mauern (Infrastruktur) investieren wollen und ein Euregio-Kulturplan erarbeitet wird, um in besonderer Weise den Austausch zwischen den Kulturlandschaften Südtirols, Tirols und des Trentino zu fördern. Wir sind überzeugt, dass wir überregionale, europäische Strahlkraft auch und gerade durch die Weiterentwicklung unserer traditionellen Volkskultur erreichen können. An dieser Stelle – sehr geehrte Damen und Herren – will ich aber auch eine Lanze für das Ehrenamt im Allgemeinen brechen. Ich denke, wir stimmen darin überein, dass ein Merkmal, das Südtirol von anderen Ländern unterscheidet, die kapillare Verteilung von ehrenamtlichen Vereinigungen in den Bereichen Soziales, Religion, Umwelt, Kultur, Sport und Zivilschutz ist: vier Ehrenamtliche auf zehn Einwohner sind der beste Beweis dafür, wie sehr sich die Südtirolerinnen und Südtiroler für die Gemeinschaft einbringen und somit zu gesellschaftlicher Interaktion und zur Erhöhung der allgemeinen Lebensqualität beitragen. Im Entwurf des Regierungsprogramms bekennen wir uns daher ausdrücklich zur Unterstützung und weiteren Aufwertung der ehrenamtlichen Organisationen, auch indem Vereine und Verbände entlastet und bürokratische Verfahren erleichtert und ehrenamtlich Vorsitzende im Hinblick auf ihre zivilrechtliche Verantwortung besser abgesichert werden.

Lebensqualität

Die Südtiroler Natur- und Kulturlandschaft ist ein Erbe, das es zu bewahren gilt. Es ist bisher gelungen, auch das Berggebiet als Lebensraum zu erhalten und dank einer vorsichtigen Entwicklung Wohlstand und Nachhaltigkeit zu sichern. Dem ländlichen Raum soll daher mit gezielten strukturellen Maßnahmen auch weiterhin eine ausgeglichene Entwicklung ermöglicht werden. Dazu zählen Maßnahmen zur Erhaltung der Nahversorgung (angefangen beim Dorfladen) und der Förderung der Wohn-, Arbeits- und Wirtschaftsmöglichkeiten in peripheren Gebieten (insbesondere auch im Tourismussektor) - auch durch einen stetigen Ausbau und eine Verbesserung der Infrastruktur - ebenso wie eine gezielte Unterstützung der Berglandwirtschaft, wobei ein Hauptaugenmerk der Qualität der landwirtschaftlichen Produkte und der Förderung von Zu- und Nebenerwerbsmöglichkeiten gilt. Die Strategie zur Förderung des ländlichen Raums wollen wir ergänzen durch eine gezielte Politik für die Städte, die Ballungsräume und die städtische Peripherie, welche teils völlig anders gelagerte Interessen und Bedürfnisse aufweisen. Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014

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Regierungserklärung Planung

Die Politik zur baulichen Entwicklung des Landes muss den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Dabei gilt es, die topographische Situation Südtirols nicht aus den Augen zu verlieren, die die bebaubare Fläche gering hält und das bewohnte Gebiet auf derzeit sieben Prozent der Landesfläche beschränkt. Es geht demnach um einen Ausgleich zwischen den Interessen der Wirtschaft und jenen von Umwelt und Landschaft. Es ist deshalb notwendig, das Raumordnungsgesetz einer Reform zu unterziehen, die sich Entbürokratisierung, Lesbarkeit sowie Rechtssicherheit und Planbarkeit ebenso als Ziele steckt wie den Schutz von Grund und Boden. Langfristige Planungsinstrumente wie der LEROP sollen wieder aufgewertet werden unter besonderer Berücksichtigung auch des Mobilitätsplans. Die Nutzung von Leerständen im Gewerbe- wie im Wohnbau und den Ausbau, die Sanierung und die Wiedergewinnung (vor allem in den Ortszentren) wollen wir konsequent vor eine Neuausweisung stellen und gleichzeitig dem Ausverkauf der Heimat einen Riegel vorschieben, auch indem entsprechende Maßnahmen der Gemeinden unterstützt und vertragliche Nutzungseinschränkungen gefördert werden. Für die Raumentwicklung ist auch die Anpassung der Verkehrsnetze (Straßen, Bahnstrecken, Radwege) an moderne Erfordernisse nötig. Das Ziel bleiben schnelle, kapillare, effiziente (und umweltfreundliche) Verbindungen, die die Mobilität von Personen und Gütern garantieren. Deshalb gilt es, den mittlerweile langjährigen Einsatz zur Aufwertung des öffentlichen Personennahverkehrs in Südtirol fortzusetzen. Da eine Aufzählung der dafür geplanten Maßnahmen an dieser Stelle zu lang wäre, verweise ich auch diesbezüglich auf den Ihnen vorliegenden Entwurf des Regierungsprogramms.

Autonomie

Das Ziel in Sachen Klimaschutz ist, Südtirol als sogenannte „Green Region“ zu etablieren. Dies wollen wir auf drei verschiedenen Ebenen erreichen: durch Energieeinsparung, Steigerung der Energieeffizienz (aufbauend auf dem Erfolgsmodell des KlimaHauses) sowie Deckung des verbleibenden Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen. In Bezug auf die Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen nimmt insbesondere die Wasserkraft in Südtirol eine besondere Bedeutung ein. Der Ertrag aus der Wasserkraft muss allen Bürgerinnen und Bürgern zugute kommen, beispielsweise indem die Stromtarife an den Grundverbrauch der Familien angepasst werden. Auch die Beteiligung über Gesellschaften bzw. Genossenschaften ist ein Beitrag dazu. Die Bevölkerung muss einen konkreten Vorteil aus der Wasserkraft spüren und die Gemeinden müssen eingebunden werden. Eine Zusammenführung der großen öffentlichen Energieunternehmen ist dafür ebenso notwendig wie die Neuregelung der Vergabe der Stromkonzessionen mittels eines neuen Landesgesetzes, das wir mit Ihnen gemeinsam erarbeiten wollen. Ich habe Ihnen nun eine Reihe von Zielsetzungen und Maßnahmen aufgezählt, mit denen wir die Lebensumstände bzw. die Rahmenbedingungen für unsere Bürgerinnen und Bürger, ebenso wie für Vereine und Organisationen oder für Unternehmen verbessern wollen. Voraussetzung einer effizienten Gesetzgebungs- und Regierungsarbeit zur Erreichung beschriebenen Ziele, ist aber eine weitestgehende Autonomie. Deshalb sind sich die Koalitionspartner darin einig, dass Südtirols Autonomie ausgebaut und gestärkt werden muss. In diesem Sinne (also im Sinne einer Stärkung und eines Ausbaus unserer Autonomie) müssen wir das Autonomiestatut an geänderte gesellschaftlichen, politische und rechtliche (ich denke da an Verfassungsreform 2001 ebenso wie an europäische Entwicklungen) Rahmenbedingungen anpassen. Zu diesem Zweck wollen wir innerhalb von sechs Monaten nach Einsetzung der Landesregierung mit Ihnen gemeinsam ein Landesgesetz zur Einrichtung eines Autonomiekonvents erarbeiten und verabschieden. Dieser Konvent soll sich aus politischen Vertretern und aus solchen der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft zusammensetzen und dem Landtag innerhalb einer klar festgelegten Frist Vorschläge für die Überarbeitung des Autonomiestatuts vorlegen. Mit der Reform sollen im breitestmöglichen Konsens folgende Zielsetzungen verfolgt werden: Einen Ausbau der primären Zuständigkeiten bzw. die Wiederherstellung derselben, wo sie in Folge der Verfassungsreform 2001 - auch durch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - beschnitten wurden. Eine Reform der Beziehungen zwischen dem Land und den anderen institutionellen Ebenen. Das bedeutet auch, die Rolle der Region zu überdenken und die Beziehungen zwischen Land und Gemeinden gemäß dem Subsidiaritätsprinzip neu zu regeln ist: Zuständigkeiten sind demnach nur an die nächst höhere Ebene abzutreten, wenn sie diese besser erfüllen kann als die darunter liegende. Der Neuordnung sollen weiters das Prinizip der Finanzautonomie mit dem Ziel der Stärkung der Eigenfinanzkraft und der gerechten Zuweisungen an die Gemeinden Südtirols zu Grunde gelegt werden. Dabei soll der objektive Finanzbedarf, die Eigenfinanzierungskapazität

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Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014


Regierungserklärung jeder Gemeinde und die Effizienz der betreffenden Verwaltung berücksichtigt werden. Das Land hat dabei jedenfalls die Ausgewogenheit des Systems zu garantieren, und unvermeidliche Verzerrungen bei der Aufteilung ebenso auszugleichen wie Benachteiligungen, die sich aus strukturellen Gründen ergeben. In diesem Sinne sind beispielsweise auch die zusätzlichen finanziellen Lasten der Gemeinde Bozen als Landeshauptstadt besonders zu berücksichtigen. Das überarbeitete Statut soll auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die internationalen Beziehungen sowie jene zur Europäischen Union auf eine neue Basis stellen. Gleichzeitig soll eine Modernisierung und Anpassung des Regierungssystems angestrebt werden, indem die Beziehungen zwischen Landesregierung und Landtag optimiert, die Qualität der Gesetzgebung sowie die Entscheidungsprozesse überdacht und insbesondere auch moderne Formen der demokratischen Beteiligung und der direkten Demokratie vorgesehen werden. Diese müssen natürlich den Besonderheiten eines Landes Rechnung tragen, in dem drei Sprachgruppen zusammenleben. Der Reformvorschlag muss auf eine weitere und stetige Verbesserung des Zusammenlebens der in unserem Land lebenden Menschen unterschiedlicher Kultur, Sprache und Herkunft abzielen, wobei allen Anpassungen weiterhin die Prinzipien des Minderheitenschutzes, des guten Zusammenlebens und des gegenseitigen Verständnisses zugrunde liegen müssen. Insbesondere soll dabei auch eine Regelung gefunden werden, welche die Vertretung der drei Sprachgruppen nach Proporz in der Landesregierung besser gewährleistet als die derzeit geltende und dennoch dem jeweiligen Wahlergebnis Rechnung trägt.

Zusammenarbeit

Minderheitenschutz

Vor den Wahlen ist sehr viel über die mögliche oder vermeintlich mögliche staatspolitische Entwicklung unseres Landes, über Grenzverschiebungen, Freistaat und anderes mehr diskutiert worden. Dabei ist bei vielen Bürgerinnen und Bürgern der missverständliche Eindruck erweckt worden, dass gewisse Entwicklungen jederzeit und allein durch Willensbekundungen in Form von Volksabstimmungen herbeigeführt werden könnten. Dem ist aber nicht so. Südtirol ist in das Rechtssystem der italienischen Verfassung (inklusive Autonomiestatut), der Europäischen Union und in jenes der internationalen Staatengemeinschaft eingebettet und kann unter den gegebenen Voraussetzungen nur in diesem Rahmen agieren. Dabei liegen die großen Entwicklungschancen Südtirols sicher nicht in einer Rückkehr zu nationalstaatlichen Vorstellungen und somit in einer Abkehr von Europa, sondern in einer weitergehenden europäischen Entwicklung. Es ist nachweislich der europäische Einigungsprozess der zu einem Abbau der Grenzen (Stichwort Schengen) und zu einer spürbaren Annäherung im historischen Tirol geführt hat. Gerade deshalb sind die zuletzt stärker gewordenen europaskeptischen Töne auch aus Südtirol besonders bedenklich und überhaupt nicht nachvollziehbar. Europa steht nun aber tatsächlich am Scheideweg: entweder kommt es aufgrund der allgemeinen aktuellen Europaskepsis zu einem Rückfall in nationalstaatliches Denken oder die Europäische Union schafft den Sprung in eine nachnationale Entwicklung hin zu einem Europa der Regionen, in welchem die großen Leitlinien noch mehr in Brüssel vorgegeben werden, die Umsetzung aber zunehmend auf regionaler und weniger auf staatlicher Ebene erfolgt. Das Paradoxe an der derzeitigen Situation ist ja, dass der Europäischen Union Fehlentwicklungen angelastet werden, die eigentlich die Folge einer egoistischen nationalstaatlichen Politik sind. Mit anderen Worten: in Wirklichkeit ist es nachweislich nicht das Europäische Parlament, sondern der Europäische Rat der Mist baut. Es ist jedenfalls unser erklärtes Ziel, uns in dieser Legislaturperiode aktiv in eine europäische Entwicklung hin zu einem Europa der Regionen einzubringen und diesbezüglich eine Vorreiterrolle einzunehmen. Südtirol hat in dieser Hinsicht Startvorteile in Gestalt unserer weitgehenden Autonomie und der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino. Die Euregio muss jetzt für die Menschen spürbar werden, ganz gleich ob als Student an der Uni, als Nutzer öffentlicher Verkehrsbetriebe, als Patient in einem Krankenhaus, als Arbeitssuchende oder als Unternehmer. Eine zentrale Rolle nehmen in diesem Zusammenhang auch die drei Universitäten der Euregio ein. Durch eine noch stärkere Kooperation bei gleichzeitiger Spezialisierung soll der Universitätsstandort Bozen weiterentwickelt werden, damit er auch im internationalen Wettbewerb noch besser bestehen kann. Sollen die politischen Vorgaben effizient umgesetzt werden, ist ein Funktionieren der Organisation Landesverwaltung eine Grundvoraussetzung. Neue Ziele in der Politik ziehen damit unweigerlich nach sich, dass auch die Verwaltungsorganisation angepasst werden muss. Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014

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Regierungserklärung

Landtag

Das bedeutet für mich auch, dass ein bloßes Fortschreiben der Budgetplanung nicht in Frage kommt, stattdessen aber jeder Ausgabenposten im Licht der neuen Ziele und hinsichtlich seiner Effizienz beleuchtet werden muss. Es ist unser Vorschlag, dass dieses Hohe Haus zu diesem Zweck eine technische Arbeitsgruppe einsetzt, wobei die Vertretung der politischen Minderheit ebenso wie jene der Sozialpartner gewährleistet werden soll. Die Arbeit dieser Kommission soll auch von einem entsprechenden ad-hoc-Landtagsausschuss begleitet werden, damit nach Abschluss dieser „spending review“ (also dieser vollständigen Durchleuchtung des Haushaltes) die entsprechenden Vorschläge für die Überarbeitung des Landeshaushaltes und der zwangsläufig folgenden Anpassung der Organisationsstruktur auf einer breiten politischen und gesellschaftlichen Basis stehen und somit auch umsetzbar sind. Die vielen weiteren geplanten Maßnahmen zur Reorganisation der Landesverwaltung mit Zielsetzung einer größtmöglichen Verfahrensvereinfachung, Transparenz und Bürgernähe entnehmen Sie bitte dem Entwurf des Regierungsprogramms. Wir möchten mit Ihrer Zustimmung auch den Gesetzgebungsprozess im Landtag noch weiter öffnen, indem Experten, Verbände und Interessengruppen vermehrt einbezogen werden und auch die Gesetzesinitiative wieder verstärkt in den Landtag verlagern, wobei allen Fraktionen im Landtag die Möglichkeit gegeben werden soll, bereits in die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen einbezogen zu werden, damit eine sachliche Diskussion bereits vor jener im Plenum stattfinden kann. Ich habe festgestellt, dass auf diesbezügliche Einladung unserer geschätzten Landtagspräsidentin von den Fraktionen bereits ähnliche und weitere gute Vorschläge zur Aufwertung des Landtages vorgelegt worden sind. Ich bin mir sicher, dass es uns auf diese Weise gemeinsam gelingen wird, die Arbeitsbedingungen in diesem Hohen Hause wesentlich zu verbessern, was letztlich den Bürgerinnen und Bürgern zu Gute kommen wird. Mir persönlich wäre die Einrichtung von ad-hoc-Arbeitsausschüssen ein konkretes Anliegen, in denen neben dem jeweils zuständigen Landesregierungsmitglied die Präsenz von je zwei Mitgliedern der Mehrheit und der Opposition denkbar wäre. Ich denke in diesem Zusammenhang zunächst (neben dem bereits erwähnten Ausschuss zur spending review) an Ausschüsse zum Thema Familie (Umsetzung des Gesetzes), Integration und Institutionelle Reform. Sehr geehrte Damen und Herren, der vorliegende Entwurf des Regierungsprogramms ist das Ergebnis von Austausch und Partizipation, wobei die Ideen von zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern, Vereinigungen und Verbänden mit eingeflossen sind. Entsprechend verstehen wir dieses Programm auch als Basis für die gemeinsame Arbeit, als eine Werkstatt, die immer offen steht für gute Ideen, unabhängig davon, von welcher Seite sie vorgebracht werden. Unser Ziel ist und bleibt, all das fortzuschreiben und aufzuwerten, was schon jetzt der Gesellschaft nützt, sie fördert und weiterbringt, uns gleichzeitig aber auch auf neue Wege einzulassen, wo dies notwendig ist.

Vertrauen

Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Abgeordnete zum Südtiroler Landtag, erlauben Sie mir zum Abschluss eine persönliche Bemerkung: Ich stehe hier vor Ihnen, ausgestattet mit einem großen Vertrauensvorschuss seitens vieler Bürgerinnen und Bürger, aber auch im Bewusstsein einer übergroßen Erwartungshaltung und der großen Verantwortung, die mit dem von mir angestrebten Amt verbunden sind. Es ist eine Bürde, die ich alleine gewiss nicht tragen könnte, weil die Kraft und die Fähigkeiten eines Einzelnen dafür nie reichen würden. Ich bin dennoch zuversichtlich, dass die anstehenden Aufgaben und Herausforderungen bewältigt werden können, weil ich auf die konstruktive Mithilfe aller politischen Verantwortungsträger und -trägerinnen in diesem Hohen Haus hoffe und zähle. Nein, ich bin mir sogar sicher, dass es uns (und damit meine ich die Vertreterinnen und Vertreter der politische Mehrheit ebenso wie jene der politischen Minderheit) nur gemeinsam gelingen wird, Südtirol verantwortungsvoll und zum Wohle seiner Bürgerinnen und Bürger in die Zukunft zu führen. Dr. Arno Kompatscher

Bozen, den 9. Jänner 2014

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Thomas Ohnewein

Politik

Landeshauptmann a. D.

Er sei, so hat er gescherzt, eigentlich immer schon Landeshauptmann a. D. gewesen: Landeshauptmann Alois Durnwalder. Seit 9. Jänner 2014 steht das „a. D.“ nun aber auch bei Luis Durnwalder nicht mehr für die Initialen, sondern für „außer Dienst“.

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Jahre im Landtag, 35 Jahre in der Landesregierung, 25 Jahre Landeshauptmann: Die Karriere von Luis Durnwalder kennt in Südtirol eigentlich nur einen Vergleich: jenen mit seinem Vorgänger Silvius Magnago, den er 1989 auf dem Landeshauptmannsessel im Palais Widmann beerbt hatte. Eine ganze Generation ist mit Luis Durnwalder als Landeshauptmann aufgewachsen. Entsprechend groß ist auch der Unterschied zwischen dem Südtirol, das Durnwalder 1989 als Landeshauptmann „übernommen“ hat, und jenem, das er Anfang des Jahres seinem Nachfolger Arno

Kompatscher übergeben hat. „Noch kurz nach meinem Amtsantritt sind in Bozen Bomben explodiert“, so Durnwalder, für den die Aussöhnung zwischen den Sprachgruppen und ein friedliches Zusammenleben zu einem seiner vier großen politischen Ziele geworden ist. Ein Ziel, das als erreicht gilt: „Heute herrscht in unserem Land Frieden zwischen den Sprachgruppen, der Übergang von einem Gegeneinander über ein Nebeneinander zu einem Miteinander ist geschafft“, so der Alt-Landeshauptmann. Zweites großes Ziel war die Sicherung und der Ausbau der Autonomie und auch hier kann Durnwalder einiges auf der Haben-Seite verbuchen: die Übernahme neuer Kompetenzen (etwa der Lehrkräfte, des Straßennetzes oder der Wasserkraft), eine neue Finanzierung der Autonomie (mit dem Mailänder Abkommen), die Delegierung von Kompetenzen der Region an die Länder oder auch die symbolisch wichtige erste Erwähnung des Namens „Südtirol“ in der italienischen Verfassung 2001. Ziel Nummer drei war darüber hinaus die Schaffung der Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung des einstigen Armen-

hauses Europas zu einem Vorzeigeland in Sachen Pro-Kopf-Einkommen, Lebensstandard, Wohlstand und Beschäftigung. „Hier galt es, zuerst die Infrastrukturlücke zu schließen, die seit den 60ern in unserem Land geklafft hat“, so Durnwalder: der Bau von Schulen, Krankenhäusern, Umfahrungsstraßen, Strom-, Telefon- und Datenleitungen, Kulturbauten, Museen etc. brachte dem Alt-Landeshauptmann den Ruf eines Betonierers ein, letztendlich wurde aber eine moderne Infrastruktur für ein modernes Land geschaffen. Das vierte Ziel war schließlich die Öffnung Südtirols, vorneweg der Ausbau der Zusammenarbeit mit den Nachbarn: „Dass wir heute über eine Europaregion TirolSüdtirol-Trentino verfügen, ist ein wichtiger Standortvorteil und ein Stück historische Gerechtigkeit“, so Durnwalder, der das Land zudem zur Pilgerstätte unzähliger Minderheiten-Delegationen aus aller Welt gemacht hat. „Dass sie sich unser Land und unser Autonomiemodell zum Vorbild nehmen, ist eigentlich das schönste Kompliment“, so der Landeshauptmann, der seit 9. Jänner 2014 den Zusatz „Alt-“ im Titel führt.  chr Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014

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Politik

Der Begeisterte Modernisiert, effizienter gestaltet, entbürokratisiert und den neuen Anforderungen angepasst: Die Mobilitäts- und Wirtschaftspolitik des letzten Jahrzehnts sind in Südtirol untrennbar mit dem Namen Thomas Widmann verknüpft.

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idmann kann sich und andere für Projekte begeistern und mit dieser Fähigkeit viel bewegen – in den letzten Jahren im wahrsten Sinne des Wortes. Widmann war von 2003 bis 2014 für die Mobilitätspolitik im Lande verantwortlich, unter seiner Führung sind die Vinsch­ger Bahn in Betrieb genom-

men, die Pusterer Bahn modernisiert, die Rittner Seilbahn generalüberholt und das gesamte Gefüge des öffentlichen Nahverkehrs umgekrempelt worden. Auch die Zahlen zeigen, was sich in der Mobilität getan hat: 42 Bahnhöfe saniert, die Zugkilometer von 2,8 auf 5,99 Millionen erhöht, die Buskilometer von 22,1 auf 31 Millionen und 283.000 Südtiroler mit einem Abo ausgestattet. „Dank Südtiroltakt und Südtirol-Pass spielen wir heute in der ersten Liga“, so Widmann. Neben der Mobilitäts- war er zehn Jahre lang auch für große Teile der Wirtschaftspolitik verantwortlich. „Als übergeordnetes Ziel haben wir die Entwicklung Südtirols zur Green Region verfolgt“, so der ExLandesrat, der dafür auf gezieltes Standortmarketing (etwa in Form der BLS) gesetzt hat. Zudem galt ein Hauptaugenmerk der Ankur-

belung des Exports und der Gewerbegebiets-Reform. Dank Widmanns Neuregelung nimmt die Zuweisung von Gewerbebauland nicht mehr bis zu sieben Jahre in Anspruch, sondern kann in sechs Monaten über die Bühne gehen.  chr

lichen Fronten für die Vereinheitlichung kämpfen. „Wenn so einschneidende Reformen angegangen werden, dann wirkt sich das auf die ganze Gesellschaft aus. Deshalb bin ich sehr zufrieden, dass die Änderungen nach dem anfänglichen Aufschrei mehrheitlich gut angenommen werden“, so Kasslatter Mur. Der Schulkalender ist nur ein Beispiel für eine ganze Reihe „einschneidender Reformen“, die Kasslatter Mur in ihren 15 Jahren

als Landesrätin umgesetzt hat. Im Bildungsbereich stechen Oberstufenreform, Englisch in der Grundstufe, Berufsmatura und Lehrlingsgesetz und der neue Schulkalender heraus, in der Kultur sind es die Errichtung des Zentrums für Regionalgeschichte und der Ausbau der Museumslandschaft mit der Eröffnung des Museions als Höhepunkt. Das Museion steht mit dem Skandal um den ans Kreuz genagelten Kippenberger-Frosch auch für den Tiefpunkt der Politikkarriere Kasslatter Murs. „Vom Tag der Eröffnung im Frühjahr 2008 bis zur Wahl Ende Oktober war ich tagtäglich damit konfrontiert. Ich konnte der Öffentlichkeit nicht vermitteln, weshalb der Frosch hängen bleiben musste“, so Kasslatter Mur. Kasslatter Murs Bildungs- und Kulturpolitik stand für eine Öffnung nach außen und für eine Weiterentwicklung von Traditionen – trotz oder gerade wegen der öffentlichen Erregung um den KippenbergerFrosch.  ohn

Die Reformerin Oberstufenreform, neuer Schulkalender, neues Lehrlingsgesetz, Zentrum für Regionalgeschichte, Berufsmatura oder neues Museion: Landesrätin Sabina Kasslatter Mur hat in den vergangenen 15 Jahren die Südtiroler Bildungsund Kulturlandschaft neu modelliert.

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n ihrem allerletzten Arbeitstag lagen Landesrätin Kasslatter Mur die Ergebnisse einer Umfrage zur Fünftagewoche und zum neuen Ferienkalender vor. Erfreuliches Ergebnis: 73 Prozent der Befragten befürworten die Neuerungen. Vor über einem Jahr, bei der Einführung des Schulkalenders, sah die Stimmungslage ganz anders aus und Kasslatter Mur musste an et-

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Politik

Der Innovator Die Innovation war einer jener Bereiche, die Roberto Bizzo als Landesrat zu verwalten hatte. Wohl auch deshalb ging sein Blick nach vorn: mit Technologiepark und Innovation-Festival, Generationenvertrag und Steuerreformen.

sichtbare Zeichen hinterlassen hat: Wifi-Netze in Bozen etwa, oder ein Abkommen mit Enel Green Power zur Einrichtung eines Forschungs-

zentrums im Technologiepark. Womit wir auch bereits beim zweiten Hauptthema Bizzos wären, dem Technologiepark, der in Bozen Süd entstehen wird: eine InnovationsStadt, die 3800 Arbeitsplätze und 160 Unternehmen beherbergen wird. Zudem war Bizzo für die Landesfinanzen zuständig, in Zeiten von Kürzungen und Spardekreten ein hartes Stück Brot. Vor allem dann, wenn man als Ziel Steuererleichterungen vor Augen hat, wie diese mit der Abschaffung des IRPEF-Zuschlags für niedrige Einkommen oder dem fünfjährigen IRAP-Verzicht bei Neugründungen erreicht worden ist. Den innovativen Weg ist der ehemalige Landesrat auch im Bereich Arbeit gegangen: mit einem Generatio­ nenvertrag im öffentlichen Dienst, der Altersteilzeit mit der Schaffung von neuen Perspektiven für Einsteiger verknüpft.  chr

zugedacht und eine schlankere Verwaltung vorgesehen“, so der Ex-Landesrat. Zudem galt als oberstes Ziel jenes, unverbaute Flächen zu schützen und stattdessen bereits verbaute besser zu nutzen. „Dafür haben wir den Hebel auch bei der Förderung der Sanierung bestehender Bausubstanz angesetzt“, so Pichler Rolle. Zweite große Aufgabe für den Landesrat war der Landschaftsschutz. „Mir ging es immer darum, eine neue Plattform zu schaffen, auf der sich alle Beteiligten austauschen können, und zwar auch die Landschaftsschutzverbände, die sich bisher vielleicht ausgeschlossen gefühlt haben“, so Pichler Rolle. Ein Anliegen war dem ExLandesrat auch die Aufwertung des Unesco-Weltnaturerbes Dolomiten, dem er als Vorsitzender der Unesco-Stiftung vorstand: Hier ging es vorwiegend um die Anpassung der Besucherzentren, eine

Verbesserung der Information und nicht zuletzt um die Einbindung von Lang- und Plattkofel ins Unesco-Welterbegebiet.  chr

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m Februar 2010 hat Bizzo sein Amt in der Landesregierung übernommen, wobei die Innovation zu seinem Hauptaugenmerk wurde. Bizzos Ziel war die Schaffung einer „Kultur der Innovation“, die im Innovation-Festival ihren Ausdruck finden sollte. Nach zwei Ausgaben, 120 Events, 240 Rednern, vor allem aber 40.000 Besuchern kann man das Festival wohl als Erfolg verbuchen, der auch

Der Schnelle Elf Monate war Elmar Pichler Rolle Landesrat. Zeit genug für ihn, eine Reform der Raumordnung zu erarbeiten, die als kleine gestartet ist, letztendlich aber eine große wurde. Zudem war Pichler Rolle auch Präsident der Stiftung Dolomiten-Weltnaturerbe.

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aumentwicklung, Landschaftsschutz, Grundbuch und Kataster: Als Späteinsteiger nach der Wahl von Hans Berger ins römische Parlament hat Pichler Rolle heikle Bereiche zur Verwaltung übernommen und sich auch gleich an die Reform des Raumordnungsgesetzes gewagt. „Wir haben die Raumordnung vereinfacht, den Gemeinden mehr Verantwortung

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Kurz notiert

Einheitliche Tarife

Seniorenwohnheime: Neue Regeln

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eit Anfang 2014 gelten neue Tarife für die Kleinkinderbetreuung. Zum ersten Mal gibt es nun einheitliche Mindest- und Höchsttarife für Kinderhorte, Kindertagesstätten und Tagesmütterdienste im ganzen Land. Um die Veränderungen im Tarifgefüge zu veranschaulichen und zu zeigen, wie sich die Anpassungen auf verschiedene Familiensituationen auswirken, hat die Landesabteilung Sozialwesen eine ganze Reihe von Tabellen und Rechenbeispielen veröffentlicht. Zu finden sind diese auf der Homepage www.provinz. bz.it/sozialwesen im Südtiroler Bürgernetz unter der Rubrik „Aktuelles“. Neben der Übersicht über die ab 2014 geltenden Höchst- und Mindesttarife liefert auch der Vergleich mit den bisher geltenden Tarifen nützliche Informationen.

b 2014 gilt für die Südtiroler Seniorenwohnheime ein neues Finanzierungssystem, das sich auch auf die Bezahlungsmodalitäten des Tagessatzes durch die Bewohner und Angehörigen auswirkt. Einheitlich geregelt wird nunmehr auch die Erstellung der Rangordnungen für die Aufnahme in die Altersheime: Die neuen Richtlinien treten lan-

desweit im März 2014 in Kraft. Wie die Neuerungen im Detail aussehen und was sich für Heimgäste und Angehörige ändert, kann in einem Infoblatt auf der Webseite der Landesabteilung Familie und Sozialwesen unter www.provinz.bz.it/sozialwesen (Sektion „Aktuelles“ Punkt „Alters- und Pflegeheime“) nachgelesen werden.

Betreuer für den Sommer Gesucht

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uch heuer vergibt das Land Förderpreise für wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit dem Thema Chancengleichheit auseinandersetzen. Bis zum 28. Februar 2014 können Diplomarbeiten, Dissertationen, Forschungsarbeiten und Abschlussarbeiten bezüglich der Situation der Frau in der Gesellschaft oder der Chancengleichheit zwischen Frau und Mann im Frauenbüro des Landes, Dantestraße 11, in Bozen, eingereicht werden. Allgemeine Informationen, Kriterien, Wettbewerbsausschreibung und Antragsformular gibt es im Web unter www.provinz.bz.it/chancengleichheit.

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as Landesamt für Naturparke sucht 20 Frauen und Männer, die im Sommer in den sieben Südtiroler Naturparks den saisonalen Naturschutzdienst versehen. Hauptaufgabe ist es, die Parkbesucher auf die Ziele des Schutzgebietes aufmerksam zu machen und zu mehr Verständnis für Natur und Umwelt anzuregen. Die Betreuerinnen und Betreuer informieren in den Monaten Juli, August und September vor allem an den Hauptzugängen der Naturparks über die naturkundliche Ausstattung und die Besonderheiten des Parks und darüber, was erlaubt ist und was nicht. Melden können sich alle naturinteressierten Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Die Bewerbungen müssen innerhalb 4. März, 12.00 Uhr, beim Landesamt für Naturparke, Ritt-

ner Straße 4, in Bozen eingereicht werden. Informationen und Gesuchsvorlagen sind von der Homepage der Landesabteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung www.provinz.bz.it/natur-raum/ themen/saisonaler-natur parkdienst.asp abrufbar.


Landwirtschaft

Forschen für Qualitätsprodukte 352 Forschungsprojekte aus allen Bereichen der Landwirtschaft umfasst das Programm des Versuchszentrums Laimburg. Neben der angewandten Forschung in der Landwirtschaft baut das Versuchszentrum seine Kompetenzen im Bereich Lebensmittel aus. Angelika Schrott

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ie Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Südtiroler Landwirtschaft zu steigern, gelten als die Ziele der angewandten Forschung im Versuchszentrum Laimburg. Insgesamt 180 Mitarbeiter arbeiten jährlich an den Forschungs- und Versuchsprojekten aus allen Bereichen der Südtiroler Landwirtschaft, von Obst- und Weinbau bis hin zur Berglandwirtschaft. Für 2014 stehen 352 Forschungsprojekte und Aktivitäten auf dem Programm. 46 Projekte davon sind neu. Darunter sind neun neue Drittmittelprojekte, in denen komplexe Themen fachübergreifend bearbeitet werden. 2013 hat die Laimburg laut Direktor Michael Oberhuber 2,3 Millionen Euro an Drittmitteln für Forschungsprojekte eingeworben. Groß sei das Interesse der Wirt-

schaft, an den Forschungsergebnissen der Laimburg, so Oberhuber.

Fokus Lebensmittel Zusätzlich zu den bisherigen Schwerpunkten der Laimburg, nämlich der angewandten Forschung in der Landwirtschaft, baut das Versuchszentrum 2014 seine Kompetenzen und Forschungen im Bereich Lebensmittel aus. „Gemeinsam mit der Freien Universität Bozen wird das Versuchszentrum Laimburg in den kommenden Jahren den Bereich Lebensmittelwissenschaften des Technologieparks aufbauen“, kündigt Oberhuber an. Dort sollen neben der Forschung auch Dienstleistungsangebote und Unterstützung für Unternehmen des heimischen Lebensmittelsektors entwickelt und angeboten werden.

Lokale Rebsorten

Apfeltriebsucht

Für die fünf Südtiroler Lokalsorten Fraueler, Versoalen, Weissterlaner, Blatterle und Furner wird ein Dossier erarbeitet, um die Sorten in den nationalen Rebsortenkatalog eintragen zu lassen. Dabei werden die Methoden zur Bestimmung der Rebsorten durch molekularbiologische Analysen ergänzt, die eine genetische Identifizierung der Sorten ermöglichen.

Die Erforschung der Apfeltriebsucht („Besenwuchs“) erfolgt in zwei Schwerpunktprojekten. Beim Projekt APPL2.0 werden die Interaktion zwischen Erreger und Apfelbaum, die Populationen der Überträgerinsekten und die krankheitsauslösenden Faktoren erforscht. Das Projekt APPLClust untersucht die geographische Häufung des Befalls.

3,2 Millionen Euro sind für den Aufbau von Labors und die Anstellung von Forschern im Bereich Lebensmittelwissenschaften vorgesehen. Auch 2014 wird die Forschung an der Laimburg auf den inzwischen traditionellen vier Säulen „Qualität der Produkte“, „Artenvielfalt“, „Berglandwirtschaft“ und „Pflanzengesundheit“ fußen. Um landwirtschaftliche Produkte hoher Qualität zu erzeugen, braucht es umfassendes Know-how vom Anbau bis zur Lagerung und Verarbeitung – darum geht es im Bereich „Qualität der Produkte“. Aufgrund der Forschungsergebnisse sollen Erzeugnisse mit wertvollen Inhaltsstoffen hergestellt und bestimme Standards gewährt werden. Was die „Artenvielfalt“ anbelangt, wird nach perfekt angepassten Sorten gesucht, die maximalen Ertrag gewährleisten. In punkto „Berglandwirtschaft“ steht die Produktion einer besonderen Berg-Qualität und die Nutzung unterschiedlicher Vegetationsperio­ den in höheren Langen zum Abdecken von Marktnischen im Mittelpunkt. So werden die Höhenlagen nicht nur als Herausforderung, sondern vielmehr als Chance genutzt. Im Bereich „Pflanzengesundheit“ stellt die Welle an Infektionen mit Besenwuchs (Apfeltriebsucht) eine große Herausforderung für Landwirte und Forscher dar.  Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014

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Umwelt

Ein Fluss, viele Interessen, ein Projekt

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und um Flüsse und deren Einzugsgebiet gibt es verschiedene Nutzungsansprüche und Ziele: die Biodiversität soll erhalten bleiben, der Tourismus ist zu stärken, der Hochwasserschutz muss verbessert werden, die Energienutzung soll verstärkt werden usw. Deshalb ist das Management eines Flussraumes immer auch gleichzeitig das Management verschiedener Interessen. In diesen Kontext reiht sich das Projekt „SEE River“: Sechs Flussräume in insgesamt zehn südosteuropäischen Ländern werden unter Einbeziehung der unterschiedlichen Interessen nachhaltig weiterentwickelt. Italien ist mit der Drau in Südtirol vertreten. Projektpartner ist die Landesabteilung Wasserschutzbauten. Projektkoordinator Willigis Gallmetzer sieht den Interessenausgleich als wichtigen Faktor im Projekt: „Erfolgreiches Flussraummanagement muss partizipativ erfolgen.“ Mit Informationsveranstaltungen, Workshops und Exkursionen wird Partizipation bei SEE River dauerhaft gelebt. Bereits 2009 startete die Abteilung das Projekt ProDrau. Dabei wurde ein Einzugsgebietsplan für die Drau und ein Leitbild mit zukünftigen Entwicklungszielen für das Einzugsgebiet der Drau erarbeitet. Mit „SEE River“ wird das Flussraummanagement nun optimiert

Für das Gebiet zwischen Innichen und Vierschach sind Hochwasserschutz­ maßnahmen angedacht. und die Planung, Projektierung und Realisierung von Schutzbauten verbessert. Derzeit wird an einer Visualisierung des Leitbildes gearbeitet. „Damit wollen wir erreichen, dass die häufig eher abstrakten Inhalte greifbarer werden und bei allen Beteiligten einheitliche Vorstellungen zu den verschiedenen Maßnahmen entstehen“, erklärt Gallmetzer. Darüber hinaus ermöglicht SEE River internationale Kooperation. „Die Drau endet nicht an der ita-

lienisch-österreichischen Grenze – deswegen ist es wichtig mit allen Drau-Staaten effektiv zusammenzuarbeiten.“ sagt Gallmetzer. Erste konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Hochwassersituation für Sexten und Innichen sind bereits angedacht. „Wir planen unter anderem Hochwasserund Geschieberückhaltebecken am Sextnerbach und am Fischleintalbach. Darüber hinaus ist ein Hochwasser­entlastungsstollen zur Ableitung des Sextnerbaches oberhalb von Innichen angedacht. Bei Hochwasser wird das Wasser über den Stollen abgeleitet und gelangt unterhalb von Innichen in ein Entlastungsbecken“, erklärt Sandro Gius, Direktor des Amtes für Wildbach- und Lawinenverbauung Zone Ost. In Vierschach sind Erddämme für den Gebäudeschutz sowie eine geringe Erweiterung der Drau in Planung. Alle diese Maßnahmen dienen laut Gius dem Schutz der Bürger und werden daher auch unter Einbindung der Bevölkerung verfeinert.“ Aber auch ökologische und landschaftliche Maßnahmen werden ausgearbeitet. So ist beispielsweise die Wiederansiedlung des Süßwasserfisches „Mühlkoppe“ in der Drau in Südtirol für Frühjahr 2014 geplant. Zudem soll ein Ideenwettbewerb für Naherholungsmaßnahmen rund um die Drau starten.  san

Flussraumgestaltung in Brixen: Ideen gesucht

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er Flussraum in Brixen soll neu gestaltet werden. Dabei gilt es, nicht nur den Schutz des Siedlungsraumes vor Hochwasserereignissen zu gewährleisten, sondern auch ein Naherholungsgebiet an Eisack und Rienz zu schaffen und den ökologischen Gewässerzustand wieder herzustellen. „Um diese Aufgabenstellungen bestmöglich zu lösen, wurde ein internationaler Ideenwettbewerb ausgeschrieben und im Südtiroler Ausschreibungsportal www.ausschreibungen-suedtirol.

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it veröffentlicht“, berichtet Rudolf Pollinger, Leiter der Abteilung Wasserschutzbauten. Am Wettbewerb können befugte Freiberufler teilnehmen. Voraussetzung ist die Teilnahme als interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit den Kompetenzbereichen Wasserbau, Städteplanung, Landschaftsgestaltung und Ökologie. Das Preisgericht verfügt insgesamt über einen Betrag von 56.500 Euro, davon sind 20.000 Euro für den ersten, 14.000 Euro für den zweiten und 8.500 Euro für den dritten Preis

bestimmt. Interessierte haben bis zum 15. April Zeit, ihre Planungsvorschläge einzureichen.


Umwelt

Blockschlag, Mure, Felssturz 210 Mal war im Jahr 2013 der Einsatz der Landesgeologen gefordert, das ist mehr als in den Jahren davor. Maja Clara

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Einsätze“, erklärt Landesgeologe Volkmar Mair, „wurden für Gemeinden über den Zivilschutz durchgeführt, also auf Gemeindestraßen, Hofzufahrten und bei Infrastrukturen, 86 Einsätze waren es auf den Landes- und Staatsstraßen. Auch dieses Verhältnis ist etwas Besonderes, weil in den vorhergehenden Jahren mehr Einsätze auf Landes- und Staatsstraßen erfolgten. Das zeigt, dass sich die ausgedehnten Sicherungsmaßnahmen, die entlang dieser Straßen getroffen wurden, bewährt haben.“ Aber: Die Natur ist im ständigen Wandel. Wie die kurze Aufeinanderfolge von Felsstürzen im neuen Jahr bei Laatsch, auf die Grödner Staatsstraße und in Tramin zeigen, kommt die Geologie der Berge nie zum Stillstand. Vielmehr unterliegt sie einem ständigen Auf und Ab.

Haarscharf daneben: Blockschlag in der Bozner Defreggerstraße am 24. Oktober. Einsätze 2008 - 2013 300

250

200

150

100

50

0

2008

Einsätze gesamt

2009

2010

26.3 Zivilschutz

2011

2012

2013

12.0 Straßendienst

Überblick über die großen Ereignisse im Jahr 2013  Felssturz südlich von Salurn am 1. März: Straßensperre für einige Tage und Erhöhung des bestehenden Schutzdammes; die Projektierung der Verlegung der Staatsstraße 12 ist im Gange.  Steinschlag längs der Eggentaler Staatsstraße in der Zone Gföller am 3. April, Straßensperre für etwa zehn Tage.  Rutschung am Grödner Joch (Dantercepies) am 2. Mai.  Mure auf die Pustertaler Bahntrasse im Bereich zwischen Oberwielenbach und Litschbach in der Gemeinde RasenAntholz am 11. Mai.  Blockschlag in Schlanders am 18. Mai.  Blockschlag auf die Staatsstra-

ße 508 im Pfitschertal: Ein neun Kubikmeter großer Block zerstört am 4. Juni einen am Straßenrand geparkten Kleinlaster der Wildbachverbauung.  Rutschung im Bereich des Aichner-Wöhrer-Hofes in Schalders in der Gemeinde Vahrn am 24. Juni.  Am 11. September fällt um 1 Uhr nachts ein zwei Kubikmeter großer Block auf der Landesstraße nach Afing auf ein durchfahrendes Auto.  Blockschlag auf die Staatsstraße 12 unmittelbar nördlich der Tunneleinfahrt des Virgls am 30. September.  Blockschlag auf die Landesstraße 165 im Bereich der Gewerbezone Winkelau in Burgstall am

15. Oktober, Straßensperre für mehrere Tage, Errichtung eines Schutzdammes.  Blockschlag in der Defreggerstraße in Bozen am 24. Oktober: An die 150 Kubikmeter Felsmaterial brechen aus der Felswand, mehrere Blöcke gelangen bis zur Wohnsiedlung, weshalb eine Evakuierung erfolgen muss.  Am 30. Oktober trifft ein Blockschlag mit einem Gesamtvolumen von 200 Kubikmetern auf die Landesstraße 99 BozenJenesien, ein Block zerstört mehrere Steinschlagbarrieren, donnert auf die Straße und fällt weiter in den darunter liegenden Bach; Straßensperre für mehrere Tage.

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Kurz notiert

Aspiags Arbeitsintegration

Forschende ausgezeichnet

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Manuela Girelli und Helmuth Sinn schäftigt, diesen Betreuungspersonen zur Seite stellt und regelmäßige Gespräche anbietet, für den Abbau architektonischer Barrieren sorgt und die Arbeitsplätze behindertengerecht gestaltet, war ausschlaggebend für die Preisvergabe. Die Auszeichnung - ein Diplom und einen Geldpreis - nahm Manuela Girelli vom Aspiag-Personalvorstand gemeinsam mit einer Reihe von Aspiag-Mitarbeitern mit Behinderung entgegen.

Bildungswelt Kindergarten

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m die vielfältigen Bildungsangebote im Kindergarten geht es bei einer Tagung, zu der der Bereich Innovation und Beratung am Deutschen Landesbildungsressort am Samstag, 15. Februar 2014, mit Beginn um 9 Uhr an die Wirtschaftsfachoberschule „Heinrich Kunter“ in Bozen einlädt. Neben Kindergartenverantwortlichen und pädagogi-

schen Fachkräften sind auch Eltern und alle Interessierten eingeladen, den Spuren zu folgen, die Kinder in ihrem Lernen und Leben hinterlassen. Die Verhaltensbiologin Gabriele Haug-Schnabel wird das Hauptreferat halten. Parallel wird die Ausstellung „Den Spuren der Kinder folgen“ mit Beiträgen aus Kindergärten aller Sprengel gezeigt.

er erste, mit 30.000 Euro dotierte Südtiroler Forschungspreis ging Anfang Dezember 2013 an Barbara Beikircher aus Bruneck. Die 36-jährige Biologin forscht und lehrt am Institut für Botanik der Universität Innsbruck, wo sie zuvor auch ihr Biologiestudium (Studienzweig Botanik mit Wahlfach Mikrobiologie) abgeschlossen hat. Mit dem Preis will sie in erster Linie ihr Projektvorhaben „Verminderte Trockenheitsresistenz bei Apfelbäumen: Verursacht durch Fehlbildungen im Holz?“ umsetzen. Der Südtiroler Wissenschaftspreis 2013 geht hingegen an Diego Calvanese. Der aus einer zweisprachigen Familie stammende und in Innsbruck geborene 47-jährige Informatiker hat sein Studium inklusive Forschungsdoktorat an der römischen Universität „La Sapienza“ absolviert und lehrt an der Fakultät für Informatik der Freien Universität Bozen.  jw Arno Pertl

Arno Perl

m Welttag der Menschen mit Behinderung im vergangenen Dezember hat das Land Südtirol den Arbeitsintegrationspreis zum achten Mal vergeben. Ausgezeichnet wurde damit das im Handel und Vertrieb von Lebensmitteln tätige Unternehmen Aspiag Service GmbH. Aspiag beschäftigt in Südtirol 1400 Personen, darunter 64 mit einer Behinderung. Für diese hat das Unternehmen ein eigenes Aufnahmeprogramm erarbeitet. Dieses sieht vor, dass nach den Einstellungen von 2012 (vier Personen) und 2013 (zehn Personen) bis zum Jahr 2015 noch weitere neun Personen mit Behinderung bei Aspiag eine Stelle finden sollen. Darüber hinaus sind regelmäßig auch etwa zehn Personen über ein so genanntes Anvertrauungsabkommen im Unternehmen beschäftigt. Die Tatsache, dass Aspiag Menschen mit unterschiedlichen Formen von Behinderung be-

Ex-LR Kasslatter, Beikircher, Calvanese

Büchertisch Ansitz und Freihaus Ansitze sind ein prägendes Element der Südtiroler Kulturlandschaft. Allerdings sind sie viel weniger erforscht als die Burgen. Zudem ist ihr Bestand nicht vollständig erfasst. Ein Grund dafür liegt in der nicht klaren Definition von

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Ansitz: So decken sich die Vorstellungen der Kunstwissenschaft und der Landesgeschichte diesbezüglich nur teilweise. Antworten auf die Frage, was ein Ansitz ist, gibt nun aus kunstwissenschaftlicher ebenso wie aus landeshistorischer Sicht der neu erschienene Band „Ansitz - Freihaus - corte franca“. Es handelt sich dabei um die Akten der gleichnamigen Brixner Tagung vom September 2011, bei der die rechts-, verfassungs- und sozialhis-

torische sowie bau- und kunstgeschichtliche Facetten speziell der (Süd-)Tiroler Ansitze herausgearbeitet wurden. „Ansitz - Freihaus - corte franca. Bauliche und rechtsgeschichtliche Aspekte adligen Wohnens in der Vormoderne“, Band 36 der „Veröf­ fentlichungen des Südtiroler Landes­ archivs“, herausgegeben von Gustav Pfeifer und Kurt Andermann, Univer­ sitätsverlag Wagner Innsbruck, 526 Seiten, im Buchhandel erhältlich.


Schule

CLIL an der Oberschule

Johanna Wörndle

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ährend CLIL-Projekte schon an allen Schulstufen möglich sind und laufen, starten im laufenden Schuljahr an verschiedenen vierten Oberschulklassen zweijährige CLIL-Pilotversuche. Für die Schülerinnen und Schüler der Fachoberschule Mals ist beispielsweise ein Semester Rechtskunde in Italienisch angesagt, an der Meraner Wirtschaftsfachoberschule „Franz Kafka“ wird Betriebswirtschaftslehre auf Italienisch gelernt und gelehrt. An den Sprachengymnasien sind es gar zwei Fächer, die über ein Semester in Italienisch beziehungsweise in Englisch oder einer anderen Fremdsprache unterrichtet werden: beispielsweise Physik in Italienisch und Mathematik in Englisch am Sprachengymnasium in Meran oder Kunstgeschichte auf Italienisch und Biologie auf Englisch am Sprachengymnasium in Bozen. Im Unterschied zu den einzelnen abgegrenzten CLILSprachprojekten, welche die einzelnen Schulen im Rahmen der Schulautonomie durchführen, erfolgt bei diesem CLIL-Pilotversuch die Bewertung nicht in der Muttersprache sondern in der Unterrichtssprache.

Mehr Sprachkompetenz „Dieser Versuch soll dazu dienen, das Sprachenlernen an unseren Schulen zu verbessern. Die Bedeutung fachlicher Fremdsprachkompetenz nimmt zu, Eltern und Schüler fordern ein solches Lernen immer stärker ein, das auch die muttersprachliche Kompetenz verbessern kann“, sagt die ehema-

lige Bildungslandesrätin Sabina Kasslatter Mur. Sie war es, die im Sommer 2013 in der Landesregierung einen Beschluss zum CLILSprachenlernen eingebracht hatte. Dieser bildet nun die rechtliche Grundlage für den Pilotversuch. Ex-Landesrätin Kasslatter Mur verweist darauf, dass in jedem Fall der Artikel 19 des Autonomiestatuts gewahrt werde und „die Pflege und Weiterentwicklung der Muttersprache absolute Priorität“ habe. „Alle Begriffe, die ein Jugendlicher in einer Fremdsprache lernt, muss er auch auf Deutsch beherrschen“, so Kasslatter Mur.

Geschultes Lehrpersonal Wesentlich für den Erfolg ist ein entsprechend vorbereitetes und motiviertes Lehrpersonal. Das Schulamt hat zu diesem Zweck einen CLIL-Fortbildungslehrgang auf die Beine gestellt, der im Jänner begonnen hat und im Juni abgeschlossen wird. Begleitet wird der Pilotversuch von einem wissenschaftlichen Beirat. Evaluiert werden dabei sowohl die sprachlichen als auch die fachlichen Lernerfolge. An den einzelnen Schulen müssen die Versuche in ein eigenes Sprachenkonzept eingebettet sein.

Deutsches Schulamt

Am Sprachenlernen will die deutsche Schule in Südtirol weiter feilen. Dazu sollen neue Wege beschritten werden. Einer davon ist das Integrierte Sprachen- und Sachfachlernen CLIL.

Fachbücher zum Integrierten Sprach- und Sachfachunterricht Die Landesregierung hatte für den CLIL-Pilotversuch ganz klare Vorgaben gemacht. Der Beschluss der Landesregierung sieht vor, dass die zu verwendende Fremdsprache in der vierten Klasse Italienisch sein muss, in der fünften Klasse wird ein weiteres Nichtsprachfach in englischer Sprache unterrichtet werden. Nur an den Sprachengymnasien kann der CLIL-Unterricht in italienischer ebenso wie jener in englischer Sprache bereits in der 4. Klasse beginnen, außerdem kann alternativ zu Englisch auch eine andere Fremdsprache ausgewählt werden.

Muttersprachliches Prinzip Auch die neue Landesregierung steht hinter der neuen Form des Sprachenlernens. So heißt es etwa im Koalitionsprogramm: „In Umsetzung von Zielsetzungen zur Mehrsprachigkeit, die aus Richtlinien der Europäischen Union sowie des Staates hervorgehen, soll auch der Sachfachunterricht in der Zweit- oder in einer Fremdsprache verstärkten Eingang in die Oberstufe finden, jedoch unter zwingender Wahrung des in Artikel 19 des Autonomiestatuts festgelegten muttersprachlichen Prinzips“.  Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014

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Bildung

Bildung gegen Arbeitslosigkeit Eine Vielzahl von Faktoren nehmen Einfluss auf die Jugendbeschäftigung, es bedarf daher einer Vielzahl an Initiativen, um der Jugend­ arbeitslosigkeit entgegen zu wirken. Eine Reihe von Maßnahmen zur Verringerung von Arbeitslosigkeit und Schulabbrüchen wurden bereits auf den Weg gebracht. Johanna Wörndle

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rbeitslosigkeit war in Südtirol mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von drei Prozent in den vergangenen Jahrzehnten kein Thema. Nun hat sich diese Situation deutlich verändert. Die saisonsbereinigte Arbeitslosenquote, die 2011 noch bei 2,6 Prozent lag, ist 2012 auf 4,3 Prozent angestiegen, die Jugendarbeitslosigkeit auf etwa 11,6 Prozent. Das Land Südtirol hat daher 2012 Maßnahmen zur Reduzierung der Jugendarbeitslosigkeit beschlossen und solche auch im Mehrjahresplan zur Beschäftigungspolitik festgeschrieben. Dabei wurde der Bildungsbereich stark einbezogen, ganz im Sinne John F. Kennedys, dass nur „keine Bildung auf Dauer teurer ist als Bildung“.

und Sozialkompetenz zu stärken, sodass sie über eine berufliche Orientierung den Weg zu Beruf und in die Arbeitswelt finden. Derzeit werden dazu Lernberatung geboten, Lehrlingstutoren eingesetzt, individuelle und Kleingruppenberatung organisiert, damit uns „kein Jugendlicher verloren geht“, wie es Martha Stecher ausdrückt. Zudem laufen Projekte mit starkem Praxisbezug und solche, die sozial-, kultur- und arbeitsorientiert sind. Eine strukturierte Schulsozialarbeit aufzubauen, ist ein weiteres Ziel, das sich das Landesbildungsressort gesetzt hat. Dabei wird mit der Freien Universität Bozen zusammengearbeitet.

Jugendliche auffangen

Herz- und Knochenarbeit

Um Jugendarbeitslosigkeit und Schulabbrüche zu verringern, setzt das Land Maßnahmen auf zwei Ebenen, zum einen auf der schulischen, zum anderen der außerschulischen. Im ersteren Bereich sind es in erster Linie die Berufsschulen, die verschiedene Initiativen und ESF-Projekte umsetzen. Dabei gelte es, wie Martha Stecher vom Bereich Berufsbildung am Deutschen Bildungsressort betont, Schülerinnen und Schüler mit problematischen Bildungsverläufen aufzufangen, ihre Persönlichkeit

„Die Arbeit mit Jugendlichen mit problematischen Bildungsverläufen ist eine Herz- und Knochenarbeit, die qualifizierter Mitarbeiter bedarf, viele davon kommen aus der Jugendarbeit“, so Stecher. Die Jugendarbeit, beziehungsweise das n.e.t.z-Netzwerk der Jugendtreffs und -zentren, ist es, die mit dem Pilotprojekt „My future“ auf einer außerschulischen Ebene zu Verringerung von Jugendarbeitslosigkeit und Schulabbrüchen beitragen soll. „Wir wollen hin zu den jungen Menschen, vor allem

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zu jenen, die vor einem Schulabbruch stehen, die Schule bereits abgebrochen haben oder arbeitslos sind“, so der Direktor der am Projekt federführend beteiligten Landesabteilung Bildungsförderung, Universität und Forschung, Günther Andergassen. Ziel ist es, über ein niederschwelliges, dem Bedarf angepasstes Beratungsangebot oder eine Begleitung mit Coaching und Case-Management die Jugendlichen zu erreichen, zu stärken, ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen und gemeinsam persönliche und berufliche Perspektiven zu erarbeiten. Hinter dem Pilotprojekt stehen neben dem Amt für Ausbildungs- und Berufsberatung und dem Netzwerk der Jugendtreffs und den Jugendzentren auch das Arbeitsservice des Landes, das WIFO der Handelskammer und die Freie Universität Bozen. Auch die Fortbildung der Jugendarbeiter und eine Evaluation sind Teil des Projekts. Es soll über das Jahr 2014 hinaus fortgesetzt werden. Die neue Landesregierung will der Beschäftigungspolitik ein Haupt­ augenmerk widmen. Dabei will auch sie bei der Bildungspolitik ansetzen und die „praxisorientierte Ausbildung im Berufsbildungsystem“ verstärkt fördern, wie es in der Regierungserklärung zur 15. Legislaturperiode heißt.


Museen

Hands-on: Originale zum Anfassen Originalobjekte aus der Kupferzeit in die Hand nehmen: Möglich machen dies Hands-on-Stationen und ein Pilotprojekt im Archäologiemuseum in Bozen.

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ie Hands-on-Idee stammt aus England“, erklärt Projektleiterin und Kulturvermittlerin Margit Tumler. Erklärungen und Hintergrundwissen bekommen die Besucher zu den Objekten von ehrenamtlichen Museumsmitarbeitern, die im Rahmen des Projekts „Volonteers“ dazu geschult worden sind. „In England hat die Mitarbeit von Freiwilligen im Museum, den ‚Volunteers‘, eine lange Tradition. Auch wenn die Rahmenbedingungen ganz anders sind, wollten wir die Hands-on Stationen auch in unserem Museum ausprobieren“, denn aus der langjährigen Erfahrung ihrer Vermittlungsarbeit weiß Tumler: „Mit einem Originalobjekt in der Hand tut sich eine ganz neue Welt auf.“ 2013 bot das Archäologiemuseum erstmals diese Interaktionsmöglichkeit an. Vorausgegangen war für

die Gruppe von Freiwilligen eine dreimonatige archäologische Heranführung an die Objekte, eine Einführung in die Vermittlungsarbeit mit Treffen von Fachleuten, Konsultationen von Fachliteratur und dem gemeinsamen Besuch einer archäologischen Grabungsstätte, dem Fundort einiger Objekte. An acht Tagen in den Monaten Mai bis September wurden die Hands-on-Stationen von den Volunteers betreut. Tatsächlich ließ sich das Museums­ publikum gern auf die Gelegenheit ein. Dabei einwickelten sich an den Hands-on Stationen oft ein spontaner, generationsübergreifender Austausch und interessante Gespräche. Unter den ‚Volunteers‘ befanden sich wenige, die sich schon länger für Archäologie interessierten. Die archäologische Einführung und die sorgfältige Vorbereitung mit dem Museumsteam vermittelten ihnen die Sicherheit, gut informiert zu sein und andere informieren zu können. Tumler freut sich über die Begeisterung der neuen Mitarbeiter: „Das ist die ideale win-winSituation. Den Beteiligten macht es große Freude, in einem Museum mitzuarbeiten, das Museum kann

den Besuchern spannende Zusatzprogramme anbieten und die Volunteers bringen neue Perspektiven und Energien ein.“ Und können Steinbeile aus der Kupferzeit nun Holz fällen? Tumler antwortet: „Die Holzbearbeitung war im Neolithikum schon bekannt. Die Menschen der Steinzeit bauten zum Beispiel ihre Holzhütten damit. Allerdings wurde das Beil anders gehandhabt. Man hat sicher nicht wie heute im rechten Winkel auf die Bäume eingeschlagen, sonst wäre die Klinge gleich stumpf gewesen. Stattdessen haben viele kleine Beilschläge schräg zur Holzfaserung auch zum Ziel geführt.“  san

Frozen stories Um eine unerwartete Facette des Klimawandels, die archäologische, geht es bei der Sonderausstellung „Frozen stories“ ab 25. Februar im Archäologiemuseum in Bozen.

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chnee und Eis frieren Gegenstände, Geschichten und Schicksale ein. Die Gletscherschmelze gibt sie Jahrtausende oder Jahrhunderte später wieder frei – und begründet damit einen noch relativ jungen Zweig der Geschichtsforschung, die Gletscherarchäologie. Oft sind es Alpinisten, die unvermittelt auf menschliche Hin-

terlassenschaften stoßen. Holz, Metall, Leder, Stoff und viele andere Materialien werden bei Minusgraden und unter Ausschluss von Licht und Luft bestens konserviert. Bedroht werden die Objekte im Eis dabei nur von den immensen Kräften, die durch die Gletscherbewegungen auf sie wirken. Die geborgenen Gegenstände fördern auch Geschichten und Schicksale unserer Vorfahren zutage. Und bringen den Nachweis dafür, dass Menschen in den unwirtlichen Höhen der Alpen seit jeher anzutreffen sind. Mit jedem Fund stellt sich die Frage: Was trieb die Menschen über Jahrtausende auf die Gletscher? Die

Sonderausstellung „Frozen stories“ im Archäologiemuseum in Bozen begibt sich auf ihre Spuren und rekonstruiert Absichten, Geschichten und Tragödien. „Frozen stories“ zeigt dabei seltene und teilweise erst kürzlich geborgene Funde aus den Gletscherregionen der Alpen, manche von ihnen werden erstmals öffentlich ausgestellt. Ein multimedial gestalteter Parcours mit Animationen, Videos und Originalfunden macht das Phänomen Gletscher fassbar.   info www.iceman.it

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Euregio

Demokratie am Wendepunkt ie weit sich die Bürger von der Politik entfernt haben, zeigt die Entwicklung der Wahlbeteiligung. Es gibt aber auch Gegentendenzen zur Politikverdrossenheit. Diese standen im Mittelpunkt der Tagung „Mehrebenendemokratie und Bürgerpartizipation“ im Jänner an der Eurac in Bozen. Gemeinden, die ihre Bürger bei Entscheidungen miteinbinden, erfahren Interesse und aktive Beteiligung, was sich wiederum positiv auf das Allgemeinwohl niederschlägt, so die anwesenden Experten auf der Tagung. „Die Demokratie, befindet sich an einem Wendepunkt. Die informierten Bürger sind nicht mehr gewillt, Anordnungen von Oben zu befolgen und sich bei allen Entscheidungen vertreten zu lassen. Deshalb ist es wichtig, durch neue Instrumente Bürger in Entscheidungsprozesse einzubinden“, bekräftigen Francesco Palermo, Leiter des Eurac-Instituts für Föderalismusund Regionalismusforschung, und

Eurac press

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Euregio-Tagung zu Demokratie und Bürgerbeteiligung in Bozen Birgit Oberkofler von der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino. „An unserem Institut erforschen wir, wie man das Vertrauen der Bürger in die Politik wieder zurückgewinnen kann“, erklärte Karl-Peter Sommermann von der Universität Speyer. „Die Forschung in diesem Bereich ist wichtig um zu verstehen, was solche verschiedenen Formen der Bürgerbeteiligung bringen können“, so Projekt-Koordinatorin Cristina Fraenkel, „anders als bei der direkten Demokratie, spielen die Bürger bei

der partizipatorischen Demokratie auch eine beratende Rolle.“ In Italien hat die Toskana als erste Region 2007 ein Gesetz zur Bürgerbeteiligung verabschiedet, wie Umberto Allegretti von der Universität Florenz berichtete. Mit der Tagung wurde ein vom Land Südtirol finanziertes Forschungsprojekt des Eurac-Instituts für Föderalismus- und Regionalismusforschung und der Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer abgeschlossen.

La storia di ladins dles Dolomites

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hësc liber de storia é n meso por mëte plü en mostra la cultura di ladins y al é ince ´ n sëgn de daurida tl vers di atri“ dit l'assessur Florian Mussner. „Por mantignì y svilupé inant la cultura ladina ôl ester strotöres adatades, mo nia ma - la cultura mëss ince ´ gnì vita y chilò él le sistem de formaziun y l'Istitut cultural che dà n gran contribut“ alzè fora Mussner. Le presidënt dl Istitut ladin Micurà de Rü Albert Videsott dit che le liber à ince ´ la funziun de punt danter les generaziuns tla mendranza ladina; al fej capì les carateristiches de basa dla

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cultura ladina y renforzëia insciö ince ´ l'identité ladina. „Propi por na mendranza él d'importanza da se tignì bun a mënt süa storia“ alzè fora l'autur dl liber Werner Pescosta. „Te ot capitui descrî le liber la storia di ladins dles Dolomites dal tëmp dl brom mesan cina ´ al tëmp da sëgn; ´ la majera lerch ti vëgn dedicada ala storia di ultimi 200 agn“ splighé Werner Pescosta. Tl liber ne vëgnel nia ma stlarì le svilup dl lingaz, mo al é ince ´ reproduziuns de 50 documënc, ´ 22 chertes storiches y 490 imajes. Tl zënter él tres le svilup politich, sozial, economich y cultural che à portè pro a formè la mendranza ladina, so lingaz, süa cultura y süa originalité. „I tesc´ é gnüs metüs jö do agn d'archirida te archifs y te biblioteches; le material dles fontanes é gnü elaborè danü sön la basa dles conescënzes storiches plü jones“ à dit Pescosta. L'i-

dentité di ladins é caraterisada da tröc punc´ de rotöra, y plü avisa linguistics, politics, geografics y i.i., mo al é propi chësta framentaziun che é deventada n punt de forza di ladins y i à renforzè positivamënter, dit le professur universitar Günther Pallaver. Sciöche Leander Moroder le diretur dl Istitut cultural ladin Micurà de Rü anunzié gnaràl tosc fora n'ediziun dl liber ascoratada por les scores ladines. La professuria universitara Ulrike Kindl à fat la traduziun dl liber dal talian. Le liber „Die Geschichte der Dolomitenladiner“ é da ciafè da cumprè tles botëghes de libri a 65 euro.  Pescosta, Mussner

Arno Pertl

Le liber sön la storia di ladins dles Dolomites de Werner Pescosta pësa incër cater chili y à indöt 800 plates cun bëgn 490 fotografies.


Junger Blick

Euregio-Jugend

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Euregio A. Gluderer

it der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino haben sich 15 Studierende der Freien Universität Bozen auseinandergesetzt. Ihr unvoreingenommener und jugendlicher Blick auf die Euregio und die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema haben in verschiedenen Arbeiten Ausdruck gefunden, die im Rahmen der Ausstellung „Euregio-landia“ zunächst in der Museion-Passage und nun an der Eurac in Bozen zu sehen waren. Es handelt sich dabei um über 40

Siebdrucke, in denen es um Besonderheiten, aber auch Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Euregio geht, in gesellschaftlicher, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht. „Wenn materielle Grenzen und damit Grenzen im Kopf fallen, tun sich auch kreative Freiräume auf“, so Birgit Oberkofler von der Euregio. Die signierten Kunstdrucke wurden in der Siebdruckwerkstatt der Fakultät für Design und Künste realisiert und können voraussichtlich ab März in limitierter Auflage im Museion-Shop in Bozen erworben werden.

tudium, Berufswahl und Engagement im Ehrenamt – darum dreht sich das dritte EuregioJugendfestival, das vom 9. bis 12. April 2014 in Lienz, Bruneck und Trient über die Bühne geht. Das Thema des heurigen Jugendfestivals wurde von den Teilnehmenden der ersten beiden Ausgaben vorgeschlagen. Und zwar werden sich die hundert teilnehmenden Oberschüler zwischen 16 und 19 Jahren aus Tirol, Südtirol und dem Trentino im Rahmen der dreitägigen Veranstaltung auf Entdeckungsreise begeben: Sie werden versuchen, die eigenen Potenziale für ein Studium, die Berufswahl sowie ein Engagement im Ehrenamt ausfindig zu machen. Fachliche Inputs, Workshops in Kleingruppen, Diskussionen mit Fachleuten werden ihnen dabei helfen. Hinzu kommen ein abwechslungsreiches Rahmenpro-

Brian Boa

Euregio

Das Festival 2013 gramm und die Begegnung und das Kennenlernen mit neuen Freunden aus der Europa­region.  jw info www.europaregion.info

„Frieden“: Arge-Alp-Preis 2014

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014 jährt sich zum 100. Mal der Beginn des Ersten Weltkriegs. „Wie können wir den Frieden sichern“ ist vor diesem Hintergrund das Motto des diesjährigen Arge-Alp-Preises. Ziel ist es, eine Kultur des Friedens bei jungen Menschen zu fördern. Teilnehmen können Jugendliche im Alter zwischen 15 und 20 Jahren. Eingereicht werden können schriftliche Arbeiten sowie Videos und andere Multimediaprodukte zum Thema Frieden. Interessierte können

sich bis 28. Februar 2014 auf der Webseite www.argealp.org/ anmelden. Bis zum 18. April 2014 müssen sie dort ihre Arbeiten einspeisen. Aus allen Teilnehmern wird eine Jury jeweils drei Gewinner in den Kategorien „Schriftliche Arbeiten“ und „Videos und Multimediaprodukte“ ermitteln. Den Erstplatzierten winkt ein Preisgeld in der Höhe von 4.000 Euro, für die Zweitplatzierten gibt es 2.500 Euro, für die Drittplatzierten 1.000 Euro.

Euregio-Webseite auf ladinisch und englisch

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ie Homepage der Europaregion www.europaregion.info gibt es neben der deutschen und italienischen nun auch in einer ladinischen und englischen Version. In erster Linie wurden sämtliche Beschreibungen allgemeiner Natur über den EVTZ „Europaregion TirolSüdtirol-Trentino“ ins Ladinische und Englische übersetzt, wie etwa

der Aufbau und die Organe, die Meilensteine, allgemeine Zahlen und Veröffentlichungen zur Europaregion. Aber auch aktuelle Inhalte wie News und Pressemitteilungen zu Themen von ladinischer bzw. europäischer und internationaler Relevanz werden künftig auf ladinisch und englisch zu lesen sein. „Es ist uns ein besonderes Anlie-

gen, die Ladiner als älteste Sprachgruppe über die Europaregion auch in ihrer Sprache zu informieren“, unterstreicht Euregio-Vertreterin Birgit Oberkofler. „Mit der englischen Homepage hingegen erreichen wir interessierte Bürger und Institutionen aus dem Ausland, besonders auch in Brüssel und in den 41 EVTZ in ganz Europa.“  Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014

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Europa

EU-Budget bis 2020 Der EU steht für die kommenden sieben Jahre etwas weniger Geld zur Verfügung als in der auslaufenden BudgetPeriode. Der Großteil fließt in die Strukturfonds zugunsten der ärmeren Regionen und in die Taschen der Bauern. Arno Schuster

N

ach zweieinhalb Jahren schwieriger Verhandlungen haben Parlament und Rat den EU-Haushalt für die Jahre 2014-2020 gebilligt. Insgesamt darf die EU in den kommenden sieben Jahren finanzielle Verpflichtungen von bis zu 960 Milliarden Euro eingehen. Für tatsächlich zu tätigende Zahlungen stehen 908 Milliarden Euro bereit.

Über 900 Milliarden Euro Aufgrund der angespannten Haushaltslage vieler EU-Staaten sinkt der Etat erstmals, wird dafür aber flexibler eingesetzt. Rund 94 Prozent des Gesamthaushaltes fließt in die einzelnen EU-Staaten, um Bürger zu unterstützen und die Wirtschaft anzukurbeln. Die Kohäsionspolitik das größte Ausgabenkapitel: Mit 366,8 Milliarden Euro (34 % des Haushalts) wird sie zum zentralen Investitionsinstrument der EU in der Verwirklichung der Europa-2020-Ziele, nämlich Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen, Bekämpfung des Klimawandels und der Energieabhängigkeit sowie Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Wachstum und Beschäftigung in Europa hängen ganz entscheidend von den Investitionen in die Infrastruktur ab. Die mit 33,3 Milliarden Euro dotierte neue Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) ist künftig das wichtigste Instrument für strategische Infrastrukturinvestitionen auf europäischer Ebene. Die

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Mittel dienen dem Bau von Straßen, Bahnlinien, Strom- und Gasleitungen und werden in Infrastruktur und Dienste des digitalen Binnenmarkts investiert.

Reformierte Agrarpolitik Mit der reformierten Gemeinsamen Agrarpolitik GAP will die EU die großen Herausforderungen unserer Zeit bewältigen, wie Ernährungssicherheit, Klimawandel, nachhaltiges Wachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum. Sie entspricht damit auch besser den Erwartungen der Menschen: Direktzahlungen sind gerechter und kommen der Umwelt stärker zugute. Die Stellung der

Landwirte in der Kette der Lebensmittelproduzenten wird verbessert, die neue Agrarpolitik soll gezielter, effizienter und transparenter wirken. Die GAP steht im Dienste einer marktorientierten Landwirtschaft, in der es künftig keine Ausfuhrsubventionen mehr gibt, weil diese in den vergangenen Jahren ausgelaufen sind. Für marktbezogene Ausgaben und Direktzahlungen werden im Rahmen der GAP über 312 Milliarden Euro bereitgestellt.

Schwerpunkt Forschung Mit knapp 80 Milliarden Euro will die EU fast ein Drittel mehr als bisher in Forschung und Entwicklung investieren. Das Forschungs-


Europa rahmenprogramm „Horizont 2020“, das sich ab 2014 an das 7. EU-Forschungsrahmenprogramm anschließt, soll dazu beitragen, die großen gesellschaftlichen Herausforderungen anzugehen, darunter der Klimawandel, die Nahrungsmittelsicherheit oder der demografische Wandel. Zum ersten Mal gibt es mit COSME ein spezielles EU-Förderprogramm für kleine und mittlere Unternehmen. Die KMU bilden mit 99 Prozent aller europäischen Unternehmen und zwei Dritteln der Beschäftigten das Rückgrad der europäischen Wirtschaft. COSME ist das erste, auf die Bedürfnisse der KMU zugeschnittene EU-Programm, das EU- und Nicht-EUMärkte für KMU erschließt und ihnen durch Bürgschaften und Risikokapital den Zugang zu Finanzmitteln erleichtert. Arbeitssuchende können weiter mit Unterstützung aus dem EUHaushalt rechnen. Die Mittel werden über den Europäischen Sozialfonds ESF und den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung EFRE bereitgestellt, um Arbeitsplätze zu schaffen. Mindestens 70 Milliarden Euro stehen hierfür im ESF zur Verfügung und ergänzen die nationalen Maßnahmen in diesem Bereich. Durch die neue, mit mindestens sechs Milliarden Euro ausgestattete Beschäftigungsinitiative für Jugendliche, die mit dem ESF verknüpft ist, soll die Umsetzung der Jugendgarantie 2014 und 2015 unterstützt werden. Diese sieht vor, dass jeder arbeitslose Jugendliche unter 25 Jahren binnen vier Monaten ein Angebot für einen Job, eine Ausbildung oder zumindest einen Praktikumsplatz bekommt.

Jugend und Kreativität Mehr jungen Menschen als jemals zuvor wird dank der Fördermittel des neuen EU-Programms Erasmus+ einen Auslandsaufenthalt ermöglicht. Darin sind zur Förderung von Qualifikationen und Beschäftigungsfähigkeit Mittel von nahezu 15 Milliarden Euro vorgesehen (40% mehr als bisher). Aus dem Programm werden mehr als vier Millionen Menschen Zuschüsse er-

halten, um im Ausland studieren, eine Ausbildung absolvieren, arbeiten oder eine Freiwilligentätigkeit ausüben zu können. Ferner werden 600 Partnerschaften im Bereich Sport, darunter europäische Sportveranstaltungen ohne Erwerbszweck, unterstützt. Auch Kultur, Kino, Fernsehen, Musik, Literatur, darstellende Kunst und kulturelles Erbe in Europa sowie verwandte Bereiche werden von der verstärkten Förderung durch das neue Programm „Kreatives Europa“ profitieren, das auf der Erfahrung und den Erfolgen der Programme Kultur und Media aufbaut. Mit nahezu 1,5 Milliarden Euro soll das Programm der Kultur- und Kreativbranche Auftrieb geben, die rund 4,5 Prozent des BIP in der EU erwirtschaftet und beinahe vier Prozent der Arbeitsplätze stellt. Die Kulturhauptstädte Europas, das europäische KulturerbeSiegel, die Europäischen Tage des Denkmals und die fünf europäischen Preise werden ebenfalls mit Mitteln aus dem Programm „Kreatives Europa“ gefördert.

täten, wie im Verhandlungsmandat festgelegt, bereits im Juni 2013 festgelegt. Dabei hatte es darauf bestanden, noch nicht ausgezahlte Mittel (Zahlungsermächtigungen) fast ungehindert zwischen Haushaltsjahren verschieben zu können, sowie - ebenfalls flexibel - Verpflichtungsermächtigungen zwischen Jahren und Ausgabenkategorien. Diese Flexibilität ermöglicht es nach Ansicht der Abgeordneten, dass jeder Euro da verwendet wird, wo er am meisten gebraucht wird, vor allem in Zeiten sinkender Haushalte.

Einfachere Förderregeln Für Förderungen werden wesentlich einfachere und verständlichere Regeln gelten, die somit nicht so häufig zu Fehlern führen. So wird etwa in den Bereichen der Kohäsionspolitik, der Entwicklung des ländlichen Raums und des Fischereifonds die Investitionstätigkeit der EU durch einheitliche Bestimmungen vereinfacht, die künftig für all diese europäischen Struktur- und Investitionsfonds gelten. Dazu tragen auch einfachere Rechnungslegungsvorschriften bei, ferner konkreter formulierte Berichtspflichten und ein vermehrter Einsatz digitaler Technologien (Stichwort „E-Kohäsion“). Eine hochrangige Gruppe soll die Reform des Eigenmittelsystems der EU in Angriff nehmen. Das geltende System mit all seinen Ausnahmen, verschiedenen Einnahmequellen, Rabatten und seiner Abhängigkeit von nationalen Haushalten gilt als zu unübersichtlich und schwer vermittelbar. Das Parlament hatte seine Priori-

Halbzeitbewertung Nach einer vom Parlament geforderten „Revisionsklausel“ muss die EU-Kommission im Jahr 2016 eine Bewertung der Funktionsweise des MFR unter Berücksichtigung der aktuellen wirtschaftlichen Lage vorlegen. Sie soll auch überlegen, ob eine Angleichung der siebenjährigen Haushaltsperiode an die fünfjährigen Zyklen der EUInstitutionen sinnvoll wäre. Die Befunde der Kommission sollen die Basis für eine Gesetzesrevision bilden.  info über das EU-Budget 2014-2020 finden sich auf der Webseite der Generaldirektion Finanzplanung und Haushalt der Europäischen Kommission unter: http:// ec.europa.eu/budget/biblio/documents/ fin_fwk1420/fin_fwk1420_de.cfm

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Neue Spitze

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Das neue Landtagspräsidium: Roland Tinkhauser, Maria Hochgruber Kuenzer, Präsident Thomas Widmann, Veronika Stirner Brantsch, Vizepräsident Roberto Bizzo (v.l.)

Der Landtag hat Thomas Widmann zu seinem Präsidenten gewählt. Hochgruber Kuenzer und Stirner Brantsch neue Präsidialsekretärinnen.

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er Landtag hat im Jänner nicht nur Landeshauptmann und Landesregierung gewählt, sondern auch das Team an seiner Spitze erneuert. Mit 20 Stimmen – einer Stimme mehr, als die Koalition aus SVP und PD ausmacht – wurde Thomas Widmann zum Landtagspräsidenten gewählt. 14 Stimmen entfielen auf Gegenkandidatin Eva Klotz, auf die sich die Opposition im Vorfeld geeinigt hatte. Das Amt stehe der Opposition zu, nachdem die Mehrheit bereits mit Vizepräsident Roberto Bizzo vertreten sei, meinten Sven Knoll, Pius Leitner, Riccardo Dello Sbarba und Alessandro Urzì. Andreas Pöder, Hans Heiss und Ulli Mair kritisierten, dass die Mehrheit zu keinen Verhandlungen bereit war. Alle legten Wert darauf, dass der Präsident seine Unabhängigkeit und die Rechte von Mehrheit

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und Opposition wahren werde. Gerade weil man ihm das zutraue, habe man Widmann für dieses Amt vorgeschlagen, erklärte Landeshauptmann Arno Kompatscher, der auch seine Absicht unterstrich, den Landtag aufzuwerten. In seiner Antrittsrede bedankte sich Präsident Thomas Widmann für das Vertrauen der Abgeordneten, aber auch bei seinen Wählern und bei LH Kompatscher. „Der Landtag ist das Haus der repräsentativen Demokratie, seine gewählten Mitglieder vertreten die Südtiroler Bevölkerung insgesamt, und dementsprechend werde ich auch handeln.“ Er werde sich überparteilich verhalten und die Rechte aller Abgeordneten wahren. Seine Aufgabe sehe er nicht nur in der Erfüllung der institutionellen Erfordernisse, sondern auch in der Schaffung der Rahmenbedingungen für eine Aufwertung des Landtags, die man aber nur gemeinsam leisten könne. Anschließend wurden Maria Hochgruber Kuenzer (25 Stimmen) und Veronika Stirner Brantsch (19 Stimmen) ins Präsidium gewählt. Sie ersetzen Richard Theiner und Arnold Schuler, die nun der Landesregierung angehören.

Vorarbeit

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er Landtag hat im Jänner entschieden, die vier Gesetzgebungsausschüsse und ihre Sachbereiche zu belassen, und sie neu bestellt. Diese leisten eine wertvolle Vorarbeit, indem sie die eingereichten Gesetzentwürfe prüfen, eventuell ändern und sie dann dem Plenum weiterleiten. I. Gesetzgebungsausschuss (institutionelle Angelegenheiten, Unter­ richt, Kultur, Sport, Entwicklungszusammenarbeit, internatio­nale Beziehungen, Kommunikation): Amhof, Foppa, Klotz, Mair, Noggler, Steger, Stirner Brantsch, Tschurtschenthaler, Urzì. II. Gesetzgebungsausschuss (Land­ wirtschaft, Umwelt, Raumordnung, Gewässer, Energie): Dello Sbarba, Hochgruber Kuenzer, Noggler, Schiefer, S. Stocker, Wurzer, Zimmerhofer. III. Gesetzgebungsausschuss (Finanzen und Vermögen, öffentliche Arbeiten, Wirtschaft, Forschung, Koordinierung der öffentlichen Fi­ nanzen): Artioli, Heiss, Hochgruber Kuenzer, Köllensperger, Renzler, Steger, Tinkhauser, Tschurtschenthaler, Wurzer. IV. Gesetzgebungsausschuss (Arbeit und Berufe, Wohnbau, öffentliche Fürsorge, Gesundheitswesen, Ernährung, Ehrenamt, Transportwesen): Amhof, Blaas, Dello Sbarba, Pöder, Renzler, Schiefer, Stirner Brantsch. Der Landtag entsendet auch drei seiner Mitglieder in das Einvernehmenskomitee für die Staatsstellen. Dafür wurden Helmuth Renzler (30 Stimmen), Pius Leitner (31) und Roberto Bizzo (17) nominiert. Schließlich gab der Landtag noch seine Zustimmung zur Ernennung eines Verwaltungsrichters durch die Staatsregierung. Dabei erreichten Edith Engl und Veronika Meraner die nötige Mehrheit, nicht aber Christian Ziernhöld.


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Stimmen zur Wahl

Der Landtag hat Arno Kompatscher mit 20 Stimmen zum Landeshauptmann gewählt. Die Stellungnahmen der Abgeordneten.

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m 9. Jänner wurde Arno Kompatscher vom Landtag mit 20 von 34 abgegebenen Stimmen zum Landeshauptmann von Südtirol gewählt. Die zusätzliche Stimme – die Koalitionspartner SVP und PD verfügen über 19 – kam von Elena Artioli (Team Autonomie), die sich zwar zur Opposition zählte, aber auch der über 80.000 Vorzugsstimmen Kompatschers Rechnung tragen wollte. Zuvor gab es im Sitzungssaal eine eingehende Debatte über Kompatschers Erläuterungen zum Regierungsprogramm, in der die Abgeordneten ihr Ja oder Nein zum Kandidaten begründeten. Riccardo Dello Sbarba und Brigitte Foppa bedauerten, dass SVP und PD eine Koalition mit den Grünen abgelehnt und so auf eine wirkliche Erneuerung verzichtet hätten, Hans Heiss begrüßte immerhin die Abkehr von der charismatischen Führungsrolle und die Hinwendung zum Teamgeist sowie den Konvent zur Reform des Statuts.

Ein Landeshauptmann, der zuhört: Kompatscher verfolgt die Debatte im Plenum

Sven Knoll und Eva Klotz (SüdTiroler Freiheit) sahen das einzig Konkrete im Regierungsprogramm im Festhalten an der Zugehörigkeit zu Italien, kritisierten die schleichende Abwendung von Nordtirol sowie eine Änderung des Statuts, um dem Koalitionspartner mehr Platz in der Regierung zu verschaffen. Auch Pius Leitner (Freiheitliche) vermisste einen konkreten Bezug zur Zukunft des Landes. Die Regierungsbildung folge nicht dem Wählerwillen, sondern der politischen Logik. Die SVP, die nicht mehr die absolute Mehrheit habe, wolle von ihrer Macht nichts abgeben und habe daher eine Koalition mit den Freiheitlichen abgelehnt. Andreas Pöder (BürgerUnion - Ladins Dolomites - Wir Südtiroler) sah bei der Zusammenstellung der Landesregierung die alte Partei- und Postenlogik am Werk und meinte, Frauen, die ihre Kinder daheim betreuen, sowie Arbeitnehmer seien die Verlierer, da die neue Landesregierung wirtschaftslastig sei. Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung) verwies auf die Politikmüdigkeit in der Bevölkerung, der man nur mit mehr Mitbestimmung begegnen könne. Kompatschers Erneuerungswillen werde seine ärgsten Gegner in der eigenen Partei finden. Elena Artioli (Team Autonomie) forderte einen drastischen Bürokratieabbau, eine Kontrolle der

Beamten durch die Bürger, eine Beschneidung der Managergehälter sowie die Anerkennung der Gemischtsprachigen. Für Christian Tommasini (Demokratische Partei) passen Mann und Programm genau zur Zeit. Kompatscher habe den Wandel erkannt und die richtigen Schwerpunkte gesetzt: Arbeit und Wirtschaft als Kernthemen und Eigenverantwortung und Solidarität als Prinzipien. Dieter Steger (SVP) sah in der Wirtschaftskrise, in der Jugendarbeitslosigkeit und in der Politikmüdigkeit die dringendsten Probleme und in Arno Kompatscher die richtige Person, um sie anzugehen: er habe ein umfassendes Wissen, er könne zuhören, er habe strategische Fähigkeiten und den Mut zu Entscheidungen. In der Replik vor seiner Wahl ging Arno Kompatscher auf einzelne Details der Debatte ein und betonte, er sei wirklich an einer neuen Kultur des Dialogs interessiert. Er werde jedenfalls den Abgeordneten gut zuhören und ihre Vorschläge und Stellungnahmen ernst nehmen. Auch nach seiner Wahl gab er ein Versprechen: Er werde versuchen, seine Arbeit so anzugehen wie angekündigt, den Bürgern und der Allgemeinheit verpflichtet und nicht den Einzelinteressen. „Und nun Ärmel hoch und an die Arbeit“, sagte er schließlich.  Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014

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Vor der Wahl der Landesregierung gab es von den Abgeordneten Lob wie auch Kritik.

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Kompatschers Team

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ie Landesregierung wurde nicht nur erneuert, sondern auch nach einem neuen Modus gewählt: mit einer einzigen Abstimmung. An der Wahl der Landesregierung zeigt sich auch, wer zur Mehrheit und wer zur Opposition gehört. Die Koalition aus SVP und PD stimmte geschlossen (19 Stimmen) für die Mannschaft, die LH Kompatscher vorgeschlagen hatte, alle anderen Fraktionen stimmten dagegen (16 Stimmen). Landeshauptmann Arno Kompatscher erläuterte dem Landtag, wem er welche Aufgaben zugedacht hatte, und begründete dies auch. Seine Personalentscheidung fand aber nicht bei allen Anklang. Einige Abgeordnete kritisierten, dass Theiner, der alle SEL-Beschlüsse mitgetragen habe, nun die Energieagenden übernimmt, während man Christian Tommasini die Initiative für Bozen als Kulturhauptstadt im Schatten Venedigs anlastete. Ziemlich einhellig hingegen war die Kritik an der Rai-Sendung „Porta a porta“, die dem Ansehen des Landes geschadet habe – dagegen müsse man sich wehren, am besten mit einer Autonomie auch für die anderen Regionen (Grüne, Team Autonomie) oder mit einer

Die neue Landesregierung: (v.l.) Deeg, Achammer, Schuler, Theiner, Kompatscher, Tommasini, Stocker und Mussner Loslösung von Italien (Süd-Tiroler Freiheit, Freiheitliche). Die Freiheitlichen schätzten Schulers Wahl als SBB-unabhängigen Kandidaten, forderten einschneidendere Maßnahmen gegen die unkontrollierte Zuwanderung, eine stärkere Unterstützung der kleinen Unternehmen anstelle von Großprojekten wie dem Technologiepark. Die Grünen lobten die beabsichtigte Trennung von Politik und Verwaltung und den Anstoß zu einer Autonomiereform, kritisierten jedoch restriktive Regeln bei der Unterstützung von Migranten und forderten die Rücknahme umstrittener Entscheidungen wie jene zu Flughafen und Antersasc. Das ehrgeizige Regierungsprogramm sei nur unabhängig von Italien umsetzbar, meinte die SüdTiroler Freiheit. Identität und Muttersprache seien derzeit nicht sicher, und die Volksgruppe werde auch durch die Immigration bedroht. Alto Adige nel cuore ver-

misste im Programm einen Zeitplan zur Umsetzung und plädierte für mehr Mittelstandsförderung anstelle von Großprojekten. Laut Team Autonomie ist zur Erhaltung der Arbeitsplätz mehr auf die Unterstützung der Betriebe zu setzen, auch durch einen Abbau der Bürokratie. Die BürgerUnion sah das Programm unausgewogen zu Lasten der Arbeitnehmer, eine Steuergerechtigkeit werde nicht angestrebt. Die 5 Sterne Bewegung plädierte für mehr Bürgerbeteiligung, auch bei der Reform des Autonomiestatuts, und für eine deutliche Senkung der Politikkosten. Für das Regierungsprogramm sprachen sich Maria Hochgruber Kuenzer und Dieter Steger (SVP) aus. Hochgruber Kuenzer kritisierte jedoch, dass die Landwirtschaftsschulen ins Bildungsressort eingegliedert werden. Steger hob hingegen den Schwerpunkt auf Bildung und Innovation, die Haushalts- und Verwaltungsreform lobend hervor.

Einig gegen Zentralismus

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ie Landtagspräsidenten von Tirol, Südtirol und Trentino haben sich in Bozen auf einen Fahrplan für die nächste gemeinsame Sitzung der drei Landesparlamente geeinigt. Demnach sollte sich der Dreier-Landtag, um konkreter und effizienter zu werden, auf einige Kernthemen konzentrieren. Aktuelles Thema sollte die Gründung der Makroregion Alpen wer-

den, die laut Herwig van Staa, Thomas Widmann und Bruno Dorigatti (im Bild) auch als Bollwerk gegen zunehmende zentralistische Tendenzen zu sehen ist. Fixpunkt jedes Dreier-Landtags sollte hingegen ein Bericht über die laufende Tätigkeit des EVTZ sein, des Europäischen Verbundes territorialer Zusammenarbeit zwischen den drei Ländern.


info

Landesmuseen e Touriseum – Landesmuseum

Hochfeiler 3509m Ridnaun

Reschenpass 1507m

für Tourismus Schloss Trauttmansdorff Meran | St. Valentin Str. 51a Tel. +39 0473 270172 | www.touriseum.it

Graun

Prettau

Brenner 1374m

Mareit

Steinhaus Sand i.T.

Sterzing

Weißkugel 3738m Dietenheim

Rienz a

Stilfser Joch 2757m

Etsch Prad am Stilfser Joch

Tirol

Latsch

Feldthurns Brixen

Meran Lana

Trostburg

h

Ortler 3905m

Bozen

t Südtiroler Weinmuseum

Toblach

Welsberg

Zufallspitze 3757m

Leifers

Kaltern an der W.

Mt. Cristallo 3221m

Drei Zinnen 2998m Cortina d’Ampezzo

Fischburg

Marmolada 3343m

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Auer

u Schloss Wolfsthurn – Südtiroler Landesmuseum für Jagd und Fischerei Mareit | Kirchdorf 25 | Tel. +39 0472 758121 www.wolfsthurn.it

i Schloss Tirol - Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Dorf Tirol | Schlossweg 24 Tel. +39 0473 220221 | www.schlosstirol.it

o Naturmuseum Südtirol Bozen | Bindergasse 1 | Tel. +39 0471 412964 www.naturmuseum.it

p Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde Dietenheim/Bruneck Herzog-Diet-Straße 24 | Tel. +39 0474 552087 www.volkskundemuseum.it

Mezzocorona

a Südtiroler Bergbaumuseum

Schaubergwerk Prettau Prettau | Hormanngasse 38a Tel. +39 0474 654298 www.bergbaumuseum.it

Klimastollen Prettau Prettau | Hormanngasse 38a Tel. +39 0474 654523 | www.ich-atme.com

www.bergbaumuseum.it

BergbauWelt Ridnaun-Schneeberg Ridnaun | Maiern 48 | Tel. +39 0472 656364 www.bergbaumuseum.it

ErlebnisBergwerk Schneeberg Passeier Moos in Passeier Schutzhütte Schneeberg, Rabenstein 42/43 Tel. +39 0473 647045 | www.schneeberg.org

Bergbaumuseum im Kornkasten Steinhaus | Steinhaus 99 Tel. +39 0474 651043 www.bergbaumuseum.it

´ de Tor s Museum Ladin Ciastel St. Martin in Thurn | Torstraße 65 Tel. +39 0474 524020 | www.museumladin.it

d Museum Ladin Ursus ladinicus St. Kassian | Strada Micurà de Rü 26 Tel. +39 0474 524020 | www.museumladin.it

Landesdienste Südtiroler Landesverwaltung Tel. 0471 411111 (Zentrale) www.provinz.bz.it Landesnotrufzentrale Tel. 118 (Rettungsdienste) Tel. 115 (Feuerwehr) Verkehrsmeldezentrale Tel. 0471 200198 Fax 0471 201157 (Fax-Abruf) vmz@provinz.bz.it www.provinz.bz.it/vmz Touristische Auskünfte Südtirol Marketing Gesellschaft Pfarrplatz 11 | 39100 Bozen Tel. 0471 999999 info@suedtirol.info | www.suedtirol.info Info Mobilität 840 000471

Luftwerte Tel. 0471 415800 www.provinz.bz.it/umweltagentur/luft.asp Wetter- und Lawinenwarndienst Mendelstraße 33 | 39100 Bozen Tel. 0471 414740 Aktuelle Berichte: Tel. 0471 271177 hydro@provinz.bz.it www.provinz.bz.it/wetter Polleninformationsdienst Tel. 0471 950431 www.provinz.bz.it/pollen Statistische Informationen Landesstatistikinstitut ASTAT Kanonikus-Michael-Gamper-Straße 39100 Bozen | Tel. 0471 418400 astat@provinz.bz.it www.provinz.bz.it/astat

Sillian

Innichen

St. Martin in Thurn

Schlern

Rosengarten 3002m

Kaltern | Goldgasse 1 | Tel. +39 0471 963168 www.weinmuseum.it

Heinfels Olang

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Kastelbell

c Ets

Bozen | Museumstraße 43 Tel +39 0471 320100 | www.iceman.it

Churburg Schlanders

Eisa c

Stift Marienberg

r Südtiroler Archäologiemuseum

Bruneck

Neustift

Fürstenburg Mals

Frauenbüro Dantestraße 11 | 39100 Bozen Tel. 0471 416950 frauenbuero@provinz.bz.it www.provinz.bz.it/arbeit/frauenbuero

Volksanwaltschaft Cavourstraße 23 | 39100 Bozen Tel. 0471 301155 post@volksanwaltschaft.bz.it www.volksanwaltschaft-bz.org

Dienststelle für Zwei- und Dreisprachigkeitsprüfungen Perathonerstraße 10 | 39100 Bozen Tel. 0471 413900 | zdp@provinz.bz.it

Außenamt Brüssel Rue de Pascale, 45-47 B-1040 Bruxelles | Tel. +32 27 432700 suedtirol@alpeuregio.org

Landesbeirat für Kommunikationswesen Cavourstr. 23/c | 39100 Bozen Tel. 0471 287188 info@kommunikationsbeirat-bz.org www.kommunikationsbeirat-bz.org

Außenamt Rom Via del Gesù 57 00186 Rom Tel. 06 69791120 aussenamtrom@provinz.bz.it

Südtiroler Landtag S.-Magnago-Platz 6 | 39100 Bozen Tel. 0471 946111 | info@landtag-bz.org www.landtag-bz.org

Euregio Büro Drususallee 1 | 39100 Bozen Tel. 0471 402026 info@europaregion.info www.europaregion.info Das Land Südtirol | Januar - Februar 2014

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Herausgeber: Südtiroler Landesregierung Bozen · Druck: Tezzele by Esperia - Bozen - Innsbruckerstr. 27 · Verantwortliche Schriftleiterin: Monika Pichler · Bestellungen (kostenlos) sowie Adressenänderungen schriftlich an: Redaktion Das Land Südtirol Landespressestelle, 39100 Bozen, Silvius-Magnago-Platz 1, Tel. 0471 412211, Fax 0471 412220 · E-Mail: LPA@provinz.bz.it · Auflage: insgesamt 48.000 (29.000 deutsch, 19.000 italienisch) · Eingetragen beim Landesgericht Bozen unter Nr. 32 vom 4.11.1991 Versand im Postabonnement · Poste Italiane s.p.a. - Versand im Postabonnement - 70% - NE Bozen. TAXE PERCUE/TASSA PAGATA. JAHRGANG XXIII - Nr. 1-2/2014 Januar-Februar


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