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Autonomie

14.000 Jahre Land im Gebirge

12000 v. Chr.

Die Gletscher der Würm-Kaltzeit, die 100.000 Jahre lang die Alpen mit einem dicken Eispanzer bedeckt hatten, weichen zurück, Vegetation und Tierwelt kehren wieder. Bald finden sich in jener Gegend, die ab dem Hochmittelalter Tirol genannt werden wird, die ersten Spuren von Menschen. Einzelne Fundstücke auf der Seiser Alm reichen weit in die Jungsteinzeit (Neolithikum) zurück, bis ins 12. Jahrtausend vor der Zeitenwende.

8000 v. Chr.

In Tallagen bei Salurn, Bozen und Brixen wurden unter überhängenden Felsen verschiedene Geräte aus Stein gefunden, die auf Rastplätze mittelsteinzeitlicher Jäger schließen lassen. Diese von der Archäologie entdeckten Zeugnisse menschlicher Nutzung unserer Gebirgsgegend werden in die Zeit um 8000 vor Christus datiert.

5000 v. Chr.

Um das Jahr 5000 v. Chr. finden wir die ersten Spuren sesshafter Siedler in Südtirol, die hier Ackerbau und Viehzucht betreiben.

Ca. 3300 v. Chr.

Die Auffindung der Gletschermumie „Ötzi“ im Spätsommer 1991 am Hauslabjoch an der italienisch-österreichischen Grenze erbringt den Beweis, dass die Menschen schon vor 5.300 Jahren die höchsten Alpenübergänge begehen.

1800–1300 v. Chr.

Aus der Früh- und Mittelbronzezeit von 1800 bis 1300 v. Chr. sind zahlreiche Siedlungen in den Haupt- und Nebentälern nachgewiesen. Die Menschen jener Zeit bevorzugen sonnige Terrassenlagen als Siedlungsplätze, in Kriegszeiten vor allem natürlich befestigte und unzugängliche Plätze, wie etwa Bergkuppen. In der späten Bronzezeit entsteht, vermutlich ausgehend aus dem nahen Trentino, die sogenannte Laugen-Melaun-Kultur. Diese eigenständige Kultur breitet sich im südlichen Alpenraum aus, in Südtirol vor allem im Gebiet zwischen Bozen und Meran.

5. u. 4. Jh. v. Chr.

Der „Keltensturm“ des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr., also die gallische Invasion in Mittelitalien, hinterlässt in Südtirol kaum Spuren, doch scheint die einheimische Bevölkerung von den Kelten neue Waffenarten und neue Schmuckformen zu übernehmen. Angesichts der Keramikformen und des Bronzeschmucks scheint sich die Laugen-Melaun-Kultur nach Norden ausgebreitet zu haben und bildet in der römischen Zeit die „rätische“ Kultur der jüngeren Eisenzeit.

15 v. Chr.

Infolge des Feldzugs des römischen Feldherrn Drusus im Jahr 15 v. Chr. wird der nördliche Teil unseres Gebiets dem Römischen Imperium eingegliedert. Die Kontakte mit den Römern sind älter, wie Funde beweisen.

4. u. 5. Jh. n. Chr.

Von einer weitgehend abgeschlossenen Romanisierung der Provinz Rätien (Raetia) kann im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. ausgegangen werden. Es lassen sich aber noch bedeutende Restspuren älterer bodenständiger Traditionen feststellen. Der Erschließung durch die Römer verdanken wir fahrbare Straßen in den Haupttälern. Verwaltungsmäßig ist das Gebiet des heutigen Südtirols auf drei Provinzen aufgeteilt: Rätien, Noricum und Venetia et Histria.

568

Nach dem Niedergang Westroms behaupteten sich die Ostgoten auch in unserem Gebiet. In der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts dringen die Franken ein und werden ab 568 von den Langobarden, die sich von der Poebene aus nach Norden ausbreiten, zeitweise zurückgedrängt. 590 kommt es zu einem Frankeneinfall, um 600 sind Auseinandersetzungen der Bajuwaren mit den Langobarden nachweisbar. Die Baiern behaupten schließlich das Gebiet bis über Bozen hinaus und die Langobarden den südlichen Teil und das rechtsseitige Etschufer ab Lana. Zwischen den Baiern und den nachrückenden Slawen kommt es zwischen 590 und 610 im Osten des Landes zu Auseinandersetzungen. Anderthalb Jahrhunderte später (769) gründet der letzte Baiernherzog Tassilo III. das Kloster Innichen in der Nähe der Toblacher Wasserscheide zur Missionierung der Slawen.

778

Nachdem er 774 das Königreich der Langobarden unterworfen hat, macht Karl der Große auch den Sonderbestrebungen der Baiern ein Ende (778). Damit ist das Gebiet, das später Tirol heißen wird, seinen Reichen eingegliedert. Der Teil südlich von Bozen und Me-

ran mitsamt dem Bistum Trient gehört zum Königreich Italien, der nördliche Teil mit dem bairischen Stammesherzogtum zum eigentlichen Frankenreich. Entsprechend der karolingischen Reichs- und Verwaltungsorganisation wird auch unser Gebiet in Gaue und Grafschaften eingeteilt: Der Name Vinschgau erinnert noch daran.

1004, 1027

Als in den Jahren 1004 und 1027 die Oberhäupter des Deutschen Kaiserreichs den Bischof von Trient mit Trient, der Grafschaft Bozen sowie dem Vinschgau und den Bischof von Brixen mit dem Eisack- und Inntal belehnen, scheint es zunächst so, als würden zwei geistliche Fürstentümer dauerhaft die Macht im Gebiet des heutigen Südtirols unter sich aufteilen. Einzelne Interessen der lokalen Adelsfamilien führen dann aber zu einer Machtverschiebung.

12. Jh.

Da die persönliche Ausübung weltlicher Herrschaft mit dem geistlichen Amt eines Bischofs unvereinbar ist, übergeben die Bischöfe die Grafengewalt und die „Vogtei“, also die Schutzherrschaft über die geistlichen Güter, weltlichen Machthabern. Im Gebiet des heutigen Südtirols sind das in der Mitte des 12. Jahrhunderts die Grafen von Morit-Greifenstein, die vom Bischof von Trient die Grafschaft Bozen zu Lehen tragen, außerdem die Vogtei des Bistums Brixen. Die Grafen von Eppan herrschen zur selben Zeit über die Grafschaft Eppan, die sich orografisch rechts der Etsch von Lana bis zur Mündung des Noce (im Norden des Trentino) erstreckt. Im Vinschgau sind die Grafen von Tirol seit der Mitte des 12. Jahrhunderts als bischöfliche Grafschaftsverwalter des Hochstifts Trient nachweisbar.

1165

Bald nach dem Aussterben der Grafen von Morit-Greifenstein (1165) erhalten die Grafen von Tirol die Grafschaft Bozen und werden vom Bistum Trient um 1200 mit der Vogtei betraut. Im Laufe des 13. Jahrhunderts setzen sie sich auch im Bistum Brixen fest. Hier haben ungefähr seit dem Jahr 1170 die Grafen von Andechs Grafschaft und Vogtei inne. Die Andechser werden 1180 zu Herzögen erhoben, doch bereits 1209 von einem Reichsgericht der Beihilfe an der Ermordung König Philipps für schuldig befunden und verlieren ihre Ämter und Lehen im Bistum Brixen. Nun fasst Albert III. von Tirol dort Fuß. Die Andechser werden bald rehabilitiert, die Vogtei im Eisacktal bleibt aber beim Grafen von Tirol. Als der letzte Andechser 1248 ohne Erben stirbt, beansprucht Albert III. von Tirol mit Erfolg dessen Rechte im Inn- und Pustertal. 1253 sterben Graf Ulrich von Eppan-Ulten und kurz danach seine Cousins von Hocheppan. Da Albert III. auch diesmal erfolgreich seine Ansprüche durchsetzt, belehnt ihn Bischof Egno von Trient mit dem eppanischen Lehensbesitz im Etschland.

Damit hat Graf Albert von Tirol die Trientner und Brixner Grafschaften und die Vogtei über beide Hochstifte in seiner Hand vereinigt und in diesem weitläufigen Gebiet das Sagen. Aus diesem Grunde werden die Jahre zwischen 1248 und 1253 als die Geburtsstunde Tirols bezeichnet. Nun kommt für das gesamte Gebiet in den Urkunden die Bezeichnung „Herrschaft der Grafen von Tirol“ oder „Grafschaft Tirol” auf und setzt sich gegen den älteren und unpolitischen Namen „Land im Gebirge“ durch.

1253

Graf Albert III. von Tirol stirbt 1253 ohne männliche Erben. Seine Schwiegersöhne Gebhard von Hirschberg und Meinhard III. von Görz teilen 1254 sein Erbe auf. Gebhard erhält das Inn- und Wipptal bis in die Gegend des heutigen Franzensfeste, Meinhard das Etsch-, Eisack- und Pustertal.

Durch die Teilung scheint das Lebenswerk Alberts III. von Tirol infrage gestellt. Doch sein Enkel Meinhard II. von Tirol ist ein zielstrebiger Politiker, kluger Taktiker und kühler Rechner. Er soll der Vollender Tirols werden. Nach dem frühen Tod ihres Vaters Meinhard III. von Görz regieren die Brüder Meinhard II. und Albert III. von Tirol zunächst gemeinsam. 1271 teilen sie ihr Erbe, Albert bekommt die Stammlande Görz mit dem Pustertal ab der Mühlbacher Klause und Meinhard die Gebiete westlich davon. (Bild S. 57)

1271–1295

Meinhard kauft von seinem Onkel Gebhard von Hirschberg dessen Anteil im Inntal. Dann versucht er, seine Stellung in Tirol auszubauen, indem er sich die Zeit des Interregnums (der kaiserlosen Zeit) zunutze macht. Die Macht der Bischöfe, deren Schutz er übernommen hat, beschneidet er, indem er ihnen Burg um Burg und Gericht um Gericht wegnimmt, bis seine alleinige Herrschaft im Lande an Inn, Etsch und Eisack außer Frage steht. Jene einheimischen Adelsgeschlechter, die Widerstand leisten, bringt er dazu, ihm ihren Besitz zu überlassen. Für seine Dienste holt er sich tüchtige und ergebene Leute aus den untersten Schichten. Er schafft eine für die damalige Zeit in Europa mustergültige Verwaltung und fördert

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