6 minute read

Community Art

Ein Signal für die Zukunft

SIGNAL. Die Klanginstallation auf dem Dachsteingletscher hat berührt, sensibilisiert und Menschen aus der Region zusammengebracht. Für die Zukunft ist eine Fortsetzung geplant, die auch auf die Zusammenarbeit mit jungen KünstlerInnen aus der Region setzt.

Was genau ist zur Sommersonnenwende auf dem Gletscher passiert? Werner Schrempf: Dort haben 300 Menschen am längsten Tag des Jahres die Sonne aufgehen sehen. Und auf 2.700 Metern Höhe eine LandschaftsKlanginstallation der niederländischen Künstler Strijbos & Van Rijswijk miterlebt – eine sensible, weitläufige Inszenierung aus Tönen des Gletschers, der Natur und der Menschen, live von sechs Sopranistinnen und drei Alphornisten begleitet. Eigentlich war geplant, sich dem Gletscher auf künstlerisch begleiteten Wanderungen – den sogenannten Ouvertüren – zu nähern, was aber schneebedingt noch nicht möglich war.

Diese werden nun den ganzen Sommer über an mehreren Wochenenden stattfinden. Zur Ouvertüre 1 wurden die TeilnehmerInnen mit Bussen ausgehend von verschiedenen Orten rund um den Dachstein, von Bad Ischl bis Ramsau, und anschließend mit der Gondel zur Bergstation gebracht. In den Bussen waren Texte von Bodo Hell und Peter Gruber zu hören. Der junge Künstler und Autor Christoph Szalay gestaltete in Zusammenarbeit mit Theresa Stroetges für diese Ouvertüre eine Ton-Collage über die Region. In der Talstation war eine Installation der Schladminger Kino-Künstlerin Stefanie Weberhofer zu erleben und in der Seilbahn eine Klanginstallation der Ramsauer Soundcatcherin Katharina Pfennich, die Töne in der Dachstein Südwandhöhle gesammelt hatte. Oben angekommen, sind wir dann in einer Art Karawane mit Stirnlampen gen Westen gewandert, haben um fünf Uhr morgens die Sonne über dem Toten Gebirge aufgehen sehen – den Klängen und Gesängen gelauscht und dokumentiert, wie berührt und begeistert die Menschen waren.

Wie entstand die Idee zu diesem Projekt? Der Gletscher ist ein Archiv der Natur- und Kulturgeschichte, das weit zurückreicht und durch den Klimawandel wahrscheinlich noch zu Lebzeiten unserer Generation verschwinden wird. Dafür wollten wir gemeinsam mit Strijbos & Van Rijswijk, die große Landschaften zu Klangkörpern machen, eine Sensibilisierung schaffen. Aber auch – heuer in Zusammenarbeit mit dem Festival der Regionen – ein Community-Projekt ins Leben rufen, das KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen, aber auch Menschen aus der Region zusammenbringt.

Wird es eine Fortsetzung geben? Ganz sicher. Zum einen wollen wir die Ouvertüren zu den Themen Artenvielfalt, Kulturgeschichte, Wald und Weide, Geologie, Meteorologie, Glaziologie und touristische Erschließung gemeinsam mit der Landschaftsoper im Rahmen einer Ausstellung dokumentieren. Außerdem werden wir fünf junge KünstlerInnen aus der Region bis 2024 einladen im Rahmen ihres künstlerischen Interesses vor Ort zu arbeiten, sie dabei begleiten und zueinander in Beziehung bringen. /

Termine und Anmeldung für die Ouvertüren: www.lastrada.at/signal

Manchmal beginnt ein Weg nicht damit, Neues zu entdecken, sondern damit, Altbekanntes mit ganz anderen Augen zu sehen.

Elisabeth Reiter | La Strada

Gemeinsam Raum für Menschen schaffen

Intendant Werner Schrempf im Gespräch mit Ingo Hofmann, CEO der Merkur Versicherung, über die Kraft der Gemeinschaft, interdisziplinäres Arbeiten und den gemeinsamen Wunsch, Räume für die Menschen zu schaffen.

Werner Schrempf: Das Projekt The Graz Vigil im Kulturjahr 2020 lenkte den gemeinsamen Blick auch in Richtung Schloßberg, zur temporären Rauminstallation des CommunityArt-Projektes, kreiert von der Choreografin Joanne Leighton. Jeweils zur Vigil-Stunde, bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, lud La Strada zum Perspektivenwechsel ein, um über die Zukunft der Stadt nachzudenken.

Ingo Hofmann: Wenn Menschen zusammenwirken entsteht Austausch – der kann auch einmal quer gehen und dich aus der Komfortzone herausbringen. Das offenbart unterschiedliche Blickwinkel. Es ist schön, wenn die Kunst es schafft, diesen Diskurs zu orchestrieren.

Werner Schrempf: Es entstehen Räume, die Überraschungen möglich machen. Man muss offen sein und mit allen reden, unterschiedliche Expertisen in die Projekte inkludieren. Egal ob im städtischen oder ländlichen Raum – diverse Gesellschaften kommen über die Kunst zusammen, gemeinsam werden Geschichten erzählt. So entsteht Kultur.

Ingo Hofmann: Was wir nicht kennen, macht uns neugierig und bringt uns weiter. Es kommt auf den Blickwinkel und die Perspektive an, auf die Beziehung zu deinem Gegenüber. Werner Schrempf: Und darauf, Zusammenhänge zu schaffen, die KünstlerInnen, die Bevölkerung und die Themen der Zeit in eine längerfristige Beziehung zueinander stellen.

Ingo Hofmann: Das macht uns als Mensch aus, dass wir es schaffen uns auf Dinge einzulassen und dass wir es verstehen, diese richtig zu interpretieren, auch wenn das heutzutage mit der Flut an medialer Begleitung nicht so leicht ist. Ein Ökosystem funktioniert auch nur, wenn man unterschiedliche Themen miteinander verbindet. Man kann die Dinge nicht nur singulär betrachten, Interdisziplinarität ist wesentlich.

Werner Schrempf: Dazu braucht es partnerschaftliche Plattformen und Netzwerke.

Ingo Hofmann: Und gemeinsame Ziele, wie jenes, Raum für Menschen zu schaffen und sie zu begeistern.

Werner Schrempf: Oder den Raum neu zu definieren, weil er ohnehin schon da ist. / The Graz Vigil

Die Dokumentation des Projektes von WLDN/Joanne Leighton als Installation am Karmeliterplatz

FR / AT

24. Juli bis 8. August 10:00 bis 12:00 und 17:00 bis 22:00 Uhr

Ein La Strada-Projekt im Rahmen von Graz Kulturjahr 2020 in Zusammenarbeit mit der Wohnbaugruppe ENNSTAL

732 BewohnerInnen der Stadt haben von 1. Januar bis 31. Dezember 2020 jeweils eine Stunde zu Sonnenaufgang und zu Sonnenuntergang über unsere Stadt gewacht. Im Anschluss haben sie ihre Gedanken, Gefühle und veränderten Perspektiven aufgeschrieben. Ihre Aufzeichnungen bilden ein kollektives Tagebuch der Stadt und legen Zeugnis ab von einem ganz besonderen Jahr. In einer Installation am Karmeliterplatz haben nun diesen Sommer alle die Gelegenheit, Einblick in die persönlichen Beobachtungen, die die Menschen in der gesamten Stadt miteinander verbunden haben, zu nehmen.

Wenn es Theater wörtlich meint

Community Art Projekte bilden einen wesentlichen Schwerpunkt im Programm von La Strada. Sie bringen Kunst an alle Orte und zu allen Menschen der Stadt – und geben auch jenen eine Stimme, die selten gehört werden. Heuer sind die Produktionen so unterschiedlich wie intensiv.

Effetto Larsen

Bending borders

IT

Community Art ist ein Weg, den Menschen ihre eigene Realität aufzuzeigen, Möglichkeiten zu schaffen, sich mit Schmerzhaftem auseinanderzusetzen und die Augen nicht vor Problemen zu verschließen“, sagt Neda Sokolovska vom KUNSTLABOR Graz. Und das ist keinesfalls überheblich gemeint, sondern zielt darauf ab, „dass wir selbst die Dinge oft nicht so klar sehen oder je nach Lebensumfeld nicht aussprechen wollen oder können“, so die in Bulgarien geborene Regisseurin. „Wir Schauspielerinnen und Schauspieler können als Botschafter der Menschen agieren, wenn sie es uns erlauben“, ist Sokolovska überzeugt. Diese Erlaubnis haben die SchauspielerInnen in Eggenberg von den BewohnerInnen des Bezirks bekommen: Sie haben ihnen ihre Geschichten in eigenen Worten erzählt, die jetzt mit den Mitteln des Verbatim-Theaters (wörtliches Theater) mit einem größeren Publikum geteilt werden. Geschichten vom Verschwinden einstiger Lieblingsorte und Entstehen neuer Geschäfte, von der Neudefinition öffentlicher Räume und dem Zuzug neuer Nachbarn. Die jetzt als Stadtgeflüster die Sorgen, Freuden und Themen der Menschen vor Ort hörbar machen. Mit der Frage, was in den Köpfen der Menschen vorgeht, setzt sich auch die Produktion Bending Borders auseinander. Die KünstlerInnen von Effetto Larsen gehen dabei der Frage nach, wer eigentlich „Die“ sind und wer „Wir“. Und warum glücklicherweise immer „Die“ schuld sind und nie „Wir“. Das italienische Theater-Kollektiv zeigt auf, wie Vorurteile entstehen, wann und wie wir die Grenzen zwischen „uns“ und „denen“ ziehen – und wie die Politik genau das ausnutzt. Erkenntnisse, die es ermöglichen, Klischees zu hinterfragen und schließlich zu überwinden. /

Effetto Larsen

Bending borders Kostenloser Workshop: 31.7., 1.8., 2.8. 14:00 bis 18:00 Uhr / ab 16 Jahren Anmeldung: www.lastrada.at/effetto

IT KUNSTLABOR Graz

Eggenberger Stadtgeflüster Markthalle Eggenberg/Hofbauerplatz: 4.8., 5.8., 6.8., / 21:00 Uhr Sitzplatzreservierung erforderlich: Pay As You Wish

This article is from: