FluessigLesen

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Fl端ssig lesen mit Pattern Books Begleitheft zu den Leseb端chern Ein Instrument zur Feststellung und F旦rderung der Lesefl端ssigkeit Erich Hartmann und Albin Niedermann

VerlagKg.CH


Beispiele aus dem Begleitheft

Vorwort

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Kapitel 1

Wodurch zeichnen sich kompetente Leser aus?

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Kapitel 2

Was ist Leseflüssigkeit und warum ist sie wichtig?

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Kapitel 3

Wie kann Leseflüssigkeit erfasst werden?

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Kapitel 4

Allgemeine Hinweise zu Pattern Books

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Kapitel 5

Charakterisierung der beiliegenden Pattern Books

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Kapitel 6

Methodische Möglichkeiten zur Förderung des flüssigen Lesens

Fördermethode: Modellieren des flüssigen Lesens (vorlesen) Fördermethode: Assistiertes (unterstütztes) Lesen Fördermethode: Repeated Reading (wiederholtes Lesen) Fördermethode: Stilles (selbständiges) Lesen

Pattern Books

Seite 11 Seite 12 Seite 13 Seite 15 Seite 18

Kopiervorlagen Lesetexte in Grossdruckschrift (ohne Illustrationen)

Im Zoo (Niveau 1) Archi nimmt ein Bad (Niveau 2) Der Marder Max (Niveau 3) Monster zu Besuch (Niveau 4)

Seite 20 Seite 21 Seite 22 Seite 23

Dokumentation Lesefortschritte

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Erstellen einer Lernkurve im Excel-Programm Hinweis zum Download Lernkurve unter www.verlagkg.ch

Quellen- und Literaturverzeichnis

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Vorwort

Flüssig lesen mit Pattern Books Mit diesem Buch und den dazugehörigen vier Pattern Books stellen wir ein neues Instrument vor. Es dient der aktiven Förderung der mündlichen Leseflüssigkeit. Leseflüssigkeit spielt in der Entwicklung der Lesekompetenz eine weit grössere Rolle, als lange angenommen wurde, das zeigen neuere Erkenntnisse aus der Forschung. Leseflüssigkeit wird aktuell definiert als genaues, genügend rasches und ausdrucksvolles Lesen. Albin Niedermann und Erich Hartmann vom Heilpädagogischen Institut der Universität Freiburg haben in einer Projektarbeit gemeinsam mit Studierenden das Konzept Pattern Book zur Förderung der Leseflüssigkeit entwickelt und erprobt. Das Konzept Flüssig lesen mit Pattern Books eignet sich sowohl für Leseanfänger, Erstleserinnen als auch für Kinder mit Leseschwierigkeiten. Es ist für die Stufen Kindergarten, Unterstufe, Grund- und Basisstufe konzipiert und kann breit eingesetzt werden: im Regelunterricht, in der Einzelförderung, für die Elternarbeit und den Förderunterricht. Was steckt hinter dem Begriff Pattern Book? Pattern Books sind stark strukturierte Lesebücher mit hohem Bildanteil, wenig Text, einfachen Satzkonstruktionen, durchschaubaren Sprach- und Geschichtenmustern, Wiederholungen und rhythmischen Elementen. Nach diesem Konzept können Lesehefte zur mündlichen Leseflüssigkeit zu vielen verschiedenen Themen und für unterschiedliche Schwierigkeitsstufen entwickelt werden. Pattern Books sind so konzipiert, dass sie mehrmals gelesen werden können und sollen. Die Erprobung hat gezeigt, dass Kinder mit Pattern Books erfolgreiche Leseerfahrungen praktizieren und mündlich flüssiger lesen lernen können. Erfolgreiche Leseerfahrungen sind, wie man weiss, ein wichtiger Faktor in der Entwicklung der Lesekompetenz. In diesem Begleitheft wird die Bedeutung der Leseflüssigkeit aufgezeigt und eine einfache Methode zur Erfassung der Leseflüssigkeit des Kindes vorgestellt. Es folgen Hinweise zur Arbeit mit Pattern Books, eine Charakterisierung der vier vorliegenden Lese- und Ausmalbücher und vielfältige methodische Möglichkeiten, wie diese in der Praxis umgesetzt werden können. Ausserdem liegen die Texte der vier Pattern Books als Kopiervorlagen ohne Illustrationen und eine Anleitung zum Erstellen einer Lernkurve vor. Mit diesem neuen Diagnose- und Praxisinstrument zur mündlichen Leseflüssigkeit und den dazugehörigen Pattern Books möchte der VerlagKg.CH einen Beitrag zur Entwicklung der Lesekompetenz leisten. Es soll Lehrpersonen der Stufen Kindergarten, Unterstufe, Grund- und Basisstufe, Logopädinnen, Schulische Heilpädagogen und weitere Förderlehrkräfte in ihrer Unterrichtsarbeit unterstützen. Für den VerlagKg.CH Cornelia Hausherr

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Leseflüssigkeit ist ein Grundbaustein der Lesekompetenz. Mit dem neuen Unterrichtsinstrument Pattern Books – Lesebücher mit hohem Bildanteil, einfachem Wortschatz, kurzen Sätzen, Wiederholungen, Rhythmus und pfiffigen Geschichten – lernen Kinder gezielt flüssiger lesen.


Kapitel 1 Wodurch zeichnen sich kompetente Leser aus?

Bedeutung der Lesefähigkeit

Lesen ist in unserer komplexen Informationsgesellschaft eine wichtige Kommunikationsmöglichkeit und eine Schlüsselqualifikation. Lesefertigkeiten sind unerlässlich für eine harmonische, geistige, sprachliche, schulische und berufliche Entwicklung des Individuums. Es gehört daher zu den zentralen Aufgaben der Schule, alle Kinder zum kompetenten Lesen zu befähigen.

Ziele und Merkmale des Lesens

Kompetentes Lesen zielt primär darauf ab, Texte zu verstehen. Um dieses Ziel erreichen zu können, konstruiert der Leser laufend Bedeutungen in der Auseinandersetzung mit geschriebener Sprache. Als aktives Element im Leseprozess benötigt der Leser hierzu vielfältige sprachliche, schriftspezifische, geistige und motivationale Voraussetzungen. Die Leseforschung hat wichtige Merkmale des kompetenten Lesers identifiziert:1

1 Hartmann (2006)

:-) Positive Haltung, Motivation und Ziele in Bezug auf das Lesen :-) Reichhaltiges Sprach- und Allgemeinwissen :-) Genaue und automatisierte Worterkennung (Dekodieren) :-) Leseflüssigkeit auf Textebene :-) Kenntnis und Gebrauch von Strategien zur Überprüfung und Verbesserung des Textverstehens

Entwicklung

Die Entwicklung all dieser Dimensionen der Lesekompetenz ist ein langjähriger Prozess, der im Vorschulalter einsetzt und sich in der Schule über mehrere Jahre erstreckt. Lesekompetenz erfordert nicht nur Zeit, sondern auch Unterricht, Übung und Erfahrung. Um sich zu guten Leserinnen und Lesern entwickeln zu können, sind Kinder auf einen guten Schriftsprachunterricht angewiesen, der ihnen alle Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die sie dazu benötigen.

Leseflüssigkeit

Wie obige Auflistung deutlich macht, ist die Fähigkeit zum flüssigen Lesen zwar nur ein Baustein zur Lesekompetenz. Neuere Erkenntnisse legen jedoch nahe, dass Leseflüssigkeit in der erfolgreichen Leseentwicklung eine weit wichtigere Rolle spielt, als lange angenommen wurde. Entsprechend empfehlen Experten, der Leseflüssigkeit im allgemeinen Leseunterricht wie auch in der speziellen Förderung von Kindern mit Leselernschwierigkeiten vermehrt Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn Kinder während der Schulzeit nämlich kein einigermassen flüssiges Lesen mit adäquater Sinnentnahme erlangen können, so erhöht sich das Risiko, dass sie nach Abschluss der Schule früher oder später zu funktionalen Analphabeten werden. Dieses Phänomen wird auch als Illetrismus bezeichnet. Gemeint ist die für alltägliche Aufgaben ungenügende Fertigkeit in Lesen und Schreiben.

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Kapitel 2 Was ist Leseflüssigkeit und warum ist sie wichtig? Definition und Merkmale

Flüssigkeit ist eine wichtige Komponente des geübten Leseprozesses. Während Leseflüssigkeit früher mit dem automatisierten Worterkennen gleichgesetzt wurde, ist das Verständnis dieser Fertigkeit in den letzten Jahren erweitert worden. Leseflüssigkeit wird aktuell als genaues, ausreichend rasches und ausdrucksvolles (natürliches) Lesen von Texten definiert. Zur Lesegenauigkeit und zum Lesetempo kommen also die musischen Merkmale wie Intonation, Rhythmus, Akzent und Phrasierung dazu, die das mündliche Lesen charakterisieren, beim stillen Lesen hingegen nicht hörbar (subvokal) sind.

Entwicklung und Dynamik

Die Fähigkeit zum flüssigen Lesen ist das Ergebnis eines komplexen Entwicklungsgeschehens, zu dem vielfältige sprachliche, schriftsprachliche und kognitive Voraussetzungen und Prozesse sowie reichhaltige Lesepraxis beitragen. Als dynamisches Phänomen basiert das flüssige Lesen nicht nur auf Fähigkeiten des Lesers. Vielmehr wird das Ausmass an Leseflüssigkeit auch durch Merkmale des konkreten Textes – Lesbarkeit, Grammatik, Wortschatz, Thema – beeinflusst, der in einer bestimmten Situation gelesen wird. Entsprechend ist dem Lesematerial im Unterricht grosse Beachtung zu schenken.2

2 Hartmann & Niedermann (2006)

Effekte auf das Leseverstehen

Leseflüssigkeit bildet sozusagen den Flaschenhals zum verständigen Lesen. Alle drei Komponenten des flüssigen Lesens – Genauigkeit, Tempo, natürlicher Ausdruck – stehen mit dem Leseverständnis in einem positiven Zusammenhang bzw. begünstigen es. Theoretisch und praktisch ist flüssiges Lesen wichtig, weil dem Leser dadurch noch genügend kognitive Ressourcen zur Verfügung stehen, die er für höhere Verarbeitungsprozesse bzw. für das Textverstehen benötigt. Im Gegensatz dazu werden die kognitiven Energien beim unflüssigen Lesen hauptsächlich durch elementare (Wort-)Leseprozesse absorbiert, wodurch das Verstehen (Bedeutungskonstruktion) in der Regel erschwert wird. Diesem Problem kann entgegengewirkt werden, indem im Leseunterricht der ersten Klassen der Entwicklung des genauen und automatisierten Wortlesens (Dekodieren) grosse Aufmerksamkeit geschenkt wird – effizientes Worterkennen begünstigt sowohl den Lesefluss als auch das Leseverstehen. Darauf aufbauend sind gezielte und spezifische Massnahmen zum flüssigen Lesen auf Textebene wichtig, wovon insbesondere leseschwache Kinder u. a. auch im Hinblick auf das Leseverstehen profitieren können.3

3 Rasinski (2003); Hartmann & Niedermann (2006)

Lesbarkeit, Grammatik, Wortschatz und Thema eines Textes üben einen grossen Einfluss auf die Entwicklung der Leseflüssigkeit aus.

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Kapitel 3 Wie kann Leseflüssigkeit erfasst werden? Förderdiagnostik einsetzen

4 Hartmann (2006); Niedermann et al. (2007)

1-Minuten-Leseprobe

5 Nach Rasinski (2003: 2005); Wright (o. J.); Wember 1999

Geeignete Textpassage auswählen

1 Minute vorlesen

Bestimmung falsch gelesener Wörter

Bestimmung des RWM

Genauigkeit der Erhebung erhöhen

Förderdiagnostik ist ein wichtiges Element eines guten Leseunterrichts. Die Fähigkeit der Lehrperson, den Entwicklungsstand im Lesen sowie mögliche Lernschwierigkeiten einzelner Schülerinnen und Schüler richtig einschätzen zu können, ist unerlässlich, wenn ihre Lesekompetenzen nachhaltig verbessert werden sollen.4 Um feststellen zu können, bei welchen Kindern der Leseflüssigkeit besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist, kann die Lehrperson sogenannte 1-Minuten-Leseproben (one minute reading probe) erheben und auswerten. Dieses einfache, bewährte und gesicherte förderdiagnostische Verfahren ist sehr zeitökonomisch. Daher kann es durch wiederholten Einsatz im Verlauf des Schuljahres auch gut für die Erfassung und die Bewertung von Lernprozessen eingesetzt werden. Zur Erhebung von curriculumbasierten Leseflüssigkeitsmassen kann folgendermassen vorgegangen werden:5

1. Die Lehrperson wählt aus unterrichtsnahem Lesematerial (Lesehefte oder -bücher) für die jeweilige Klassenstufe eine geeignete Textpassage aus. Für Erst- und Zweitklässler sollte der Text ungefähr 150 Wörter umfassen, für ältere Kinder etwa 250 Wörter. Die Passage sollte den Kindern nicht bekannt sein, keine Illustrationen und nicht zu viele Dialoge oder Fremdwörter enthalten. 2. Jedes Kind liest der Lehrperson den ganzen Text prima vista vor. Die Kinder werden vorgängig angehalten, den Text möglichst «normal» zu lesen, also genau so, wie sie sonst lesen, und nicht zu schnell. Die Lehrperson startet die Stoppuhr, wenn das Kind das erste Wort der Passage liest. Sie vermerkt in der Textkopie die fehlerhaft gelesenen Wörter (durchstreichen) und nach 60 Sekunden das zuletzt gelesene Wort. Bei Verlesungen mit Selbstkorrektur wird über das durchgestrichene Wort ein «K» notiert. Kann das Kind ein bestimmtes Wort nicht innerhalb von 3 Sekunden lesen, gibt die Lehrperson das Wort vor und markiert es als Fehler. Die Leseprobe wird vorteilhaft auf Tonträger aufgezeichnet. 3. Bei der Auswertung wird nur der innerhalb von 60 Sekunden gelesene Textteil berücksichtigt. Für jede Leseprobe werden die falsch gelesenen Wörter bestimmt. Als jeweils 1 Fehler gelten: Abweichende Aussprache einzelner Buchstaben von Wörtern (Schaum statt Scham, Sein statt Stein), Ersetzungen von ganzen Wörtern (Holz statt Haus), Auslassungen von Wörtern (Er ging in den Wald statt Er ging heute in den Wald) und Umstellungen von aufeinanderfolgenden Wörtern (Sie suchte die kleine blaue Tasche statt Sie suchte die blaue kleine Tasche). Wörter, die von der Lehrperson vorgegeben werden mussten, sind ebenfalls als falsch gelesene Wörter zu betrachten. Keine Fehler sind hingegen Verlesungen mit Selbstkorrektur (markiert als «K»), Dehnungen, Wiederholungen/Stockungen sowie hinzugefügte Wörter. 4. Anschliessend wird die Anzahl der richtigen Wörter pro Minute (RWM) berechnet: RWM = Anzahl der gelesenen bzw. versuchten Wörter minus falsch gelesene Wörter. Beispiel: In einer Minute wurden 70 Wörter gelesen oder zu lesen versucht, wovon 10 Wörter falsch gelesen wurden. Der RWM beträgt in diesem Fall 60. 5. Um die Genauigkeit der Erhebung zu erhöhen, kann die Lehrperson die Kinder zwei weitere Passagen aus dem ausgewählten Textmaterial lesen lassen und wie oben beschrieben verfahren. Für jede Leseprobe werden die richtigen Wörter pro Minute ermittelt. Zur Beurteilung der Leseflüssigkeit wird in diesem Fall der mittlere Wert (Median) gewählt. Beispiel: Leseprobe 1: RWM = 60, Leseprobe 2: RWM = 63, Leseprobe 3: RWM = 65. Der mittlere (zweitgrösste) RWM-Wert ist 63.

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Kapitel 6 Fördermethode: Modellieren des flüssigen Lesens (vorlesen) Überblick über verschiedene Fördermethoden 13 National Reading Panel (2000); Kuhn & Stahl (2003); Chard et al. (2002)

Die Unterrichts- und Interventionsforschung spricht für die Wirksamkeit verschiedener Methoden zur Förderung der mündlichen Leseflüssigkeit. Die folgenden methodischen Möglichkeiten werden im Rahmen von Unterricht oder Intervention vorteilhaft entwicklungslogisch kombiniert, was die Erfolgschancen erhöht:13

1 Modellieren des flüssigen Lesens (vorlesen) 2 Assistiertes (unterstütztes) Lesen 3 Wiederholtes Lesen von Texten Modellieren, assistiertes Lesen und wiederholtes Lesen lassen sich grundsätzlich auf alle Arten von geeigneten Texten anwenden, also nicht nur auf Pattern Books, die hier von Interesse sind und verschiedene Anwendungsmöglichkeiten eröffnen. So können solche Lesetexte vorgelesen (modelliert) werden, bevor sie gemeinsam mit den Kindern gelesen werden (unterstütztes Lesen). Im Weiteren können die Kinder die Pattern Books selbständig wiederholt mündlich lesen, um sie schliesslich noch still für sich zu lesen. Wesentlich ist, dass die Schüler und Schülerinnen die eingeführten Bücher bzw. die unillustrierten Texte, siehe Seiten 20–23, mehrmals lesen können, damit sich Leseflüssigkeit einstellen kann. Das im Unterricht eingesetzte Lesematerial sollte den Kindern daher im Klassenzimmer leicht verfügbar sein.

1 Modellieren des flüssigen Lesens

Durch regelmässiges Vorlesen der Lehrperson sollen die Schülerinnen und Schüler immer wieder ein gutes Modell flüssigen Lesens erhalten. Während des Vorlesens können die Kinder erkennen, wie die Stimme gebraucht werden kann, um Bedeutung zu kreieren und zu erweitern. Durch Intonation, Ausdruck, Phrasierung und Pausieren an angemessenen Stellen demonstriert der Leser, dass Bedeutung nicht nur in Wörter eingebettet ist, sondern auch in der Interpretation der Wörter liegt. Beim Vorlesen erhalten die Kinder die Botschaft, dass sie beim Lesen in derselben expressiven und bedeutungsvollen Art und Weise lesen sollen. Das Vorlesen fördert nicht nur das Leseinteresse von Schülerinnen und Schülern, sondern motiviert sie auch zum eigenen flüssigen Lesen. Darüber hinaus sind positive Auswirkungen auf das Sprachverstehen und den Wortschatz belegt. Diese Effekte kommen besonders dann zum Tragen, wenn die Kinder die Möglichkeit erhalten, im Anschluss an das Vorlesen über den Text zu diskutieren oder das Gehörte anderweitig zu verarbeiten, zum Beispiel durch zeichnerisches Darstellen und Ausmalen wie in den vorliegenden vier Pattern Books.14

14 Rasinski (2003)

Nach dem Vorlesen ausmalen …

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… auf eine Bilderreise gehen …

… eine Quizfrage dazu lösen …


Kapitel 6 Fördermethode: Assistiertes (unterstütztes) Lesen 2 Assistiertes Lesen

Simultanes unterstütztes Lesen

15 Toppkin & Ehly (2006)

4-P-Prinzip

Kinder benötigen nicht nur Modelle flüssigen Lesens, sondern auch eigene Lesepraxis und Erfahrungen mit geeigneten Texten. Eine wichtige Möglichkeit für jüngere und schwächere Leserinnen und Leser bietet hierzu die Methode des unterstützten Lesens, die verschiedene Varianten kennt: simultanes unterstütztes Lesen, Partner-Lesen, Echo-Lesen, Choral-Lesen/Singen, simultanes Hör-Lesen. Allen Vorgehensweisen für die Arbeit mit einzelnen Kindern oder (Klein-)Gruppen ist gemeinsam, dass mindestens zwei Leser – ein kompetenter (Lehrperson, Peer) und ein weniger kompetenter – gemeinsam einen Text lesen. Dabei führt der assistierende Leser den unflüssigen Leser und unterstützt ihn durch Modelle, Hilfestellungen und Rückmeldungen. Durch diese Unterstützung können die Worterkennung und die Leseflüssigkeit des weniger kompetenten Lesers begünstigt werden, was freie Kapazitäten für das bessere Textverstehen schafft. Da die Kinder letztlich zu unabhängigen flüssigen Leserinnen und Lesern befähigt werden sollen, ist es wichtig, dass die Lehrperson ihre Modelle, Hilfestellungen und Rückmeldungen graduell abbaut, sodass die Lernenden sukzessive mehr Eigenkontrolle und -verantwortung für erfolgreiches Lesen übernehmen können. Im Rahmen des Leseunterrichts und der Leseförderung eignen sich verschiedene Varianten des unterstützten Lesens. Die anschliessend beschriebenen Übungsformen können mit dem Prinzip des wiederholten Lesens kombiniert werden, was günstige Auswirkungen auf die Leseflüssigkeit und das Leseverstehen hat.

Die Lehrperson liest zusammen mit dem unflüssigen Leser, wobei sie sich an dessen Leseniveau und Lesetempo anpasst. Wenn das Kind auf ein unbekanntes Wort stösst, spricht ihm die Lehrperson dieses Wort vor, und es wird weiter gelesen. Nach dem simultanen Lesen des Textes können die schwierigen Wörter aufgegriffen, erklärt und geübt werden. Diese Form des assistierten Lesens kann nach dem 4-P-Prinzip – PreviewPause-Prompt-Praise – erfolgen:15

:-) Preview = Voraussagen :-) Pause = Pausieren :-) Prompt = Helfen :-) Praise = Loben

… zum Thema recherchieren …

… diskutieren und schreiben.

Simultanes Lesen: Lehrperson und Kind lesen zusammen im Tempo des Kindes.

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Kapitel 6 Fördermethode: Repeated Reading Das nachstehende Vorgehen ist für das wiederholte Lesen in der Einzelarbeit geeignet. Zur Vorbereitung des wiederholten Lesens wird ein interessanter, nicht illustrierter Text von 100–500 Wörtern auf dem Instruktionsniveau des Kindes, siehe Seite 7, ausgewählt, das heisst 90–95% der Wörter können gelesen werden. Die Durchführung enthält die folgenden Schritte:17

Repeated Reading in der Einzelförderung 17 vgl. Samuels (1997); Wember (1999); Rasinski (2003)

1. Mit dem ausgewählten Text wird über mehrere Tage während jeweils 10 bis 15 Minuten geübt, bis ein festgelegtes Lernziel erreicht wird. In der Übungsphase unterstützt die Lehrperson das wiederholte mündliche Lesen des Kindes, korrigiert seine Fehler und hilft ihm, falls erforderlich, bei schwierigen Wörtern. In der Übungsphase sollen auch Fragen zum Inhalt besprochen werden, um das Verstehen des Textes zu sichern.

Übungsphase

2. Nach der Übungseinheit erfolgt eine Testphase, in der das Kind den Text einmal selbständig vorliest. Die Lehrperson protokolliert die Verlesungen (falsch gelesene Wörter) und ermittelt die für den Text benötigte Lesezeit in Sekunden, vgl. dazu Kapitel 3.

Testphase

3. Zur Kontrolle und Dokumentation des Lernfortschritts können folgende Werte ermittelt und in eine Grafik eingetragen werden: a) RWM: Anzahl der richtig gelesenen Wörter pro Minute b) FWM: Anzahl der falsch gelesenen Wörter pro Minute Es hat sich bewährt, die Grafik durch das Kind erstellen zu lassen oder zumindest immer wieder gemeinsam zu besprechen.

Lernfortschritt dokumentieren

4. Das Kind soll sein Lesetempo allmählich steigern und gleichzeitig die Fehlerzahl verringern, bis ein bestimmtes Kriterium erreicht ist. Dieses sollte möglichst konkret formuliert sein, z. B. 70 richtig gelesene Wörter pro Minute bei höchstens 8 falsch gelesenen.

Lernziel erreichen

5. Ist das Kriterium erreicht, kann mit einer neuen und etwas schwierigeren Textpassage nach der oben beschriebenen Vorgehensweise verfahren werden.

Textniveau erhöhen

Zur Veranschaulichung der grafischen Darstellung des Lernfortschritts beim wiederholten Textlesen dient das folgende Beispiel:

Grafische Darstellung des Lernfortschritts

Kriterien

Richtig gelesene Wörter pro Minute RWM = Falsch gelesene Wörter pro Minute FWM =

70

70

60

60

50

50

40

40

30

30

20

20

10

10

Der Einsatz des wiederholten Lesens beschränkt sich nicht auf die Einzelförderung.

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1 16

Text 2

Text 1

Lernkurve

Leseproben

2

3

4

1

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