Kinder erforschen die Schriftkultur

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vielfältige ­Erfahrungen damit: Sie hören Geschichten, betrachten Bilderbücher, beschäftigen sich mit Illustrationen und deuten Inhalte. Sie schreiben den eigenen

Kinder erforschen die schriftkultur

Schriftkultur gehört zum Alltag der Kinder. Bereits ab früher Kindheit sammeln sie

Kinder ­erforschen die Schriftkultur Barbara Sörensen

Namen, erhalten Post und versuchen Schriftzüge, Buchstaben und Wörter am ­Computer- oder Fernsehbildschirm, in Zeitungen, an Gebäuden, auf Plakaten, ­Speisekarten und Einkaufslisten zu entziffern. Kinder lernen das Schreiben und Lesen aber erst in der Schule – obwohl sie schon viel früher daran interessiert sind. Wie kann diese Erkenntnis in den Unterricht ­einfliessen? Die vorliegende Publikation zeigt, wie der Schriftspracherwerb von vier- bis achtjährigen Kindern spielerisch, individuell und systematisch angeregt und gefördert Kernstück sind die vier an der Basisstufe Muristalden in Bern erprobten Spiel- und Lernumgebungen «Arztpraxis», «Architekturbüro», «Restaurant» und «Bahnhof». Sie vermitteln Lehrpersonen ganz konkret, wie sie Kinder auf dem Weg zur Schriftkultur begleiten können. Eine sprachwissenschaftliche Einführung, didaktische Überlegungen und Kopiervorlagen ergänzen das auf die Praxis ausgerichtete Buch.

ISBN 978-3-908024-10-2

Barbara Sörensen

werden kann.

Ein Tor zur Welt der Symbole, Buchstaben und Texte Spiel- und Lernumgebungen für Kindergruppen von 4 bis 8



Barbara Sรถrensen

Kinder erforschen die Schriftkultur


Die Autorin Barbara Soerensen, lic. phil., ist Bildungswissenschafterin. Ihr Spezial­ gebiet ist die Beschäftigung mit historischen und aktuellen Aspekten der Bildungsarbeit für vier- bis achtjährige Kinder. Sie ist Primarlehrerin und Kindergärtnerin und unterrichtet an der ­Basisstufe Muristalden in Bern, der sie auch vorsteht.

Herausgeber: Verlag LCH Lehrmittel 4bis8 www.lehrmittel4bis8.ch 2. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten Copyright © 2005 Verlag LCH Lehrmittel 4bis8 Lektorat und Redaktion: Cornelia Hausherr, Winterthur Fotos: Stefan Weber, Nidau, www.swebfoto.ch Illustrationen: Fabienne Boldt, Winterthur Satz und Gestaltung: Albin Koller, Berikon Korrektorat: Esther Mattille, Zürich Druck: buag Grafisches Unternehmen AG, Baden-Dättwil Auslieferung: Verlag LCH Lehrmittel 4bis8 c/o Schule und Weiterbildung Schweiz swch, Bennwilerstrasse 6, 4434 Hölstein, Tel. 061 956 90 70 ISBN 978-3-908024-10-2 2


Barbara Sörensen

Kinder ­erforschen die Schriftkultur Ein Tor zur Welt der Symbole, Buchstaben und Texte Spiel- und Lernumgebungen für Kinder von 4 bis 8

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Inhalt

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Vorwort

Teil I: Theorie

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Schriftspracherwerb – ein aktiver Prozess

Teil II: Didaktische Überlegungen

18 Lernprozesse anregen und begleiten

Teil III: Praxis Spiel- und Lernumgebung Arztpraxis

28 «Herr Boa hat etwas mit dem Magen»

Spiel- und Lernumgebung Architekturbüro

4

34 «Architekturbüro noch zwei Meter»


Spiel- und Lernumgebung Restaurant

40 «Reserviert, Moritz, 5 Uhr»

Spiel- und Lernumgebung Bahnhof

46 «Hotel Italia, Vermont Park»

Kopiervorlagen 52 54 55 56 58 59

Arztpraxis: Wort-Bild-Memory Architekturbüro: Grundriss «lesen» und weiterentwickeln Architekturbüro: Einrichten! Restaurant: Bestellzettel-Abreisssystem Bahnhof: Mehr als nur Bahnhof verstehen Bahnhof: Musterbillett

Service

60 Glossar: Erklärung von Fachbegriffen 61 Phasen des Schriftspracherwerbs: Übersicht

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Besonderer Dank Das vorliegende Buch entstand aus der Zusammenarbeit (2002–2005) mit den vier Lehrpersonen und all den Kindern der beiden Klassen der Basisstufe des Campus Muristalden in Bern. Ausgangspunkt war der Wunsch der Schule, die pädagogisch-didaktische Entwicklungsarbeit, welche die Lehrpersonen im Basisstufenprojekt leisten, durch wissenschaftlich fundierte Grundlagen und Erkenntnisse zu stützen. Dank der Initiative von Rita Holzer, die mich am Institut für Lehrerinnen- und Lehrer­bildung Bern Marzili für gut zwei Jahre als Assistentin anstellte, konnte ich den spannenden ­Auftrag übernehmen. Am Institut haben mir besonders die ­Gespräche mit Heidi Brunner, ­Ursula Fiechter, Walter Hartmann und Luisa ­Marretta geholfen, die theoretischen Grundlagen des Projektes weiterzuentwickeln und zu ­differenzieren. Danken möchte ich an dieser ­Stelle ganz besonders den vier Lehr­personen der Basisstufe: Für die Offenheit, Diskussions­ bereitschaft und Gastfreundschaft, die sie mir an ihrer Schule gewährt haben, sowie für die ­zugleich anspruchsvollen und lustvollen Stunden des gemein­ samen Planens und Gestaltens der vier Spiel- und Lernumge­ Das Team: Hans Hofmann, Barbara Sörensen, Ursula Jezler, Christine Binggeli, bungen. Cornelia Zangger. In unsern zahlreichen anregenden, kritischen, kreativen und aufmunternden Gesprächen über das Projekt hat Christine Binggeli ganz entscheidend zum ­Gelingen beigetragen. Sie hat mit ausge­prägtem pädagogischem ­Geschick, Einfühlungsvermögen und differenzierten Beobachtungen die Kinder während ihren Aktivi­täten in den Spiel- und Lernumgebungen begleitet. Dadurch hat sie ­ihnen eine ­farbige Palette voller Schreib- und Lesetätigkeiten eröffnet und mir eine Vielfalt an Beobachtungs- und Reflexionsmöglichkeiten geschaffen. Für ihr grosses Engagement für dieses Projekt bedanke ich mich ganz herzlich. Ebenso herzlich ist mein Dank an alle Kinder, die mir mit ihrer Neugier, ihrer Experimentier- und Spielfreude, ihrem Ideenreichtum und ihrer Gesprächsbereitschaft so verschiedenartige Einblicke in den Prozess des Schriftspracherwerbs ermöglicht und eine Fülle von spannenden Schriftdokumenten zur Verfügung gestellt haben. Stefan Weber danke ich für das verständnisvolle und einfühlsame ­Vorgehen während der Fototermine und Cornelia Hausherr für die ­kritische, inspirierende und anregende Lektoratsarbeit. Barbara Sörensen

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Vorwort

«Weisch, mis Hirni cha das eifach zämeläse» Kinder zeigen häufig lange vor Schuleintritt grosses Interesse am Lesen und Schreiben, denn Schriftsprache prägt unsere Kultur. Schreib- und Lesekompetenzen beginnen sich bereits in den ersten Lebensjahren zu entwickeln. Kinder zeichnen, entdecken Symbole, betrachten Bilder, blättern in Zeitschriften, schreiben Kritzelbriefe, hören Radio, sehen fern, spielen am Computer. Trotzdem lernen sie diese Kulturtechniken erst in der Schule, nicht im Kindergarten. Die vorliegende Publikation beschreitet einen neuen Weg. Sie stellt vor, wie bereits jüngere Kinder in den Erwerb der Schriftsprache hineinwachsen und einen fliessenderen Übergang zwischen Kindergarten und Schule erleben können. Für den praktischen Teil haben die vier Lehrpersonen der Basisstufe Muristalden in Bern während zwei Jahren vier Spiel- und Lernumge­ bungen zu den Themen «Arztpraxis», «Architekturbüro», ­«Restaurant» und «Bahnhof» erarbeitet und mit ihren Klassen erfolgreich erprobt. Die Bildungswissenschafterin, Kindergärtnerin und Lehrerin Barbara Sörensen hat die Basisstufe bei ihrem Projekt begleitet und diese ­Publikation verfasst. Christine Binggeli, Hans Hofmann, Ursula Jetzler und Cornelia Zangger vermitteln ganz konkret, wie der Erwerb der Schriftsprache aktiv, ­individuell und systematisch angeregt, gefördert und unterstützt ­werden kann. Neugierig, selbstverständlich und mit hoher Motivation nähern sich Kinder der Schriftkultur an. Das widerspiegeln auch die ­abgebildeten Schriftdokumente und Momentaufnahmen von Spiel­ situationen. Jede Spiel- und Lernumgebung orientiert sich an authentischen Lebens­ orten und bietet vielfältige Schreib- und Leseanlässe für verschiedene Entwicklungsniveaus. Kinder mögen es, als Ärztin eine Diagnose zu ­erstellen und in die Patientenkartei einzutragen, im Architekturbüro ­eine Wohnung zu planen und einen Grundriss zu zeichnen, im Restaurant Reservationen entgegenzunehmen und Menükarten auszutüfteln, im Bahnhof die Abfahrtstafel zu entziffern und ein Billett zu kaufen. Im theoretischen Teil ermöglicht die Autorin eine vertiefte Auseinandersetzung und Einsicht in den Prozess des Erwerbs der Schriftsprache. Im didaktischen Kapitel beschäftigt sie sich mit dem Einrichten, Betreuen, Begleiten, Beobachten, Dokumentieren und Weiterentwickeln der Spiel- und Lernumgebungen und zeigt anschaulich auf, was es braucht, damit Kinder ihre Schreib- und Lesekompetenzen weiterentwickeln können. Ein Kind hat seinen Weg zur Schriftkultur so formuliert: «Weisch, mis Hirni cha das eifach zämeläse.» Diesen Erlebnis- und Erkenntnis­prozess möchte der Verlag mit seiner Publikation unterstützen. Das Unterrichtsmittel bietet Lehrpersonen für vier- bis achtjährige ­Kinder die Möglichkeit, vielfältige Erfahrungen mit Schriftkultur in den Unterricht zu integrieren. Cornelia Hausherr

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Schriftspracherwerb – ein aktiver Prozess

Beispiele aus dem Praxisbuch

Schriftsprach­erwerb – ein ­aktiver Prozess Die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Erwerb der Schriftsprache hilft, wesentliche Aspekte ­dieses Prozesses zu erkennen und zu verstehen. Schriftsprach­erwerb beginnt bereits in der frühen Kindheit. Kinder erwerben über mehrere, aufeinander aufbauende ­Phasen die Fähigkeiten und Fertigkeiten des ­Lesens und Schreibens und lernen dabei auch Strukturen und Funktionen unserer Schrift kennen. Sie erleben, wie ­ihnen die Tätigkeiten des ­Lesens und Schreibens neue spannende Kommunikationsmöglichkeiten eröffnen.

Auf dem Weg zur Schriftkultur entdeckt das Kind, dass Buchstaben nicht nur verschieden aussehende Zeichen sind, sondern dass jedem Buchstaben ein bestimmter Laut zugeordnet ist.

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Schriftspracherwerb – ein aktiver Prozess

Schritt für Schritt zur Schrift Die neuere Forschung zeigt, dass «der Erwerb der Schriftsprache kein passives ­Aufnehmen und ­mechanisches Zusammenfügen von Einzelfertigkeiten, ­sondern eine aktive Auseinander­setzung mit dem ­Lerngegenstand erfordert» (Marx 1997, S. 90). Kinder werden dabei als «aktive ­Konstrukteure ihrer Erfah­ rungen» begriffen (Brügelmann, Kochnan, Schneider 1995, S. 14). Zu diesen Erfahrungen zählen die Vorstellungen der Kinder über Zweck und Funktion der Schriftsprache. Bereits vor dem Schuleintritt befassen sich Kinder mit Vorformen des Schreibens und Lesens. Sie orien­ tieren sich dabei an Vorbildern, die sie nachahmen. So imitieren sie z.B. die Handlungen des Schreibens und Lesens, bevor sie selber über die entsprechen­ den Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen. Sie ­übernehmen dabei Körperhaltung, Arm- und Handbewegungen, Mimik und Intonation der vorlesenden Personen. «Aus den ihnen verfügbaren Beispielen ­ ilden die Kinder also selektiv (…) Regeln und nutzen b sie als Muster für die eigenen Lese- und Schreibver­ suche» (ebd. S. 19).

Forschungsresultate belegen, dass es sich beim ­ rwerb der Schriftsprache «nicht um mechanische E Prozesse des Einprägens von Wortbildern bzw. des ­Beherrschens einer immer grösseren Anzahl von ­Wörtern handelt, sondern um eine Denkentwicklung: Die Lernenden müssen Einsichten in Funktion und ­Aufbau unserer Schrift und in die Prinzipien unserer ­Orthographie gewinnen. Dieser Lernprozess findet nicht schlagartig von heute auf morgen statt, sondern die Kinder entwickeln in der Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand allmählich Zugriffsweisen oder Strategien» (Valtin 1997, S. 131).

Kinder erwerben die Fähigkeiten des orthographisch korrekten Schreibens und des fliessenden, sinn­ verstehenden Lesens über mehrere, qualitativ verschiedene Stufen. Individuell unterschiedlich sind dabei die Zeitspanne der Auseinandersetzung mit bestimmten Aspekten des Schriftspracherwerbs und

Das Kind imitiert seine Umgebung und führt in der ­Rolle der Sekretärin ­deren vielseitige Tätigkeiten wie telefonieren und notieren aus.

die vielfältigen Inhalte, Anlässe oder Aufgabenstellungen, die ein Kind dazu motivieren, sich überhaupt mit dem Erwerb der Schriftsprache zu befassen.

Rezeption Rezeption bedeutet die (verstehende) Aufnahme gesprochener und geschriebener Mitteilungen.

Produktion Produktion bezeichnet den mündlichen und schriftlichen ­Ausdruck.

Entwicklungsmodell des ­Schriftspracherwerbs Mehrere Forschende haben sich mit dem Erkennen und Beschreiben möglicher Stufen befasst und die Resultate anderer Forschenden in ihre eigene Arbeit aufgenommen. Für die vorliegende Arbeit von zentraler Bedeutung wurde das von Günther (1995) vorgestellte Modell des Schriftspracherwerbs.

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Günther beschreibt die Entwicklung des Schreibens als Produktions- und jene des Lesens als Rezep­ tionsvorgang, als einander gegenseitig beein­ flussende Entwicklungsvorgänge. Abgestützt auf die Modelle von Günther und ­Scheerer-Neumann haben Albin Niedermann und Martin Sassenroth sieben Lesestufen beschrieben. Diese Darstellung wurde für die Gestaltung der ­vorliegenden Arbeit ebenfalls beigezogen. Wenn die Phasen im Folgenden als einzelne, einander ­folgende Stufen beschrieben werden, so trifft dies in der Realität nicht zu. Beobachtungen zeigen ­Überlappungen und Verschiebungen. Die Übergänge von der einen in die andere Phase sind fliessend. «­ Dennoch wird sich entsprechend des Modells in der jeweiligen Phase die zugeordnete Strategie als ­dominante Operationsweise beobachten lassen»

(Günther 1995, S. 109). Die Modelle eignen sich für die Begleitung des Schriftspracherwerbs mit vier- bis achtjährigen Kindern besonders, weil sie auch die anfänglichen Phasen des Prozesses, die bereits in der frühen Kindheit einsetzen, ausführlich ­beschreiben.

Präliteral-symbolische Phase Als wichtiges Element der ersten Phase des Schriftspracherwerbs wird die Entwicklung der kindlichen Fähigkeit, einen bekannten dreidimensionalen ­Gegenstand als zweidimensionale, bildliche Dar­ stellung wieder zu erkennen, beschrieben. Diese Form der Symbolisierfähigkeit entwickelt sich im Laufe des zweiten Lebensjahres. «Durch die Lösung der bildlichen Darstellung vom ­gemeinten Gegenstand und durch die Reduktion drei­ dimensional-räumlicher Körper auf zweidimensionale Flächen impliziert die Bildbetrachtung ein höheres Mass an Abstraktions­tä­tig­keit gegenüber den voraus­

Das Kind erkennt einen dreidimensionalen Gegenstand als ­Abbildung wieder.

gegangenen sensomotorischen Wahrnehmungs­ leistungen. Zugleich bleibt das Bild durch seine gegen­ standsgebundene Abbildung ­jedoch anschaulich und damit präliteral» (ebd. S. 100).

Das Erkennen des Bildes als symbolische Darstellung eines bekannten Gegenstandes, den die Kinder bis dahin durch ihr Spielen und Handeln erfahren ­haben, stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zum Leser, zur Leserin dar. Auch die Entwicklung der Schreibtätigkeiten setzt durch die spontane Nach­ ahmung Schreibender früh ein. Noch können die ­Kinder aufgrund der Entwicklung ihrer feinmotori­ schen Fertigkeiten die Zeichen unserer Schrift nicht oder nur annähernd gestalten. Vor allem aber ­verstehen sie die Bedeutung des Schreibens – als Möglichkeit des Kommunizierens oder des Fest­ haltens eines Gedankens – noch nicht. Ihre Schreib­ aktivitäten stellen in dieser Phase die blosse Nachahmung einer Handlung dar. Symbolische Umsetzungen von Wahrgenommenem gelingen Kindern dieser Stufe beispielsweise im Konstruieren mit diversen Baumaterialien, durch die symbolische Nutzung von Gegenständen im Spiel (ein Holzklötzchen wird als Tasse verwendet) oder durch den Einsatz von mimischen Gesten, die eine Aussage verdeutlichen («Der Elefant war soo dick.»).

Logographische Phase Eine qualitativ bedeutende Veränderung und damit ein Schritt in die nächste Stufe des Schriftsprach­ erwerbs zeigt sich, wenn die Kinder erkennen, dass schriftliche Ausdrucksweisen mit unserer Sprache in Beziehung stehen. Kinder, die sich in der logo­graphischen Phase ­befinden, nehmen in ihrer ­Umwelt unterschiedliche Schriftzeichen wahr. Nun fallen ihnen Schriftzüge wie die Anschriften ­bekannter Getränkeflaschen

Das Kind schreibt das aufgedruckte Zeichen nicht (nur) der ­Tasche zu, sondern erkennt und benennt es als allgemeines SBB-Logo.

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Lernprozesse ­ anregen und beglei ten In den wichtigen Phasen der Planung, Einrichtung und ­Betreuung der Spiel- und Lernumgebung leistet die Lehrperson vielfältige Aufgaben. Dazu gehört das Sammeln geeigneter Materia­lien, das sorgfältige Einrichten und Gestalten, die ­Überprüfung auf Schreib- und Leseanlässe, das Einführen und Pflegen, das Begleiten und Anregen, das Beobachten, ­Dokumentieren, ­Auswerten und Weiterentwickeln der ­Lernumgebung. All dies sind grundlegende Voraussetzungen, damit die Kinder eine aktive Rolle übernehmen und ihre ­Kompetenzen im Umgang mit ­Literalität weiterentwickeln ­können.

Die Interaktionen zwischen Lehrperson und Kind sind entscheidend dafür, dass die Kinder ihr Spiel erweitern und ihre Schreib- und Lesekompetenzen nachhaltig weiterentwickeln können.

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Zu den Unterrichtsaktivitäten der Lehrpersonen zählen Phasen des Lehrens während geführter Akti­ vitäten ebenso wie Sequenzen der Anregung und Be­gleitung individueller Lernprozesse in offenen ­Unterrichtsangeboten. Die hier vorgestellten Spielund Lernumgebungen gehören zu den offenen Unter­richtsformen. «Offen» sind sie in dem Sinne, dass die Kinder durch die Präsentation der Gegen­ stände und Materialien zu selbsttätigem Tun ange­ Literalität Der Begriff kommt aus dem Lateinischen: Littera – Buchstabe. Literalität bezeichnet die Fähigkeit, lesen und schreiben zu können. Allgemein ­ausgedrückt: jegliche schriftsprachliche Kompetenz.

regt werden. Ihre Aktivitäten und Ideen führen zur Weiterentwicklung der Spiel- und Lernumgebungen, welche die Lehrperson gezielt gestaltet. Die aus­ gewählten Angebote stellen strukturierte Arrange­ ments mit hohem Aufforderungscharakter für ­spezifische Tätigkeiten und bestimmte inhalt­liche Auseinandersetzungen dar. Um die Kinder anzu­ regen und zu begleiten, kombiniert die Lehrperson ­indirekte und direkte Formen der Instruktion. Damit sich die Kinder in der Spiel- und Lernumgebung ­zurechtfinden, sind sie auf verschiedene Formen der Unterstützung durch die Lehrperson angewiesen. Nur so können sie ihre aktive Rolle entfalten und die zahlreichen Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit Literalität auch nutzen. Die Gestaltung der Spielund Lernumgebung orientiert sich an bestimmten Kriterien. Kriterien für die Gestaltung einer Spiel- und L­ ernumgebung ■ Mit der Wahl des Inhaltes knüpft die Spiel und Lernumgebung an die Lebenswelten und Alltagserfahrungen der Kinder an. ■ Der gewählte inhaltliche Schwerpunkt wird mit weiteren Inhalten kombiniert, die in der Klasse thematisiert werden. ■ Das Angebot ermöglicht die Verbindung von altersgerechtem Handeln, Spielen und Lernen mit Schreib- und Lesetätigkeiten. ■ Die präsentierten und eingeführten Materialien fordern die Kinder dazu auf, Schreib- und Lese aktivitäten in ihr Rollenspiel zu integrieren. ■ Das Angebot ermöglicht unterschiedliche inhaltliche Zugänge und bietet Schreib- und Lesetätigkeiten auf verschiedenen Abstrak tionsniveaus und Schwierigkeitsstufen.

Die vielfältigen Tätigkeiten der Lehrperson in der Planung und Einrichtung der Spiel- und Lern­ umgebung und in der anschliessenden Begleitung der Kinder bei ihrer Auseinandersetzung gliedern sich in folgende Schritte: • Spiel- und Lernumgebung planen. • Materialien sammeln und die Angebote einrichten. • Die Kinder in die Spiel- und Lernumgebung ein­ führen. • Die Tätigkeiten der Kinder anregen und begleiten. • Die Aktivitäten beobachten, Kinderarbeiten ­sammeln und den Verlauf dokumentieren. • Dokumente auswerten und weiterführende ­Schritte planen. • Spiel- und Lernumgebung pflegen.

Spiel- und Lernumgebung planen Ausgangspunkt für die Planung einer Spiel- und ­Lern­umgebung stellen die Beobachtungen dar, ­welche die Lehrperson über die Kinder als Indivi­ duen, aber auch als Klassengemeinschaft sammelt. Das Ziel, Kinder durch die Auseinandersetzung mit den Angeboten in der Lernumgebung zur Beschäf­ tigung mit Literalität anzuregen, soll u.a. erreicht werden, indem das Arrangement an die Interessen und Lernvoraussetzungen der Kinder anknüpft. Die vielfältigen Zugänge zu einem gewählten Inhalt und die verschiedenen Materialien der Spiel- und Lernumgebung sollen die Klasse als Ganzes inte­ ressieren. Durch die inhaltliche Ausrichtung oder die Bereitstellung bestimmter Materialien können ­jedoch ganz gezielt auch einzelne Kinder oder ­Kindergruppen besonders angesprochen werden: • Mädchen oder Knaben. • Jüngere oder ältere Kinder. • Kinder aus einem bestimmten kulturellen Umfeld. • Kinder, die bereits über Erfahrungen mit dem ­Erwerb der Schriftsprache verfügen. • Kinder, die sich nur sehr zögerlich oder gar nicht mit der Welt der Symbole, Buchstaben, Wörter und Texte auseinander setzen wollen. Die Gestaltung der Spiel- und Lernumgebung kann sich inhaltlich auf ein besonderes Ereignis beziehen, das in der näheren Umgebung stattfindet, z.B. ein Zirkusbesuch, die Durchführung eines Jahrmarktes oder die Eröffnung eines Einkaufszentrums oder Schwimmbades. Auch die Berufe der Eltern können geeignete Grundlagen für die Gestaltung ­einer Spielund Lernumgebung sein. Bereits in der Planungsarbeit gilt es, sich als Lehr­ person darüber Rechenschaft zu geben, dass das

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Lernprozesse anregen und begleiten

Hauptziel dieses Angebotes dem Erwerb der Schrift­ sprache gilt. Unter diesem Gesichtspunkt muss jeder Inhalt auf seine Tauglichkeit hin geprüft werden: • Lassen sich aus dem vorgesehenen Inhalt viel­ fältige Rollenspiel-Situationen ableiten? • Sind die Rollenspiel-Aktivitäten attraktiv für ­Knaben und Mädchen? • Sind Schreib- und Lesetätigkeiten Teil dieser ­Rollenspiel-Situationen? • Sind verschiedenartige Schreib- und Lesetätig­ keiten sinnvoll integrierbar? Je nach Inhalt der Spiel- und Lernumgebung werden Mobiliar und Materialien zusammengetragen, die ­eine möglichst realitätsnahe Gestaltung garantieren. Einige der benötigten Gegenstände werden einfach zu beschaffen oder bereits am Unterrichtsort vor­ handen sein. Damit spezifische Gegenstände, Uten­ silien und Materialien zusammengestellt werden können, müssen aber auch Kontakte zu Personen des entsprechenden Berufsfeldes geknüpft werden.

Um die Spiel- und Lernumgebung «Praxis» einzurichten, sucht die Lehrperson eine ­Apothekerin auf, die ihr Prospekte, Muster und Verpackungen zur Verfügung stellt.

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In der Spiel- und Lernumgebung «Restaurant» werden die Vor­räte immer wieder ­aufgefüllt und sorgfältig eingeordnet.

Sammeln und einrichten Jede Spiel- und Lernumgebung wird durch die ihr ­eigene Stimmung geprägt. Diese wird wesentlich durch die Wahl der Möblierung, die Auswahl der ­Materialien und der Kleidung der Akteure erzeugt. Die passenden Verkleidungsstücke und Accessoires helfen den Kindern in die gewählte Rolle zu schlüp­ fen und die entsprechenden Handlungsabläufe zu spielen. Die möglichst vielfältige Anreicherung mit Schreib- und Lesematerialien regt die Kinder selbst­ verständlich zu Schreib- und Lesetätigkeiten an. Für die Einrichtung einer Spiel- und Lernumgebung ist also ausreichend Vorbereitungszeit einzurech­ nen, damit die notwendigen Gegenstände, Materia­ lien, Kleidungsstücke usw. zusammengetragen ­werden können. Eltern können die Lehrperson dabei vielleicht unterstützen, weil sie entweder selber im entsprechenden Berufsfeld tätig sind oder durch ­Bekannte Zugang zu einem bestimmten Berufs­bereich haben. Die Materialien können auch ­gemeinsam mit den Kindern gesammelt werden: ­Entsprechende Berufsleute aufsuchen, Kinder nach ­vorgängiger Absprache mit den Geschäftsinhabern selbstständig einkaufen lassen, in Apotheken oder Drogerien nach Materialien fragen. Ein besonderes Gewicht kommt der Bereitstellung der Materialien zu, die speziell zur Auseinander­ setzung mit Literalität beitragen sollen. Nachdem die Entscheidung der inhaltlichen Ausrichtung ­gefallen ist, stellen sich folgende Fragen:


«Herr Boa hat etwas mit dem Magen» Arztbesuche gehören zum Lebensalltag der Kinder. Die meisten bringen neben der Erfahrung realer Praxisbesuche auch ­Spielerlebnisse zu diesem Themenbereich mit. Die Spiel- und Lernumgebung «Praxis» ermöglicht es ihnen, ihre Erlebnisse zu vertiefen und zu erweitern. Durch gemeinsame Aktivitäten in der ganzen Klasse oder in Kleingruppen können sie ihr Wissen über den Körper und ihre Kenntnisse exakter Begriffe für ­Körperteile und Organe erweitern. Ziel ist es, die Praxis möglichst wirklichkeitsnah zu gestalten, vielfältig zu bespielen und mit anregenden Schreib- und ­Lesetätigkeiten zu verknüpfen.

Sorgfältiges, durchdachtes Einrichten der Praxis führt zu einer Spiel- und Lernumgebung, die Schreib- und ­Lesetätigkeiten für unterschiedliche Aufgaben und Rollen ermöglicht.

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Mädchen, 5 J. 2 M.

Ein Rezept in ­Kritzelschrift. Mädchen, 6 J. 6 M.

Patientin das verordnete Medikament holen kann, wechselt die Ärztin wiederum Kleidung und Spielort. Indem sie zum Apotheker-Gestell geht, eröffnet sie die Spielsituation «Medikamente kaufen». Das Vorspielen wird so geplant und inszeniert, dass die verschiedenen Möglichkeiten, sich mit Schriftsprache auseinander zu setzen, Wichtigkeit und ­Bedeutung erhalten. Die Lehrperson stellt im Rollen­ spiel mehrere mögliche Situationen vor und ver­ wendet dazu verschiedene Geräte. Solche Vorspielsituationen motivieren die Kinder sehr zum eigenen Spielen.

Unterschiedliche Zugänge zum Schriftspracherwerb

Ein Kritzelschrift-Rezept, kombiniert mit buch­stabenähnlichen Zeichen, Zahlen, Buchstaben und Unterschrift. Knabe, 5 J. 10 M.

Aufnahme eines Patienten. Mit ­Namen des ­medizinischen Praxisassistenten und Kritzelnotiz. Mädchen, 6 J. 9 M.

Die Aufgaben der Kinder verändern sich immer ­wieder, da sie ihre Rollen wechseln. Als Patienten üben sie eher Lesetätigkeiten aus. Sie lesen im ­Wartezimmer, studieren Rezepte oder kontrollieren ihren Terminzettel. Als Praxispersonal haben sie zahlreiche Möglichkeiten, sich schriftlich auszu­ drücken. Die verschiedenen Rollen und die damit verbundenen Aufgaben ermöglichen unterschied­ liche Zugänge zu Schreib- und Leseaktivitäten. Von der Anschrift auf dem eigenen Namensschild über die Notiz eines (Vor-)Namens auf der Karteikarte, die Eintragung eines Patientennamens in die Agenda bis hin zu unterschiedlich ausführlichen Kranken­ geschichten entstehen ganz verschiedene Schriftstücke. Nicht nur die Textarten, sondern auch die Formen symbolischer Darstellung eines Sachverhaltes sind verschieden. Diese Unterschiede hängen vom ­Entwicklungsstand im Erwerb der Schriftsprache der einzelnen Kinder ab. Kinder verwenden die Formen schriftlichen Ausdrucks, die ihren aktuellen Fähigkeiten entsprechen – Kritzelschrift, Einsatz einzelner buchstabenähnlicher Zeichen, Kombinationen von Zeichnungen und Buchstaben oder Wörtern. Kinder, die bereits über mehr Schreib- und LeseKompetenzen verfügen, können Sätze oder ganze Texte ­formulieren. Sie können sich auch zwischen der ­Niederschrift in Steinschrift (alle Gross- und Kleinbuchstaben der Blockschrift) und verbundener Schrift (auch Schnürlischrift genannt) entscheiden. Was dabei entstehen kann, zeigen die folgenden Beispiele. Die Beispiele zeigen, dass die Kinder die Schreibund Lesetätigkeiten, die zu den verschiedenen ­Rollen gehören, ihrem individuellen Niveau ent­ sprechend nutzen. Je nach ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten lesen ­Kinder auch die unterschiedlichen Texte, die ent­ stehen oder aufliegen. Kinder, die noch nicht selber

Rezept, verfasst mit einzelnen Wörtern.

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Arztpraxis

Knabe, 7 J. 9 M.

Mädchen, 6 J. 5 M.

Diagnose für Herrn Boa, ­formuliert als Text.

Ausschnitt aus einer Krankengeschichte. Der Knabe schreibt in seinem Alltag Texte mit grossen und kleinen Steinschrift­Buchstaben. In der Praxis schreibt er erstmals einen Text in ­«verbundener Schrift», wie er diese Schriftart selber bezeichnet.

Rolle der Lehrperson Insbesondere der Einbezug der Schreib- und Lese­ tätigkeiten in verschiedenen Phasen des Spiel­ ablaufes bedarf der Anregung und Unterstützung durch die Lehrperson: • Sie zeigt, wie die Agenda aufgebaut ist und wie der Datumsstempel funktioniert. • Sie hilft beim alphabetischen Suchen im Kartei­ kasten. • Sie hilft den Kindern daran zu denken, dass sie sich mit einem Namensschild anschreiben oder dass sie die Krankengeschichte notieren und ­einordnen können. • Sie unterstützt die Kinder immer wieder dabei, die Anlauttabelle einzusetzen. Wie wichtig die Begleitung durch die Lehrperson ist, zeigt das folgende Beispiel: Ein Kind im zweiten Kin­ dergartenjahr spielt die Ärztin. Sie zieht die ­weisse Schürze über und will ein Namensschild be­festigen. Zuvor aber möchte sie darauf «Oberärztin Karin» schreiben. Als Hilfestellung holt sie die Anlaut­ tabelle (s. S. 60) und findet dort auch den ersten

lesen können, sind froh, wenn ihnen der Text erzählt oder vorgelesen wird. Manche «lesen» einen Inhalt, der dem Spielverlauf entspricht, in die ihnen noch unverständlichen Schriftzeichen hinein. Für Leseaktivitäten bietet sich ganz besonders das Wartezimmer an. Die Beobachtungen zeigen aber, dass die Kinder auch in den andern Rollen Gelegenheiten haben, Texte zu lesen: Eintragungen in der Agenda, den Karteikarten, Beschriftungen im Körper­ atlas oder die Aufschrift auf einer Medikamentenschachtel.

Anregen und begleiten Die Erfahrungen mit der Spiel- und Lernumgebung zeigen, dass die Kinder schnell Zugang zur Praxis ­finden und mit viel Eifer und Lust die Rollen übernehmen und mit ihren Spielideen füllen. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Themen­ bereich «Körper» erweist sich als anregend und wertvoll für die Gestaltung der Spielhandlungen durch die Kinder. Durch das eigene Mitspielen kann die Lehrperson gut Einfluss auf die Weiterentwicklung der Spielhandlungen nehmen, sodass sie vielfältiger und komplexer werden: Mit zunehmender ­Erfahrung fragt der medizinische Praxisas­sistent ­gezielter nach den Beschwerden der ­Patientin. Die Ärztin kennt sich besser aus im Körper­atlas und weiss mehrere Untersuchungsmethoden einzu­ setzen.

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Medikamentenschachteln regen dazu an, Schriftzüge abzuschreiben und auf einen andern Gegenstand zu übertragen.

Mit gezielten Interaktionen regt die Lehrperson die Kinder zu Schreib- und Leseaktivitäten an und unterstützt die Differenzierung des Rollenspiels.


«Architekturbüro noch zwei Meter» Diese Spiel- und Lernumgebung kann zum Schuljahresanfang eingeführt werden: Zu diesem Zeitpunkt werden neue Kinder in die Klassen integriert. Die Kinder lernen einander allmählich kennen. Dabei stellen sie einander auch einen wichtigen ­Bereich ihrer Lebenswelt vor – die eigene Wohnsituation. Sie ist ein wichtiger Bezugspunkt für das Kind und seine Familie. ­Jedes Kind lebt an einem andern Ort, in einem anderen Haus, in einer anderen Wohnung. Gespräche über die vielfältig ­strukturierten und gestalteten eigenen Wohnungen und Häuser bieten einen guten Anknüpfungspunkt, um die Kinder in die Spiel- und Lernumgebung «Architekturbüro» einzuführen.

Ein Architekturbüro knüpft an der eigenen Wohnsituation an und ist häufig besonders für Knaben eine ­attraktive Spiel- und Lernumgebung.

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Mit dem Bau einer Hütte visualisieren die Kinder Wohnvor­ stellungen und trainieren ihr räumliches Vorstellungsvermögen.

Ein Anlass für die Spiel- und Lernumgebung kann auch eine nahe gelegene Baustelle oder der Beruf eines Elternteils sein. Mädchen, 7 J. 5 M.

Die unterschiedlichen eigenen Wohnungen geben den Impuls, Häuser und Hütten zu bauen. Mit ­Kisten, Kartonstücken, Tüchern und Wäscheklammern ­werden während mehrerer Wochen immer wieder andere Häuser gebaut und bewohnt. Zum Angebot gehört auch ein Verkleidungskoffer, so dass Prinzes­ sinnen, Hexen und Hausmänner, aber auch Katzen und Hunde die Häuser und Hütten bevölkern. Einen weiteren Anknüpfungspunkt stellte in diesem Falle die riesige Baustelle des Zentrums Paul Klee in der Nähe der Basisstufe dar. Dass ein Museum und nicht ein Wohnhaus erbaut wird, zeigt, dass ­Menschen ganz unterschiedliche Gebäude ­errichten. Allgemein ausgedrückt: Zusätzlich zur eigenen Wohnsituation bietet sich auch die Beschäftigung mit Bauten und Baustellen an. Durch die Thematisierung der eigenen Wohnsitua­ tion und der Bautätigkeit für das Museum werden aktuelle Alltagserfahrungen zum Ausgangspunkt für die Gestaltung der Spiel- und Lernumgebung. Diese Erfahrungen werden erweitert durch das Erzählen des Bilderbuches «Der Xaver und der Wastl». Das Buch beschäftigt sich mit Wohn-Wunschvorstellun­ gen und dem Streben nach Autonomie. Mit Mut, ­Ausdauer und Kreativität gelingt es Xaver und Wastl eine alte Baubaracke zu renovieren und neu zu ge­ stalten. Sie begegnen dabei wohlwollenden Erwach­ senen, die sie bei ihrem Vorhaben unterstützen. Angeregt auch durch die Geschichte, nutzen die ­Kinder die unterschiedlichen Materialien des ­Häuserbaus intensiv und bauen ganz verschiedene Wohnungen, in denen sie anschliessend auch ­spielen. Die rege Kisten-Bautätigkeit führt zur ­Verschiebung der Eröffnung des Architekturbüros, da die Vorbereitung durch die eigenen Bauerfahrun­ gen eine wichtige Grundlage für das folgende Spiel im Architekturbüro darstellt. Das Architekturbüro an sich ist für keines der Kinder ein Ort, den es aus ­eigener Erfahrung kennt. Deshalb ist es besonders wichtig, die mit den Aufgaben und Tätigkeiten einer Architektin, eines Architekten verknüpften eigenen Erfahrungen zu thematisieren: Das eigene Wohnen und die Bautätigkeiten in der nahen Umgebung. Einmal eingerichtet, spricht die Spiel- und Lern­um­ gebung «Architekturbüro» neben der Aus­ein­ander­setzung mit Schreib- und Lesetätigkeiten unter­ schiedliche Interessen, Wissensbestände, Fähig­ keiten und Fertigkeiten der Kinder an: • Kenntnisse einer Palette von Fachausdrücken wie Plan, Modell, Musterkatalog, Zirkel, Schablone usw. • Kenntnisse über Abläufe von Bauprojekten: ­Entwerfen, planen, bauen usw. • Interesse an Bautätigkeiten, an spannenden, ­vielfältigen Baumaschinen und ihren Funktionen auf Baustellen.

Wegweiser zum Architekturbüro: «Architekturbüro noch zwei ­Meter».

• Fertigkeiten im Umgang mit Lineal, Massstab, ­Zirkel, Schablonen usw. • Fertigkeiten zur Erstellung ganz einfacher Modelle (Kartonschachtel-Zimmer mit Mobiliar). • Fähigkeiten räumlicher Vorstellung. • Fähigkeit, eine dreidimensionale Situation auch zweidimensional darzustellen. • Interesse am Entwerfen und Erfinden von ­Gebäuden, die auch fantastische Züge aufweisen können.

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Architekturbüro

Spiel- und Lernumgebung ­gestalten

Original-Werkzeuge helfen den Kindern, sich ins Thema ­einzuleben.

Mädchen, 5 J. 10 M.

Das folgende Beispiel eines Theaterplans zeigt den Versuch eines Mädchens, ein Gebäude mit verschiedenen Räumen und den entsprechenden Einrichtungen zweidimensional darzustellen. Um Pläne zeichnen zu können, verbinden die Kinder ihre Kenntnisse des freien Zeichnens und das technische Zeichnen mit Massstab, Lineal und Zirkel.

Diese Spiel- und Lernumgebung fordert zu ganz ­unterschiedlichen Spieltätigkeiten und Handlungs­ folgen heraus: • Der Hausbau wird geplant. Die Bauherrschaft und die Architektin treffen sich. Die Architektin nimmt die Wünsche auf. • Das Team der Zeichner/-innen skizziert und ­diskutiert die Pläne. • Eine Terminplanung wird erstellt. • Die Materialien werden ausgewählt und in den ­Plänen festgehalten. • Die Kosten für das Gebäude werden zusammen­ gestellt. • Mit Kartonschachteln oder Kapla kann ein Modell gebaut werden. Welche Materialien müssen vorhanden sein, damit die Kinder entsprechende Situationen auch reali­ sieren können? Einige Zeit vor der Einrichtung des Architekturbüros kontaktieren die Lehrpersonen mehrere Fachpersonen. Sie können bei ihnen Unter­ lagen und Materialien ausleihen, so dass das Büro sehr realitätsgetreu gestaltet werden kann. Bevor der Kunde in den Zeichnungs- und Planungs­ raum eintritt, kommt er in das Sekretariat. Im Büro steht ein Tisch, an welchem vier Architekten arbeiten können. Der Tisch wird mit einer Tischlampe be­ leuchtet. An der Wand hinter dem Zeichnungstisch sind die Werkzeuge befestigt. An einer weiteren Wand können die fertigen Pläne aufgehängt werden. Die Abbildungen verschiedener Gebäude stimmen ebenso in die Arbeit ein wie Pläne und Modelle von Profis. Mit Spielzeugbaumaschinen und Klötzen wird in ­einer Ecke eine Baustelle angedeutet. Die Kinder werden durch dieses Angebot dazu aufgefordert, ­gezeichnete Gebäude auch zu bauen, sei dies nun mit Klötzen oder als Kartonmodell.

Schriftspracherwerb anregen Die kursiv gedruckten Gegenstände werden speziell für die Anregung des Schriftspracherwerbs ausge­ wählt: • Gegenstände im Sekretariat: Telefon, Agenda,

Das «TEATR» wird mit Unterstützung der Lehrperson mit «KAS(S)E» und «WEZE» (WC) angeschrieben. Die Bezeichnungen Stühle, Bühne und Treppe sind durch die Lehrperson eingetragen worden.

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­Büromaterialien, Prospekte, grosser Planungs­kalen­ der, Handy, Taschenrechner, Farbstifte, Leucht­stifte, Bleistifte. • Gegenstände im Büro: Pläne, Modelle, Stempel: «Bauherrin», «Architekt», «Entwurf», Abbildungen verschiedener Gebäude und Baustellen, Fachbücher «Architektur», Fachzeitschriften, Musterkataloge für


«Reserviert, Moritz, f ünf Uhr» Kinder entdecken zuerst die unmittelbare Umgebung ihres Wohnortes und sammeln dabei vielfältige Erfahrungen. Im ­Laufe der Entwicklung erweitern sie ihren Radius. Die Erfor­ schung der Umgebung, des nächsten Dorfes, der nahe gelege­ nen Stadt können zu spannenden Unterrichtsinhalten werden. In jedem Wohnort gibt es Restaurants. Hier kann man Pause machen, sich verpflegen und erholen. An ­diesem Ort wird ­gekocht, gegessen, geplaudert und gelesen. Es werden Bestel­ lungen notiert und Reservationen in die ­Agenda geschrieben – kurzum, ein idealer Platz, um sich spielerisch und systematisch mit dem Schriftspracherwerb auseinander zu setzen.

Ein Restaurant ist ein multifunktionaler Ort. Hier trifft man sich zum Essen, Trinken, Plaudern, Lesen, Schreiben und Erholen.

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Restaurant

Das Servicepersonal übt verschiedene Schreib­ tätigkeiten aus. Es nimmt Reservationen auf. Das ­Tagesmenü wird an die Tafel geschrieben. Je nach Fä­ higkeiten des Kindes schreibt es dieses selbststän­ dig an oder nimmt die Speisekarte zu Hilfe. ­Häufig ­unterstützen sich auch zwei Kinder bei dieser Ar­ beit. Die Bestellungen werden notiert. Rechnungen ­müssen ausgestellt werden. Lesetätigkeiten erfolgen, wenn die Kinder Bestell­ zettel nutzen oder wenn sie aus dem Gestell Sirupoder Teeflaschen auswählen. Die Gäste lesen das Tagesmenü an der Tafel, die Speisekarte oder die bereitgelegten Comics und ­Zeitungen, wenn sie auf ihr Essen warten. Unabhängig davon, auf welcher Entwicklungs­ stufe des Schriftspracherwerbs sie sich befinden, ­schreiben und lesen die Kinder in den entspre­ chenden Situationen.

Anregen und begleiten

Knabe, 6 J. 9 M.

Das Führen eines eigenen Restaurants fasziniert die Kinder. Sie entwickeln einen breiten Fächer von Tätigkeiten in dieser Spiel- und Lernumgebung. Die verschiedenen Rollen und die damit verbundenen Aufgaben sprechen die Kinder an. Damit alle einmal kochen und essen können, ist eine gute Planung notwendig. Unterstützung benötigen die Kinder bei der Strukturierung der Arbeitsabläufe und der Zeit­ einteilung. Damit sie selbstständig kochen können, ist eine gründliche Einführung in die Arbeiten der Köchin, des Kochs nötig. Die Erfahrungen zeigen, dass die Kinder die Schreibund Lesetätigkeiten selbstverständlich in ihr Rol­ lenspiel integrieren. Die Gestaltung der Spiel- und ­Lernumgebung lässt interessante Beobachtungen über den Umgang der Kinder mit Bild und Schrift zu. Da Rezepte, Bestellzettel und Speisekarte so kon­zipiert sind, dass die Kinder entweder das Bild oder den Text (z.T. in unterschiedlichen Schriftarten) ­nutzen können, kann die Lehrperson Beobachtungen

Die Bestellung wurde mit Wörtern in Grossbuchstaben «KAFE, GUTSLI» niedergeschrieben.

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Zum Arbeitsprofil des Servicepersonals gehört es auch, Telefone entgegenzunehmen und Reservationen in die Agenda einzutragen.

darüber anstellen, welche Symbolebene ein Kind nutzt: Orientiert es sich bei der Bestellung ­seines Getränkes am Bild oder am Wort? Die ­Gestaltung der Speisekarten und Bestellzettel soll einerseits eine Beobachtungsmöglichkeit bieten und andererseits den Kindern helfen, in nützlicher Frist eine Bestel­ lung aufnehmen zu können. Neben der Unterstützung der organisatorischen ­Abläufe stellt die Begleitung von Schreib- und ­Leseversuchen durch die Lehrperson einen wich­ tigen Teil der Anregung dar. Je nach Entwicklungs­ niveau sind unterschiedliche Hilfestellungen nötig und möglich:


Knabe, 5 J. 6 M.

Die ­Bestellung wurde in ­Kritzelschrift aufgenommen und der Name notiert.

Mädchen, 6 J.10 M.

Das Zackenmuster und «reserviert» stammen von der ­Lehrperson. «MORIZ 5 UR» hat das Kind mit Unterstützung der Lehrperson geschrieben.

Die Rechnung wurde für ein Spielzeugpferd ausgestellt, das neun Franken ­kostete.

• Die Lehrperson hilft dem Kind, das bildliche ­Symbol für eine Bestellung zu finden. • Das Kind nennt die Laute eines Wortes (z.B. am ­Zutaten-Gestell), die Lehrperson hilft ihm, das Wort auch zu verstehen. • Das Kind lautiert (s. S. 60), die Lehr­person schreibt. • Das Kind lautiert, die Lehrperson unterstützt es beim genauen Hinhören und Finden der Buch­ staben auf der Anlauttabelle. • Das Kind liest das Rezept, versteht aber noch nicht überall, was das Gelesene auch bedeutet. Die Lehrperson hilft ihm, den Sinn des Textes zu ­verstehen. Immer wieder haben die Kinder einander in diesen Spielsituationen geholfen, beim gemeinsamen ­Anschreiben, Lesen, Notieren.

Alternativen und Ergänzungen Die Eltern werden zu Besuchen im Restaurant ein­ geladen. So nehmen sie am Unterrichts­alltag ihrer Kinder teil und können mitverfolgen, wie diese Schreib- und Leseaktivitäten in die Spielsituationen integrieren. Die Restaurants können je nach räumlichen und ­zeitlichen Möglichkeiten unterschiedlich eingerich­ tet werden. Die angebotenen Menüs sind ebenfalls den örtlichen Gegebenheiten anpassbar. Anstatt ­eines Angebots mit warmer Küche könnte auch eine «Häppchen-Bar» oder eine «Confiserie» eröffnet werden. Die Spiel- und Lernumgebung «Restaurant» war in den Schwerpunkt «In meinem Lebensraum» ­integriert. Bezogen auf die inhaltliche Ausrichtung des Unterrichts können auch andere Angebote aus dem Wohnort zu einer Spiel- und Lernumgebung weiterentwickelt werden: Warenhaus, Spielzeug­ laden, Schuhladen und Kleidergeschäft. Eine weitere Möglichkeit ist, Kleine Welten einzu­ richten. Miniatur-Spielzeugladen: In einer Vitrine wird ein ­kleiner Spielzeugladen eingerichtet, in dem Minia­ turspielsachen und Dekorationsmaterialien verkauft werden. Die Kinder spielen damit und nutzen die ­bereitgelegten Materialien zum Beschriften des ­Angebotes und zum Schreiben von Rechnungen. Wohnort auf Holzpalette: Türme, Hochhäuser, ­Gebäude und Häuser können mit Cuboro und Kapla gebaut werden. Blaue Tücher stellen einen Bach, ­einen Fluss dar. Die Kinder beschriften ihren Kleine-Welt-Wohnort mit Wegweisern und andern Anschriften. Dazu benötigen sie auch ein Angebot von Scheren, Klebstreifen, Papier und Stiften. Memory: Auf den Ausflügen werden Fotos gemacht, welche die Grundlage für ein Wohnort-Memory ­bilden. Verwendete Literatur «Hasefritz u Matten-Edi» (Mundart/Berndeutsch), Ursula MeierNobs, Verlag Licorne, 2000 «Hirtenbrot und Sonnentee», Kochen mit Kindergruppen, Judith Kurz, Illustrationen Silvia Hüsler, Verlag KgCH, 2000

Tipp Stadt- oder Umgebungsführer; Stadt- oder Ortsplan, Publikati­ onen zur Ortsgeschichte ins Themenfeld «Mein Lebensraum» mit einbeziehen.

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«Hotel Italia, ­Vermont Park» Alle Kinder bringen Reiseerfahrungen mit. Reisen hat unter ­anderem mit Billett, Piktogramm, Ortsschild und Fahrplan zu tun. Die Kinder erleben Reisen von unterschiedlicher Dauer und Distanz. Dazu gehört auch der tägliche Schulweg. Sie kennen verschiedene Verkehrsmittel wie Velo, Bus, Tram, Auto, Schiff oder Flugzeug. Neben den kleineren und grösseren Reisen mit der Familie gehören Reisen, Ausflüge oder Spaziergänge zum Unterrichtsalltag. Kinder erleben Reisen auch fiktiv, als Fantasiereisen und mit Figuren aus Büchern, Filmen und CDs. Die Spiel- und Lernumgebung «Bahnhof» bietet zudem ­eine gute Möglichkeit, Rollenmuster zu thematisieren.

Spiel- und Lernumgebung «Bahnhof»: Eine Reise in die Welt der Buchstaben.

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Ein potenzieller Kunde studiert die ausgelegten Prospekte, im Hintergrund berät ein Reisefachmann eine Kundin.

können Reisepläne geschmiedet und eine Reise ­ ebucht werden. Billette und Reservationen kann g man am nahe gelegenen Schalter buchen. Der Schalter besteht aus einem mobilen Gestell­ element, das von beiden Seiten bespielbar ist. Das Gestell muss genügend Raum für die Präsentation der verschiedenen Materialien bieten. An einer Wand ist die grosse Abfahrtstafel montiert. Die Kinder können mit Magnetknöpfen selbst ­beschriftete Papierstreifen befestigen. Sie notieren das Reiseziel, die Abfahrtszeit und die Gleis­nummer. Neben der Tafel steht ein kleiner Tisch, auf welchem alle Materialien liegen, die für die Abfahrtszeiten­ tafel benötigt werden. An einer zweiten Wand hängt ein gelber OriginalFahrplan der SBB. Die Zugkomposition und der Minibar-Wagen sind verschiebbar und können an wechselnden Orten im Raum positioniert werden.

Die Abfahrtstafel bietet eine gute Gelegenheit für Schreib- und Lesetätigkeiten.

Schriftspracherwerb anregen Die kursiv gedruckten Gegenstände werden speziell für die Anregung des Schriftspracherwerbs bereit­ gestellt: • Reisebüro: Kleiner Tisch, Stühle, Gestell mit Reisekatalogen, Plakat Reisebüro, Notizblock, Bleistift, Farbstift, Filzstift, Textmarker. • Billettschalter: Stuhl, Spielgestell, Fahrplan, ­Kursbuch, Datumstempel, Bleistift, Farbstift, Kugelschreiber, Filzstift, Textmarker, Billett-Vorlagen zum Ausfüllen, gebrauchte Billette, Abonnemente, leere Karten zur Beschriftung, Telefon, Notizpapier, Bostitche, Klebstreifen. • Aufhängevorrichtungen aus Kartonschachteln für ­unterschiedliches Informationsmaterial.

Ein lesekundiger Bahnhofbeamter hilft der Reisenden, ihren Zug herauszusuchen.

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Bahnhof

Authentische Materialien motivieren zu häufigeren Schreib- und Leseszenarien.

Der Minibar-Service bereitet regelmässig Reiseverpflegungen zu, packt sie ein und schreibt sie an.

• Abfahrtstafel: Magnetwand, Magnete, Papier­

Dies geschieht auch durch die Präsentation ver­ schie­dener Materialien. Billette stehen z.B. in unterschiedlicher Form zur Verfügung: • Gebrauchte Billette und Abonnemente. • Papier zum Gestalten eigener Billette. • Billett-Vorlagen, die mit Stempel oder Schrift ­ausgefüllt werden können.

streifen, breite Filzstifte. • Zug: Papierstreifen zur Beschriftung des Zuges, ­Filzstifte, Zeitungen, Minibar-Wagen mit leeren

­Tetrapak-Drinks, Getränkeflaschen, Früchte und Brezel aus Holz, leere Schokoladepackungen, ­selber hergestellte Pommes-Chips-Säcke, Plakat mit Produkten und Preisen, Rechnungsblock.

Unterschiedliche Zugänge zum Erwerb der Schriftsprache Die Spiel- und Lernumgebung weckt ganz unterschiedliche Interessen, die zum Ausgangspunkt von Schreib- und Leseaktivitäten werden können. Einige Kinder fühlen sich durch die Tätigkeiten als Loko­ motivführerin oder Reisebegleiter angesprochen. Andere interessieren sich für die Möglichkeiten, die das Reisebüro bietet. Wieder andere verkleiden sich gerne und reisen in die weite Welt. In jede ­Handlungsreihe sind verschiedene Möglichkeiten eingebettet, die sich mit Schreib- und Lesetätig­ keiten auseinander setzen: Die Reisenden suchen auf der Abfahrtstafel die Nummer des Gleises. Sie lesen die Anschriften am Zug. Während der Fahrt lesen sie Zeitung. Sie studieren die Karte der Minibar. Am Schalter werden u.a. Billette geschrieben, Zugabfahrtszeiten und Reiseziele notiert oder das Kursbuch wird konsultiert. Neben der Breite der Zugänge zu Schreib- und ­Lesetätigkeiten muss das Angebot so strukturiert sein, dass die Kinder sich entsprechend ihrer ­individuellen Fähigkeiten mit den Schreib- und ­Lesemöglichkeiten auf unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen auseinander setzen können.

Im Reisebüro werden Reisen gebucht. Die Buchun­ gen werden je nach Können der Kinder unterschiedlich gestaltet: • Die Reise wird gezeichnet. • Die Reise wird gezeichnet und teilweise ­beschrieben. • Die Reise wird beschrieben, das Kind wählt seine Schreibweise.

Der Zugführer hat sich Unterstützung geholt: Er möchte ­«Schlafwagen» schreiben.

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