Leibniz-Journal 1/2012

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Leibniz-Journal

Leibniz exhibitionistisch Die Leibniz-­ Forschungsmuseen im Überblick S.16 Labor als Atelier Kunst aus dem Mikroskop

Erfolgs­ geschichte S.14

Dürer auf der Spur G 49121

Große Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum präsentiert neueste Forschungsergebnisse

Leibniz in Ostdeutschland S.26


Geschichten aus der Vergangenheit. Nicht von gestern.

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L e i b n i z | IN T R O

Liebe Leserin, lieber Leser, das Leibniz-Journal kommt in neuem Gewande daher. Das ist bei Zeitschriften so üblich: Alle paar Jahre wird ein wenig aufgeräumt, hier und da gefeilt, und am Ende soll das Heft übersichtlicher sein und lesefreundlicher und unbedingt auch irgendwie moderner. Wir haben uns bei dieser Modernisierung gegen das Modische entschieden und für das Unverwechselbare: Es ist die Signatur von Leibniz selbst, die jetzt das Erscheinungsbild prägt – im Titel und auch auf den Seiten.

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Titel-Foto: Albrecht Dürer, Haller Madonna, um 1498, Washington, National Gallery of Art, Kress Collection, Nr. 1952.2.16.a

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Im Mittelpunkt dieses Heftes stehen unsere acht Forschungsmuseen samt ihrer Dependancen, von Bochum bis Görlitz, von Bremerhaven bis München, beginnend mit einem Artikel über die große Dürer-Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Das Museum gehört als überregional bedeutendes Forschungsmuseum zur Leibniz-Gemeinschaft, und Leibniz hätte dies wohl sehr gefallen. Er selbst hatte schon 1669 dafür plädiert, ein „Theatrum naturae et artis“ einzurichten, „um vor allen dingen lebendige impressiones und connoissance zu bekommen“. Später geriet dafür auch die wohlgefüllte königliche Kunstkammer im Berliner Schloss in seinen Blick. Das ist von verblüffender Aktualität, soll doch dieses Schloss für ziemlich genau diesen Zweck wieder aufgebaut werden – als HumboldtForum, mit Fokus auf den außereuropäischen ­Kulturen.

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Die Gestaltung des Heftes folgt dem neuen Corporate Design der Leibniz-Gemeinschaft, das ebenfalls von der Signatur des Universalgelehrten geprägt ist. Leibniz hatte beim Schreiben die Deutsche Kurrentschrift verwandt, aus der später das vereinfachte Sütterlin entwickelt wurde. Beide sind 1941 von den Nazis verboten worden. Leibniz, der viel und vielsprachig bis nach China korrespondierte, unterzeichnete bei anderer Gelegenheit, insbesondere natürlich, wenn er nicht auf Deutsch, sondern wie zumeist auf Lateinisch oder Französisch schrieb, in lateinischer Schrift.

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Inhalt

S.26

Bleiben Sie neugierig!

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Nachrichten

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Perspektiven Stefan Treue: Transparenz zu Tierversuchen ist politisch und ethisch unerlässlich ��������������������������� 6 Karl Ulrich Mayer zur geplanten Grundgesetzänderung in der Forschungsförderung �������������������������������������� 7 KUNST, KULTUR & WISSENSCHAFT Dürer über die Schulter geguckt ��������������������������������� 8 Das Erbe retten ― Die Forschungsallianz Kulturerbe �������� 12 Das Labor als Atelier ― Kreativität und Kriminalität unter dem Mikroskop ��������������������������������������������� 14 Die Leibniz-Forschungsmuseen ��������������������������������� 16 Spektrum Aus Forschung eine Menge machen ― Transferpreis für das Ferdinand-Braun-Institut ��������������� 24 Wissenschaft und Föderalismus ― Hans Joachim Meyer über 20 Jahre Leibniz in Ostdeutschland ���������������������� 26 LEIBNIZ LEKTÜRE

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NACHRICHTEN, IMPRESSUM

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Leute

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Brief aus Brüssel

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Christian Walther 3


L e i b n i z | Na c h r i c h t e n

Afrikanische Feuer beeinflussen Amazonas-Klima

Von Menschen verursachte Vegetationsfeuer in Afrika beeinflussen die Atmosphäre im Amazonasbecken während der Regenzeit. Das haben Forscher des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung gemeinsam mit brasilianischen Kollegen aus nächtlichen LIDARMessungen (siehe Bild) im Amazonas-Regenwald geschlussfolgert, bei denen grüne Laserpulse mit einer Wellenlänge von 532 Nanometern in die Atmosphäre gesendet und dort von Aerosolen werden. Dieser Einfluss sei besonders

zwischen Januar und April zu spüren, da dann die Feuer in Zentralafrika am stärksten seien und die Passatwinde die Rauchpartikel direkt nach Südamerika transportierten. Die Ergebnisse können helfen, Klimamodelle zu verbessern, da die Partikel großen Einfluss auf den Strahlungshaushalt, die Wolkenbildung und auch auf Niederschläge haben. Geophysical Research Letters, vol. 38, L20802, 4 PP., 2011 DOI:10.1029/2011GL049200

Weltmeistertitel für Naturkundemuseum

Mit dem Präparat eines afrikanischen Sperbergeiers (Gyps rueppellii) hat Robert Stein bei Weltmeisterschaft der Präparatoren (World Taxidermy Championship) in Salzburg den Titel „Master of Masters“ gewonnen. Der Präparator des Museums für Naturkunde in Berlin war außerdem mit Präparaten eines kletternden neuseeländischen Keas in der Kategorie „Kleine Vögel“, einem Kiwi in der Kategorie „Großvogel“ und mit zwei Saatkrähen in der Kategorie „Kleine Vögel/ Gruppen“ erfolgreich. Auf dem diesjährigen Wettbe-

werb bewarben sich 402 Präparate von 130 Präparatoren aus 22 Ländern um die in elf Kategorien vergebenen Weltmeistertitel.

DOI = Digital Object Identifier, ein eindeutiger und dauerhafter Identifikator für digitale Objekte, vor allem für Online-Artikel von wissenschaftlichen Fachzeitschriften verwendet

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Kaffeetrinken ist nicht mit einem erhöhten Risiko für chronische Erkrankungen verbunden. Darauf weisen Studienergebnisse von ErnährungsEpidemiologen am Deutschen Institut für Ernährungsforschung PotsdamRehbrücke (DIfE) hin. Danach

erhöht Kaffeetrinken nicht das Risiko für Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen und vermindert das Risiko für Typ-2-Diabetes. American Journal of Clinical Nutrition 2012, 95:1-8; DOI:10.3945/ ajcn.111.023648

Leibniz bei Facebook

Die LeibnizGemeinschaft hat jetzt eine eigene Präsenz im sozialen Netzwerk Facebook eröffnet. Dort stellt sie neueste Forschungsergebnisse und sonstige Informationen aus ihren 86 Instituten vor. Bereits seit zwei Jahren ist Leibniz beim Kurznachrichtendienst Twitter vertreten (http:// twitter.com/LeibnizWGL). www.facebook.com/ LeibnizGemeinschaft

DIW sieht keinen Ingenieurmangel

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin sieht – anders als die meisten Prognosen – keinen bevorstehenden Mangel an Ingenieuren in Deutschland. Im Gegenteil: Durch den Run auf ingenieurwissenschaftliche Studiengänge in den vergangenen Jahren könnten allein die derzeit von den Universitäten kommenden Absolventen den Gesamtbedarf an Ingenieuren decken, so eine DIW-Studie. Eine Absolventenschwemme könnte sogar den Berufseinstieg für junge Ingenieure zunehmend erschweren. DIW-Wochenbericht 11/2012

Erneutes Amsel­ sterben erwartet

Im Sommer wird es aller Voraussicht nach wie im vergangenen Jahr zu einem Amselsterben durch das tropische Usutu-Virus kommen. Grund dafür ist, dass die Viren in den übertragenden Stechmücken überwintert haben, wie Forscher des Bernhard-NochtInstituts für Tropenmedizin in Hamburg festgestellt haben. Die Bevölkerung ist aufgerufen, infizierte Vögel zu melden: www.nabu.de/ tiereundpflanzen/ voegel/forschung/ 14160.html

Epizootic emergence of Usutu virus in wild and captive birds in Germany PLoS One (2012) DOI:10.1371/journal. pone.0032604 1/2012

Fotos: Holger Baars/IfT; MfN; Wiki/Julius Schorzman; Vanessa Schmitt/DPZ; DSMZ; AIP; David Hilf

Freispruch für Kaffee


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Schlauer als gedacht

Die Unterschiede zwischen der Intelligenz von Menschenaffen und „normalen“ Affen sind weniger deutlich als gedacht. Dass weniger menschenähnlichen Affen wie Paviane und Javaneraffen ähnlich gut denken können wie Menschenaffen, haben drei Wissenschaftlerinnen vom Deutschen Primatenzentrum – LeibnizInstitut für Primatenforschung (DPZ) in Göttingen belegt. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Größe des Hirns für die Entwicklung der Denkfähigkeit offenbar nicht so bedeutend ist wie bisher angenommen. Stattdessen spielt die soziale und ökologische Umwelt eine wichtige Rolle. PLoS ONE online, 26.03.2012, DOI:10.1371/journal. pone.0032024.

Nationales Biodiversitäts­zentrum in Ostdeutschland

Der Universitätsverbund Halle-Jena-Leipzig hat von der Deutschen Forschungsgemeinschaft den Zuschlag für das Deutsche Zentrum für Integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) erhalten. Mit dabei sind vier Leibnz-Institute: das Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) in Halle, das LeibnizInstitut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben, das Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz sowie das Leibniz-Institut DSMZ - Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig. Das neue Forschungszentrum soll die Forschungsaktivitäten zur Biodiversität interdisziplinär und international bündeln und erhält für zunächst vier Jahre rund 33 Millionen Euro Förderung durch die DFG.

Physiker beobachten Elektronen-Spaltung Einer internationalen Forschungsgruppe unter der Führung von Experimentalphysikern des schweizerischen Paul Scherrer Instituts und von theoretischen Physikern vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden ist es erstmals gelungen, die beiden fundamentalen Momente des Elektrons ‑ Spinon und Orbiton ‑ in voneinander getrenntem Zustand zu beobachten. Das sogenannte „Spinon“ trägt dann den Spin des Elektrons, also seine Eigenrotation, die die magnetischen Eigenschaften eines Materials bestimmt. Das „Orbiton“ ist der Träger des orbitalen Moments – der Bewegung um den Atomkern. Im Experiment bestrahlten die Wissenschaftler ein spezielles Kupferoxid mit intensivem Röntgenlicht und beobachteten, wie sich Energie und Impuls der Röntgenstrahlung bei der Kollision mit der Substanz veränderten. Aus den nun gefundenen Ergebnissen erhoffen sich die Forscher wichtige Schlüsse zum Verständnis der Hochtemperatur-Supraleitung. Nature 485, 82-85 DOI:10.1038/nature10974

Leibniz auf Teneriffa

GREGOR nimmt die Sonne ins Visier Auf Teneriffa hat Europas größtes Sonnenteleskop GREGOR seinen Betrieb aufgenommen. Das Teleskop, das in den vergangenen zehn Jahren maßgeblich durch deutsche Wissenschaftler und Ingenieure konstruiert wurde, bietet der internationalen Forschungsgemeinschaft die Möglichkeit, die Sonne mit der neuesten zur Verfügung stehenden Instrumentierung in ungekannter Detailtiefe zu untersuchen. Mit dem Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik in Freiburg als Konsortialführer sowie dem Leibniz-Insti-

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tut für Astrophysik Potsdam beteiligen sich zwei Leibniz-Institute maßgeblich an diesem Vorhaben. Der Hauptspiegel von 1,5 Metern Durchmesser ermöglicht Beobachtungen der solaren Photosphäre und Chromosphäre im sichtbaren und im infraroten Licht. Die große Lichtsammelfläche des Teleskops erlaubt Aufnahmen der Sonne mit bislang unerreichter Qualität und Auflösung. Atmosphärische Störungen, die die Beobachtungen beeinträchtigen können, werdenn durch ein neues System adaptiver Optik kompensiert.

Die LeibnizGemeinschaft ist noch keine 20 Jahre alt, die Wurzeln ihrer Mitgliedsinstitute reichen tiefer. Hier die Liste der ältesten Einrichtungen:

Liste Das Astrophysikalische Institut Potsdam geht auf die Berliner Sternwarte zurück – 1700 unter Beteiligung des damaligen Akademie-Präsidenten Leibniz eingerichtet. Das Museum für Naturkunde, Berlin, wurde 1810 eröffnet.

Die Senckenberg-Gesellschaft für Naturkunde in Frankfurt am Main besteht seit 1817; die Dependance in Görlitz führt ihre Existenz auf das Jahr 1811 zurück, die heute ebenfalls zu Senckenberg gehörenden Naturhistorischen Sammlungen in Dresden nennen sogar das Jahr 1728.

Der älteste Zweig der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin, Köln, geht auf die Bibliothek der 1847 gegründeten „Königlich Höheren Landwirtschaftlichen Lehranstalt“ in Bonn zurück. Das Römisch-Germanische Zentralmuseum, Mainz, 1852. Das Germanische Nationalmuseum, Nürnberg, ebenfalls 1852. Dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin, geht u.a. das 1893 gegründete Institut für Binnenfischerei voraus. Das (Leibniz-) Institut für Länderkunde, Leipzig, 1896. Das Deutsche Schifffahrtsmuseum, Bremerhaven, 1900. Vorgänger des BernhardNocht-Instituts für Tropenmedizin, Hamburg, ist das 1900 gegründete Institut für Schiff- und Tropen­krankheiten. 5


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Transparenz

zu Tierversuchen ist

politisch und ethisch unerlässlich

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Für die biomedizinische Forschung spielen Tierversuche eine kleine, aber oft entscheidende Rolle. Angesichts der ethischen Herausforderung dieser Forschungsmethode ist ihre gesellschaftliche Akzeptanz von großer Wichtigkeit. Der aktuelle Konsens spiegelt sich im Tierschutzgesetz wider, das die Rahmenbedingungen für die wissenschaftliche Verwendung von Tieren festlegt. Jetzt aber steht eine Novellierung dieses Gesetzes auf Grundlage der neuen EU-Tierschutzrichtlinie an. Eine kurze Bestandsaufnahme der Rolle von Tierversuchen in der Wissenschaft und im Bild der Öffentlichkeit ist also angebracht.

Betrachtet man die Nutzung von Tieren für menschliche Zwecke insgesamt, so spielen Tierversuche nur eine kleine Rolle. Von 1.000 Wirbeltieren, die in Deutschland legal ge­ tötet werden, sind weniger als zwei Ver­ suchstiere. Alleine bei der Jagd werden mehr Tiere erlegt, als für wissenschaftliche Zwecke genutzt werden. Die Tötung von Tieren als Nahrungsmittel und von Ratten und Mäusen als Schädlinge ist gesellschaftlich breit akzeptiert. Bei Tierversuchen hingegen sieht die öffentliche Wahrnehmung anders aus. Auch wenn viele Untersuchungen und Gremien (auch unter Beteiligung von Tierschutzverbänden) immer wieder bestätigen, dass für bestimmte wissenschaftliche Fragen Tierversuche unersetzbar sind, gelingt es Tierversuchsgegnern,

Ich bin überzeugt davon, dass eine solche Kombination von Kompetenz und Transparenz, zusammen mit der Etablierung einer wissenschaftlich fundierten Informationsplattform über Tierversuche, dazu führen wird, dass in absehbarer Zeit die öffentliche Debatte über und die Wahrnehmung von Tierversuchen ihre wissenschaftliche und ethische Bedeutung angemessen widerspiegeln wird.

Fotos: DFG; Peter Himsel

Stefan Treue ist seit 2001 Direktor des ­Deutschen Primaten­ zentrums – LeibnizInstitut für Primatenforschung in Göttingen und Professor für Kognitive Neurowissenschaften und Biopsychologie an der Universität ­Göttingen. Im Jahr 2010 erhielt er den LeibnizPreis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

in ­Teilen der Öffentlichkeit Zweifel an der Notwendigkeit und Bedeutung von Tierversuchen zu ­wecken. Was ist die Ursache dieser Diskrepanz zwischen der wissenschaftlichen Bedeutung ­ von Tierversuchen und ihrer Wahrnehmung in Politik und Öffentlichkeit? Auch wenn sicherlich Kampagnen von Tierversuchsgegnern eine Rolle spielen, muss man anerkennen, dass es ein wesentliches Versäumnis der Wissenschaftler und ihrer Fachverbände ist, die Öffentlichkeit zu wenig über die Notwendigkeit, Bedeutung und Unerlässlichkeit von Tierversuchen informiert zu haben. Auch wenn Wissenschaftler ihre Aufgabe übli­ cherweise nicht darin sehen, Öffentlich­ keitsarbeit zu betreiben, ist Transparenz politisch und ethisch unerlässlich. Nur wenn wir verständlich vermitteln, wie streng Tierversuche in Deutschland geregelt sind und dass unser Wissen um die Physiologie und Medizin von Tieren und Menschen – und damit der biomedizinische Fortschritt – wesentlich von Tierversuchen abhängt, ist deren gesellschaftliche Akzeptanz zu erhalten. Zu dieser Transparenz haben sich Wissenschaftler vor zwei Jahren in der Basler Deklaration (www.basel-declaration.org) verpflichtet, der sich seitdem mehr als 1.000 Forscher angeschlossen haben. Zu dieser Selbstverpflichtung gehört auch, dass Wissenschaftler als diejenigen, deren verantwortliches und kompetentes Handeln am meisten zum Tierschutz beiträgt, ihre Kenntnisse und Tätigkeiten an den höchsten wissenschaftlich-technischen Standards ausrichten.

stefan treue

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Bundes-

Geld

Karl Ulrich Mayer zur geplanten Grundgesetzänderung Karl Ulrich Mayer ist seit 2010 Präsident der Leibniz-Gemeinschaft. Zuvor war der ­Soziologe Direktor am ­Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und Professor an der Yale-University in New Haven/USA.

Die Bundesregierung will das Grundgesetz ändern – und kaum einer beschwert sich. Zu Recht: Die Absicht, durch eine kleine Ergänzung des Artikels 91b dem Bund zu gestatten, an den Hochschulen nicht nur „Vorhaben“, sondern auch „Einrichtungen“ zu finanzieren, stößt auf Zustimmung, auch bei der Leibniz-Gemeinschaft, selbst wenn ein Teil der Politik es lieber gesehen hätte, wenn nicht nur die Hochschulen, sondern auch die Schulen ins Zentrum des fördernden Interesses des Bundes gerückt wären.

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Der Entscheidungsdruck ist groß: Allen Betei­ ligten ist klar, dass es nicht einfach eine weitere Runde der zwischen Bund und Ländern verabredeten Exzellenzinitiative würde geben können, allen ist aber auch klar, dass die Länder die Exzellenzprojek­ te aus schlichtem Geldmangel nicht ein­ fach würden fortsetzen können. Finanznot fördert Einigungsbereitschaft. Dabei ist der Wunsch einiger Länder, einfach mehr Geld vom Bund überwiesen zu bekommen, ebenso nachvollziehbar, wie der Wunsch des Bundes, nicht einfach mit der Gießkanne durch die Lande zu ziehen. Verfassungsrechtlich ist es ohnehin eine Gratwanderung, liegt doch die Kulturhoheit in Deutschland bei den Ländern. Die Leibniz-Gemeinschaft als Zusammenschluss jener Einrichtungen, auf deren gemeinsame Finanzierung sich Bund und Länder seit 1949 verständigt haben, zeigt, wie eine wissenschaftsgeleitete – nämlich vom Wissenschaftsrat im Falle jedes einzelnen Instituts für gut befundene – finan-

zielle Kooperation aussehen kann. Diese Form ließe sich selbst ohne Änderung des Artikels 91b ausbauen, um die Universitäten in ihren Stärken zu stärken: Schon heute kooperieren die Leibniz-Institute und die Universitäten eng. 296 Professuren in Deutschland sind von Leibniz-Instituten und Universitäten gemeinsam berufen. Mehr als 140 Labore werden gemeinsam genutzt, mehr als 3500 Doktoranden an Leibniz-Instituten betreut. Diese Kooperationen würden durch eine Grundgesetzänderung erleichtert und vertieft. In ihrer organisatorischen Vielfalt, Flexibilität und operativen Selbständigkeit könnten die Leibniz-Institute auch Vorbild für diejenigen Exzellenz-Cluster sein, die es jetzt über die Exzellenzinitiative hinaus zu verstetigen gilt. Auch in ihrer thematischen Vielfalt - von Astrophysik bis Zootierforschung, von Medizin bis Wirtschaftsforschung, von Kultur- bis Naturwissenschaften – kann die Leibniz-Gemeinschaft Referenzpunkt für die weitere Entwicklung sein. Eine akademische Verengung auf wenige Forschungsfelder darf es nicht geben. Die Leibniz-Gemeinschaft versteht sich nicht als Gegensatz zu den Hochschulen, sondern als sehr enge, auf gleicher Augenhöhe vernetzte universitätsnahe und universitätskomplementäre Forschung. „Leibniz auf dem Campus“ ist bereits heute vielfältige Realität und könnte – gerade auch mithilfe eines veränderten Artikels 91 b GG noch weiter kreativ und innovativ entwickelt werden. karl ulrich mayer

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Titel

Von der Leibniz-Gemeinschaft mit 860.000 Euro gefördert: Die Aus­stellung „Der frühe Dürer“, zu der auch das Bildnis seiner Mutter Barbara gehört, das der Maler um 1490 im Alter von etwa 19 Jahren geschaffen hat. (Germanisches Nationalmuseum, Inv. Gm 1160)

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In diesem Sommer zeigt das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg − ein Forschungsmuseum der Leibniz-Gemeinschaft − die größte Dürer-­Ausstellung in Deutschland seit 40 Jahren. „Der frühe Dürer“ ist das Ergebnis eines interdiszipli­ nären und internationalen ­Forschungsprojektes, das einen völlig neuen Blick auf den ­Altmeister wirft und seine ­Etablierungsphase unter die Lupe nimmt.

Fotos: Germanisches Nationalmuseum (2)

Sie sind zum ersten Mal seit 400 Jahren in Deutschland wieder vereint: die Eltern von Albrecht Dürer. Seit das Germanische Nationalmuseum die größte DürerAusstellung Deutschlands seit 40 Jahren eröffnet hat, hängen Barbara ­Dürer und ihr Mann Albrecht der Ältere Seite an Seite. Dass die beiden wieder zusammengefunden haben, ermöglichte ein Forschungsprojekt, für das das Museum als Mitglied der LeibnizGemeinschaft Fördermittel des „Paktes für Forschung und Innovation“ im Leibniz-Wettbewerbsverfahren eingeworben hatte.

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Die Ergebnisse des interdisziplinären und internationalen Forschungsprojektes zeigt die Ausstellung „Der frühe Dürer“. Kunsthistoriker, Literaturwissen­ schaftler und Naturwissenschaftler haben über viele Monate hinweg Seite an Seite gearbeitet: Sie reisten in die bedeutendsten Museen, nach Washington, Paris, London, Florenz und Dresden, sie haben das Leben und Werk des berühmtesten deutschen Künstlers der Renaissance systematisch erforscht und sein Frühwerk bis 1505 aus Perspektiven der Medientheorie, der Italien-Forschung, der Lokalgeschichte bis hin zur Kunsttechnologie beleuchtet.

Neu ist auch, dass sich eine Ausstellung erstmals mit dem frühen Dürer beschäftigt. „Wir haben Dürers künstlerische Entwicklung in den Kontext der Zeit gestellt, um ihn aus der Isolation der Genie-Ästhetik zu befreien“, erklärt Projektleiter Dr. Daniel Hess vom Germanischen Nationalmuseum, „wir wollten die Etablierungsphase, in der Dürer zu Dürer wurde, nachvollziehen.“ Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen deshalb nicht allein die 120 Meisterwerke, sondern es geht auch um die Lebensumstände des jungen Malers, die sein einzigartiges Werk erst möglich gemacht haben: Wie ist er aufgewachsen, in welchem sozialen Netzwerk hat er sich bewegt? Und wie konnte der Sohn eines Goldschmiedes noch zu s­einen ­ Lebzeiten zu internationalem Ruhm gelangen? Vier Sektionen schlagen in der Aus-

stellung den Bogen von Biografie und Umfeld über die Kernphänomene des Frühwerks bis zur Frage nach Dürers Rolle als Archetyp des

Ausstellung

Der frühe Dürer bis zum 2. September 2012 Öffnungszeiten: täglich 10 – 18 Uhr, Mi und Do 10 – 21 Uhr Eintrittspreise: € 8,– regulär, € 5,– ermäßigt Germanisches Nationalmuseum Kartäusergasse 1 90402 Nürnberg http://der-fruehe-duerer.gnm.de

Der Gemälde­ restaurator Oliver Mack (Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg) analysiert die Maltechnik von Dürers „Haller Madonna“ mittels Mikroskop in den Restaurierungswerkstätten der National Gallery in Washington.

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dern ein allgemeines gesellschaftliches Merkmal seiner Umgebung: die Selbstentdeckung und Selbstdarstellung einer dynamischen Nürn­ berger Mittelschicht. „Wir haben das Phänomen des Selbstbildnisses also nicht völlig isoliert als kunsthistorisches Phänomen betrachtet, sondern im kulturgeschichtlichen Kontext der Stadt Nürnberg in der Burgstraße, wo Dürer aufgewachsen ist“, erklärt Hess. Die Gattung der sogenannten Ego-Dokumente schwappte damals auf den bürgerlichen Bereich über und Dürer tat das, was er am besten konnte: Er malte seine Selbstbildnisse. „So konnten wir aus dem Kontext, der weit über die Kunstgeschichte hinausgeht, Phänomene, die bei Dürer in der Kunst erstmals aufgetreten sind, neu erklären und neu deuten“, erklärt Hess.

In den Uffizien zu Florenz wird Albrecht Dürers Bildnis seines Vaters (das Pendant zum Bildnis der Mutter im Germanischen Nationalmuseum) verwahrt. Im Rahmen des Forschungsprojektes zum frühen Dürer reiste im März 2011 ein Forscherteam aus Nürnberg zur Untersuchung des Gemäldes nach Florenz. Die dabei erstellte Infrarotreflektografie enthüllt bislang nicht bekannte Konzeptänderungen während des Malprozesses, die zu spektakulären Neubewertungen führten. Dr. Daniel Hess, Leiter des Forschungsprojekts zum frühen Dürer, präsentiert den Direktoren der Uffizien, Dr. Antonio Natali und Dr. Angelo Tartuferi, die neuen Entdeckungen

Fotos: Germanisches Nationalmuseum (3)

­odernen Künstlers. Während m sich die jüngere Forschungsszene in den vergangenen Jahren vor allem auf einzelne Gattungen wie Malerei oder Grafik des Künstlers konzentriert hat, gelingt es den Beteiligten des Forschungsprojektes gattungsübergreifende Zusammenhänge zwischen Malerei, Zeichnung, Grafik und Glasmalerei herzustellen. Basis ist dabei immer der zeitgeschichtliche Hintergrund des spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Nürnbergs. „Auf diese Weise ist uns ein neuer Blick auf den Altmeister gelungen“, resümiert Hess. Da sind beispielsweise die vielen bildlichen und schriftlichen Selbstzeugnisse Dürers, die auf einen ich-bezogenen Künstler schließen lassen könnten. Dies ist jedoch keine spezifische Charaktereigenschaft des Meisters, son-

Das Bildnis von Dürers Vater wird mit einer Infrarotkamera in der Restaurierungswerkstatt der Uffizien in Florenz untersucht. Im Vordergrund die hochauflösende digitale Infrarotanlage des Germanischen Nationalmuseums

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Die Wissenschaftler haben Dürers Frühwerk nicht nur chronologisch unter die Lupe genommen, sondern sie haben es vor allem phänomenologisch begutachtet: Was ist die Funktion einer bestimmten Zeichnung? Geholfen hat den W ­ issenschaftlern dabei die Röntgenfluoreszenzanalyse: Mit diesem zerstörungsfreien Untersuchungsverfahren können Wissenschaftler die chemische Zusammensetzung historischer Tinten in Zeichnungen präzise bestimmen. Damit lassen sich die Dürer-Zeichnungen mit ihren vielen Beschriftungen, Datierungen und Signaturen sehr viel besser und präziser einordnen. Aber auch der unbefangene, genaue Blick öffnet neue Einsichten: So interessierte die Kunsthistoriker am umstrittenen Innsbruck-Aquarell, das Dürer in den 1490er Jahren malte, bislang vor allem immer eines: Wann ist das Bild entstanden: Auf Dürers Hinreise nach Venedig? Auf der Rückreise? „Dabei

ist übersehen worden, dass das Aquarell in drei Schritten entstanden ist“, erklärt Hess. Die Forscher im Germanischen Nationalmuseum konnten den Werkprozess nachvollziehen: Dürer zeichnete zunächst die linke Hälfte, erst später vollendete er das Werk – und zwar nicht vor Ort, sondern im Atelier! „Und das, was vor Ort entstanden ist, existiert in der Regel nicht mehr. Denn Dürer hat seine Werke ausgesiebt, gezielt aufgehoben, beschriftet und datiert. Er hat damit seine Überlieferung und seine Wertschätzung nachhaltig beeinflusst. Wir sind Dürer also immer ein bisschen auf den Leim gegangen: Denn das, was erhalten ist, ist eben nicht alles, was es gegeben hat“, erklärt Hess. Die Vorstellung vom jungen Dürer, der als erster Künstler in der Natur arbeitet und mit dem Aquarellkasten seine Italienreise mit möglichst wirklichkeitsgetreuen Städte- und Landschaftsbildern dokumentiert, bedarf also einer deutlichen Kor-

rektur. „Zu sehr hat die Verquickung von Biographie und Werk den Blick auf das einzelne Werk verstellt, und zu sehr basieren die etablierten Erklärungsmodelle auf späteren Vorstellungen wie etwa der Italiensehnsucht und dem Künstlerkult des 18. und 19. Jahrhunderts“, sagt Hess.

„Denn das, was erhalten ist, ist eben nicht alles, was es gegeben hat.“ Projektleiter Dr. Daniel Hess vom Germanischen Nationalmuseum

Grüne Welle: Gelb fährt vor … 1/2012 www.BVG.de · Call Center 030 19 44 9

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Um die Entstehungsprozesse verschiedener Gemälde zu rekonstruieren, durchleuchteten die Forscher Dürers Kunstwerke mit einer hochempfindlichen Infrarot-Kamera und entdeckten nicht sichtbare Strukturen wie etwa Kohle-Unterzeichnungen. „So haben wir ein differenziertes Bild von Dürers Werkprozess und vom Aufbau seiner Gemälde bekommen“, erklärt Hess. „Wir haben dem jungen Dürer beim Arbeiten

Das

sozusagen über die Schulter geguckt und sind ihm als Künstler nähergekommen“.

Sensationelle Ergebnisse lieferte die Infrarot-Kamera bei der Untersuchung des elterlichen Doppelportraits: Bislang ging die Wissenschaft davon aus, dass Dürer zunächst seine Mutter portraitiert hat. Doch die Infrarotkamera machte Unterzeichnungen auf dem Vater-Bildnis sichtbar, die

belegen, dass das Vater-Bildnis zuerst entstanden ist. Ursprünglich hatte Dürer geplant, seinen Vater in einem Raum mit einem Fenster mit Landschaftsausblick zu malen. „Ein völlig anderer Portraittypus, den Dürer dann verwarf“, erklärt Hess. Das Bildnis der Mutter reagiert bereits auf diese grundlegende Änderung und muss daher nach dem Vaterbildnis entstanden sein. Alles, was bisher zu den beiden Bildnissen gesagt wurde,

Erbe retten… Forschungsallianz Kulturerbe Kunstausstellungen waren vor wenigen Jahrzehnten noch bestenfalls nationale Ereignisse. Heute sind sie „Events“ und ziehen Abertausende Besucher aus aller Welt an. Allein Deutschlands Museen zählten 2009 mehr als 100 Millionen Besucher. Tendenz steigend.

Auch das ist Kulturerbe: Strahlreinigung eines stillgelegten Hochofens.

Doch nicht nur die Kosten für die Inszenierung von Kunstereignissen wachsen dabei steil an. Auch der Erhalt des Kulturerbes selbst wird immer aufwändiger und kostenintensiver, denn Kulturgut ist keine erneuerbare Ressource. Die Zeugnisse der Vergangenheit, ob Schriftstücke, Gemälde, Skulpturen oder historische Gebäude müssen vor Zerstörung geschützt und ihre Erhaltung als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachtet werden.

Die Forschungsallianz Kulturerbe – ein Verbund von Wissenschaftlern der Leibniz-Gemeinschaft, der FraunhoferGesellschaft und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz – nimmt sich seit 2008 dieser Aufgabe an. Ziel ist es, gemeinsam neue Verfahren, Materialien und Technologien für die Restaurierung und Konservierung von Kulturgütern zu entwickeln und zu erproben. Die Forschungsallianz koordiniert diesen Prozess und fördert den Austausch zwischen Forschung und Restaurierungspraxis. Dabei haben die Forscher nicht nur die nationalen Interessen im Blick, sondern stehen mit ihren Forschungen im internationalen Austausch.

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Foto: DBM Bochum

Die beteiligten Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft – alle mit eigenen Forschungs- sowie Restaurierungsabteilungen ausgestattet – verfügen über einen großen Erfahrungsschatz, von dem auch andere Museen profitieren können.

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bedarf daher einer Revision. Die Ausstellung will nicht nur großartige Werke zeigen, sondern Einblicke in die Forschung geben: „Das ist eine der Kernaufgaben unseres Forschungsmuseums“, sagt Hess. Deshalb wurde eine besondere Ausstellungseinheit eingerichtet: das Dürer-Labor. Der Besucher erfährt etwas über den aktuellen Umgang der Kunstgeschichte mit dem Forschungsfeld Dürer: Dort werden provozierende Fragen ge-

stellt: War Dürer ein Wunderkind, Maler oder mehr Medienunternehmer? War Dürer überhaupt ein guter Maler? Unterschiedliche Forschungspositionen und widersprüchlich diskutierte Lebensstationen werden anschaulich dargestellt. Dem Maler, Grafiker, Mathematiker und Kunsttheoretiker Albrecht Dürer hätte dieser neue, interdisziplinäre Blick auf sein Schaffen sicherlich gefallen.

Ein drängendes Problem ist zum Beispiel der hohe Energieverbrauch in vielen Museen. Bilder, Skulpturen, Dermoplastiken sowie andere Tier- und Pflanzenpräparate oder Mineralien und Fossilien – jedes Exponat benötigt ein anderes Raum­klima. Austrocknung oder Schimmel drohen, da Holz, Papier, Textilien oder Metalle unterschiedliche wasseranziehende Eigenschaften besitzen. Für die optimale Raumluft und dauerhaften Schutz der Exponate müssen Ausstellungsräume gekühlt oder beheizt werden - je nach Material, Jahreszeit und Baustruktur der Gebäude. Das verbraucht viel Energie. Das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven sucht jetzt nach der perfekten Lösung. Der von Hans Scharoun 1975 entworfene Bau ist nach wie vor ein architektonisches Meisterwerk, aber baulich inzwischen in einem desolaten Zustand: von Feuchtigkeit durchdrungen, mit hohem Instandhaltungsaufwand verbunden und enorme Energiekosten verursachend. Zusammen mit den Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik, der Universitäten Stuttgart, München, Dresden und Weimar sowie des Instituts für Technische Gebäudeausrüstung Dresden werden neue Bautechniken und Baustoffe – abgestimmt auf die besonderen konservatorischen Ansprüche eines Museums – erprobt. Das eröffnet den Wissenschaftlern eine geeignete Versuchslandschaft, kostet das Schifffahrtsmuseum kein zusätzliches Geld. Ziel ist ein innovatives Sanierungs-und Energiekonzept, das dann auch auf den geplanten Erweiterungsbau angewandt werden kann. Die unter Denkmalschutz stehende Klinkerfassade des Scharoun-Baus wird mit Vakuumisolierpaneelen gedämmt, Dehnfugen ausgebessert, um Spannungsrisse zu vermeiden, und auch Dach und Fenster werden neu isoliert. Das Museum für Naturkunde in Berlin hat ein anderes Problem: Es verfügt über eine Vielzahl von Tierpräparaten, die in rund 233.000 Gläsern und 80 Tonnen Alkohol konserviert sind. Diese „Nasssammlungen“ sind akut gefährdet: Undichte Verschlüsse und starke Temperaturschwankungen lassen den Alkohol verdunsten. Historische Originaletiketten der über Jahrhunderte zusammengetragenen Sammlung drohen zu zerfallen. Ein konservatorisches Sofortprogramm startete 2008 und entwickelte ers1/2012

v e rlosu n g Wir verlosen ein Exemplar des Begleitbands zur Ausstellung „Der frühe Dürer“, herausgegeben von Daniel Hess und Thomas Esser (ISBN 978-3-936688-59-7) sowie fünf mal zwei Eintrittskarten. ­Bitte senden Sie bis zum 30. Juni 2012 eine E-Mail mit Namen und Adresse an verlosung@ leibniz-gemeinschaft.de — Stichwort „Dürer“.

katja lüers

te Methoden zur Rettung: Die Präparate kamen in neue langzeitstabile Borosilikatgläser mit Schliffstopfen oder in „Twist-Off-Gläser“ mit Schraubverschluss, die eine niedrigere Verdunstungsrate aufweisen. Zusätzlich zog ein Teil der Sammlung unter sorten- und klimareiner Lagerung in den speziell für die Nasssammlungen wiederaufgebauten Ostflügel des Museums um, wo sie zum Teil auch für die Öffentlichkeit zu besichtigen ist.

Wissenschaftler, Denkmalschützer und Restauratoren haben aber nicht nur kleinteiliges Kunstgut im Blick, sondern suchen auch Lösungen für riesige Industriedenkmäler: Die Zeche Zollverein in Essen ist heute Denkmal und Kulturstandort und gehört zum Weltkulturerbe der Unesco - 1986 fuhr die letzte Schicht nach 135 Jahren Bergbaubetrieb ein. Aufgrund der enormen räumlichen Dimension und der komplexen Material- und Strukturvielfalt der ehemaligen Industrieanlage kommt die „klassische“ Denkmalpflege hier schnell an ihre Grenzen. Schon allein der Rostschutz dieser gigantischen Anlage, deren historisches Gesicht erhalten bleiben soll, deren Unterhalt aber auch bezahlbar bleiben muss, verlangt von den Restauratoren neue Lösungen. Dieser Aufgabe widmet sich das Deutsche Bergbau-Museum in Bochum in enger Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Silicatforschung: Ziel ist es, dauerhafte Schutzsysteme ohne schädliche Lösungsmittel zu finden. Der Korrosionsschutz muss außerdem transparent und zugleich irreversibel sein. Dafür entwickelten die Forscher neue wasserbasierte Ormocer® -Lacke. In ersten Versuchen erreichten sie zwar noch nicht die Qualität der klassischen lösungsbasierten Lacke, aber es ist ein erster Ansatz, Rostschutzmittel mit besseren Schutz-und Umwelteigenschaften herzustellen. Forschung zum Nutzen von Kunst und Kultur – wider den Verfall. Das hat sich die Forschungsallianz Kulturerbe zur Aufgabe gemacht – ganz im Sinne Leonardo da Vincis, den schon vor langer Zeit die Vergänglichkeit betrübte: „Das Schöne, das sterblich ist, vergeht, aber nicht das Kunstwerk“. So es denn bewahrt wird. karen könig www.forschungsallianz-kulturerbe.de

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Das

Labor als

Atelier

Kreativität und Kriminalität unter dem Mikroskop

Alex von Bohlen sitzt in einem ­Labor des Leibniz-Instituts für Analytische Wissenschaften und starrt eine bizarre Landschaft auf seinem Bildschirm an. Es könnte eine Aufnahme von einem der rätselhaften Monde sein, die den Planeten Saturn umkreisen. Man sieht Hügel, Täler, Krater und eine Art Gebirgskette. Es könnte auch eine Unterwasserlandschaft mit Algen und exotischen Tieren sein.

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Tatsächlich handelt es sich allerdings schlichtweg um die Vergrößerung einer kaputten Lampe, die von Bohlen von zuhause mitgebracht hat. Er hat einen kleinen Teil von ihr in das Elektronenras-

termikroskop gesteckt und auf seinem Bildschirm heran gezoomt. Er wollte wissen, was in einer konventionellen Lampe alles drin steckt. Bei solchen Aktivitäten schaut stets von Bohlens künstlerisches Auge mit. Nach ein wenig hin und her hat er schon zwei Motive ausfindig gemacht – eines sieht aus wie ein Spiegelei, das andere wie der Zweig eines Nadelbaums. „Das wird ein prima Kartenmotiv für Weihnachten“, scherzt der Forscher. Alex von Bohlen sucht bewusst nach ungewöhnlichen Formen, die er später am Rechner zu kleinen Kunstwerken umgestalten kann. Die Formen behält er bei, verleiht ihnen aber durch Farbgebung und Schattierungen eine neue Intensität. Das Ergebnis erinnert an faszinierende Fantasyoder Science-Fiction-Welten.

Man muss erst einmal auf die Idee kommen, solche Kunstwerke zu schaffen. Alex von Bohlen hatte sie vor einigen Jahren, als er einen Praktikanten nach dem Unterschied zwischen der Aufnahme eines Lichtmikroskops und der eines Elektronenrastermikroskops fragte. Das letztere zeigt nämlich keine Farben. Elektronen sind schließlich nicht bunt. Was aber wäre, wenn man Sie bunt färbt? Diese Idee ließ ihn nicht mehr los. Von Bohlen färbte einige Aufnahmen nachträglich ein. „Die ersten Versuche waren eine Katastrophe“, sagt er. „Die Dreidimensionalität war weg, die Bilder waren langweilig.“ Erst viele Experimente später fand er den richtigen Weg – und damit zu seiner eigenen Bildsprache. Die Methode klingt einfach: von Bohlen spielt mit einem Bildbe-

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L E IBNIZ | K U N S T, K U LT U R & W I S S E N S C H A F T

arbeitungsprogramm geduldig verschiedene Verfahren durch. Er erstellt Masken und Ebenen, färbt sie unterschiedlich ein, lässt automatische Effekte darüber laufen. Er legt die Bilder nebeneinander, vergleicht, kombiniert neu. „Es hängt von meiner Tagesform ab – manchmal produziere ich für den Müll, manchmal schaffe ich gleich mehrere Arbeiten, mit denen ich zufrieden bin.“ Das wichtigste sei bereits die Auswahl des Motivs. „Ich hatte einen guten Kunstlehrer,“ sagt von Bohlen. „Er brachte uns bei, was künstlerisches Sehen eigentlich bedeutet“.

Fotos: Alex von Bohlen (2); ISAS

Wissenschaft und Kunst haben durchaus Gemeinsamkeiten – sie leben beide von der Kreativität des Menschen, sagt von Bohlen. Er schafft aber nicht nur selbst Kunstwerke, hauptsächlich untersucht er welche: Buchmalerei, Gemälde, antikes Mobiliar, Fresken, Münzen – Objekte, die sehr kostbar sind und bei der Analyse nicht beschädigt werden dürfen. Einige Stücke, etwa eine Goldkrone aus dem Iran, kann von Bohlen komplett unter das Mikroskop legen, von anderen muss er behutsam Proben entnehmen. „Meist reichen dafür zwei fast unsichtbare Körnchen; eins für die Analyse, eins als Ersatz“, sagt er. Mit diesen zwei Körnchen kann er Kunstfälschern das Handwerk legen.

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Ein Kurator etwa plante kürzlich eine Ausstellung mit Werken des italienischen Malers Amadeo Modigliani. Eine Leihgabe von einem privaten Sammler war ohne Signatur. Der Kurator bat die ISAS-Experten, die Echtheit des Werks zu prüfen. Dabei hatten die Forscher Glück: Modigliani hat dem Louvre in Paris seine gesamte Ausrüstung vermacht. Sie wussten, dass der Künstler nur eine begrenzte Auswahl an Farben verwendete. Alex von Bohlen und seine Kollegen machten eine Röntgenfluoreszenzanalyse der Farbpigmente des Gemäldes. Sie fanden darunter das sogenannte Schweinfurter Grün – ein Doppelsalz namens Kupfer(II)arsenitacetat – sowie das kobalthaltige Coelinblau. Beide Farben gehörten nicht zu Modiglianis Ausstattung. Röntgenaufnahmen

nisvollen Zutaten verwendet, sondern war ein Meister seines Handwerks“, so von Bohlens Fazit.

zeigten schließlich, dass auch die Technik, mit der der Künstler die Farben aufgetragen hatte, nicht der von Modigliani entsprach. Das Bild wurde in der Ausstellung nicht gezeigt.

Ähnlich erging es einem Museumsdirektor aus Dortmund. Er plante eine Ausstellung über Tische aus dem frühen Mittelalter. Einer der Tische war mit Bildern bemalt, die kreisförmig den liturgischen Kalender darstellten. In der Ausstellung sollte der Tisch zentral aufgestellt werden, davon kreisförmig ausgehend die anderen Objekte. Die beauftragte Kuratorin hatte jedoch Zweifel bezüglich des Alter des Tisches. Tatsächlich konnten die ISAS-Forscher nachweisen, dass er unter anderem mit dem so genannten Preußisch-Blau bemalt war – einer Lösung aus Eisen(III)Salz und gelbem Blutlaugensalz, die man im Mittelalter nicht kannte. Vermutlich wurde der Tisch im 18. Jahrhundert nachträglich bemalt.

Von Bohlens Team nahm sich kürzlich sogar einige Geigen von Antonio Stradivari vor. Schon seit über 100 Jahren hielt sich das Gerücht, der italienische Instrumentenbauer hätte für seine berühmte Geigen geheimnisvolle Zutaten verwendet. Von Bohlen und seine Kollegen analysierten die Lackschichten auf fünf verschiedenen Stradivari-Geigen aus den Jahren 1692 bis 1724 - unter anderem mit einem Lichtmikroskop, einem Rasterelektronenmikroskop (REM) und einer energiedispersiven Röntgen-Analyse (EDX). Die Forscher fanden heraus, dass die Lackschicht jeweils aus einer unteren Schicht aus trocknendem Öl, die das Holz versiegelt, und einer Deckschicht aus Öl, Harz und- bei vier der fünf Geigen - roten Pigmenten bestanden. Eine gängige Kombination für die damalige Zeit: „Stradivari hat keine geheim-

Von Bohlen neueste Leidenschaft sind Graffiti. In einem seiner jüngsten Forschungsprojekte untersucht er Spraygemälde sowohl im Ruhrgebiet als auch in Berlin. Er stellte dabei erstaunliches fest: Die untersuchten Wände haben mitunter bis zu zwei Zentimeter dicke Farbschichten – oft unterteilt in über 100 Einzelschichten aus Farben und Grundierungen. Die Straßenkünstler malen demnach an ein und derselben Stelle bis zu 100 Bilder übereinander, ehe der Untergrund irgendwann abbröckelt oder von den Künstlern entfernt wird. Dabei werden oft die billigsten Farben eingesetzt. „Farben sind meist eine Frage des Geldbeutels“, sagt Bohlen. Einer der Künstler erklärte ihm, er habe in den letzten zehn Jahren den Wert eines Mercedes 500 an die Wände gesprüht. Der ISAS-Forscher ist von der Leidenschaft dieser Künstler beeindruckt. Dabei fehlt es ihm selbst nicht an einer solchen: Für seine eigenen Kunstwerke hat er schon unzählige Feierabende geopfert. Für seine Graffiti-Analysen nahm er sogar diverse Blessuren in Kauf: „Ich habe mehrere Zeckenbisse und zerrissene Hosen von meinen Ausflügen mitgebracht“, sagt er. „Ich musste einmal sogar einer Jugendbande gut zureden, damit sie mir nichts antun“. Wer Kunst und Wissenschaft so gewissenhaft zusammenführt, muss wohl auch ein wenig leiden. boris hänssler

Alex von Bohlen betrachtet am Leibniz-Institut für Analytische Wissen­ schaften Kunst unter dem Mikroskop – und schafft Mikroskopkunst.

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Na c h r i c h t e n

FORSCHUN Sie agieren weltweit, ihre Sammlungen ­bieten einen unverzichtbaren wissenschaftlichen ­Service für Forschung weltweit. Die Forschungsmuseen in der Leibniz-Gemeinschaft verbinden Forschung und Bildungsauftrag in besonderer Weise. Hier findet der Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zu neuen Qualitäten. Einzigartige Sammlungen bilden das Fundament für die Wissenschaft. Die Museumsaufgabe des Sammelns, Bewahrens und Ausstellens geht mit der Forschungsaufgabe des Entdeckens und ­Erklärens eine untrennbare Verbindung ein.

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Na c h r i c h t e n

NGS MUSEEN

Foto: DBM Bochum

in der Leibniz-Gemeinschaft

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1 Deutsches Schiffahrtsmuseum Hans-Scharoun-Platz 1 · 27568 Bremerhaven Öffnungszeiten März-Oktober, täglich: 10.00 bis 18.00 h November-Februar, Di-So: 10.00 bis 18.00 h www.dsm.museum

Die LeibnizForschungsmuseen

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3 Deutsches Bergbau-Museum Bochum Am Bergbaumuseum 28 · 44791 Bochum Öffnungszeiten Di-Fr: 8.30 bis 17.00 h Sa, So und Feiertage: 10.00 bis 17.00 h www.bergbaumuseum.de

4 Deutsches Museum Bonn im Wissenschaftszentrum Ahrstraße 45 · 53175 Bonn Öffnungszeiten Di-So: 10.00 bis 18.00 h

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5 Zoolo Alexand Biodive

www.deutsches-museum-bonn.de

Adenau

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Öffnung Di-So: 1

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www.zf

8 Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung · Naturmuseum Frankfurt Senckenberganlage 25 · 60325 Frankfurt Öffnungszeiten Mo-Di, Do-Fr: 9.00-17.00 h, Mi: 9.00-20.00 h Sa-So und an Feiertagen: 9.00-18.00 h www.senckenberg.de

8 9

10

9 Römerbergwerk Meurin An der B256 · 56630 Kretz Öffnungszeiten Di-So und an Feiertagen: 9.00 bis 17.00 h www.vulkanpark.com

10 Römisch-Germanisches Zentralmuseum Ernst-Ludwig-Platz 2 · 55116 Mainz Öffnungszeiten Di-So: 10.00 bis 18.00 h www.rgzm.de

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2 Museum für Naturkunde Invalidenstraße 43 · 10115 Berlin Öffnungszeiten Di-Fr: 9.30 bis 18.00 h Sa, So und an Feiertagen: 10.00 bis 18.00 h www.naturkundemuseum-berlin.de

2 6 Senckenberg Gesellschaft für Naturfor­ schung, Museum für Naturkunde Görlitz Am Museum 1 · 02826 Görlitz Öffnungszeiten Di-Fr: 10.00 bis 17.00 h Sa-So: 10.00 bis 18.00 h www.senckenberg.de/goerlitz

ogisches Forschungsmuseum der Koenig – Leibniz-Institut für ersität der Tiere

uerallee 160 · 53113 Bonn

gszeiten 10.00 bis 18.00 h, Mi: 10.00 bis 21.00 h

fmk.de

7

6 7 Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung Naturhistorische Sammlungen Dresden Palaisplatz 11, 01097 Dresden

11 Germanisches Nationalmuseum

Öffnungszeiten Di-So: 10.00 bis 18.00 h

Kartäusergasse 1 · 90402 Nürnberg

www.snsd.de

Öffnungszeiten Di-So: 10.00 bis 18.00 h Mi: 10.00 bis 21.00 h www.gnm.de

12 Deutsches Museum Flugwerft Schleißheim

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Effnerstraße 18 · 85764 Oberschleißheim Öffnungszeiten Täglich: 9.00 bis 17.00 h www.deutsches-museum.de/flugwerft

13 Deutsches Museum München

Fotos: Leibniz-Museen

Museumsinsel 1 · 80538 München

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Öffnungszeiten Täglich: 9.00 bis 17.00 h www.deutsches-museum.de

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F o r s c hu n gsmusee n

B e rl i n

Museum für Naturkunde

Das Museum für Naturkunde – LeibnizInstitut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung in Berlin gehört zu den weltweit bedeutendsten Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Bio- und Geowissenschaften.. Die Sammlungen des Museums sind mit seiner Forschung unmittelbar verbunden. Sie umfassen mehr als 30 Millionen Objekte aus Zoologie, Paläontologie, Geologie und Mineralogie und sind von höchster wissenschaftlicher und wissenschaftshistorischer Bedeutung. Magnet des Museums für Naturkunde ist das 13,27 Meter hohe Skelett des Brachiosauriers.

LEIBNIZ FORSCHUNGSMUSEEN Bo c hum

Das Deutsche Bergbau-Museum Bochum ist das bedeutendste Bergbaumuseum der Welt und zugleich ein renommiertes Forschungsinstitut für Montangeschichte. Übertägige Ausstellungen und ein originalgetreues Anschauungsbergwerk unter Tage eröffnen den Besuchern Einblicke in die Welt des Bergbaus. Das Fördergerüst bietet den Besuchern einen fantastischen Blick über Bochum und das Ruhrgebiet. Das Anschauungsbergwerk des Museums wurde realitätstreu nachgebildet und ist bis zu 20 Meter tief.

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Fotos: MfN; DBM

Deutsches BergbauMuseum


Bo n n

F o r s c hu n gsmusee n

Zoologisches Forschungs­ museum Alexander Koenig Das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig – Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere ist eines der großen naturgeschichtlichen Forschungsmuseen in Deutschland. Seinen Ruf hat sich das Museum durch die Dokumentation, Erforschung und Erklärung der biologischen Vielfalt erarbeitet. Das Herz des Museums bilden die wissenschaftlichen Sammlungen, die sich vor allem auf Wirbeltiere und Insekten in Landlebensräumen konzentrieren. Das Zentrum für molekulare Biodiversitätsforschung erfasst unter anderem durch moderne Methoden der Genomik und Biodiversitätinformatik die genetische Vielfalt der Arten. Inszenierte Großlebensräume: Zebras in der afrikanischen Savanne.

LEIBNIZ FORSCHUNGSMUSEEN B r eme r have n

Fotos: DSM; ZFMK

Deutsches Schiffahrts­ museum Das Deutsche Schiffahrtsmuseum veranschaulicht anhand von Jahrhunderte alten Schiffen, Navigationsinstrumenten, Waffen, Gemälden und Gerätschaften die abwechslungsreiche Geschichte deutscher Schifffahrt. Das älteste noch erhaltene Originalschiff ist eine Hanse-Kogge aus Holz, die 1380 in der Weser sank und nach ihrem Fund 1962 nur mit aufwendigen Restaurierungsarbeiten erhalten wurde. Ein Teil des Museums befindet sich unter freien Himmel und schließt den Museumshafen ein, in dessen Becken Schiffe aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und des 20. Jahrhunderts liegen. Die Hochseerennyacht DIVA gewann 1985 mit zwei anderen deutschen Yachten den Admiral’s Cup auf dem Ärmelkanal und der irischen See.

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Na c h r i c h t e n

F ra n kfurt am M a i n

Senckenberg Naturmuseum

Das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main ist ist der Hauptstandort der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und eines der größten seiner Art in Deutschland. Besucher erhalten einen Überblick über die heutige Vielfalt des Lebens (Biodiversität) und die Entwicklung der Lebewesen (Evolution) sowie die Verwandlung unserer Erde über Jahrmillionen hinweg. Neue Forschungsergebnisse aus allen Bereichen der Biologie, Paläontologie und Geologie werden vorgestellt. Weitere Standorte sind das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz und die Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden. Für Kinder immer wieder faszinierend: ein Blick in die Vergangenheit. Hier wird das Mammut genauestens inspiziert.

LEIBNIZ FORSCHUNGSMUSEEN Mainz

Das Römisch-Germanische Zentralmuseum ist zugleich Forschungsinstitut und Museum für Archäologie. Seine Forschungen reichen von der Steinzeit vor 2,5 Mio. Jahren bis ins Mittelalter. Schausammlungen und Ausstellungen sind Fenster der archäologischen Forschung. Das Stammhaus im Kurfürstlichen Schloss zu Mainz bietet momentan dem Besucher einen breiten Überblick über die Archäologie Europas von der Zeit Cäsars bis zu Karl dem Großen. Weitere Standorte sind das Museum für Antike Schiffahrt in Mainz, das Museum für die Archäologie des Eiszeitalters im Schloss Monrepos in Neuwied sowie der Vulkanpark Osteifel im Landkreis Mayen-Koblenz. Rekonstruktion eines römischen Militärschiffs aus dem späten 3./4. Jahrhundert n. Chr.

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Fotos: SGN Frankfurt; RGZM/Iserhardt, Müller

RömischGermanisches Zentralmuseum


M ü n c he n

Na c h r i c h t e n

Deutsches Museum Das Deutsche Museum zählt zu den international führenden Museen für Naturwissenschaft und Technik. Die Leitidee Oskar von Millers, der das Deutsche Museum 1903 gründete, war die umfassende Darstellung der Entwicklung von Naturwissenschaft und Technik von den Anfängen bis in die Gegenwart, populär und bildungsorientiert, aber dennoch wissenschaftlich fundiert. Nur die wenigsten wissen, dass sich unter dem Dach des Deutschen Museums auch eine große Anzahl an eigenen Werkstätten befindet, die für die Restaurierung der Objekte und die Instandhaltung und Neugestaltung der Ausstellungen sorgen. Neben dem Hauptsitz auf der Münchner Museumsinsel sowie einer dem Verkehr und der Mobilität gewidmeten Filiale in München Theresienhöhe gibt es weitere Standorte in Schleißheim und Bonn. Die Sammlung Stadtverkehr im Verkehrs­ zentrum zeigt eine Straßenszene mit ­Fahrzeugen aus dem 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart.

LEIBNIZ FORSCHUNGSMUSEEN N ü r n b e rg

Fotos: DM; GNM

Germanisches National­ museum Das Germanische Nationalmuseum vereinigt Kunst, Kultur und Geschichte aus dem deutschsprachigen Raum von der Frühzeit bis zur Gegenwart unter seinem Dach. Die 26 Sammlungsbereiche umfassen unter anderen Goldschmiedearbeiten aus dem Mittelalter, barockes Kunsthandwerk, historischem Spielzeug, Skulpturen und Musikinstrumente aus. Neben Gemälden von Albrecht Dürer finden sich Werke von expressionistischen Malern wie Ernst Ludwig Kirchner und Max Pechstein. In der wissenschaftlichen Spezialbibliothek stehen zudem über 650.000 Bände zur europäischen Kunst- und Kulturgeschichte der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung. Blick in den Ausstellungssaal mit Skulpturen und Gemälden des Barock.

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Aus

Forschung

eine Menge machen Wie aus Forschung High-Tech wird

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„An den Forschungsinstituten haben wir sehr interessante Sachen gemacht – aber oft war mit der Veröffentlichung Schluss, es wurden keine Produkte daraus.“ So erinnert sich Dr. Jürgen Sebastian an seine fast 20-jährige Forschungstätigkeit am FerdinandBraun-Institut und an dessen Vorgängerinstitut aus DDR-Zeiten. Weil er Ergebnisse mit großem Potenzial für High-Tech-Produkte nicht in der Schublade verstauben

lassen wollte, gründete er 2002 die Jenoptik DiodeLab als Spin-off aus dem FBH und Tochter der Jenoptik AG. „Jetzt entwickeln wir die Forschungsergebnisse weiter zu weltweit nachgefragten Diodenlasern“, ergänzt Sebastian. Von Beginn an arbeitete die Jenoptik DiodeLab sehr eng mit der FBH-Forschergruppe unter Leitung von Dr. Götz Erbert zusammen. „Unser Standort in BerlinAdlershof, nur ein paar Schritte vom FBH entfernt, ist kein Zufall“, betont Sebastian. Durch diese enge Kooperation habe es das Unternehmen zum Weltmarktführer

bei der Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Halbleiterlasern gebracht.

Anerkennung fand diese erfolgreiche Zusammenarbeit in diesem Jahr durch den mit 50.000 Euro dotierten Transferpreis „WissensWerte“ der Technologiestiftung Berlin. Das FBH-Team erhielt den Preis für die Entwicklung sehr leistungsstarker Diodenlaser. Zum Beispiel beim Schweißen oder Schneiden von Autoblechen, sind sehr hohe Leistungen im Fokus des Laserstrahls notwendig. Dazu werden derzeit in der Regel Festkörperlaser eingesetzt, die von Diodenlasern angeregt werden. Könnte man Diodenlaser direkt einsetzen, um das Material zu bearbeiten, würde das den Aufbau

Fotos: FBH/Schurian (2), Stefan Parsch

Das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) in Berlin-Adlershof erhielt den Transferpreis 2012 der Technologiestiftung Berlin für die Entwicklung von sehr leistungsstarken Diodenlasern.

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L e i b n i z | sp e ktrum

der Systeme vereinfachen und die Energie würde effizienter genutzt. Bislang ist dafür jedoch die Strahlqualität meist nicht ausreichend.

Arbeitsplätze in der Region schaffen durch Spitzentechnologie

Das Team um Dr. Götz Erbert entwickelt daher eine neue Generation von Diodenlasern für leistungsstarke Lasersysteme in der Materialbearbeitung. Diese Systeme bestehen aus einzelnen Diodenlasern, die derzeit eine typische Ausgangsleistung von jeweils etwa zehn Watt liefern. Um die Leistungsfähigkeit zu steigern reicht es jedoch nicht, einfach deren Ausgangsleistung zu erhöhen. Bei der bisherigen Technologie sinkt nämlich bei höherer Leistung die Effizienz – das heißt der Wirkungsgrad der Umwandlung von elektrischer in optische Leistung. Die wichtigsten Aufgaben sind daher, die Effizienz zu steigern sowie die Strahlqualität zu verbessern. Durch neue Designs konnten die Wissenschaftler be-

reits einen Wirkungsgrad von 63 Prozent bei einer Ausgangsleistung von 12 Watt erreichen. Zum Vergleich: Der Wirkungsgrad einer 60-Watt-Glühlampe liegt bei nur fünf Prozent – sie strahlt also nur mit drei Watt Lichtleistung. Angestrebt sind künftig Diodenlaser mit 15 bis 20 Watt Ausgangsleistung bei gleichbleibender Effizienz und Strahlqualität.

Dr. Götz Erbert freut sich über die Anerkennung durch den Preis: „Mit den vielfältigen Forschungsprojekten und Industrieaufträgen sichern wir auch künftig die internationale Technologieführerschaft, vor allem bei hocheffizienten Diodenlasern für die Materialbearbeitung. Durch die enge Zusammenarbeit mit Jenoptik betreiben wir nachhaltigen Technologietransfer, der Innovationen und Arbeitsplätze in der Region schafft.“

Win-Win: Institut und Unternehmen profitieren

Jürgen Sebastian hebt hervor: „Aus der Zusammenarbeit erwächst eine unheimliche Kraft für Innova-

Eine neue Generation von Diodenlasern: hohe Ausgangsleistungen mit zugleich hoher Konversionseffizienz.

tionen und Weiterentwicklungen. Wir arbeiten daran, die Ergebnisse gemeinsam mit dem Institut immer weiter zu verbessern und daraus hervorragende Produkte zu machen.“ Auch das FBH profitiere: „Durch uns bleibt das FBH immer auf dem aktuellen Stand über die Anforderungen des Marktes. Und wir erteilen Forschungsaufträge, so dass Drittmittel ins Institut fließen.“ Der Erfolg ist auch der außergewöhnlichen Unterstützung des FBH-Direktors Prof. Günther Tränkle zu verdanken. „Das Ferdinand-Braun-Institut ist ein echter Glücksfall für uns“, betont Sebastian. Ohne die Kooperation mit dem FBH wäre die Gründung des Hochtechnologie-Unternehmens gar nicht möglich gewesen. Der Bau des benötigten Reinraums wäre aufgrund der extrem hohen Kosten viel zu riskant gewesen – schließlich war noch nicht sicher, wie hoch die Nachfrage nach dem Lasermaterial tatsächlich ist. Also nutzte das Unternehmen den Reinraum des FBH zunächst in zweiter Schicht. Als marktfähige Produkte entwickelt waren entstand der eigene Reinraum. Ein größerer Teil der heutigen Mitarbeiter stammt aus dem FBH. So passgenau ausgebildete Fachleute wären auf dem Arbeitsmarkt sonst kaum zu finden. Die weltweite Nachfrage steigt beständig, sodass derzeit die Produktionskapazitäten erweitert werden. Jetzt entsteht ein neuer Reinraum, mit dem die Kapazitäten mehr als verdoppelt werden.

Die Forschergruppe von Götz Erbert (2.v.l.) erhielt den Transferpreis der Technologiestiftung Berlin.

gesine wiemer

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L e i b n i z | S p e ktrum

Wissenschaft und Föderalismus Gedanken zur Umgestaltung der Forschungslandschaft im Osten Deutschlands vor 20 Jahren.

Die Vereinigung des ost- und westdeutschen Wissenschaftssysteme ist eine der Erfolgsgeschichten der deutschen Wiedervereinigung. Der ehemalige sächsische Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer erinnerte sich in seiner Festrede anlässlich des Festakts zu 20 Jahren Leibniz in Sachsen. sinnvoll gestaltet werden kann. Ich stelle daher meinen Erinnerungen an diese Zeit einige allgemeine Überlegungen zu diesem Verhältnis voran. Wissenschaft und Föderalismus sind ein ungleiches Paar. Die Wissenschaft will den Dingen auf den Grund gehen, will sie einsehbar machen, sie erklären und in Begriffe, ja, in präzise Formeln fassen. Wissenschaft ist der höchste Ausdruck von Rationalität, jedenfalls will oder sollte sie von Rationalität zeugen. Der Föderalismus dagegen ist ein Ergebnis von Geschichte. Die Geschichte wird bewegt von elementaren Bedürfnissen, von Hans Joachim Meyer erlebte und gestaltete das Zusammenwachsen der ost- und westdeutschen Wissenschaftslandschaft.

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Machtstreben und von Ängsten, von Idealen und Interessen und nicht zuletzt vom Willen zum Eigenen. Die Geschichte ist wie die Menschheit und wie die meisten Menschen vielgesichtig und widersprüchlich. Man kann versuchen, sie rational zu erklären, aber sie ist selbst nicht rational. Das gilt auch für die Wirkungen von Geschichte. Dennoch oder gerade darum kann man sie genau so wenig ignorieren wie ein Naturereignis. Man muss sie kennen, respektieren und angemessen mit ihnen umgehen. Das gilt auch für den deutschen Föderalismus. Föderalismus ist schlechthin die Grundtatsache der deutschen Geschichte. Das Zusammen­ leben der Deutschen in ei­ ner staatlichen Ordnung war schon f­öderal organisiert, als die Deutschen noch gar nicht wussten, dass sie zu Deut­ schen werden und deutsch sprechen würden. Ähnliches könnte man gewiss auch für andere europäische Nationen sagen. Aber auch das Werden eines deutschen Nationalstaates gelang nur als Föderation – zunächst im Bismarckschen Kaiserreich, das ja ganz offiziell ein Bund von Fürsten und freien Städten war, aber dann auch in der deutschen Demokratie, also in der 1919

Fotos: Hans-Günther Lindenkreuz, IFW Dresden (2)

Die Umgestaltung der Forschungslandschaft im Osten Deutschlands vor 20 Jahren zeigt das schwierige Verhältnis zwischen Wissenschaft und Föderalismus in Deutschland. Sie ist zugleich ein im Ganzen gelungenes Beispiel, wie diese Beziehung

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L e i b n i z | S p e ktrum

in Weimar begründeten ersten deutschen Republik und in der 1949 gegründeten Bundesrepublik Deutschland. Übrigens traf es auch zu auf die Verfassung der DDR von 1949. Es gab überhaupt in der deutschen Geschichte nur zweimal einen Zentralstaat, und das waren das nationalsozialistische Deutschland von 1933 bis 1945 und die DDR von 1952 bis 1990. Diese beiden Herrschaftssysteme waren gewiss in vielem unterschiedlich, doch haben sie gemeinsam, dass die allermeisten sie nicht zurück haben wollen. Nicht zuletzt weiß unsere Geschichte von Vorzügen des Föderalismus. Im schwierigen Neubeginn nach der friedlichen Revolution und dem Beitritt zum Grundgesetz boten die im Osten wieder erstandenen Länder den Menschen einen eigenen Ort. Sachsen ist dafür ein gutes Beispiel. Und schließlich: Als ein immer noch großes Volk in der Mitte Europas sind wir Deutschen als Bundesstaat für unsere Nachbarn ein angenehmerer Partner denn als Zentralstaat.

Föderalismus und Wissenschaft gehören zusammen

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Warum plädiere ich so eindringlich für den deutschen Föderalismus? Weil dieser in der neueren Geschichte für die Wissenschaft in Deutschland zunehmend zum Problem geworden ist. So lange sich Wissenschaft in Universitäten und gelehrten Akademien vor allem durch das gesprochene und gedruckte Wort ereignete, war es kein Hemmnis, dass diese Einrichtungen von Ländern oder sogar von Städten gegründet wurden und in deren Verantwortung standen. Aber die moderne Wissenschaft braucht, um leistungsfähig zu sein, immer größere und apparativ untersetzte Potentiale. In Deutschland bietet dafür nur die föderale Ebene die geeignete Grundlage. Obwohl das Deutsche Reich überwiegend aus einem Staat, nämlich aus Preußen, bestand, kam es dennoch schon vor dem 1. Weltkrieg zur Gründung

der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, der heutigen Max-Planck-Gesellschaft, als einer gesamtnationalen Wissenschaftsorganisation. Für die Bundesrepublik, deren Gliederung zwar auch nicht symmetrisch ist, aber doch deutlich ausgewogener, ist diese Notwendigkeit noch viel größer. Darum entstand auch nach 1949, trotz gewisser Widerstände, eine noch viel stärkere Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der Wissenschaftsförderung als im untergegangenen Deutschen Reich.

In der DDR verlief die Entwicklung ähnlich, wenn auch in anderen institutionellen Formen. Statt in Wissenschaftsorganisationen wurde die außeruniversitäre Forschung in Akademien konzentriert. Darin folgte die DDR unbestreitbar dem sowjetischen Vorbild. Da die DDR seit 1952 ein Zentralstaat war, hätte sie auch die Universitäten zu den einzigen Trägern der Grundlagenforschung machen können. Aber es gehört wohl zum Wesen einer sozialistischen Zentralplanwirtschaft, Forschung wie ja auch Hochschulbildung unter instrumentalem Aspekt vor allem als eine Sache von und für Spezialisten anzusehen und sie entsprechend zu segmentieren. So kam es, dass sich die Bundesrepublik und die DDR in Bezug auf die Stellung der universitären und der außeruniversitären Forschung und in deren Proportionen nicht wesentlich unterschieden. Von den 1989/90 insgesamt rd. 141.000 Mitarbeitern in Forschung und Entwicklung in der DDR waren rd. 18.500 in der Hochschulforschung tätig. Das entsprach einem Anteil von rd. 13%. Die etwa 21.000 wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademieinstitute entsprachen einem Anteil von rd. 15%. Vergleicht man dies mit dem wissenschaftlichen Personal der damals in der Bundesrepublik nach Artikel 91 b Grundgesetz finanzierten Einrichtungen, so ergibt sich für die ehemalige DDR und für die alte Bundesrepublik annähernd das gleiche Verhältnis

an wissenschaftlichem Personal in den Hochschulen, einerseits, und in den außeruniversitären Forschungseinrichtungen, andererseits. Bemerkenswert ist dabei folgende 1990 vom Wissenschaftsrat in einer bibliometrischen Studie festgestellte Tatsache: Von den 1984 im Science Citation Index verzeichneten DDR-Veröffentlichungen stammten aus Akademieeinrichtungen knapp 33% und aus Hochschulen knapp 55%.

Was in der DDR wirklich geschah

Dessen ungeachtet wird das in der Öffentlichkeit herrschende Bild seit 1990 von der aus der alten Bundesrepublik in die Welt gesetzte Legende bestimmt, in der DDR seien spätestens 1968 Lehre und Forschung nach sowjetischem Muster getrennt worden. Und ohne sich viel um Fakten zu kümmern, wird dies bis heute in den Medien wie auch in der Wissenschaftshistorie weiter abgeschrieben. Diese Legende war von handfesten Konkurrenzinteressen motiviert. Die länderfinanzierten Universi­ täten neideten schon immer den bundesweiten Wissen­ schaftsorganisationen deren opulentere Ausstattung. Ohne sich viel um die geschichtlich bedingte Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern und um finanzpolitische Realitäten zu kümmern, sah man in der deutschen Einheit die große Chance, zunächst mindestens in der bisherigen DDR den vermeintlichen Irrtum der deutschen Geschichte zu korrigieren und die gesamte Grundlagenforschung in die Universitäten gleichsam heimzuholen. Wie auch sonst im deutschen wissenschaftspolitischen Diskurs galt dafür der leuchtende Blick auf die USA als unwiderlegbares Argument. Das völlig andere Bedingungsgefüge der amerikanischen Universitäten und das spezifisch amerikanische Verständnis von Staat und Gesellschaft wollte man nicht sehen. Was sollte aber nach dieser Meinung aus den zahlreichen Akade-

Sachsens WissenschaftsStaatsministerin Prof. Sabine von Schorlemer lobte die Leibniz-­ Gemeinschaft als „wichtige Säule des Wissenschaftsstandorts Sachsen“.

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mieinstituten der DDR werden? Konnte man doch etwa zeitgleich aus dem Westen hören und lesen, die DDR-Universitäten seien überbesetzt und personell aufgebläht. Die Überlast und Unterfinanzierung bundesdeutscher Universitäten waren plötzlich kein Thema mehr. Also wurde eine weitere Legende in die Welt gesetzt, nämlich die von der DDR als einer wissenschaftlichen Wüste. Bis dahin war nach meinem Urteil die DDR-Wissenschaft von vielen im Westen eher zu wohlwollend gesehen worden. Ab Mai/Juni 1990 wurde dies jedoch ziemlich abrupt durch die Behauptung ersetzt, im Osten gäbe es kaum noch wirkliche Wissenschaft. Ich werde diese schockierende Erfahrung niemals vergessen. Wohlgemerkt: Über das hohe Maß von ideologischer Indoktrination, politischer Instrumentalisierung und gravierender Behinderung der internationalen Kommunikation und deren Folgen für die Wissenschaft in der DDR brauchte man uns wirklich nicht zu belehren. Aber uns zugleich jede Leistung und jede Leistungsfähigkeit abzusprechen – das war keine wissenschaftlich begründete Kritik, sondern Konkurrenzdenken und wohl auch Herrschaftsanspruch.

Die Zukunft der Akademieinstitute

In dieser Situation entschloss sich die Regierung der DDR, den Wissenschaftsrat um eine Evaluierung der Akademieinstitute zu bitten, diesem also gleichsam das Urteil über den wissenschaftlichen Wert und damit über die Zukunft der Akademie-Institute anzuvertrauen. Dieser Entschluss war weitsichtig - nicht nur im Blick auf die damals zwar terminlich noch offene, aber von beiden Seiten alsbald gewollte Einheit. Sondern nicht minder, weil er auf ein Gremium setzte, dessen Autorität ganz wesentlich davon abhängt, ob es seinem Anspruch auf wissenschaftliche Kompetenz gerecht wird. Eine Garantie war das freilich nicht. Und wer die Evaluie­ rungsberichte in ihrer Entwick­ lung überblickt, kann nicht den 28

Lernprozess übersehen, des­ sen auch der Wissenschaftsrat bedurfte, um zu fairen ­Urteilen und angemessenen Vorschlä­ gen zu kommen. Aber die in ihm tätigen Wissenschaftler sahen dies als Maßstab und wurde so zu Kennern und Anwälten der wissenschaftlichen Qualität im Osten Deutschlands.

Eigentlich betraf die Frage nach der DDR-Wissenschaft auch die bundesdeutschen Wissenschaftsorganisationen. Aber die MaxPlanck-Gesellschaft stand und steht nach ihrem Selbstverständnis so weit oberhalb aktueller Bedürfnisse, dass sie zum unmittelbaren Handeln, jedenfalls in Bezug auf die außeruniversitäre Forschung in der verschwindenden DDR, nicht bereit war – schon gar nicht auf Grund irgendwelcher Beschlüsse irgendeines Wissenschaftsrates. Stattdessen richtete sie zunächst befristete MaxPlanck-Arbeitsgruppen an den hiesigen Universitäten ein, was zweifellos für deren inhaltliche Erneuerung sehr hilfreich war. Erst dann schuf sie in den folgenden Jahren nach gründlicher Vorbereitung neue Max-Planck-Institute auch in den ostdeutschen Ländern und dies sogar zu Lasten älterer Einrichtungen im Westen. Das war und ist unstreitig ein gewichtiger Beitrag zur inneren Einheit Deutschlands und ein wirklicher Gewinn für Sachsen. Trotzdem bleibt wahr: Anfang der neunziger Jahre trug die MPG nur wenig dazu bei, Wissenschaftler aus der DDR in der Forschung zu halten. Dann gab und gibt es die Fraunhofer-Gesellschaft. Auch sie fühlte sich vom Wissenschaftsrat unabhängig. Aber was sie damals von der vorherrschenden Meinung unterschied, war ihr Wissen um ein wertvolles und für sie interessantes Forschungspotential in der DDR und speziell in Sachsen. Und so kam es, dass die Institute und Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft in diesem Land schon etabliert waren, als um das Schicksal der heute hier feiernden Leibniz-Institute noch gerungen wurde. Was stand nun dem Wissenschaftsrat für seine Empfehlungen

real zur Verfügung? Erstens gab es die AGF, die Arbeitsgemeinschaft der Großforschungseinrichtungen. Aber diese waren erst unlängst in einer Evaluation als Dinosaurier und Fossilien abqualifiziert worden. Und schon deshalb war das Bundesforschungsministerium fest entschlossen, möglichst kein oder höchstens ein solches Forschungszentrum im Osten zuzulassen. Darum gab es zeitweise im Osten, nämlich in Leipzig/Halle, die kleinste Großforschungseinrichtung und in Rossendorf das größte Leibniz-Institut. Dann aber gelang der AGF der Aufstieg zur starken und selbstbewussten HelmholtzGemeinschaft der Forschungszentren – für mich ein Wunder der Wissenschaftsgeschichte. Jetzt gehört auch Rossendorf zu „Helmholtz“, was gleich sinnvoll gewesen wäre. Was dem Wissenschaftsrat als Handlungsansatz blieb, war die sogenannte Blaue Liste, genauer gesagt ein blauer Aktendeckel mit einer Liste von Einrichtungen, die je hälftig vom Bund und den Ländern gefördert wurden. Institutionell also nicht mehr als ein zusammengewürfelter Haufen, aber rechtlich flexibel und politisch operabel. Der Bund war durch den Einigungsvertrag zwar zum Handeln verpflichtet, wollte aber auf Dauer kein zusätzliches Instrument der Forschungsförderung. Da konnte man den eventuell großen Zuwachs in der Blauen Liste auch für ein Provisorium halten. Die alten Ländern waren nur am Rande betroffen. Die neuen Länder begannen sich erst zu organisieren. Der Wissenschaftsrat war also der eigentliche Akteur. Für die Evaluierung der zunächst weiter bestehenden Institute hatte er jedoch nicht viel mehr als ein Jahr Zeit. Dass dies gelang und die Ergebnisse sogar bei den Betroffenen überwiegend Zustimmung fanden, will ich, nachdem ich das Wort „Wunder“ schon verbraucht habe, eine wissenschaftsgeschichtliche Großtat nennen. Zwar musste nach einer positiven Empfehlung noch langwierig mit dem Bund um eine angemessene Ausstattung der Institute und um die Möglichkeit gemeinsamer Berufungen gerungen werden. Gleichwohl hatten die im Verlauf des Jahres 1992 gegründeten Insti-

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tute ein solides wissenschaftliches Fundament.

Foto: Hans-Günther Lindenkreuz, IFW Dresden

War aber darum auch wissenschaftspolitisch ihre Zukunft gesichert? Dessen konnte man keineswegs sicher sein. Denn die Debatte über den Sinn außeruniversitärer Forschung war noch keineswegs beendet. Und die Blaue Liste war ihr schwächstes Glied. Darum hatte ich früh darauf gedrungen, die schwache und schwachherzige AG „Blaue Liste“ in eine feste Institutengemeinschaft mit einem vorzeigbaren Namen umzuwandeln. Leibniz schien sich mir als Patron anzubieten. Immer mehr sahen das genau so. Bedeutsam war vor allem, dass die Wissenschaftliche Kommission des Wissenschaftsrates einen solchen Gedanken zunehmend als die logische Folge der großen Evaluierungsleistung in den Jahren 1991/1992 ansah.

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Tatsächlich legte die Wissenschaftliche Kommission im Herbst 1993 den Entwurf einer Empfehlung vor, die nicht nur einen fünfjährigen Evaluierungsrhythmus und ein geregeltes Verfahren für die Aufnahme und das Ausscheiden von Instituten vorsah, sondern auch „eine übergreifende Organisation“, die Bildung von Sektionen und die „Wahl eines Namens einer bedeutenden Forscherpersönlichkeit für die Gesamtheit der Institute“. Damit schien alles auf dem besten Wege, und so meinte ich es verantworten zu können, zeitgleich zur Sitzung des Wissenschaftsrates in Wiesbaden (der Wissenschaftsrat ist ja wie die Kultusministerkonferenz ein Wanderzirkus) mit einer sächsischen Hochschuldelegation nach Israel zu fliegen, um dort die uns in der Zeit der DDR verwehrten akademischen Kontakte zu knüpfen. Allerdings erwies sich mein Optimismus nicht nur als voreilig. Es war auch politischer Leichtsinn. Denn bei der Vorbereitung auf diesen Festakt fand ich in meinem Rechner einen in dieser Zeit von mir zu Hause entworfenen zornbebenden Brief an den damaligen Bundesforschungsminister, in dem ich die typischen Vorwürfe aufspießte, die damals gegen die neu gegründeten Institute der Blauen Liste erhoben wurden: Sie

dienten der Versorgung alter Kader, in der DDR seien Forschung und Lehre getrennt gewesen und der Wissenschaftsrat hätte die Chance der Einheit nicht genutzt, die Hochschulforschung zu stärken, sondern stattdessen die außeruniversitäre Forschung maßlos erweitert. Auch dass aus der Bundesregierung zu hören war, die neuen Institute der Blauen Liste seien natürlich nur vorübergehend geschaffen worden, schrieb ich nach Bonn. Und so drohte es denn auch auszugehen. Als ich am Abend des 11. November 1993 aus Israel kommend in Wiesbaden eintraf, berichtete mir der damalige Leiter der Forschungsabteilung im sächsischen Wissenschaftsministerium, Dr. Frank Schmidt, dass die Verwaltungskommission, also die dem Wissenschaftsrat angehörenden Regierungsvertreter des Bundes und der Länder, alle weiterführenden Elemente aus dem von der Wissenschaftlichen Kommission bereits beschlossenen Empfehlungsentwurf gestrichen und diesen auf einen Evaluationsabschlussbericht zusammengekürzt hätten. Jetzt blieb mir nur noch der Versuch, bei der Vollversammlung des Wissenschaftsrates, also bei der gemeinsamen Beschlussrunde von Wissenschaftlicher Kommission und Verwaltungskommission am 12. November 1993, das Blatt doch noch zu wenden. Meine Erfahrungen in diesem Gremium ließen das nicht sehr aussichtsreich erscheinen. Dass es mir gelang, mit einer energischen Intervention zu Beginn der Sitzung die Debatte noch einmal zu eröffnen, darauf bin ich auch heute noch stolz. Ohne die wortgewaltige Unterstützung von Mitgliedern der Wissenschaftlichen Kommission wäre diese Wende in Wiesbaden wohl nicht gelungen. Jedenfalls beschloss der Wissenschaftsrat am 12. November 1993 schließlich doch leicht gekürzt jene Empfehlung aus der Wissenschaftlichen Kommission, welche man pathetisch die erste Verfassungsurkunde der Leibniz-Gemeinschaft nennen könnte. Warum erzähle ich das alles? Nun, zunächst einmal, weil zu je-

dem Jubiläum auch ein Rückblick in die Geschichte gehört. Noch mehr jedoch, weil bis heute das Verhältnis zwischen Föderalismus und Wissenschaft nicht von praktischer Vernunft bestimmt ist. Deutlicher gesagt: Die ideologisch motivierte Föderalismusreform von 2006 war die größte politische Torheit seit Gründung der Bundesrepublik. Und sie ging zu Lasten von Forschung und Lehre. Die Wissenschaft bedarf zwar des Wettbewerbs, aber keines Wettbewerbsföderalismus, sondern der konstruktiven Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Jetzt scheint sich die Politik dieser Einsicht zu nähern, doch sollten die Vertretungen und Organisationen der deutschen Wissenschaft diesen Erkenntnisprozess entschieden befördern. Die LeibnizGemeinschaft ist da durch ihre geschichtlichen Erfahrungen aus ureigenem Interesse besonders gefordert.

„Wir sind 20“ lautete das Motto des Festakts der sächsischen LeibnizInstitute am 29. März in Dresden.

A U TO R

Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Meyer (* 1936) war 1990 in der Regierung de Maizière Minister für Bildung und Wissenschaft der DDR und von 1990 bis 2002 sächsischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst. Der Sprachwissenschaftler und Senator der LeibnizGemeinschaft wirkte von 1997 bis 2009 als Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken.

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Der von mehr als 70 Experten des Ifo Instituts Hans-Werner Sinn (Hrsg.): – Leibniz-Institut für Der ifo-Wirtschaftskompass; Wirtschaftsforschung gebunden, 296 S., Hanser- an der Universität MünVerlag, München 2011; chen erstellte Wirt14,90 Euro, schaftskompass bietet ISBN 978-3-446-42710-5 eine Orientierung durch das Labyrinth der Ökonomie. Neben den wichtigsten wirtschaftlichen Eckdaten der Bundesrepublik Deutschland werden in diesem Nachschlagewerk grundlegende wirtschaftliche Themen, Zusammenhänge und Hintergründe vorgestellt: vom Un-

terschied zwischen Konjunktur und Wachstum über die Entstehung von Inflation bis hin zu aktuellen Fragen wie Überschuldung und Klimapolitik. Da Deutschland vor allem als Exportnation gilt, gehen die letzten beiden Kapiteln auch auf die Rolle der Bundesrepublik in der Weltwirtschaft und im Speziellen in der Europäischen Union ein. Neben den Fakten erhöhen zahlreiche grafische Darstellungen die Verständlichkeit der Beiträge. Das Buch liefert präzise formulierte Beiträge, die auch dem normalen Leser ökonomischen Zusammenhänge gut nachvollziehen lassen. jan berger

In „Erinnerungsorte der DDR“ sammelt Herausgebunden, 619 S., C.H.Beck, geber Martin Sabrow – München 2009; 29,90 Euro, Direktor des Zentrums ISBN 978-3-406-59045-0 für Zeithitorische Forschung in Potsdam – fünfzig Aufsätze sowohl ost- als auch westdeutscher Autoren, die in kurzen Beiträgen über ihre Erlebnisse mit oder in der DDR berichten. Thematisch in die sechs Felder Gesichter der Macht, Herrschaftskultur, Leben im Staatssozialismus, Kleine Fluchten, Gemeinsame Grenzen und Aushalten und Aufbegehren gegliedert, bietet dieses Buch einen Querschnitt unterschied-

licher Blickwinkel und Erfahrungen auf einen Teil ehemaliger deutscher Lebensrealität, ohne den Anspruch zu erheben, einen gemeinsamen historischen Umgang mit den Erinnerungen an das sozialistische Regime formulieren zu wollen. Autoren wie Joachim Gauck, Ulrike Poppe, Christoph Stölzl oder Hans-Otto Bräutigam verbinden politische Geschehnisse mit individuellen Erfahrungen und zeichnen so ein lebhaftes Bild von der „Diktatur im Alltag und dem Alltag in der Diktatur“. Und so geht es um die Stasi, Bautzen und Speziallager ebenso wie um Bückware, die Puhdys und das Sandmännchen. stefanie schreckenbach

Wieso ist die Erde nicht tiefgefroren? Ruht der Wind sich jemals aus? Können am Nordpol Bäume wachsen?

Ensikat spannt das Buch einen weiten Bogen von selbst erlebbaren ­ Wetterphänomenen wie Gewittern und Stürmen über die globale Physik unseres Planeten bis hin zu Ursachen, Auswirkungen und Zukunftsszenarien des Klimawandels. Ausgelegt für Kinder ab 10 Jahren dürfte die Lektüre aber auch für erwachsene Leser durchaus mit Erkenntnisgewinn verbunden sein.

Georg Milbradt, Gernot Nerb, Wolfgang Ochel,

Martin Sabrow:

Erinnerungsorte der DDR;

Stefan Rahmstorf: Wolken, Wind und Wetter; gebunden, 224 S., DVA Sachbuch, München 2011; 19,99 Euro, ISBN 978-3421-04336-8.

Fragen wie diesen widmet sich der Physiker 14,99 Euro.) und Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in seinem „Kinder-Uni“-Buch über Wetter und Klima. Aufwändig illustriert von Klaus (Hörbuch:

ISBN: 978-3-86717-767-2;

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Das Buch ist in gekürzter Lesung – durch den Schauspieler Ulrich Noethen – mit Musik auf hvl Doppel-CD als Hörbuch erschienen.

Fotos: DSM; Hanser-Verlag; C.H. Beck; DVA Sachbuch; der Hörverlag

Seine großen fotografischen Nachlässe will das Deutsche Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven der Öffentlichkeit präsentieren. Die ersten beiden Bände mit Aufnahmen des Bordfotografen Hanns Tschira aus den Jahren 1927 bis 1939 (im Bild eine Passage des Panama-Kanals) sowie des Bremerhavener Fotografen Karl Schemkes von 1950 bis 1965 sind herausgegeben von Klaus-Peter Kiedel im Oceanum-Verlag erschienen. (ISBN 978-3-86927-081-4 und ISBN 978-3-86927-082-1, jeweils 19,90 Euro).

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Zwergflusspferde zeugen lieber Töchter Männliche Zwergflusspferde haben mehr Spermien mit X- als mit Y-Chromosomen im Ejakulat. Dadurch produzieren sie mehr weibliche Nachkommen. Das haben Wissenschaftler des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) bei Untersuchungen an Zootieren herausgefunden. Während bisher die Annahme vorherrschte, dass die Verschiebung im Geschlechterverhältnis vom weiblichen Tier beeinflusst wird, zeigt sich jetzt erstmals, dass auch Säugetier-Männchen das Geschlechterverhältnis ihrer Nachkommen beeinflussen können. Die Wissenschaftler vermuten, dass es für die männlichen Zwergflusspferde von Vorteil ist, mit dieser Methode die künftige männliche Konkurrenz um weibliche Partner gering zu halten. Nature Communications, DOI: 10.1038/ncomms1700

Zu Sexy für diese Welt Es menschelt im Tierreich: Weibliche Zebrafische (Danio rerio) bevorzugen nach einer Studie des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei die zweitstattlichsten Männchen als Fortpflanzungspartner. Die Forscher fanden heraus, dass das Körpermaß der Männchen eine bedeutende Rolle beim Fortpflanzungserfolg spielt, besonders lange Männchen allerdings bei der Partnerwahl links

IMPRESSUM

Foto: Gabriela Galateanu

Leibniz-Journal

Herausgeber: Leibniz-Gemeinschaft Chausseestraße 111, 10115 Berlin Telefon: 030 / 20 60 49-0 Telefax: 030 / 20 60 49-55 www.leibniz-gemeinschaft.de Präsident: Prof. Dr. Karl Ulrich Mayer Generalsekretärin: Christiane Neumann

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liegen gelassen werden. Die Erklärung dafür ist, dass die Weibchen von allzu hünenhaften und um ihre Attraktivität wissenden Männchen ständig bedrängt und umworben werden. Dadurch steigt der Stresslevel der Weibchen, was ihre Fortpflanzungswilligkeit und die Menge abgelegter Eier substantiell reduziert. Das wiederum ist mit Nachteilen für die großen Männchen verbunden, da sie ihre eigentlich hohe Spermaqualität aufgrund begrenzter Eimengen nicht voll ausnutzen können. Environmental Biology of Fishes. Online First. DOI: 10.1007/s10641-011-9937-5

Neuer Mechanismus zur Virenabwehr entdeckt Forscher des Deutschen RheumaForschungszentrums Berlin haben gemeinsam mit Kollegen der Berliner Charité und der Universität Genf einen grundlegend neuartigen Mechanismus entdeckt, wie Virusinfektionen unsere Körperabwehr zu Höchstleistungen anspornen. Demnach sind die für die Körperabwehr wichtigen „Killer TZellen“ nicht nur in der Lage, Viren aufgrund von „Pathogen-assoziierten Molekularen Mustern“ also einem „fremdartigen Aussehen“

zu erkennen. Auch beim Sterben infizierter Zellen freigesetzte Zellbestandteile, so genannte „Alarmine“ wie das „Interleukin 33“ (IL-33) können von den Killer T-Zellen erkannt werden. Beide Mechanismen haben demnach eine sich gegenseitig ergänzende Wirkung auf unsere Killer T-Zell-Abwehr. Diese neuen Erkenntnisse könnten den Schlüssel liefern, um Impfungen gegen Infektionskrankheiten und Krebs zu verbessern. Science 24 February 2012: Vol. 335 no. 6071 pp. 984-989. DOI: 10.1126/science.1215418

Welcher Nachbar am meisten stört „Trinker“, „alte Menschen“ und vor allem „Jugendliche“ rangieren in Deutschland weit vor jeder ethnischen Gruppe, wenn es um die Frage geht, wer den sozialen Frieden in der Nachbarschaft stört. Das hat Merlin Schaeffer vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung in einer Analyse von rund 4.600 Telefoninterviews mit Deutschen ohne Migrationshintergrund herausgefunden. Nur circa 13 Prozent der Nennungen von Problemgruppen entfallen auf ethnische Kategorien wie „Türken“, „Ausländer“ oder „Aussiedler“. Auf Religion, Hautfarbe oder Sprache wird von den Befragten nicht Bezug genommen – ganz anders als in der öffentlichen Diskussion über Muslime in Deutschland. „Jugendliche“ werden mit 23 Prozent deutlich am häufigsten als problematisch eingestuft. Ethnic and Racial Studies. DOI: 10.1080/01419870.2011.644311

in

Zahlen 1,0 Mrd. € 2005

01,5 2011

Mrd. €

Budget der Leibniz-Gemeinschaft inklusive Drittmittel.

296 Professuren waren 2011 von Leibniz-Instituten und Universitäten gemeinsam berufen. 2007 waren es erst 202.

48,5 % betrug der Frauenanteil unter den 3621 Doktoranden, die 2011 durch Leibniz-Institute betreut wurden.

Redaktion: Christian Walther (Chefredakteur) Christoph Herbort-von Loeper (C.v.D.) Karen König, Isabel Regehr Jan Berger, Stefanie Schreckenbach (Praktikanten) journal@leibniz-gemeinschaft.de

Nachdruck mit Quellenangabe gestattet, Beleg erbeten.

Anzeigen: Axel Rückemann anzeigen@leibniz-gemeinschaft.de Telefon: 030 / 20 60 49-46

Das Leibniz-Journal erscheint viermal jährlich und kann über die Redaktion kostenlos abonniert werden.

Layout: unicom-berlin.de

Druck: PRINTEC OFFSET - medienhaus, Kassel

Auflage: 15.000 Ausgabe 1/2012: Juni www.leibniz-gemeinschaft.de/journal

ISSN: 2192-7847

Leibniz twittert twitter.com/leibnizwgl Leibniz ist auf Facebook: facebook.com/LeibnizGemeinschaft

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Leibniz Leute Das Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung in Berlin hat einen neuen ­Generaldirektor. Der Biologe Prof. Dr. Johannes Vogel kommt vom Natural History Museum in London, wo der Spezialist für Moose, Pilze und Farne seit 1995 arbeitete, zuletzt als Direktor der botanischen Abteilung. Neben den drängenden wissenschaftlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt möchte Vogel auch die Kommunikation mit der breiten Öffentlichkeit weiter intensivieren. Dazu plant er u.a. Citizen Science-Projekte, bei denen die Bevölkerung in die wissenschaftliche Arbeit eingebunden wird.

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Der Zellbiologe Prof. Dr. Volker Haucke ist neuer Direktor des Leibniz-Instituts für Molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin. Haucke forschte und lehrte bislang an der Freien Universität Berlin. Im Zentrum seiner Forschung steht die Visualisierung und Beeinflussung des intrazellulären Membranverkehrs, insbesondere in Nervenzellen. Ein besonderes Augenmerk richtet

deutschen Bergbaugeschichte. Als Direktor legte er durch eine konsequente Internationalisierung und den Ausbau der Forschung die Basis dafür, das Bergbau-Museum als renommiertes außeruniversitäres Forschungsinstitut zu etablieren. Sein Nachfolger ist nach dem Studium der Chemie seit 1985 am DBM tätig und hat bisher vor allem auf dem Gebiet der Konservierungswissenschaften gearbeitet. Als Direktor möchte er die Rolle des DBM als Forschungsmuseum noch weiter herausarbeiten.

er dabei auf die Entwicklung von Wirkstoffen, die diese Vorgänge beeinflussen und das Studium von Nervenzellen. Als Direktor möchte er in Zukunft die Forschung an neuen therapeutischen Ansätzen und molekularer Bildgebung sowie die Entwicklung von Werkzeugen zur Manipulation biologischer Vorgänge intensivieren.

Dr. Peter Holtermann

Prof. Dr. Rainer Slotta

vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) hat für seine ausgezeichnete Dissertation den Preis für Meeresforschung der Annette BartheltStiftung erhalten.

Dr. Henrik Mei vom

Deutschen RheumaForschungszentrum Berlin (DRFZ) erhält den diesjährigen Forschungspreis der Stiftung Wolfgang Schulze für seine Arbeit zur Wirkung des Medikaments Rituximab bei Rheumapatienten.

Prof. Dr. Karl Ulrich Mayer, Präsident der

der Leibniz-Gemeinschaft, ist seit März

dieses Jahres Mitglied im Hochschulrat der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Privatdozent Dr. Harald Hammon vom

Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN) erhält für seine Forschung zur Stoffwechselregulation von Kalb und Milchkuh in Abhängigkeit von ernährungsphysiologischen Einflussfaktoren

den Förderpreis der Henneberg-LehmannStiftung.

Professor Dr. med. Peter Herrlich vom

Leibniz-Institut für Altersforschung (FLI) in Jena ist mit der Ernst-Jung-Medaille für Medizin in Gold

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Fotos: Hwa Ja Götz/MfN; DBM (2); Silke Oßwald/FMP; GEOMAR; J.Hirscher/DRFZ; David Ausserhofer; FBN

Nach einem Vierteljahrhundert an der Spitze des Hauses ist der Direktor des Deutschen BergbauMuseums (DBM) in Bochum, Prof. Dr. Rainer Slotta, in den Ruhestand gegangen. Seinen Posten hat am 1. Mai sein bisheriger Stellvertreter Dr. Stefan Brüggerhoff übernommen. Der stuDr. Stefan dierte Kunsthistoriker Slotta war Brüggerhoff seit 1974 am Bergbau-Museum tätig und dort maßgeblich an der Etablierung der „Industriearchäologie“ in Deutschland beteiligt. Nach der Wiedervereinigung lag ein Schwerpunkt seiner Arbeit auf der Aufarbeitung der gesamt-


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Nicht nur Fritten

Fotos: FLI; Alexey Ponomarenko; Timea Jung/IAMO; IEG; www.atomium.be - SABAM 2012 - Frankinho; Peter Himsel

Die Neurowissenschaftlerin Tatiana Korotkova vom Leibniz-Institut für Molekulare Pharma­ kologie (FMP) in Berlin ist Trägerin des diesjährigen Forschungspreises für Nachwuchswissenschaftler des Human Frontier Science Programs. Prof. Dr. Alfons ­Balmann, Direktor des

Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in

Mittel- und Osteuropa (IAMO), ist von Ministerin Ilse Aigner in den Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz berufen worden.

Prof. Dr. Irene Dingel, Direktorin

des Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte (IEG), ist für drei Jahre in die Wissenschaftliche Kommission des Wissenschaftsrats berufen worden.

(Wissenschaftspark) entstehen, in der sich die Institute für Soziologie (die heutige Bibliothek Solvay), für Anatomie, für Zahnkunde sowie das Institut Pasteur ansiedeln. Diese Gebäude sind heute noch erhalten und von großem architektonischen Wert. Das Bekannteste davon ist die im Jugendstil gestaltete Bibliothek Solvay, heute als Veranstaltungsort sehr begehrt. Die Universität selbst siedelt 1919 auf den Campus Solbosch um und im ehemaligen Institut für Physiologie befindet sich seit 1930 das Gymnasium Emile Jacqmain. Die übrigen Gebäude werden heute vor allem vom Museum für Naturwissenschaften genutzt, welches zum Belgischen Königlichen Institut für Naturwissenschaften gehört und als eines der größten Naturkundemuseen Europas über eine beeindruckende Dinosaurier-Sammlung ― ­darunter die berühmten Iguanodon-Funde von Bernissart ― sowie andere sehens­werte ­Exponate verfügt.

Brief

aus Brüssel

2012 für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden.

Das Brüssel-Büro der ­Leibniz-Gemeinschaft liegt nicht nur in unmittelbarer Nähe der EU-Institutionen sondern auch fußläufig zur „Maison Antoine“, der Frittenbude mit den besten Fritten Belgiens. Auf dem Weg dorthin durchquert man unterhalb des Europäischen Parlaments den Parc Léopold, dem der vom Hunger Getriebene meist jedoch nur wenig Beachtung schenkt. Dabei hat dieser Park eine durchaus wissenschaftsgeprägte Geschichte, die ― etwa 70 Jahre nach Erfindung der Fritten in Belgien ― mit der Eröffnung eines Tier- und Vergnügungsparks im Jahr 1851 beginnt. Zunächst finden dort Freilichtkonzerte und Festivitäten aller Art statt, es gibt eine Eislaufbahn, exotische Tiere und Gewächshäuser. Doch die Geschäfte der mit der Verwaltung betrauten königlichen Gesellschaft für Zoologie, Garten- und Zierpflanzen laufen nie wirklich gut, und so übernimmt 29 Jahre später die Stadt Brüssel den Park, der zu Ehren Leopold II. fortan unter dem Namen Parc Léopold bekannt ist. Dort wird 1891 das heutige königliche Museum für Naturwissenschaften eröffnet, und gemeinsam lassen die Stadt und die Freie Universität Brüssel - unterstützt von Mäzenen wie Ernest Solvay und Raoul Warocqué - die „Cité de la Science“

A U TO R I N

Claudia Labisch leitet das BrüsselBüro der LeibnizGemeinschaft.

Die Rebellion aus der Mitte Fußballfans auf dem Kairoer Tahrirplatz, verschleierte Aktivistinnen auf den Straßen von Sanaa, junge Blogger in Tunis – der Arabische Frühling hat westliche Vorurteile widerlegt. Doch mit dem Sturz der Despoten ist die Hoffnung auf Demokratie noch nicht erfüllt. Yasmine El Rashidi, Volker Perthes, Edward Said, Charlotte Wiedemann u. a. über die vielen Gesichter der arabischen Welt.

Das neue Heft der Edition Le Monde diplomatique ISBN 978-3-937683-35-5 • Auch im Abo erhältlich oder in Ihrer Buchhandlung • 8,50 €

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www.monde-diplomatique.de33


Prof. Dr. Ina Tegen hat im Februar die Professur „Modellierung atmosphärischer Prozesse“ an der Universität Leipzig übernommen, die mit der Leitung der Abteilung Modellierung am Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT) verbunden ist. Die Physikerin ist erst die dritte auf Lebenszeit berufene MeteorologieProfessorin in Deutschland. Die Expertin für Computermodelle untersuchte in den vergangenen Jahren vor allem den Transport von Aerosolpartikeln wie Saharastaub und war an der Entwicklung des ersten globalen Computermodells beteiligt, das die Auswirkungen von Wüstenstaub auf die Strahlungseigenschaften der Atmosphäre und damit auf das Klima berechnet. Tegen war bereits seit 2004 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am IfT tätig. Zuvor arbeitete sie am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena und am Goddard-Institut für Weltraumstudien der NASA in New York.

Einen der prestigeträchtigen Advanced Grants des Europäischen Forschungsrates (ERC) erhält die Prof. Dr. Svetlana Berdyugina vom Kiepenheuer-Instituts für Sonnenphysik (KIS) in Freiburg. Der Grant ist mit einer finanziellen Förderung von 2,5 Mio. Euro verbunden, mit denen Berdyugina in den nächsten 5 Jahren die gasförmigen Umgebung extrasolarer Planeten und ihre gasförmigen Vorläufer, Protoplaneten, studieren möchte. Mit innovativen Mess­metho­den sollen Moleküle wie Wasser und Methan in warmen planetären Atmosphären aufgespürt werden. Diese „heißen“ Moleküle sind ein Schlüssel zum Verständnis der Entstehung erdähnlicher Planeten und Planeten in sogenannten habitablen Zonen, d.h. Planeten, auf denen die Bedingungen für die Entstehung von Leben gegeben sind.

Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat die beiden Abteilungsleiter Dr. Jutta Günther (Strukturökonomik) und Prof. Dr. Oliver Holtemöller (Makroökonomik) als Interimsvorstand eingesetzt. Ergänzt wird das neue Leitungsteam durch Dr. Tankred Schuhmann, der das IWH als neuer Administrativer Leiter unterstützt.

Helmut Eschrig 2.7.1942 - 22.2.2012 Am 22. Februar verstarb der Gründungsdirektor und langjährige Leiter des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) in Dresden, Prof. Dr. Helmut Eschrig. Der international renommierte und als führender Experte auf seinem Gebiet weltweit anerkannte Physiker war maßgeblich an der Umgestaltung des Fachbereichs Physik der TU Dresden beteiligt. 1992 erhielt er den Ruf

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auf die Professur für Festkörperphysik an der TU Dresden und war Gründungsdirektor des IFW. Von 1992 bis 1998 leitete er die Max-Planck-Arbeitsgruppe „Theorie komplexer und korrelierter Elektronensysteme“ an der TU Dresden und war anschließend von 1998 bis 2008 Wissenschaftlicher Direktor des IFW Dresden und seit 2004 gleichzeitig Direktor des Instituts für Theoretische Festkörperphysik im IFW.

Der Direktor des Leibniz-Instituts für Katalyse (LIKAT Rostock), Prof. Dr. Mat­ thias Beller, ist wegen seiner Verdienste um die deutsch-französische Forschungszusammenarbeit Träger des diesjährigen GayLussac-HumboldtPreises.

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Foto: Fotos: Tilo Arnhold/IfT; Thomas Kunz/KIS; IFW Dresden;IWH; Freistil; LIKAT

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Joachim „Blacky“ Fuchsberger: „Mein Lieblingsexponat im Deutschen Museum ist die Junkers Ju 52. Hier bin ich auf Du und Du mit der Tante Ju.“

Museumsinsel , München · Tel.  / -  · täglich  –  Uhr · www.deutsches-museum.de


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