LFI Magazin 8/2018 D

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Ciro Battiloro

Thorsten Klapsch

Joan Alvado

Erich Lessing

8. 2 0 1 8    N ov e m b e r | D ez e m b e r

D 7,50 € A 8,50 € L 8,70 € I 8,80 € CHF 13,20

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Marksteen Adamson

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L e i c a F o t o g r a f i e I n t e r n at i o n a l

D 19088 F


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Lfi 8. 2018

p o rt f o l i o Lo ba 2 0 1 8

F / s to p

96 | gewinner und Finalisten

74 | Q - P, Q „ K h a k i “ Dezenter, solider und technisch optimiert: Leica ergänzt die erfolgreiche Q-Reihe um die Q-P. Ebenfalls neu im Programm: die Q „Khaki“

Mehr als 2500 Fotografen aus 110 Ländern haben sich für den Leica Oskar Barnack Award 2018 beworben: Der Hauptpreis ging an Max Pinckers, Belgien, die Kategorie Newcomer gewann die russische Fotografin Mary Gelman

78 | L e i c a M 1 0 - D Näher kann man dem analogen Fotografieren mit einer Digitalkamera nicht kommen als mit dieser M10-Variante ohne Display. Die digitalen Kontrollmöglichkeiten sind in die App Leica Fotos ausgelagert

P h o to Ciro Battiloro: aus der Serie Sanità

82 | L- M o u n t Auf der Photokina waren erste Produkte der neuen L-Mount Alliance zu sehen, aber noch sind viele Details nicht bekannt 8 6 | Ava i l a b l e L i g h t Stimmung und Atmosphäre: über die Anfänge der AvailableLight-Fotografie und wie aus dem Verzicht auf zusätzliche Lichtquellen eine eigene Philosophie entstand

Marksteen Adamson 6 | Ch e lt e n h a m F o lk

Porträts von Passanten: Was als kleines SocialMedia-Projekt begann, entwickelte sich bald zu einer umfassenden soziologischen Studie

Joan Alvado 2 0 | Fa d i n g Away

Was bleibt, wenn die Bevölkerung verschwindet? Eine Serie mystischer, fast apokalyptischer Landschaftsaufnahmen voller Symbolkraft

Ciro Battiloro 3 6 | S a n i tà

Nüchterne Eleganz und bestechend schön: die neue Leica Q-P

Der Stadtteil Sanità in Neapel ist ein beinahe vergessener Ort: ein Gespräch über Menschlichkeit, Zusammenhalt und Würde

Thorsten Klapsch

1 1 2 | A u s s t e ll u n g e n Life in Cities, Hamburg; Nudes, Berlin; Land_Scope, München; Professione: Fotografa, Salzburg 114 | Leica Galerien Die Übersicht zum Ausstellungsprogramm der Leica Galerien weltweit. Darunter Untitled von Bruce Gilden in der neuen Leica Galerie Melbourne 116 | bücher Neue Publikationen von: Appu Jasu, Stefanie Moshammer, Ada Bligaard Søby, Fritz Block und Henrik Saxgren 1 1 8 | I n t e rv i e w Der italienische Fotograf Mauro d’Agati hat seinen eigenen Verlag, 89books, gegründet: ein Gespräch über Visionen und die Liebe zur Haptik 1 2 2 | m e i n B i ld Im stets geschäftigen Tokio hielt die amerikanische Fotografin Nancy Borowick einen besonderen Augenblick fest

5 0 | E xc u s e m e , S i r

Bilder als Zeugen von Waffen und Gewalt: aufgenommen hinter den Kulissen der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung in Berlin

122 | impressum

Erich Lessing 6 2 | W e lt g e s c h i c h t e n

Der Doyen der Fotografie Österreichs ist im Alter von 95 Jahren verstorben – eine Hommage an den berühmten Fotojournalisten

C ove r: Marksteen Adamson,

aus der Serie Cheltenham Folk

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L F I -A P P

Ne u e Ve r s i o n f ü r i OS D i e L F I a u f Ih r e m i P h o n e

Alles drin: Die neue Version der LFI-App für iPhone und iPad

Die neue Version 3.1 der LFI-App für iOS-Geräte bietet Anwendern von iPhone und iPad zahlreiche Erweiterungen. Die größte Neuheit ist die Möglichkeit, Magazine auch auf dem iPhone kaufen, downloaden und lesen zu können. Da die App mittlerweile über 300 Ausgaben der LFI und weiterer Sonderhefte enthält, wurde der Fokus auf eine bessere Übersichtlichkeit gelegt. So umfasst die neue iPad-Version eine komplett überarbeitete Übersicht des Magazinbereichs mit neuer leserfreundlicher Navigation. Darüber hinaus wurden alle M und S Magazine als kostenloser Download in die App integriert. Das LFI-Archiv wurde ebenfalls erweitert und enthält nun auch die LFI-Ausgaben der Jahrgänge 1970–1979. Weitere Details zur neuen LFI-App erfahren Sie in einem gesonderten Newsletter. Eine Erweiterung der App für Android-Geräte folgt im nächsten Schritt. Die App ist im Apple AppStore kostenlos verfügbar: https://apple.co/2n66gWX

Contributor

Alvados Projekt Fading Away wirkt anachronistisch und futuristisch gleichermaßen und ist deshalb zunächst schwer einzuordnen. Aus gutem Grund: Alvado möchte bereits allzu oft reproduzierte Konzepte und Bildsprachen vermeiden. Damit erschafft er einen neuen Zugang zu altbekannten Themen wie dem Leben in ländlicher Umgebung. „Üblicherweise werden solche Orte mit Fatalismus und Nostalgie betrachtet. Ich möchte dem etwas Neues und Ungewohntes entgegensetzen.“ 4 |

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M a r k s tee n A dam s o n Vor der Serie Cheltenham Folk fotografierte Adamson für das Projekt The Stations mit einer Leica M unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die in Calais festsaßen. Das Projekt dokumentierte die persönlichen Schicksale der Flüchtlinge und sollte als Teil einer umfassenden Kampagne Politiker und die Öffentlichkeit ansprechen. Stolz berichtet der britische Fotograf, dass diese Serie zu einem Umsiedlungsprogramm der britischen Regierung für syrische Familien geführt hat.

C i r o B att i lo r o

Für sein Projekt Sanità durchforstete der Fotograf jeden noch so kleinen Winkel des Stadtviertels gleichen Namens in Neapel. Obwohl ein Heimspiel für Battiloro, er wohnt nicht weit entfernt, traf er auf eine neue, auch ihm unbekannte Welt: Die Bewohner sprechen neben dem örtlichen Dialekt Napoletano ihren eigenen Slang. Neben den dunklen Ecken zählen für ihn besonders die Fiocci di neve (Schneeflocken) der berühmten Konditorei Poppella zu den echten Highlights.

Fotos (von links): © Joan Cantó, © Prudence Bond, © Amir Hossein Kiarostami

J oa n A lva d o



C h elte n h am F o lk LeicA Q

Marksteen Adamson

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Was fĂźr den britischen Werber Marksteen Adamson als Social-MediaProjekt in seiner Freizeit begann, entwickelte sich schnell zu einer Sozialstudie seiner Heimatstadt Cheltenham. Die Leica Q mit ihrer einmaligen Verschlusstechnik war ihm bei diesem Projekt unersetzliche Begleiterin.

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Adamson begegnet seinen Protagonisten mit respektvollem Blick, ohne Wertung und Sensationslust


„Wenn ich auch nicht in die Herzen gucken kann, findet sich doch in jedem Gesicht ein ästhetisches Element.“


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„Diese Serie von Straßenporträts ist Teil einer größeren Studie, die ich ‚Fotografische Demografie‘ nenne. Sie spielt mit der Vorstellung, die die Leute traditionell von Cheltenham haben und zeigt einen Querschnitt der Gesellschaft.“

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Adamsons Ziel ist es, die Menschen so abzubilden, wie sie sind: nicht schÜn, nicht hässlich, sondern sie selbst


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Die Hintergründe sind so gewählt, dass weder Aufschriften noch Werbung den Blick in die Gesichter stören


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M a r kstee n Adamson Adamson wuchs auf einer Missionsstation in Tansania auf. Er hat schon in vielen Ländern, in Dänemark, Holland, den USA und Großbritannien, gelebt. Er spricht vier Sprachen, ist passionierter Rad- und Motorradfahrer und begeisterter Sammler. Adamson ist erfolgreich in der Werbeindustrie tätig und lebt mit seiner Frau Louise, seinen vier Kindern, einem Patterdale Terrier und zwei Katzen in Cheltenham. Fotografie betreibt Adamson als Hobby.

ma r kstee n.co m LFI -O nl i n e .D E / B lo g : Slideshow mit weiteren Bildern der Serie

Equipment: Leica Q, Summilux 1:1.7/28 mm Asph

Auf den ersten Blick erinnern die extrem nahen Straßenporträts des Autodidakten Marksteen Adamson an die weitwinklig verzerrten Gesichter eines Bruce Gilden oder die „gestohlenen Momente“ eines Martin Parr. Sowohl Gilden als auch Parr nennt Adamson als Inspiration, geht aber anders vor als die beiden Ikonen der sozialdokumentarischen Street Photography: „Es ist einfacher, Leute zu finden, die kaputt sind und sie zu fotografieren. Die Bilder sind dramatischer, werden aber meinem Thema nicht gerecht.“ Adamson möchte mit seiner Porträt-Serie Cheltenham Folk ein ausgewogenes Bild seiner Heimatstadt schaffen, eine Art Sozialstudie der Stadt, die in Großbritannien vor allem als Sitz des Geheimdienstes, als Hochburg für Pferderennen und Wohnort der Oberschicht bekannt ist. Dieses Image deckte sich nicht mit dem Eindruck, den Adamson von seiner Heimat hatte. „Cheltenham hat eine große Vielfalt an Menschen: kulturell, wirtschaftlich und sozial gibt es hier das ganze Spektrum.“ Lange Zeit war der erfolgreiche Werber von Fotografie gelangweilt. Doch vor anderthalb Jahren kaufte er sich eine Leica-Kamera, um sich selbst vor die größte fotografische Herausforderung zu stellen, die er sich vorstellen konnte: Street Photography. „Für mich ist die Street Photography von allen fotografischen Disziplinen die schwierigste, weil sie von so vielen externen Faktoren abhängig ist.“ Nach einiger Zeit wollte er noch näher an die Menschen heran, jedoch ohne „ihre Bilder zu stehlen“, wie es die meisten Street Photographer tun. Also entschloss sich der Cheltenhamer, die Menschen direkt anzusprechen. „Man muss damit rechnen, dass sie Nein sagen. Es ist nicht einfach, abgelehnt zu werden, aber es gehört dazu. Ich muss mich nur daran erinnern, dass es nicht an mir liegt, sondern daran, dass sie nicht fotografiert werden wollen“, so Adamson. Natürlich verändern Menschen ihren Ausdruck, wenn sie wissen, dass sie fotografiert werden. Auch um dieses Problem zu umgehen,

hat der Fotograf eine Technik: „Wenn ich schnell hintereinander 15 bis 20 Aufnahmen von derselben Person mache, ist meist ein Bild dabei, auf dem sie nicht an mich denkt und ich kann ihre Essenz einfangen.“ Nachdem er das Porträt gemacht hat, fragt er nach dem Vornamen und postet das nur mit dem Namen betitelte Bild auf Instagram. Es ist seine bewusste Entscheidung, nicht die Geschichten der Menschen aufzuschreiben, also kein zweites Humans of New York zu machen. Es sollte Raum für Interpretationen und Projektionen bleiben. So kann sich jeder eigene Fragen zum Leben der Abgebildeten stellen. Für die Serie Cheltenham Folk lernte der Hobbyfotograf, den Blitz draußen bei Tageslicht zu benutzen. Da die automatischen Programmeinstellungen an der Kamera nicht ausreichten, steuerte er das Licht mit manuellen Einstellungen. „Richtig zu blitzen ist eine schwierige Sache, weil sich die Wirkung des Blitzes durch die Entfernung und das Umgebungslicht ändert.“ Adamson verbrachte viele Stunden damit, die richtigen Einstellungen zu erproben. Inzwischen hat er Bedienungselemente der Kamera sogar mit Klebeband fixiert, um die Einstellungen nicht zu verändern. „Das Besondere an der Leica Q ist der Zentralverschluss, mit dem ich auch tagsüber den Effekt eines verdunkelten Himmels erreiche. Mit der M geht das nicht so einfach.“ Auch über die Ausstellung des Projekts hat er sich schon seine Gedanken gemacht: „Mein persönlicher Ehrgeiz möchte die Arbeiten natürlich in einer Galerie ausgestellt sehen. Viele der Menschen, die auf den Bildern zu sehen sind, gehören aber nicht zu der Art von Leuten, die in Galerien gehen. Es passt einfach nicht zusammen. Daher ziehe ich es vor, dass das Projekt öffentlich in einer Straßenausstellung gezeigt wird, um den Menschen von Cheltenham etwas zurückzugeben.“ Denise Klink

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Joan Alvado Fa d i n g away

Einsam, aber nicht trostlos. Menschenleer, aber nicht verloren. Und irgendwie aus der Zeit gefallen. Die Bilder von Joan Alvado entführen uns in die Zukunft. Sie zeigen Regionen, in denen sich die Natur zurückholt, was ihr gehörte. Wo sich diese Gegenden befinden, das bleibt der Fantasie überlassen.

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Joan Alvados Bilder haben eine beinahe metaphysische Ausstrahlungskraft; ihre Symbolsprache regt an, 端ber Existenzialismus, Werden und Vergehen zu sinnieren. R端ckschl端sse m端ssen wir jedoch selbst ziehen

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Nur noch flĂźchtige Abbilder ihrer selbst: Menschen und ihre Einzelschicksale spielen im Universum von Fading Away eine untergeordnete Rolle. Sie sind Komparsen einer Erde, die sich langsam, aber sicher ihr Territorium zurĂźckerobert

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Der Vergänglichkeit unterworfen: Alvados Bilder wirken wie ein visueller Pfad zwischen Erinnerung und Sehnsucht. Sie zeigen Orte, die sich weitab unseres Alltags befinden, aber dennoch vor unserer Haustür liegen könnten

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„Bevölkerungsrückgang ist das Resultat eines Prozesses, der über Dekaden abläuft. Wenn die Wirtschaft langsam schwindet, gehen auch die Menschen. Dieser Prozess ist kein hypothetischer. Er ist eine Tatsache.“

J oa n A lva d o Alvado, 1979 im spanischen Altea geboren, geht seit 2007 seiner Leidenschaft für Fotografie in Barcelona nach. Vordergründig widmet er sich dabei dokumentarischen Projekten. Oft beruht seine Arbeit auf Geschichten aus seiner Heimat oder spielt sich in Umgebungen ab, die ihm vertraut sind. Großen Wert legt er dabei auf die Vermeidung von Konzepten und Bildsprachen, die bereits allzu oft reproduziert wurden.

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Manchmal geschieht es fast wie von selbst. Manchmal braucht man am Anfang eines Projekts kein Konzept, um zu wissen, dass es sich richtig anfühlt. Manchmal entwickelt so ein Projekt ein Eigenleben. So geschehen bei Joan Alvado. Als der spanische Fotograf zum ersten Mal vom „Lappland des Südens“, einer extrem entvölkerten Region mitten in seinem Heimatland gehört hatte, fühlte er sich berufen, der Welt davon zu erzählen. Doch wie sollte die Geschichte dahinter aussehen? Reportagen über ländlich geprägte Gemeinden mit menschenleeren Ortschaften mitten im Nirgendwo gibt es schließlich wie Sand am Meer. Stets erzählen sie, wie Traditionen verschwinden, wie Bewohner abwandern und wie sich die Altersstruktur der Übriggebliebenen immer weiter nach oben verschiebt. Obwohl er sofort von der anachronistischen Atmosphäre in dieser Gegend fasziniert war, wusste Alvado von Beginn an, dass er diesen ausgetretenen erzählerischen Weg nicht gehen wollte. Je mehr er sich mit den Themen beschäftigte, die auch die Bewohner dort bewegen – wirtschaftliche Instabilität, Landflucht, Vereinsamung –, desto mehr entfalteten sich Ideenskizzen vor seinem inneren Auge. In seiner Erzählung sollte es weniger um Einzelschicksale gehen, mehr um das große Ganze: die Bevölkerung, die mehr und mehr verschwindet. Als Resultat seiner Introspektion entstanden Aufnahmen weiter Landschaften, nur fragmentarisch durchbrochen von Spuren der Zivilisation, bewohnt von rätselhaften Protagonisten. Es sind Gegenden, die man als Städter nur selten zu Gesicht bekommt, deren düstere Farbgebung Endzeitstimmung aufkommen lässt. Befinden wir uns überhaupt noch in der Gegenwart oder in einem postapokalyptischen Szenario, in dem sich die Natur zurückholt, was ihr einst gehörte? Alvado gelingt es, ein Ambiente zu erschaffen, das sich von der Realität,

wie wir sie kennen, abkapselt. Sein primärer Antrieb war das Konzept des Massenaussterbens, das sich symbolhaft in vielen seiner Bilder wiederfindet. Alvado zeichnet eine fiktive Welt, die irgendwo zwischen dem liegt, was wir kennen und was sich in unserer Imagination abspielt. Geplant war das zunächst nicht: „In meiner Suche nach der Seele meiner Arbeit gaben die Fotos manchmal wie von selbst die Stoßrichtung an, was mir dabei half, das Thema exakt zu umreißen“, resümiert der Fotograf den Prozess. Der Bevölkerungsrückgang im tiefsten spanischen Hinterland ist das Resultat einer ganzen Ursachenkette: Sei es die Distanz zur Küste, die Abgeschiedenheit oder seien es fehlende Einnahmequellen durch das Ausbleiben von Tourismus – all diese Faktoren lassen die wirtschaftlichen Ressourcen knapp werden, was die Bewohner zum Umziehen zwingt. Das ist jedoch kein Alleinstellungsmerkmal der Region. Derlei Entwicklungen sind auf der ganzen Welt spürbar: Während sich die Bewohner der Großstädte stapeln, entleeren sich ganze Landstriche. Deshalb ist auch das Narrativ von Alvados Bildsprache nicht geografisch festgelegt, sodass das „Lappland des Südens“ lediglich den erzählerischen Rahmen bietet. Trotz bitteren Beigeschmacks sind die Szenarien , die Alvado zeichnet, weit davon entfernt, dem Betrachter ausschließlich Trostlosigkeit zu vermitteln: Während jedes Bild einen großen Interpretationsspielraum eröffnet, thront über allem das Motiv des Wechselspiels zwischen Mensch und Natur – wobei Letztere die dominante Position einnimmt. „Es gibt nichts, was natürlicher und reduzierter wäre als Steine, Bäume oder Wasser“, sinniert Alvado. „Eine Bergkette hat unzählige Generationen von Menschen erlebt, die ihre Umgebung besiedelt haben. Somit vermögen uns die Elemente hin und wieder eine andere Vorstellung von Zeit zu geben.“ Es ist diese unbezwingbare Macht, die die Natur in Alvados Fotografien ausstrahlt: eine Macht, die uns Menschen zuweilen wie Ameisen erscheinen

lässt und zu einer Spezies degradiert, die das Weite sucht, um an einem besseren Ort Schutz unter ihresgleichen zu finden. Im Licht dieses visuellen Zeitund Gedankensprungs gibt es keinen Großstadttrubel, keine Menschenmassen, keine digitalisierte Welt. Aber der Fotograf möchte die dargestellten Verhältnisse weder idealisieren noch romantisieren, obwohl er aus humanistischer Sicht durchaus verstehen kann, dass diese Bilder eine positive Sehnsucht nach einer Rückkehr zu den eigenen Wurzeln ausdrücken. Seine Serie soll jedoch selbst auf formaler Ebene keine Realität abbilden, gibt Alvado deutlich zu verstehen. So sei die Gegend, in der er sich aufhielt, nicht überall so verlassen und leer gewesen, wie es die Bilder vermitteln. Er selbst stieß jeden Tag auf Leben, war auch in größeren Dörfern und belebteren Ortschaften. In den ruhig und nahbar porträtierten Bewohnern und ihren Geschichten fand sich Alvado immer ein wenig selbst wieder, da auch seine Familie aus einer ländlich geprägten Umgebung stammt. Seine eigene Vergangenheit fließt in alle seine Arbeiten ein: „Ich tendiere dazu, nostalgisch zu sein. Das Gewicht der Vergangenheit kann unfassbar groß sein, sie ist Thema vieler meiner Projekte.“ Alvado macht mit seinen ganz eigenen visuellen Codes Stimmungen greifbar, wie sie jeder schon einmal erlebt hat. Es sind existenzialistische Stimmungen, die vertraut sind, aber einen neuen Kontext erhalten. Stimmungen, die im Kopf eine Gratwanderung zwischen Naturverbundenheit, Ungewissheit und Nostalgie auslösen. Und die jeder auf seine eigene Weise zum Leben erwecken kann. Danilo Rössger

joan alvado.com LFI -On lin e.DE /B log: Behind the scenes of fading away Equipment: Leica M240 mit Summilux-M 1:1.4/50 mm Asph

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Ciro Battiloro


Sa n i tà lFI

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Neapels Stadtviertel Sanità ist berüchtigt: bildungsferne Schichten, Clanstrukturen und wenig Arbeit. Aber Ciro Battiloro ist kein Elendsfotograf, sondern lässt Facetten der Menschlichkeit in neuem Licht erscheinen.

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Das Leben in Sanità ist geprägt von Traditionen und starkem familiären Zusammenhalt (oben). Jugendliche halten zum Beispiel an dem Brauch der „fujenti“ (Flüchtenden) fest: Barfuß rennend huldigen sie der Madonna dell’Arco (links)

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Spielende Roma-Kinder. Im Viertel Sanità leben viele verschiedene ethnische Gruppen. Die der Roma zählt zu den größten


Die Menschen leben beengt, oft in „Vascios“, typischen Wohnungen in den alten Vierteln. Es handelt sich um kleine dunkle Räume, die früher als Stauraum dienten (oben rechts). Nicht zuletzt deshalb spielt sich ein großer Teil des Lebens auf der Straße ab, wo auch viele Prozessionen stattfinden (Mitte rechts). Trotz der Enge sind viele Bewohner Sanitàs sehr tierlieb, so wie Sabrina und ihre Tochter Myriam, die mit ihrem Kaninchen spielen (unten)

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Eine Frau aus Călărași, Rumänien, mit ihrem Sohn. In Sanità funktioniert die Gemeinschaft zwischen Sinti, Roma und Italienern gut


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Liebe und Fürsorge ziehen sich wie ein roter Faden durch den Alltag der Familien. Mariarca kämmt das Haar ihrer jüngeren Schwester (links oben), Giovanni kuschelt mit seinem kleinen Sohn (rechts). Ein verkleideter Junge an Karneval im Borgo dei Vergini, dem Viertel der männlichen Jungfrauen, wartet auf seine Freunde (Mitte links). Rita (links unten) flüchtet sich aus dem Alltag. Sie sitzt oft in ihrer Küche und beschäftigt sich mit Videospielen

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Rita ist Mutter von zwei kleinen Töchtern. Seit Jahren träumt sie davon, als Friseurin zu arbeiten. Doch bisher fehlten ihr immer die finanziellen Mittel für die Ausbildung

C i r o B att i l o r o Geboren 1984 in Torre del Greco, Italien. Bevor er sich auf Dokumentarfotografie spezialisierte, studierte er Philosophie an der Universität Neapel Federico II. Seine Projekte führten ihn in den Senegal und die Türkei, nach Marokko, Iran, Mazedonien und Rumänien. In seiner Arbeit untersucht er die oft unerwartete Schönheit sozialer Beziehungen in vernachlässigten Gegenden. Mit Sanità gewann er den Internationalen Preis des Helsinki Photo Festivals 2018.

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Mitten in Neapel existiert eine Welt für sich: Das Stadtviertel Sanità im Herzen der süditalienischen Metropole zählt zu den am dichtesten besiedelten Gegenden Europas. Der Name „Sanità“ erzählt von besseren Zeiten: einst ein Luftkurort und Residenz der Bourbonen über dem Hafen der Handelsstadt, heute sozialer Brennpunkt mit chaotischer Struktur. In den heruntergekommenen Häusern hat mehr als die Hälfte der Bewohner keine Arbeit und noch weniger Perspektiven. Doch es gibt Hoffnung. LFI: Wie sind Sie darauf gekommen,

in Sanità, diesem besonderen Viertel von Neapel, zu fotografieren? Ciro Battiloro: Ich verfolge das, was in Sanità passiert, schon seit langer Zeit: hohe Arbeitslosigkeit, bildungsferne Schichten, kriminelle Organisationen. Ich fühlte mich von der Idee angezogen, die Dynamik einer solchen Nachbarschaft zu verstehen. Das Viertel liegt im Herzen der Stadt, liegt aber aufgrund historischer Entwicklungen und schlechter Politik völlig außen vor. etwas mehr? LFI: Was hat Sie dort sofort fasziniert? Battiloro: Kurz nachdem ich 2015

begonnen hatte, durch die Gassen zu streifen und die Bewohner kennenzulernen, wurde mir schnell klar, welch erstaunliche Menschlichkeit und Energie an diesem Ort zu finden ist. Es gibt dort viele bemerkenswerte Geschichten über das Thema Würde. Im Alltag zeigt sich die authentische Natur der Menschen. Das ist der Grund, warum mein Projekt zu einer Arbeit über Liebe und Einsamkeit geworden ist, Grundgefühle des Menschen, die auch Metaphern für die Realität dieses Viertels sind.

LFI: Ihre Fotografie steht in einer klassischen humanistischen Tradition. Battiloro: Ich verfolge einen sehr intimen Ansatz. Ich entscheide mich dafür, Geschichten zu erzählen, die

nicht in den Medien zu finden sind, und ich versuche, meine Arbeit zu sozialen Themen übergeordneter anzulegen. Ich erzähle das auf ruhige Art. Es ist schon überraschend, wie in Sanità die Liebe Verzweiflung in Schönheit verwandelt, das wollte ich zeigen.

all auf verschiedenen Ebenen, von lokalen bis zu nationalen. Ich denke, dass Italien eine kulturelle Verflachung erlitten hat, die den Aufstieg unserer derzeitigen Regierung begünstigt hat: eine extrem rassistische Regierung, die mich total beschämt.

LFI: Sind Sie als junger Italiener mit den alten Traditionen, Feiern und Gewohnheiten in Neapel vertraut? Battiloro: Ja, absolut. Die Globalisierung und die Modernität gehen natürlich auch nicht an Neapel vorbei. Dennoch bilden alte Traditionen, Feiern und Rituale die Grundlage für die Gemeinschaft, besonders in den unteren Gesellschaftsschichten, die noch ihre Authentizität wahren.

LFI: Warum fotografieren Sie in Schwarzweiß? Battiloro: Generell bevorzuge ich Schwarzweiß, weil ich denke, dass es prägnanter und poetischer ist, es lenkt auch die Aufmerksamkeit auf die Intensität der Gesichter und Gesten.

LFI: Wie hat sich das Viertel entwickelt,

in welche Richtung wird es sich möglicherweise entwickeln? Wie sieht es in puncto Gentrifizierung aus? Battiloro: Sanità war eines der ärmsten Viertel von Neapel, es ist eines der heruntergekommensten Gebiete in der Stadt. Der Staat existiert dort de facto nicht, es kämpfen Clans gegeneinander. Trotzdem gibt es sehr wenig Kriminalität, nur ein paar Drogendealer, viele Menschen haben keine Beschäftigung oder arbeiten schwarz. Vor etwa acht Jahren begann der Priester Don Antonio Loffredo ein Programm zur Aufwertung des Bezirks. Es hat sich in den letzten vier Jahren entwickelt, plötzlich gibt es künstlerische Orte und Touristen wandern herum, um die Katakomben von San Gennaro zu sehen, in denen die ganzen Schädel lagern. Sanità ist mittlerweile berühmt dafür. LFI: Was hat sich Ihrer Meinung nach

in den letzten Jahren in der italienischen Gesellschaft verändert, besonders im Hinblick auf die aktuelle politische und wirtschaftliche Situation? Battiloro: In den letzten Jahren hat sich die italienische Politik stark verschlechtert. Die Ungleichheit zwischen den verschiedenen sozialen Schichten hat zugenommen und die ärmeren sind heute in ernsten Schwierigkeiten. Die Korruption verbreitet sich über-

LFI: Warum eher natürliches Licht? Setzen Sie auch künstliches Licht ein? Battiloro: Ich will die Szenerie so natürlich und spontan wie möglich gestalten. Manchmal, wenn ich in dunklen Räumen fotografiere, benutze ich künstliches Licht, weil es in diesem Fall notwendig ist. Dann nehme ich jedoch LED-Licht, es ist weicher als ein Blitz. Ich mag kein Blitzlicht, weil ich es für meine Art zu fotografieren zu stark finde. LFI: Sie wollten diese besondere Umgebung und die Menschen dort ins rechte Licht setzen. Was ist Ihre Botschaft mit dem Projekt Sanità? Battiloro: Ich denke, dass es in jeder Form des Ausdrucks eine politische Botschaft gibt, auch wenn es nicht die primäre Absicht des Künstlers ist. Mit Sanità möchte ich die Aufmerksamkeit auf ein Viertel lenken, das seit langem von der Verwaltung vernachlässigt wurde. Ich möchte nicht die dortigen Probleme unterstreichen, sondern die Würde seiner Bewohner. Interview: Carla Susanne Erdmann

cirobatt iloro.com LFI -On lin e.DE /B log: Slideshow mit weiteren Bildern Equipment: Leica M6 mit Elmarit-M 1:2.8/28 mm Asph und Voigtländer Color Skopar 35 mm

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Thorsten Klapsch E x c u s e me , S i r

Seit 2006 beobachtet der Fotograf die Welt hinter der ILA, der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung bei Berlin. Die Bilder sind präzise komponierte Zeugen von Waffen und Gewalt.

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Wie in einer Museumsvitrine werden auf der ILA Bomben präsentiert. Einige der Fachbesucher erinnern Thorsten Klapsch an amerikanische Schauspieler aus CIA-Filmen

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Es gibt nur wenige uniformierte Frauen in der M채nnerdom채ne R체stungsindustrie. Die Farben in seinen Bildern sind f체r den Fotografen kompositorisches Element

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Horizontal, vertikal, diagonal: Die Bilder wirken wie geometrisch exakt gezeichnete Gemälde, Blickwinkel und Ausschnitte sind gezielt gewählt. Und doch will Klapsch dokumentieren und nicht interpretieren

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Klapsch will mit seiner Kamera durch den Spiegel gucken, die Realität sehen; bisweilen entstehen dabei aber auch cineastisch anmutende Szenerien

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T h o r s te n K la p s c h ist Fotograf aus Leidenschaft und das seit fast 30 Jahren. Er mag das Verbotene, das Verschlossene, die Welt hinter den Türen. Er hat den leerstehenden und nun abgerissenen Palast der Republik in Berlin fotografiert, die deutschen Atomkraftwerke und das sich verändernde Berlin in Ost und West. Um seine freien Projekte realisieren zu können, arbeitet er für Magazine und Unternehmen.

th o r ste n kla ps c h . d e LFI -O nl i n e .D E / B log : Excuse me, Sir – one Picture one Story

Equipment: Leica S007 mit Summarit-S 1:2.5/ 70 mm Asph und ApoMacro-Summarit-S 1:2.5/120 mm

Alle zwei Jahre machen sich die Besucher auf den Weg nach Brandenburg. Dort, in der Nähe des immer noch nicht fertigen Flughafens BER, findet in den Jahren mit geraden Zahlen die größte internationale Messe für Luftund Raumfahrt statt. Die ILA Berlin Air Show – ein deutsches Volksfest. Ein Wochenende lang bestaunt das Publikum die neuesten Entwicklungen in der Luft und am Himmel. Flugschauen, dröhnende Kampfflieger, doppelte Loops. Mit beiden Beinen auf dem Boden stehend, erheben die Menschen ihre Köpfe und starren gen Himmel. Was kaum einer der Besucher weiß: Drei Tage vorher treffen sich am selben Ort die Fachbesucher aus der Rüstungsindustrie. Thorsten Klapsch war selbst ein technikbegeisterter Gast der ILA, bevor er sich 2006 um eine Akkreditierung für die „Geheimtreffen“ bewarb. Seitdem fotografiert er hinter den Kulissen: Waffen, Bomben, Panzerfahrzeuge, Verkaufsstände mit simuliertem Raketeninferno. „Schon als ich anfing zu fotografieren, habe ich mir immer Projekte mit Gebieten oder Räumen gesucht, zu denen man normalerweise keinen Zugang hat“, sagt er. „Ich möchte zeigen, was sonst keiner zu sehen bekommt.“ Zur Messe reisen Vertreter aus 70 Ländern an. China, Großbritannien, USA, Russland, Deutschland. So unterschiedlich die Herkunft, so identisch oft der Look. Eine Männerdomäne für Käufer und Verkäufer in Uniform und Anzug. Für die Porträts hat sich ihnen der Fotograf mit dem Satz „Excuse me, Sir“ genähert, den er auch als Titel für seine Langzeitserie wählte. Zugleich traf er damit auch den richtigen Ton: Wie nach einem militärischen Befehl haben sich die Gesandten vor der Kamera in Stellung gebracht. Gerade Position, durchgedrückter Rücken und stolze Brust, an der die Orden haften wie leuchtende Punkte ihres Erfolgs. Klapsch berichtet, dass er zumeist nur einen „Schuss“ hatte, um die Militärs zu fotografieren. Seine Farbbilder zeigen Stände, Plakate, Besucher, Vitrinen, Fahr- und Flugzeuge. Sie bilden das gesamte Spektrum

einer Messe ab, die beim Aufbau beginnt und oft im Warten endet. Klapsch harrte aus, bis er den richtigen Moment abpasste. Der Besucher im gelben Regenmantel, der mit dem Gelb der Abwehrrakete auf der Wand hinter ihm beinahe eine Diagonale bildet. Oder der Mann am Telefon, der so aufrecht vor dem Kettenfahrzeug steht wie die Waffen, die es transportiert. Seine Fotografien wirken wie grafische Konstruktionen. Sie erinnern an die Werke des Malers Kasimir Malevich, die durch Linien ihre Form annehmen. Betrachtet man die Arbeiten von Klapsch, erkennt man den Winkel, aus dem heraus er fotografiert hat. Er sagt: „Ich komponiere meine Bilder. Ich reduziere sie auf den einen Ausschnitt, der mich wirklich interessiert.“ Fast alle seiner Motive nahm der Fotograf im Hochformat auf. Das komme am ehesten der Buchform gleich, findet er. Und wie in einem Buch ließe sich auch zu jeder Fotografie eine Geschichte erzählen. Etwa zu jener mit dem Platzregen, die so wirkt wie aus einem Film. Voller Bewegung. Vor einem riesigen Kampfflugzeug stieben Besucher und Militärs zu Fuß, auf dem Fahrrad, im Auto über eine Landebahn in alle Richtungen davon. Der Fotograf stand unter einem Dach, als er den einzigen Schnappschuss seiner Serie einfing. Seit zwölf Jahren beobachtet Klapsch das Treffen der Rüstungsindustrie nun schon. Zum ersten Mal benutzte er in diesem Jahr die Leica S007, die ihn trotz Größe und Gewicht nicht behinderte. Zum ersten Mal bemerkte Klapsch in diesem Jahr auch, dass auf der Messe Feuer und Flammen ihren Einzug hielten, dass der Krieg näher gerückt war. Er sagt über sich, dass er ein neutraler Beobachter sei. Ein Dokumentarist, der sich mit Abstand und Augenzwinkern dem Geschehen auf seinen Bildern widme. Eine Meinung soll sich der Betrachter selbst bilden. Katja Hübner

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Erich Lessing W E LT G E S C HI C H T E N

Renommierter Journalist, Fotograf vieler Bildbände und Mitglied der Agentur Magnum: Schon lange trug er den Ehrentitel „Doyen der Fotografie Österreichs“. Nun ist Erich Lessing im Alter von 95 Jahren in Wien verstorben.

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Am 15. Mai 1955 wird der österreichische Staatsvertrag – Ende der alliierten Besetzung – vor dem Belvedere in Wien verkündet (o.). Vor dem Büro der Geheimpolizei am Köztársaság-Platz, Budapest 1956 (li.). Vorherige Seiten: Stalin-Monument in Prag, 1956; Verteilung der ersten pro-revolutionären Zeitung in Budapest, 1956

Genauer Beobachter – das sogenannte Versöhnungstreffen zwischen Jugoslawien und der Sowjetunion in Belgrad, März 1955: Nikita Chruschtschow, Gastgeber Tito und dessen Ehefrau Jovanka

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Ganz nah dran: bei den Feiern zum 1. Mai fotografierte Lessing aus n채chster N채he den damaligen Westberliner B체rgermeister Willy Brandt bei seiner Rede vor der Kulisse des noch schwer kriegsbesch채digten Reichstags, Berlin 1959

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Diskreter Beobachter: Beim Debütantenball 1958 in der Wiener Staatsoper gelang Lessing dieser Schnappschuss (o.). Ein Stillleben der besonderen Art: die Kappen der vier Besatzungsmächte bei einer Sitzung des Alliierten Rates von Österreich, Wien 1954 (li.)

Starke Bildkomposition eines musikalischen Gipfeltreffens: der Pianist Glenn Gould bei einer Probe mit dem österreichischen Dirigenten Herbert von Karajan in der Berliner Philharmonie, 1957

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Auf einer Reportagereise durch das Ruhrgebiet entstand dieses stimmungsvolle Bild der Thyssen Stahlwerke mit dem Rhein im Hintergrund, MĂźhlheim 1955

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und politischen Verhältnisse in Europa dokumentierten. Die OstblockStaaten bereiste er schon als Mitglied der Agentur Magnum, deren Mitglied er 1951 wurde. Die große Reportage über den Aufstand in Ungarn – von den Spannungen in den Monaten zuvor über den Ausbruch der Revolution in Budapest bis zu ihrem Scheitern nach dem russischen Einmarsch – verhalf Lessing 1956 endgültig zu Weltruhm. Er war für die wichtigsten internationalen Magazine tätig. Die hoffnungsvolle Arbeit als verantwortungsbewusster Fotograf in dieser Zeit beurteilte Lessing später durchaus kritisch. „Wir Magnum-Leute haben immer geglaubt, dass man mit Bildern etwas erreichen, sogar verändern kann. Wir haben aber in Budapest gelernt, dass man leider nichts erreichen kann. Die Weltgeschichte hat ihre ganz eigenen Gesetze“, so das nachdenklich-ernüchterte Fazit des Fotografen 2012. Neben seiner Arbeit als politischer Bildjournalist war Lessing auch ein großartiger Porträtist. Künstler- und Politikerstudien entstanden immer wieder, darüber hinaus zählen Aufnahmen auf Filmsets mit Gregory Peck in Moby Dick, Anthony Quinn in Alexis Sorbas oder Julie Andrews in The Sound of Music bis heute zu den spannenden Highlights seines Werks. Nach 1960 widmete sich Lessing in seiner farbfotografischen Arbeit vor allem der Kunst- und Kulturgeschichte. Er nahm Tausende Kunstwerke in Museen auf, historische Plätze und archäologische Ausgrabungen. Über 40 Bildbände mit seinen Arbeiten wurden veröffentlicht. Gefragt, was die Fotografie ihm bedeute, antwortete er 2012 in einem Interview des Wiener Standard: „Das Fotografieren hat mich immer interessiert, aber es war keine Lebensaufgabe. Ich bin noch immer der Fotograf ohne Kamera. Ich muss nicht andauernd fotografieren.“ Viele der glücklicherweise dann aber doch erfolgten Aufnahmen werden als Zeitdokumente im Gedächtnis bleiben – aller Flüchtigkeit aktueller Bilderwelten zum Trotz und zur Reflexion und kritischen Mahnung. ulrich rüter

Erich Lessing wurde am 13. Juli 1923 als Sohn eines Zahnarzts und einer Pianistin in Wien geboren. Sein Vater starb, als er zehn Jahre alt war. 1939 Flucht nach Palästina; 1947 Rückkehr nach Wien, um als Fotograf zu arbeiten. Bei der Agentur Associated Press lernte er seine Frau, die Journalistin Traudl Wiglitzky kennen. Schnell etablierte er sich als Bildjournalist. Seine Reportage über den ungarischen Aufstand 1956 machte ihn bekannt. Seit 1951 Mitglied der Agentur Magnum. Ab den 1960er-Jahren publizierte Lessing vor allem Kunstbildbände und unterrichtete Fotografie. Sein Bildarchiv mit mehr als 60 000 Aufnahmen vermachte er 2011 der Österreichischen Nationalbibliothek. Lessing starb am 29. August 2018 in Wien.

www.le s s in gimage s.com Bü ch er: Ungarn 1956 (Tyrolia, Inns-

bruck 2015); Anderswo: Photographien (Nimbus, Wädenswil 2014); Von der Befreiung zur Freiheit (Tyrolia, Innsbruck 2014); Erich Lessing. Vom Festhalten der Zeit. ReportageFotografie 1948–1973 (Brandstätter

Wien 2002); Erich Lessing: Photographie – Die ersten 50 Jahre (Historisches Museum, Wien 1994)

Fotos: © Erich Lessing/Magnum Photos

Berühmt wurde der Fotograf vor allem durch seine Schwarzweißreportagen der europäischen Nachkriegszeit. Nur wenige österreichische Fotografen haben die Umbrüche der Zeit so genau dokumentiert wie Erich Lessing. Er war kritischer Zeitzeuge und scharfer Beobachter des politischen und gesellschaftlichen Geschehens, blieb bis ins hohe Alter überaus produktiv und umtriebig. Nicht nur die Aufarbeitung des Archivs sowie zahlreiche Publikationen und Ausstellungen beschäftigten ihn in den letzten Jahren, sondern 2012 eröffnete er im Zentrum von Wien auch noch eine eigene Galerie für seine Bilder. Bereits als Kind interessierte sich Lessing für Fotografie und ließ sich zu seiner Bar Mitzwa mit 13 Jahren eine Kamera schenken; doch erst nach dramatischen Lebenserfahrungen wurde aus dem jugendlichen Interesse ein Beruf. Im Dezember 1939 gelang ihm mit 16 Jahren gerade noch die Flucht aus Wien nach Palästina. Über Triest erreichte er die Galilea; es war das letzte Schiff, das noch in den Hafen von Haifa einfahren konnte. Seine Mutter wurde in Auschwitz, seine Großmutter in Theresienstadt ermordet. Zwei Jahre lebte Lessing im Kibbuz Neve Eitan, studierte Radiotechnik in Haifa und war dann in einem Radiogeschäft tätig. Durch Zufall konnte er in Netanya als Strand- und Kindergartenfotograf arbeiten. 1947 kehrte er nach Europa zurück. In Wien lernte er seine erste Frau kennen, die damals für die amerikanische Agentur Associated Press arbeitete und dafür sorgte, dass er als Fotograf angestellt wurde. Eine rastlose Zeit begann. In Wien entstanden Zeitdokumente wie die legendäre Reportage zur Unterzeichnung des Staatsvertrages ebenso wie Serien aus dem Alltag. In den 1950er-Jahren gehörte Lessing zu den vielbeschäftigten Bildjournalisten, die mit ihren Reportagen die Wiederherstellung und Neuordnung der gesellschaftlichen


f/ s top – L e i ca Q - P – L e i ca M 1 0 - D – Ava i lable L i g h t –

Ne u e r Au s lö s e r , Sc h wa r z w i e d i e n ac h t, Ein zusätzlicher Akku U nd L e d e rt rag r i emen : D i e neue Leica Q-p ist da

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z w e i mal cam o u f lag e Leica q-p und q „Khaki“

Mit der neuen Q „Khaki“ ergänzt Leica die Q-Reihe um ein Modell in Sonderfarbe. Doch gut getarnt ist auch die neue Leica Q-P, eine noch dezenter gestaltete, solidere und technisch optimierte Variante der sehr erfolgreichen Q.

Leica erweitert die Q-Reihe mit gleich zwei besonderen Modellen: Während es sich bei der Leica Q „Khaki“ in erster Linie um eine Farbund Ausstattungsvariante der Standard-Q handelt, bietet die Leica Q-P ein wenig mehr. Ganz im Stil der P-Varianten zur M präsentiert sie sich gleichzeitig sowohl solider als auch zurückhaltender, gewissermaßen noch mehr als die normale Q reduziert auf das Wesentliche – auch wenn man sich fragen mag, wie eine Kamera noch mehr auf das Wesentliche reduziert sein kann als die Q, eine Kamera mit fest montiertem Objektiv, fester Brennweite und ohne komplizierten Messsucher. Bei den P-Modellen geht es aber eher um die optische Reduktion, um das optische „Untertauchen“. Genau wie bei der M-P fehlt auch der 74 |

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Q-P der rote Punkt, der die Kamera sofort als eine Leica identifiziert. Damit ahmt Leica nach, was MFotografen generationenübergreifend vormachten, indem sie den roten Punkt einfach abgeklebt haben, um ganz ungestört fotografieren zu können. b eh u tsa m verb e sse rt.

Im Falle der Q-P ist die Tarnung insofern noch perfekter, als man beispielsweise eine M-P auch ohne großartiges Expertenwissen immer noch problemlos als Leica erkennt – ein Messsucher lässt sich eben nicht so leicht verstecken. Bei der Q-P hingegen bleibt das Auge des Betrachters nirgends hängen, denn ohne den roten Punkt sieht man von vorn nur das recht große Objektiv und kann allenfalls noch an der charakteristi-

schen Stufe in der Deckkappe die Q-P als eine echte Leica identifizieren. Sieht man aber von oben auf die Kamera, wird es etwas leichter, denn hier trägt auch die Q-P den für die P-Modelle typischen LeicaFadenzug. Diese Hommage an die Leica M3 ist in dieser Form erstmals an der Q zu finden und steht der Q-P ausgezeichnet. Denn während die Gravur bei einer M quasi nur das Tüpfelchen auf dem i ist, verwandelt sich die Q-P wesentlich stärker, weil der organisch wirkende Schriftzug der ansonsten ganz nüchtern gestalteten Digitalkamera so etwas wie Tradition und Seele einhaucht, die eine M schon von Haus aus besitzt. Mehr als eine Designänderung ist aber der neue Auslöser der Q-P, der mehr im Stil der M oder vielmehr

der CL gehalten ist. Bei der Standardversion der Leica Q fällt der Ring um den Auslöser relativ schmal aus, der Auslöser selbst ist dafür relativ groß und ragt mit seiner etwas gerundeten Form deutlich heraus. Im Vergleich ist bei einer M der Ring viel breiter, während der Auslöser kleiner und flach ausfällt. Die deutliche Vertiefung um den Auslöser herum sorgt aber dafür, dass der Finger den Auslöser deutlicher spürt als bei der Q. Bei der CL schließlich ließ Leica das bei der M bis heute vorhandene, aber von den meisten – Hand aufs Herz – wohl nie genutzte Gewinde für Drahtauslöser weg und gestaltete dafür den Auslöser und den umgebenden Ring mit dem Hauptschalter etwas kleiner. Das wurde nun auch für die Q-P übernommen. →


Der fehlende rote Punkt bei der Leica Q-P gibt dem Auge so gut wie nichts mehr, woran es hängenbleiben könnte. Der mattschwarze Speziallack tut das Seinige dazu, die Kamera fast perfekt in der Hand des Fotografen verschwinden zu lassen

Nur von oben ist der Leica Q-P ihre Herkunft anzusehen – am klassischen Fadenzug im Stil der M 3, der die Q-P optisch aufwertet. Der neue Auslöser ist dem der Leica CL nachempfunden und erweist sich als griffiger und intuitiver als der der Standardversion

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Wer die genannten Kameras einmal zum Vergleich in die Hand nimmt, spürt den Unterschied sofort, auch wenn die Veränderung relativ gering ausfällt. Auf dem erhabenen Auslöser der normalen Q findet der Zeigefinger nicht so recht Halt, er rutscht etwas herum und ertastet nicht immer die perfekte Position. Der neue Auslöser hingegen liefert dem Finger mehr Feedback, man ertastet die richtige Position wie von selbst. Wir reden hier wohlgemerkt nicht über gewaltige Unterschiede, die sofort ins Auge springen oder die Haptik vollkommen ändern – Besitzer einer „normalen“ Leica Q, die den Auslöser der Kamera sehr wahrscheinlich noch nie als Nachteil emp-

Die Q „Khaki“ ist ein weltweit erscheinendes Sondermodell der Leica Q mit dem in Khaki gefärbten Leder und einem passenden Tragegurt

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der lack ist neu. Ob

die Lackierung der Q-P nun als reine Designänderung oder in geringem Maße auch als technische Verbesserung durchgeht, mag jeder selbst entscheiden. Jedenfalls ist der bereits vom Sondermodell M Monochrom Stealth Edition (LFI 4/2018, S. 116) bekannte Speziallack nicht nur sehr matt, sondern auch außergewöhnlich widerstandsfähig, was die Hemm-

schwelle für ungezwungene Einsätze deutlich verringern dürfte und auch dem Werterhalt dient. Die Mattheit der Lackierung und der fehlende rote Punkt zusammen sorgen dafür, dass die Kamera ihrer Größe zum Trotz in der Hand des Fotografen verschwindet – zumindest optisch ist die Tarnung fast perfekt. Und Tarnung steht im Pflichtenheft der P-Modelle ganz weit oben, ebenso wie die Praxistauglichkeit. Und zu der gehört auch der Lieferumfang, der bei der Q-P größer ausfällt als beim Standardmodell. Leica liefert die Kamera inklusive eines zweiten Akkus und eines ledernen Tragriemens aus, sodass man nur noch eine Speicherkarte be-

D ie L e ica Q- P p räs e n t ie rt s ic h sowohl solider als auch zurückhalte n de r , g e wis s e r maSSe n n oc h mehr al s die Sta n da r d- Q reduziert auf das We s e n tl ic he .

DOPPELTE POWER .

nötigt, um sich mit der Q-P auf Streifzüge zu begeben. Gegenüber der Q-P fallen die Änderungen beim Sondermodell Q „Khaki“ geringer aus, obwohl sie sich äußerlich durch das in Khaki gefärbte Leder Leder, den farblich passenden Tragriemen und den ebenfalls in Khaki ausgelegten Fadenzug auf der Deckkappe deutlich von der Standardversion abhebt. Technisch hingegen ist die Q „Khaki“ mit den normalen, in schwarzer und silberner Farbgebung erhältlichen Modellen vollkommen identisch. Obwohl die Q „Khaki“ ja auch in einer Tarnfarbe gestaltet ist, fällt sie deutlich mehr auf als die Q-P, die ihre technische Optimierung viel besser zu verbergen weiß. holger sparr

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funden haben, dürfen sich also entspannen. Vielmehr ist hier von Nuancen die Rede, von Kleinigkeiten, wenn man so will, die ein Unternehmen wie Leica aber beachtet und die bei einer Kamera wie der Q-P eben Grund genug sind, eine technische Änderung vorzunehmen.

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w e n i g e r i s t me h r Leica m10-d

Auch von der M10 bietet Leica nun eine Variante ohne Display. Diese fast vollkommene Simulation „analogen“ Fotografierens geht Hand in Hand mit allen digitalen Kontrollmöglichkeiten – ausgelagert in die App Leica Fotos.

Man kann es getrost eine Provokation nennen, eine Digitalkamera ohne Display zu bauen. Aber vielleicht wohnt einem solchen Konzept ja auch ein Mehrwert inne – und man muss nur versuchen, sich darauf einzulassen? Als Leica zum 60. Geburtstag des M-Systems 2014 die M Edition 60 als limitiertes Sondermodell ohne Display präsentierte, fiel es leicht, in ihr einfach ein Statement zum Jubiläum zu sehen, das die M-Geschichte als große Kontinuitätserzählung beschwor. Als jedoch zwei Jahre später die M-D als displaylose Variante der M262 in Serie ging, war das Erstaunen schon größer, und die Kontroverse war es auch: Die einen feierten Leica für den Mut zu einer in der langen Reihe unkonventioneller Entscheidungen besonders 78 |

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herausragenden; die anderen argwöhnten, nun habe man in Wetzlar endgültig jegliche Bodenhaftung verloren und sei auf dem Weg in eine esoterische Nischen-Nische (wobei mitunter vergessen wurde, dass die M-D ja bloß eine der Varianten der digitalen M war, ein Angebot unter mehreren). Nachdem in diesem Jahr für einige Monate der Eindruck herrschte, die M-D würde stillschweigend wieder aus dem Wetzlarer Sortiment verschwinden, ist nun klar: Offenkundig rechnet sich für Leica das Wagnis dieses Konzepts. Oder anders ausgedrückt: Offenkundig gibt es hinreichend viele M-Fotografen, die dieses Konzept nicht nur verstehen, sondern auch schätzen. Denn es gibt nun auch die M10 als displayloses Modell: die M10-D.

DAS BIL D IM KO PF. „Das

Wesentliche“ ist ein Motto, das Leica in der Zeit prägte, in der die M Edition 60 vorgestellt wurde. Es reklamiert Geltung für den gesamten Ansatz, mit dem Leica Kameras und Objektive entwickelt, doch es ist kein Zufall, dass es in Zusammenhang steht mit dem Projekt, ausgerechnet das Funktionselement wegzulassen, das das typischste einer Digitalkamera ist: Schließlich kann man es schon in fotodidaktischer Hinsicht als fundamentalen Gewinn verstehen, gleich nach der Aufnahme kontrollieren zu können, ob Ausschnitt und Moment, ob Fokus und Belichtung richtig gesetzt sind. Ganz zu schweigen davon, dass Digitalfotografie ja auch einiges im Menü einzustellen und zu variieren verlangt oder ermöglicht.

Andererseits ist nicht von der Hand zu weisen, dass die sofortige Beschäftigung mit dem Resultat auch etwas Zwanghaftes annehmen kann, das den Prozess des Fotografierens, die Interaktion mit dem Sujet störend überwölbt. Man muss ja nur auf der Straße einmal digital Fotografierenden eine Weile zuschauen, um den Eindruck zu gewinnen, dass sie nicht selten mehr mit der Kamera befasst sind als mit ihrem Motiv. Insofern ist eine Provokation wie die M-D und nun also die M10D durchaus eine, die zumindest in Erinnerung ruft, worauf es beim Prozess des Fotografierens ankommt: auf denjenigen, der fotografiert. Auf seine Aufmerksamkeit und Intuition, auf sein Vermögen, aus der Beobachtung seine Bildidee zu generieren und diese →


Man beachte den Hebel: Er besitzt zwar nur ergonomischen Nutzen, doch treibt er die Anklänge an analoge M-Kameras ziemlich weit. Aber das WLAN-Symbol auf der Rßckseite der M10-D offenbart, dass man es mit einer Digitalkamera zu tun hat, wenn auch mit einer ganz besonderen

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Die App Leica Fotos ermöglicht die Steuerung der M10-D – so vollständig wie bei der M10 und noch darüber hinaus

in die Tat umzusetzen, mal spontan, mal sehr überlegt. Dabei ist es gar nicht nötig, daran zu erinnern, dass es auch zu Zeiten des Films völlig normal war, das Resultat erst mit Zeitverzug begutachten zu können – und trotzdem großartige Bilder entstanden sind. Das ist allein deshalb sinnlos, weil es um eine rückwärtsgewandte Haltung, die den Nutzen der digitalen Bilderzeugung und der digitalen Bildbearbeitung leugnen wollte, gar nicht geht. Sondern darum, abseits eines Mainstreams der Funktionsüberfülle einen anderen Schwerpunkt in der Beschäftigung mit dem fotografischen Akt zu setzen. Natürlich halten einen auch Digitalkameras mit Display, heißen sie

SL, CL oder M10, nicht davon ab, sich auf das bewusste, reine Fotografieren zu konzentrieren; niemand wird zu einem permanenten Kontrollblick auf den Monitor gezwungen. Allein: Die Technik verführt nun einmal dazu, sie fördert eine entsprechende Art der Praxis, und es ist Leica in fotografiekultureller Hinsicht hoch anzurechnen, diesen speziellen Moment der Reflexion in die Gefilde der Digitalfotografie eingeführt zu haben, durch das gegen alle Konvention gerichtete Konzept der M-D-Kameras. DIE M 1 0 -D. Zeit, Blende und ISO-Wert einstellen, Ausschnitt wählen, fokussieren, abdrücken – was sonst sollte schon relevant

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sein für die Qualität des Bildes? Letztlich also stimmt die Bezugnahme auf analoge Zeiten. Und bei der M10-D lässt sich auch der Belichtungskorrekturwert analog einstellen – über ein Rad auf der Rückseite, das an das ISO-Rad der M7 erinnert. Sogar einen Hebel hat die M10-D. Ist das nicht fast schon zu viel der Reverenz an die klassische M-Ära? Nun hat dieser Hebel freilich nicht die Aufgabe, manuell den Verschluss zu spannen, sondern er hat „nur“ eine ergonomischer Funktion: Er ahmt einen Nebennutzen des traditionellen Spann-/Transporthebels nach, nämlich dem rechten Daumen Halt zu bieten und so die Stabilität zu fördern – seit der M8

wurde ja moniert, dass die Reduktion des Gehäuses auf die geometrische Grundform aus Rechteck und zwei Halbkreisen die Kamera zu rutschig werden lasse; ThirdParty-Accessoires wie die Daumenstütze Thumbs Up oder Leicas eigene M10-Daumenstützen verdanken diesem Aspekt ihren Erfolg. Was die M10-D aber vor allem von ihrer Vorgängerin unterscheidet, ist die Anbindung an die neue App Leica Fotos: Ihr ist zu verdanken, dass sich auch an der displaylosen Kamera all das einstellen lässt, was auch an der M10 geht. Also neben DNG auf Jpeg in drei Auflösungsstufen. Ferner das komplette Weißabgleichprogramm. Auch lässt sich im RemoteModus die Aufnahme

I n de r D is p laylos ig keit de r M 1 0 - D kommt das P rog ramm de s Fotog ra f ier e n s, das s ic h au f das We s e n tl ic he kon z e n tr ie rt, ga n z zu s ic h s elb st.

selbst inklusive aller LiveView-Kontrollmöglichkeiten über die App vollziehen. Und sie dient natürlich der Sofortkontrolle der Aufnahmen. All das dank der integrierten WLAN-Funktion. Der besondere Charme dieses Konzepts: Ohne Display kommt das Programm des aufs Wesentliche konzentrierten Fotografierens ganz zu sich selbst, in einem Kameradesign, das in seiner konsequenten ästhetisch geschlossenen Zuspitzung auf das fotografisch Relevante seinesgleichen sucht – und dennoch stehen alle Funktionen zur Verfügung, die einer digitalen Kamera eingeschrieben sind. Was die Hemmschwelle senkt, zu sagen: wenn schon digitale M, dann M10-D. olaf Stefanus

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Was d i e Z u ku n f t b r i n g t l e i ca L- m o u n t

Die Photokina 2018 ermöglichte eine Vorschau auf die Zukunft des L-Mount; 2019 wird die ersten Früchte der jüngst geschmiedeten Allianz mit Panasonic und Sigma bringen. Viele Details sind noch unbekannt, aber der Ausblick ist vielversprechend.

Nicht jeder Hersteller kann Geheimnisse für sich behalten aber Leica war diesmal sehr erfolgreich. Selbst nachdem durchgesickert war, dass Panasonic zwei Vollformatkameras auf der Photokina 2018 ankündigen würde, glaubten nur wenige, dass diese Leicas L-Mount haben würden. Sigma blieb vollständig unter dem Radar der üblichen GerüchteWebsites. Fotografen mögen nach Köln gekommen sein, um die spiegellosen Vollformatsysteme von Canon und Nikon auszuprobieren, wurden dann aber von zwei neuen Mitbewerbern in diesem Marktsegment überrascht. Pan asonic hat das Voll-

formatsystem Lumix S als Ergänzung der G-Reihe von Kameras und Objektiven nach dem Micro-FourThirds-Standard angekün82 |

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digt. Zwei Kameramodelle sind für das Frühjahr 2019 geplant, die S1R und S1. Auf der Photokina konnten wir einen frühen Prototyp der S1R in die Hand nehmen. Das Design von S1R und S1 wird keineswegs zierlich ausfallen – Panasonic geht davon aus, dass Fotografen Kameras vorziehen, die sie sicher im Griff haben und bei denen alle Bedienelemente gut erreichbar sind. Die Gestaltung wirkt konventioneller als die der SL, CL oder TL, aber sie hebt sich gut neben den Modellen von Canon, Nikon und Sony ab. Die S-Reihe bietet zwei Steckplätze für XQD- und SD-Karten. Sie unterstützt eine duale Bildstabilisierung, die einen Bildstabilisator im Gehäuse mit einem im Objektiv kombinieren kann. Die S1R soll einen 47-Megapixel-Sen-

sor bekommen, während die mehr auf Video ausgerichtete S1 24 Megapixel auflösen wird. Wenn die ersten S-Modelle auf den Markt kommen, sollen auch drei L-Mount-Objektive verfügbar sein, ein Normalobjektiv 1:1.4 50 mm, ein Standardzoom 24–105 mm und ein Telezoom 70–200 mm. S i g m a ist die große Unbe-

kannte innerhalb der LMount-Allianz und auf der Photokina gab es nicht viele Hinweise. Sicher ist jedoch, dass Sigma den eigenen SAMount aufgeben wird – ursprünglich ein Spiegelreflexanschluss, der jüngst auch für spiegellose Kameras mit APS-C- und APS-H-Anschluss genutzt wurde. Das große Auflagemaß ist hierfür jedoch unpraktisch und der Wechsel zum L-Mount daher sinnvoll. SA-Objek-

tive werden sich teilweise auf den L-Mount umrüsten lassen oder man kann sie mithilfe eines Adapters an künftigen L-Mount-Kameras verwenden. Die SigmaObjektive der Art-Serie sind beliebt, weil sie eine hohe Abbildungsqualität zu einem relativ erschwinglichen Preis bieten. Sie werden vermutlich auch für den LMount angeboten werden. Über Sigmas noch anzukündigende L-MountKameras ist nichts Genaues bekannt, außer dass sie mit einem Foveon-X3-Sensor ausgestattet sein werden. Diese Sensortechnologie soll die effektive →

Noch ist die Welt des L-Mount ausschließlich von den Kameras und Objektiven von Leica bevölkert, ab 2019 werden Panasonic und Sigma hier eine noch vielfältigere Szene schaffen


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Im Frühjahr 2019 will Panasonic die S1R mit 47 Megapixeln und die stärker auf Video ausgerechtete S1 mit 24 Megapixeln einführen

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der L-Mount-Allianz wird ein noch breiteres Angebot an Objektiven für den LMount kommen. Es könnte gemeinsame Entwicklungsprojekte geben, aber aus wettbewerbsrechtlichen Gründen dürfen die drei Partner ihre individuellen Planungen nicht miteinander abstimmen. Panasonic bekam bereits Kritik zu hören, weil die ersten Objektive für die S1R und S1 offenbar zur großen und schweren Bauart tendieren werden,

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erst mit doppelter Pixelzahl erreicht, aber es gibt auch Nachteile: Manche Farbtöne werden nicht so gut unterschieden und bei hohen ISO-Werten zeigt sich ein starkes Farbrauschen.

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vielleicht weil sie qualitativ nicht gegenüber Leica zurückstehen wollen. Es gibt zwar einen Markt für Objektive, die gut, aber keine Referenzdesigns sind und dabei kompakt bleiben, aber auch einen Trend zu großen, schweren und hoch korrigierten Objektiven, etwa Sigmas Art-Objektive. Währenddessen arbeitet Leica daran, das Angebot an SL-Objektiven zu erweitern. In der ersten Hälfte des nächsten Jahres werden die Summicron-SL 35 mm und 50 mm verfügbar sein, wobei das Letztere eine leichtere, kompaktere Alternative zum SummiluxSL 50 mm ist. Weitere Summicron-Objektive mit kürzeren Brennweiten werden 2020 folgen.

D ie A PS - C-Zu ku nft. Der L-Mount wurde zuerst mit einer APS-C-Kamera eingeführt und unterstützt nach wie vor zwei Sensorformate, APS-C und Vollformat. Panasonics Ankündigungen betrafen nur Vollformatkameras und es ist unwahrscheinlich, dass sie auch an APS-C interessiert wären. Neben dem etablierten und kommerziell erfolgreichen Micro-FourThirds-System kann Panasonic mit flächenmäßig viermal so großen Sensoren neue Kundenkreise ansprechen, ohne die Verkäufe im MFT-Bereich zu kannibalisieren. Sigma hat bereits APS-C-Kameras mit SA-Mount im Sortiment und es gibt APS-CObjektive, die sich für eine L-Mount-Variante eignen.

Anders als bei konventionellen CMOS-Sensoren sind bei Sigmas X3 die Pixel für alle drei Grundfarben empfindlich, die unterschiedlich tief in den Chip eindringen

Leica lässt dagegen keinen Zweifel daran, dass APSC eine Zukunft hat. Die CL und TL heben sich stark von der SL ab, vom Konzept her noch mehr als durch das Sensorformat, und sie sprechen unterschiedliche Fotografen an. Es ist also sinnvoll, beide Baureihen weiter zu pflegen. Mit dem PancakeObjektiv Elmarit-TL 1:2.8/ 18 mm Asph bedient eine CL oder TL auch die Nische, die einst die Kameras der X-Baureihe mit fest verbautem Objektiv geschaffen hatten. Auf der Photokina 2018 ist zwar nur die neue silberne Version der CL eingeführt worden, aber die Entwicklung in diesem Bereich geht weiter und wird künftig weitere Früchte tragen. michael j. hussmann

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Da n ce r i n t h e da r k Ava i l a b l e - L i g h t - F o t o g r a f i e

Wie aus der Not eine Tugend wurde: Über die Ursprünge der Available-Light-Fotografie und warum es heute keine technische Angelegenheit mehr ist, mit dem verfügbaren Licht zu fotografieren, sondern eine Philosophie.

Als Fotografen Anfang des 20. Jahrhunderts das Atelier verließen, begann das große Abenteuer mit dem (vorhandenen) Licht. Zwar stand auch in früheren Fotostudios „nur“ das Tageslicht zur Verfügung, doch man wusste sich mit Stativen und lichtdurchlässigen Glasdächern zu helfen und die für die richtige Belichtung des lichtempfindlichen Materials nötige Zeit zu bändigen. Mit der Eroberung der Straße und dem Aufkommen erster handlicher Kleinbildkameras fiel der Belichtungszeit eine wesentliche Rolle zu. Die Nachfrage von freihändig arbeitenden Fotografen nach lichtempfindlichem Material und lichtstärkeren Objektiven und somit auch kürzeren Belichtungszeiten beeinflusste von da an die Entwicklungsrichtung der meisten Kamera-, Objektiv- und Fotomaterialhersteller nachhaltig. Die 1925 auf der Frühjahrsmesse in Leipzig vorgestellte Leica I besaß ein von Max Berek entwickeltes und – 86 |

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für damalige Verhältnisse recht lichtstarkes Leitz Anastigmat 3.5/50 mm, das kurze Zeit später in der Wechselobjektivausführung Elmar 3.5/50 mm eines der bekanntesten Leitz’schen Objektive werden sollte. Anfang der 1930er-Jahre erschienen die lichtstärkeren Hektor 2.5/50 mm und Hektor 1.9/73 mm, die als erste lichtstarke Objektive von Leica bezeichnet werden können – als die sie auch heute noch gelten würden. Die Entwicklung lichtstarker Objektive mit einer hohen Abbildungsleistung bei offener Blende wurde zu einem Prestigeprojekt vieler Optikhersteller und führte zu einem regelrechten Wettbewerb der Ingenieure. Einer der Meilensteine war das von Leica 1966 vorgestellte, asphärische Noctilux 1:1.2/50 mm, das die Fotowelt in Staunen versetzte. eine neue richtung. Bei

der Entwicklung des Filmmaterials waren die Fortschritte nicht ganz so rasant, sodass

der richtige Umgang mit dem vorgefundenen Licht maßgeblich für die Qualität der Bilder war. Die meisten Filmhersteller verwendeten bei der Produktion von Schwarzweißfilmen orthochromatische Emulsionen, die nur eine Lichtempfindlichkeit von etwa ISO 12 aufwiesen. Die panchromatisch sensibilisierten Farbfilme besaßen eine beachtliche Lichtempfindlichkeit von ASA 20 (ISO 20/14°) und lieferten in Kombination mit einem feinkörnigen Entwickler oftmals gute Ergebnisse, doch erst in den 1950erJahren fiel die ISO-100Grenze. Angesichts der heute üblichen Lichtempfindlichkeit von Sensoren in digitalen Kameras, bei denen ISO 100 oftmals unterhalb des Grundwertes liegt, ist das kaum noch vorstellbar. Doch die Jahrzehnte lang nur mühsam voranschreitende Entwicklung hatte auch ihre guten Seiten. Die Fotografen lernten mit dieser Herausforderung umzugehen und es entstanden

wunderbare Bilder, gar eine neue Fotografie-Richtung: die Available-LightFotografie. Einer ihrer ersten bedeutenden Vertreter war Erich Salomon, der an seiner Leica ein HektorObjektiv verwendete. Seine Aufnahmen öffneten der Öffentlichkeit Türen zu schwach beleuchteten Hinterzimmern der Weltpolitik, einer Welt, die bis dahin nur in der noch dunkleren Vorstellung der Menschen existierte. Auf Salomon folgten andere Fotografen, die die Konfrontation mit der Bewegungsunschärfe nicht scheuten und neue Welten für die Fotografie eroberten. Ph i lo so ph i e statt t e c h ni k. Aber lässt sich

Available-Light-Fotografie nur auf den technischen Aspekt beschränken? Der englische Begriff bedeutet „verfügbares Licht“, aber das allein erklärt darüber hinausgehende Bedeutungen nicht, zu denen eben auch das ausschließliche Fotografieren mit dem →


Foto: Phil Penman

Menschen als schwarze Silhouetten – mehr Licht war gar nicht nÜtig, um diese stimmungsvolle Aufnahme zu erstellen

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Fotos (von oben): Dhinaresjwari Waraduhita, Jonshe

Die Verwendung eines Blitzlichts h채tte die Atmosph채re der beiden farbigen Bilder entfremdet und w채re von den abgebildeten Personen vermutlich als ein Eindringen in ihre Privatsph채re empfunden worden

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Fotos (von oben): Christian Schirrmacher, Irakly Shanidze

Bei den beiden Schwarzweißbildern wäre die Verwendung zusätzlicher Lichtquellen kompositorisch und technisch nicht sinnvoll gewesen, da die Bilder von ihrer besonderen Lichtstimmung leben

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Fotografie als Philosophie und nicht als eine Technik zu definieren ist. Dabei steht sie nicht im Gegensatz zum Fotografieren mit Kunstlicht wie in den aufwendig komponierten Szenen eines Gregory Crewdson, sondern zum hemmungslosen Knipsen. Die Available-LightFotografie ist sozusagen die Quintessenz des bewussten Fotografierens: Erst denken, dann schießen. Als Kamera- und Objektivhersteller versucht Leica natürlich die Bedürfnisse aller Fotografen zu berücksichtigen. Betrachtet man jedoch die Historie des Unternehmens unter dem Available-Light-Aspekt, fällt auf, dass er in der Produktentwicklung durchgehend vertreten war. Leica bediente und bedient diese Bedürfnisse konsequent – sei es mit dem elektronischen Sucher in der Leica SL, dem Bildstabilisator in der Leica Q oder der HighISO-Performance der Leica M10. Es sind zwar unterschiedliche Elemente, die aber alle in eine Richtung weisen: dem Fotografen Werkzeuge zu liefern, um Available-Light-Fotografie perfekt betreiben zu können. david rojkowski

Fotos (von oben): Jonshe, Morgan Ommer

Available-Light-Fotografie ist immer ein Spiel mit Licht und Schatten, mit hell und dunkel. Durch diese Einschränkung lässt sich eine sehr intime und intensive Stimmung erzeugen

vorhandenen Licht gehört. Es geht um den bewussten Verzicht auf zusätzliche Lichtquellen natürlichen und künstlichen Ursprungs. Man könnte sogar so weit gehen, Available-Light-Fotografie an der Abzweigung von Fotografie und Film zu positionieren, zumindest wenn es um den Umgang mit Licht und Kunstnebel geht. Die Qualität von AvailableLight-Fotos liegt eben nicht in der oberflächlichen, wenn auch überwältigenden visuellen Erfahrung, sondern im humanistischen Anspruch und dem Zusammenspiel von Authentizität und Form. War Available-Light-Fotografie anfangs eine aus der Not geborene Stilrichtung, so wird sie heute als Stilmittel genutzt, um etwa die Atmosphäre der Aufnahme authentisch wiederzugeben. Sie wird überall dort eingesetzt, wo das Fotografieren mit dem Blitz nicht erlaubt, technisch nicht sinnvoll oder auch verpönt ist. Die Entwicklung der digitalen Fotografie und die Tatsache, dass es mittlerweile keine „Kunst“ mehr ist, technisch einwandfreie Aufnahmen mit wenig Licht zu erstellen, unterstreicht hier noch einmal, dass Available-Light-


Schon gewusst? Egal ob Blitzgerät, Zweitakku oder Kamera­tasche ­— im LFI-Shop finden Sie eine große Auswahl an original Leica-Zubehör.

p h o to k i n a 1 96 8 L F I v o r 5 0 J ah r e n

f ü r L e i t z s ta n d D i e W e lt m e s s e d e r F o t o g r a f i e i m Z e i c h e n d e r Ko n t i n u i tät u n d d e s Syst e m au s b au s .

Das Leica-System: Die Leica M4 erfreut sich einer so starken Nachfrage, daß sich die Leitz-Werke entschlossen habe, nur noch dieses Modell zu fertigen. Auch auf dem Photokina-Stand bewies die Leica M4 wieder ihre echte Koexistenz als die Meßsucherkamera neben der Leicaflex. Elmarit-R 1:2.8/180 mm: Dieser langbrennweitige „Lichtriese“ wurde nicht weniger interessiert von den „Profis“ und anspruchsvollen Leica-Fotografen inspiziert als das 21 mm Super-Angulon-R. Denn es ist nicht nur die längste Brennweite mit Springblende, sondern auch eines der lichtstärksten Objektive in seiner Gruppe überhaupt. Der Meßwinkel des Leicaflex SL-Belichtungsmessers beträgt in Verbindung mit diesem Objektiv 2°. Das ist genau das, was wir bei diesem „schnellen“ Tele brauchen. Leicaflex SL MOT: Großes Interesse bei den „Profis“ fanden die Leica SL MOT und der Elektromotor dazu. Es lassen sich damit drei bis vier Bilder in der Sekunde schießen, wobei alle Belichtungszeiten von 1 bis einer 1/2000 Sek. einstellbar sind. Fernauslösung ist über Kabel oder Funk möglich. Der Filmwechsel erfolgt mit angesetztem Motor! Mit dem Ansetzen des Motors sind automatisch alle Funktionen gekuppelt. Auch mit Motor kann die Leicaflex SL MOT von Hand bedient werden; ein Griff an der Umschalttaste am Motor genügt dazu.

Jetz t b est ellen:

l f i - o n l i n e . d e /s h o p L FI 6/ 1 96 8 : Meister der Leica – Carel Blazer, die Leicaflex

mit Belichtungsmessung durch das Objektiv, Projektionswände u. v. m. für 1,09 Euro in der LFI-App für iOS

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Advertorial

BMW 8er Coupé

VorWellenreiter Kanäle statt Straßen: In Venedig, der Stadt ohne Autos, ging das neue BMW 8er Coupé für den TV-Spot auf einzigartige Jungfernfahrt. Fotograf J. Konrad Schmidt musste dafür klassische Auto­mobilfotografie neu denken – ein Abenteuer zwischen Gegensätzen.


Stillleben auf dem Achterdeck. Auf dem Transportboot wurden Inside-out-Fahrszenen des BMW 8er gedreht. Fotograf J. Konrad Schmidt machte dabei diese Aufnahme mit seiner Leica Kamera. NatĂźrlich von einem Boot aus.



Advertorial

Links: Laufsteg aus Wasser und Pontons: Venedig bereitet dem BMW 8er Coupé eine würdige Premieren-Bühne. Oben: Mut kennt nur eine Richtung. Gleich verlässt das BMW 8er Coupé den sicheren Hafen.

Venedig schläft noch. Die Sonne klettert langsam an den verzierten Fassaden der Palazzi empor. Die Gassen leer, das Meer spiegelglatt. Die Stadt holt Atem. Auf einem Taxi-Boot am Canal Grande kniet Konrad Schmidt, die Kamera im Anschlag. Wo sonst Gondeln schaukeln, schwebt plötzlich ein Auto über das Wasser. Fokussieren. Auslösen. Der unwiederholbare Moment wird auf Chip gebannt. „Es war magisch“, schwärmt der Automobil-Fotograf. Den auf Pontons durch die Lagunenstadt fahrenden BMW 8er abzulichten, war für Schmidt Neuland. Kein klassischer Kamerastandpunkt funktionierte. „Ob Boot

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oder Ponton-Konstruktion, wir waren ja immer auf dem Wasser“. Die Lagune ist die Lebensader Venedigs. Wie auf einem gigantischen Markt spülen Boote Touristen und Waren in die Stadt. Auch das umfangreiche Material für das Film-Team muss über Wasserwege transportiert werden. Ein durch die Häuserschluchten fahrender Sport­ wagen in einer Stadt, in der physisch kein Automobilverkehr möglich ist: ein bahnbrechendes Ereignis. Für Venedig eine von gleich mehreren Premieren. Zum ersten Mal öffnete das Militär­ gelände am Arsenale für einen Dreh die Türen, zum ersten Mal war eine Drohne im Einsatz. Uraufführung mit acht Zylindern. Das Wasser vibriert.

An verschiedenen Stellen der Stadt beschleunigt der BMW 8er über PontonStraßen. Die Anziehungskraft der Gegen­ sätze war auch für J. ­Konrad Schmidt ein großes Abenteuer. „Equipment, ­Kameras, Rechner – alles schaukelte mit unserem Boot auf den Wellen“. Der unvergesslichste Moment? Für den Fotograf der Shoot am Canal Grande. „Dieses Privileg war ein erhabenes ­Gefühl. Ein Augenblick wie dieser wird so schnell nicht wieder stattfinden.“ 2 1 U hr. Der Sonnenuntergang hüllt die Lagune in ein Gewand aus tanzenden Schatten. Venedig ist lebendige Geschichte. Und seit diesen Tagen ist diese um ein Kapitel reicher.


Leica

Oskar Barnack Award 2018

LFI-So n d e r he ft: Die LFI-Sonderausgabe zum Leica Oskar Barnack Award 2018 mit ausführlichen Informationen zu allen zwölf Strecken finden Sie im LFI Shop ( lfi-online.de/shop). LOBA-Aus stellu n g e n : Paris Photo, 8. bis 11.

November; Leica Store Paris, 13. November bis 10. Dezember; Lucca, Photolux, 17. November bis 9. Dezember

Der Leica Oskar Barnack Award (LOBA) ist mit dem Ausschreibungskriterium „einer in sich geschlossenen Bilderserie zum Miteinander von Menschen und deren Umwelt“ ein Preis, der die angesprochenen Berufsfotografen thematisch in keiner Weise einengt – denn welches Sujet ließe sich denken, das nicht das Miteinander der Menschen und ihrer Umwelt berührte? So bildet der LOBA seit 1980 ganz zwanglos ein Kaleidoskop aktueller Themen und Sichtweisen sowie experimenteller und künstlerischer Einflüsse auf die zeitgenössische Fotografie ab. Die Relevanz, die der LOBA auch im 39. Jahr seines Bestehens nach wie vor besitzt, hebt Juror Mark Lubell, Executive Director des New Yorker ICP, hervor: „Ich denke, eine Auszeichnung wie der LOBA ist extrem wichtig in einer Welt übersättigter Bilderproduktion. Es gibt Millionen von Bildermachern, aber nur wenige Fotografen. Als Gesellschaft profitieren wir von der Hingabe und Opferbereitschaft, die diese Fotografen für ihre Arbeit aufbringen. Deshalb ist der LOBA sowohl für Fotografen als auch für unsere Gesellschaft von unschätzbarem Wert.“ Explizit widmen sich gleich fünf Finalisten des 2018er-Jahrgangs Umweltthemen: Der Peruaner Ernesto Benavides dokumentiert illegale Goldminen im Amazonas-Gebiet, die Slowenin Vanja Bucan positioniert menschliche Körper vor oder in fotografischen Kulissen intakter Natur, der Deutsche Daniel Chatard hat im nordrhein-westfälischen Braunkohlerevier fotografiert, das gerade erst wieder für Schlagzeilen sorgte, die Belgierin Elsa Stubbé beeindruckt mit ihren poetischen Naturimpressionen und der Chinese Kechun Zhang rückt den Menschen und seine Umwelt in die richtige Perspektive. Die (sozial-)dokumentarische Sichtweise vertreten ebenfalls fünf Finalisten: der Franzose Stephen Dock zeigt die Spuren des Bürgerkriegs in Nordirland, der vor 20 Jahren mit einem Waffenstillstand zu Ende ging, die Russin Mary Gelman, Gewinnerin des Leica Oskar Barnack Newcomer Award, fotografiert in der Behinderteneinrichtung Svetlana, der Franzose Samuel Gratacap folgt den Flüchtlingsrouten rund ums Mittelmeer, der Belgier Max Pinckers, LOBA-Preisträger 2018, bereiste Nordkorea und der Deutsche Cristian Werner lässt uns am Alltag im kriegszerstörten Syrien teilhaben. Letztlich gehören natürlich auch die Strandbilder des Italieners Turi Calafato und die bretonischen Impressionen des Franzosen Stéphane Lavoué in die Abteilung Dokumentation, aber ihr heiter-besinnlicher Blick unterscheidet sie doch von den sonst gezeigten existenziellen Nöten. Für den LOBA 2018 hatten sich rund 2500 Fotografen aus 110 Ländern beworben. „Die Vielfalt sowie die hohe Qualität der Einreichungen haben die Jury sehr beeindruckt. Die Einreichungen verdeutlichen, dass das Wettbewerbsthema – die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt, das seit der ersten LOBA-Ausschreibung 1979 besteht – damals wie heute aktuell und von großer Bedeutung ist“, berichtet Karin Rehn-Kaufmann, Artdirector Leica Galerien weltweit. Neben Lubell und Rehn-Kaufmann gehörten der Jury in diesem Jahr Terje Abusdal (LOBA-Gewinner 2017), Markus Hartmann (Hartmann Projects) und Christoph Wiesner (Artistic Director Paris Photo) an. bernd luxa Max Pinckers, Red Ink, LOBA-Gewinner 2018, siehe auch nächste Seite

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L e i c a o s k a r B a r n a c k Awa r d 2 0 1 8

M ax P i n cke r s Max Pinckers konnte 2017 für einige Tage Nordkorea bereisen. Pinckers berichtet, dass alle Orte, die er besuchte, sorgfältig vorbereitet gewesen seien, doch dass er in diesem Rahmen alles fotografieren konnte, was er wollte. Er wusste aber, dass es unmöglich sein würde, die Wirklichkeit hinter der Fassade des Regimes aufzudecken, deshalb wählte er für Red Ink eine Ästhetik, die durch den Einsatz knalligen Kunstlichts an Staatspropaganda und Werbung erinnert.

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Ste p h e n D o ck Finalist 2018

Stephen Dock ist auf das Fotografieren latenter oder bereits ausgebrochener Konflikte spezialisiert. Es ist ihm ein Bedürfnis, die inneren Kämpfe, auch die eigenen, äußerlich sichtbar zu machen. „Frieden macht den Iren so viel Angst wie mir das ruhige Alltagsleben“, stellt er fest. „Über hundert Jahre gab die Gewalt in Nordirland jedem Tag einen Rhythmus. Es ist sehr schwer, davon wieder loszukommen.“ An Architecture of Violence arbeitete er bei elf Aufenthalten in sechs Jahren, bevor er glaubte, dem Thema gerecht geworden zu sein.

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St é p h a n e L avo u é Finalist 2018

Vor drei Jahren zog Stéphane Lavoué in die Bretagne, in eine Region im Südwesten des Départements Finistère. Die Serie On the Edge of the World ist eine Hommage an die neue Heimat. Er traf Arbeitsleute, die vom Leben dort erzählen, ohne etwas sagen zu müssen: den Mitarbeiter einer Eisfabrik, der Tag für Tag bei minus 14 Grad Celsius schuftet, die Facharbeiterin, die in einer zugigen Halle Fische filetiert, den Bootsbauer, der sich um den Erhalt der Schiffe und der Ausrüstung kümmert. Und alle sprechen sie dort über den Wind, der immer weht, und sie miteinander verbindet.

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K ec h u n Z h a n g Finalist 2018

Kechun Zhangs Serie Between Mountains and Water betont trotz ihrer impressionistischen Ausstrahlungskraft den Kontrast zwischen Natur und menschlichen Artefakten. Die Serie unterstreicht die Macht der Natur, die menschlichen Eingriffen zu trotzen scheint. Obwohl sich die pastellfarbenen Szenarien an der Grenze zum Surrealen bewegen, holen die verschwindend klein dargestellten Menschen den Betrachter immer wieder zurĂźck in die Realität. Zhang hat sich oft Touristengruppen angeschlossen – mit dem Ziel, sie zu Protagonisten seiner Kompositionen zu machen.

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Sam u el G r ataca p Finalist 2018

2007 war in Frankreich ein Jahr heftiger Diskussionen über Migration. In dieser Zeit beschloss Samuel Gratacap, sich selbst einen Eindruck von der Situation zu verschaffen. Presence ist eine Kompilation seither entstandener Serien. Mit ihnen schuf der Fotograf eine einzigartige sozialanthropologische Studie zum Migrationsgeschehen – nicht nur in Bildern, sondern auch in Tönen, mit Texten und mit Reproduktionen verlorener Erinnerungsstücke. Überbelichtet erscheinen auf seinen Fotos die Menschen, deren Schicksal in den Medien unterbelichtet ist.

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C h r i s t i a n We r n e r Finalist 2018

Schon über sieben Jahre wütet der Krieg in Syrien. Zuletzt bereiste Christian Werner vier Mal die Gebiete, die unter Kontrolle des Assad-Regimes stehen, und dokumentiert die Atmosphäre der gespenstischen Städte, in denen langsam wieder Leben aufkeimt. Road to Ruin zeigt das Ausmaß der Zerstörung, Ruinen, Kinder, die nichts anderes als den Krieg kennen. Die Serie zeugt aber auch davon, wie Menschen dem Chaos trotzen und erhobenen Hauptes ihr Leben meistern. Still wirken die Bilder, gezeichnet von der Last des Krieges – mit einem faden Beigeschmack seiner Sinnlosigkeit.

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T u r i C ala fat o Finalist 2018

Bei schönem Wetter und vor allem bei Hitze zieht es den Menschen ans Meer. Begonnen hat Turi Calafato Amuninni ’u mari (Geh’n wir an den Strand) an einem heißen Augusttag im Sommer 2013. Seither bereist er die sizilianische Küste, ihre Buchten und Strände, wann immer er kann und dokumentiert das sommerliche Treiben. Fern von jedem Voyeurismus, mit feinem Gespür für Stimmungen, Situationen und Kompositionen erschafft Calafato ein zutiefst freundliches Gesellschaftsporträt, zeigt Menschen in ihrer öffentlichen Privatsphäre, ohne diese anzugreifen oder zu zerstören.


Va n ja B u ca n Finalistin 2018

Als Fotografin hat sich die frühere Umweltaktivistin Vanja Bucan von der dokumentarischen Reportage gelöst. In den sorgsam inszenierten Aufnahmen ihrer Serie Sequences of Truth and Deception positioniert sie menschliche Körper vor oder in Foto-Kulissen, oft sehr farbenfroh, die eine intakte Natur darstellen. Ihre Bilder zeigen eine rudimentäre, aber ausreichende menschliche Präsenz, um ihr Thema „Herrschaft über die Natur“ zu verdeutlichen.

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Da n i el C h ata r d Finalist 2018

„Als Fotograf braucht man eine Haltung.“ – davon ist Daniel Chatard überzeugt, jedes Bild seines Projekts Niemandsland beweist das. Der Student der Fotografie begab sich von Mai 2017 bis Januar 2018 in das Zentrum des Geschehens eines Konflikts, der für anhaltende Reibungen im Rheinischen Braunkohlerevier sorgt. Ob in stillen Porträts oder pastellfarbenen Momentaufnahmen – Chatards Fotografien sind stets von einer ganz eigenen, beinahe unwirklichen Ästhetik geprägt, die in ihren sanften Farbtönen wie eine verblichene Erinnerung an bessere Zeiten wirken.

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E l s a St u bb é Finalistin 2018

Wasser, Wald, Wolken, Gesteine, Spiegelungen, Schildkröten, ein Hund und eine Echse: Die Natur zeigt sich vielfältig in dieser Auswahl aus Elsa Stubbés – in ihrer Gesamtheit noch komplexeren – Serie Les extraterrestres ont mangé mon jardin (Die Außerirdischen haben meinen Garten gegessen). Doch die Szenarien bleiben rätselhaft, sind nicht auf den ersten Blick zu entschlüsseln. Die Fotografin versteht ihre Serie „als persönliche und poetische Studie des Imaginären und Erzählenden über die Natur und die Verbindung, die der Mensch mit ihr in der westlichen Kultur hat.“

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E r n e s t o B e n av i d e s Finalist 2018

Die massive Vernichtung großer Waldflächen im Amazonasbecken bedroht ein einzigartiges Ökosystem. Der tropische Regenwald ist Schauplatz zahlloser Zerstörungen durch den Menschen, darunter auch Vergiftung des Bodens durch illegale Goldminen. Mit den Luftbildaufnahmen aus der Serie Dredges hat Ernesto Benavides eine eindringliche Visualisierung der Zerstörung gefunden: Schlammigbraun fräsen sich die Abraumhalden durch den Regenwald, zurück bleiben vergiftete, tote Flächen. Über 600 Quadratkilometer sind allein in der peruanischen Region Madre de Dios schon verloren gegangen.


L e i c a o s k a r B a r n a c k Awa r d n e w c o m e r 2 0 1 8

M a r y Gelma n Tief beeindruckt von ihrem ersten Besuch in der heilpädagogischen Initiative Svetlana, 150 Kilometer östlich von St. Petersburg, näherte sich Mary Gelman ihrem gleichnamigen Projekt auf ganz und gar zwischenmenschlicher Ebene: zurückhaltende Porträts und vorsichtige Einblicke, stimmungsvolle Situationsaufnahmen aus einem zunächst fremden und abseitig scheinenden Alltag. Ein Alltag, der mit seinen Ritualen und Festen eine große, faszinierende Normalität zele­briert: In Gelmans sensiblen Aufnahmen spielen Kategorien wie normal, behindert oder anders keine Rolle.

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p h oto – b ü c h e r – Au s s tell u n g e n – f e s t i val s – Awa r d s –

Sonja Braas: You are here #10, 2000 — zu sehen in Land_Scope im Münchner Stadtmuseum

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Lisl Ponger museum der Moderne, Salzburg

Lisl Ponger ist die diesjährige Preisträgerin des Otto-Breicha-Preises für Fotokunst. Der Titel ihrer Schau Professione: Fotografa (Beruf: Fotografin) ist eine Anlehnung an Michelangelo Antonionis Film Professione: Reporter, der von der Beziehung zwischen Künstler und Werk erzählt.

M I C H A E L WO L F

Fotos: Sonja Braas © VG Bild-Kunst, Bonn 2018; © Michael Wolf 2018; © Lisl Ponger/Bildrecht, Wien 2018; Peter Bialobrzeski © VG Bild-Kunst, Bonn 2018; © Saul Leiter Foundation/courtesy Howard Greenberg Gallery

D e i c h t o r h a ll e n , h a m b u r g

Wer ist der Mensch in einer Megacity? Ein Typ hinter der Tür einer Metro, eine Frau im Auto, die Familie am Abendbrottisch hinter beleuchteten Fenstern eines Wohnhauses. In elf Werkserien und einer riesigen Wandinstallation erzählt die Ausstellung Life in Cities vom Leben in den Städten. Von Überbevölkerung, Massenkonsum, Privatsphäre und Voyeurismus. Michael Wolf hat sich nach Hongkong, Tokio, Chicago und Paris begeben und dort die Bedingungen eines Daseins in einer Megacity festgehalten: riesige Wohnblocks, Gesichter mit Masken, die vor Smog schützen, Menschen, die nachts an ihren Computern sitzen. Es ist ein Leben, das man kennt und das dennoch schockiert. Der zweimalige Gewinner des World Press Photo Award dokumentiert die sich ständig verändernde Welt, die Überproduktion und Masse, in der der Einzelne zwar noch existiert, aber trotzdem zu verschwinden droht. Wolf holt ihn in seinen großformatigen Fotografien aus der Dunkelheit ins Licht. Die Arbeiterin in einer chinesischen Spielzeugfabrik, die schüchtern und resigniert in die Kamera blickt, während um sie herum die billig-bunten Spielzeuge heiter wirken wie das Quietscheentchen in der Badewanne. Wer ist der Mensch in einer Megacity? Ein Wesen unter Millionen, verloren in der Menge. Er lebt in Gebäuden, die fast zum Himmel reichen, ihn aber auf neun Quadratmeter einengen. Wolfs Fotografien sind urbane Reflexionen von enormer Größe und vielen Details, von Architektur und Bewohnern. In der monumentalen Beschaffenheit macht er ihre innere Verletzlichkeit sichtbar. 17. November 2018 — 3. März 2019, Foto: Michael Wolf, Paris Rooftops, Paris 2014

1. Dezember 2018 — 24. März 2019; Foto: Lisl Ponger, Geisterbeschwörung, 2012

L A ND­­­­ _­­S C OP E M ü n c h n e r S ta d t m u s e u m

Längst ist das fotografische Naturbild keine Adaption der Malerei mehr. Die Landschaftsdarstellung in der zeitgenössischen Fotografie ist oft von gesellschaftlichen und politischen Diskursen bestimmt. Diese Entwicklung beleuchtet die Ausstellung mit Arbeiten aus den letzten 50 Jahren – von Roni Horn bis Thomas Ruff. 30. Nov. 2018 — 31. März 2019, Foto: Peter Bialobrzeski, Transition 20, 2007

SAu l L e i te r Helm u t Ne w to n Dav i d Ly n c h Helmut Newton Stiftung, berlin

Nudes heißt kurz und knapp die Ausstellung der drei Fotografen-Legenden Saul Leiter, David Lynch und Helmut Newton. Und darum geht es auch: Um Nacktheit, Körper, Frauen. Um Reize und Verführung. Es ist das erste Mal, dass das Berliner Museum für Fotografie eine Schau ausschließlich dem Genre Akt widmet. Rund 200 Fotografien der drei Männer werden gezeigt, und das Besondere daran ist ihre Unterschiedlichkeit in der Annäherung an das Subjekt Frau. Während Leiter schüchtern und verhalten das weibliche Wesen zu ergründen versucht, erinnern Lynchs Bilder oft an seine cineastischen Arbeiten – abstrakte Aufnahmen und Details, die oft erst auf den zweiten Blick erkennen lassen, dass es sich um Körper handelt. Die Aufnahmen des Dritten im Bunde, Newton, klassische, klare Ikonen der Nacktfotografie, haben sich noch immer ihre zeitlose Eleganz bewahrt. 1. Dez. 2018 — 19. Mai 2019, Foto: Saul Leiter: Untitled, undated, New York

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B r u ce G i l d e n : U n t i t L e d L e i c a GAl e r i e M e l b o u r n e

Anfang November wird in Melbourne die erste australische Leica Galerie eröffnet – mit einer aufsehenerregenden Ausstellung des berühmten MagnumFotografen Bruce Gilden. 2011 war er eine Woche zusammen mit dem italienisch-australischen Geschäftsmann und ehemaligen Boxer Mick Gatto sowie dessen Freunden in Australien unterwegs. In hartem Schwarzweiß und seiner typischen direkten Art hielt Gilden starke Gesichter, beunruhigende Szenen und ungewöhnliche Augenblicke mit seiner Leica fest. Untitled mit Bildern aus der bisher unveröffentlichten Serie Australia verspricht 114 |

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unvergessliche Gilden-Momente: Immer ganz nah dran an seinen Protagonisten, um dem Betrachter deren Seelen zu entschlüsseln. Über Mick Gatto, der als Geschäftsmann nicht den besten Ruf genießt, berichtet Gilden dabei nur Positives: „Ich hatte eine großartige Zeit mit ihm. Mick war immer sehr höflich und smart – ein echter Gentleman eben.“ Die Ausstellung läuft vom 1. November 2018 bis zum 31. Januar 2019. Die Eröffnungsfeier der Galerie und des angeschlossenen Leica Stores findet am 22. November statt. Der Leica Store Melbourne ist nach dem in

Sydney der zweite auf dem fünften Kontinent. Die Leica Galerie zelebriert auf 223 Quadratmetern die Kunst der Fotografie und wird ihre Besucher an sieben Tagen in der Woche mit regelmäßig wechselnden Ausstellungen nationaler und internationaler Fotografen inspirieren. Danilo Rössger Fotos: Bruce Gilden, Michael speaking with a friend outside a restaurant (li.); Amin Fakhri, of United Workforce Australia (re.), beide aus der Serie Australia, Melbourne 2011 1. Nov. 2018 — 31. Jan. 2019; Leica Galerie Melbourne, Level 1 St Collins Lane, 260 Collins Street, Melbourne VIC 3000, Australien


S MAGAZIN AUSGABE 9 20

L e i ca Gale r i e n Ba n g ko k

Prag

Renato D’Agostin: Metropolis

Street is not a Studio (Israeli Street Photography)

THA  |  10330 Bangkok, 2nd Floor Gaysorn Village, 999 Ploenchit Road 9. November 2018 — 10. Dezember 2018

SEITEN · 9,90

L

TCH  |  110 00 Prag 1, Školská 28 1. November 2018 — 6. Januar 2019

Boston

Sal z b u r g

Richard Young: Rebels USA  |  Boston, MA 02116, 74 Arlington St. 15. November 2018 — 6. Januar 2019

Jürgen Wassmuth, Benedict Fernandez: Eternity, zum 50. Todestag Martin Luther Kings

Frankfurt

AUT  |  5020 Salzburg, Gaisbergstr. 12 18. Oktober 2018 — 13. Januar 2019

Michael Friedel: Reportagen 1950 bis 1990

S ã o Pa u l o

GER  |  60311 Frankfurt am Main, Großer Hirschgraben 15 2. November 2018 — 12. Januar 2019

228

FOTOGRAFEN

O O

Julio Bittencourt: Plethora BRA  |  01240–000 São Paulo, Rua Maranhão, 600 Higienópolis 27. September 2018 — Dezember 2018

K

i s ta n b u l

Ali Taptik: 5–7–9 TUR  |  34381 Şişli/İstanbul, Bomontiada – Merkez, A Birahane Sk. No:1 6. Dezember 2018 — Januar 2019

Sc h l o s s A r e n be r g

Josef Pausch: Sichtbares und Unsichtbares AUT  |  5020 Salzburg, Arenbergstr. 10 17. November 2018 — Frühjahr 2019

B

Kyoto

Shoji Ueda: Still Life in Landscape JPN  |  Kyoto, 570–120 Gionmachi Minamigawa, Higashiyama-ku 6. Oktober 2018 — 21. Februar 2019 L o s A n g ele s

Norman Seeff: Collected Works USA  |  West Hollywood, CA 90048, 8783 Beverly Boulevard 3. November 2018 — 4. Dezember 2018 M a i la n d

Bruce Davidson: Leica Hall of Fame 2018

Singapur

Jesse Marlow: Taking My Chances – 15 Years of Colour SIN  |  Singapur, The Fullerton Hotel, 1 Fullerton Square, #01–07 30. November 2018 — 1. Februar 2019 Tokio JPN  | Tokio, 6-4-1 Ginza, Chuo-ku 3. Oktober 2018 — 3. Februar 2019 wa r s c h a u

NRW

Wet z la r

Jürgen Schadeberg: Leica Hall of Fame 2018

GER  |  59302 Oelde-Stromberg, Mies-van-der-Rohe-Weg 1 6. Oktober 2018 — 21. Dezember 2018

GER  |  35578 Wetzlar, Am Leitz-Park 5 16. November 2018 — 17. Februar 2019

N ü r n be r g

wien

Florian Czech

GER  |  90403 Nürnberg, Obere Wörthstr. 8 23. November 2018 — 9. März 2019

AUT  |  1010 Wien, Walfischgasse 1 Dezember 2018 — Januar 2019

Porto

Norbert Rosing: Blick in die Wildnis

Mark De Paola: Recent Work

GER  |  18374 Zingst, Am Bahnhof 1 4. Oktober 2018 — 28. Februar 2019

POR  |  4000-427 Porto, Rua d. Sá da Bandeira, 48/52 13. Oktober 2018 — 5. Januar 2019

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8. Leica Street Photo POL  |  00–496 Warschau, Mysia 3 29. November 2018 — 8. Dezember 2018

Patrick Ludolph: Seefahrer

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Shoji Ueda: People on the Seashore

ITA  |  20121 Mailand, Via Mengoni 4 3. November 2018 — 26. Januar 2019

Lars Beusker: Maasai Land

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STATE-OF-THE-ARTFOTOGRAFIE VON

Enrique Badulescu Joachim Baldauf Brix & Maas Bil Brown Arved Colvin-Smith Anna Daki Rui Faria Christian Geisselmann Esther Haase Marie Hochhaus Benjamin Kaufmann James Meakin Monica Menez Hector Perez Elizaveta Porodina René & Radka Christian Rinke Tristan Rösler Takahito Sasaki SPECIAL

Zingst

GUEST

Ellen von Unwerth

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A da B l i g aa r d S ø by Th e b e s t i s y e t t o c o m e

N o t J u s t Y o u r Fa c e H o n e y

Eine merkwürdige Geschichte: Die österreichische Fotografin (*1988) war 2014 in den USA, um ihr Projekt Las Vegas and She voranzubringen, als sich aus dem Kontakt zu einem Mann eine neue Serienidee entwickelte. Nach der flüchtigen Begegnung erhielt sie einen Brief, in dem der Mann sie bat, sein Leben mit ihm zu teilen. 35 Zeilen, schreibmaschinengetippt – die anmaßende Liebeserklärung eines Fremden. Der Brief wird Grundlage ihrer bildnerischen Erzählung, eine Auseinandersetzung mit der unsichtbaren Person des Stalkers, aber auch mit der unwirklichen Umgebung von Las Vegas. Dem Wahn setzt die Fotografin reale Bilder entgegen, die jedoch in der kulturell geprägten Künstlichkeit Nevadas umso irrealer erscheinen. Die assoziative Serie ist das Ergebnis einer intensiven Auseinandersetzung mit Sujets wie Liebe, Illusion, Identität, Kontrolle und Überwachung. Nähe und Fremde, Angst und Anziehung, Wirklichkeit und Fiktion verdichten sich zu einem besonderen Road Trip. Für das Projekt erhielt Moshammer den Nachwuchsförderpreis C/O Berlin Talent Award 2018 und eine C/OEinzelausstellung. Im Bildband präsentiert sie ihre Erkundungen: Sie vereint fiktionale mit erzählerischen Momenten, zitiert fröhlich US-amerikanische Fotografievorbilder, nutzt aber auch höchst zeitgemäße Abbildungssysteme wie Google Earth und erfindet am Ende eine ganz eigene Realität. Spannend. 144 Seiten, 62 Farb- und 11 Schwarzweißabbildungen, 22 × 28,5 cm, deutsch/englisch, Spector Books

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164 S., 160 Farb- und Schwarzweißabb., 19 × 24 cm, englisch, Kehrer

A p p u Jas u Th e p o e t i c s o f a l i n e

Alles hängt mit allem zusammen, das scheinbare Chaos wird vom Auge immer wieder geordnet. Das feine Buch widmet sich der poetischen Vision des finnischen Fotografen (*1987), der mit Bildern und Texten in freier Assoziation die Beziehungen von je zwei Gegenständen in ein abstraktes Rahmenwerk bringt. 144 Seiten, 59 Farbabbildungen, 12,5 × 19,5 cm, englisch, Kerber

He n r i k Saxg r e n Ult i m a Th u l e

Betörend klare Landschaften, geprägt vom gleißenden Weiß des Eises, von den blauen und grauen Himmels- und Wolkenformationen, sowie eindrückliche Porträts der Menschen, die am nördlichsten Punkt der Erde leben. Aber auch intensive Bilder der Jagd, die das Weiß des Eises blutrot überzieht. Dies gehört selbstverständlich zum traditionellen Alltag der Jäger im arktischen Eis, das durch die globale Klimaerwärmung langsam verschwinden wird.

Faszinierend nah ist der dänische Fotograf (*1953) in seiner Dokumentation den Menschen Grönlands gekommen und verdeutlicht, was den mythischen Ort, für den Ultima Thule steht, ausmacht. 184 Seiten, 94 Farbbb., 27 × 33 cm, englisch, Hatje Cantz

Fotos: © Stefanie Moshammer; © Ada Bligaard Søby; © Appu Jasu; © Henrik Saxgren; © Fritz Block Estate Archive, Stockholm/Hamburg

Ste fa n i e M o s h amme r

Eine Kiste voller Bilder: gute, alte analoge Zeiten. Die dänische Künstlerin (*1975) lädt uns ein, die Liebesgeschichte von Ada und Louis zu begleiten. Doch ihr Retro-Tagebuch startet viel früher und gibt auch den Familien der beiden Raum. Eine Collage, die immer auch ein Spiegel der Erinnerung ist, in dem sich der Betrachter mit seiner Geschichte wiederfinden kann.


F r i tz B lo ck Neue Fotografie M o d e r n e Fa r b d i a s

Eine Entdeckung! Und die überfällige Würdigung eines Architekten des Neuen Bauens in Deutschland, der auch als Fotograf den Impuls der Moderne erfasste. Heute sind die Spuren Fritz Blocks (1889–1955) fast verschwunden, doch dieser vorbildlich recherchierte und erläuternde Bildband kann die Lücke füllen. In Hamburg betrieb Block ab 1921 zusammen mit Ernst Hochfeld ein Büro, das sich der funktionalistischen Architekturmoderne verschrieben hatte. Mit seiner Leica hat er ihren wichtigsten Auftrag begleitet: Ab 1928 entstand in bester Innenstadtlage das Deutschlandhaus, ein modernes Geschäftsgebäude mit dynamisch gerundeter Fassade. In immer neuen Perspektiven hat Block sein Hauptwerk fotografiert, das heute vom Abriss bedroht ist. Sein fotografisches Talent erprobte Block auch an weiteren Objekten, stets der Neuen Fotografie der 1920er-Jahre verpflichtet. Nach seiner Emigration 1938 in die USA wurde die Fotografie in Los Angeles sein Hauptberuf. Hier wurden seine Leica-Aufnahmen vor allem farbig. Erstmals aufbereitet sind nun auch die Kodachrome-Farbdia-Serien, darunter viele Motive der kalifornischen Architekturmoderne, die Block damals für einen fortschrittlichen Kunstunterricht produzierte. 336 Seiten, 146 Farb- und 355 Duplexabbildungen 23,5 × 30 cm, deutsch, Scheidegger & Spiess

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„W i r b rau c h e n B ü c h e r , z u m be r ü h r e n u n d r i ec h e n . “ i n t e rv i e w

Verleger Gerhard Steidl hat mehrere Werke des Reportagefotografen Mauro D’Agati publiziert. Mit dem eigenen Buchverlag begibt sich der nun auf neues Terrain. Ein Gespräch über Haptik im digitalen Zeitalter und persönliche Visionen.

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Fotos: © Mauro D’Agati (2)

bestritten materielle Qualitäten, die jedes Buch besonders machen.

LFI: Warum brauchen wir heutzutage überhaupt noch Bücher? Mauro D’Agati: Durch das Internet und Social Media ist die Fotografie ziemlich tot. Sie bleibt nur lebendig und interessant in der Praxis einiger Autoren, die trotz des unkontrollierten Bilderflusses immer noch spannende Geschichten und Bücher produzieren. Wir brauchen Bücher, um berühren und riechen zu können, um eine Interaktion mit einem realen Objekt in einer virtuellen digitalen Welt genießen zu können.

LFI: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, selbst Verleger zu werden? D’Agati: Weil mein Verleger nicht alle meine Buchprojekte unterbringen konnte, und ich wollte verstärkt zu meinen Bedingungen drucken. Außerdem schätze ich den Prozess, ein Buch selbst zu machen. Am Anfang wollte ich mich selbst veröffentlichen, jetzt möchte ich auch die Werke anderer Autoren publizieren.

LFI: Was macht denn ein gutes Foto-

LFI: Was ist Ihr Selbstverständnis als

buch in Ihren Augen aus? D’Agati: Zunächst einmal die Substanz, der Inhalt des Buches, das persönlich, originell und ansprechend sein muss. Und dann das Cover, das Papier, die Bindung – das sind un-

Verleger und Herausgeber? D’Agati: Diese Rolle gibt mir Freiheit für meine eigenen Bücher und das Privileg, mit unabhängigen Fotokünstlern zu arbeiten, darunter mit Midge Wattles und Emanuele Lo Cascio. Außer der Arbeit an den Büchern veranstalten wir auch Residency-Programme und planen, mit Künstlern, die mit uns

Mauro D’Agati, aus seinem Langzeitprojekt Marzia’s Family 2007–2017, mit dem er zehn Jahre des Lebens einer palermischen Familie aus der Unterschicht dokumentiert. „Die Serie ist eine Chronik einer bestimmten Familie, die meiner Meinung nach für viele spricht.“

arbeiten, Vorträge und Workshops zu leiten. Auf diese Weise soll auch ein Austausch mit der Stadt stattfinden. Wo haben Sie die Buchherstellung und das Drucken gelernt? D’Agati: In Steidldorf ... aber ich bin kein Drucker, und wir werden die meisten Bücher in limitierter Auflage digital drucken, nicht Offset, aber hervorragende Qualität, was Papier, Bindung und Layout betrifft. LFI:

Wie sind Sie auf den Namen des Verlags, „89books“, gekommen? →

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Mauro D’Agati, aus: Palermo Panorama. Das Projekt (1995–2016) ist eine Zusammenstellung von zwölf Serien zu seine Heimatstadt (links) Midge Wattles, aus: Passages, einer Suche nach surrealen farblosen Landschaften auf Sizilien. Hier: Scala dei Turchi (rechts)

Mauro D’Agati, aus: Saluti da Palermo; die Serie besteht aus alten Postkarten vom Flohmarkt und aktuellen Stadtporträts (rechts) Emanuele Lo Cascio, aus einer noch nicht betitelten Serie. Der Künstler arbeitet auch mit Skulptur, Zeichnung und Video (ganz rechts)

Mauro D’Agati, aus seinem Projekt La Vucciria, in der er eines der ältesten Marktviertel von Palermo porträtiert. Das ehemals florierende Vucciria ist heute ein Gebiet von Elend und Degradierung, Opfer des physischen und wirtschaftlichen Zusammenbruchs des historischen Zentrums von Palermo (links)

D’Agati: Es ist ein seltsamer Zufall

mit den Zahlen – zuerst wurden 89 Fotos für den neuen Vucciria-Band ausgewählt, dann habe ich 89 alte Postkarten auf dem Flohmarkt gefunden, die im Buch Saluti da Palermo landen werden. Und schließlich stand ich vor einem Bus der Linie 89, als mir die Idee eines unabhängigen Verlags in den Sinn kam. Der Logik der Zahlen folgend, wird jede Buchauflage nur 89 Exemplare betragen. Künstlerische Bücher sind eine Ausnahme, sie werden als Sammlerstücke hergestellt.

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Wie finanzieren Sie sich?

D’Agati: Im Moment haben wir mit

einer kleinen Gruppe gleichgesinnter Profis angefangen, die für das brennen, was sie tun. Zum Beispiel ist der Artdirector der italienische Künstler

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Emanuele Lo Cascio, der mit verschiedenen Medien arbeitet und Bücher besonders mag. Für jedes einzelne Projekt entwickeln wir eine spezifische Strategie, die Finanzierung, Werbung und Vertrieb umfasst. Am Ende des Tages geht es nicht um Geld, sondern um Leidenschaft. Es gibt jedoch Fälle wie Marzia’s Family 2007–2017. Das Buch ist das Ergebnis von zehn Jahren, die ich einem Mädchen und seiner Familie gewidmet habe. Hoffentlich schaffen wir es, mit der Kickstarter Kampagne 500 Exemplare zu drucken. Aber wir wollen nicht für jedes Buch Crowdfunding machen. LFI: Sie sind jetzt gerade dabei, 89books zu starten. Mit welchen Maßnahmen promoten Sie den Verlag? D’Agati: Momentan arbeiten wir an dem ersten Katalog, der aus acht oder neun Büchern bestehen wird. Es ist geplant, vor Weihnachten eine große

Party zu veranstalten, um 89books und den ersten Katalog zu präsentieren, den wir an die Buchhandlungen in Europa verschicken werden. Für die Werbung gibt es natürlich eine Website und soziale Medien, aber wir zählen auch auf Mundpropaganda. Was halten Sie bei einem Buch in Sachen Layout für wichtig? D’Agati: Meiner Meinung nach muss die Form dem Inhalt entsprechen, daher ist das Layout jedes Buches eine einzigartige Lösung. Aber im Allgemeinen bevorzuge ich sauberes, einfaches, minimalistisches Layout, weniger Text, mehr Bilder, sie können für sich selbst sprechen. LFI:

LFI: Das Editieren ist einer der wichtigsten Schritte in der Produktion.


D’Agati: Das ist wahrscheinlich der

interessanteste Schritt und wir machen das normalerweise gemeinsam mit Artdirector, Künstler und Bildredakteur am Ping-Pong-Tisch, den wir im Studio haben. Um es so gut wie möglich zu machen, bieten wir eine Residency an, sodass ein Künstler direkt mit uns arbeiten kann.

LFI: Welche Strategie steht hinter dem Verlagsprogramm von 89books? D’Agati: Natürlich müssen die Bilder von hoher Qualität und Teil eines homogenen Werks sein, aber es gibt keine thematischen oder formalistischen Einschränkungen. Es geht um Instinkt, jedem Buch sollte ein StoryPlot zugrunde liegen.

Leica Rope Straps Alles, was für die Berge gemacht wird, muss robust sein. In der jüngsten Zusammenarbeit zwischen Leica und COOPH wurden Bergsteigerseile genommen und daraus Tragriemen entwickelt. Ein Zubehör mit Charakter, um Ihre Kamera sicher und bequem zu transportieren.

LFI: Wenn man über Fotojournalismus und Fotokunst nachdenkt, was könnte da die nächste Ebene sein? D’Agati: Ich mag es nicht, Vorhersagen zu treffen … Ja, die Berufe haben sich sehr verändert, seit ich vor mehr als 20 Jahren angefangen habe. Aber ich sehe es nicht unbedingt als schlecht an. Das Schema wird immer dasselbe bleiben: Ein Journalist und ein Fotograf bekommen einen Auftrag und machen gemeinsam eine Geschichte, aber heutzutage gibt es leider immer weniger Aufträge.

Fotos: © Mauro D’Agati (3), © Midge Wattles (1), © Emanuele Lo Cascio (1)

LFI: Was wünschen Sie sich ganz allgemein für die Fotoszene? D’Agati: Ich wünsche mir, dass ein neuer Boris Mikhailov geboren wird. LFI: Und wir wünschen Ihnen für 89books viel Erfolg! Interview: Carla Susanne Erdmann

mau ro D ’Agat i Geboren 1968 in Palermo, Italien. Er hat an der Universität Palermo einen Abschluss in Rechtswissenschaften erworben. Der Autodidakt begann 1995 als professioneller Fotograf zu arbeiten. Seine Arbeiten erschienen in zahlreichen Publikationen, darunter Geo, Stern, Das Magazin, El Pais Semanal, Le Monde, GQ und Internazionale. 89 b o o ks : Die Website wird momentan auf-

gebaut, der erste Katalog erscheint in den kommenden Wochen. Über Facebook sind neuere Informationen sind erhältlich.

j e tzt Be st e lle n :

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Leica Fotografie I n t e r n at i o n a l

Na n cy B o r ow i ck m e i n B i ld

Auf den Straßen von Tokio: blinkende Lichter, leuchtende Werbeanzeigen, dichtes Menschentreiben. Und dann schien für einen magischen Augenblick die Welt still zu stehen.

70. Jahrgang | Ausgabe 8. 2018

LFI PHOTOGR A PHIE GMBH Springeltwiete 4, 20095 Hamburg Telefon: 0 40/2 26 21 12 80 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 ISSN: 0937-3969 www.lfi-online.de, mail@lfi-online.de Chefredaktion Inas Fayed, Frank P. Lohstöter (V.i.S.d.P.) A rt Direction Brigitte Schaller REDA KTION Michael J. Hußmann, Denise Klink, Bernd Luxa, Edyta Pokrywka, Danilo Rößger, David Rojkowski bildredaktion Carol Körting layout Thorsten Kirchhoff MITA RBEITER DIESER AUSGA BE Carla Susanne Erdmann, Katja Hübner, Ulrich Rüter, Holger Sparr, Olaf Stefanus, Katrin Ullmann Geschäftsführung Steffen Keil, Frank P. Lohstöter A nzeigenleitung & M arketing Kirstin Ahrndt-Buchholz, Samira Holtorf Telefon: 0 40/2 26 21 12 72 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 E-Mail: buchholz@lfi-online.de holtorf@lfi-online.de Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 46 vom 1.1.2018

Bürgersteig im Viertel Akihabara, Tokio, Februar 2017

Ich streunte durch die Straßen von Tokio. Zwischen blinkenden Plakatwänden, haushohen Anzeigentafeln, die ihre Werbebotschaften herausschrieen oder -sangen: Mitten in diesem überbordenden Chaos versuchte ich, irgendwie Ruhe zu finden. Ich hielt die Kamera vor mein Gesicht und hatte das Gefühl, ich könne so – aus meiner kleinen sicheren Welt heraus – das wilde Treiben um mich herum anhalten, atmen und beobachten. Die Aufnahme entstand auf einem übervollen Gehweg im Stadtteil Akihabara. Dieses Viertel ist für seine zahlreichen Elektronikgeschäfte bekannt, es gibt dort unendlich viele Fanshops für Animes und Manga und mehrgeschossige Videospielcenter. Es war einer dieser magischen Augenblicke, in dem ein paar Sonnenstrahlen inmitten dieses ganzen Irrsinns einen einzigen Moment einfroren. Nancy Borowick, Jahrgang 1985, studierte am ICP New York. Ihre Arbeiten und ihr Buch The Family Imprint (2017) wurden vielfach ausgezeichnet. Sie publiziert u. a. in Stern, Time Magazine, National Geographic. Borowick lebt auf der Insel Guamund in New York.

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REPRODUKTION: Alphabeta, Hamburg DRUCK: Optimal Media GmbH, Röbel/Müritz PA PIER: Igepa Profimatt A BO-Bezugsbedingungen LFI erscheint achtmal jähr­lich in deutscher und englischer Sprache. Jahresabonnement (inkl. Ver­sandkosten): Deutschland: 58 € Belgien, Österreich, Luxemburg, Niederlande, Schweiz: 63 € weltweit: 69 € LFI gibt es auch als kostenlose App im Apple iTunes Store und bei Google Play. Ältere Hefte sind als dort als In-App-Käufe erhältlich LFI-A boservice Postfach 13 31, D-53335 Meckenheim Telefon: 0 22 25/70 85-3 70 Telefax: 0 22 25/70 85-3 99 E-Mail: lfi@aboteam.de Für unverlangt eingesandte Fotos und Texte übernimmt die Redak­tion keine Haftung. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheber­ rechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla­ges unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Leica – eingetragenes Warenzeichen.


BMW 8er DER GENTLEMAN

Abbildung zeigt Sonderausstattungen.


Mathieu Bitton mit der Leica M10-P

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leica m10-P Eins mit der Straße. Mitten im Getümmel überfüllter Marktplätze oder auf einem verlassenen Boulevard – um den entscheidenden Moment einzufangen, muss man mit jeglicher Szenerie verschmelzen. Die Leica M10-P ohne Logo und mit dem leisesten Auslöser aller jemals gebauten M-Kameras verkörpert Diskretion in ihrer reinsten Form. Mehr Inspiration unter www.m.leica-camera.com

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