LFI Magazin 2/2017 D

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L E I C A F O T O G R A F I E I N T E R N AT I O N A L

Leica M10

Leica

Zacha Rober Tome Ed va der El

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D 19088 F

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F E B R UA R | M Ä R Z

Giov Del

Zachary Roberts Tomeu Coll Ed van der Elsken

D 7,50 € A 8,50 € L 8,70 € I 8,80 € CHF 13,20

2.2017

Giovanni Del Brenna

William Daniels Matt Stuart Fulvio Bugani

William Matt St Fulvio B


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p o rtf o l i o l i g h tb ox

F / sto p

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84 | Leica M10

Über 20 000 Fotografen präsentieren in der LFI-Galerie mehr als 250 000 Bilder. In dieser Ausgabe mit dabei: ein Neontaxi in Hongkong und die Leselust auf dem Bahnsteig

Vier Jahre nach Einführung der M240 setzt Leica mit der M10 wieder neue Akzente im M-System: analoger Purismus auf digitaler Grundlage

P h o to

92 | Leica sofort Zunächst verwirrte ihn die Einfachheit der Kamera, dann entdeckte er den Spaß: Craig Semetko experimentierte mit Leicas Sofortbildkamera

1 1 2 | Au s st e l lu n g e n

Mit der neuen M10 setzte Fulvio Bugani sein Kuba-Projekt fort

96 | 28er-summaron Überraschend brachte Leica Ende 2016 die Replik eines über 60 Jahre alten Objektivs auf den Markt: ein Rückblick auf das Vorbild und seine Zeit 98 | Smartphones Kampf gegen die Enge des Raums: Wie die Hersteller die limitierten Fähigkeiten von Smartphone-Kameras zu überwinden versuchen

Giovanni Del Brenna 8 | m e ta m e s s a g e s

Vielsagend und gesichtslos: Auf der Paris Photo 2016 fotografierte Del Brenna Posen und Gesten

Jo Fischer 2 2 | i n Sy k e

Eine Residenz verschlug den Berliner Fotografen in die niedersächsische Kleinstadt Syke. Eine Annäherung

Tomeu Coll 3 2 | n e v e r m i n d i n s ov i e t l a n d

Einst Hochburg des Kohleabbaus, jetzt Geisterstadt im Nirgendwo am nördlichen Ende des Ural: Workuta Die neue Leica M10: ein Blick zurück und ein Schritt in die Zukunft

Leica M 10 4 4 | D r e i Foto g ra f e n , e i n e Ka m e ra

Fulvio Bugani, William Daniels und Matt Stuart – unterwegs mit der neuen Leica M10

Zachary Roberts 6 2 | a n A m e r c i a n fa m i ly

Pieter Hugo, Wolfsburg; Und plötzlich diese Weite, Hannover; Garry Winogrand und Peter Lindbergh, Düsseldorf; Albrecht Tübke, Markkleeberg 1 1 4 | Awa r d s LensCulture stellt die Gewinner des Emerging Talent Awards vor 115 | Leica Galerien Das Programm der Leica Galerien weltweit – ein Überblick. Mit dabei: Vincent Peters, Anju und Werner Bischof 116 | bücher Neue Bücher von Mark Neville, Kirill Golovchenko, Ragnar Axelsson, Birte Kaufmann und Sid Grossman 1 1 8 | I n t e rv i e w Fotograf Rune Eraker, Kurator beim European Photo Exhibition Award, über politischen Fotojournalismus 122 | mein Bild In knapp 30 Sekunden gelang Stéphane Lavoué ein intensives Porträt von Wladimir Putin 122 | impressum

Sein Bruder lief 2006 in einer Schule der Amischen Amok. Jahre später versucht Roberts eine Aufarbeitung

Ed van der Elsken 74 | D i e v e r l i e b t e k a m e r a

Immer wieder Street Photography: Ed van der Elsken gilt als der bedeutendste Fotograf der Niederlande

Coverfoto: Giovanni Del

Brenna, aus seiner Serie von der Paris Photo 2016

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L F I -wo r k s h o p

D i e M ag i e der F oto b ü c h er Buchkunst mit Ernesto Bazan

Auch Ernesto Bazans Kuba-Trilogie ist im eigenen Verlag erschienen

Wie wird aus Einzelbildern eine Geschichte? Wie wird aus einer Geschichte ein Buch? Das vermittelt Ernesto Bazan im LFI-Workshop vom 28. bis zum 30. April 2017. „Ich lege sehr viel Wert auf die Entwicklung einer poetischen, nicht vorhersehbaren, schlüssigen Abfolge – so ähnlich wie ein Komponist seine Noten zu Papier bringt“, erläutert der 1959 in Palermo geborene Fotograf. Die Teilnehmer müssen nicht unbedingt ein eigenes Buchprojekt präsentieren – Interesse für das Büchermachen, das bisherige Portfolio und ein, zwei Lieblingsbücher reichen völlig aus. Er studierte von 1979 bis 1982 an der School of Visual Arts in New York und schloss mit einem Bachelor of Arts in Fotografie ab. Seit 2002 entwickelt er eigene Workshops mit dem Schwerpunkt Lateinamerika. Im Jahr 2008 gründete er den Verlag BazanPhotos Publishing. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter seine Kuba-Trilogie. lfi-online.de/workshops

ContributOr

„Mehr als 300 Leute hatte ich im November 2016 auf der Paris Photo angesprochen und höchstens zehn wollten nicht, dass ich sie – respektive die Art, wie sie sich in der Öffentlichkeit präsentierten – fotografiere. Versuchen wir wirklich, denjenigen zu verstehen, den wir sehen, oder urteilen wir einfach nur, ohne ihn zu kennen – das ist die eine Frage, die ich dem Beobachter in mir permanent stelle. Jedes Bild, das ich mache, ist gewissermaßen eine Variation dieser einen Frage.“ 4 |

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To me u C o ll „Ich denke häufig an die Erfahrungen mit den Menschen zurück, mit denen ich in Workuta Bekanntschaft gemacht habe, und daran, wie sie ihre Leben gestalten in dieser Stadt. Sie ist im unwirtlichen Niemandsland tief in der russischen Tundra an den nördlichen Ausläufern des Ural gelegen, gleichsam am anderen Ende der Welt, wie ich sie zuvor kannte. Mir hat sich vor allem eines tief in die Seele ­eingebrannt: die Erkenntnis, dass es wohl wirklich nichts gibt, das unmöglich ist.“

Zac h a ry R o berts

„Nachdem ich einen coolen Typen mit einer Leica in einer Bar in Stockholm gesehen hatte, habe ich im Juni 2015 eine Leica Q angeschafft. Ich hatte Film studiert, die Richtung danach aber nie weiter verfolgt. Ich kündigte meinen Job und begann in den Straßen von Stockholm zu fotografieren. Ich fand Fotografen, die ich mochte. Ich kaufte ihre Bücher und studierte ihre Arbeiten. Die Aufnahme entstand im Sommer 2016 – ich hatte endlich damit begonnen, meine Bilder zu editieren.“

Foto ganz links: Peer Kugler

G i ova n n i D el B re n n a


TOTAL RECORDS

VINYL & FOTOGRAFIE 10/12/16–23/4/17

C/O Berlin Foundation . Amerika Haus Hardenbergstr. 22–24 . 10623 Berlin Täglich / Daily 11:00–20:00 . www.co-berlin.org Die Ausstellung wurde von Antoine de Beaupré, Serge Vincendet und Sam Stourdzé gemeinsam mit Jacques Denis kuratiert und von den Rencontres d’Arles produziert / Exhibition produced by the Rencontres d’Arles, curated by Antoine de Beaupré, Serge Vincendet, and Sam Stourdzé, with the complicity of Jacques Denis

Mit Dank an / Thanks to

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n e u er ö ff n u n g

S h Are yo u r PI C t u re

g r ö s s e r , b r e i t e r , t r a n s pa r e n t e r

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m M agaz i n

News p er m a i l

Die ganze Produktvielfalt des LFI-Shops können Sie künftig noch viel einfacher und komfortabler erschließen

Im LFI-Shop präsentieren wir Ihnen ab sofort jede Woche ein neues Angebot zu einem besonders interessanten Preis. Aber das ist noch längst nicht alles: Wir haben für Sie den gesamten Shop vollkommen neu gestaltet. Bei Ihrer Suche nach Leica-Artikeln und Accessoires profitieren Sie künftig von umfangreichen, komfortablen Möglichkeiten der Sortierung nach Marken und Produktgruppen und von ­ausgeklügelten Filterfunktionen, die es Ihnen spürbar erleichtern werden, die gewünschte Auswahl zu treffen. 6 |

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Großen Wert haben wir auch auf eine stilvolle Präsentation des Sortiments mit großzügigen Artikelansichten gelegt. Wir sind uns sicher: Es wird Ihnen gefallen! Übrigens: In der Woche ab dem 27. Februar schenken wir a­ llen Abonnenten des LFI-News­letters für ihren ersten Einkauf im neuen LFI-Shop einen Gutschein über 20 Euro, der ab einem Einkaufswert von 150 Euro gilt. Sie bekommen den LFI-Newsletter noch nicht? Dann melden Sie sich gleich an: lfi-online.de/newsletter · lfi-online.de/shop

Sie sind an aktuellen Informationen rund um Leicas M-System interessiert? An technischen News über M-relevante Produkte, an den LFI-Workshops und an noch mehr Bildern? Durch den Newsletter des M Magazins erfahren Sie einmal im Monat alles über die Highlights aus der Welt der Leica-M-Fotografie. Zusätzlich zur zweimal im Jahr erscheinenden Print-Ausgabe und zu www.m-magazine.photography ist der Newsletter ein weiterer Kanal für alle, die sich dem Mythos M verschrieben haben. Anmeldung unter http://bit.ly/2jslszp


PER FEK tI LEica M10 Die Kamera.

Erleben Sie, wie wir unsere Hingabe an Qualität und Handwerkskunst noch einmal neu definiert haben. 60 Jahre Messsuchererfahrung, 11 Jahre Entwicklung digitaler M-Kameras und wertvolles Feedback engagierter M-Fotografen haben uns zu der schlanksten digitalen M aller Zeiten inspiriert: der Leica M10. In ihr vereint sich die Essenz der M-Fotografie: Mit verbessertem Messsucher, gesteigerter Performance und neuem ISO-Einstellrad an der Deckkappe gehört sie zu dem kompaktesten Vollformat-Kamerasystem der Welt: dem Leica M-System. Informieren Sie sich auf m10.leica-camera.com oder bei Ihrem Leica Händler. LEICA M-SYSTEM. Inspiration Sehen.

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LEICA. DAS WESENTLICHE.

NEU


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Giovanni Del Brenna

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M ess ages


Was können wir von den Menschen wissen, die uns im öffentlichen Raum begegnen? Wenig — wir müssen mit dem auskommen, was wir sehen können. Also dem, was sie uns zeigen. Wenn wir nur genau genug hinschauen — erfahren wir dann anhand der Signale, die jemand in der Öffentlichkeit setzt, etwas über das, was eine Persönlichkeit ausmacht? Giovanni Del Brenna ging dieser Frage nach.

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Ganz oben: „Mich fesselte die Hand, die aus den zwei Mänteln ans Kinn kroch. Als ich ihn ansprach, sah ich: Es war ein Piercing, mit dem die Hand spielte. Es war so normal für ihn, dass er fürs Foto sofort wieder damit anfing, als sei nichts geschehen“

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g i ova n n i del bre n n a

Geboren 1974 in Genua, hat er nach einem Maschinenbaustudium in Mailand beschlossen, sein Leben der Fotografie zu widmen, und studierte von 2001 bis 2002 Dokumentarfotografie am International Center of Photography (ICP) in New York. Anschließend arbeitete er für zwei Jahre als Assistent von James Nachtwey. 2015 zog er nach Frankreich, im Jahr darauf begann er sein im M Magazin No. 5 vorgestelltes Projekt über Paris, das mit der hier gezeigten Serie eine zuspitzende Fortsetzung gefunden hat.

giova n ni delbre nn a .co m LF I -O nl i n e .D E / B log : Slideshow mit weiteren Bildern Equipment: Leica S, Summarit-S 1:2.8/ 70 mm Asph, Blitzgerät SF64

LFI: Wer sind all diese offenkun‑ dig Wert auf ihr Äußeres legenden ­Menschen? Giovanni Del Brenna: Ich kenne sie nicht. Es sind Besucher des Grand Palais während der Paris Photo im November 2016. Eine Zusammenkunft visuell orientierter Menschen ganz unterschiedlicher Provenienz, die sich in der Regel sorgfältig gekleidet haben, um so das Beste ihrer selbst zu zeigen. Handelt es sich bei den Bildern, die wir hier sehen, um Porträts? Aber ja – in dem Sinne, dass sie etwas über die Persönlichkeit des Abgebildeten zum Ausdruck bringen sollen. Sie enthalten dem Betrachter aber das Gesicht, zumindest den Blick der so Porträtierten vor. Warum? Weil es ablenkt. Ein Gesicht wird sofort die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, als sei damit schon die Frage beantwortet, wer jemand sei. Lasse ich das Antlitz aber weg, zählen die Details – all das, was jemand einsetzt, um auf bestimmte Art wahrgenommen zu werden. Das veranlasst den Betrachter, aus diesen Metabotschaften zu erschließen, um was für eine Person es sich handeln könnte – jenseits der Interpretation einer vermeintlich leicht lesbaren Augenblicksemotion auf der Ober­fläche des Gesichts. Zeigen Sie nicht vor allem, dass der öffentliche Raum eine Bühne der Selbstinszenierung ist? Durchaus, wir leben in einem g­ roßen Open-Air-Theater. Und gerade deshalb, weil wir in diesem Theater Fremden begegnen, von denen wir nichts wissen außer dem, was sie uns äußerlich von sich selbst preisgeben, inter­essiert es mich, die Möglichkeit zu erkunden, wie man durch Details Hinweise auf jemandes Persönlichkeit zu geben vermag. Das ist natürlich etwas Theo­retisches, ich habe keine Gewissheit, ob ich richtig liege, denn die Leute sind mir selbst ja unbekannt. Aber ich bekomme natürlich Rückmeldungen. Nehmen wir die Frau mit den rot­lackierten Nägeln, die sich ans Revers ihrer grauen Kostümjacke

greift (Seite 11): Sekunden nachdem ich zu fokussieren begonnen hatte, fragte sie in scharfem Ton: „Sind Sie fertig?“ Ich löste aus, sie eilte davon. Wenn ich daran zurückdenke, dann kann ich sagen, mein erster Eindruck täuschte mich nicht, und dieses Por­ trät funk­tioniert genau wie geplant. Sie rücken H ­ ände oft ins Zentrum. Davon war ich schon immer f­ asziniert. Eine meiner Lieblings­fotografien stammt von Alfred Stieglitz, Georgia O’Keefe, Hands and T ­ himble von 1919. Die Malerin besaß u ­ nfassbar ausdrucksstarke Hände. Ich glaube, in einem Gesichtsporträt spiegelt sich fast immer auch eine Interaktion mit dem Fotografen wider, während Hände, Handhaltungen unmittelbar auf den Kern einer Persönlichkeit verweisen, geformt von seiner Lebensgeschichte. Es ist zum Beispiel fast unmöglich, jemandes Hände so zu arrangieren, dass die Pose „authentisch“ wirkt. Wie brachten Sie die Leute generell dazu, sich fotografieren zu lassen? Da es eine Veranstaltung voller fotoaffiner Menschen war, war das gar nicht so schwer, zumal ich ihnen meine Absichten genau erklärte. Und tatsächlich war es auch von Vorteil, dass ich mit einer Leica auf sie zukam, der S mit dem 70er-Summarit und dem SF64. So mancher fühlte sich dadurch gar geschmeichelt. Und tolerierte, dass ich ihm, ihr damit auf einen halben Meter nah kam – schließlich ging es mir um ein maximales Heraus­arbeiten von Texturen. Der schwierigs­te Part bestand eigentlich darin, die Leute dazu zu bringen, die Pose noch einmal für mich einzunehmen, deretwegen sie mir während meines fünftägigen Flanierens aufgefallen waren. Dabei war ich gar nicht auf etwas Bestimmtes aus, sondern wartete einfach darauf, dass eine Geste, eine Bewegung, ein Detail, in mir ein „Klick“ auslöste, meine Neugier e­rweckte. Interview: Olaf stefanus

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Jo Fischer i n Sy k e

Mit intensiven Porträts und Landschaftsaufnahmen fängt der Berliner Fotograf die Stimmung in einer beschaulichen Kleinstadt in Nordwestdeutschland ein. Ein Projekt, in dem Dokumentation auf inszenierte Kunst trifft.


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Totenkopf-Tattoo auf dem Oberschenkel einer jungen Frau – eine Metapher für Syke? Vorherige Doppelseite: Den Damen beim Seniorentanz spielte der Fotograf erst einmal etwas auf dem Klavier vor. Das erlaubte ihm später, ihnen fotografisch besonders nahe zu kommen

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Auf der Eröffnung seiner Ausstellung im Syker Vorwerk fragten Gäste den Fotografen, warum er die Landschaften unscharf aufgenommen habe. Für Fischer passte dieser Stil am besten zu seiner von Einsamkeit und Sehnsucht geprägten Stimmung

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j o F i sc h er Der Berliner war Musiker, bevor er sich vor zehn Jahren als Autodidakt der Fotografie zuwandte. In seinen Bildern sucht er immer noch den Rock ’n’ Roll: Kontraste, Unschärfe, Strenge. Er liebt Menschen, seine Leica M und das Schwarzweiß. Im Eigenverlag produziert er Fotobücher. Das Projekt In Syke wird vom Kerber-Verlag unterstützt und ist dort als Buch erschienen.

j o f i sc her .co m L F I -O nl i n e . D E/ B lo g : Interview und slideshow mit weiteren Bildern

Equipment: Leica SL, Leica Vario-Elmarit-SL 1:2.8–4/24–90 mm Asph

Syke im Herbst. Nebel steigt am Morgen aus Wiesen und Feldern. Die Bäume werden kahl, der Himmel ist grau, die Stimmung trüb. Durch das Stadtzentrum schlängelt sich die Hauptstraße mit einer Einkaufsmeile. Fleischerei, Bäckerei, Eisladen. Im ausklingenden Jahr gibt es in Syke kaum Leben, das pulsiert. Die Stadt liegt fast schon in einem tiefen Winterschlaf. Für zwei Monate hat es den Berliner Fotografen Jo Fischer nach Niedersachsen in den 24 000-Einwohner-Ort verschlagen. Das Syker Vorwerk – Zentrum für Zeitgenössische Kunst lädt regelmäßig Künstler aus aller Welt ein: Maler, Installationskünstler, Fotografen. Der Sitz des Kunstzentrums, ein 300 Jahre altes Fachwerkhaus, ist mit seinen 600 Quadratmetern ein imposantes Gebäude und zugleich eine Herausforderung für die, die dort ausstellen. Von Oktober bis Dezember 2016 weilte Fischer in Syke, gefördert durch Mittel der Sparkassenstiftung. Er wohnte in einer Einliegerwohnung, hatte Zeit, eine finanzierte Bildproduktion und die Chance, das zu fotografieren, worauf er Lust hatte: ein Porträt der Stadt und der Menschen, die dort leben. Gleich am frühen Morgen machte sich Fischer mit einer Leica SL auf den Weg. Er lief über Äcker, fotografierte Landschaften, Wege im Matsch. Zu seinem wichtigsten Motiv aber fand er zunächst keinen Zugang. Er kannte in Syke niemanden, die Menschen waren verschlossen. Er klingelte an Türen, die sich für ihn nicht öffneten. „Ehrlich gesagt, nach drei Wochen wollte ich schon aufgeben“, sagt er. Traurigkeit und Melancholie: Betrachtet man die Schwarzweißaufnahmen, werden die Gefühle des Fotografen in jenen Tagen sichtbar. Eine junge Frau steht mit einem großen Teddybären in den Händen auf verlorenem Posten. Statt durch Spaß und Ausgelassenheit manifestiert sich Adoleszenz in einem Bild von Tristesse, Einsamkeit und Aussichtslosigkeit. Erst nach einer Pressekonferenz mit Weser-Kurier und Kreiszeitung kamen endlich die erhofften Kontakte. Chor, Friseur, Behindertenwohnheim – jetzt erhielt Fischer Einladungen für diverse Veranstaltungen und an verschiedene Orte. Beim Seniorentanz im Rathaus nahm er erste Porträts auf. In Schwarzweiß, mit Unterstützung durch den Autofokus, gestochen scharf. „Ich mag die Ehrlichkeit dieser Bilder“, sagt Fischer. „Die Leute haben sich für mich hingesetzt, mir vertraut und mich sehr nah an sich herangelassen. Ich wollte sie zeigen, wie sie wirklich sind, unverstellt, direkt und würdevoll.“ Diese Arbeitsweise war für ihn eine neue Erfahrung; Fischer fotografiert sonst mit einer M mit manuellem Fokus und Festbrennweite. Die SL erlaubte ihm das Arbeiten mit einer Zoomoptik, ein großer Vorteil bei Nahaufnahmen, wie er findet. Falten, Altersflecken und starke Kontraste – alles wird sichtbar auf diesen Gesichtern, die von einem an Erfahrungen reichen Leben erzählen. Die Porträtierten wirken, als würfen sie mit dem Blick in die Kamera zugleich einen Blick zurück in die eigene Vergangenheit. 44 Fotografien auf Barytpapier hat Fischer für die Schau im Vorwerk zusammengestellt. Seine Serie vereint Licht und Schatten, Porträts und Landschaften, Dokumentation und Fiktion. Aber sie erzählt auch die Geschichte des Fotografen, sie erzählt von Ankunft, Ausharren und einem Projekt in Syke. Er habe, sagt er, in den zwei Monaten gelernt, dass man sich auf Orte einlassen muss, um kreativ zu werden. Und dass das Unscheinbare mitunter doch auch Zauber hervorbringen kann. Katja Hübner

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LeicA M

Tomeu Coll n e v erm i n d i n s ov i etl a n d

Inmitten der unwirtlichen Tundra, abgeschnitten vom Rest der Welt, ließ Josef ­Stalin einst eine auf Kohle gegründete Stadt errichten. Workuta, lange ein Synonym für Zwangsarbeit, ist heute ein Ort, dessen schwindende Einwohnerschaft versucht, der industriellen Monokultur den Ansatz einer neuen Identität abzutrotzen.

Das letzte bewohnte Haus in Yur-Shor, einem Vorort von Workuta. Im Gefolge der Kohlekrise machten Schulen, Geschäfte, Kinos, Apotheken dicht. Wer noch ausharrt, kann nicht anders oder hat noch die Hoffnung, dass wieder bessere Zeiten kommen lFI

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In der rund sechs Kilometer langen Leninstraße ist das Kulturhaus mangels Alternativen die wichtigste Einrichtung für die Einwohner Workutas. Hier findet alles statt: Von politischen Reden bis zu Heavy-Metal-Konzerten, es gibt sogar einen überdachten botanischen Garten. Und natürlich eine Ballettschule. Das harsche Winterwetter ist keine Entschuldigung dafür, nicht vor die Tür zu gehen, und auch in der Straßenbahn trägt man Eleganz, egal wie weit weg vom Rest des Landes man wohnt

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Einst zählte Workuta zu den wohlhabenderen Städten der Sowjetunion. Heute regiert Tristesse. Ob bemalte Fassaden gegen die Winterdepression helfen? Immerhin bieten sie Orientierung, um im Schneesturm den Weg nach Hause zu finden


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Zu Besuch bei Bürgern der Stadt: Galina Nikolaeva (links oben) wurde als junge Frau verdächtigt, für die Deutschen zu s­ pionieren, und deshalb zur Zwangsarbeit in den Kohleminen verurteilt. Nach Ende des stalinistischen Gulag-Systems durfte sie Workuta nicht ­verlassen, da sie eine der wenigen Ärztinnen war. Alexander (links unten) ist in Workuta geboren. Als Mitglied der Organisation „Memorial“ widmet sich der pensionierte Kohlekumpel der Aufarbeitung der Gulag-Geschichte. Dimitri (unten) hatte genug Geld gespart, um in Moskau ein neues Leben zu beginnen. Doch an seinem ersten Tag in der Hauptstadt, erzählte er Tomeu Coll, wurde er ausgeraubt und musste zurückkehren. Coll traf ihn in der Eisenbahn. Irina (links, Mitte) trainiert das Tischtennis-Olympiateam. Ihr Appartment befindet sich im letzten bewohnten Haus von Yur-Shor (Seite 32)

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Dimas, 19, im Zug nach Workuta. Der junge Mann hofft, vom Exodus der Stadtbewohner zu profitieren – trotz der Zechenschließungen findet er in den Kohleminen des Nordens immer noch einen besseren Job als daheim

T o me u C o ll Der freischaffende spanische Dokumentar­ fotograf, Jahrgang 1981, publiziert seine Arbeiten in diversen internationalen Magazinen wie GUP Magazine, Stern, La Vanguardia und L’illustré. Für seine Langzeitserie Badlands über seine Geburts­insel Mallorca zeichnete ihn das Smithsonian Magazine als Emergent ­Photographer aus. „Fotografie“, sagt Coll, „ist wie ein Fluchtvehikel für mich. Zugleich aber ist sie das Mittel, auf Tuchfühlung zu bleiben mit allem, was mich umgibt.“

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Kurz hinter Moskau beginnen die Errungenschaften des modernen Russland zu verblassen. Hier und da eine aufgelassene Fabrik, grau und verfallen, dann ein Birkenwäldchen, hin und wieder auch eine prächtig restaurierte orthodoxe Kirche, aber das ist ein anderes Thema. Je weiter nordöstlich die Eisenbahn rattert, umso uneingeschränkter breitet sich die unendlich scheinende winterliche Tundra aus. Es dauert ein wenig mehr als 40 Stunden im Gruppenabteil, bis ­Tomeu Coll am Ziel ist: Workuta, über 2000 Bahnkilometer von Russlands Hauptstadt entfernt nördlich des Polarkreises in der autonomen Provinz Komi gelegen. Einen beträchtlichen Teil der Strecke fuhr Coll mit der Petschora-Eisenbahn, an die Workuta seit 1941 angeschlossen ist. Man sagt, unter jeder Schwelle liege ein Mann begraben. Man sagt auch, die Stadt sei auf Skeletten erbaut. Workuta: ein Symbol des stalinistischen Gulag-Systems, dessen Prinzip der gnadenlosen Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft Hunderttausende zum Opfer fielen. Reichhaltige Kohlevorkommen waren der Grund, warum Josef Stalin entschied, dass in dieser Eishölle, in der die Temperaturen im Winter bis auf minus 50 Grad fallen können, eine Stadt zu errichten sei. Am Anfang gab es nicht einmal Hütten, als in den 1930er-Jahren die ersten Zwangsarbeiter hierher transportiert wurden, sie mussten sich Löcher in den gefrorenen Boden schlagen, in denen sie sich zum Schutz vor der Kälte aneinanderkauerten. Als die deutsche Wehrmacht das Kohlerevier in der ukrainischen Donbassregion okkupierte, wurde der polare Standort für die ­Sowjetunion umso wichtiger, und Workuta wurde zu einem der bedeutendsten Bergbauzentren des GulagSystems ausgebaut. Nach Stalins Tod mussten viele der aus der Zwangsarbeit Entlassenen zwangsweise in Workuta bleiben,

es zogen aber auch viele von hohen Löhnen angelockte Fachkräfte in die Stadt, die für einige Jahrzehnte eine prosperierende, ja attraktive sozialistische Stadt war. Doch heute kann die Workuta-Kohle kaum mehr mit sibirischen Abbaugebieten konkurrieren, viele Zechen wurden geschlossen, der für 100 000 Bewohner konzipierte Ort entwickelt sich zur Geisterstadt. Niemand weiß, wie das Erbe der industriellen Monokultur zu überwinden sein könnte, dem fernen Moskau, so scheint es, sind die Probleme der ­Polarkreisbewohner egal. Workuta: eine einsame Insel im Nirgendwo, zu der es bis heute keine Straßenverbindung gibt. Man kann fliegen – oder, wie Coll, die Fahrt mit der Eisenbahn auf sich nehmen. Der Fotograf stammt tatsächlich von einer Insel: Er wurde 1981 auf Mallorca geboren. Nun ließe sich kaum ein größerer Kontrast denken als jener zu dieser bekanntermaßen in manchen Teilen massentouristisch verheerten, im Grunde jedoch bildschönen Ferien­destination. Coll aber hatte Phasen in seinem Leben, da er sich auf der größten Insel der Balearen wie abgeschnitten fühlte von allem und jedem. Was ein Gefühl der unbändigen Neugier in ihm w ­ eckte, einen Impuls, der ihn Selbstvergewisserung immer wieder auch in der Grenzerfahrung suchen ließ. Die New Yorker Fotografin Donna Ferrato, bei der er 2005 einen Workshop in Barcelona besucht hatte, äußerte sich einmal geradezu enthusiastisch über die Energie, mit der Coll es auf sich nimmt, auf eigene Faust in abgelegensten, wenn nicht überhaupt von der Welt vergessenen Gegenden zu erforschen, wie es da ­eigentlich so ist. Aus purem Interesse am Fact-Checking, der Konfrontation der eigenen Einstellungen des In-derWelt-Seins mit dem, was anderswo ist. Wie leben die Leute dort? Warum sind sie da? Was macht das Leben dort aus? Und wie nimmt er selbst dieses Leben wahr? Was macht das Differenzerlebnis mit ihm? Schärft es sein Bewusstsein? Macht es ihn besonders aufmerksam für Details und Nuancen,

hilft es ihm, sich und seine Haltung zu den Dingen besser, intensiver zu durchdringen? In Barcelona traf Coll auch eine russische Journalistin, Katya Krylova, und die ließ sich sofort einnehmen von seinem Vorschlag, zusammen mit ihm ihr Land zu erkunden. Zumal einen Ort wie Workuta, von dem sie sagte, niemand, den sie kenne, würde je von selbst auf die Idee kommen, ausgerechnet dorthin zu fahren. Coll nahm Kontakt zur Organisation „Memorial“ auf, die sich der Aufarbeitung des Stalinismus und der GulagGeschichte widmet. So baute er erste Bekanntschaften zu Einwohnern der Stadt auf, Krylova half ihm als Dolmetscherin. Ins Gespräch mit weiteren Workutaern zu kommen, sei dann leicht gewesen – wann verirrte sich denn schon mal ein Ausländer in ihre vom Exodus gebeutelte Stadt? Natürlich hätte Coll auch im kurzen Sommer nach Workuta fahren können, doch er wollte den Whiteout erfahren, das Gefühl der absoluten Isolation, wenn der Horizont im beklemmendem Schneetreiben zu verschwinden scheint und so offenbar wird, was die Lebenswirklichkeit dort bestimmt. Zunächst schien es ihm angemessen, seine Leica M6 mit Kodak Tri-X 400 zu laden – Schwarzweiß als ästhetisches Mittel der emotionalen Zuspitzung. „Glücklicherweise hatte ich dann aber doch öfter einen Farbfilm eingelegt – Kodak Portra 160 NC und Fujifilm 800H. So konnte ich den subtilen Kontrast zwischen der Eiseskälte und der zurückhaltend nuancierten Farbigkeit, die ich in der Stadt und bei ihren Bewohnern fand, heraus­arbeiten.“ olaf stefanus

tome u coll.tk LF I-On lin e.DE /B log: Slideshow mit weiteren Bildern Equipment: Leica M6, Summilux-M 1:1.4/35 mm Asph, Summicron-M 1:2/28 mm Asph

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Drei Fotografen, eine Kamera und eine Meinung: Die neue Leica M10 ist eine konsequente Verfeinerung der Prinzipien der digitalen Messsucherfotografie.

Fulvio Bugani KU B A : me i n e le i de n sc h a ft

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Farben als Träger von Emotionen: Fulvio Bugani empfand die Raw-Daten der Leica M10 als bestechend und nahezu perfekt. Und die kaum für m ­ öglich gehaltene Vereinfachung der Funktionen als intuitionsfördernde Offenbarung

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f u lv i o B u g a n i Der 1974 geborene italienische Fotograf hat, wie viele andere Fotografen auch, ein Faible für Kuba. Nicht jeder aber macht aus dieser Leidenschaft ein Langzeitprojekt. Schon seit 2009 reist Bulgani wieder und wieder auf die Karibikinsel, um Lebensstile und ­kulturellen Wandel zu erkunden. Viel Licht und viel Schatten findet sich auf seinen Bildern – das Komponieren mit dunklen Flächen versteht er als eine Metapher für die verborgene Komplexität im kubanischen Alltagsleben. Das Reagieren auf, das Gestalten mit wechselnden Lichtverhältnissen setzt für Bulgani ein Arbeitsinstrument voraus, das ihm als entschiedenem Freund manueller Einstellung der Belichtungsparameter so unkompliziert wie irgend möglich zur Hand geht. Umso erfreuter zeigte er sich bei seiner ersten Begegnung mit der Leica M10 vor allem darüber, dass er für die Wahl des ISO-Werts nicht mehr über ein Menü zu gehen braucht, sondern mit dem neuen ISO-Rad an der Deckkappe, dort, wo bei der Leica MP das Filmrückspulrändelrad sitzt, auf die denkbar intuitivste Weise die E ­ mpfindlichkeit einstellen kann. „Selbst bei ausgeschalteter Kamera habe ich nun alle relevanten Einstellungen sofort im Blick und im Zugriff“, sagt er. Kurzerhand setzte er sein ­Kubaprojekt, an dem er zuletzt mit der Leica Q gearbeitet hatte, mit der M10 fort – und dem 28er-Summilux-M als der Brennweite, die seiner Art zu ­sehen am besten entspricht.

fu lviobu gan i.com LF I-On lin e.DE /B log: Slideshow mit weiteren Aufnahmen Equipment: Leica M10, Summilux-M 1:1.4/28 mm Asph

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10 William Daniels

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Von Bukarest nach Constanta am Schwarzen Meer, dann nach ClujNapoca im Norden ­Rumäniens, dann ins ländliche Rosia Montana reiste William Daniels mit der M10. Die leichte Einstellung der Empfindlichkeit des Sensors gefiel ihm ­besonders gut. Hier ­fotografierte er in ­Rumäniens Hauptstadt Studenten bei der Einweihung einer Galerie

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W i ll i a m d a n i els Der französische Fotograf, Jahrgang 1977, widmet sich vornehmlich der Dokumentation des Lebens in marginalisierten Gemeinschaften, sei es in Kirgisistan, sei es in Zentralafrika. Für seine Arbeiten hat er unter anderem bereits zweimal einen World Press Photo Award erhalten. Die ­Leica M10 nahm er mit auf einen privaten Trip durch Rumänien und auch hier blieb er seinem Stil treu, sein Sujet durch das scheinbar zusammenhanglose ­monumentale Einzelbild zu charakterisieren, das in der Montage zum Teil eines die Assoziationslust weckenden Ganzen wird. Sich einmal spontanen Reiseimpressionen hingeben zu ­können – für William Daniels war das eine schöne Gelegenheit, sich ganz entspannt den Features der Leica M10 widmen zu können. Er hebt zum Beispiel das stark verbesserte Display hervor, und wo er früher einmal Kritik an der Wiedergabe von Farben unter kritischen Lichtbedingungen geübt hätte, zeigt er sich nun sehr angetan von der Objekttreue der Darstellung, auch und gerade wenn es um Haut­ töne geht. Und wie seine Mittester auch, findet er die Qualität der Wiedergabe selbst im hohen bis höchsten ISO-Bereich durchaus bemerkenswert – verglichen mit früheren Generationen der digitalen M – und die Idee mit dem ISO-Rad sowieso einfach groß­ artig, wenn es beispielsweise um den Wechsel des Standorts von draußen nach drinnen geht.

wi ll i a mda ni els.n et LFI-Onl i ne .D E / B lo g : Slideshow mit weiteren Aufnahmen Equipment: Leica M10, Summilux-M 1:1.1.4/ 35 mm Asph, Summilux-M 1:1.4/50 mm Asph

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10 Matt Stuart

e i n i r o n i k er i n br Ăź ssel


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Wer oder was hat hier wohl Mimikry b ­ etrieben? Komische Koinzidenzen und ­bemerkenswerte ­Bewegungsabläufe einzufrieren, ist eine Spezialität von Matt Stuart, der sich in ­Brüssel nicht zuletzt über die Arbeits­ geschwindigkeit der M10 sehr gefreut hat

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M att S t ua rt Der Brite ist ein Spezialist im Entdecken skurriler Situationen und Details im Alltag der Großstadt. Seine Spielwiese ist meistens London; als er die Leica M10 zum Ausprobieren bekam, entschied er sich aber, nach Brüssel zu fahren. Nun, er bestreitet nicht, dass auch die Verwirrung über die BrexitEntscheidung seiner Landsleute dabei eine gewisse Rolle spielte. Als jemand, der seinen Stoff im urbanen Treiben zu finden pflegt, war er aber natürlich auch in der EU-Hauptstadt sofort wieder in seinem Element. Bei Matt Stuarts Stil ist Schnelligkeit fast alles. Schnell eine S ­ ituation erfassen, schnell voraussehen, wohin eine Konstellation sich entwickeln könnte, auf dass sich ein Moment des Komischen vor seinen Augen entfalte, und dann schnell abdrücken, das Geschehen weiter beobachten, wieder abdrücken. Und vielleicht auch erst im Nachschuss den speziellen Augenblick einfangen, für den der Fotograf, seit Kurzem Magnum-Photos-Nominee, berühmt ist. Vom großzügigen schnellen Pufferspeicher der Leica M10 zeigte sich Stuart denn auch „extrem beeindruckt. Zwei, drei Aufnahmen in der Zeit, die ich bislang für eine brauchte“ konnte er dank dieser Neuerung machen. Dass die M10 überdies in ihren Maßen der MP entspricht, die der 1974 geborene Fotograf in den vergangenen 20 Jahren genutzt hatte, ließ ihn die neue Fotografier­erfahrung „so wie die Begegnung mit e­ iner alten Freundin“ empfinden. olaf stefanus

mattst uart.com LF I-On lin e.DE /B log: Slideshow mit weiteren Aufnahmen Equipment: Leica M10, Summicron-M 1:2/35 mm Asph

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LeicA M | Q

Zachary Roberts A n Amer i c a n Fa m i ly

2006 lief ein Bruder des Fotografen in einer Schule der Amischen in Pennsylvania Amok. Die Tat erschütterte nicht zuletzt die eigene Familie und ließ sie in tiefer Ratlosigkeit zurück. Erst zehn Jahre später konnte sich Zachary Roberts dem Trauma fotografisch nähern.

Diese Aufnahme erinnert Roberts an die fünf Mädchen, die sein Bruder umgebracht hat. Sie sind etwa so alt, wie die getöteten Mädchen heute wären

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„I c h hatte das Ge füh l , das s e s für d ie M e n s ch e n mögl ich e r we i s e von in te r e s s e ist, w i e e in e Famil ie n ach e in e m d e rart t rag i s ch e n Er e ign is zusamme n h ält.”

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Erst der Anruf eines Amish bewog Roberts, an der Beerdigung seines Bruders teilzunehmen. Die Aufnahme oben entstand später, aber sie erinnert Roberts an die Zeremonie, zu der auch 30 Amish erschienen – darunter Hinterbliebene –, die Roberts’ Familie vor den TV-Kameras abschirmten

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Intime, ungestellte Familienbilder: Vor dem Hintergrund der furchtbaren Tat sind sie als Versuch zu sehen, eine ganz normale Familie zu sein lFI

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Fast zehn Jahre lang versuchte Roberts, seiner Familie aus dem Weg zu gehen, dann verbrachte er mit Frau und Tochter mehrere Monate bei den Eltern, um die Tat seines Bruders zu verarbeiten und die LĂźcken im Familienalbum mit anderen, besseren Erinnerungen zu fĂźllen

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„D e r Ju n ge e r in n e rt mich da ran, w ie v ie l e De r Ü b e r le b e n d e n mit e in e r P o sttraumatis ch e n B e lastun g s störun g zu kä m pfe n h atte n .“

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Trotz allem eine Familie: die beiden anderen BrĂźder von Roberts, Josh und Jon, in der JagdhĂźtte ihres Vaters in Texas lFI

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Roberts’ Tochter Dagmar. Mit dem Projekt möchte er auch sie dazu befähigen, später über das Geschehene sprechen zu können

Z ac h a r y R o berts Roberts (*1978) studierte zunächst Film, verfolgte diese Richtung aber nicht ernsthaft weiter, nachdem er die Universität verlassen hatte. Erst 2015 kam er auf der Suche nach kreativen Ausdrucksformen zur Fotografie, die er autodidaktisch erlernte. An American Family ist sein erstes großes Projekt, das 2016 bereits in Stockholm und Pennsylvania ausgestellt wurde und im selben Jahr einen LensCulture Emerging Talent Award erhielt.

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„2006 war mein ältester Bruder für den Amoklauf an der Schule der Amischen in Nickel Mines, Pennsylvania, verantwortlich, bei dem fünf junge Mädchen ums Leben kamen. Niemand wird je verstehen, warum dieser scheinbar ausgeglichene Vater von drei Kindern ohne jegliche Vorstrafen urplötzlich eine solch abscheuliche Tat begehen konnte, am allerwenigsten wir – seine Familie, die er in ihre Einzelteile zerlegt zu haben schien.“ In seinem Projekt An American Family arbeitet Zachary Roberts nun, rund zehn Jahre nach der Tat, dieses dunkle Kapitel seiner Familiengeschichte auf. Für Roberts begann die Geschichte erst am Morgen nach der Tat: „Ich lebte schon seit vielen Jahren in New York, als ich am Morgen des 3. Oktober 2006 einen Anruf von meiner Mutter bekam. Sie war hysterisch und ich konnte kaum verstehen, wovon sie sprach – irgendetwas mit CNN. Ich schaltete daraufhin den Fernseher ein und erfuhr, was passiert war.“ Am Vortag war sein Bruder Charles Carl Roberts noch ganz normal seiner Arbeit nachgegangen. Bis drei Uhr morgens fuhr er mit einem Tankwagen Rohmilch von den Farmen der Amischen in die Molkerei. Er lebte mit seiner Familie stets in guter Nachbarschaft mit den Angehörigen dieser Glaubensgemeinschaft, von denen in Lancaster County im Südosten Pennsylvanias viele leben. Nach Feierabend fuhr er nach Hause, brachte gegen neun Uhr seine Kinder zum Bus, bewaffnete sich und fuhr zur AmischenSchule. Er verbarrikadierte sich mit zehn Mädchen im einzigen Klassenraum, und als die Polizei anrückte, schoss er auf die Mädchen und richtete dann die Waffe gegen sich selbst. Fünf Mädchen starben, fünf überlebten zum Teil schwerverletzt. Dieses Unheil, das in den Medien schnell zum „Amish 9/11“ wurde, brach über eine sonst idyllische Gegend herein: Die Region ist geprägt von Kornspeichern, Molkereien und

Tabakfeldern – rund 3000 Menschen leben in der Gemeinde Bart Township, zu der Nickel Mines gehört. Schon Stunden nach der Tat reihten sich TV-Trucks auf den Landstraßen, auf denen sonst nur die Kutschen der Amischen fahren. Charles Carl war der dritte Amokläufer an einer Schule in den USA innerhalb von fünf Tagen, doch weil die Angehörigen der Opfer unmittelbar nach der Tat der Familie des Täters vergaben, erregte dieser Amoklauf besonderes Aufsehen. Nach der Beerdigung von Charles Carl gehörte eine Amischen-Familie zu den ersten, die seinen Eltern ihr Beileid ausdrückten, sie selbst hatten zwei ihrer Töchter verloren. Dieser Moment hat sich für immer in Roberts’ Erinnerung eingebrannt. Es war dieser unermessliche Akt der Vergebung, der sich in den Medien am stärksten niederschlug. Sachbücher über die Tragödie und ihre Folgen erschienen, eines davon wurde verfilmt. Roberts’ Mutter Terri besuchte regelmäßig eine der betroffenen Familien und kümmerte sich um die Tochter, die die Tat schwerstbehindert überlebt hatte. Roberts hingegen kapselte sich ab. Er besuchte seine Familie kaum noch und zog drei Jahre später nach Stockholm. Erst als er im November 2015 erfuhr, dass seine Mutter erneut an Krebs erkrankt war, begriff er, dass ihm nicht mehr viel Zeit bliebe, wieder Kontakt mit seiner Familie aufzunehmen. Er beschloss, mit Frau und Tochter für einige Monate zu seinen Eltern zu ziehen und sich dort dem Schmerz der vergangenen Jahre fotografisch zu nähern. Als er sein Projekt begann, plante Roberts nicht, Bilder der Amish zu machen, nicht zuletzt wegen ihrer Abneigung gegenüber der Fotografie. Doch je mehr Bilder seiner Familie entstanden, desto deutlicher wurde ihm die Lücke in der Geschichte bewusst. Er wollte der schicksalhaften Verbindung seiner Familie mit dieser Glaubensgemeinschaft gerecht werden und entschied sich doch dafür, Bilder der Amischen aufzunehmen. Um das möglichst respektvoll tun zu können, verfiel er auf die Amish Mud Sales –

lokale Auktionen, zu denen auch Touristen und Fernsehteams kommen. „Das schien mir der geeignete Ort zu sein, um diese Aufnahmen zu machen. Für mich sind sie eine Chance, meine Gefühle gegenüber denen aufzuarbeiten, die ihr Leben verloren haben. Es gibt zwei Bilder von fünf jungen Frauen, die für mich besonders sind (Seite 62, 65). Sie erinnern mich an die fünf Mädchen, die mein Bruder ermordet hat, denn sie sind etwa so alt, wie diese Mädchen heute gewesen wären. Ich möchte aber betonen, dass die Menschen auf diesen Bildern nicht direkt von der Tat betroffen sind.“ Mit seinen Bildern lässt Roberts den Betrachter an seiner Familiengeschichte partizipieren und damit zugleich auch ein Teil seiner Aufarbeitung dieser unvorstellbaren Bürde zu werden. Er zeigt seine Familie in Momenten der Vertrautheit und der Verletzlichkeit, aber auch der Unbeschwertheit – immer vor dem Hintergrund des schwierigen Versuchs, eine ganz normale Familie zu sein. Diese intimen Momentaufnahmen verbinden sich mit den Elementen der Street Photography in den auf den Mud Sales entstandenen Fotografien zu einer unglaublichen Familiengeschichte, mit Schwarzweiß als stilistischer Klammer, die dem Werk zusätzlich Ernsthaftigkeit und Authentizität verleiht. „Ich hatte das Gefühl, dass es die Menschen vielleicht interessieren könnte, wie eine Familie nach solch einem tragischen Ereignis zusammenhält“, fasst Roberts seine Arbeit zusammen. „Es bedeutet mir viel, dass wir es geschafft haben, als Familie durch dieses Geschehen zu gehen.“ simon schwarzer

zach ary roberts ph otograp hy.com LF I-On lin e.DE /B log: Slideshow mit weiteren Bildern Equipment: Leica Q mit Summilux 1:1.7/28 mm Asph, Leica M240, Summilux-M 1:1.4/50 mm Asph

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LeicA Klassiker

Ed van der Elsken D i e Verl i ebte K a mer a

Er gilt als der bedeutendste niederländische Fotograf: Ed van der Elsken (1925–1990), vor allem als Vertreter der Street Photography bekannt. Die aktuelle Ausstellung im Stedelijk Museum Amsterdam geht weit darüber hinaus – ein umfassender Blick auf sein vielfältiges Werk.

Die Straße als perfekte Bühne: Mit Leica und Teleobjektiv gelang Ed van der Elsken an einem sommerlichen Tag zur Mittagszeit dieser Schnappschuss; Beethovenstraat, Amsterdam 1967

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Vali Myers fotografierte van der Elsken häufig zusammen mit ihrem Spiegelbild (Paris 1953). Sie war Muse des Fotografen und vereinte in seinen Augen überbordende Lebenslust und existenzielle Einsamkeit. Myers stand im Mittelpunkt der ersten Buchveröffentlichung Liebe in St. Germain des Prés (1956)

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Van der Elsken fotografierte immer wieder auf den Straßen von Amsterdam, er dokumentierte insbesondere die junge Nachkriegsgeneration und ihre Suche nach Unabhängigkeit; Nieuwmarkt 1961. Unten: Ein Selbstporträt mit Ata Kandó und Leica, Paris 1952

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„Von allen Ländern, die ich besucht habe, hat Japan mich am meisten beeindruckt.“ Erstmals bereiste van der Elsken 1960 das Land, kehrte mehrfach zurück und dokumentierte den rasanten Wandel der Gesellschaft. Oben: Im Stadtviertel Kamagasaki, Osaka 1960. Darunter: Junge Frau in der Metro, Tokio 1981

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Fotos: © Ed van der Elsken/Nederlands Fotomuseum

Ata Kandó kontrolliert einen Abzug. Van der Elsken hatte die ungarische Fotografin (geb. 1913) im Labor der Fotoagentur Magnum kennengelernt – sie heirateten 1954. Rechts: Die australische Künstlerin Vali Myers (1930–2003) wurde in Paris zur wichtigsten Muse des Fotografen; beide Aufnahmen entstanden 1953

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Mit schwungvollem Schritt kreuzen drei junge Frauen die Amsterdamer Beethovenstraat und den Blick des Fotografen. „Ist das richtig mit diesen Miniröcken?“, fragte der sich noch, bevor er dann aber den perfekten Dreiklang der kraftvollen Bewegungen in einer ebenso perfekten Aufnahme festhielt: Der Schnappschuss gelang ihm „mit einem langen Objektiv, meinem treuen alten Tamron 400 mm f/6.9, ein klappriges Objektiv, das ich für 60 Dollar in Los Angeles gekauft hatte“, erinnerte sich Ed van der Elsken später. Und noch heute ist die Leichtigkeit und Lebenslust der Swinging Sixties, die in dieser Szene von 1967 aufscheint, bestens spürbar. Die Straße war für van der Elsken die spannendste Bühne, auf der sich immer wieder in der Vielfalt des urbanen Lebens die für ihn typischen Momente zutrugen. Amsterdam und insbesondere auch Paris sollten für seine Karriere bedeutsam werden. Nach seinen fotografischen Anfängen in den Niederlanden zog es ihn in die pulsierende französische Metropole. Im Sommer 1950 kam er an, arbeitete im Labor der Agentur Magnum und fertigte Abzüge für die von ihm bewunderten Fotografen wie Henri Cartier-Bresson, Robert Capa, David Seymour und Ernst Haas. Nach nur sechs Monaten begann er, sich eigenen Projekten zu widmen, insbesondere fotografierte er leidenschaftlich die Nachkriegs-Boheme von SaintGermain-des-Prés. Aus diesem Konvolut entstand 1956 sein erstes Buch Liebe in Saint Germain des Prés, das den Durchbruch bedeutete: es erzählt die dramatische – fiktive – Liebesgeschichte von Ann (Vali Myers) und Manuel (van der Elskens Alter Ego). Die Freizügigkeit der Bilder rief einen Skandal hervor, war aber auch erfolgreich, obwohl der Vertrag für den USMarkt aufgelöst werden musste. Nach der Rückkehr nach Amsterdam arbeitete van der Elsken weiter

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an Buchprojekten, war aber auch bildjournalistisch tätig. Eine Leica mit Teleobjektiv löste zunehmend seine Rolleicord ab, sein Stil und die Dynamik der Bilder wurden journalistischer. 1957 reiste er erstmals nach Afrika, eine vierzehnmonatige Weltreise Anfang der 60er-Jahre erweiterte seinen fotografischen Radius enorm, insbesondere Japan faszinierte den Fotografen. Film wurde als zweites Medium immer wichtiger. Zahlreiche Dokumentarfilme, aber auch Reisereportagen für das Fernsehen entstanden in dieser Zeit. Van der Elsken war als Autor meist sehr präsent. So wie er in den über 20 von ihm produzierten Bildbänden stets großen Einfluss auf Gestaltung, Bild- und Textauswahl genommen hatte, indem er mit experimentellen Mitteln konventionelle Muster durchbrach, versuchte er auch im Film neue Wege zu gehen. Van der Elsken war den Menschen seiner Zeit zugewandt, er suchte ein möglichst authentisches Bild. Körpersprache, individuelle Schönheit, Stärke und erotische Ausstrahlung, aber auch Verletzlichkeit sind Grundthemen seiner Porträts. Mit genauem Blick verfolgte er seine Protagonisten, die auf den frühen Aufnahmen noch oft an seiner Kamera vorbeischauen, in sich gekehrt sind, von Einsamkeit und tiefer Melancholie erfasst zu sein scheinen. Erst später werden die Porträtierten selbstbewusst vor seiner Kamera posieren, werden zu Schauspielern in der Welt des Fotografen. „Zeig, wer du bist“ lautet das Motto, das er immer wieder in Bilder umsetzte. Und mit diesen Worten sollte auch sein letztes Werk Bye enden, ein Film, in dem er das Voranschreiten seiner Krebserkrankung schonungslos festhielt. Über einem Vierteljahrhundert nach seinem Tod kann das Lebenswerk nun erstmals wiederentdeckt werden. Die Amsterdamer Ausstellung zeigt nicht nur rund 200 Farb- und Schwarzweißaufnahmen sowie zahlreiche Filme, sondern gibt durch vielfältiges begleitendes Material Einblick in den jeweiligen biografischen Kontext und den persönlichen Kosmos des Fotografen. Ulrich Rüter

E d va n der E ls k e n

wurde am 10. März 1925 in Amsterdam geboren und besuchte ab 1943 das Institut für Kunsthandwerksunterricht. Um dem Arbeitsdienst der deutschen Besatzer zu entkommen, ging er 1944 in den Untergrund. Ab 1947 beschäftigtigte sich van der Elsken mit Fotografie und zieht 1950 nach Paris, wo er im Labor der Agentur Magnum Photos arbeitete. Dort lernte er seine erste Ehefrau, die ungarische Fotografin Ata Kandó, kennen. 1953 erfolgte seine erste Ausstellung im Museum of Modern Art in New York. 1955 kehrte van der Elsken nach Amsterdam zurück. 1957 heiratete er Gerda van Veen. Nach der Trennung 1971 und dem Umzug auf einen Bauernhof bei Edam heiratete er 1984 Anneke Hillhorst. Am 28. Dezember 1990 erlag van der Elsken einem Krebsleiden.

edvan derelsken .n l Bü ch er : (Auswahl) Camera in Love

(Prestel Publishing, 2017); Jazz (Steidl, Göttingen 2007); Liebe in Saint Germain des Prés (Schaden und Schaden, Köln 1999); Amsterdam! 1947–1970 (Van Holkema & Warendorf, Bussum 1979) Ausstellu n g: Ed van der elsken – Camera in Love ; bis 21. Mai; Stedelijk

Museum, Amsterdam; m.stedelijk.nl


f/ s top – L e i c a M 1 0 – S u mm a r o n 2 . 8 C M 1 : 5 . 6 – L e i c a S o f o rt –

D i e L e i c a M 1 0 : n e u er S e n s o r , besserer M ess s u c h er , e i n fac h ere B ed i e n u n g u n d sc h l a n k w i e e i n e a n a lo ge M

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w u n sc h erf ü llu n g Leica m10

Eine Elektronik nach dem Stand der Technik, im schlanken Formfaktor einer analogen M, das war Leicas Ziel bei der Entwicklung der M10. Trotz kleinerer Irritationen erfüllt die Kamera die Wünsche vieler Fotografen.

Wäre ein M-Fotograf einer guten Fee begegnet, die ihm drei Wünsche gewährt hätte, dann hätte das Ergebnis wohl kaum anders als die Leica M10 ausgesehen. Und da Wetzlar mitten in Hessen liegt, der Heimat der Brüder Grimm, hat es sich ja vielleicht genauso zugetragen. Der Erst e Wunsch . Eine

schlankere und leichtere M stand auf der Wunschliste vieler Fotografen weit oben. Als Leica erstmals den Film durch einen Sensor ersetzt hatte, führten die zusätzlichen Schichten von Sensorplatine, Hauptplatine und Display zu einer größeren Bautiefe. Das war bei der M8 (2006) so und änderte sich nicht mit der M9 (2009). Die 2012 angekündigte M240 war sogar noch etwas größer. Zwar war der Unterschied eigentlich vernach84 |

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lässigbar; das Datenblatt suggerierte zwar eine größere Tiefe, aber das war vor allem darauf zurückzuführen, dass bei der M240 vorstehende Teile mit eingerechnet wurden. Subjektiv sah es für viele Kunden danach aus, als würde die M langsam fett – und sie hatte tatsächlich zugelegt, vor allem wegen eines leistungsfähigeren Akkus. Die Verschlankung der M hatte daher die höchste Priorität. Das Ziel war, zu den Dimensionen einer analogen wie der nach wie vor verfügbaren M7 zurückzukehren, gleichzeitig aber die Elektronik zu verbessern, von einem neuen Sensor bis zu einem schnelleren Prozessor. Wie es die Entwickler formulierten, glich die Herausforderung der Aufgabe, einen V8-Motor in einen Kleinwagen einzubauen.

Das Auflagemaß zwischen Bajonett und Bildebene (und daher dem Sensor) ist ein im M-System fest vorgegebener Wert, weshalb das Augenmerk auf Größenersparnissen bei der Elektronik lag. Die M10 hat eine Any-Layer-Hauptplatine mit 10 Leiterschichten, die zusammen mit der stärkeren Integration und Miniaturisierung der elektronischen Komponenten den Platzbedarf reduzierte. Das allein hätte aber noch nicht genügt, um die Gehäusetiefe auf die Maße aus der analogen Ära zu bringen. Die Lage des Bajonetts war zwar vorgegeben, aber alle anderen Teile des Gehäuses ließen sich verschlanken. Im Ergebnis schrumpfte die Dicke von 42,0 auf 38,5 mm, womit sie nur noch 0,5 mm von einer M7 entfernt ist. Abge-

sehen von vorspringenden Elementen ist die M10 genauso schlank wie die M4; die Oberschalen messen 33,7 mm. Der zurückspringenden Gehäusefront entspricht ein vorspringender Objektivanschluss, der ein Redesign der Messsuchermechanik erforderte. Angefangen mit dem Rollenhebel gibt es ein komplexes Getriebe, über das die Fokussierung des Objektivs auf das Mischbild im Sucher übertragen wird, und die Fokussiergenauigkeit hängt entscheidend von der Präzision dieser Mechanik ab. Leicas Entwickler stellten sich dieser Aufgabe und das Ergebnis war ein Messsucher, dessen Genauigkeit die der M240 noch übertrifft. Gleichzeitig wurde die Suchervergrößerung von 0,68auf 0,73-fach heraufgesetzt, noch etwas mehr als →


Die Leica M10 hat ein reduziertes Design, das an die Gestaltung traditioneller M-Modelle für Kleinbildfilm erinnert. Es gibt keine sichtbaren Schnittstellen mehr und nur noch eine verborgene Schnittstelle für einen elektronischen

Sucher. Das dedizierte ISO-Rad nimmt die Position ein, an der einst die Filmrückspulkurbel saß. Der Hauptschalter schaltet die Kamera nur ein und aus; die Serienbildfunktion und der Selbstauslöser werden per Menü aktiviert

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Die Au fga be vor der d ie M 10 En twic k ler sta n den, ist vergle ic hba r mit der Herausforderu n g, e in en V8 - M otor in ein e n Kle in wage n e in zu bau e n .

die Vergrößerung einer analogen M (0,72-fach). Dem entspricht ein Zuwachs des Gesichtsfelds von 30 Prozent. Die effektive Messsucherbasis ist von 47,1 auf 50,6 mm gewachsen – einer der Gründe für die höhere Fokussiergenauigkeit. Weniger wichtig für die Präzision, aber eine gute Nachricht für Brillenträger ist die Vergrößerung des Augenabstands um 50 Prozent.

Die internen Kamerakomponenten, ob mechanisch, optisch oder elektronisch, nehmen weniger Platz ein und ermöglichen eine schlankere und leichtere Kamera. Der Messsucher ist noch genauer, u. a. wegen der gestiegenen Vergrößerung

D e r Zw e i t e Wu nsc h.

Da das Auflagemaß zwischen Bajonett und Sensor im M-System vorgegeben ist, kann die Kamera zwar schlanker sein, wenn die elektronischen Komponenten weniger Platz einnehmen, aber dann muss das Bajonett weiter vorspringen

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Auch wenn die Auflösung bei 24 Megapixeln geblieben ist, stellt der Sensor der M10 eine Neuentwicklung dar und ist nicht mit dem Max-Sensor der M240 verwandt. Interessanterweise besitzen die M10, SL, Q und S alle Sensoren, die Pixelraster von 6 Mikrometer haben; die Sensorpixel haben also alle die gleiche Größe. Die Herkunft dieser Sensoren ist vermutlich unterschiedlich, aber Leica verrät keine Details. Für alle praktischen Belange muss man den Sensor der M10 als Leica-Sensor ansehen, und wo auch immer er hergestellt


wird, etwaiges Lob wie auch Kritik gebührt Leica. Auch wenn der Sensor nicht der Max-Sensor des Vorgängermodells ist, hat er dessen Mikrolinsen-Design behalten, das die Leistung des Sensors mit allen M-Objektiven optimiert. Probleme mit einem Randlichtabfall und Farbverschiebungen wurden weiter reduziert. Einige Kunden wären wohl erst mit einem 50-Megapixel-Sensor zufrieden gewesen, aber für Leica genießt die Maximierung der Sensorauflösung offenbar nicht die höchste Priorität. Man muss zwischen der Zahl der Pixel einerseits und dem Dynamikumfang und dem Rauschabstand einzelner Sensorpixel andererseits abwägen; darüber hinaus sind die Grenzen der Messsucherfotografie zu berücksichtigen. Ein höher auflösender Sensor würde eine noch höhere Fokussiergenauigkeit erfordern, die nur schwer zu erreichen wäre. Leica strebt die perfekte Balance zwischen diesen widersprüchlichen Anforderungen an, statt eine Kenngröße zum Nachteil aller anderen zu optimieren. Der ISO-Bereich der neuen M wurde stark erweitert; er beginnt nun bei ISO 100 und endet bei ISO 50 000. Wichtiger als der Sprung von ISO 6400, dem maximalen Wert der M240, auf 50 000 ist das geringere Rauschen bei hohen ISOWerten – vierstellige ISOWerte sind nun öfter regulär einsetzbar als mit dem Vorgängermodell. Die uneingeschränkt nutzbare ISO-100-Einstellung ist beim Einsatz der lichtstarken Summilux- und Noctilux-Objektive nützlich.

Es gab schon länger Gerüchte, dass die neue M ein ISOEinstellrad haben würde, aber die Details waren unbekannt. Ein traditionelles ISO-Rad wie das der M7 war keine Option, da dessen Platz ja vom Display belegt ist. Es gab allerdings den bislang ungenutzten Platz, an dem sich früher die Rückspulkurbel befunden hatte. Die Designer haben sich viel Gedanken über die Gestaltung des ISO-Knopfes gemacht. So lange er bündig mit der Oberkante des Gehäuses abschließt, ist er verriegelt; man braucht zwei Finger, um ihn hochzuziehen, woraufhin man damit ISO-Werte zwischen 100 und 6400 in ganzen Schritten wählen kann; dazu ist ein im Menü einstellbarer höherer ISO-Wert und eine automatische Einstellung verfügbar. Wer die Empfindlichkeit oft ändert, braucht den Knopf nicht immer wieder zu verriegeln, da jede Änderung der Einstellung sofort wirksam ist. L ive V iew, V is o f l ex, Fokus s ieru n g . Die M240 war die erste digitale M mit einer Live-View-Option und daher der Möglichkeit, anhand der Live-Bilder scharfzustellen. Präzise Ergebnisse erfordern eine Vergrößerung des Bildes, hier gab es bei der M240 eine Beschränkung: Vergrößern ließ sich nur die Bildmitte. Damit blieb der Fotograf oft auf die fehlerträchtige Methode zurückgeworfen, nach der Fokussierung zu schwenken, wenn sich das Motiv näher am Bildrand befindet. Diese Einschränkung hebt die M10 auf: Das vergrößerte Feld lässt sich frei verschieben. →

Die M10 ist deutlich schlanker als bisherige digitale Modelle von der M8 bis zur M240; die Tiefe von 38,5 mm ähnelt der einer analogen M

Die M10 hat die gleiche Schnittstelle für einen elektronischen Sucher, wie sie Leica mit der T eingeführt hat. Der Visoflex (Typ 020) ist auch an der M10 nutzbar

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Die Menüstruktur der Leica M10 ist einfacher und die Bedienelemente sind reduziert; neu ist das mechanische ISO-Rad

Wie die Leica SL kann auch die M10 ein W-Lan-Netzwerk aufbauen und man kann die Kamera über eine App fernsteuern. Jpegund DNG-Bilder werden auf der Speicherkarte gesichert, können aber auch von einem Mobilgerät importiert werden

Focus Peaking zur Hervorhebung kontrastreicher Details ist weiterhin zur Unterstützung der Fokussierung verfügbar. Der optionale elektronische Sucher für die M240 konnte sich als Fokussierhilfe durchaus nützlich machen, wurde aber oft wegen seiner geringen Auflösung und der großen Latenz kritisiert. Mit der M10 ist das alte Sucherinterface samt seinen Beschränkungen Geschichte; das neue Modell besitzt die im Blitzschuh verborgene Schnittstelle, die Leica mit der T ( jetzt TL) eingeführt hatte. Die M10 unterstützt daher deren optionalen Sucher, den Visoflex (Typ 020). Mit einer Auflösung von 2,4 Millionen Bildpunkten erreicht er zwar nicht den Rekordwert der SL, sorgt aber für eine klare und verzögerungsarme Live-Ansicht. Der Visoflex enthält auch ein GPS-Modul, mit dem die M10 die geografische Aufnahmeposition in den Metadaten der Bilder speichern kann. Natürlich ist die M10 – wie jede M – zu allererst eine Messsucher88 |

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kamera; der elektronische Sucher ist eine nützliche Option, aber kein Ersatz für den optischen Sucher.

diesem Fall –, eine Kamera, die prinzipiell Video aufnehmen könnte, es jedoch nicht macht. Die vermeintliche Entscheidung gegen Video mit der M scheint im Widerspruch zur Einführung der M-0.8-Objektive zu stehen, also M-Objektiven, die für Videoaufnahmen optimiert sind. Aber auch wenn die M10 keinen Videomodus besitzt, bleiben die M und M-P (Typ 240) weiter verfügbar, und ihre Fähigkeit, Video aufzunehmen, ist einer der Gründe, weshalb Leica sie im Programm belässt. Zudem sind die M-0.8-Objektive nicht in erster Linie für den Einsatz an einer M gedacht, auch wenn das technisch möglich wäre.

D er D ritte Wu n s c h .

Dieser Wunsch, Video ja oder nein, ist höchst kontrovers. Die Vertreter der „Bitte kein Video! Wir sind Fotografen“-Fraktion haben sich durchgesetzt, aber die entscheidende Frage bleibt, ob man durch das Weglassen eines Features etwas gewinnen kann. Es gibt kaum eine Komponente einer digitalen Kamera, die für Video nötig ist und nicht gleichzeitig auch für Fotos nützlich wäre. Mikrofonund Kopfhörerbuchsen sind eine Ausnahme, könnten aber ein optionales Zubehör sein. Ein schneller auslesbarer Sensor, eine leistungsfähigere CPU, ein großer und schneller Pufferspeicher und eine wirksamere Wärmeableitung stehen jeder Kamera gut zu Gesicht. Wenn man eine Kamera ohne Videomodus will, bekommt man entweder eine Standbildkamera, die nicht so leistungsfähig ist, wie sie sein könnte, oder – wie in

K e i ne S c h ni ttste lle n .

Der neue Akku hat eine um 28 Prozent geringere Kapazität als der Vorgänger, ermöglicht aber eine schlankere Kamera

Mit der M240 hatte Leica bereits die meisten Schnittstellen abgeschafft. Von dem Anschluss für den elektronischen Sucher einmal abgesehen gab es nur eine hinter der Bodenplatte verborgene Schnittstelle. Man musste statt der Bodenplatte den Multifunktions-Handgriff ansetzen, um die M240 mit einer USB-Schnittstelle auszustatten. Auch die M10 besitzt noch die von den analogen Modellen überkommene Bodenplatte, die abgenommen werden muss, damit man an den Akku und den Steckplatz für die Speicherkarte kommt, aber die verborgene Schnittstelle ist verschwunden. Abgesehen von der neuen Sucherschnittstelle hat die M10 keine elektronische Verbindung zur Außenwelt. Auf der anderen Seite enthält die M10 ein W-LanModul, um eine drahtlose Verbindung sowohl →


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ISO: 100

Der kleine Ausschnitt demonstriert, dass sich getrost die ganze Skala des ISO-Rads der Leica M10 nutzen lässt, um Freihandpotenzial bei wenig Umgebungslicht zu gewinnen. Selbst bei einer Einstellung von ISO 6400 weist der hier unkorrigiert gezeigte Bildausschnitt nur ein feines Rauschmuster bei noch guter Detailzeichnung auf

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ISO: 3200

ISO: 6400

ISO: 32 000

Per Menü einstellbare Werte wie ISO 32 000 sind zwar mit Vorsicht zu genießen; denn am pointilistischen Touch ändert auch die behutsame Korrektur des Farbrauschens in Lightroom wenig. Dennoch, im Vergleich zu Vorgängerinnen erweitert die M10 die Möglichkeiten erheblich – die ISO-Schwäche der digitalen Messsucherfotografie ist Vergangenheit

ISO: 32 000 mit Rauschunterdrückung

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zur Fernsteuerung der Kamera als auch zur Übertragung von Bilddaten aufzubauen. Die M10 spannt ein eigenes Funknetz auf, mit dem sich Mobilgeräte mit installierter Leica-App verbinden. Der einzige Parameter, der aus offensichtlichen Gründen nicht fernsteuerbar ist, ist die Scharfeinstellung. Während die drahtlose Datenübertragung angemessen schnell ist, nutzt man für den Datenimport am Computer besser ein Lesegerät für SD-Karten. Das Handl ing. Ob die

von all dem, was M - F oto gra fe n i n de n letzte n Jah ren au f i h re Wu n sc h zettel gesc h r i ebe n h atte n, h at d ie lei c a m 1 0 v i ele A n l i ege n erf ü llen kö n n e n .

reduzierte Gehäusetiefe die Handhabung verbessert, bleibt Geschmackssache. Fotografen, die an analoge M-Modelle gewöhnt sind, werden finden, dass sich

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gerufen wurden, hat Leica bei der M10 eines gemacht. Es gibt eine benutzerdefinierte Menüseite, auf der man die am häufigsten benötigten Befehle zusammenfassen kann. Die Zahl der Tasten ist auf drei gesunken, was für eine übersichtliche Benutzerschnittstelle sorgt, eine klare Verbesserung gegenüber der M240. Man fragt sich allerdings, weshalb Leica an der abnehmbaren Bodenplatte festgehalten hat. Bei einer Digitalkamera erfüllt sie keinen wirklichen Zweck, und separate Klappen für den Kartensteckplatz und den Akku könnten das Handling verbessern (noch besser wäre ein Batteriefach ohne Klappe, wie es beispielsweise die SL hat).

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Samstag, 1. April 2017, 11-17h

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nun auch eine digitale Variante wie die Modelle aus dem ersten halben Jahrhundert der M-Geschichte anfühlt. Allerdings wiegt sie immer noch 50 g mehr. Ein kurioses Beispiel für Retrodesign ist der Hauptschalter, der wie bei einer analogen M nur zwei Stellungen hat – an und aus. Die Möglichkeit, damit auch den Serienbildmodus oder den Selbstauslöser zu aktivieren, ist verschwunden. Da man diese Schalterstellungen leicht unabsichtlich wählen konnte, kann man das auch als Vorteil ansehen. Beide Einstellungen werden nun über das verbesserte Menü vorgenommen. Aus den bisherigen zwei Menüs, die über die Menuoder über die Set-Taste auf-

Die aktuelle Ausgabe der LFI – und alle anderen seit 2003 –, News aus der Welt der Fotografie, Videos zu den Reportagen und ausgewählte Bereiche der Lesergalerie: die LFI-App für iOS und Android.


Endl ich e ine M 1 0. Die

Vorstellung einer M10 war schon lange fällig. 2012, drei Jahre nach der Einführung der M9, hatte jeder die M10 erwartet, aber die M, die Leica dann auf der photokina jenes Jahres ankündigte, war die M (Typ 240). Mit dem Typ-Schema schaffte Leica die gewohnten Nummern ab – eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung. Ein Modell war durch einen oder zwei Buchstaben identifizierbar, die für die Baureihe standen, also M, S, X, C, T/TL und SL. Es gab qualifizierende Zusätze wie „P“ für eine Variante mit erweiterter Ausstattung und „E“ für ein Einsteigermodell, und eine beliebige aber eindeutige Typnummer, mit der sich ein Modell von je-

dem anderen unterschied. Dieses Schema wurde aber nie populär und zudem ermunterte es zu einer irregeleiteten Zahlenmystik – nur weil die Nummer der M240 das Zehnfache der Zahl der Megapixel war, vermuteten manche eine entsprechende Regel – die von jeder seither eingeführten Kamera widerlegt wurde. Die Typnummern hatten keinerlei Bedeutung, außer dass innerhalb einer Baureihe eine höhere Zahl ein jüngeres Modell anzeigt. Mit der neuen M10 ist Leica zum alten Schema zurückgekehrt. Dennoch hat auch die M10 noch eine Typnummer (3656). Doch eine Frage bleibt: Warum heißt die M10 nicht M11? Eine M10 müsste die

Auch mit der Bereitschaftstasche in Rot, Schwarz oder Braun bleiben alle Teile der Kamera inklusive Display zugänglich

Nachfolgerin der M9 sein, aber das war die M240. Und deren Nachfolger wäre logischerweise die M11. Es gibt keine Erklärung, aber es könnte sein, dass die M10 ursprünglich schon Ende 2016 vorgestellt werden sollte. Dann wäre ihre Einführung rechtzeitig zum 10-jährigen Jubiläum der digitalen M gekommen, was das Motiv für den Namen M10 gewesen sein könnte. Unabhängig von ihrem Namen wird sich die Leica M10 durch ihre Fähigkeiten einen Platz im M-Kosmos erkämpfen müssen. Aber das dürfte ihr nicht schwerfallen, denn von all dem, was sich M-Fotografen in den letzten Jahren gewünscht haben, hat sie eine Menge zu bieten. michael j. Hussmann

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H au p tsac h e S pass Sofortbildfotografie

Street Photographer Craig Semetko hatte frßh Gelegenheit, mit der Leica Sofort zu experimentieren. Eigentlich wollte er so fotografieren wie immer, aber das gelang nicht, wie geplant. Auf den richtigen Weg brachte ihn seine 14-jährige Nichte.

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Craig Semetko (*1961) hat erst spät zur Fotografie gefunden, nach dem Studium der Kommunikationswissenschaften war er zunächst als Schauspieler, Autor und Comedian tätig. Das merkt man seinen Aufnahmen an: Oft wirken sie wie ein Sketch, ein Alltagsdrama oder eine Anekdote. 2010 erschien sein erstes Fotobuch. Unposed enthält eine Auswahl seiner Street Photography, die auf Reisen durch Europa und die USA entstanden war. Das Vorwort schrieb Elliott Erwitt. Für Semetko ist Elliott –

dieser geniale Beobachter und begnadete Geschichtenerzähler – eine stete Quelle der Inspiration. Semetko gehörte zu den zehn Fotografen des 10×10-Projekts aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums der Kleinbildkamera, auch dort hat er sich in zehn Bildern mit seinem großen Vorbild Erwitt auseinandergesetzt. Aus dem 10×10-Projekt ging anschließend sein zweites Fotobuch, India Unposed, hervor. Derzeit setzt Semetko sein 2011 begonnenes Langzeitprojekt über die USA fort. Der Fotograf lebt in Los Angeles.

LFI: Craig, was schoss Ih‑ nen durch den Kopf, als Sie die Anfrage erreichte, ob Sie vorab die Leica Sofort ausprobieren möchten? Craig Semetko: „Ach du meine Güte!“ – etwas in der Art. Ich war mir nicht ganz sicher, was Leica mit Sofortbildkamera meinte. Ich dachte natürlich sofort an Polaroid, unglücklicherweise

Das Fotografieren mit der Leica Sofort ist so einfach, dass es Semetko zuerst einmal verwirrte – aber das legte sich schnell

bin ich alt genug, mich an diese Kameras zu erinnern, als Kinder haben wir manchmal damit gespielt. Aber, es ist schon eine faszinierende Idee, heute noch eine solche Kamera auf den Markt zu bringen. Es gibt mittlerweile eine ganze Menge Leute, die nicht mehr wissen, was Film ist. Welche Ideen hatten Sie für Ihr Sofort-Projekt? Einige, aber es lief nicht alles so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich musste schon eine Lernkurve durchlaufen. Die Kamera ist so einfach, dass sie mich regelrecht verwirrte. Ich glaubte nicht, dass es so einfach sein könne, dass ich wahrscheinlich etwas falsch machte. Ich bin kein Schnappschussfotograf, die Piktogramme im Menü der Sofort sagten mir zunächst nichts – ich nehme sonst alle Einstellungen manuell vor. Als ich die Kamera in der Hand hatte, wusste ich nicht, ob sie Autofokus hat oder ob man über das Objektiv fokussiert. Ich habe ziemlich viele Bilder verschossen, um das herauszubekommen. Waren die Schwierigkeiten damit behoben? Nein, die nächste Herausforderung bestand darin, dass ich mich sonst als Street Photographer betätige. Also habe ich natürlich versucht, auch mit der Sofort Street Photography zu machen. Aber das Bild, das die Kamera auswirft, ist klein, und es ist auch nicht einfach, den richtigen Moment zu erwischen. →

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Als mir schließlich klar war, wie man mit dieser Kamera fotografieren muss, habe ich versucht, die Fotografien eher grafisch und designorientiert aufzufassen – etwas, das mir nicht leichtfällt, da ich sonst anders fotografiere. Ich war also etwas in Sorge über meine Aufnahmen. Wie löste sich der Knoten? Glücklicherweise war meine 14-jährige Nichte in dieser Zeit zu Besuch. Ich begann gerade, mich mit der Sofort vertraut zu machen. Sie war über die Maßen aufge-

regt, weil sie überhaupt keine Vorstellung davon hatte, warum dieses Ding Bilder ausspuckte: „Was geht da ab, Onkel Craig?“ Sie freute sich riesig und fand jedes Bild toll, das ich aufnahm. Ganz egal, wie schlecht ich ein Bild fand, für sie wares fantastisch. Bei ihr stand der Spaß an erster Stelle. Weil ich mich darauf konzent-

Weil das Bild so klein ist, sollte es grafisch gestaltet sein – das ist die Essenz der Erfahrungen, die Semetko mit der Sofort machte

rierte, gute Bilder mit der Sofort zu machen, brauchte ich eine Weile, um zu begreifen, dass es bei dieser Kamera in erster Linie auf den Spaß ankommt: Diese Kamera ist dafür gemacht, Spaß zu haben – und es war eine 14-Jährige, die mich darauf gebracht hatte. Wie arbeitet man als erfahrener Profi-Fotograf mit einer Spaßkamera? Ich halte es immer für eine gute Idee, seine Kamera wie die eigene Westentasche zu kennen. So wie ich meine M240. Die Einstellung

musste ich bei der Sofort aufgeben, mit ihr bin ich umgegangen wie mit einem Spielzeug. Und Spielzeuge machen Spaß! Als ich das begriffen und meinen Frieden damit gemacht hatte, konnte ich mich entspannen und lustige Bilder aufnehmen. Ich glaube, das ist der Schlüssel. Offensichtlich ist die Kamera auf eine bestimmte Altersgruppe zugeschnitten, auf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Viele Menschen drucken ihre Fotos ja gar nicht mehr, sie bleiben auf dem PC. Auch für sie ist ein Familienfoto oder ein Partybild auf Film fantastisch. Als meine Nichte abreiste, schenkte ich ihr zehn Bilder – so konnte sie ihre Erinnerungen mit nach Hause nehmen. In dieser Hinsicht ist die Sofort ein großartiges Werkzeug – auch wenn ich ein wenig gebraucht habe, um dahinterzukommen. Ihre Erfahrungen auf einen Punkt gebracht? Wenn man sich mit der Sofort vertraut gemacht hat, weiß man, dass man sehr nah heran und das Bild gut ausfüllen muss. Das ist nicht anders als bei anderen Kameras, aber da das Bild so klein ist, verlangt es nach einer eher grafischen Anmutung. Man muss es eine Armlänge entfernt erkennen können und allein auf Grund des Designs unmittelbar in das Bild hineingezogen werden. Details kann man bei einem Bild dieser Größe nicht erwarten. interview: bernd Luxa

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Foto: Alex Webb/Magnum Photos/Agentur Focus

Auf den ersten Blick scheint es, als habe Alex Webb bei der Komposition dieses Bildes alle Konventionen über Bord geworfen. Anstatt „eingerahmt“ zu sein, ergeben zusammengewürfelte Elemente eine verwirrende Collage aus Farben, Schatten, Linien und Formen. Scheinbar, denn je länger man schaut, desto ersichtlicher wird die Ordnung: Beide Männer befinden sich im Goldenen Schnitt, das Bild ist von oben nach unten in drei deutliche Streifen geteilt, im Zentrum der Aufnahme bilden die Männer und die Spitze des Bootes die Ecken eines Dreiecks. Es ist immer verlockend, Regeln zu brechen. Aber nur sehr wenige Kompositionen, egal wie unüblich, brechen überhaupt irgendwelche Regeln. Selbst abstrakte Kompositionen enthalten eine kohärente Struktur. Henri Cartier-Bresson hat Bilder auf den Kopf gestellt, um zu sehen, ob die Komposition funktioniert. Das zwingt das Auge, sich von jeglichem Verständnis des Motivs freizumachen, und reduziert alles auf Form. Behält ein Bild selbst dann die Balance, funktioniert es. Will man kompositorische Balance erreichen, muss man sich an vielfach erprobte Regeln halten. Man mag aufstöhnen, wenn man „Drittelregel“, „Führungslinien“ oder „Goldener Schnitt“ hört, doch diese Regeln haben ihren Grund: In einerKomposition gibt es keine Schönheit ohne Balance.

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in der er die Geheimnisse ikonischer Fotografien lüftet, erschienen im Midas Verlag.

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Linsenschnitt-Zeichnung des streng symmetrisch aufgebauten historischen 28er-Summaron (oben). Leica IIIf mit aufgestecktem Spiegelsucher (SLOOZ) für 28-mm-Brennweite (unten)

vorb i ldc h a ra k ter L e i c a- H i s t o r i e

Ende 2016 hat Leica nahezu originalgetreu das 1955 auf den Markt gebrachte Summaron 1:5.6/28 mm neu aufgelegt – mit M-Bajonett statt Schraubgewinde. Ein Blick zurück auf das Original und seine Zeit.

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Das aus 6 Linsen bestehende „Summaron f = 2.8 cm 1:5.6“ – so die Gravur auf dem Objektiv – gehört zu den letzten Leitz-Objektiven, die auch nach Erscheinen der Leica M im Jahre 1954 noch ausschließlich mit Wechselgewinde produziert wurden. In den Jahren, in denen die Schraubleicas noch unterstützt wurden, erschienen die meisten neuen Objektive entweder mit Schraubgewinde und MBajonett oder bereits ausschließlich mit M-Bajonett. Mittels eines Bajonettzwischenrings (IRZOO) war aber der Einsatz an einer MKamera ebenfalls möglich. Der optische Aufbau des Objektivs entspricht dem eines streng symmetrischen Doppelobjektivs mit vier Linsengruppen, bei denen jeweils zwei verkittete Linsenglieder die Front- und Hintergruppe bilden. Die hintere Linsengruppe ist im Durchmesser etwas größer als die Frontgruppe. Mit seinem Frontlinsen-Durchmesser von nur 9 mm und einer Länge von lediglich 16,5 mm, gemessen ab Auflage, zählt dieses Schraubleica-Objektiv zu den kleinsten seiner Klasse. Das 28er-Summaron wurde von Oktober 1955 bis März 1963 in einer Gesamtzahl von rund 6200 Stück hergestellt. Das hier gezeigte Exemplar mit der Seriennummer 1.537.423 entstand um 1957. Sowohl das Summaron als auch der Frontdeckel des Objektivs sind matt verchromt. Die frühen Exemplare wiesen ausschließlich eine Entfernungsskala mit Meterangabe auf. Später bot Leitz aber auch eine Version mit Feet-Einteilung an. Die Blendenstufen der


Schärfentiefe-Skala sind auf den Auflagering graviert und mit roter Farbe ausgelegt. Der pilzförmige Objektiv-Stellhebel rastet bei der Unendlich-Stellung ein. Die besonders markante, rechteckige Gegenlichtblende, die in schwarzem Schrumpflack gehalten und mit Klemmschraube versehen ist, komplettiert dieses einzigartige Objektiv. Als Sucher standen seinerzeit ein aufsteckbarer Spiegel-

Die Normalausführung des 28erSummaron mittels Umkehrring (GUIIT) in Retroposition am Leitz Aristophot angesetzt

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sucher (SLOOZ) für 2.8-cmBrennweite sowie der Universalsucher (VIOOH) mit eingesetztem Vorsatz (TUVOO) zur Verfügung. Bei Abblendung – die nicht nur bei diesem Weitwinkelobjektiv aus Gründen der gleichmäßigen Lichtverteilung zu empfehlen ist – nimmt die Bildqualität zu und erreicht bei Blende 11 einen hohen Leistungsgrad. Deshalb sind beim 28erSummaron sowohl das Vorder- als auch das Hinterglied wesentlich größer als es für die Einhaltung der relativen Öffnung erforderlich wäre. Gleichzeitig mindert diese Maßnahme weitgehend die Vignettierung, sodass das Objektiv in jeder Hinsicht, insbesondere auch im Hinblick auf Makrofotografie, alle gestellten Anforder-

ungen sicher erfüllt. Neben den speziell für Übersichtsund Lupenfotografie korrigierten Objektiven empfahl Leitz seinerzeit bestimmte Leica-Objektive auch für den Einsatz im Makrobereich. Dabei handelte es sich in erster Linie um diejenigen, deren optischer Aufbau eine annährend symmetrische Konstruktion aufwies. Einige dieser Objektive ließen sich mithilfe von Umkehrringen auch in Retrostellung benutzen. An der Innenseite des Frontrings des 28er-Summarons befindet sich ein E-34Filtergewinde, das nicht nur ein Filter, sondern alternativ auch einen Umkehrring (GUIIT) aufnehmen kann. Mithilfe des Umkehrrings lässt sich das Objektiv an Geräten wie dem Leitz Panphot oder Aristophot für Makro-Aufnahmen ansetzen. Daneben bot Leitz Mitte der 1960er-Jahre auch ein stark modifiziertes 28erSummaron mit GUIIT als spezielles Lupenobjektiv an, das heute zu den selteneren Makro-Objektiven zählen dürfte. So ist das 28er-Summaron auch heute noch in jeder Hinsicht – Kompaktheit, Leistungsstärke, und Design – ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die LeitzKonstruktionsphilosophie, vor allem in der Blütezeit der Schraubleicas, ästhetisch ansprechende Objekte hervorgebracht hat. Ba h m a n Bawen di ist Ehren-

mitglied des Leica Historica e. V. und stets an weiteren Informationen zu seinen Themen interessiert. Seine E-Mail-Adresse lautet: bawendi@t-online.de

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der r i c h t i ge W eg Smartphone-Fotografie

Das Smartphone hat der Kompaktkamera längst den Rang abgelaufen, obwohl es fotografisch noch nicht bei allen Aufgaben überzeugen kann. Können externe Geräte die Probleme lösen?

Smartphone im Kameralook: das Panasonic DMC-CM1 von 2014 mit Leica DC Elmarit 1:2.8/10.2 mm (Kleinbildäquivalent 28 mm) mit 1-Zoll-Sensor und 20-Megapixel-Auflösung

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In den 1990er-Jahren waren, beinahe gleichzeitig, die Fundamente für zwei Technologien gelegt, sodass ihre Einführung auf dem Massenmarkt beginnen konnte: am Anfang des Jahrzehnts die Mobiltelefonie, ein paar Jahre später die Digitalfotografie. Das erste GSMTelefon stellte Motorola 1992 vor und bereits im selben Jahr zeigte IBM auf der Computermesse Comdex den Prototypen des IBM Simon, das erste Smartphone, das zwei Jahre später auf den Markt kam. Mit Simon konnte man mobil telefonieren, faxen und E-Mails verschicken – und ja, einen Touchscreen hatte Simon auch schon. Mitte der 90er zogen Digitalkameras nach, die sich nicht mehr nur an professionelle Fotografen richteten, sondern auf den breiten Markt der Amateurfotografie zielten. Mit Auflösungen von 0,3 oder 0,5 MP nahm das später so genannte Megapixelrennen seinen Lauf. Und noch vor Ende des Jahrzehnts, 1999, brachte Toshiba das Camesse auf den Markt, das erste Mobiltelefon mit integrierter Digitalkamera, die mit 0,11 Megapixeln auflöste. Das erste Mobiltelefon mit VGA-Auflösung (0,3 MP) brachte in Europa Nokia mit dem 7650 im Jahr 2002 heraus. Von LG kam das erste Gerät mit 5-MP-Kamera (2006), noch im selben Jahr konterte Samsung mit 10 MP. Und ein Jahr später war es so weit: Apple stellte im Januar das iPhone vor, das erste Smartphone mit den Komponenten und Funktionen, die auch heute noch die Gerätekategorie definieren: Touchscreen, Gestensteuerung, Internet-


fähigkeit, Kamera und Erweiterbarkeit durch Apps. Smartphones folgen ähnlichen Entwicklungszyklen wie andere Computer: Etwa nach einem Jahr ist ein neues Gerät zu erwarten. Neben den Veränderungen beim Design ist es mit schnelleren Prozessoren, mehr RAM, besseren Displays und natürlich mit immer besseren Kameras ausgestattet. Letzteres hat dazu geführt, dass sich die Geräteklasse digitaler Kompaktkameras im Sturzflug befindet: Den meisten Nutzern reichen offenbar die Fähigkeiten ihrer SmartphoneKamera, denn die Spitzenmodelle erreichen in vielen Aufnahmesituationen ja tatsächlich schon die Bildqualität einer Kompaktkamera. Im Grunde können diese nur noch mit ihrem optischen Zoom, einem besseren Blitz, und, dank größerer Sensoren im höheren Preissegment, bei schlechten Lichtverhältnissen punkten. Immer wieder haben Hersteller versucht, mit besonders für die Fotografie optimierten Mobiltelefonen oder Zusatzgeräten auch diese verbliebenen Vorteile zu egalisieren.

Mit dem 808 PureView brachte etwa Nokia 2012 ein Mobiltelefon mit einem relativ großen 1/1,2-Sensor mit 41 MP auf den Markt. Das recht klobig wirkende Gerät traf aber weder den Zeitgeschmack, noch gab es einen Nachfolger. Panasonic stellte 2014 mit dem DMCCM1 ein Gerät vor, das, wenn auch deutlich eleganter als das PureView, ebenfalls mehr nach Kamera als nach Telefon aussah (Abbildung links). Für das CM1 mit 1-Zoll-Sensor, 20 MP und Leica DC Elmarit 1:2.8/ 10.2 mm – was im Kleinbildformat einer Brennweite von 28 mm entspricht – gab es zwar noch ein Betriebssystem-Update von Android 4.4 auf 5, aber auch keinen Nachfolger. Auf eine andere Idee verfiel 2013 Sony: Die Japaner brachten mit der Cybershot DSC-CX10 eine Kamera heraus, die sich mittels eines simplen Klemmmechanismus an die meisten damals auf dem Markt befindlichen Smartphones andocken ließ, und deren Display als Sucher nutzte (Abbildung Seite 101). Bis es allerdings so weit war, mussten das

Apple nutzt im iPhone 7 Plus (links) die Doppelkamera für einen optischen 2-fach-Zoom, während Huawei und Leica im Mate 9 (rechts) wie schon zuvor im P9 auf einen Schwarzweiß- und einen Farbsensor setzen

Telefon, die mit einem optischen 10-fach-Zoom ausgestattete Kamera und die zugehörige App gestartet und schließlich auch noch eine WiFi-Verbindung zwischen Telefon und Kamera etabliert werden – okay für Stills, vollkommen unge-

eignet für Schnappschüsse. Hasselblad stellte 2016 mit dem Hasselblad True Zoom ein ähnliches Konzept vor (Abbildung Seite 101). Das Gerät, ebenfalls mit optischem 10-fach-Zoom ausgestattet, passt allerdings nur an das Moto Z von Motorola (Lenovo). Das bringt enorme Geschwindigkeitsvorteile gegenüber der Cybershot, ungewiss ist aber, ob das True Zoom auch an die nächste Gerätegeneration passt oder ob Motorola die gegenwärtige mit AndroidUpdates versorgt. →

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Die DxO One verbindet sich ausschließlich mit iOS-Geräten über die Lightning-Schnittstelle. Mit einem 1-Zoll-Sensor ordentlich ausgestattet, lässt aber die Laufzeit des Akkus sehr zu wünschen übrig

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Die One von DxO (Abbildung links) ist ebenfalls eine eigenständige Kamera mit 1-Zoll-Sensor, 20 Megapixeln, Raw-Verarbeitung, Blende 1.8 und 32-mm-Objektiv (Kleinbildäquivalent). Sie verbindet sich über den Lightning-Anschluss mit iOS-Geräten und nutzt deren Displays als Sucher. DxO verfolgt eine vorbildliche Firmware-Politik, Updates erweitern kontinuierlich die Fähigkeiten der One. So lässt sie sich auch unabhängig vom Telefon nutzen, da ihr kleines Oled-Display inzwischen auch als Sucher mit Bitmap-Auflösung fungiert. Das ändert aber kaum etwas an ihrer großen Schwäche, der wirklich miserablen Akkuleistung. Sollte DxO da noch etwas einfallen, könnte die One eine interessante Alternative zur integrierten Kamera sein. Und gäbe es einheitliche Smartphone-Schnittstellen wäre eine derartige Kamera sogar an den Telefonen unterschiedlicher Hersteller einsetzbar. Der Trend scheint allerdings in eine andere Richtung zu gehen. Seit Huawei im vergangenen Jahr seine


pelkameras der Erzeugung von 3-D-Effekten dienten. Die hatten sich allerdings schnell abgenutzt, erst 2014 gab es wieder neue Telefone mit Doppelkamera. Immer noch ging es eher um Spielereien als um den konsequenten Versuch, die Bildqualität zu verbessern, aber immerhin gab es auch schon die ersten Versuche, die dank Doppelkamera anfallenden Daten für die Simulation von Bokeh-Effekten zu nutzen, die mit Smartphone-Kameras optisch nicht zu erreichen sind. Daran arbeitet die Branche weiter, denn noch überzeugen die Ergebnisse nicht auf ganzer Linie – auch nicht der sogenannte 27.01.17 14:04des nun Porträt-Modus ebenfalls mit Doppelkamera

Spitzenmodelle P9 und P9 Plus mit einer Dual Lens Camera von Leica ausstattete (LFI 4, 5 und 6/2016), hat die Smartphone-Fotografie einen großen Sprung nach vorn gemacht. Mit einer verbesserten Dual Lens Camera im Huawei-Phablet Mate 9 legten die Unternehmen bereits nach (LFI 1/2017) und gemäß dem Innovationszyklus der Branche dürfte auch schon bald mit einem P10 zu rechnen sein. Huawei und Leica sind nicht die Ersten, die auf die Idee kamen, Mobiltelefone mit Doppelkamera zu bauen. Bereits 2011 kamen das HTC Evo 3D, das LG Optimus 3D und das Aquos PhoAnzeige von LFI_EDDYCAM_Neu.pdf ne SH80F Sharp auf den Markt, bei denen die Dop-

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Optischer 10-fach-Zoom durch externe Objektive: Sonys Cybershot DSC-CX10 (links) und das Hasselblad True Zoom

ausgestatteten iPhone 7 Plus. In vielen Aufnahmesituationen übertrifft die Bildqualität von Spitzen-Smartphones aber schon heute die von vielen Kompaktkameras deutlich – namentlich hervorgehoben sei hier das

Mate 9. Deshalb ist davon auszugehen, dass Geräte wie die Cybershot DSCCX10 oder das Hasselblad True Zoom Übergangstechnologien bleiben – die Hersteller werden sich in erster Linie weiter um die Verbesserung der internen Smartphone-Kamera(s) kümmern, auch wenn ihnen mit dem Thema optischer Zoom eine harte Nuss zu knacken bleibt. BernD Luxa

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H ava n n a , Kuba Sinfonie in Blau oder besuchen Sie Havanna, solange es noch steht: Einer der berühmten Oldtimer ist liegen geblieben, „ein Foto, wie es auch ein Tourist an jeder Straßenecke machen könnte“. Aber nicht mehr dieses Foto, denn die Ruinen sind fort und ein neues Hotel wird gebaut. Volker Figueredo Véliz Leica M9-P, Summilux-M 1:1.4/35 mm Asph

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fest i m B l i c k: M a r i ly n „In der Karibik schmücken viele Frauen, jung und alt, ihre Haare mit künstlichen oder echten Blumen. Hier hat mich aber die hin- und herschaukelnde Marilyn gereizt. Ich griff zur Kamera, wählte die Blende und wartete nur noch auf den nächsten Blickkontakt mit Marilyn.“ Johannes Barthelmes Leica M240, Summilux-M 1:1.4/35 mm Asph

o n B r oa dway „Die Aufnahme entstand in einer Samstagnacht in Nashville, Tennessee. Mir war der Kontrast zwischen den beiden Jugendlichen mit ihren modernen Laptops und dem Oldtimer ins Auge gefallen. Für mich ist es ein Blick auf die amerikanische Kultur, wie man ihn nur in Nashville sieht.“ J Ben Eliezar Leica M Monochrom 246, Summicron-M 1:2/35 mm Asph

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G ua rd i n g T h e a rtefacts „Bei einem meiner vielen Besuche in Chicago stieß ich am Tribune Tower auf diese Gruppe von Hochzeitsgästen, Freunde des Bräutigams, die auf den offiziellen Fototermin warteten. Da sie an einer der architektonischen Perlen der Stadt lehnten, fiel mir als Bildtitel Guarding the Artifacts ein.“ James Rice Leica M9, Summilux-M 1:1.4/35 mm Asph

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L i T tle i n d i a „Als erstes fiel mir diese Straße in Singapurs Stadtteil Little India auf, die Geometrie der Häuser und die Struktur der Installationen. Dann kam eine Person ins Bild, deren Outfit gut in die Umgebung passte. Der Mann nahm kurz Notiz von mir, drehte sich aber wieder um und ging weiter.“ James Chan Nyein Aung Leica X2 mit Elmarit 1:2.8/24 mm Asph

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Ne o n Ta x i „Meine Idee war, so viele der alten Neonreklamen wie möglich gemeinsam mit einem der für Hongkong typischen rotweißen Taxis aufzunehmen. Kaum hatte ich das Bild im Kasten, kurbelte der Fahrer auch schon das Fenster herunter und rief, dass ich von der Straße verschwinden solle." Jonathan Seah Leica SL, Summilux-M 1:1.4/35 mm Asph

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Vö ll i g Vers u n k e n „Ich traf auf diese junge Frau in der Londoner U-BahnStation Westminster. Sie war völlig aufs Lesen konzentriert, beinahe sah es so aus, als ob sie ihr Gesicht in den Seiten vergraben würde. Ich hatte noch niemals jemanden gesehen, der sich ein Buch so dicht vor die Nase hält.“ Hyonwo Kim Leica M240, SummicronM 1:2/35 mm Asph

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Albrecht Tübke: Pitti Uomo, Opfer der Mode, zu sehen im Deutschen Fotomuseum Markkleeberg

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Fotos: © Pieter Hugo, Priska Pasquer, Köln; © Gabriele und Helmut Nothhelfer, 2016/courtesy of the artist (Leihgabe Stiftung Ann und Jürgen Wilde/Pinakothek der Moderne, München)

Kunstmuseum Wolfsburg

Peter L i n dberg h G a rry W i n o gr a n d NRW - F o r u m D ü s s e l d o r f

Frauen sind schön. Das ist der Leitfaden der Doppelausstellung Women on Street in Düsseldorf, die zwei Weltstars der Fotografie vereint. Auf fast 150 Fotografien wird nur ein Motiv präsentiert: Frauen. Die Schau, die bis Ende April im NRW-Forum gezeigt wird, präsentiert erstmals in Deutschland die gesamte berühmte Serie Women are beautiful des amerikanischen Fotografen Garry Winogrand. Ihr gegenüber steht die Arbeit On street des Modefotografen Peter Lindbergh. Zusammen bieten sie ein künstlerisches Paket aus Frauen und Street Photography, aber auch, und das ist wohl der wichtigere Part, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Themen Inszenierung, Authentizität und Realität. „Bei richtiger Schönheit sprechen wir über Individualität, über die Courage man selbst zu sein, die eigene Sensibilität einer Person. Das zusammen ergibt für mich Schönheit“, hat Peter Lindbergh einmal gesagt. Und so fotografierte er seine Modelle jenseits von Posen und Selbstvermarktung: natürlich, intim, stark, zerbrechlich. Das Topmodel Cindy Crawford formulierte es 2015 im Stilmagazin Icon so: Lindbergh zeige eine Schönheit, „die man nach Erfahrungen, Herzschmerzen, nachdem man Kinder bekommen hat, erreicht.“ 44 Mal Lindbergh, 85 Schwarzweißfotografien von Winogrand und dazu bislang ungesehene Farbarbeiten des Amerikaners aus den Jahren 1958 bis 1964: Women on street ist der melancholische Versuch, in die Seele des weiblichen Geschlechts zu blicken. Oder wie Winogrand es ausdrückte: „Ich weiß nicht, ob alle fotografierten Frauen schön sind. Aber ich weiß, dass sie in den Fotos schön sind.“ Bis 30. April 2017, Foto: © Peter Lindbergh, Paris

Was trennt, was verbindet uns? In In Between the Devil and the deep blue Sea geht der südafrikanische Fotograf in Stillleben, Porträts und Landschaftsaufnahmen den Folgen kultureller Unterdrückung und politischer Dominanz nach. Menschlichkeit im Kontrast zur Härte sozialer Realität: eindringlich und direkt. Bis 23. Juli 2017, Foto: Pieter Hugo, Thoba Calvin and Tshepo Cameron Sithole-Modisane, Pretoria, aus der Serie Kin, 2006–2013, 2013

U n d p lötzl i c h d i ese W e i te S p r e n g e l M u s e u m h a n n ov e r

In Kooperation mit C/O Berlin und dem Museum Folkwang Essen präsentiert das Sprengel Museum Hannover eine Ausstellung zur Geschichte der Berliner Fotografie-Institution „Werkstatt für Photographie 1976–1986.“ Bis 19. März 2017, Foto: Gabriele und Helmut Nothhelfer, Demonstration gegen alliierte Truppenparade, Spandauer Damm, Berlin 1975

Albrec h t T ü b k e DEUTSCHES F OTOMUSEUM , Markkleeberg

In knalligen Farben und vor den Hintergründen von Geschichte erscheinen Albrecht Tübkes Motive wie Konglomerate aus Illusion und Wirklichkeit. Pitti Uomo – so heißt die Modemesse in Florenz, und auch die Serie des 1971 gebürtigen Leipzigers, Sohn der Maler Angelika und Werner Tübke. Darin fotografierte er 2011 statt der Modemessen Models die „Opfer der Mode“ – die Besucher von Pitti Uomo. Die gezeigten Personen schlüpften mit ihrer Identität selbst in die Rolle von Modellen. Pelz und Pink, Biker und Gothics, PlisseeRock und Japan-Style: Tübkes Porträts zeigen Menschen aus einer postmodernen, pluralistischen Gesellschaft, individuell, stylish und cool. Der Direktor des Museums Andreas J. Mueller findet: „Mit den Stilmitteln der dokumentarischen, sachlichen und konzeptuellen Fotografie ist es Tübke gelungen, ein heiteres, fast schon satirisches Gesellschaftsporträt unserer Zeit zu zeichnen.“ Bis 25. Juni 2017, Foto: Albrecht Tübke, Pitti Uomo, 2011

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Sandra Mehl (Frankreich): Ilona and Maddelena, 2016; Kristof Vadino (Belgien): Refugee Odyssey to Europe, 2015; Weronika Gesicka (Polen): Traces, o. J.; Philip Kanwischer (Kanada): Inhospitably Ours, o. J.; Frank Herfort (Russland): Ball in Forest aus Fairy Tale from Russia, 2014 (von links im Uhrzeigersinn)

E merg i n g Ta le n t Awa rds 2 0 1 6

In welche Richtungen weisen derzeit angesagte Bildideen? Wer schlägt gerade neue Wege ein? Diese Fragen stellt der LensCulture Emerging Talents Award. Beworben hatten sich über 1000 Fotografen aus über 120 Ländern. Aus ihnen hat die international besetzte Jury 50 Fotografen ausgewählt, deren Bildsprache und fotografische Idee sie als bemerkenswert und wegweisend bewertet. „Was wir uns angesehen haben, war kein Material für einen Schönheitswettbewerb, sondern es war gleichsam eine Re114 |

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cherche dessen, zu was die Fotografie im 21. Jahrhundert fähig ist und welche Formen der Bildmanipulationen es gibt, um einen gewünschten Effekt zu erzielen“, bemerkt Jim Casper, der Chefredakteur von LensCulture. Neben den Emerging Talents konnte jedes Jurymitglied einen sogenannten Juror’s Pick bestimmen, die ausgewählten Fotografen erhalten jeweils ein Preisgeld von 2500 Dollar. Der Wettbewerb, der Profifotografen offen steht, sieht sich ausdrücklich nicht als Nachwuchsförderung –

schließlich erfolgt die Beurteilung und Prämierung der eingereichten Arbeiten unabhängig von Alter oder Erfahrung des jeweiligen Fotografen. Alle Arbeiten werden in digitaler Form bei einer Ausstellung des neu eröffneten Museums im International Center of Photography in New York im Frühjahr dieses Jahres zu sehen sein. Außerdem werden sie Teil der Projektionen auf mehr als 50 Festivals weltweit sein. www.lensculture.com/2016-lenscultureemerging-talent-award-winners

Fotos: Alle Rechte bei den genannten Fotografen

L e n s C u lt u r e p r ä s e n t i e r t D i e 5 0 g e w i n n e r


— S MAGAZIN — L e i c a G a ler i e n deutschland

polen

W etzl a r

w a rsc h a u

Joel Meyerowitz: Leica Hall of Fame 2016

Pszemek Dzienis: Pureview

Am Leitz-Park 5, 35578 Wetzlar 18. Januar — Ende März 2017 F r a n k f u rt

Mysia 3, 00-496 Warschau 9. Februar 2017 — 26. März 2017 Portugal

Vincent Peters: Personal

P o rt o

Großer Hirschgraben 15, 60311 Frankfurt am Main 20. Januar — 19. März 2017

Daniel Casares Román: Cor Humana

N ü r n berg

Ara Güler: Das Auge Istanbuls Obere Wörthstr. 8, 90403 Nürnberg 11. Februar — 15. April 2017 Z i n gst

Per-Anders Pettersson: African Catwalk Am Bahnhof 1, 18374 Zingst Ende Februar — Ende April 2017

Rua de Sá da Bandeira, 48/52 4000427 Porto, 28. Januar — 5. April 2017 Türkei

i st a n b u l

Kurt Hutton: Von Straßburg nach London – von Hübschmann zu Hutton Bomontiada - Merkez, A, Birahane Sk. No:1, 34381 Şişli/İstanbul 20. Dezember 2016 — 11. März 2017

österreich

S a lzb u rg

Mary Ellen Mark, François Fontaine, Julien Mignot: Film ab! 3. März — 1. April 2017 Gaisbergstr. 12, 5020 Salzburg S c h l o ss Are n berg

USA

L o s A n geles

Danny Clinch 8783 Bever­ly Boulevard, West Hollywood, CA 90048, 2. März — 31. März 2017 B o st o n

Mario Marino: Faces

Mathieu Bitton: Darker Than Blue

Arenbergstr. 10, 5020 Salzburg 25. Februar 2016 — Ende Juni 2017

74 Arlington Street, Boston, MA 02116 9. März — 30. April 2017

wien

Alfons Walde Walfischgasse 1, 1010 Wien 16. Dezember 2016 — 25. März 2017 i ta l i e n

Mailand

Aktuelle Ausstellung stand bei Redaktionsschluss nicht fest

brasilien

S ão Pau l o

David Burnett: Man Without Gravity Rua Maranhão, 600 Higienópolis, 01240-000 São Paulo 14. Februar — 15. April 2017 Ja pa n

Via Mengoni, 4, 20121 Mailand Tokio tschechien

Pr a g

Elliott Erwitt and Werner Bischof: Platinum Print exhibition

Jaroslav Kučera: Silent Dialogues

6-4-1 Ginza, Chuo-ku, Tokio 3. März — 4. Juni 2017

Školská 28, 110 00 Prag 1 3. Februar — 2. April 2017

Kyoto

Anju: The Invisible Kyoto 570–120 Gionmachi Minamigawa, Higashiyama-ku, Kyoto 11. März — 8. Juni 2017

ELLEN VON UNWERTH —

www.s-magazine.photography


M a r k Ne v i lle Fa n c y P i c t u r e s

Der britische Fotograf (*1966) hat in den letzten Jahren eine spannende Gratwanderung zwischen künstlerischer und dokumentarischer Fotografie gemeistert. Einen großartigen Überblick präsentiert dieser Bildband mit sieben Serien, die seit 2004 entstanden sind. Dass Neville nun den konventionellen Vertriebsweg gewählt hat, ist nicht selbstverständlich, hatte er sein erstes Buch 2005 doch direkt an 8000 Haushalte der schottischen Kleinstadt Port Glasgow verteilen lassen. Nirgendwo sonst konnte man den 116 |

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Bildband erhalten, der das Leben der ehemaligen Schiffbauerstadt in Zeiten postindustrieller Rezession dokumentierte; ein Jahr hatte Neville dort gelebt. Nun ist eine Auswahl der Serie mit weiteren Bildgruppen und Dokumentationsmaterial in dem aufwendigen Bildband vereint. Auch in den anderen Projekten widmet sich Neville der Erforschung sozialer Beziehungen in kleinen Gemeinschaften. Dabei spannt er den Bogen vom schottischen Landleben über den Alltag in Corby, einer Industriestadt in Mitteleng-

land, bis hin zu Serien über London und Pittsburgh in den USA. Von besonderer Bedeutung ist eine Arbeit über britische Soldaten in Afghanistan. Insgesamt sicher kein CoffetableBook: „Durch die Darstellung dieser Projekte in Fancy Pictures will ich einen Dialog über das Wesen des Publikums und den Zweck zeitgenössischer fotografischer Praxis eröffnen.“ Ohne Zweifel ein spannender Beitrag. 224 Seiten, 109 Abbildungen, 29 × 26,2 cm, englisch, Steidl


B i rte Kau fm a n n THE TRAVEL l ERS

K i r i ll G o lovc h e n ko Out of the Blue

Wer sich im trüben Winter an einen heißen Sandstrand träumen möchte, träfe mit diesem neuen Bildband eine gute Wahl. Golovchenko (*1974) ist wieder in die Ukraine zurückgekehrt, die Sommer mit seiner Großmutter am Strand des Schwarzen Meers hat er nicht vergessen. Allerdings hat sich sein Sehnsuchtsort stark verändert, seit er das Land 1997 verlassen hat. Damals waren Strand und Meer noch ein Abenteuer, nicht so überfüllt wie heute und die Besucher gingen sorgsamer mit den Örtlichkeiten um. Und doch schaut man nun sehr aufmerksam auf das Strandleben, denn der Clou dieser Serie ist ein leuchtend blauer Schwimmreifen, der jedes Motiv einrahmt, den Bildausschnitt kreisförmig bestimmt. Gleichzeitig hat der Fotograf mit dem Ring das ideale Accessoire gefunden, das seinen fotografischen Voyeurismus perfekt verschleiert: „Er passt zum Strand, nicht nur als formales Ding. Ich war nie nur ein Beobachter, sondern auch ein Urlauber“, erinnert er sich. Am Strand geht es um sehen und gesehen werden, „doch meine Beobachtungen machte ich durch dieses ,Loch‘. Es sah spontan aus und nach Spaß beim Fotografieren. Der Schwimmring verbirgt dich, isoliert dich, macht dich aber auch sichtbar. Er hilft beim Fokussieren – sowohl dem Fotografen als auch dem Beobachter. Er ist wie ein Scheinwerfer, der eine bestimmte Situation für einen kurzen Moment beleuchtet.“ Mit diesem formalen Trick gelang es Golovchenko, den Gegensatz zwischen Dokumentation und Inszenierung ganz spielerisch zu überwinden. 96 Seiten, 44 Abbildungen, 24 × 32 cm, englisch, Kehrer Verlag

Zwischen 2011 und 2015 hat die deutsche Fotografin (*1981) den Alltag der größten Minderheitengruppe Irlands begleitet und in sensiblen, empathischen Bildern festgehalten. Entrückt von der Lebenswirklichkeit des 21. Jahrhunderts, versuchen die rund 25 000 Menschen ihre traditionelle Identität und eigene Sprache zu bewahren. 144 Seiten, 58 Abbildungen, 21 × 25 cm, englisch, Kettler Verlag

Rag n a r Ax elss o n Gesichter des Nordens

Seit über 25 Jahren thematisiert der isländische Fotograf (*1958) die faszinierende Welt im hohen Norden sowie das Leben der Menschen unter extremen Bedingungen. Diese Neuausgabe wartet mit doppelter Bildanzahl auf und belegt eindrücklich die Bedeutung von RAX als einen der bedeutendsten Landschafts- und Dokumentarfotografen. 412 Seiten, 300 Schwarzweißabb., 31 × 29 cm, deutsch, Knesebeck

The Life and Work of

S i d G r o ssm a n Eine gelungene Wiederentdeckung: Sid Grossman (1913– 1955) war nach seinem frühen Tod weitgehend vergessen; der bemerkenswerte Bildband rückt sein Werk zurück in die Öffentlichkeit. Seine Karriere startete der in New York geborene Grossman als Fotojournalist, 1936 war er einer der Gründer der linken, an sozialen und politischen Themen interessierten Photo League. Immer wieder fotografierte er die Veränderungen seiner Heimatstadt, ergänzt durch viele Reisen. Nach dem Zweiten Weltkrieg standen Grossman und die Photo League unter Beobachtung des FBI; 1951 wurde sie aufgelöst. Der Bildband widmet sich erstmals der gesamten Bandbreite des Fotografen: von der persönlicheren, dynamischen Street Photography der späten 40er-Jahre über seine Ballettaufnahmen aus den 50ern bis hin zu abstrakten Experimenten. Nicht zuletzt durch seinen Einfluss als Lehrer ist die Bedeutung Grossmans für die US-amerikanische Fotografie nicht zu unterschätzen. 252 Seiten, 150 Abbildungen, 25,2 × 26,4 cm, englisch, Steidl

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Seit 2010 reiste der Deutsche Robin Hinsch mehrfach in die Ukraine, wo er „die Melancholie eines implodierten politischen Systems einfing�. Aus seiner Serie Kowitsch/Ato (2015)

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„E s ge h t n i c h t u m Ku n st u m der K u n st w i lle n .“ i n t e rv i e w

Foto links: © Robin Hinsch; Fotos rechts: © Marie Hald, © Pierfrancesco Celada; all courtesy of the artists

Als einer von vier Kuratoren des European Photo Exhibition Award fördert der norwegische Fotograf Rune Eraker den politischen Journalismus im Bild.

Der European Photo Exhibition Award (EPEA) versteht sich als Plattform für sozial relevante Fragen des Zusammenlebens in Europa, erarbeitet von Nachwuchsfotografen und bestimmt für den öffentlichen Diskurs. Zwölf ausgewählte Fotografen setzen ihre Beobachtungen und Haltungen in einem Fotoessay um, den die EPEAKuratoren betreuen. Die Ergebnisse werden im Rahmen einer Wanderausstellung als Gruppenarbeit gezeigt.

de Fotografen als Mentor und Kurator für die Ausstellungen. Die Kuratoren sind Ingo Taubhorn (Kurator am Haus der Photographie in den Deichtorhallen, Hamburg), Sérgio Mah (Kurator und Soziologe, Lissabon), Enrico Stefanelli (Gründer und künstlerischer Leiter des Photolux Festivals, Lucca) und ich. Jeder Fotograf nimmt an zwei Workshops teil und dann machen wir Coachings und beurteilen den Werdegang der Projekte.

LFI: Herr Eraker, gerade läuft die dritte Runde des EPEA, erzählen Sie uns von Ihren Aktivitäten dabei. RUne Eraker: Jeder der vier Kuratoren betreut drei bis fünf herausragen-

LFI: Wann haben Sie und Ihre Mitkuratoren das Projekt ins Leben gerufen? Eraker: Vor sechs Jahren, in Zusammenarbeit mit der Fondazione Banca del Monte di Lucca, der Fundação Calouste Gulbenkian, der Fritt Ord Foundation und der Körber-Stiftung, die das Projekt finanzieren. Wir wollten herausragende Talente in die Szene einführen. LFI: Wer kommt dabei in Betracht? Eraker: Wir sprechen Fotografen an, die einen speziellen Ausdruck haben. Wir halten nach Fotografen mit Potenzial Ausschau. Generell gibt es bei uns keine Ausschreibung, die Arbeiten, die wir uns ansehen, sind allesamt Empfehlungen der Kuratoren. Wir starteten mit 400 Kandidaten. →

Oben: Pierfrancesco Celada untersucht, wie sich die Ränder Mailands immer weiter in ländliche Gebiete ausdehnen. Aus seinem Projekt Milano, Hinterland (2015). Links: Mit der Serie The Girls from Malawa (2015) erkundet die Dänin Marie Hald die inneren und äußeren Grenzen von Teenagern, die einen „Krieg gegen sich selbst führen”

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Margarida Gouveia; Untitled #4, aus X, Y and Z and Another One for Luck (2016)

LFI: Beim EPEA geht es um politischen Journalismus. Eraker: Es geht nicht um Kunst um der Kunst willen, sondern darum, das Verständnis von Fotografie und Kommunikation zu fördern. Am Ende geht es darum, wie sich Fotografen und Betrachter einem Thema widmen.

her. In Deutschland hingegen kam das immer eher aus Richtung Kunst, so ist mein Eindruck. Bei unserer Arbeit mit dem EPEA versuchen wir beide Seiten einander anzunähern: die Kunst und das Dokumentarische.

LFI: Nach European Identities (2012)

Eraker: Ich selbst komme von einem

und The New Social (2014) lautet das aktuelle EPEA-Motto Shifting Boundaries. Was ist Ihr Wunsch, wie das bearbeitet werden sollte? Eraker: Auf jeden Fall nicht nur auf eine rein journalistische Art und Weise – auch die künstlerisch arbeitenden Fotografen haben zu diesem Motto etwas zu erzählen.

politischen Ansatz. Ich habe meine Arbeit als Aktivist begonnen. Ich suche mir Themen, um die Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge zu lenken und hoffentlich eine Diskussion über diese Dinge anzustoßen. Das ist mein ganz konkreter Weg, Bilder politisch zu machen. Was auch immer man macht, es geht darum, wie man es macht.

LFI: Wo ziehen Sie die Grenzen zwischen Journalismus und Kunst? Eraker: Wenn man sich skandinavische Kunst in der Fotografie ansieht, kommt das vom Dokumentarischen

LFI: Auf welche Weise können Fotografen durch politische Bilder Aufmerksamkeit generieren? Eraker: Fotografie hat die Fähigkeit, Leute zur Betrachtung zu bewegen.

LFI: Was ist mit der Schlagkraft von

politischen Inhalten? Oben: Marie Sommer untersucht vom Verfall bedrohte Architekturen und Räume: Kumrovec Library aus The Circular Ruins (2015) Darüber: Arianna Arcara zeigt die Folgen der zyprischen Teilung. Aus The Other Side (Where Time Passes by but Stands Still, 2015) Rechts: Jakob Ganslmeier reiste durch das vom Wandel geprägte Polen. Untitled, aus der Serie Lovely Planet: Poland (2015)

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Fotos: © Margarida Gouveia, © Arianna Arcara, © Jakob Ganslmeier, © Marie Sommer, all courtesy of the artists

„ Ku n st u n d D o ku me n ta r i sc h es – w i r wo lle n be i de se i te n e i n a n der a n n ä h er n . “


Ich glaube, es gab noch nie eine Zeit in unserer Geschichte, in der so viele Bilder zirkulieren wie heute. LFI: Waren die Inhalte früher politischer? Was sagt Ihre Wahrnehmung? Eraker: Wenn man sich die zeitgenössische Kunst und Fotografie anschaut, kreisen die Motive oft um den Urheber: Fotografen haben die Kamera oft um sich selbst kreisen lassen, um zu zeigen, wie sie fühlen oder die Umstände wahrnehmen. In den 1970erund 80er-Jahren ging es politischer zu. Jetzt ändert sich das alles wieder ein bisschen. Fotografen wollen etwas über die Welt erzählen. Dazu will der European Photo Exhibition Award über seine Mottos etwas beitragen.

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LFI: Sie coachen junge Fotografen, ihre eigene visuelle Ausdrucksweise zu finden. Wie machen Sie das? Eraker: Ich hinterfrage sie und diskutiere fortlaufend ihre Arbeit. Ich sehe mir an, wie sie mit den Themen umgehen und versuche, das herauszuarbeiten. Obwohl ich als Fotograf klassisches Equipment nutze, bin ich für neue Techniken offen. Ich mache ihnen immer klar, dass man ja für seine Fotos bekannt sein will. Man wird bekannt durch die Bilder, die man selbst gern hat, das sind die, mit denen man kein Geld verdient. Wenn man aber nicht aufpasst, wird man mit den Bildern in Verbindung gebracht, für die man bezahlt wird. Das sind die, die veröffentlicht und am Ende von der Öffentlichkeit mit dir als Fotograf in Verbindung gebracht werden. Man muss sich stets bewusst machen, dass man gleichsam die Bilder verkörpert, die man aufgenommen hat. Interview: Carla Susanne Erdmann

Ru n e E ra ker (geboren 1961) ist seit mehr

als 25 Jahren als freier Dokumentarfotograf tätig. Seine Bilder wurden in norwegischen Magazinen und Tageszeitungen und international veröffentlicht. Derzeit gehört Eraker zum Redaktionsteam des Norwegian Journal of Photography. Ausstellu n g : European Photo Exhibition

Award: Shifting Boundaries, Haus der Photographie, Hamburg, 3. März bis zum 1. Mai 2017; www.epeaphoto.org

So fo rt Be st e lle n :

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Leica Fotografie I n t e r n at i o n a l

S t é p h a n e L avo u é mein Bild

Die Begegnung mit dem russischen Premier dauerte keine halbe Minute. Das Ergebnis der schnellsten Fotosession von Lavoué überhaupt: ein intensives Porträt.

69. Jahrgang | Ausgabe 2. 2017

LFI PHOTOGR A PHIE GMBH Springeltwiete 4, 20095 Hamburg Telefon: 0 40/2 26 21 12 80 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 ISSN: 0937-3969 www.lfi-online.de, mail@lfi-online.de Chefredaktion Inas Fayed, Frank P. Lohstöter (V.i.S.d.P.) A rt Direction Brigitte Schaller REDA KTION Carla S. Erdmann, Michael J. Hußmann, Katrin Iwanczuk, Bernd Luxa, Edyta Pokrywka, David Rojkowski, Holger Sparr, Olaf Staaben, Simon Schwarzer, Olaf Stefanus, Katrin Ullmann Fotoredaktion Reportage Carol Körting layout Thorsten Kirchhoff MITA RBEITER DIESER AUSGA BE Bahman Bawendi, Katja Hübner, Ulrich Rüter Geschäftsführung Frank P. Lohstöter, Anja Ulm Finanzen und Controlling Johanna Schulz A nzeigenleitung & M arketing Kirstin Ahrndt-Buchholz, Samira Holtorf Telefon: 0 40/2 26 21 12 72 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 E-Mail: buchholz@lfi-online.de holtorf@lfi-online.de Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 45 vom 1.1.2017 REPRODUKTION: Alphabeta, Hamburg DRUCK: Optimal Media GmbH, Röbel/Müritz PA PIER: Igepa Profimatt

Wladimir Putin in Paris, Mai 2008

Für Le Monde waren wir mit Wladimir Putin, damals russischer Ministerpräsident, für ein Interview und ein Shooting im Hôtel d’Estrées, der Residenz des russischen Botschafters in Paris, verabredet. Nach endlosen Sicherheitskontrollen ließ man mich in den Salon rouge, das riesige Wohnzimmer der Residenz. Damals fotografierte ich nur mit Tageslicht. Ich überprüfte gerade noch die Lichtverhältnisse, da rauschte er auch schon mit seiner Entourage in den Salon. Ich schüttelte ihm die Hand und bat ihn, zu mir zu sehen. Die ersten Aufnahmen. Dann mit Blick zum Fenster. Noch ein paar Aufnahmen. 16 Sekunden und elf Fotografien später war er schon wieder weg. Das war meine schnellste Fotosession überhaupt. Und noch dazu mit Putin!

A BO-Bezugsbedingungen LFI erscheint achtmal jähr­lich in deutscher und englischer Sprache. Jahresabonnement (inkl. Ver­sandkosten): Deutschland: 58 € Belgien, Österreich, Luxemburg, Niederlande, Schweiz: 63 € weltweit: 69 € LFI ist auch als App im Apple iTunes Store und bei Google Play erhältlich LFI-A boservice Postfach 13 31, D-53335 Meckenheim Telefon: 0 22 25/70 85-3 70 Telefax: 0 22 25/70 85-3 99 E-Mail: lfi@aboteam.de

Stéphane Lavoué, 1976 im französischen Mulhouse geboren, absolvierte zunächst ein Ingenieurstudium. 2001 beschloss er, als Fotograf zu arbeiten. Seine Arbeit führt ihn in die ganze Welt. Er ist vor allem für seine außergewöhnlichen Porträts bekannt.

Gerichtsstand der LFI Photographie GmbH ist Wetzlar, Erfüllungsort ist Hamburg. Für unverlangt eingesandte Fotos und Texte übernimmt die Redak­tion keine Haftung. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheber­ rechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla­ges unzulässig und strafbar.

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