LFI Magazin 5/2020 D

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5. 2 0 2 0     J U L I

D 8,90 € A 9,90 € L 10,10 € I 10,20 € CHF 15,60

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L E I C A F O T O G R A F I E I N T E R N AT I O N A L

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Sheila Metzner Diane Betties Juan Cristobal Cobo Suzan Pektaş

Joseph Rodríguez


WE LOVE LEICA

www.leica-store-nuernberg.de


LFI 5. 2020

P O RT F O L I O L I G H T B OX

F / S TO P

94 | L F I . G A L E R I E

8 0 | H U AW E I P 4 0 P R O

Über 30 000 Fotografen präsentieren in der LFI-Galerie mehr als 700 000 Bilder. In dieser Ausgabe u. a. mit dabei: eine Coronablüte, ein Schnappschuss in Pink und ein sonniger Nachmittag

Im 2020er-Jahrgang wartet das Smartphone-Flaggschiff von Huawei mit größeren Sensoren und höherer Auflösung für die zusammen mit Leica entwickelte 4-fach-Hauptkamera auf

P H OTO

88 | LEICA D-LUX 7 Ende 2018 ist Leicas Edelkompakte mit Deckkappe und Objektiv in Silber auf den Markt gekommen. Jetzt ist sie auch als Variante ganz in Schwarz erhältlich – und es steht ihr gut

104 | 40 JAHRE LOBA

Suzan Pektaş, aus ihrer Serie Dreams the Black Sea

9 0 | F I N E -A R T P R I N T In Teil zwei unserer Serie über Fine-Art-Papiere widmen wir uns schweren, matten Papieren. Mit ihrer glatten Oberfläche haben sie den Ruf, besonders gut zarte Farbtöne abzubilden

Sheila Metzner 6 | LEICA KLASSIKER

Stimmungsvolle, magische Szenerien – aufwendige Inszenierungen prägen das zeitlose Werk der New Yorker Fotografin. Eine Hommage

Joseph Rodríguez 20 | EAST SIDE STORIES

Die Leica D-Lux 7 – jetzt auch in einer Variante ganz in Schwarz verfügbar

Harte Jungs mit Familiensinn: Ende der 1990er-Jahre fotografierte Rodríguez das private Leben einer Straßengang in Los Angeles

Suzan Pektaş 3 6 | D R E A M S T H E B LAC K S E A

Nach 25 Jahren kehrte die Fotografin nach Bulgarien, das Land ihrer Kindheit, zurück. Eine Reise der Erinnerung durch die Schwarzmeer-Region

Aus Anlass des 100. Geburtstags des Leica-Entwicklers Oskar Barnack wurde 1980 der nach ihm benannte Award aus der Taufe gehoben. Ein Rückblick 108 | BÜCHER Neue Publikationen von Paul Almasy, François-Marie Banier, Jörg Brüggemann, Tobias Kruse, Charlie Koolhaas und Luis Cobelo 1 1 0 | I N T E RV I E W In wenigen Jahren hat der Unternehmer Silvio Frota eine der größten fotografischen Sammlungen in Brasilien aufgebaut. Seine Mission: Bildung 114 | MEIN BILD Die Aufnahme eines Wohnhauses, das sie an ihr Puppenhaus aus der Kindheit erinnerte, gab Sayuri Ichida ihr fotografisches Selbstvertrauen zurück 114 | IMPRESSUM

Juan Cristobal Cobo 5 4 | C I C LOV Í A

Straße frei für Fußgänger, Inlineskater und Radfahrer: die Ciclovía, der Sonntagvormittag ohne Kraftfahrzeuge in Bogotá

Diane Betties 68 | DE MA MÈRE

In einer Altbauwohnung in Athen, eingerichtet mit historischen Möbeln, hat Betties ein junges Model für ihre Modestrecke in Szene gesetzt

COVER: Joseph Rodríguez, Aufnahme aus seiner Serie East Side Stories

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LFI INTERN

N E U E H E RAU S F O R D E R U N G E N D I E B E S T E N P O R T R ÄT S S I N D G E F R A G T

A Smile from Home for You, © Franz Eder

Die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Veränderungen der letzten Wochen haben auch vor der Fotografie nicht haltgemacht. Wir wollten von den Anwendern der LFI. Gallery wissen, wie sie ihre Erfahrungen und Erlebnisse in diesen bewegten Zeiten fotografisch umsetzen. Die zahlreichen Einsendungen haben uns berührt und überwältigt und zeigen, dass die Kreativität selbst in den gegenwärtigen Verhältnissen nicht versiegt. Unter dem Namen From Home haben wir die besten Beiträge in einer Online-Fotostrecke versammelt – herzlichen Dank an alle Einsender! Waren die letzten Wochen auch fotografisch von leeren Straßen und Plätzen geprägt, steht in der neuen Challenge wieder der Mensch im Vordergrund: Lassen Sie uns ihre besten Porträt-Aufnahmen zukommen – mit der Chance auf eine Veröffentlichung im LFI-Blog oder der Lightbox in der gedruckten Ausgabe. Aber am wichtigsten: Bleiben Sie gesund!

JOSEPH RODRÍGUEZ

Da sich Schwarzweißfotografie in der Sicht von Rodríguez besonders gut eignet, Emotionen und Handlungen in Reinform abzubilden, realisierte er seine Serie East Side Stories: Gang Life in East L. A. ganz ohne Farbe. Den Fotografen haben Filme, die in der Tradition der Weimarer Republik stehen, als Kind stark geprägt und viel gelehrt. „Das wurde mir aber erst bewusst, als ich 1985 ans International Center of Photography ging und Cornell Capa mir ein Stipendium für Dokumentarfotografie gewährte.“ 4 |

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S UZA N P E K TAŞ Die Fotografin, geboren in einer bulgarischen Stadt nahe der Schwarzmeerküste, erinnert sich gern an die Sommer, die sie mit ihrer Familie in einer kleinen Hütte am Strand verbrachte. Besonders an die fantastischen Geschichten ihres Großvaters über kopflose Pferde und schwebende Frauen über dem Meer. Heute lebt sie in Istanbul: „Glücklicherweise bietet mir auch dort die Küste ein Fenster zum Atmen, wenn ich das Gefühl habe, zwischen den vielen fremden Menschen unterzugehen.“

S H E I L A M E TZ N E R

Ausgehend von ihrer Familie, befreundeten Künstlern und der vertrauten Umgebung ihres Studios in New York hat die Fotografin seit Ende der 70er-Jahre ein unvergleichliches Werk geschaffen, das ab Oktober in der Gruppenausstellung America 1970/80s – Hofer, Metzner, Meyerowitz, Newton in der Helmut Newton Stiftung, Berlin, gezeigt wird. Wir präsentieren in dieser Ausgabe ein Portfolio mit ihren Arbeiten. Ihr Porträt aus dem Jahr 1988 fotografierte Helmut Newton.

Fotos: © Lucig Kebranian; Suzan Pektaş; Helmut Newton Estate: Helmut Newton, Sheila Metzner, Monte Carlo 1988

CONTRIBUTOR


Break the rules. Change their view. Tell the bitter truth. Challenge the status. Stand strong. Leica Konstanz

Don’t look back. Stay hungry. Find the spark. Risk. Fail. Repeat. Succeed.

LEICA M Whatever it takes - be original. beoriginal.leica-camera.com LEICA. DAS WESENTLICHE.


Ihre Szenerien sind magisch, stimmungsvoll und zeitlos faszinierend. Das Werk ist geprägt von einer unvergleichlichen Mischung aus Form, Farbe und aufwendiger Inszenierung. So positionierte sich Metzner als ungewöhnliche Fotografin von Porträts, Mode, Stillleben – und vor allem als selbstbewusste Künstlerin.

LEICA KLASSIKER

Sheila Metzner

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Jedes Bild ist eine kunstvoll arrangierte Studie, ob ergänzt mit Gemälden von Tamara de Lempicka oder Art-décoObjekten. Art Deco, 1984 (oben); Joko Passion, 1985 (links); Mahal Mermaid, 1980 (vorherige Seite)

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Metzners Modelle gehÜren oft zur Familie – kunstvoll arrangierte Studie mit Tochter Bega aus dem Jahr 1982


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Ob Farbe oder SchwarzweiĂ&#x;: Immer leben Metzners Motive von stark stilisierten Inszenierungen. Ein Porträt von Robert Mapplethorpe, 1984 (oben), eine Schmuck-Studie von 1988: Elaine, Man Ray (rechts)

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Viele Arbeiten Metzners haben einen privaten Bezug: eine Aktstudie von 1996 mit Tochter Bega (oben). Der Kßnstler Bob Richardson war einer der ersten FÜrderer ihrer Fotografie, ein Porträt von 1970 (links)

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Ein Portr채t ihrer Tochter 1980, Ruby Miami Shirt, 1980 (oben). Das Portr채t ihres Ehemanns Jeffrey inszenierte die K체nstlerin in seinem Atelier 1986 (links). Model und Arp-Skulptur, 1985 (n채chste Seite)

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Fotos: © Sheila Metzner


S H E I L A M E TZ N E R 1939 in Brooklyn geboren; nach Studium der Visuellen Kommunikation am New Yorker Pratt Institute begann sie 1961 in der Werbebranche zu arbeiten und wurde erster weiblicher ArtDirektor der Werbeagentur Doyle Dane Bernbach. 1968 Heirat mit dem Maler und Art-Direktor Jeffrey Metzner (1941–2008), fünf gemeinsame Kinder. Autodidaktische Beschäftigung mit der Fotografie. Ab 1978 erste Ausstellungen. Der samtigsatte Einsatz der Farbe wird auch von Mode- und Kosmetikhäusern entdeckt. Ihre Motive leben von einer speziellen intimen SalonAtmosphäre, in der kostbare Designobjekte und ausgewählte Attribute die Porträtierten begleiten. Für ihre Abzüge arbeitet Metzner mit dem französischen FressonVerfahren. Zahlreiche Auszeichnungen und Publikationen. Sie lebt in New York.

SHE I LA ME TZ N E R .CO M AUS STE L LU N G : America 1970s/1980s,

9. Oktober 2020 bis 16. Mai 2021, Helmut Newton Stiftung, Jebensstr. 2, 10623 Berlin BÜ C HE R : (Auswahl) FROM LIFE (Rizzoli, New York 2017); FORM AND FASHION (Arena Editions, Sante Fe 2001); COLOR (Twin Palms Publishers, Altadena 1991); OBJECTS OF DESIRE (Clarkson N. Potter, New York 1986)

Grandios war schon der erste Auftritt, mit dem Sheila Metzner sich einem größeren Publikum stellte, war sie doch 1978 mit einer Arbeit in John Szarkowskis legendärer Ausstellung Mirrors and Windows. American Photography since 1960 im Museum of Modern Art vertreten. Mit diesem Start begann eine einzigartige Karriere. Die Jahre zuvor erscheinen aus heutiger Sicht wie ein langer Anlauf. Bereits vor ihrem Entschluss, selbst Fotografin zu werden, war sie mit der Welt der Fotografie vertraut: Als erfolgreiche Art-Direktorin in der Agentur Doyle Dane Bernbach arbeitete sie mit den berühmtesten New Yorker Fotografen der Zeit zusammen, etwa mit Diane Arbus, Richard Avedon, Joel Meyerowitz, Irving Penn und Bob Richardson. In der Rückschau beschreibt sie jedoch ihre Enttäuschung: „Was sie hervorbrachten, war nicht meine Vision. Nicht das, was ich in meinem Kopf sah, zeichnete oder mit Worten erklärte. Ihre Arbeit war die ihre. Nicht meine. Doch zu dieser Zeit hatte ich nicht einmal eine Kamera.“ Erst nach der Geburt des ersten Kindes und Aufgabe des bisherigen Jobs war der Weg frei für die Fotografie, die von Anfang an von vertrauter Intimität und präziser Form bestimmt war. Wichtigster Mentor in dieser Zeit wurde der Fotograf Aaron Rose, er inspirierte sie, zeigte ihr die Geschichte der Fotografie, in der Metzner insbesondere den Piktorialismus, also die Fotografie um 1900, aber auch Julia Margaret Cameron, Georgia O’Keefe oder Man Ray für sich entdeckte. Die Familie wuchs, aber auch ihr fotografisches Selbstbewusstsein: „Nach etwa neun Jahren und vielen Besuchen in Museen und den wenigen Galerien für Fotografie, die es damals gab, verließ ich eines Tages das Guggenheim Museum und sagte zu mir selbst: Es reicht – du hast genug gesehen.“ Metzner präsentierte dem MoMAKurator Szarkowski 22 Arbeiten und wurde Teil seiner Ausstellung. Große Erleichterung, denn sie erkannte: „Ich war Fotografin!“ Eine erste Einzelausstellung folgte in der Daniel Wolf Galerie in New York. Vor allem aber

entdeckte sie zunehmend die Farbe für sich. Ein mutiger Entschluss, denn damals war in der künstlerischen Fotografie noch klassisches Schwarzweiß maßgeblich. Schon die zweite Ausstellung war der Farbe gewidmet, sie ließ ihr Werk unverkennbar werden. Satte Farben im weichen Fokus, das Wechselspiel kostbarer Interieurs mit intimen Porträts ließen Metzners Werke sowohl im künstlerischen als auch im kommerziellen Raum schnell ihren Platz finden. Sie wurde Fotografin der Vogue und arbeitete mit verschiedenen Modehäusern wie Valentino, Fendi oder Ralph Lauren zusammen. Inspiriert von künstlerischen Vorbildern und außergewöhnlichen Möbeln oder einzelnen Designobjekten inszenierte sie ihre Motive bis ins kleinste Detail: „Nichts in meiner Arbeit entwickelt sich spontan. Ich hatte immer einen Plan“, so Metzner. Für ihre Inszenierungen suchte sie edle Objekte, ob Skulpturen, Gemälde oder Schmuck: „Das waren Objekte, die ich studieren wollte, aber nicht kaufen konnte – mit meiner Fotografie machte ich sie mir zu eigen. Jede Inszenierung hat eine eigene Geschichte. Jede Person, jeder Ort oder jedes Objekt hat eine Bedeutung in der Geschichte, die mein Leben ist, oder in meinem Leben, das zu dieser Geschichte, diesem Mythos wurde. Dazu gehören auch Liebe und Gefühle. Nichts Negatives. Niemals“, ergänzt sie im Interview. Immer dabei war die Leica M4, ein Geschenk ihres Ehemanns, der Künstler Jeffrey Metzner: „Ich wählte die Kamera, um meine Bedürfnisse, meine Vision zu erfüllen. Nie anders herum. Mir war klar, dass eine Kamera ein Werkzeug ist.“ Mit welcher Präzision Metzner ihre Arbeiten entwickelte, wird auch noch heute deutlich: Die Bilder haben nichts von ihrer Faszination verloren, sind in ihrem Stil und ihrer Prächtigkeit längst zeitlos – oder waren sie es nicht schon von Anfang an? ULRICH RÜTER

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Joseph Rodríguez EAST SIDE STORIES

Drogenhandel, Gewalt und Drive-by-Shootings: Dass sich der Gangster-Alltag in den Boyle Heights in Los Angeles jedoch hinter den Kulissen viel weniger aufsehenerregend und in erster Linie familiär gestaltet, dokumentierte Joseph Rodríguez Anfang der 1990er-Jahre.

Evergreen-Mitglieder der ersten Generation, Boyle Heights, Los Angeles 1993

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Unten: Steve lässt seine Enkel im Pool schwimmen, um sie aus der Gang verseuchten Nachbarschaft rauszuholen, die sie jeden Tag umgibt. Rechte Seite von oben: Steve Blount, ein „Veterano“ der Evergreen-Mitglieder der ersten Generation, mit seiner Tochter Stephanie, Steve hält die Urne seiner Frau Chris, Stephanie eine Fotografie ihrer Mutter; Baby Shower der Bount-Familie im Griffith Park; Steve und sein Enkel Nicholas bei einer Geburtstagsfeier in East Los Angeles


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Unten: Mikey mit dem Foto seines Vaters, der im Gefängnis sitzt. Linke Seite von oben: Franky und Gyro machen sich fßr die Arbeitssuche schick, Spanky spielt mit dem Spielzeuggewehr seiner Neffen; drei arbeitslose Jugendliche in einer Sozialbausiedlung in Estrada Courts, East Los Angeles; Porky (links) und Pony in East Los Angeles. Pony wurde kurz nach Entstehen dieser Aufnahme von einer konkurrierenden Gang umgebracht


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Die Familien von Evergreen-Mitgliedern haben sich zu einem Picknick getroffen, Los Angeles 2013


Insane Juvenile Queens: „Wir sind keine Gang, wir hängen gerne gemeinsam rum und tanzen.“, Los Angeles 1992


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Unten: Mark, ein Evergreen-Mitglied hält seine Tochter im Arm und zeigt das Gang-Zeichen, Boyle Heights, Los Angeles 2012. Rechte Seite von oben: Evergreen-Mitglieder beim Abhängen, Boyle Heights, Los Angeles 2012; Mitglieder der Olvera- und Blount-Familien und ihre Freunde posieren für ein Gruppenfoto, North Hills 2016; Albert Olvera (links) blickt melancholisch, er ist der Vater von Mark „Igor“, der auch in dieser Aufnahme das Gang-Zeichen der Evergreens zeigt, North Hills 2016

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Unten: Mitglieder der Evergreen-Gang blättern auf einer Geburtstagsfeier in Magazinen über tiefergelegte Autos, Boyle Heights, Los Angeles 1993. Linke Seite von oben: Mitglieder der Evergreen-Gang, Boyle Heights, Los Angeles 1993; Mitglieder der Evergreen-Gang markieren nachts im Evergreen Park ihr Territorium, Boyle Heights, Los Angeles 1993; Mitglieder der EvergreenGang beim Würfelspiel auf einer Geburtstagsfeier, Boyle Heights, Los Angeles 1993

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Javier im Wagen seines toten Onkels. Boyle Heights, Los Angeles 1993

JOSEPH RODRÍGUEZ Der Dokumentarfotograf wurde in Brooklyn, New York, geboren, und wuchs dort auf. Er studierte an der School of Visual Arts und am ICP in New York. Der weltweit ausgestellte Fotograf lehrte an mexikanischen und europäischen Universitäten, heute unterrichtet er an der New York University. Für seine Fotoserie über die Gangster-Clans in East Los Angeles erhielt er 1993 das Alicia-Patterson-Stipendium.

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Das Sündenbabel des puritanischen Amerika ist Los Angeles. Nicht zuletzt wegen der Glitzerwelt von Hollywood. Vor allem aber ist die kalifornische Metropole die Hauptstadt des Verbrechens. Hier regiert die Kriminalität, werden einzelne Stadtteile von gewalttätigen Gangs terrorisiert: Es geht um Drogen, Geld, Macht und Respekt. Anfang der 1990er-Jahre fotografierte Joseph Rodríguez in den lateinamerikanisch geprägten Boyle Heights im Osten von Los Angeles den Gangsteralltag der Evergreen-Gang. Ein Gespräch über Ausgrenzung, Überlebensstrategien und seine Rettung durch die Fotografie. LFI: Warum fotografieren Sie in erster Linie Menschen? Joseph Rodríguez: Weil ich ein Humanist bin. Ich wurde katholisch erzogen und lernte, mich um andere zu kümmern und auf all jene zu achten, die es in unserer Gesellschaft schwer haben. Außerdem habe ich mich viel mit der Tradition sozialdokumentarischer Fotografie in den USA beschäftigt. Ein Interviewer bezeichnete mich einmal als „Sozialarbeiter mit Kamera“ . Die Tradition der sozialdokumentarischen Fotografie birgt immer die Aufgabe, die Zustände zu dokumentieren, in der Hoffnung, dass sie sich verändern. Wie kamen Sie auf die Gangs in L.A.? Anfang der 1990er-Jahre fing ich an, mich für Kalifornien und die Straßengangs dort zu interessieren. Ich wollte zum Kern der Gewalt vordringen. Ich meinte nicht nur die körperliche, sondern auch die lautlose Gewalt, an der Familien zerbrechen, die Gewalt der Arbeitslosigkeit oder eines versagenden Bildungssystems und die Gewalt von Ausgrenzung und Vereinsamung. Warum haben Sie sich auf die Evergreen-Gang konzentriert? Nachdem ich einige Gangs in Los Angeles fotografiert hatte, entdeckte ich die Evergreens in Boyle Heights.

Ich konnte ihr Vertrauen gewinnen und erhielt mit meiner Kamera Einlass in ihre Welt. Drei Jahre lang fotografierte ich das Leben von Scooby, Little Igor, Chivo und vielen anderen. Ich entdeckte nicht nur eine Geschichte voller Drogen, Verbrechen und Gewalt, sondern auch eine Geschichte, die vom Kampf ums Überleben und dem Ringen um ein besseres Leben erzählt. Wie war die Reaktion auf einen Fotografen? Wurde es jemals gefährlich? Anfangs war das Misstrauen groß, jeden Tag hörte ich den Satz: „Das ist bestimmt ein Bulle.“ Den meisten machte es aber nichts aus. Sie waren stolz auf ihre Gang-Zugehörigkeit und zeigten sie demonstrativ. Gefährlich wurde es, als eine benachbarte Gang einen Auftragsmörder auf mich ansetzte. Als 1998 mein Buch East Side Stories: Gang Life in East LA erschien, beruhigte sich die Situation wieder. Warum sind Sie bei diesem gewiss nicht einfachen Projekt geblieben? Die Geschichte ähnelte meiner eigenen. Meine fotografische Arbeit kommt aus einem tiefen persönlichen und auch politischen Antrieb heraus. Eine Kindheitserinnerung hat sich mir tief ins Gedächtnis eingebrannt: Als ich von der Grundschule nach Hause kam, fand ich meinen Stiefvater, wie er mit einer Nadel im Arm wegdämmerte. Später wurde ich dann selbst drogensüchtig. Wie haben Sie es geschafft, von der Abhängigkeit wegzukommen? Meine Kamera hat mich gerettet – sie gab mir die Möglichkeit, etwas genau zu betrachten, zu fokussieren, zu erforschen, etwas zurückzugewinnen, auszuhalten, und sich erneut zu vergegenwärtigen. Generationen von Gewalt, Jugendliche im Gefängnis und die Familien der Inhaftierten – meine Aufnahmen sind Überlegungen zu all diesen Erfahrungen.

damaligen Protagonisten wiederzutreffen. Einige Mitglieder waren zu diesem Zeitpunkt ihrer programmierten Karriere als Gangster bereits erlegen, sie waren umgekommen oder inhaftiert. Andere hatten es geschafft, ihren Clan zu verlassen, indem sie in ihrer Arbeit und ihrer Familie Erlösung gefunden hatten. Was haben Sie von diesen Begegnungen für sich selbst mitgenommen? Bei diesen Gesprächen habe ich etwas bemerkt, was mir bei meiner ersten Begegnung mit den Evergreens in den 90er-Jahren nicht bewusst gewesen war. Die Mitglieder waren nicht nur durch die Zugehörigkeit zu ihrer Gang miteinander verbunden, sondern auch durch komplex verwobene Blutsbande, die über mehrere Generationen zurückreichten. Oft waren sie nicht nur gute Kumpel, sondern Väter, Mütter, Onkel, Tanten, Brüder, Schwestern und Cousinen. Meine Geschichte war also keine Geschichte über Gangs, sondern eine über Familien. Die Veröffentlichung der Serie als Buch bescherte Ihnen seinerzeit große öffentliche Aufmerksamkeit. Das Thema war für die Massenmedien sehr attraktiv. Ich habe allerdings darauf bestanden, dass East Side Stories: Gang Life in East LA nicht nur Bilder ohne Kontext zeigt und habe dafür gekämpft, dass es Texte enthält, die die Geschichte von Los Angeles und die Komplexität seiner Gang-Kultur erklären. Ich wollte all jenen, die ich für meine Serie fotografiert hatte, eine Stimme geben und junge Leser von solchen Clans fernhalten, damit sie ihre Zukunft anders gestalten. INTERVIEW: KATRIN ULLMANN

JOS E PH RODRIGU EZPH OTOG RAP HY.COM LF I-ON LIN E .DE /B LOG: ONE PICTURE — ONE STORY EQUIPMENT: Leica M2 und M6 mit 21-, 28- und 50-mm-Brennweiten

Sind Sie jemals wieder nach Boyle Heights zurückgekehrt? Ja, 20 Jahre später, 2012, kehrte ich dorthin zurück, um einige meiner

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Suzan Pektaş

D R E AM S T H E B L AC K S E A Nach 25 Jahren: Rückkehr in das Land ihrer Kindheit. Suzan Pektaş verschmolz Erinnerungen, Großvaters Geschichten und die Realität zu einer Traumreise durch die Schwarzmeer-Region.




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Wie eine Zeitreisende stellt PektaĹ&#x; mit AngehĂśrigen und Freunden Erinnerungen nach, poetische Sequenzen, die sich allegorisch aneinanderreihen. Ihre Tochter fotografierte sie im Garten der eigenen Kindheit (oben) und eine alte Freundin, mit der sie nahtlos an gemeinsame Erinnerungen anknĂźpfen konnte (oben rechts)

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Die Jungen an der georgischen Küste (oben) erinnern Pektaş an die eigenen Cousins. Ihre Tochter stellte mit dem Schirm eine Szene aus einem Traum ihrer Mutter nach (links oben). Das Pferd ohne Kopf (vorherige Seite) ist eine sagenhafte Figur, die oft in den Geschichten von Pektaş’ Großvater eine Rolle spielte

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Fischerei war für die Schwarzmeer-Region, bekannt für ihre zahlreichen kleinen Häfen, schon immer lebenswichtig. Pektaş reiste als Kind regelmäßig mit ihrem Großvater in kleine Fischerorte, um dort seine Schauspielerkollegen zu besuchen

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Von Mutter und Tochter an einem abgesperrten georgischen Strand (vorherige Seite) zur Frau im roten Kleid, die im Wasser schwebt: Sie alle verbindet das Schwarze Meer, seine Mythen und ständige Veränderung

S U Z A N P E K TA Ş Pektaş entwickelte ihre Leidenschaft für visuelle Ausdrucksformen während ihrer Hochschulzeit. Seit 2015 erforscht sie verschiedene Formen des visuellen Ausdrucks am Schnittpunkt von bildender Kunst und Dokumentation. Aktuelle Projekte konzentrieren sich auf die Identität des Individuums in Beziehung zu seiner Umwelt und befassen sich vor allem mit Frauen, städtischer Transformation und Immigration.

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25 Jahre, nachdem ihre Familie Bulgarien den Rücken gekehrt hatte, beschloss Suzan Pektaş in das Land ihrer Kindheit zurückzukehren. Auf der Suche nach dem Zauber der Sommer am Meer und mit der Sehnsucht, den Erzählungen ihres Großvaters ihre eigene Stimme hinzuzufügen. Aus der ersten Idee entwickelte sich eine Fotoserie über die Schwarzmeerküste und die Menschen, die dort leben. LFI: Wie kam die Serie Dreams the Black Sea zustande? Suzan Pektaş: Ich hatte das Gefühl, dass die Region um das Schwarze Meer im Gegensatz zu der des Mittelmeers oft vernachlässigt wird. Ich fühle mich ihr hingegen sehr verbunden und sehe mich in der Lage, ihre verborgenen Gesichter zu fotografieren, indem ich mit einem Hauch von persönlicher Mystik und Spiritualität in die verschiedenen kulturellen Schichten der Gegend eintauchte. Ich reiste an der Südküste von Bulgarien bis nach Georgien. Die Bilder entpuppten sich als eine Verschmelzung meiner Erinnerungen mit der Gegenwart. Die Szenen und Menschen, die ich fotografiert habe, sind Reflexionen meiner verblassten Träume und Fantasien aus einem vergessenen Land. Haben Sie Ihr Heimatland Bulgarien so vorgefunden, wie Sie es in Erinnerung behalten hatten? Ich empfand Bulgarien als sehr einsam, mit heruntergekommenen Gebäuden, verlassenen Häusern auf dem Land und vielen älteren Menschen, die durch die Straßen und Parks schlenderten, in denen einst eine junge und aktive Bevölkerung gelebt hat. Es ist klar, dass die Region einen demografischen und kulturellen Wandel durchläuft. Es war schwer für mich, die Orte meiner Kindheit wiederzufinden. Die ganze Küstenlinie ist voll mit Hochhäusern für Touristen. Von den Wäldern meiner Kindheit, die sich bis zum Meer erstreckten, war nicht mehr viel

übrig. Ich musste lange suchen, um die Überreste meines Bulgariens, meiner Vergangenheit zu finden. Sie haben auch Mitglieder Ihrer Familie und Freunde in die Serie aufgenommen. Aus welchem Grund? Als ich nach so vielen Jahren mein Geburtsland besuchte, wollte ich meine persönliche Geschichte neu erschaffen, meine Erinnerungen durch einen ausgeklügelten Akt des Erinnerns, Vorstellens und Wiedererschaffens wieder aufleben lassen. Einschließlich meiner Familie, meiner Freunde, sogar meiner Freunde aus der Kindheit, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Es war eine einzigartige Erfahrung für uns alle. Es war ein Austausch von Erinnerungen, von einem Geist, den wir vermissten, und von unseren Herzen. Man sagt, ein Familienfoto sei ein Auslöser von Mythen. Es fängt den Bruchteil einer Sekunde ein und stiftet Erzählungen, die Generationen überdauern. Meine Familie und Freunde in die Erzählung einzubeziehen und sie zu Hauptfiguren der Serie zu machen, ist die natürlichste Art und Weise, einen Mythos aufzubauen, der von Generation zu Generation weitergegeben wird. Welche Bedeutung haben für Sie die inszenierten und nicht inszenierten Aufnahmen in dieser Serie? Im Gegensatz zur traditionellen Herangehensweise verfolge ich die zeitgenössische dokumentarische Praxis, die nicht auf eine naturalistische Reproduktion der Realität abzielt, sondern als ein artifizielles Verfahren eine andere Realität katalysiert. Es ist eine Realität, die meinen subjektiven Blick direkt oder als Metapher in meine Fotografie einfließen lässt. Als Teil des kreativen Prozesses in diesem Projekt lud ich meine Protagonisten ein, mit mir verschiedene Ideen zu entwickeln. Ich redete mit ihnen über die Gesamtstimmung und ließ sie diese interpretieren. Ich nenne das geplante Spontanität, nicht inszenierte Spontanität. Ich bin nicht wirklich daran interessiert, meine Themen auf didaktische Weise zu inszenieren. Wir erforschten

gemeinsam verschiedene Ausdrucksmöglichkeiten, um die Erzählung zu gestalten. Ich habe es genossen, kleine Geschichten in ihren Interpretationen zu finden, anstatt mich auf vorgefasste Ideen zu versteifen. Welche Erfahrungen haben Sie mit der Leica-Kamera gemacht? Ich habe in diesem Projekt zum ersten Mal mit einer Leica M-P 240 gearbeitet. Der Einsatz eines Messsuchers veränderte meine Arbeit in dem Sinne, dass ich mehr denn je schnell, präzise und aufmerksam sein musste. Das ist das Gute an der M-P 240: Die Herausforderung, die Dinge im richtigen Moment genau so zu machen, wie sie sein müssen. Nachdem ich viele Jahre mit einer Spiegelreflex-Kamera gearbeitet habe, hat die M-P 240 mich neu diszipliniert und umgeschult. Ihre kompakte Größe und ihr vertrautes Aussehen haben auch meine Kommunikation mit den Menschen verbessert. Die Leica schüchtert sie nicht ein und erleichtert meinen Kontakt. Es ist eine schöne Kamera, die ich mit Stolz benutzt habe. Werden Sie wieder an das Schwarze Meer zurückkehren oder sehen Sie die Serie als beendet an? Nein, es ist ein laufendes Projekt. Ich möchte noch Russland und Abchasien besuchen. Ich habe auch vor, nach Bulgarien zurückzukehren, um mich mit den Freunden meines Großvaters vom Theater zu treffen und mir seine Geschichten einmal von ihnen erzählen zu lassen. Als nächstes möchte ich mich auch mehr auf die fortschreitende Urbanisierung des gesamten Schwarzmeerbeckens konzentrieren. INTERVIEW: DENISE KLINK

SUZAN PE KTAS.COM L F I - O N L I N E . D E / B LO G : SLIDE SHOW MIT WEITEREN BILDERN EQUIPMENT: Leica M-P 240 mit Summilux-M 1:1.4/50 Asph und Summicron-M 1:2/35 Asph

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Juan Cristóbal Cobo C I C L OV Í A

Eine Großstadt ohne Blechlawinen – welch ein Traum! Kolumbiens Hauptstadt Bogotá ist seit den 1970erJahren Vorreiter in Sachen Verkehrsreduktion und verwandelt Schnellstraßen einmal wöchentlich in Flaniermeilen. Cobo hat das Spektakel protokolliert.

„Ciclovía bedeutet Zugang. Zugang zu Orten, an denen man Sport treiben kann; zu Orten, an denen man loslässt und das Leben genießt.“

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Das Event erfordert eine andere Sicht von Street Photography: „Ich musste mich dem Rhythmus der Fahrenden anpassen und die Geschwindigkeit und Geometrie der Räder beachten. Zudem galt es technische Aspekte zu beachten, da ich oft mit hyperfokaler Scharfstellung und hohen Verschlusszeiten arbeitete.“

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Im Laufe der Jahre wuchs die Ciclovía zu einem immer größeren Happening heran, das die Einwohner Bogotás nicht mehr missen wollen. Wo sonst die Straßen vor Verkehr überquellen, können sie einmal in der Woche Rad fahren, skaten, joggen oder einfach nur spazieren gehen. Und sie lieben es

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Auch abseits des Treibens auf der Straße werden alle Sinne bedient: „Man findet dort alle möglichen Arten von Imbissen, unzählige improvisierte Fahrradwerkstätten, Alleinunterhalter und viele Leute, die sich allerlei verrückte Ideen einfallen lassen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen“, schwärmt Cobo

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Bogotá gilt in den Köpfen vieler Menschen nicht gerade als progressiv. Wie die meisten anderen Hauptstädte in Mittel- und Südamerika kämpft auch Bogotá gegen den Eindruck, laut, überfüllt und gefährlich zu sein. Dabei gibt es ein Event, das all diese Klischees Woche für Woche eindrucksvoll widerlegt: Sonn- und feiertags sind die Bewohner der Stadt eingeladen, auf den motorisierten Untersatz zu verzichten und sich frei auf den sonst hoffnungslos überfüllten Fahrbahnen zu bewegen. Ganze 120 Kilometer Straße sind bei der Ciclovía – spanisch für Radweg – von sieben bis 14 Uhr hinein für alle geöffnet, die für ein paar Stunden die Straßen zurückerobern möchten. Bis zu 1,5 Millionen Menschen nehmen an diesem Spektakel teil – sei es allein, zu zweit oder in großen Gruppen; auf dem Fahrrad, auf Inlineskates oder einfach zu Fuß. „Begonnen hat alles im Jahr 1976 als Bürgerinitiative von Fahrradbegeisterten“, berichtet der Fotograf Juan Cristóbal Cobo. Er ist selbst in Kolumbien geboren und war schon damals fasziniert von den Möglichkeiten der Ciclovía, die schon am Anfang Tausende Menschen anzog und sich in kürzester Zeit zu einem groß angelegten, städtisch geförderten Programm entwickelt hat. Kein Wunder also, dass sich hier jedes Mal aufs Neue hervorragende Möglichkeiten ergeben, spannende Motive vor die Linse zu bekommen. Was für Cobo als Auftragsarbeit begann, gipfelte in einem Marathon von 22 aufeinanderfolgenden Sonntagen des Fotografierens, an denen er insgesamt mehrere hundert Kilometer zu Fuß zurückgelegt hat. Immer dann, wenn die anonymen Blechlawinen dem bunten Treiben weichen, stand Cobo auf der Matte, um zu fotografieren, wie sich die Hauptstadt von ihrer freundlichsten Seite zeigt. „Es gehört viel Entschlossenheit dazu, beinahe ein halbes Jahr lang jeden Sonntag vor sieben aufzustehen, und dann am Tag 20 Kilometer zu Fuß zurückzulegen“,

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betont der Fotograf. Der Lohn für die Mühen spiegelt sich jedoch in seinen Bildern wider, die die Lebensfreude der Einwohner Bogotás deutlich unterstreicht. Es ist Street Photography in ihrer pursten Form, bei der die Straße einen Vormittag lang zum integralen Bestandteil, zur Bühne, zum Schauplatz und Lebensraum ihrer Protagonisten wird. Fast spürt man das kollektive Aufatmen der Stadt, wenn man erkennt, dass Bewegungsdrang und Entschleunigung zwei ideale Weggefährten sein können. Ursprünglich in der Filmbranche tätig, fotografiert Cobo seit rund zehn Jahren mit großer Begeisterung seine Mitmenschen. Wenn sich unterschiedliche Charaktere, Lichtstimmungen und Orte zu einem großen Ganzen fügen, dann ist er in seinem Element. Die Ciclovía nährt mit ihrer harmonischen Philosophie genau diese Vorlieben. Es benötigt nicht einmal Farbe, um zu illustrieren, wie bunt es auf den Straßen der Stadt in Wirklichkeit zugehen kann. Dabei sind die Vielzahl der Radfahrer, Spaziergänger, Jogger und Skater nur ein Teil des Happenings, das auch am Straßenrand für alle Sinne etwas zu bieten hat: Verkaufs- und Imbissstände, improvisierte Werkstätten sowie Musik, Kunst und Unterhaltung bilden ein Rahmenprogramm mit ganz unterschiedlichen Facetten für das bunte Treiben. All das macht die Ciclovía zu einem Event für Fotografen, das Menschen aller Gesellschaftsschichten vereint. „Die Ciclovía ist für mich die demokratischste Veranstaltung der Stadt, bei der jeder Bewohner für ein paar Stunden dieselben Privilegien genießt“, fasst Cobo zusammen. Auch außerhalb Kolumbiens folgt man dem Vorbild von Bogotá: Von Mexiko-Stadt bis nach Santiago de Chile verzichten bereits viele weitere lateinamerikanische Großstädte einmal pro Woche auf motorisierte Untersätze. Da bleibt zu hoffen, dass sich noch zahlreiche andere Städte anschließen. Nicht nur die gestressten Bewohner, auch die Natur würde sich dafür bedanken. Kann es eine schönere Win-Win-Situation geben? DANILO RÖSSGER

JUAN CRISTÓ BAL COB O Der in Kolumbien geborene Fotograf zog als Teenager nach New York. Dort arbeitete er zunächst als Kameramann und Regisseur, doch seine Leidenschaft für Fotografie wuchs stetig. Als Autodidakt lässt er sein technisches Wissen in seine fotografische Arbeit einfließen und verbindet sein Verständnis von Licht und Komposition mit einer Passion für zwischenmenschliche Geschichten.

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Diane Betties DE MA MĂˆRE

Auf der Suche nach unverbrauchten Kulissen reiste die Fotografin nach Athen. Dort bescherte ihr ein Zufallsfund einen Volltreffer: eine Altbauwohnung mit nostalgischem Charme, in der sie einem Nachwuchsmodel freien Lauf lieĂ&#x;.





„Mir geht es darum, in meinen Bildern eine Stimmung zu erzeugen, und gerade natürliches Licht hat die Eigenschaft, den Betrachter in seinen Bann zu ziehen. Natürliches Licht ist dynamisch und wird selten langweilig und deswegen liebe ich es so sehr, damit zu arbeiten.“ Diane Betties






„Für persönliche Projekte und Editorials habe ich ein ‚Scrapbook’. Dort sammle ich alles, was auffällt und irgendwie interessant und inspirierend ist. Das geht über Texturen, Farben, Architektur, Licht, Kompositionen, Bildfarben, Filmszenen ... einfach alles, was mir gefällt.“ Diane Betties


Atelierähnliche Fenster, ästhetische Ölgemälde an den Wänden, Stilmöbel aus dem vorletzen Jahrhundert und zwischen alldem, gehüllt in natürliches Licht und exklusive Designerstücke, ein Model mit frischem Gesicht, charaktervollem Ausdruck und originellen Posen. Auf den ersten Blick ist erkennbar, dass Diane Betties sich mit ihren Arbeiten möglichst weit weg von klassischen, in Studios produzierten Modestrecken entfernt. Gefragt, wie sie sich und ihre Arbeit sieht, erklärt sie: „In der Fotografie stehe ich für Natürlichkeit. Es ist wichtig, einen Standpunkt als Fotograf zu haben. Viele rennen Trends hinterher, ‚knipsen‘ einfach drauf los und wissen nicht, warum sie etwas machen. Das mag sicherlich auch mit der Wegwerfmentalität der digitalen Fotografie zu tun haben und Plattformen wie Instagram, die nach kontinuierlicher Contentcreation schreien, fördern diesen Ansatz. Fotografie ist massentauglich geworden. Alles ist schnell fotografiert und wieder gelöscht. Da verliert das gemachte Bild seine Bedeutung. Menschen konsumieren täglich Hunderte von Bildern und da das Bild zu machen, an dem sie hängenbleiben, das eine, welches sich ins Gedächtnis brennt, und sei es nur für einige Sekunden, ist sicherlich meine Herausforderung.“ Betties lässt sich für ihre Modestrecken gerne von ungewöhnlichen Landschaften und besonderen Orten inspirieren. Oftmals ist es auch die Malerei, die sie auf neue Ideen bringt. „Ich liebe Foto- und Gemäldeabstraktionen von Gerhard Richter genauso wie die Werke von Klimt, Schiele, Freud sowie die Porträts von Laura Knight.“ Am liebsten sind ihr Stätten, in denen beides vielfach vorhanden ist. Als sie nach einer urbanen Kulisse suchte, die insbesondere für Fashionshoots noch nicht so frequentiert ist, fiel ihre Wahl auf die griechische Hauptstadt. „Athen hat mich schon eine

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Weile inspiriert. Ich habe viele griechische Freunde, die zurück nach Athen gegangen sind. Es wurde oft gesagt, dass Athen den Spirit Berlins der 1990er-Jahre hat: ,arm aber sexy‘, voll mit kreativen jungen Menschen. Von dieser Aufbruchsstimmung und Energie wollte ich mich selbst überzeugen und bin vor Ort tatsächlich in einer Art Zeitkapsel gelandet.“ Auf der Suche nach Unterkünften fand sie eine malerische Altbauwohnung. Ein Juwel, wie sich bald herausstellte: die Location war die Wohnung der Urgroßeltern der Vermieter, bis heute befindet sie sich in Familienbesitz. Die in sich konsistente Einrichtung mit den stilvollen Lampen, den schweren Vorhängen und zahlreichen Ölgemälden blieb über die Jahrzehnte bis heute unangetastet. Die großen Altbaufenster ließen viel Licht in schönen Bahnen herein, neben ihrer Kompositionsgabe Betties’ wichtigstes Arbeitsmittel. „Durch die Wahl des Standorts oder der Tageszeit kann ich in meiner Bildkomposition genau beinflussen, wie das Licht und der Schatten auf das Motiv trifft. Dadurch kann ich mein Motiv herausarbeiten oder in Szene setzen und damit gezielter eine Stimmung oder Story erzählen.“ Durch die Atmosphäre der Wohnung und die Bilder an den Wänden hatte Betties gleich eine Assoziation zur bevorzugten Farbpalette von Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606–1669), einem der berühmtesten Vertreter der niederländischen Barockmalerei: Es dominieren Schwarz, Weiß, Burgunder, Braun und Goldtöne, die nicht zuletzt durch das mediterrane Licht hervorgehoben werden. Den Titel De ma mère hat die Strecke von einem gerahmten Schriftzug als Stickerei, der ebenfalls in der Wohnung hing. Die Inspiration der Fotografin steht und fällt mit der Wahl des richtigen Models: „Zwischenmenschlichkeit zwischen dem Fotografen und dem Model ist wichtig, und diese war von Anfang an da. Wie wir alle wissen, ist Schönheit wahrlich nicht alles. Und: Perfektion ist nicht immer spannend“, sagt die Fotografin lachend. CARLA SUSANNE ERDMANN

DIANE BETTIES Sie ist in den 1980er-Jahren zweisprachig mit Deutsch und Englisch in Ostdeutschland aufgewachsen. Betties ist Autodidaktin und assistierte in London bei James Meakin, Bjarne Jonasson und Roger Eaton. Außerdem war sie an Tourproduktionen für die Musiker Moby, Frank Ocean, Christina Perri und A$AP Rocky beteiligt. Ihre Strecken wurden u. a. in GQ, Vogue, Elle, Harper’s Bazaar und 032c veröffentlicht. DIAN E B E TTIE S.COM EQUIPMENT: Leica SL (Typ 601) mit Vario-Elmarit-SL 1:2.8–4/24–90 Asph


F/ S TOP – H UAW E I P 4 0 P R O – L E I C A D - L U X 7 – M AT T E PA P I E R E –

DAS N E U E P4 0 P R O : G RÖ S S E R E S E N S O R E N M I T H Ö H E R E R AU F LÖ S U N G F ÜR D IE H AU PT KAM E RA D E S H UAW E I -S M A RT P H O N E S

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EN GARDE! H U AW E I P 4 0 P R O

Es ist mal wieder so weit: Die Kooperation von Leica und Huawei bringt ein neues Modell der P-Serie auf den Markt und setzt sich sogleich wieder an die Spitze der Smartphone-Fotografie.

Mitten in der Corona-Pandemie stellte Huawei-CEO Richard Yu in einer einsamen Präsentation drei neue Smartphones der P-Serie vor: Das P40, P40 Pro und P40 Pro Plus, Letzteres ist allerdings erst im Herbst verfügbar. Natürlich fragten sich viele User und Fachleute, wie Huawei mit dem amerikanischen Handelsembargo und ohne GoogleDienste zurechtkommen und welche Lösungen das Unternehmen für die zukünftigen Produkte anbieten wird. Wahrlich keine einfache Aufgabe … Diese Fragestellung und Beurteilung möchten wir jedoch anderen Spezialisten überlassen. Im Mittelpunkt unseres Artikels stehen erwartungsgemäß die neue Kamera „Leica Vario-Summilux-H 1:1.8–3.4/18–125 Asph“ und ihre Software. E I N BL I C K U NT E R DI E H AU BE . Sowohl die Front-

Evolution statt Revolution: Das Huawei P40 Pro mit der Kamera „Leica Vario-Summilux-H 1:1.8–3.4/18–125 Asph“ wertet die Ausstattung des Vorgängermodells noch einmal auf

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als auch die 4-fach-Hauptkamera „Ultra Vision“ von Leica erhielten in Praxistests und Rankings zum Teil die höchsten bis dato vergebenen Punktezahlen. Die beiden derzeit verfügbaren „kleinen“ Modelle P40 und P40 Pro sind im Vergleich zur neuartigen Quad-Kamera des Vorgängermodells P30 Pro (LFI 4/2019) nicht mit weiteren Innovationen ausgestattet. Sie wurden aber auf Software-Ebene umfassend optimiert und im Hardwarebereich gegenüber dem Vorgängermodell bedeutend aufgewertet. Der große Sprung folgt wohl im Herbst 2020 mit dem Modell P40 Pro Plus und einer 5-fach-Kamera. Als eine der wichtigsten Optimierungen ist die Ver-

wendung größerer Sensoren und die damit einhergehende höhere Auflösung der Kameras zu sehen. Die Hauptkamera „1:1.9/23 Ultra Vision Wide“ des P40 Pro verfügt über einen 1/1,28 Zoll großen Sensor mit einer Auflösung von 50 MP. Die Super-Weitwinkel-Kamera (1:1.8/18, „Ultra Wide Cine“) verdoppelte mit einem 1/1,54-Zoll-Sensor ihre Auflösung von 20 auf 40 MP und die Periskop-Zoomkamera (1:3.4/125) besitzt nun einen 1/3,56-Zoll-Sensor mit einer Auflösung von 12 MP. Größere Sensoren sammeln mehr Bildinformationen und wandeln sie mit dem Einsatz der entsprechenden KI in Bilder mit größerem Dynamikumfang um. Hier kommen die „XD Fusion Engine“ und das sogenannte Pixel Binning ins Spiel: Die Bildinformationen werden aus jeweils vier Pixeln zu einem optimierten Bildpixel zusammengefasst. Der 50-MP-Sensor liefert also Fotos mit einer Auflösung von 12,5 MP. Der bereits in der Hauptkamera des P30 eingesetzte neuartige Sensor, bei dem das herkömmliche RGBBayer-Filter durch ein RYYBFilter ersetzt wird, wird jetzt nicht nur in der Hauptkamera, sondern auch in der Zoomkamera eingesetzt. Bei diesen Sensoren werden grüne Pixel durch gelbe ersetzt. Dadurch fällt höherwelliges Licht auf den Sensor, was zur verstärkten Lichtaufnahme führt und letztlich hellere Fotos in Low-Light-Situationen ermöglicht – ohne extra den Nachtmodus einzuschalten. Die Zoom-Funktion ist zwar mit einem 5-fachen optischen Zoom, einem →


Foto: Peter Langer

27 mm, Blende 1.9, 1/35 s, ISO 640, EV -1,3; Seite 86: 27 mm, Blende 1.9, 1/16666 s, ISO 50

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Fotos: Peter Langer

Links: 27 mm, Blende 1.9, 1/16666 s, ISO 500; rechts: 47 mm, Blende 3.2, 1/6329 s, ISO 50, EV -1,1

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Links: 27 mm, Blende 1.9, 1/215 s, ISO 50, EV -1,7; rechts: 44 mm, Blende 1.9, 1/100 s, ISO 160

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Fotos: Peter Langer


10-fachen Hybrid-Zoom und einer 50-fachen digitalen Vergrößerung gleich geblieben, allerdings bieten nun der Einsatz von optischer Bildstabilisierung, die höhere Auflösung und das RYYB-Filter qualitativ höherwertige Ergebnisse der Zoomkamera. Allerdings setzt der optische Zoom erst ab der 5-fachen Vergrößerung ein. Diese Einschränkung wird sich beim P40 Pro Plus durch eine zweite Zoomkamera auf 3-fache Vergrößerung verringern. I N DE R PRAXI S. So weit

die technischen Details. Die Daten sprechen für sich und hievten das Huawei P40 Pro an die Spitze der Smartphone-Fotografie. Doch wie schlägt sich die Kamera in

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der Praxis oder gar im professionellen Einsatz? Nach dem redaktionellen Test übergaben wir das P40 Pro einem Profi. Der Berliner Fotograf Peter Langer arbeitet in den Bereichen Fashion- und Still-Life-Fotografie. Seine Arbeiten werden in vielen Magazinen, darunter Vogue, Zeit Magazin und M le Magazine du Monde, veröffentlicht. Langer ist wie viele Fotografen seit langer Zeit Apple-Anwender. Ein HuaweiSmartphone hielt er das erste Mal in Händen. Trotzdem fand er das Handling und die Bedienung angenehm und kam schnell mit dem System zurecht. „Ich habe wohl alles ausprobiert, was es an der Kamera auszuprobieren gibt, aber letztlich

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habe ich immer auf die Standard-Einstellung zurückgegriffen. Da kann die Smartphone-Kamera zeigen, was sie wirklich draufhat. Wenn ich alles einstellen müsste, da könnte ich ja gleich eine Kamera nehmen. Es muss schnell gehen.“ Und es ging schnell – auch dank des neuen Octa PD-Autofokus. Für seine Bilderstrecke komponierte Langer Blumenstillleben und setzte dabei die verschiedenen Kameras des P40 Pro ein. Bei den Close-ups mit der Hauptkamera und den Weitwinkelperspektiven mit dem 18er-Objektiv fand er die Qualität und die Textur der Aufnahmen beeindruckend. Auch der verbesserte automatische Weißabgleich der Kamera konnte ihn über-

zeugen. „Ich habe ganz verschiedene Lichtsituationen ausprobiert: Tageslicht, Mischlicht, Dämmerung, Kunstlicht, Tageslicht-Kunstlicht – gemischt und auch einzeln. Und da hat sich die Kamera überall ganz gut verhalten. Es gab nichts zu meckern.“ Die auf Low-Light-Situationen optimierte Hardund Software wurde natürlich auch ausgiebig ausprobiert. Der Nachtmodus konnte Langer nicht so recht überzeugen – „zu artifiziell, zu sehr gerechnet – nicht meins.“ Die Aufnahmen im normalen Modus fand er dagegen sehr angenehm. „Ab ISO 1000 ist zwar ein gewisses Rauschen zu sehen, aber dieses Rauschen war manchmal sogar ganz

„ N AT Ü R L IC H, E S BLEIBT EIN TELEFON U N D DAS HAT HIN SICHTLICH DER SENSORGRÖSSE U N D OPT IK S EIN E GRENZEN. ABER DIE QUALITÄT DER BILDER IST SCHON BEEIN DRU C K EN D. “

schön – körnig, es hatte was von einem Filmeffekt.“ Dass die Bilder auf dem nativen Display des Smartphones optimal aussehen, steht außer Frage. Doch wie machen sie sich außerhalb des Gerätes? „Gut! Sehr gut! Also es ist schon das Maximale, was möglich ist – man beachte nur die physische Größe des Sensors und der Optiken. Ehrlich gesagt, ich würde der Kamera 10 von 10 Punkten geben. Es ist schon erstaunlich, was sie schafft. Als Assistenzkamera für spontane Aufnahmen könnte ich sie mir sehr gut vorstellen. Es ist ein superhandliches, kleines Gerät, das du immer dabei hast, um es mal schnell unterwegs oder on location einzusetzen.“ DAVID ROJKOWSKI

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D I E K L E I N E S C H WA R Z E LEICA D-LUX 7

Die Leica D-Lux 7 gibt es seit Kurzem in einer weiteren Farbvariante. In der schwarzen Version ändert die edle Kompaktkamera ihren Charakter und wirkt unauffälliger und dezenter, gleichzeitig aber auch moderner.

Wer im Leica-Portfolio nach einer Kompaktkamera mit sehr hoher Leistung sucht, die dennoch in die Jackentasche passt, landet schon seit einigen Jahren bei der DLux-Reihe. Eine Q2 mit ihrem Sensor in Kleinbildgröße ist zweifelsohne noch viel leistungsfähiger, aber eben auch größer, schwerer und kostspieliger. Eine C-Lux besitzt sogar das bedeutend umfangreichere Zoomobjektiv, ist aber weit weniger lichtstark und taugt damit und mit ihrem kleineren Bildsensor nicht so gut für die gestalterische Fotografie, in der man auch mal mit der Unschärfe spielen kann. Die D-Lux kann zwar keine Höchstleistungen bei Brennweite, Sensorgröße oder Auflösung für sich in Anspruch nehmen, ist aber vielleicht genau deshalb oft die glücklichste Wahl für 88 |

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eine Kamera, die weit mobiler ist als eine komplette Ausrüstung, deren Bilder sich aber gleichzeitig qualitativ wohltuend vom durch Software optimierten Look der Ergebnisse aktueller Smartphones abheben. Die aktuelle D-Lux 7 ist ein exzellentes Beispiel für die Vorteile dieses Konzepts. Eigentlich gab es nur einen Kritikpunkt, der aber wohlgemerkt in die Kategorie Geschmacksfrage fällt, nämlich die Gestaltung. Bisher war die Kamera ausschließlich in silberner Gehäuseversion erhältlich, bei der die Deckkappe und das komplette Objektiv in einem silbernen Farbton gehalten sind. Mit dieser Gestaltung sah die Ende 2018 präsentierte D-Lux 7 von Anfang an etwas älter aus, als sie tatsächlich ist. Optisch wandelt sie damit auf den Spu-

ren früher Leicas und wirkt recht edel, fällt aber trotz ihrer kompakten Baugröße durchaus ins Auge. DEZ E NT E R LO O K. Die nun

zum selben Preis erhältliche schwarze Version wirkt da ganz anders, denn bis auf den roten Punkt – den man ja abkleben kann – verbirgt sich der edle Inhalt in einem schwarzen Gehäuse, das nicht unbedingt alle Blicke auf sich zieht. Natürlich ändert die Farbe nichts an den Proportionen, aber bei der schwarzen Version wird auch das Objektiv nicht mehr so stark betont wie bei der zweifarbigen. Das lichtstarke DC Vario-Summilux 1:1.7 –2.8/10.9–34 Asph (Kleinbild-Äqivalent 24–75 mm) nimmt fast die komplette Bauhöhe der kleinen Kamera ein. Bei der schwarzen Variante wirkt es vor allem in

der Frontansicht wesentlich unauffälliger, was unbemerktes Fotografieren erleichtern dürfte. Welcher Variante man den Vorzug gibt, bleibt eine Geschmacksfrage. In beiden Fällen bekommt man eine Kamera, die mit digitalen Kompaktkameras vergangener Tage kaum mehr etwas gemein hat. Der Four-ThirdsBildsensor ist anderswo Grundlage von Systemkameras, der Brennweitenumfang des Objektivs ermöglicht eine sehr hohe Lichtstärke und damit Gestaltungsmöglichkeiten wie bei weit größeren Kameras, bei denen man auch die manuellen Eingriffsmöglichkeiten mit Blendenring und Zeitenrad entliehen hat. Das alles bietet auch die silberne D-Lux 7, doch Schwarz steht ihr eben auch ganz ausgezeichnet. HOLGER SPARR


Die schwarze Gehäusevariante der sonst unveränderten D-Lux 7 macht die Kamera deutlich dezenter und unauffälliger, weil sie im Gegensatz zu der silbernen Version mit schwarzer Belederung wirklich einfarbig ist

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ZA RT E S C H W E R G E W I C H T E F I N E - A R T- P R I N T I N G I N D E R P R A X I S

Matte Papiere sind etwas ganz Besonderes, nicht nur im Hinblick auf die Darstellung von Farben, sondern auch hinsichtlich ihres Materials. Matte Fine-ArtPapiere bestehen nur aus einem Zellulose- oder Baumwoll-Trägermaterial und einer Tintenempfangsschicht. Wie alle Fine-Art-Papiere sind sie lignin- und säurefrei und gelten so als archivfest. Für diesen Artikel haben wir nur sogenannte SmoothPapiere mit glatter Oberfläche oder minimaler Struktur ausgewählt. UNS ER E AUSWAHL .

Smooth-Papiere mit mehr als 295g/m2 sind die beliebteste Kategorie unter den matten Fine-Art-Papieren. Das hat drei Gründe. Erstens: Eine Struktur, die nicht sehr stark oder sogar nur subtil vorhanden ist, 90 |

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beeinflusst das Motiv nur sehr unterschwellig oder gar nicht. Bei texturierten Fine-Art-Papieren hingegen wird die Struktur zu einem wichtigen Bestandteil des Bildmotivs. Zweitens: Die Schwere der Papiere. Sie liegen satt und hochwertig in der Hand, sodass nicht nur das Anschauen, sondern auch das Anfassen Spaß macht. Drittens: Die Farbanmutung. Während eine glänzende Oberfläche die Kontraste anhebt, unterstützen matte Papiere feinste Farbabstufungen. So kann man sich schier in den zarten Erdtönen einer Landschaftsaufnahme verlieren oder in den warmen Farben eines Himmels zur Mitsommernacht schwelgen. Kräftige leuchtende Farben sind im Umkehrschluss nicht möglich, das gilt es, bei der Motivwahl zu beachten.

Eines der ersten Fine-ArtPapiere auf dem Markt war das Hahnemühle Photo Rag. Es ist das Synonym für Fine-Art-Papiere. Für unseren Vergleich nehmen wir die hellweiße Variante „Photo Rag Bright White“. Ein geringer Einsatz von optischen Aufhellern macht sein helles Weiß möglich. Es eignet sich sehr gut für kräftige Kontraste wie bei Schwarzweißbildern oder für kräftige Farben. Mit 310g/m2 liegt es satt in der Hand und – wie der Name Rag schon andeutet – ist es ein Fine-ArtPapier auf Baumwollbasis, wie alle unsere Testteilnehmer. Die unregelmäßige Filzstruktur unterstützt die Bildmotive sehr subtil. Eine vergleichbare Struktur besitzen das „Epson Fine Art Cotton Smooth Natural“ und das „Moab Entrada Rag Bright“. Mit 300g/m2 sind

sie etwas leichter. Diese beiden Papiere sind in einer hellweißen und einer warmweißen Variante zu haben. Auch die nächsten zwei Vertreter verzichten auf optische Aufheller und sind daher warmweiß. Im direkten Vergleich zum Epson sind sie jedoch etwas heller. Damit sind die Gemeinsamkeiten von „Ilford Textured Cotton Rag“ und „Innova Art Fabriano Printmaking Rag“ auch schon erschöpft. Was sie nicht nur vom restlichen Testfeld, sondern auch voneinander unterscheidet, ist ihre Struktur. Sie ist deutlich kräftiger als beim Photo Rag und daher im unbedruckten Bereich auch klar erkennbar. Die Papiere sind aber nicht so stark strukturiert, dass es vom Bildmotiv ablenkt. Zwei 310g/m2 schwere Papiere mit viel Charakter also. →

Fotos: Thomas Bergbold

Im zweiten Teil unserer Serie über Fine-Art-Papiere widmen wir uns schweren, matten Papieren. Mit ihrer glatten Oberfläche haben sie den Ruf, besonders gut zarte Farbtöne abzubilden. Welche Motive sich am besten eignen und worauf es in der Praxis zu achten gilt.


Auch Smooth-Papiere können Charakter zeigen. Der Moraine Lake wurde auf dem Hahnemühle Photo Rag Bright White gedruckt. Links: die ganz unterschiedlichen Strukturen in der Nahaufnahme von Tecco, Ilford und Innova (re.), das die stärkste Struktur besitzt

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Einsteigern empfiehlt sich bei der Auswahl eines Fine-Art-Papiers zunächst ein universelles Papier wie das Permajet Omega Rag mit seinem hellen Weißton und der geringen Struktur

Unsere letzten vier Vertreter zählen zu den nahezu strukturlosen Fine-Art-Papieren. Das „Permajet Omega Velvet Rag“ verfügt über einen sehr schönen neutralen Weißton, der durch den Einsatz von optischen Aufhellern zustande kommt. Das Gewicht von 310g/m2 merkt man ihm nicht an, weich liegt es auch in der Hand. Ähnlich verhält es sich mit dem „Canon FASM1“ mit seinen ebenfalls 310g/m2. Seine Struktur ist geringer und der Weißton fällt etwas wärmer aus. Das mit 295g/m2 nominell leichteste Fine-Art-Papier in unserem Vergleich ist das „Tecco PFR295“. Die sehr geringe Struktur sorgt für einen wunderbar weichen Griff, trotzdem liegt es sehr gut in der Hand. Der Farbton ist neutral. Das schwerste Papier ist mit 320g/m2 das „Sihl Smooth Matt Cotton Paper“. So liegt es auch fast wie ein Brett in der Hand. Ein warmes Weiß und eine nahezu strukturlose Oberfläche zeichnen das Papier aus. DI E H A NDH A BU NG .

Weitere Empfehlungen für Einsteiger: die Papiere von Canon, Hahnemühle, Moab und Tecco

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Matte Papiere, insbesondere Fine-Art-Papiere, sind in der Handhabung etwas schwieriger als die glänzenden Papiere. Sie sind steifer und dicker und müssen den Weg über den manuellen Einzug antreten. Ihre empfindliche Oberfläche zwingt zu einem besonders vorsichtigen Umgang mit ihnen. Durch die fehlende Oberflächenversiegelung liegen die Pigmente der matten Papiere mehr an der Oberfläche, sodass man den Druck einfach abreiben kann. Daher ist auch beim Stapeln von Bildern Vorsicht geboten.

Keines der Papiere im Test war frei von diesem Phänomen. Abhilfe schafft Zwischenlagepapier. Die ungedruckte Oberfläche der Fine-Art-Papiere ist auch leicht klebrig, daher benötigt man neben ein paar Handschuhen noch einen Staubbesen. Mit diesem reinigt man vorsichtig vor dem Drucken die Papiere. DE R DRU C K. Bevor man

mit dem Druck loslegen kann, benötigt man die geeigneten Profile für den eigenen Drucker. Für die aktuellen Drucker wie den Canon imagePrograf Pro1000 und den Epson Surecolor SC-P800 stellen alle Papierhersteller Profile auf ihren Internetseiten zum Download bereit. Matte Fine-Art-Papiere haben die Neigung, sich beim Drucken leicht zu wellen, was aber in aller Regel nach 24 Stunden wieder verschwunden ist. Nicht nur deshalb sollte man bis zum nächsten Tag mit der weiteren Verarbeitung warten. Beim Trocknen verändert sich der Fine-Art-Print noch sehr viel stärker als bei den Barytpapieren aus der ersten Folge. E RG E BNI SSE U ND E MPF E H LU NG E N. Ein Manko

matter Fine-Art-Papiere ist die maximal mögliche Schwärze. Sie vertragen in der Regel keinen so starken Farbauftrag. Daher sollte man in der Druckaufbereitung auf einen Softproof – eine Simulation des Drucks auf dem Bildschirm – nicht verzichten. Liebhabern von Schwarzweißbildern mit harten Kontrasten sei das genaue Austarieren der Schatten empfohlen, da-


mit diese auf einem matten Fine-Art-Papier optimal gelingen. Bei unseren Papieren im Test kann man die Fähigkeit, dunkle Farben sauber zu trennen, am mitgedruckten Graukeil der Testdrucke sehr gut erkennen. Besonders gut gehen damit das Hahnemühle Photo Rag Bright White und das Ilford GPTC um. Sehr schwach in diesem Punkt sind dagegen die Papiere von Epson, Innova und Moab. Daher bedarf es hier eines besonderen Blicks auf die Schattenpartien, damit auch mit diesen Papieren perfekte Schwarzweißbilder entstehen. Im Lichterbereich schlagen sich aber alle Papiere ausgezeichnet. Die große Stunde der matten Fine-Art-Papiere schlägt

in der Farbfotografie. Feine Farbabstufungen im Sand oder in einem Himmel beim Sonnenuntergang erhalten eine Softness, die begeistern kann. Hier zeigt keines unserer Papiere eine Schwäche. Wäre das der Fall, dann läge es entweder an einer schlechten Beschichtung oder an einem fehlerhaften Druckprofil. Diese beiden Makel kommen aber bei den Markenherstellern in der Regel nicht vor. Wenn sich hier ein Unterschied bemerkbar macht, dann liegt das im Charakter der Papiere. Also kräftigere Farben bei hellem Weiß wie dem Hahnemühle oder wärmere Farben bei den warmweißen Papieren von Epson oder Sihl. Dabei ist die Einfärbung durch die Papier-

farbe subtiler als bei den Barytpapieren. Die unterschiedliche Struktur ist ein weiteres Differenzierungsmerkmal. Da kann die Struktur eines Innova Art bei einer homogenen Farbfläche wie einem blauen Himmel schon als störend empfunden werden, während das Tecco glatt wie ein Kinderpopo erscheint. Aber gerade mit der Struktur kann man spielen. Bewusst eingesetzt, pusht sie die Bildaussage und schafft eine dritte Dimension. Sucht man ein universelles Papier, liegt man mit den Papieren von Canon, Hahnemühle, Moab, Permajet und Tecco genau richtig. Das Hahnemühle hat zwar noch die kräftigste Struktur von den fünf Testteilneh-

mern, aber sie wirkt noch sehr natürlich und angenehm. Die zwei warmen Fine-Art-Papiere von Epson und Sihl empfehlen sich für den bewussten Einsatz, da sie das Motiv am stärksten beeinflussen können. Das gilt auch für Ilford und Innova Art mit ihrer stärkeren Struktur. Unsere Empfehlung: Testsets der Papiere besorgen und Drucke mit den eigenen Motiven anfertigen. Oder eine Messe besuchen, wo einige Hersteller wie Ilford oder Tecco gerne Drucke vor Ort anfertigen. THOMAS BERGBOLD WORKSHOP Wer sich intensiver

mit dem Thema Druck und Papier beschäftigen möchte, kann den Leica Akademie Workshop „Achtung Druck“ von Thomas Bergbold im November 2020 besuchen.

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B E S T O F L F I . G A L L E RY

HAKEA L AU R I N A „An meiner Straße steht eine Hakea, ein eher unscheinbarer Baum – bis er blüht. Wegen der charakteristischen Blüten wird die Pflanze auch Nadelkissen genannt. In diesem Jahr ist mir die Ähnlichkeit der Blüte mit dem Coronavirus aufgefallen, deshalb heißt das Bild Coronaflor.“ Brian Hart Leica M10 mit TeleElmarit 1:2.8/90

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SPRUNG IN PINK „An diesem Tag haben wir ein Mode-Shooting mit roten und pinken Kleidern in einem Rapsfeld gemacht. Wir waren schon fertig, als das Model Hannah zu diesem Sprung ansetzte. Ich drückte auf den Auslöser und hatte das Bild im Kasten. Ein gelungener Abschluss!“ Daniel Schrick Leica S2 mit Summarit-S 1:2.5/35 Asph

KÖ R P E R LANDSCHAFT „Ich bin Amateurfotograf und lernte Alina in einer Street-PhotographerGruppe kennen. Da sie wegen Corona ihren Job verloren hatte, bot ich ihr ein bezahltes Akt-Shooting an. Meine Wohnung ist zwar nicht gerade ein Fotostudio, aber ich habe auf mein geschultes Auge als Architekt vertraut.“ Nguyen Tran Huy Vu Leica M9 mit Summicron-M 1:2/50

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S C H AT T E N SPIELE „Während der Ausgehverbote sah ich mich auf dem Grundstück nach Motiven um. Ich sah meinen Schatten auf der Hecke, rief meine Kinder und wir entwickelten diese Szene. Die Suche nach Inspiration in einem eng begrenzten Bereich führt manchmal zu unerwarteten Ergebnissen.“ David Patris Leica M240 mit Elmar-M 1:3.8/24 Asph

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SUNNY AFTERNOON

ALGAE W I N D OW

„Brüssel, die erste Woche der Ausgehverbote: Meine Freundin beschäftigte sich mit Buchbindearbeiten. Ich nutzte das wunderbare Licht zum Fotografieren, und als sie die typischen Geräusche hörte, drehte sie sich um und schenkte mir diese schöne Komposition.“

„Vor dieser Installation des dänisch-isländischen Künstlers Ólafur Elíasson in der Ausstellung Symbiotic Seeing im Kunsthaus Zürich herrschte reger Publikumsverkehr. Ich brauchte viel Geduld, um dieses Bild genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte, aufzunehmen.“

Christopher de Bethune Leica M6 mit Summicron-C 1:2/40

Philipp Weinmann Leica Q2, Summilux 1:1.7/28 Asph

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P O S T- I T FÜR DICH „Die Post-its mit den bunten Herzen überall in diesem Café in Hanoi zogen mich magisch an. Die Gäste aus aller Welt waren gebeten worden, Botschaften an ihre Lieben zu schreiben. Mein Blick fiel auf die beiden jungen Frauen, die in sich versunken ihre Grüße und Wünsche formulierten.“ Song Leong Yong Leica M10-P mit ElmaritM 1:2.8/28 Asph

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WEHENDE HAARE „Chidima Unaeze, eine italienische Techno-DJane, war mein Model für dieses persönliche Schwarzweißprojekt. Bei diesem Bild kam es mir auf einen Hauch Bewegungsunschärfe an – es war eine der ersten Aufnahmen, die ich mit meiner neuen SL2 gemacht habe.“ Sascha Athos Proietti Leica SL2 mit Noctilux-M 1:0.95/50 Asph

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P H O TO – B Ü C H E R – AU S S T E L L U N G E N – F E S T I VA L S – AWA R D S –

2013 wurde Evgenia Arbugaeva für ihre Serie über die nordsibirische Kleinstadt Tiksi ausgezeichnet

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Erinnern Sie sich noch an die märchenhaften Motive aus Sibirien von Evgenia Arbugaeva oder die merkwürdige Serie Field Trip von Martin Kollar? Die beiden Fotografen verbindet ihre Auszeichnung mit dem Leica Oskar Barnack Award. 2013 überzeugte die russische Fotografin die Jury mit ihrer Serie Tiksi, ein Jahr später wurde der slowakische Fotograf für seine in Israel entstandene Arbeit ausgezeichnet. Blickt man heute zurück auf die 40-jährige Geschichte des Wettbewerbs, so entdeckt man die spannende Vielfalt der Geschichten und höchst

unterschiedlichen Bildsprachen der LOBA-Gewinner. Das Jubiläumsjahr 2020 bietet beste Gelegenheit, Rückblick zu halten: Im Zuge der Jubiläumsvorbereitungen wird auch die Webpage des LOBA kontinuierlich ergänzt und überarbeitet. Alle ehemaligen Gewinner werden mit Bildern, Texten und Interviews vertreten sein. Schon jetzt zeigt sich, dass die in vier Jahrzehnten ausgezeichneten Fotoserien nicht nur wichtige Aspekte gesellschaftspolitischer und fotografischer Themen abbilden, sondern in ihrer Gesamtheit längst zu einem lebendigen

Archiv der Geschichte des Fotojournalismus geworden sind. Als sich die Ernst Leitz Wetzlar GmbH 1979 entschloss, in Erinnerung an den Erfinder der Kleinbildfotografie Oskar Barnack anlässlich seines 100. Geburtstags einen Fotografiepreis zu stiften, sah die Welt des internationalen Bildjournalismus ganz anders aus. Damals gab es die großen Fotomagazine noch, der Bedarf und die Möglichkeiten für engagierten Fotojournalismus waren enorm. Mit der niederländischen Stiftung World Press Photo, die bereits seit →

L E I C A O S K A R B A R N AC K AWA R D 40 JAHRE LOBA NEU ENTDECKEN

Klassiker und Entdeckungen: eine Auswahl aus der Vielfalt der LOBA-Gewinner aus vier Jahrzehnten. Im Uhrzeigersinn von oben links: Fabio Ponzio (Italien, 1998); Martin Kollar (Slowakei, 2014); Gianni Berengo Gardin (Italien, 1995); Peter Granser (Deutschland, 2004)

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1955 die besten Pressebilder der Welt auszeichnete, wurde ab 1979 auch der LOBA vergeben. Wichtigste Leitlinie für die Jury war die Aufgabe der Bildserien, „die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt zum Ausdruck“ zu bringen, „wobei der humanitäre Charakter im Vordergrund stehen soll“. Bis heute leitet dieser Grundsatz den Wettbewerb. Erster Gewinner des damals mit 10 000 holländischen Gulden dotierten Preises war der Niederländer Floris Bergkamp. In den Folgejahren wuchs die Zahl der Bewerber kontinuierlich – und auch das Renommee

des LOBA. Ab 1995 wurde der LOBA unabhängig durchgeführt, die Preisverleihung von Amsterdam nach Arles verlegt: Im Rahmen des Festivals Les Rencontres de la Photographie erhielt im Sommer 1995 der Italiener Gianni Berengo Gardin die Auszeichnung im antiken Theater von Arles. In den Folgejahren sollte das Prestige – und auch die Preisgelder – des LOBA weiter wachsen, auch gibt es ergänzend seit 2009 den LOBA Newcomer Award. Das 40-jährige Jubiläum in diesem Jahr ist nun Anlass, das Ansehen des LOBA durch ein neues

Auswahlverfahren weiter zu steigern. 65 internationale Fotografie-Experten aus 30 Ländern haben als Nominatoren ihre Vorschläge eingereicht. Die Jury wird aus diesen Vorschlägen eine Shortlist erstellen und im September dann die Gewinner bekannt geben. Bis dahin werden auch wir Sie weiterhin über den Fortgang des Wettbewerbs informieren. Keine Frage: Es bleibt spannend, wer dieses Jahr ins Rennen gehen wird. ULRICH RÜTER Alle Gewinner, weitere Infos und Texte: www.leica-oskar-barnack-award.com

„ D E R LO B A I S T E I N E W I C H T I G E P L AT T F O R M F Ü R F OTO G RA F E N I N D E R H E U T I G E N W E LT D E R F OTO G RA F I E ! “ D R . A N D R E AS KAU F M A N N

Das Bild des Menschen und seine Beziehung zu seiner Umwelt festzuhalten, ist eine der wichtigsten Konstanten aller ausgezeichneten Bildserien. Im Uhrzeigersinn von oben links: Bertrand Meunier (Frankreich, 2001); Julio Bittencourt (Brasilien, 2007); Andrea Hoyer (USA, 2003); Neil McGahee (USA, 1983)

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Boston · Los Angeles · Porto Melbourne · Taipeh · Bangkok Singapur · Suzhou · Madrid Tokio · Kyoto · São Paulo · Wien Salzburg · Mailand · London Frankfurt · Konstanz · Stuttgart Düsseldorf · Nürnberg · Wetzlar Zingst · Prag · Warschau

LEICA GALERIEN WELTWEIT Wir freuen uns darüber, dass mittlerweile viele Leica Galerien wieder geöffnet sind. Ab der LFI 6/2020 präsentieren wir hier dann wieder den Ausstellungskalender aller Leica Galerien weltweit. Wenn Sie sich virtuell in den Galerien umschauen wollen, empfehlen wir Ihnen den Galerienrundgang auf der Leica-Website. Einzelne Leica Galerien laden auch zu Online-Aktivitäten ein, informieren Sie sich dazu auf den Galerie-Websites. leica-camera.com


JÖRG BRÜGGEMANN TO B I AS K R U S E FREUNDSCHAFT

144 Seiten, 99 Abb., 13,5 × 20,3 cm, deutsch/englisch, Kerber

PAU L A L M A SY PA R I S

Ein Blechschaden auf der Avenue de l’Opera: aufgenommen aus tiefer Perspektive, damit auch die Opéra Garnier als Kulisse für den Unfall noch gut zur Geltung kommt. In Abertausenden Momentaufnahmen hat der Fotograf (1906–2003) den Alltag in Paris festgehalten. Der gebürtige Ungar lebte seit 1945 in seiner Wahlheimat, wurde 1956 französischer Staatsbürger. Seine Reportagen führten ihn um die Welt, doch Paris blieb sein bevorzugter Ort. Kaum einer kannte die Stadt so gut wie Almasy: „Es war immer der Zufall, der alles entschied“, so das Credo seiner Fotografie. Kunst, Kultur, Nachtleben, Cafés, Boulevards und die architektonische Moderne: Seine Streifzüge mit Leica und Rollei ließen ihn zu einem der ganz großen Chronisten von Paris werden. Der neue Bildband versammelt eine Auswahl seiner besten Motive aus dem rund 120 000 Aufnahmen umfassenden Archiv: von den späten 1940er- bis zu den 1970er-Jahren, wobei die 1950er den visuellen Schwerpunkt bilden. Also die Zeit, in der Paris sich als pulsierende Metropole wiedererfand und den bis heute geltenden Mythos festigte. Eine charmante Zeitreise, bei der selbst der Paris-Kenner noch Entdeckungen machen kann. 144 Seiten, 117 Abb., 19,5 × 24 cm, deutsch/engl./franz., teNeues

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F RA N Ç O I S MARIE BANIER DREAMERS

Bereits 2007 fotografiert, hat der französische Fotograf (*1947) nun erstmals diese Serie veröffentlicht: Bauarbeiter, die sich für eine Pause der Hitze und schweren Arbeit auf marokkanischen Baustellen entzogen haben. Auch Baniers poetischer, stiller Blick lässt für einen Moment die Arbeitsrealität vergessen. 64 Seiten, 32 Schwarzweißabb., 23,7 × 33 cm, englisch, Steidl

C H A R L I E KO O L H AA S CITY LUST

Keine Angst vor großen Städten: Die niederländische Künstlerin (*1977) präsentiert ihre Erfahrungen in den kulturell so unterschiedlichen Metropolen Dubai, Guangzhou, Houston, Lagos und London – Städte, in denen Koolhaas gelebt oder gearbeitet hat. Sie präsentiert eine rasante Mischung intensiver Momentaufnahmen, die vor allem die in den jeweiligen Städten herrschende Mentalität zeigen – trotz oder auch wegen der fortschreitenden

Globalisierung. In Bildern und Texten – kluge Analysen, aber auch humorvolle Berichte – entwirft die studierte Soziologin und Tochter des StarArchitekten Rem Koolhaas ihre persönliche Sicht. 412 S., 354 Abb., 20,5 × 30 cm, englisch, Scheidegger & Spiess

Fotos: © Paul Almasy/akg-images; © 2020 Jörg Brüggemann, Tobias Kruse; © 2020 François-Marie Banier; © 2020 Charlie Koolhaas; © Luis Cobelo

Ein assoziatives Künstlerbuch voller Überraschungen: Die beiden Ostkreuz-Fotografen (*1979) haben ihre Freundschaft zum Anlass genommen, den Begriff fotografisch zu hinterfragen. Wie vielschichtig sich Freundschaft durch Bilder ausdrücken lässt, das belegt dieser kleine Bildband eindrücklich.


LU I S C O B E LO CHAS CHAS

Tauchen Sie ein in den magischen Realismus eines Stadtviertels von Buenos Aires: Parque Chas treibt jeden Taxifahrer in die Verzweiflung, sind die Straßen doch in konzentrischen Ringen gebaut, eher ein Labyrinth als ein Viertel mit typischer städtischer Ordnung. Schon lange gibt es das Gerücht, dass im Parque Chas magische Dinge geschehen, die Gesetze von Logik und Physik von der Zeit getrennt sind. Ein Ort für Magier, Träumer, Künstler – der perfekte Platz für den Fotografen Luis Cobelo (*1970). „Alles, was du jemals in deinem Leben verloren hast, existiert in Parque Chas.“ Mit diesem Satz fing alles an – und das schon vor 30 Jahren, als Cobelo auf einen Comic stieß, der von einem Journalisten handelte, der über außergewöhnliche Dinge aus dem Viertel berichtete. Das Ergebnis: Die reale Nachbarschaft hat sich mit dem verspielt-halluzinatorischen Blick des Fotografen in eine Ansammlung von Zeichen oder improvisierten AlltagsTotems aus Sperrmüll sowie merkwürdiger Begegnungen und wundersamer Menschen verwandelt. Ergänzt mit gefundenen Dokumenten und Fotografien wird das Buch zum Bilderrausch, der sich der Realität zu entziehen versucht – und das mit den Mitteln der Fotografie. 112 S., ca. 120 Abb., 23 × 32 cm, spanisch, erschienen im Selbstverlag: www.chaschasluiscobelo.com

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Gustavo Lacerda (*1970): Patricia aus seiner Serie Albinos (2009–2014)

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„U N S E R E G R O S S E M I S S I O N I S T B I L D U N G .“ I N T E RV I E W

In wenigen Jahren hat der Unternehmer Silvio Frota eine der größten fotografischen Sammlungen Brasiliens aufgebaut. Ein Gespräch über Strategien beim Sammeln, den Aufbau des Museums und seinen Bildungsauftrag.

Fotos: © Gustavo Lacerda, © Evandro Teixeira, © Elza Lima; alle mit freundlicher Genehmigung der MFF Collection

LFI: Wann haben Sie begonnen zu

sammeln und was war Ihre erste Fotografie oder Fotoserie? SILVIO FROTA: In den 1980er-Jahren begann ich als Gemäldesammler. 2009 besuchte ich in Houston eine Ausstellung von Steve McCurry. Ich kaufte zwei Bilder, eines davon das Afghanische Mädchen. Als ich ins Hotel zurückkam, begann ich nachzudenken, weil ich mich zuvor noch nie für Fotografie interessiert hatte. Einen Monat später besuchte ich die New York University, ging in Fotogalerien und Ausstellungen. Von da ab begann ich mit großem Enthusiasmus und Interesse zu kaufen. Heute umfasst die Sammlung etwa 3000 Fotos.

Ihre Paula and Silvio Frota Collection gilt als eine der wichtigsten des Landes, mit Werken aus allen Bereichen der Fotografie – über historische Fotos, Porträts und Landschaften bis zu Fotojournalismus und Reportagen von brasilianischen und ausländischen Autoren. Diese werden im Museu da Fotografia de Fortaleza (MFF), gezeigt. Wie haben Sie begonnen, Ihre Sammlung aufzubauen? FROTA: Tatsächlich habe ich zunächst historische Fotos und Werke aus dem fotojournalistischen Bereich erworben, weil ich festgestellt hatte, dass Besucher in den Museen sich tendenziell mehr für aktuelle Themen aus aller Welt interessieren. Ich dachte, dass man mit Fotografien, die die Leute interessieren, generell mehr Aufmerksamkeit wecken kann. Die Sammlung umfasst viele internationale, ikonische und wichtige Fotos. LFI:

Wie haben Sie Ihre private Sammlung mit dem Museu da Fotografia de Fortaleza zusammengebracht? Es befindet sich in der ehemaligen englischen Schule in Fortaleza und hat eine Fläche von 2000 Quadratmetern. Eröffnet wurde es am 10. März 2017.

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Oben: Elza Lima (*1952), Rio das Lavandeiras, Altamira, Pará 1991; links: Evandro Teixeira (*1935), Passeata dos 100 mil aus seiner Serie Ditadura, Rio de Janeiro, Juni 1968

Das Museum wurde eröffnet, weil ich es nicht für fair hielt, eine wichtige Sammlung ohne öffentlichen Zugang zu haben. Dann fingen wir an, über einen Raum nachzudenken, der schließlich zu einem Museum wurde. FROTA:

Welche Motive treiben Sie an, weiter zu sammeln? FROTA: Das Vergnügen, Fotos zu sehen, die mir gefallen und die eine gewisse Bedeutung für das Museum und mein Publikum haben. → LFI:

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Oben links: Thomaz Farkas (1924–2011), Praia de Copacabana, Rio de Janeiro 1947; oben rechts: William Klein (*1928): Smoke & Veil, Vogue 1958; unten: Malick Sidibé (1935–2016), Toute la famille en moto, 1962, aus seinem Buch Mali Twist

Oben: Tiago Santana(*1966), aus seinem Buch O Chão de Graciliano, Quebrangulo, Alagoas, Brasil 2002; links: José Medeiros (1921–1990) dokumentierte 1951 religiöse Rituale der Iaôs (Töchter der Heiligen)

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Fotos: © Thomas Farkas, © William Klein, © Malick Sidibé, © Tiago Santana, © José Medeiros, alle mit freundlicher Genehmigung der MFF Collection

„ M U S E E N KÖ N N T E N M E H R DA F Ü R T U N , I N KO N TA K T M I T B E D Ü R F T I G E N Z U KO M M E N . “


ren Bedürfnissen. Wir arbeiten auch in den Justizvollzugsanstalten, in Gefängnissen für Minderjährige und in vielen anderen Bereichen. Wir führen auch täglich Workshops durch.

Was, würden Sie sagen, sind Ihre Highlights? FROTA: Dorothea Lange, Man Ray, Cartier-Bresson, Cyndy Sherman, Steve McCurry, Edward Steichen, Hiroshi Sugimoto, Araki, Richard Avedon, Sebastião Salgado, Otto Stupakoff, Margaret Bourke-White neben vielen anderen. Die Sammlung ist sehr vielfältig, wir haben alles von der historischen bis zur zeitgenössischen Szene. LFI:

Was ist mit indigenen brasilianischen Fotografen, gibt es in der Sammlung auch Werke von ihnen? FROTA: Viele brasilianische Fotografen haben die brasilianischen Ureinwohner dokumentiert, wobei wir Claudia Andujar hervorheben können, die eine sehr wichtige Arbeit geleistet hat, indem sie vor allem die Invasion der „Garimpeiros“ im Yanomami-Land anprangerte, die für die Abgrenzung des Yanomami-Territoriums von größter Bedeutung war. Wir haben viele andere großartige Fotografen, die mit indigenen Themen in Verbindung stehen, wie Maureen Bisilliat, Nair Benedicto, Rogério Assis, um nur einige von ihnen zu nennen. LFI:

Welche Tradition der Fotografie gibt es in Brasilien? FROTA: Die fotografische Tradition entstand praktisch aus der Leidenschaft des Kaisers Dom Pedro II., der von 1831 bis 1889 regierte und sich für die Fotografie begeisterte. Heute ist die zeitgenössische brasilianische Szene sehr produktiv und vielfältig. Der große Name in Brasilien ist mit Sicherheit der berühmte zeitgenössische Fotograf Sebastião Salgado. Wer sonst prägte die Geschichte des Mediums in Brasilien? Beispielsweise Hildegard Rosenthal, Claudia Andujar im Reportage-Genre, Sérgio Valle Duarte im künstlerischen Genre und die ethnologischen Dokumentarfilme von Pierre Verger. Brasilien verfügt über einige große Fotografen mit einer sehr aktuellen Sprache, es wäre unfair, nur einige wenige zu nennen.

Foto: © Man Ray mit freundlicher Genehmigung der MFF Collection

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Das sind viele Kooperationen, um Fotografie zugänglich zu machen. FROTA: Ich glaube, unsere Stärke liegt in der pädagogischen Arbeit, wo wir einen wichtigen pädagogischen Dienst an so vielen Kindern leisten. Das MFF verfügt auch über ein mobiles Museum, in dem Ausstellungen der Sammlung in Gebiete reisen, die keinen Zugang zur Kultur haben, und wir führen auch Workshops zum bebilderten Lesen durch. Das Museum arbeitet auch innerhalb der Krankenhäuser, sogar in anderen Bundesstaaten Brasiliens, in die wir Teams für Krankenhausnotfälle entsenden. LFI:

Modefotografie von Man Ray, 1935. Der Künstler (geb. Emmanuel Rudnitzky, 1890–1976) verbrachte die meiste Zeit in Paris, wo er für Harper’s Bazaar und Vogue arbeitete

Planen Sie, Ihre Aktivitäten auszuweiten, weitere Awards und Workshops einzurichten? FROTA: Wir haben bereits Awards in anderen Bundesstaaten Brasiliens. Jede Woche halten Menschen aus Brasilien und dem Ausland Vorträge, und jeden Sonntag bieten wir zudem Kinovorführungen an. LFI:

Könnten Sie sich vorstellen, dass Fotografie Teil der Lehrpläne in allgemeinbildenden Schulen wäre? FROTA: Die brasilianische Bevölkerung ist der Fotografie sehr verbunden, vor allem heute, weil jeder mit dem Smartphone fotografiert und jeder sein Wissen vermehren möchte. Im Lehrplan mehrerer Schulen in Fortaleza gibt es dieses Angebot bereits, wo wir in zwei Schulen am Vormittag und zwei Schulen am Nachmittag 21 000 Kinder betreuen. LFI:

Wie ist Ihr Selbstverständnis als Sammler und Direktor eines Fotomuseums? Welche Ziele haben Sie mit der Präsentation von Fotografie? FROTA: In Wirklichkeit ist das Museum nur ein Aufhänger, denn unsere große Mission ist Bildung. Im Jahr 2018 zum Beispiel haben wir mit 98 000 Kindern gearbeitet, immer mit bedürftigen Kindern. Das Museum ist nicht statisch, wir arbeiten mit Schulen, Vereinen, NGOs zusammen. Heute beschäftigt das Museum 26 Pädagogen, wir arbeiten mit Menschen im Alter von einem bis 90 Jahren, mit Blinden, Autisten und Kindern mit besondeLFI:

Was wünschen Sie sich für die Fotografie-Szene, lokal und weltweit? FROTA: Dass die Museen mehr dafür tun, in Kontakt mit Bedürftigen zu kommen. Die Entwicklung der Fotografie ist gigantisch, denn mit den sozialen Netzwerken wurde der Zugang demokratischer, heute sind wir alle Fotografen. LFI:

INTERVIEW: Carla Susanne Erdmann

S ILVIO F ROTA Geboren 1953 in Fortaleza. Arbeitete zunächst im Bauwesen für die Öffentliche Hand. Ab 2009 begann er mit dem Aufbau seiner fotografischen Sammlung, die heute etwa 3000 Werke umfasst. Er ist im Vorstand mehrerer Institutionen und Präsident des Paula und Silvio Frota Institute. AUS STE LLU N GE N : Bob Wolfenson: Retrospektive und weitere Ausstellungstermine unter www.museudafotografia.com.br

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LEICA FOTOGRAFIE I N T E R N AT I O N A L

SAYU R I I C H I DA MEIN BILD

Ein Puppenhaus, Erinnerungen an die Kindheit und der Impuls für eine neue Serie: über einen inspirierenden Spaziergang durch eine Kleinstadt.

72. Jahrgang | Ausgabe 5.2020

LFI PHOTOGR A PHIE GMBH Burchardstraße 14, 20095 Hamburg Telefon: 0 40/2 26 21 12 80 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 ISSN: 0937-3969 www.lfi-online.de, mail@lfi-online.de CHEFREDA KTION Inas Fayed A RT DIRECTION Brigitte Schaller REDA KTION Katrin Iwanczuk (ltd. Redakteurin), Denise Klink, Bernd Luxa, Danilo Rößger, David Rojkowski BILDREDA KTION Carol Körting L AYOUT Thorsten Kirchhoff MITA RBEITER DIESER AUSGA BE Thomas Bergbold, Carla Susanne Erdmann, Ulrich Rüter, Holger Sparr, Katrin Ullmann GESCH Ä FTSFÜHRUNG Steffen Keil A NZEIGENLEITUNG & M A RKETING Samira Holtorf Telefon: 0 40/2 26 21 12 72 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 E-Mail: holtorf@lfi-online.de Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 48 vom 1.1.2020

Aus der Serie Déjà Vu, Bundesstaat New York, 2016

Anfang 2016 machte ich einen Ausflug in eine Kleinstadt im Staat New York. Meine Kamera hatte ich dabei, aber zu jener Zeit fotografierte ich eher wenig; ich arbeitete als Fotoretuscheurin und kümmerte mich nur gelegentlich um eigene Arbeiten. Während ich durch die Stadt ging, entdeckte ich ein Haus, das genauso aussah wie das Puppenhaus meiner Kindheit. Es war ein starkes Déjà-Vu-Erlebnis, instinktiv machte ich ein Foto. Als ich mir den Abzug ansah, verstärkte sich das Gefühl noch. Diese Erfahrung inspirierte mich zu der Serie über Häuser, die mir 2016 den Japan Photo Award einbrachte, und half mir, mich als Fotografin wiederzuentdecken. Auch wenn es „nur“ das Foto eines Hauses ist, schloss ich Frieden mit meiner eigenen kritischen Stimme und schaffte es, weiterzuarbeiten, ohne mich oder meine Arbeit ständig infrage zu stellen. Sayuri Ichida, 1985 in Fukuoka, Japan, geboren, studierte am Visual Arts College in Tokio. 2009 zog sie nach London, 2012 nach New York. Ihre international ausgestellten Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Japan Photo Award.

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REPRODUKTION: Alphabeta, Hamburg DRUCK: Optimal Media GmbH, Röbel/Müritz PA PIER: Igepa Profimatt A BO-BEZUGSBEDINGUNGEN LFI erscheint achtmal jähr­lich in deutscher und englischer Sprache. Jahresabonnement (inkl. Ver­sandkosten): Deutschland: 69 € Belgien, Österreich, Luxemburg, Niederlande, Schweiz: 74 € weltweit: 80 €; digital: 49 € LFI gibt es auch als kostenlose App im iTunes Store und bei Google Play. LFI-A BOSERVICE Postfach 13 31, D-53335 Meckenheim Telefon: 0 22 25/70 85-3 70 Telefax: 0 22 25/70 85-3 99 E-Mail: lfi@aboteam.de Für unverlangt eingesandte Fotos und Texte übernimmt die Redak­tion keine Haftung. Die Zeitschrift und alle Abbildungen und Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheber­ rechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla­gs unzulässig und strafbar. LFI druckt klimaneutral und unterstützt Klimaschutzprojekte in Norddeutschland. Mehr dazu unter climatepartner.com

Leica – eingetragenes Warenzeichen.


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